emotionen
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Emotionen erkennen können lohnt sich<br />
20. November 2014<br />
Menschen sind keine Roboter. Das gilt auch im Berufsleben. Wenn wir etwas<br />
von anderen wollen, kommen wir deshalb mit ein wenig Empathie weiter als mit<br />
gefühlskalten Befehlen. Hilfreich ist da eine gute Beobachtungsgabe: Ärgern<br />
sich die Kollegen über neue Anregungen oder freuen sie sich über unsere<br />
Vorschläge?<br />
Dass es im sozialen Miteinander wertvoll ist, die Emotionen der Mitmenschen<br />
richtig zu deuten, ist nicht neu. Wer das kann, dem fällt es leichter, Beziehungen<br />
zu anderen aufzubauen und aufrechtzuerhalten. Psychologen um Gerhard<br />
Blickle von der Universität Bonn haben jetzt nachgewiesen: Diese Fähigkeit<br />
macht sich – indirekt – auch am Einkommen bemerkbar. Arbeitnehmer, die<br />
dabei herausragend abschneiden, verdienen auch mehr Geld. Möglicherweise<br />
erlaubt ihnen ihr Verständnis für den Gefühlshaushalt anderer, besser auf ihre<br />
Kollegen einzugehen, und dieses Wissen zum eigenen Vorteil zu nutzen.<br />
Obwohl wir alle andauernd versuchen, die Stimmung unserer Mitmenschen<br />
einzuschätzen, sind wir darin nicht ähnlich leistungsfähig. Blickle sagt: "Das ist<br />
wie beim Sport: Dem einen fällt es leicht, dem anderen schwerer. Jeder kann<br />
mal einen Liegestütz machen." Aber nicht bei jedem reiche es zum Olympiasieg.<br />
Um vergleichen und messen zu können, wie gut jemand die Emotionen seiner<br />
Mitmenschen erkennt, sammelten die Forscher Bilder und Tondokumente von<br />
Kindern und Schauspielern – von Menschen also, die ihre Gefühle noch nicht<br />
auf erwachsene Weise verbergen oder gelernt haben, sie deutlich auszudrücken.<br />
So dargestellte Emotionen wurden dann berufstätigen Probanden vorgelegt: Die<br />
sollten zum Beispiel erkennen, ob der gezeigte Mensch wütend oder traurig ist,<br />
sich freut oder Angst hat.<br />
Für die Bonner Untersuchung sollten 298 Arbeitnehmer im Alter zwischen 20<br />
und 65 Jahren jeweils 24 Gesichtsbilder und 24 Stimmaufnahmen der passenden<br />
Emotion zuordnen. "Durchschnittlich ist das in 77 Prozent der Fälle gelungen",<br />
berichtet Blickle. "Wenn einer es in 87 Prozent der Fälle schafft, dann ist er gut;<br />
bei 90 richtig gut; bei 60 nicht mehr so sehr."<br />
Anschließend befragten die Forscher die Kollegen und Vorgesetzten der<br />
Teilnehmer. Menschen mit guter Emotions-Erkennungsfähigkeit wurden von<br />
den Kollegen als sozial kompetenter beurteilt. Ihre Vorgesetzten schreiben ihnen<br />
eine höhere Leistung in der Zusammenarbeit mit anderen zu. Und, ganz
entscheidend: "Nachweislich ist auch ihr Erwerbseinkommen höher", sagt<br />
Blickle.<br />
Doch könnte es nicht sein, dass in Wirklichkeit andere Ursachen dafür<br />
verantwortlich sind, dass die aufmerksamen Emotions-Erkenner mehr Geld<br />
verdienen? Blickle betont, er und seine Mitstreiter hätten den Einfluss von<br />
Alternativerklärungen sorgfältig überprüft. Selbst wenn Geschlecht, Alter,<br />
Ausbildung, wöchentliche Arbeitszeit und die hierarchische Position im<br />
Unternehmen kontrolliert wurden, "blieb der Effekt der Emotions-<br />
Erkennungsfähigkeit auf das Einkommen bestehen."<br />
Die Bonner Wissenschaftler folgern, dass bei der Auswahl von Führungskräften<br />
mehr Wert auf die Fähigkeit zur Emotions-Erkennung gelegt werden sollte – vor<br />
allem, wenn es im Beruf auf den Umgang mit Menschen ankommt. "Wie oft<br />
hört man Führungskräfte von Verständnis und Wertschätzung sprechen",<br />
kritisiert Blickle – "und wenn man ihr Führungsverhalten sieht, stellt man fest,<br />
dass sie beides nicht haben."<br />
Quelle: Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn via idw