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Katalog "Was wirklich wirklich ist - Tango für Senioren".pdf

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uns allen gemeinsam: Wir blühen während<br />

der Veranstaltungen auf. Es gibt sehr schöne<br />

Kommentare der Teilnehmer: „Bei der<br />

Gymnastik können sich manche kaum bewegen<br />

und hier stürmen sie die Tanzfläche!“<br />

„Ich habe durch diese Veranstaltungen mein<br />

Selbstvertrauen wiedergefunden.“ „Das war<br />

der schönste Tanz meines Lebens.“ „Sie haben<br />

mir das Leben zurückgebracht.“ „Gut,<br />

das mich der Medizinische Dienst nicht<br />

sieht, sonst müsste ich mir Gedanken um<br />

meine Pflegestufe machen.“ „Wann sind Sie<br />

wieder hier?“ und „Von mir aus können Sie<br />

jede Woche kommen …“ , und ein Bewohner<br />

sagte zur Pflegedienstle<strong>ist</strong>ung: „Die müssen<br />

wiederkommen. Das <strong>ist</strong> endlich auch mal<br />

was für die Pflege!“<br />

H ABT IHR EUER KONZEPT /<br />

VORGEHEN IM LAUFE<br />

DES JAHRES VERÄNDERT?<br />

W ENN JA , WARUM?<br />

hf Zunächst hatten wir mehr Unterrichtsund<br />

Trainingseinheiten vorgesehen. Solche<br />

Elemente kommen vor, aber nur dort, wo<br />

die Bewohner relativ mobil sind. Natürlich<br />

verändern wir ständig Details, wenn wir vermuten<br />

oder feststellen, dass die Bereitschaft<br />

zur Teilnahme dadurch steigt.<br />

jo Ja klar. Zum einen passen wir uns den<br />

jeweiligen Situationen an, die immer unterschiedlich<br />

sind, z.B. den Räumlichkeiten, in<br />

denen die Veranstaltungen stattfinden, und,<br />

was noch viel wichtiger <strong>ist</strong>, den Menschen, die<br />

natürlich sehr unterschiedliche Voraussetzungen<br />

mitbringen. Desweiteren geht es darum,<br />

unsere eigene Frische zu bewahren. Durch<br />

immer neues Betrachten dessen, was wir tun<br />

und Variationen in der Gestaltung bleiben die<br />

Veranstaltungen und auch wir lebendig.<br />

Wenn ich Euch bei der A rbeit beobachte,<br />

erlebe ich, welche Fähigkeiten und<br />

Talente, abgesehen vom <strong>Tango</strong> tanzen,<br />

eine wichtige Rolle spielen,<br />

z.B Schauspiel, Gesang, G itarrenspiel,<br />

E rzählkunst, E mpathie, Präsenz,<br />

Freude und Bege<strong>ist</strong>erung ...<br />

W ELCHER VORBEREITUNG<br />

UND ARBEIT BEDARF ES<br />

IM VERBORGENEN, UM SO EIN<br />

A NGEBOT ZU INITIIEREN<br />

UND ZU ETABLIEREN?<br />

hf Mit einer dreijährigen Ausbildung wird<br />

es schwierig, das würde nicht reichen. Die<br />

me<strong>ist</strong>en der erforderlichen Fertigkeiten und<br />

Fähigkeiten sollte man unabhängig davon aus<br />

Interesse ausbilden, und bei entsprechender<br />

Begabung kann man sich aneignen, was fehlt.<br />

Wer nicht gern Menschen anfasst, wird diese<br />

Arbeit nicht machen wollen, und wer keine<br />

Sprechtechnik hat, hat es schwer, denn über<br />

ein Mikrophon geht viel verloren. Für den<br />

Teil mit der Live-Musik hab ich mich lange<br />

mit dem <strong>Tango</strong> auf der Gitarre befasst, habe<br />

die Lieder zu spielen und zu singen gelernt.<br />

Den Veranstaltungen gingen Proben, Simulationen<br />

und szenische Arbeit voraus, bei<br />

mir 45 Jahre Live-Musik und Theater, fast 30<br />

Jahre <strong>Tango</strong>, ein Pädagogik-Studium, ein theaterpädagogisches<br />

