Versuch5
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Praktikum Automatisierungstechnik SS 2012<br />
Praktikum<br />
Automatisierungstechnik<br />
SS 2012<br />
Versuch 5<br />
NC-Programmierung<br />
Fertigung eines<br />
Drehteils<br />
SS 2012<br />
Betreuer: Dipl.-Wirtsch.-Ing. M. Rüggeberg<br />
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Praktikum Automatisierungstechnik SS 2012<br />
TEIL 1: NC-PROGRAMMIERUNG<br />
1 Programmierung von NC-gesteuerten Fertigungseinrichtungen<br />
1.1 Numerische Steuerungen<br />
Die Bearbeitung eines Werkstücks auf einer numerisch gesteuerten Werkzeugmaschine wird<br />
durch das Werkstückprogramm, auch NC-Programm genannt, beschrieben. Die NC-Programme<br />
können dabei über verschiedenste Datenträger (Diskette, CD usw.) eingelesen werden. NC-<br />
Steuerungen verfügen zudem meist über eine serielle V.24-Schnittstelle, mit deren Hilfe die Daten<br />
an die Steuerung übertragen werden können.<br />
Zudem ist in der Regel eine Handeingabe des NC-Programms möglich. Die Steuerung ist dazu mit<br />
Funktionstasten entsprechend komfortabel gestaltet. Überdies ist meist ein NC-Programmspeicher<br />
vorhanden, der es ermöglicht, bereits eingelesene NC-Programme über das Bedienfeld zu verändern<br />
bzw. zu korrigieren.<br />
Die eingegebenen Informationen des Werkstückprogramms und die zu verarbeitenden Korrekturen<br />
werden in der Steuerung dekodiert und – getrennt nach geometrischen und technologischen<br />
Daten – weiterverarbeitet. Geometrische Daten sind alle Angaben über die zu verfahrenden Werkzeugwege,<br />
aus denen die gewünschte Geometrie des Werkstücks entsteht. Technologische Informationen<br />
sind die Schaltfunktionen für z. B. Vorschubgeschwindigkeit, Spindeldrehzahl, Werkzeugwechsel,<br />
Kühlmittelschaltung usw.<br />
Die Programmierung der zu erzeugenden Kontur erfolgt durch die Angabe von Konturendpunktkoordinaten<br />
und der Art der Verbindungen zwischen jeweiligem Anfangs- und Endpunkt als<br />
Wegbedingung (z. B. Gerade, Kreisbogen, usw.). Je nach Verlauf der Bewegung sind Steuerungen<br />
unterschiedlicher Komplexität für deren Realisierung geeignet. Man unterscheidet diesbezüglich<br />
zwischen Punkt-, Strecken- und Bahnsteuerungen.<br />
1.2 Aufbau eines NC-Programms<br />
1.2.1 Allgemeines<br />
Bei der NC-Programmierung wird die Folge der einzelnen Steuerinformationen festgelegt, die für<br />
die Bearbeitung eines Werkstücks auf einer NC-Maschine erforderlich ist. Zur rationellen Programmierung<br />
werden heute unterschiedliche rechnerunterstützte Programmierverfahren angewandt,<br />
deren Einsatz von der Maschinenart, dem Schwierigkeitsgrad der Werkstückbearbeitung<br />
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und von der Ausrüstung des Anwenderbetriebes abhängt. Das NC-Programm wird in einer definierten<br />
Form auf einem Datenträger gespeichert und in die Steuerung der betreffenden Maschine<br />
eingegeben.<br />
Das NC-Programm besteht aus einer Anzahl von Sätzen, die jeweils einem Bearbeitungsschritt<br />
entsprechen. Die Bearbeitungsanweisungen in einem Satz werden durch so genannte "Wörter",<br />
einer Kombination aus Kennbuchstaben bzw. Adresse und Ziffernfolge (mit oder ohne Vorzeichen)<br />
verschlüsselt. Die Bedeutung und die Anordnung dieser Wörter ist im Programmschlüssel der jeweiligen<br />
NC-Steuerung festgelegt, dem üblicherweise die DIN 66025 (entsprechend ISO 6983)<br />
zugrunde liegt.<br />
Im Folgenden sind die in der DIN 66025 festgelegten Adressbuchstaben, Zusatzfunktionen und<br />
Wegbedingungen tabellarisch aufgelistet. Alle nicht genannten Adressbuchstaben, Zusatzfunktionen<br />
und Wegbedingungen sind nicht belegt und frei verfügbar. Darüber hinaus besteht aber auch<br />
keine zwingende Bindung an die Norm. Abwandlungen von Steuerungs- und Maschinenherstellern<br />
sind verbreitet.<br />
N5 G97 V100 X20 T0505 M04 M08 M41<br />
Ziffernfolge<br />
Adreßbuchstabe<br />
bis zu 3 M-Anweisungen<br />
Programmwort<br />
max. 1 G-Anweisung<br />
in einem Programmsatz<br />
Satznummer<br />
Bild 1: NC-Programmsatz am Beispiel der Traub TX-8D Steuerung<br />
Adressbuchstaben<br />
A Winkelmaß um X-Achse N Satznummer<br />
B Winkelmaß um Y-Achse O Offset (Achsparalleler Werkzeugversatz)<br />
möglichst nicht<br />
verwenden<br />
C Winkelmaß um Z-Achse P Dritte Eilgangbegrenzung<br />
D Winkelmaß um Zusatzachse oder Q Zweite Eilgangbegrenzung<br />
frei verfügbar<br />
E Winkelmaß um Zusatzachse oder R Erste Eilgangbegrenzung<br />
frei verfügbar<br />
F Vorschubgeschwindigkeit S Hauptspindeldrehzahl<br />
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G Vorbereitende Wegbedingungen T Werkzeugnummer, evtl. mit Korrekturwert<br />
H Werkzeuglängenkorrektur U Zweite Achse parallel zur X-<br />
Achse<br />
I<br />
J<br />
K<br />
Hilfsparameter für Kreisinterpolation<br />
oder Gewindesteigung parallel zur<br />
X-Achse<br />
Hilfsparameter für Kreisinterpolation<br />
oder Gewindesteigung parallel zur<br />
Y-Achse<br />
Hilfsparameter für Kreisinterpolation<br />
