24.09.2015 Views

Digitale Lehrmittel und ihr Mehrwert für Lernende

Digitale Lehrmittel und ihr Mehrwert für Lernende - Berufsbildung

Digitale Lehrmittel und ihr Mehrwert für Lernende - Berufsbildung

SHOW MORE
SHOW LESS

Create successful ePaper yourself

Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.

educa.ch<br />

<strong>Digitale</strong> <strong>Lehrmittel</strong> <strong>und</strong> <strong>ihr</strong> <strong>Mehrwert</strong> <strong>für</strong><br />

<strong>Lernende</strong><br />

<strong>Digitale</strong> <strong>Lehrmittel</strong> halten Einzug an Berufsfachschulen. So gibt der hep-Verlag das erste<br />

interaktive <strong>Lehrmittel</strong> <strong>für</strong> den allgemeinbildenden Unterricht <strong>für</strong> Berufslernende heraus.<br />

Peter Egger ist Berufschullehrer <strong>und</strong> Verlagsleiter <strong>und</strong> gibt Auskunft über den Stellenwert<br />

<strong>und</strong> die Zukunft digitaler <strong>Lehrmittel</strong>.<br />

"Ich kann die Entwicklung nicht abschätzen, aber die Endgeräte<br />

werden immer besser <strong>und</strong> professioneller, vielleicht lösen Tablets<br />

<strong>und</strong> elektronische Geräte tatsächlich das Printprodukt ab <strong>und</strong><br />