Zusatzstudium, bei Jana<br />

25 Jahre Bildende Kunst, ein kunsttherapeutisches<br />

Studium und anschließende Praxis,<br />

Heilpraktiker für Psychotherapie, jahrelange<br />

<strong>Tango</strong>-Erfahrung … wir sind ziemlich hoch<br />

qualifiziert und spezialisiert.<br />

jo Du meinst Mal abgesehen von der Organisation,<br />

PR und Büroarbeit? Ich glaube, die<br />

wichtigste Fähigkeit für das, was wir tun, <strong>ist</strong>,<br />

immer wieder innerlich ganz frei zu werden<br />

und uns auf die jeweilige Situation und den<br />

jeweiligen Menschen ganz einzulassen. Frei<br />

von Gedanken, Glaubenssätzen, Meinungen<br />

… einfach Sein! Das <strong>ist</strong> eine Fähigkeit,<br />

die z.B. durch Meditation, Malerei und<br />

Musik oder auch das Tanzen des Argentinischen<br />

<strong>Tango</strong> und andere Tätigkeiten (oder<br />

Nicht-Tätigkeiten) geübt werden kann und<br />

manchmal im Stress der Gesamtanforderungen<br />

gar nicht so leicht zu bewahren <strong>ist</strong> …<br />

Sein und Lieben. Dann kommt natürlich die<br />

Beherrschung und immer wieder intensive<br />

Übung der benötigten Künste dazu … ich<br />

wage gar nicht auszurechnen, auf wie viele<br />

Wochenstunden wir mit all dem kommen …<br />

WAS WÜNSCHT IHR<br />

EUCH FÜR DIE ZUKUNFT?<br />

hf Argentinischer <strong>Tango</strong> gehört in Senioren-Einrichtungen<br />

zu den therapeutischen<br />

und präventiven Standard-Verfahren. Der<br />

Tanz weckt und bewahrt Lebensmut und<br />

Lebensfreude. Es gibt kein vielseitigeres<br />

Training – neben dem Gleichgewichtssinn<br />

und der Beweglichkeit trainiert es die Motivation<br />

und die Kommunikationsfähigkeit,<br />

überbrückt sprachliche, nationale und soziale<br />

Klüfte und <strong>ist</strong> für viele eine wunderbare<br />

Maßnahme gegen depressive Verstimmungen<br />

und Depression. Wissenschaftliche<br />

Forschungen an verschiedenen Universitäten<br />

ergaben noch eine Reihe weiterer Wirkungen<br />

des <strong>Tango</strong>. Wir zählen nur das auf, was<br />

wir immer wieder beobachten. Darum mein<br />

Wunsch: <strong>Tango</strong>-Tanzen <strong>ist</strong> für jeden selbstverständlich<br />

möglich – für junge, ältere und<br />

auch sehr alte Menschen.<br />

jo Vor einigen Wochen sagte Helmut mir,<br />

er wünsche sich in jedem Seniorenheim, das<br />

neu gebaut wird, einen eigenen Tanzsaal,<br />

was sich bei genauerer Betrachtung sehr<br />

mit meinem Wunsch deckt. Ich bin ja schon<br />

bei deiner ersten Frage etwas über das Ziel<br />

hinausgeschossen, wie es scheint, und habe<br />

diese hier gleich mitbeantwortet. Ich wünsche<br />

mir, dass Tanzen und gerade der <strong>Tango</strong><br />

Argentino in Senioreneinrichtungen, aber<br />

auch Krankenhäusern usw. ganz selbstverständlich<br />

dazu gehört. So fraglos, dass ich<br />

nicht nur hoffen kann, als Uralte noch zu<br />

tanzen, sondern mir sicher sein.<br />

Jana Osterhus <strong>ist</strong> Bildende Künstlerin,<br />

<strong>Tango</strong>-Tänzerin, Diplom Kunsttherapeutin<br />

und Heilpraktikerin für<br />

Psychotherapie<br />

Helmut Fuchs <strong>ist</strong> Musiker, <strong>Tango</strong>-<br />

Tänzer, Diplom-Pädagoge<br />

und Theaterpädagoge (BuT)<br />

Das Interview führte die Tanzpädagogin<br />

Sarah Schütz für ihre Abschlussarbeit im<br />

Bereich Altentherapie.<br />

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