oder Gewindesteigung parallel zur<br />
Z-Achse<br />
V Zweite Achse parallel zur Y-<br />
Achse<br />
W Zweite Achse parallel zur Z-<br />
Achse<br />
X<br />
Erste Hauptachse<br />
L frei verfügbar Y Zweite Hauptachse<br />
M Maschinenbefehle, Schaltfunktionen Z Dritte Hauptachse<br />
Zusatzfunktionen<br />
Zusatzfunktionen werden durch den Adressbuchstaben M und eine Nummer gekennzeichnet. Sie<br />
stellen in der Regel Befehle dar, um spezielle Funktionen ein- und auszuschalten.<br />
M 00 Programm HALT; Spindel, Kühlmittel<br />
und Vorschub AUS; erneuter<br />
Start über die Taste "Start"<br />
M 01 Wahlweiser Halt, wirkt wie M 00,<br />
wenn Schalter "Wahlweiser Halt"<br />
auf EIN steht<br />
M 13<br />
M 14<br />
Spindel EIN, Rechtslauf und<br />
Kühlmittel EIN<br />
Spindel EIN, Linkslauf und<br />
Kühlmittel EIN<br />
M 02 Programm ENDE M 19 Spindel STOP in bestimmter<br />
Werkzeuglage<br />
M 03 Spindel EIN, Rechtslauf M 30 wie M00, zusätzlich Lochstreifen<br />
zurückspulen<br />
M 04 Spindel EIN, Linkslauf M 31 Verriegelung aufheben<br />
M 05 Spindel STOP M 40 – Getriebestufen-Umschaltung<br />
M 45<br />
M 06 Werkzeugwechsel ausführen M 50 Kühlmittel 3 EIN<br />
M 07 Kühlmittel 2 EIN M 51 Kühlmittel 4 EIN<br />
M 08 Kühlmittel 1 EIN M 60 Werkstückwechsel<br />
M 09 Kühlmittel AUS M 68 Werkstück spannen<br />
M 10 Klemmung EIN M 69 Werkstück entspannen<br />
M 11 Klemmung AUS<br />
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Wegbedingungen<br />
Wegbedingungen werden durch den Adressbuchstaben G und eine Nummer gekennzeichnet. Sie<br />
zeichnen sich dadurch aus, dass ihre Funktion immer einen Bezug zur Bewegung und der Beschreibung<br />
des aktiven Koordinatensystems als Grundlage der Bewegung hat. Ebenso wie die<br />
Zusatzfunktionen haben die Befehle der Wegbedingungen einen selbsthaltenden Charakter. Das<br />
heißt, dass die Funktionen nach einmaligem Aufruf so lange aktiv bleiben, bis sie deaktiviert oder<br />
von einem anderen Befehl ersetzt werden.<br />
G 00 Gerade im Eilgang G 54 – Nullpunktverschiebung<br />
G 59<br />
G 01 Gerade im Vorschub G 60 Einfahrtoleranz 1<br />
G 02<br />
G 03<br />
Kreisinterpolation, im Uhrzeigersinn<br />
Kreisinterpolation, gegen den<br />
Uhrzeigersinn<br />
G 61<br />
G 62<br />
Einfahrtoleranz 2, auch Schleife<br />
fahren<br />
Schnelles Positionieren, nur<br />
Eilgang<br />
G 04 Verweilzeit G 63 Vorschub 100% setzen, z. B.<br />
Gewindebohren<br />
G 17 Ebenenauswahl XY G 64 Vorschub- und/oder Drehzahlwechsel<br />
G 18 Ebenenauswahl XZ G 70 Z-Achse in Ausgangsposition<br />
fahren<br />
G 19 Ebenenauswahl YZ G 73 Programmierter Vorschub -<br />
Achsvorschub<br />
G 33<br />
G 34<br />
G 35<br />
G 40<br />
G 41<br />
G 42<br />
G 46<br />
G 53<br />
Gewindeschneiden mit konstanter<br />
Steigung<br />
Gewindesteigung mit zunehmender<br />
Steigung<br />
Gewindeschneiden mit abnehmender<br />
Steigung<br />
Löschen aller abgerufenen<br />
Werkzeugkorrekturen<br />
Werkzeugradiuskorrektur, Versatz<br />
nach rechts<br />
Werkzeugradiuskorrektur, Versatz<br />
nach links<br />
Schneidenradiuskompensation<br />
EIN<br />
Löschen der abgerufenen Nullpunktverschiebung<br />
G 74<br />
G 75<br />
G 80<br />
G 81-<br />
G 89<br />
G 90<br />
G 91<br />
G 92<br />
G 94<br />
G 95<br />
Referenzpunkt anfahren der<br />
1. und 2. Achse<br />
Referenzpunkt anfahren der<br />
3. und 4. Achse<br />
Löschen der abgerufenen Zyklen<br />
Festgelegte Bohrzyklen<br />
Bezugsmaßeingabe<br />
Relativmaßeingabe<br />
Programmierte Bezugspunktverschiebung<br />
Vorschub in mm pro Minute<br />
Vorschub in mm pro Umdrehung<br />
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1.2.2 Koordinatensysteme und Bezugspunkte<br />
Die Festlegung von Koordinatensystemen und Bezugspunkten im Arbeitsraum der Werkzeugmaschine<br />
ist eine notwendige Voraussetzung für die Beschreibung der Bearbeitungsbewegungen.<br />
Anzahl und Art der Achsen sind dabei maschinenabhängig. Es wurden folgende allgemeingültige<br />
Festlegungen getroffen:<br />
Verwendet wird ein rechtshändiges, rechtwinkliges Koordinatensystem mit den Achsen X, Y und Z,<br />
das auf die Hauptführungsbahnen der Maschine ausgerichtet ist und sich auf das in der Maschine<br />
eingespannte Werkstück bezieht. Die Z-Achse liegt parallel zur Achse der Arbeitsspindel bzw. ist<br />
mit dieser identisch. Die positive Richtung der Z-Achse verläuft vom Werkstück zum Werkzeug<br />
bzw. bei Drehmaschinen von der Arbeitsspindel zum Werkstück.<br />
Die X-Achse ist die Hauptachse in der Positionierebene. Sie liegt grundsätzlich parallel zur Werkstückspannfläche<br />
und verläuft möglichst horizontal. Sind Koordinatenachsen parallel zur X-, Y-<br />
oder Z-Achse vorhanden, so werden diese mit U, V und W bezeichnet. Die Buchstaben A, B und C<br />
kennzeichnen Drehachsen, wie z. B. Drehtische, die den X-, Y- und Z-Koordinaten zugeordnet<br />
sind. Der positive Drehsinn ist nach der Rechtsschraubenregel festgelegt.<br />
Im Arbeitsraum der Maschine sind eine Reihe von Null- und Bezugspunkten angeordnet, die in den<br />