werden so zu Kulturgütern..."<br />

Peter Egger, Berufsschullehrer <strong>und</strong> Verlagsleiter<br />

Weshalb haben Sie nach der<br />

obligatorischen Schulzeit (k)eine<br />

Berufslehre absolviert?<br />

Ich bin in einfachen Verhältnissen in<br />

Grindelwald aufgewachsen. Die Vorfahren<br />

waren einfache Bergbauern <strong>und</strong>/oder<br />

arbeiteten bei der Eisenbahn. Viele<br />

mussten auch nach Kanada <strong>und</strong> in die USA<br />

auswandern. Meine Eltern <strong>und</strong><br />

Sek<strong>und</strong>arlehrer Viktor Boss haben mich<br />

gefördert <strong>und</strong> mir ermöglicht, das Seminar<br />

Muristalden zu besuchen. Ich war damit<br />

der erste „Halbintellektuelle“ in unserer<br />

Familie…<br />

Der hep verlag hat seine Strategie als<br />

einer der ersten Schulbuchverlage auf<br />

digitale <strong>Lehrmittel</strong> ausgerichtet. Was sind<br />

Ihre Beweggründe?<br />

Wir hatten bereits bei der Gründung im<br />

Jahre 2000 "Blended Learning" in der<br />

Strategie. Das heisst, zu praktisch jedem<br />

<strong>Lehrmittel</strong> oder Sachbuch gibt es<br />

irgendetwas auf dem Internet. Oft nur<br />

PDFs (Arbeitsblätter Lösungen,<br />

Zusatzmaterialien), aber schon von Beginn<br />

weg auch interaktive Module, meist in<br />

Form von Tests. Wir haben mit der<br />

Universität Bern auch den<br />

"Parteienkompass" entwickelt. Es ist<br />

deshalb logisch, dass wir diesen digitalen<br />

Bereich ständig weiterentwickeln <strong>und</strong> nun<br />

mit dem interaktiven e<strong>Lehrmittel</strong> ABU im<br />

deutschsprachigen Europa der Konkurrenz<br />

ein bis zwei Jahre voraus sind <strong>und</strong> da<strong>für</strong><br />

den WorldDidac AWARD erhalten haben.<br />

Mit Prof. Dr Beat Döbeli haben wir im<br />

Verwaltungsrat einen Spezialisten, der uns<br />

auf dem Weg in die digitale Zukunft<br />

wichtige Impulse gibt.<br />

Wie sieht Ihr Konzept <strong>für</strong> die digitalen<br />

<strong>Lehrmittel</strong> aus?<br />

Wir machen eigentlich vier Sachen: E-<br />

Books, kostenlose Apps, kostenpflichtige<br />

Apps <strong>und</strong> e<strong>Lehrmittel</strong>. E-Books erstellen<br />

wir <strong>für</strong> Sachbücher, zum Beispiel<br />

Pädagogik. Jeder neue Titel <strong>und</strong> wichtige<br />

Titel aus der Backlist sind künftig<br />

elektronisch bei allen gängigen Anbietern<br />

(z.B. Amazon oder Apple) erhältlich. Die<br />

K<strong>und</strong>schaft kann also entscheiden, ob sie<br />

die Printversion oder die elektronische<br />

Version kaufen will. Zu den wichtigsten<br />

<strong>Lehrmittel</strong>n produzieren wir sogenannte<br />

Lern-Apps, die kostenlos sind. Vorderhand<br />

beinhalten diese Begriffe (Glossar) <strong>und</strong><br />

Insight Berufsbildung<br />

1


educa.ch<br />

eine Lernkartei. Wir werden diese Apps<br />

einerseits weiter ausbauen, u.a. mit<br />

interaktiven Tests, andererseits werden<br />

die ersten ab Herbst auch <strong>für</strong> Android-<br />

Geräte (u.a. Samsung) erhältlich sein.<br />

Etwas speziell ist die App zum Lexikon<br />

Allgemeinbildung, die kostenpflichtig ist<br />

(Besitzer der gedruckten Version können<br />

die App jedoch kostenlos freischalten). Die<br />

elektronische Ausgabe des Lexikons<br />

erlaubt es, Begriffe nachzuschlagen,<br />

zudem sind sämtliche Einträge verlinkt.<br />

Man kann aber auch eigene Begriffe<br />

definieren <strong>und</strong> auch zu Wikipedia oder<br />

Google wechseln. Das Spektakulärste sind<br />

unsere e<strong>Lehrmittel</strong>. Diese basieren nicht<br />

auf einem PDF <strong>und</strong> haben dadurch eine<br />

sehr grosse Funktionalität. Erhältlich sind<br />

die e<strong>Lehrmittel</strong> sowohl <strong>für</strong> iPad als auch<br />

<strong>für</strong> Mac-<strong>und</strong> Windows-Computer. Für das<br />

Schuljahr 2012/2013 bieten wir die<br />

e<strong>Lehrmittel</strong> <strong>für</strong> den grössten Markt an:<br />

Allgemeinbildung an Berufsfachschulen<br />

(ABU). Ab nächstem Jahr werden weitere<br />

<strong>Lehrmittel</strong> als e<strong>Lehrmittel</strong> erhältlich sein.<br />

