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Der Markt der Jazz-Aufnahmen ist seit einigen Jahren mit Kopplungen älterer Titel,<br />
mit Neuauflagen der Musik bekannter Künstler reichlich gesättigt. Vieles ist Ramsch,<br />
anspruchslos und wenig sinnvoll zusammen gestellt, oft fehlen wichtige Titel, die<br />
Diskografien sind dürftig, falsch oder gar nicht vorhanden, die technische Qualität<br />
ist kaum befriedigend. Doch es geht auch anders. Die musikalische Enzyklopädie<br />
des Jazz wurde von Experten erarbeitet, die außer gründlicher Sachkenntnis<br />
auch ihre Liebe zum Jazz einbrachten. Die Titel wurden sorgfältig ausgewählt<br />
und zusammengestellt, Solisten und Bands nach ihrer Bedeutung gewichtet, die<br />
Diskografien sauber recherchiert und verzeichnet. Auf die technische Qualität<br />
wurde große Sorgfalt verwendet, auch und gerade wenn die Aufnahmen von alten<br />
Schellack-Platten übernommen wurden.<br />
Der Bebop wurde in Minton’s Playhouse entwickelt, einem Club in Harlem. Es waren<br />
zunächst nur schwarze Musiker, die sich nach ihrer Arbeit in einer Band zum Jammen<br />
im Minton’s trafen. Sie waren der Routine der Swing-Standards überdrüssig und<br />
suchten nach neuen Möglichkeiten, sich musikalisch auszudrücken. Dizzy Gillespie<br />
und Charlie Parker waren die Schlüsselfiguren, zu denen sich immer wieder neue<br />
Musiker gesellten. Regelmäßig dabei waren der Pianist Thelonius Monk und der<br />
Drummer Kenny Clarke, die zur Hausband gehörten. Zu den Musikern, die in den<br />
vierziger Jahren den Jazz auf eine neue Qualitätsstufe hoben, zählte auch der Pianist<br />
Bud Powell, der als Siebzehnjähriger zum ersten Mal im Minton’s erschien. Sein<br />
Klavierspiel erinnerte an die Läufe, die aus Charlie Parkers Alt strömten.<br />
Die Musikszene konnte zunächst mit den neuen, ungewohnten Tönen wenig<br />
anfangen. Nicht nur Jazzfans, die gefälligen Swing-Klänge im Ohr, waren<br />
verschreckt. Die großen Firmen der Plattenindustrie wagten es nicht, die Bopper<br />
ins Studio zu holen. So sind alle Bebop-Aufnahmen anfangs ausschließlich unter<br />
kleinen Labeln erschienen: Manor, DeLuxe, Dial, Savoy und Blue Note. Die neue<br />
Musik wurde vor allem über Konzerte verbreitet und fand eine rasch wachsende<br />
Zahl von Fans. Erst als schließlich der Bebop auch Europa eroberte, stiegen auch die<br />
großen Plattenfirmen in das Geschäft ein.<br />
Es liegt auf der Hand, dass unter den Aufnahmen der Bebop-Ära die Titel mit Dizzy<br />
Gillespie und Charlie Parker dominieren. Beide sind nicht nur auf vielen Alben<br />
unter eigenem Namen zu hören, sondern sind bei Mitschnitten von Live Concerts<br />
oft dabei. So spielen sie häufig in Konzerten, die der Promoter Norman Granz in<br />
seiner Reihe Jazz At The Philharmonic mit Stars wie Lester Young, Oscar Peterson,<br />
Coleman Hawkins und Roy Eldridge veranstaltete. Auch der Impressario Gene<br />
Norman organisierte Bebop-Konzerte und brachte die Aufnahmen unter seinem<br />
Label Just Jazz heraus. Viele Konzert-Mitschnitte stammen von der amerikanischen<br />
Westküste, wo sich Musiker wie Chet Baker, Gerry Mulligan und Wardell Gray<br />
zusammentaten.<br />
Während ursprünglich in Minton’s Playhouse fast ausschließlich schwarze Musiker<br />
spielten, fanden sich im Laufe der Zeit immer mehr auch weiße ein, die zuhörten<br />
und rasch die neuen Harmonien und Töne aufgriffen. Durch Musiker wie Stan<br />
Getz, Zoot Sims, Al Cohn und Kai Winding wurde der Bebop auch weiß, und viele<br />
Aufnahmen belegen, dass alle herausragenden Musiker letztlich dieselbe Sprache<br />
sprechen.<br />
Peter Bölke<br />
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