Bildern 2 und 3 am Beispiel der CNC-Drehmaschine TNS-60 der Fa. Traub dargestellt sind. Diese<br />
Maschine ist am IWF vorhanden und soll in diesem Versuch programmiert werden.<br />
R<br />
M<br />
W<br />
T<br />
M = Maschinennullpunkt<br />
W = Werkstücknullpunkt<br />
R = Referenzpunkt<br />
T = Werkzeugträgerbezugspunkt<br />
Bild 2: Nullpunkte und Bezugspunkte bei einer CNC-Drehmaschine<br />
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<br />
<br />
Maschinennullpunkt und -koordinatensystem: Der Maschinennullpunkt ist ein Punkt auf der<br />
Spindelachse in Höhe der Anlagefläche des Spannmittels. Er ist der Nullpunkt des Maschinenkoordinatensystems,<br />
in dem die Lage aller anderen Bezugspunkte angegeben wird.<br />
Werkstücknullpunkt: Der Werkstücknullpunkt liegt ebenfalls auf der Spindelachse der Maschine.<br />
Er wird vom Programmierer bzw. Maschinenbediener durch die Angabe seines Abstandes<br />
zum Maschinennullpunkt definiert. Dieser Abstand berechnet sich aus Futter und Backenhöhe<br />
plus der Rohteillänge, minus dem rechten Aufmaß bei einem Werkstücknullpunkt auf der<br />
vorderen Werkstückkante (Regelfall),<br />
plus dem linken Aufmaß bei einem Werkstücknullpunkt auf der hinteren Werkstückkante.<br />
<br />
<br />
Je nach Werkstückform und Bearbeitungsstrategie können auch verschiedene Werkstücknullpunkte<br />
sinnvoll sein. Der Werkstücknullpunkt stellt ein Hilfsmittel zur Vereinfachung der Programmierung<br />
dar. Innerhalb eines NC-Programms erfolgt eine Nullpunktverschiebung. Diese<br />
entspricht einer Koordinatentransformation durch Verschieben des Maschinennullpunkts in den<br />
aktuellen Werkstücknullpunkt. Durch diese Maßnahme wird es möglich, die Werkstückabmessungen,<br />
gegeben durch Zeichnung oder CAD-Modell, direkt zur Beschreibung der Bearbeitung<br />
innerhalb des NC-Programms heranzuziehen. Abweichende Rohteilmaße können so z. B.<br />
durch Änderung der Nullpunktsverschiebung einfach korrigiert werden, ohne den Rest des<br />
Programms überarbeiten zu müssen. Unterschiedliche Befehle zur Nullpunktverschiebung gestatten<br />
die Angabe von Offsets innerhalb der Maschinenkonfiguration oder direkt im NC-<br />
Programm. Erstere sind ideal zur Einbeziehung von Spannvorrichtungen, welche sich selten<br />
ändern. Letztere erlauben eine schnelle Korrektur, z. B. bei ständig schwankenden Rohteilabmessungen.<br />
Werkzeugbezugspunkt: Der Werkzeugbezugspunkt bezeichnet einen definierten Punkt an<br />
der Werkzeugaufnahme des Revolvers. Die Maschinensteuerung kann die Lage des Werkzeugbezugspunktes<br />
jederzeit über das maschineneigene Messsystem feststellen. Für die Bearbeitung<br />
der Werkstückkontur ist jedoch die Lage der Werkzeugspitze entscheidend. Da der<br />
eigentliche Bezugspunkt immer fest mit der Werkzeugaufnahme verbunden ist, Werkzeuge<br />
aber ganz unterschiedliche Abmessungen haben können, sind für jedes Werkzeug die Werkzeugabmessungen<br />
X und Z in der Maschinensteuerung einzugeben. Hieraus berechnet die<br />
Steuerung die für die Konturbearbeitung richtigen Verfahrbewegungen des Revolvers. Mit<br />
Auswahl des Werkzeugs werden auch die entsprechenden Abmessungen des Werkzeugs aktiviert.<br />
In der Praxis verfügen Maschinen für jedes Werkzeug über zwei Speicher, deren Inhalte<br />
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addiert werden. Der erste nimmt dabei die erwähnten Werkzeugabmessungen auf, der zweite<br />
kann einen Werkzeugverschleiß in Form von Korrekturdaten berücksichtigen.<br />
<br />
Referenzpunkt: Der Referenzpunkt bezeichnet eine durch Nockenschalter fest definierte Position<br />
des Kreuzschlittens (Die im Bild angegebenen Koordinaten sind nur beispielhaft und maschinenabhängig!).<br />
Da Maschinensteuerungen die Position der Schlitten oft inkrementell, d. h.<br />
durch ein Abzählen von Impulsen, erfassen, ist es nach jedem Ein- bzw. Aus- und Wiedereinschalten<br />
der Maschine bzw. der Steuerung erforderlich, einen fest definierten Punkt anzufahren.<br />
Diese Maßnahme ist in den meisten Fällen vom Bediener auszulösen. Die Steuerung kann<br />
erst nach dem Anfahren des Referenzpunktes mit dem Messsystem arbeiten und Positionswerte<br />
in das Maschinenkoordinatensystem übertragen.<br />
Maschinenkoordinatensystem<br />
X<br />
Aufmaß<br />
Werkstücklänge<br />
Aufmaß<br />
Spindel<br />
Fertigteil<br />
Z<br />
Maschinennullpunkt<br />
Rohteil<br />
Werkstücknullpunkt<br />
hinten<br />
© 159-03-00<br />
Futter- und<br />
Backenhöhe<br />
Rohteillänge<br />
nach: IFAO<br />
Bild 3: Maschinen- und Werkstücknullpunkt, Maschinenkoordinatensystem<br />
Das Bild 4 zeigt ein Beispiel für ein NC-Programm zum Einbringen zweier Bohrungen in eine Stahlplatte.<br />
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MNP<br />
Werkzeug<br />
15.742 R<br />
0 15 23<br />
Z<br />
Y<br />
X<br />
Spitzenwinkel:<br />
Seitenspanwinkel:<br />
Werkzeugaufnahme:<br />
Einstellmaß Z:<br />
0<br />
21<br />
14<br />
WNP<br />
Technologie-Stammdaten Werkzeugdatei<br />