Momentan läuft mit dem e<strong>Lehrmittel</strong> ABU<br />

ein von der PH Zürich begleiteter Pilot mit<br />

Schulen aus St.Gallen, Zürich, Bern <strong>und</strong><br />

Biel. Ziel ist es, Erkenntnisse zu gewinnen,<br />

wie weit sich die Didaktik verändert, wenn<br />

<strong>Lernende</strong> nicht mehr mit gedruckten,<br />

sondern mit digitalen Schulbüchern<br />

arbeiten.<br />

Welchen <strong>Mehrwert</strong> erhalten<br />

Berufslernende <strong>und</strong> Lehrpersonen an den<br />

Berufsfachschulen damit?<br />

Ein ganz einfacher <strong>Mehrwert</strong> ist, dass die<br />

<strong>Lernende</strong>n nicht mehr mit Rollkoffern<br />

oder Rucksäcken voller Bücher in den<br />

Unterricht kommen müssen. Sie haben<br />

alles auf einem Laptop oder iPad. Und die<br />

Lehrpersonen haben die Möglichkeit,<br />

Bilder, Grafiken, Texte, Lösungen usw.<br />

direkt auf den Beamer zu bringen. Der<br />

ganz grosse Vorteil ist aber die grosse<br />

Funktionalität (u.a. Notizen anbringen,<br />

Textstellen markieren, Seiten einfügen<br />

<strong>und</strong> selber Text eintippen, interaktive<br />

Aufgaben lösen), die Verlinkungen auch<br />

zwischen den einzelnen <strong>Lehrmittel</strong>n sowie<br />

die Möglichkeit der schnelleren Anpassung<br />

an die Aktualität.<br />

Wie weit sich die Didaktik verändert,<br />

wollen wir mit dem oben erwähnten Pilot<br />

herausfinden. Ich will den E-Learning-<br />

Spezialistinnen <strong>und</strong> -Spezialisten der PH<br />

Zürich nicht vorgreifen. Nur so viel:<br />

Lehrpersonen braucht es weiterhin. So wie<br />

eine Lehrperson schon jetzt entscheiden<br />

muss, wie sie ein (Print-)<strong>Lehrmittel</strong><br />

einsetzen will, wird sie das auch bei<br />

digitalen Inhalten entscheiden müssen.<br />

Die <strong>Lernende</strong>n haben mehr<br />

Selbständigkeit <strong>und</strong> müssen mehr<br />

Eigenverantwortung übernehmen.<br />

Schulbücher sind auch Kulturgüter. Was<br />

sagt Ihr Verlegerherz dazu, dass sich<br />

Lerninhalte immer mehr in Bits <strong>und</strong> Bytes<br />

auflösen?<br />

Ja, Bücher sind gr<strong>und</strong>sätzlich Kulturgüter.<br />

Und gerade unsere Klientel, die <strong>Lernende</strong>n<br />

in der Berufsbildung, nehmen an diesem<br />

Teil der Kultur wenig teil <strong>und</strong> lesen<br />

praktisch keine Bücher. Momentan ist es<br />

deshalb unsere Aufgabe, sie zum Lesen zu<br />

ermuntern. Ich kann die Entwicklung nicht<br />

abschätzen, aber die Endgeräte werden<br />

immer besser <strong>und</strong> professioneller,<br />

vielleicht lösen Tablets <strong>und</strong> elektronische<br />

Geräte tatsächlich das Printprodukt ab<br />

<strong>und</strong> werden so zu Kulturgütern... Letztlich<br />

ist der Inhalt entscheidender als die Form.<br />

Wie schon gesagt, wir können nicht<br />

abschätzen, wie sich die digitale Welt<br />

verändern wird, wir müssen aber fit <strong>für</strong> die<br />

Zukunft sein, dürfen den Anschluss nicht<br />

verpassen <strong>und</strong> haben nun deshalb viel<br />

Geld in digitale Medien investiert.<br />

Insight Berufsbildung<br />

2


educa.ch<br />

Welches sind aus Ihrer Sicht die grössten<br />

Herausforderungen <strong>für</strong> das<br />

Schweizerische System der<br />

Berufsbildung?<br />

Wir müssen Sorge tragen zum<br />

Erfolgsmodell der dualen Berufsbildung.<br />

Auch die Quoten mit ca. 20% Matura (die<br />

Schweiz braucht hoch qualifizierte<br />

Studienabgänger/innen) <strong>und</strong> momentan<br />

ca. 75% Berufsbildung finde ich gut. Rudolf<br />

H. Strahm hat das in seinem bei hep<br />

erschienenen Buch "Warum wir so reich<br />

sind" hervorragend dargestellt. Wir bilden<br />

selber <strong>Lernende</strong> aus, so habe ich nebst der<br />

Sicht als Berufsschullehrer auch diejenige<br />

des Lehrbetriebs. Herausforderungen sind,<br />

den Lehrbetrieben nicht zu viel<br />

administrativen Aufwand zu übertragen,<br />

sie auch zu motivieren, junge Leute<br />

auszubilden. Von der Schulseite <strong>und</strong> den<br />

Organisationen der Arbeitswelt (OdAs) her<br />

gilt es, die Bildungsverordnungen <strong>und</strong><br />

Lehrpläne ständig der rasanten<br />

Entwicklung von Technik <strong>und</strong> Gesellschaft<br />

anzupassen. Dazu stellt sich die Frage des<br />

Fremdsprachenunterrichts. Heute wird<br />

nebst Kompetenzförderung auch das<br />

Beherrschen von Fremdsprachen als<br />

Gr<strong>und</strong>voraussetzung <strong>für</strong> die<br />

"Marktfähigkeit" eines Menschen<br />

gefordert. Was im KV <strong>und</strong> im Detailhandel<br />

längst gang <strong>und</strong> gäbe ist, sollte auch bei<br />

den übrigen Berufen eingeführt werden.<br />

Das ist aber bekanntlich eine alte<br />

Diskussion, es geht um Lektionenzahlen,<br />

Schultage usw...<br />

Kontakt<br />

Peter Egger peter.egger@hep-verlag.ch<br />

Die Fragen stellte Gallus Zahno, Redaktor<br />

Berufsbildung educa.ch<br />

gallus.zahno@educa.ch<br />

Weitere Informationen<br />

www.hep-verlag.ch<br />

e<strong>Lehrmittel</strong> auf iTunes<br />

03.09.2012<br />

Insight Berufsbildung<br />

3

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!