IDENT-NR.: 15.742R<br />
Text: SPIRALBOHRER<br />
BOHRERTYP W<br />
ANSCHLIFF B<br />
MIT MITNEHMER<br />
130 Grad<br />
35 Grad<br />
MultiBore 2<br />
112.0 mm<br />
8,85 MM<br />
RECHTS<br />
NACH DIN 1412<br />
2<br />
1<br />
8,9<br />
Programm Nr. 768<br />
N10 G54<br />
T01<br />
(Verschiebung des Werkstücknullpunktes)<br />
Aufruf von Werkzeug Nr. 1) D01 (Korrekturwert für Werkz.)<br />
(Anfahren einer Vorposition, Sicherheitsabstand 1mm):<br />
N20 G00 X23 Y14 Z13 (Koordinatenwert)<br />
F50 (Vorschub 50mm/min) S800 (Drehfreq. d. Spindel in 1/min)<br />
N30 G01 (Arbeitsvorschub) Z-2 (Bohren bis Z = -2 mm)<br />
N40 G01 Z13 (Rückzugsbewegung des Bohrers)<br />
N50 G00 X15 Y21<br />
N60 G01 Z-2<br />
© 159-08-00<br />
N70 G01 Z13<br />
N80 G53 (Abwahl der Werkstücknullpunkt-Verschiebung)<br />
M30 (Programmende mit Rücksetzen)<br />
nach: F. Wagner<br />
Bild 4: Beispielprogramm<br />
1.3 Methoden der NC-Programmierung<br />
1.3.1 Manuelle Programmierung nach DIN 66025<br />
Es existieren derzeit vier grundsätzliche Methoden der NC-Programmerstellung (Bild 5).<br />
Bei der manuellen Programmierung (Bild 6) erstellt ein Programmierer ein Teileprogramm nach<br />
DIN 66025. Die Programmierung kann an der Maschine oder einem externen Programmierplatz<br />
erfolgen.<br />
Der Programmierer muss zunächst die Bauteilgeometrie aus der Fertigungszeichnung herauslesen<br />
und im Programmiersystem neu beschreiben. Dazu muss er sich das fertige dreidimensionale<br />
Bauteil vorstellen und die einzelnen zweidimensionalen Schnitte und Ansichten gedanklich einander<br />
zuordnen. Dieser Prozess stellt eine der Schwierigkeiten der manuellen Programmierung dar.<br />
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Methoden<br />
Manuell<br />
Maschinell<br />
Grafisch interaktiv<br />
%<br />
N0001G91G00X0Y0Z0<br />
S79 T01 M03<br />
.<br />
.<br />
N009 G01 X28214 Y19754<br />
.<br />
.<br />
N015 G00<br />
N016 M30<br />
PARTNO TEST<br />
.<br />
.<br />
L1 = LINE/0,0,10,0<br />
L2 = LINE/10,0,10,10<br />
.<br />
.<br />
GOLFT/L1,PAST,L2<br />
.<br />
.<br />
FINI<br />
grafische Werkstattprogrammierung<br />
NC-Programmierung<br />
mit CAD/CAM<br />
© 159-09-01<br />
nach: Grabowski<br />
Bild 5: Methoden der NC-Programmerstellung<br />
Zeichnung<br />
Spannmittelkartei<br />
Maschinen-<br />
Kartei<br />
Ermittlung der Maschine<br />
und der Arbeitsfolge<br />
Arbeitsplan<br />
Zerspanungsrichtwerte<br />
Programmablaufplan<br />
Werkzeugkartei<br />
Stückliste<br />
Festlegung der Werkstückspannung<br />
und Werkzeugwege<br />
Detaillierung des Arbeitsablaufs<br />
Bestimmung der Schnittwerte<br />
Programmablaufskizze<br />
Programmieranleitung<br />
Verschlüsselung der Arbeitsgänge<br />
zu Programmsätzen<br />
Programmliste<br />
Erstellen und Prüfen des<br />
Informationsträgers<br />
©<br />
159-10-00<br />
NC<br />
Programm<br />
(DIN 66025)<br />
Ablaufzeichnung<br />
Einrichteblatt<br />
Programmblatt<br />
Aufspannblatt<br />
Werkzeugplan<br />
Bild 6: Manuelle NC-Programmerstellung<br />
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Bei sehr komplexen Bauteilen, die häufig eine Programmierzeit von insgesamt mehr als 40 Stunden<br />
haben, kann der Zeitanteil für das Eindenken in das Bauteil bis zu 20% der gesamten Programmierzeit<br />
betragen. Die zeilenweise Neudefinition der bearbeitungsrelevanten Geometrie ohne<br />
die Möglichkeit einer Überprüfung der errechneten Geometriewerte ist eine Hauptursache für fehlerhafte<br />
NC-Programme. Simulationsabläufe anhand der erstellten Programme erleichtern zwar die<br />
Fehlersuche und verhindern Komplikationen bei der Programmerprobung, können aber die Verursachung<br />
von Fehlern nicht verhindern.<br />
1.3.2 Maschinelle (rechnergestützte) Programmierung<br />
Zur Erleichterung der Programmerstellung setzt sich mit dem Verfügbarwerden geeigneter Systeme<br />
in den letzten Jahren immer mehr die grafisch interaktive Programmierung durch. Die Definition<br />
des Roh- und Fertigteils erfolgt dabei im grafisch interaktiven Dialog oder durch Übernahme von<br />
Geometriedaten aus einem CAD-System. Ein wichtiger Schritt, nämlich die Übertragung der Teilegeometrie<br />
in die Bearbeitungsgeometrie, wird so vom System geleistet und entlastet den Bediener<br />
deutlich.<br />
Werkstattprogrammierung<br />
Der Begriff Werkstattprogrammierung umfasst alle Programmierverfahren, die in der Werkstatt<br />
durchgeführt werden. Darunter fallen CNC-interne aber auch CNC-externe Programmierverfahren<br />
in der Werkstatt. Die CNC-interne Programmierung erfolgt direkt an der Steuerung der CNC-<br />
Maschine in der Werkstatt. In Abhängigkeit von der CNC-Rechnerleistung besteht die Möglichkeit<br />
zur textuellen oder grafisch-interaktiven Programmeingabe. Die textuelle Programmeingabe ist mit<br />
der manuellen Programmierung vergleichbar. Das Steuerprogramm wird im Handeingabebetrieb<br />
über das Bedienfeld der Maschinensteuerung eingegeben. Moderne CNCs vereinfachen diese<br />
Programmierung bereits durch interaktive Bedienerführung und Eingabemasken. So können z.B.<br />
steuerungsspezifische Zyklen und Konturzüge aufgerufen werden.<br />
Die grafisch-interaktive Programmeingabe wird dabei als WOP (Werkstattorientierte Programmierung)<br />
bezeichnet. Nach H. B. Kief ist darunter "ein durchgängiges Konzept für die rechnergestützte,<br />
dialoggeführte und grafisch unterstützte Programmierung numerisch gesteuerter Werkzeugmaschinen“<br />
zu verstehen [Kief, 1993]. Zur Ausstattung einer CNC-Steuerung mit WOP gehören<br />
u. a. eine interaktive Bedienerführung, ein Grafikbildschirm für die Eingabe-, Hilfs- und Simulationsgrafik<br />
sowie ein Bedienfeld mit Softkeys, die unterhalb des Bildschirms angeordnet sind und<br />
denen die Software verschiedene Funktionen zuweist. Der Programmiervorgang an einer CNC-<br />
Drehmaschine mit integrierter WOP sieht z. B. wie folgt aus:<br />
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1. Erstellung der Roh- und Fertigteilkontur, der Geometrie des Werkstücks, mit Hilfe der Zeichnung<br />
und der Eingabegrafik,<br />
2. Eingabe des Arbeitsablaufs, der Technologie mit Hilfe der Eingabe- und Hilfsgrafik,<br />
3. Darstellung der Werkzeuge und Simulation des Bearbeitungsablaufs.<br />
Im Gegensatz zur DIN-Programmierung werden bei der WOP nicht die Werkzeugbewegungen,<br />
sondern die Roh- und Fertigteilkontur programmiert. Erst im Anschluss daran erfolgt die Festlegung<br />
der Technologie.<br />
Die Ziele der werkstattorientierten Programmierung werden in [Kief, 1993] folgendermaßen definiert:<br />
1. gleiche Programmierung mit einheitlichen Dialogen für alle Fertigungstechnologien,<br />
2. getrennte Programmierung der Geometrie und Technologie,<br />
3. grafisch-dynamische Simulation des Bearbeitungsprozesses,<br />
4. gleiches Vorgehen bei der Programmerstellung und -änderung,<br />
5. gleichzeitige Bearbeitung mehrerer Bildschirmmasken,<br />
6. Programmierung während der Bearbeitung,<br />
7. "fehlerfreie" Programme zur direkten Bearbeitung (kein Probelauf erforderlich),<br />
8. Ein- und Ausgabemöglichkeit der Quellprogramme, Grafiken, Arbeitspläne etc.,<br />
9. Integration in ein CIM-Umfeld mit der Möglichkeit zur CAD-Datenübernahme.<br />
Als Vorteile der werkstattorientierten Programmierung werden von den Anwendern eine schnelle<br />
Reaktionsfähigkeit der Werkstatt, ein geringer Verwaltungsaufwand und eine Aufwertung des Arbeitsplatzes<br />
an der Maschine genannt. Zu den Schwachstellen der WOP gehört die derzeit sehr<br />
unterschiedliche Realisierung des Konzepts. Die mit einem WOP-System erstellten Steuerprogramme<br />
sind häufig auf anderen CNC-Maschinen nicht lauffähig.<br />
Neben der CNC-internen Programmierung existiert die Möglichkeit der Programmierung an einem<br />
externen CNC-Programmiergerät. Dieses maschinenspezifische, werkstattgeeignete Programmiergerät<br />
ist wie das CNC-Bedienfeld mit einer Symbol- und Funktionstastatur sowie grafischer<br />
Unterstützung ausgestattet und an den CNC-internen Rechner angeschlossen. Die Programmeingabe<br />
kann textuell oder grafisch-interaktiv erfolgen und hat den Vorteil, dass nicht stehend an<br />
der Maschine programmiert werden muss.<br />
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CAD-interne Programmierung<br />
Die heutigen Funktionen der CAD-Systeme umfassen alle Vorgänge zur rechnergestützten Herstellung<br />
von Werkstückzeichnungen, Stücklisten, Arbeitsplänen und Steuerinformationen für NCbzw.<br />
CNC-Werkzeugmaschinen. Mit Hilfe eines CAD-internen NC-Moduls können aus geometrischen,<br />
rechnerinternen Modellen direkt Teileprogramme für die Fertigung erzeugt werden. Das<br />
Vorgehen ist identisch mit der maschinellen grafisch-interaktiven Programmierung. Der Vorteil der<br />
CAD-internen Programmierung liegt in der Reduzierung der unternehmensinternen Schnittstellen.<br />
Generierte Steuerprogramme können der Fertigung direkt zur Verfügung gestellt werden. Dabei<br />
sind aber die hohen Arbeitsplatzkosten des CAD-Systems und die meist vorhandenen Kommunikationsprobleme<br />
zwischen Konstruktion und Fertigung zu beachten.<br />
CAD-CAM-Kopplung<br />
Die CAD-CAM-Kopplung ist die informationstechnische, rechnergestützte Verbindung zwischen<br />
dem CAD- und CAM-System. Sie hat die Rationalisierung des Informationsflusses von der Produktentwicklung<br />
bis zum fertigen Produkt als Ziel und wird auch als "CAE" (Computer Aided Engineering)<br />
bezeichnet. Ein wichtiger Aspekt der CAD-CAM-Kopplung besteht in der datentechnischen<br />
Verbindung zwischen dem CAD- und dem NC-Programmiersystem. Aufgabe dieser Verbindung<br />
ist die Übertragung von Geometriedaten und deren Umsetzung in NC-Programme für die<br />
Fertigung. Der Datentransfer muss so realisiert werden, dass kein Verlust und keine Verfälschung<br />
der CAD-Daten auftritt. Sie gewährleistet den Informationsaustausch miteinander kommunizierender<br />
Systeme oder Systemkomponenten durch die Definition fester Regeln und Bedingungen für<br />
den Datentransfer. Für die Kopplung von CAD- und NC-Programmiersystemen fungieren Schnittstellen<br />
somit als Übersetzerprogramme, die den Datenaustausch ermöglichen. Zu den standardisierten<br />
Schnittstellen auf dem Gebiet gehören:<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
DXF (Drawing Interchange Format) zur Übertragung technischer Zeichnungen,<br />
IGES (Initial Grafics Exchange Specification) zur Übertragung von technischen Zeichnungen<br />
und Drahtmodellen,<br />
SET (Standard d´Echange et de Transfert) zur Übertragung geometrischer Daten,<br />
STEP (Standard for the Exchange of Product Model Data) zur Übertragung von geometrischen,<br />
technologischen und verwaltungstechnischen Daten,<br />
VDAFS (Verband der deutschen Automobilindustrie Flächenschnittstelle) zur Übertragung von<br />
beliebigen Freiformflächen.<br />
Betreuer: Dipl.-Wirtsch.-Ing. M. Rüggeberg<br />
Seite 13
Praktikum Automatisierungstechnik SS 2012<br />
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine CAD-CAM-Kopplung zu realisieren, die im Bild 7 gezeigt<br />
werden.<br />
CAD-<br />
System<br />
mit NC-<br />
Modul<br />
CAD-<br />
System<br />
mit NC-<br />
Modul<br />
CAD-<br />
System<br />
CADsystem<br />
CAD-<br />
System<br />
CAD-<br />
System<br />
Quellprogramm<br />
genormte<br />
Schnittstelle<br />
individuelle<br />
Schnittstelle<br />
NC-Programmiersystem<br />
NC-Programmiersystem<br />
NC-Programmiersystem<br />
NC-Programmiersystem<br />
CLDATA (DIN 66125)<br />
Postprozessoren<br />
Steuerprogramm (DIN 66025)<br />
Bild 7: Möglichkeiten der CAD-NC-Kopplung<br />
Programmerstellung mittels Programmiersprache<br />
Der Vollständigkeit halber soll an dieser Stelle noch die Möglichkeit erwähnt werden, ein NC-<br />
Programm mit Hilfe einer höheren Programmiersprache zu erstellen. Beispielhaft wäre an dieser<br />
Stelle EXAPT zu nennen, das eine Weiterentwicklung von APT darstellt:<br />
EXAPT -<br />
EXtended Subset of APT (erweiterte Untermenge der Programmiersprache APT),<br />
APT - Automatically Programmed Tool (selbsttätig programmiertes Werkzeug).<br />
Mit der Entwicklung von APT wurde 1955 in den USA begonnen, um Flugzeugteile mit komplizierten<br />
Formen rationell bearbeiten zu können. Das seit 1964 entwickelte Programmiersystem<br />
EXAPT ermöglicht im Gegensatz zu APT und den APT-ähnlichen Systemen umfangreiche technologische<br />
Ermittlungen. EXAPT ist ein modular aufgebautes Programmiersystem für alle NC-<br />
Bearbeitungen wie NC-Drehen, NC-Bohren, NC-Fräsen, NC-Nibbeln, NC-Brennschneiden und<br />
NC-Drahterodieren. BASIC-EXAPT, Grundbaustein des EXAPT-Systems, kann für alle NC-<br />
Programmieraufgaben eingesetzt werden.<br />
Betreuer: Dipl.-Wirtsch.-Ing. M. Rüggeberg<br />
Seite 14
Praktikum Automatisierungstechnik SS 2012<br />
Das Prinzip der maschinellen Programmierung mittels EXAPT ist in Bild 8 dargestellt. Durch entsprechende<br />
Konverter-Programme (Postprozessoren) kann auch hieraus das spezifische NC-<br />
Programm für die jeweilige Steuerung generiert werden. Mit Einführung der grafisch interaktiven<br />
Programmierung haben Programmiersysteme wie EXAPT an Bedeutung verloren. Im Gegensatz<br />
dazu hat – trotz immer leistungsfähigerer Systeme zur grafisch-interaktiven Programmierung – die<br />
manuelle Erstellung von Programmen noch nicht überall ihre Bedeutung verloren. In Bereichen, in<br />
denen die Programmerstellung einen großen Kostenfaktor der Produktion darstellt, z. B. in der<br />
Einzelteilfertigung, kann manuell nicht mehr wirtschaftlich programmiert werden. In der Massenfertigung,<br />
in der ein Programm für größte Stückzahlen über lange Zeiträume genutzt wird, ist der Anteil<br />
der Programmerstellung von untergeordneter Bedeutung. Hier bietet sich die manuelle Programmierung<br />
gegebenenfalls sogar an, da das spezifische Know-how von Programmierern unter<br />
Umständen höher optimierte NC-Programme liefert, als es durch die schematischen Algorithmen<br />
eines Programmiersystems möglich wäre.<br />
Bild 8: Prinzip der maschinellen Programmierung<br />
Betreuer: Dipl.-Wirtsch.-Ing. M. Rüggeberg<br />
Seite 15
Praktikum Automatisierungstechnik SS 2012<br />
1.4 Ausgewählte NC-Befehle<br />
Beispielhaft werden in der Folge einige NC-Befehle vorgestellt, deren Wegbedingungen auch im<br />
genormten Befehlsumfang enthalten sind.<br />
1.4.1 Gerade im Eilgang G00<br />
G00 N5 G97 X/U.. Z/W.. V100 I/A.. X20K.. T0505 F.. S.. M04 B.. M08 T.. M.. M41<br />
für Abwahl SRK<br />
Koordinaten des Zielpunktes<br />
im Bezugs- oder Kettenmaß<br />
M-Anweisungen<br />
Werkzeugaufruf<br />
B-Anweisungen<br />
Drehzahl oder<br />
Schnittgeschwindigkeit<br />
Vorschub, nur R-Achse<br />
Startpunkt<br />
U+<br />
Z<br />
Zielpunkt<br />
W<br />
U<br />
W-<br />
Startpunkt<br />
U-<br />
W+<br />
X<br />
Durch die G00-Anweisung wird das Werkzeug (Schneidenspitze) im Eilgang, d. h. mit größtmöglicher<br />
Geschwindigkeit, an den programmierten Zielpunkt gefahren. Die Werkzeugbahn wird von der<br />
CNC-Steuerung durch Geradeninterpolation ermittelt, d. h. der Verfahrweg verläuft in gerader Linie<br />
(kürzeste Verbindung zwischen Start- und Zielpunkt). Dabei überwacht die Steuerung die maximal<br />
zulässige Eilganggeschwindigkeit für jede Achse. Die Höhe der Eilganggeschwindigkeit lässt<br />
sich in den Maschinendaten der CNC-Steuerung verändern. Durch Eingabe der Adressen X und Z<br />
wird der Zielpunkt der Schneidenspitze programmiert. Die Adresse T (Werkzeugaufruf) sollte während<br />
einer G00-Bewegung nicht zum Schwenken auf eine andere Werkzeugstation verwendet<br />
werden, sondern lediglich zum Umschalten auf eine eventuell vorhandene zweite Werkzeugspitze<br />
(z. B. bei einem Einstechwerkzeug). Die G00-Anweisung bewirkt automatisch Genauhalt (G9). Bei<br />
Betreuer: Dipl.-Wirtsch.-Ing. M. Rüggeberg<br />
Seite 16
G0<br />
Praktikum Automatisierungstechnik SS 2012<br />
Programmierung von G00 bleibt der (eventuell vorher) unter F programmierte Vorschub erhalten<br />
und wird z. B. mit G1 wieder wirksam.<br />
Beispiel: Programmzeile: G0 X20 Z2 M8 (M8=Kühlmittelein)<br />
X+<br />
2<br />
Schneidenspitze<br />
20<br />
Zielpunkt<br />
1.4.2 Gerade im Vorschub G01<br />
G01 N5 X/U.. G97 Z/W.. V100A..<br />
X20 D/R.. T0505 F.. E.. M04 S.. B.. M08 T.. M41 M..<br />
Vorschub<br />
Übergangsfase<br />
Übergangsradius<br />
Winkelangabe<br />
Koordinaten des Zielpunktes<br />
im Bezugs- oder Kettenmaß<br />
M-Anweisungen<br />
Werkzeugaufruf<br />
B-Anweisung<br />
Drehzahl oder<br />
Schnittgeschwindigkeit<br />
Vorschub Übergangselemente<br />
Betreuer: Dipl.-Wirtsch.-Ing. M. Rüggeberg<br />
Seite 17
Praktikum Automatisierungstechnik SS 2012<br />
U<br />
Zielpunkt<br />
A<br />
Startpunkt<br />
X<br />
W<br />
Z<br />
Durch die G1-Anweisung wird das Werkzeug (Schneidenspitze) in Vorschubgeschwindigkeit an<br />
den programmierten Zielpunkt gefahren. Die Vorschubgeschwindigkeit wird mit F (FEED-RATE)<br />
programmiert – bei rotierender Hauptspindel in [mm/U] (siehe G95), bei stillgesetzter Hauptspindel<br />
in [mm/min] (siehe G94). Die Vorschubgeschwindigkeit F ist modal (selbsthaltend), d. h. wenn sie<br />
einmal programmiert wurde, bleibt sie solange wirksam, bis ein neues F programmiert wird. Die<br />
Werkzeugbahn wird von der CNC-Steuerung durch Geradeninterpolation ermittelt, d. h. der Verfahrweg<br />
verläuft in gerader Linie. Es können achsparallele und konisch verlaufende Bewegungen<br />
ausgeführt werden (siehe Beispiele). Mit den Adressen X und Z wird der Zielpunkt der<br />
Schneidenspitze im Bezugsmaß programmiert. Die Programmierung des Zielpunktes im Kettenmaß<br />
geschieht mit den Adressen U und W.<br />
Beispiel: Programmzeile: G1 Z-15 F0.2 (Vorschub 0.2 mm/U)<br />
Zielpunkt<br />
X+<br />
G1<br />
Schneidenspitze<br />
20<br />
W Z+<br />
15<br />
Achsparallele Bewegung<br />
Programm mit G0: G0 X20 Z2; G1 Z-15 F0.2; G1 X40 Z-25<br />
Betreuer: Dipl.-Wirtsch.-Ing. M. Rüggeberg<br />
Seite 18
Praktikum Automatisierungstechnik SS 2012<br />
Zielpunkt<br />
X+<br />
40<br />
G1<br />
20<br />
W Z+<br />
15<br />
25<br />
Konische Bewegung<br />
1.4.3 Kreisbogen G02/G03<br />
G02/ X/U.. Z/W.. I.. K.. D/C.. H.. F.. E.. S.. B.. M..<br />
G03<br />
P.. Q..<br />
N5 G97 V100R..<br />
X20 T0505 M04 M08 M41<br />
B-Anweisung<br />
Drehzahl oder<br />
Schnittgeschwindigkeit<br />
Vorschub Übergangselemente<br />
Vorschub<br />
Schnittpunktangabe<br />
Übergangsfase<br />
Übergangsradius<br />
M-Anweisungen<br />
Kreismittelpunktangabe<br />
(I/K = Kettenmaß, P/Q = Bezugsmaß, R = Radius)<br />
Koordinaten des Zielpunktes<br />
im Bezugs- oder Kettenmaß<br />
Betreuer: Dipl.-Wirtsch.-Ing. M. Rüggeberg<br />
Seite 19
Praktikum Automatisierungstechnik SS 2012<br />
I+<br />
R<br />
K<br />
I<br />
Startpunkt<br />
X<br />
K-<br />
K+<br />
I-<br />
Z<br />
P+<br />
Q<br />
X<br />
P<br />
Q-<br />
Q+<br />
P-<br />
Z<br />
Betreuer: Dipl.-Wirtsch.-Ing. M. Rüggeberg<br />
Seite 20
Praktikum Automatisierungstechnik SS 2012<br />
TEIL 2: FERTIGUNGSTECHNIK<br />
2 Einführung in die Zerspanungstechnologie<br />
2.1 Grundlagen zum Drehen<br />
Drehen ist ein spanabhebendes Verfahren mit rotatorischer Hauptbewegung (Schnittbewegung).<br />
Beim Drehen rotiert das Werkstück, während das Werkzeug die Vorschubbewegung ausführt.<br />
Nach DIN 8589 Teil 1 wird das Drehen nach den Ordnungsgesichtspunkten erzeugte Oberfläche,<br />
Werkzeugform und Kinematik des Zerspanvorgangs unterteilt.<br />
Die Orientierung des Schneidteils zum Werkstück hängt davon ab, ob die Vorschubrichtung parallel<br />
(Längsdrehen) oder senkrecht zur Werkzeugachse (Plandrehen) liegt (Bild 1).<br />
© 343-75-00<br />
Bild 1: Bewegungen und Schnittgrößen beim Drehen<br />
Die Verfahren Plan- und Längsdrehen unterscheiden sich hinsichtlich der Zerspankräfte durch die<br />
vertauschten Richtungsvektoren der Passivkraft F p und der Vorschubkraft F f . Die Schnittkraft F c<br />
liegt stets senkrecht auf der Werkzeugbezugsebene P r (Zeichnungsebene).<br />
Zerspankräfte werden sowohl durch das Werkzeug wie auch durch das Werkstück in der Aufspannung<br />
aufgenommen. Abhängig von der jeweiligen Anordnung existieren für das Werkstück<br />
unterschiedliche Spannprinzipien (Bild 2).<br />
Betreuer: Dipl.-Wirtsch.-Ing. M. Rüggeberg<br />
Seite 21
Praktikum Automatisierungstechnik SS 2012<br />
Spannprinzipien für rotationssymmetrische Werkstücke<br />
1 fliegend<br />
1.1 2.1<br />
2 zwischen Spitzen<br />
l<br />
l w<br />
ohne Querkraft<br />
Kraft von außen nach innen<br />
1.2<br />
Kraft von innen nach außen<br />
1.3<br />
2.2<br />
Mitnahme über Drehherz<br />
zusätzliche Abstützung mit<br />
Lünette<br />
2.3<br />
2.4<br />
F n<br />
Stirnmitnehmer<br />
l w<br />
ohne Querkraft mit Querkraft<br />
Axialkraft gegen<br />
Referenzfläche<br />
l<br />
Selbsttätiger Mitnehmer<br />
©<br />
344-28-00<br />
Bild 2: Spannprinzipien beim Drehen<br />
Für das Plandrehen existieren zwei unterschiedliche Varianten. Dabei wird entweder die Schnittgeschwindigkeit<br />
v c oder die Werkstückdrehzahl n konstant gehalten. Beim Plandrehen mit konstanter<br />
Drehzahl fällt die Schnittgeschwindigkeit zur Rotationsachse hin ab. Bei der Variante mit<br />
konstanter Schnittgeschwindigkeit steigen Werkstückdrehzahl n und Vorschubgeschwindigkeit v f<br />
mit abnehmenden Radius bis zur Drehzahlgrenze an (Bild 3).<br />
Betreuer: Dipl.-Wirtsch.-Ing. M. Rüggeberg<br />
Seite 22
d i<br />
a<br />
Praktikum Automatisierungstechnik SS 2012<br />
r<br />
r<br />
n = konst.<br />
v = v<br />
c<br />
c, max<br />
konst.<br />
d<br />
v (r) c<br />
n (r)<br />
v c, min<br />
v , n<br />
c<br />
n min<br />
v , n c<br />
©<br />
344-21-00<br />
v c, max<br />
n max<br />
v (r) = n (r) · f<br />
Bild 3:<br />
Verlauf von Schnittgeschwindigkeit und Drehzahl über Werkstückradius (Plandrehen)<br />
2.2 Orthogonaler Zerspanprozess mit geometrisch bestimmten Werkzeug<br />
Bei einem orthogonalen Prozess spannen Schneide, Schnittgeschwindigkeit und Zustellung ein<br />
rechtwinkliges Koordinatensystem auf (Bild 4). Die Hauptschneide ist identisch mit dem Wirkprofil.<br />
Nebenschneiden existieren beim orthogonalen Zerspanprozess nicht. Schnittgeschwindigkeit v c (x-<br />
Achse) und Zustellung h D1 (y-Achse) stehen senkrecht auf der Schneidkante (z-Achse)<br />
Betreuer: Dipl.-Wirtsch.-Ing. M. Rüggeberg<br />
Seite 23
Praktikum Automatisierungstechnik SS 2012<br />
positiver Spanwinkel > 0<br />
y <br />
h D2<br />
y<br />
Werkzeug<br />
b D2<br />
b D1<br />
Wirkprofil WP<br />
bildet sich ab =<br />
Schneidprofil SP<br />
h D1<br />
Metall > 0<br />
x<br />
z<br />
Werkstück<br />
Spanwinkel = 0<br />
h D2<br />
Spanfläche<br />
v c<br />
h D1<br />
<br />
Freifläche<br />
<br />
negativer Spanwinkel <br />
< 0<br />
<br />
<br />
h D1<br />
<br />
stark positiver Spanwinkel<br />
>> 0<br />
y<br />
<br />
Auffederung<br />
infolge Elastizität<br />
© 343-18-00<br />
Holz<br />
x<br />
nach Saljé<br />
Bild 4: Spanen im Orthogonalprozess<br />
Der Schneidkeil dringt mit der Schnittgeschwindigkeit v c in den Werkstückstoff ein. Während des<br />
Spanbildungsvorgangs wird der Werkstückstoff in der Trennebene zunächst elastisch und anschließend<br />
plastisch bis hin zum vollständigen Fließen verformt. Der so verformte Werkstückstoff<br />
gleitet über der Spanfläche des Schneidkeils ab und bildet sich dabei zu einem Span aus.<br />
Bei allen spanabhebenden Fertigungsverfahren mit geometrisch bestimmter Schneide werden die<br />
Prozesskenngrößen (Spanbildung, Zerspankraft, Schneidenverschleiß und Arbeitsergebnis) we-<br />
Betreuer: Dipl.-Wirtsch.-Ing. M. Rüggeberg<br />
Seite 24
Praktikum Automatisierungstechnik SS 2012<br />
sentlich durch die Geometrie des Schneidkeils beeinflusst. Beim Orthogonalprozess beschreiben<br />
der Freiwinkel und der Keilwinkel die Lage des Werkstückes zur Schneide. Keil-, Frei- und<br />
Spanwinkel ergänzen sich stets zu einem rechten Winkel, wobei der Spanwinkel positiv oder negativ<br />
eingestellt werden kann. Die Größe des Spanwinkels beeinflusst die Stabilität des Schneidkeils.<br />
Stark positive Spanwinkel können infolge erhöhter Schneidkeilschwächung zum Bruch des<br />
Werkzeuges führen. Als Vorteile eines positiven Spanwinkels sind geringere Zerspankräfte und<br />
bessere Werkstückoberflächen zu nennen.<br />
Das Werkstück kann beim Eindringen des Schneidkeils je nach E-Modul und Abmessung ausweichen<br />
und zurückfedern. Der Span läuft bedingt durch Stauchen, Deformieren und Brechen<br />
(instationärer Vorgang) diskontinuierlich auf der Spanfläche. Für das folgende Beispiel (Bild 5) wird<br />
vereinfachend angenommen, dass der Zerspanvorgang kontinuierlich abläuft (stationärer Vorgang)<br />
und ein Orthogonalprozess vorliegt.<br />
v<br />
v c<br />
v f<br />
z<br />
z<br />
v f<br />
<br />
x<br />
v c<br />
z<br />
<br />
<br />
a=b<br />
p<br />
D1<br />
h D1 = f r = 90°<br />
v f<br />
Werkzeug-<br />
Hauptschneide<br />
x<br />
nach Saljé © 343-19-00<br />
Bild 5: Beispiel zum angenäherten Orthogonalprozeß: Abdrehen eines Rohres<br />
v f n h n<br />
f<br />
D1<br />
A f a h b<br />
v<br />
D p D1 D1<br />
c<br />
<br />
Dn<br />
Betreuer: Dipl.-Wirtsch.-Ing. M. Rüggeberg<br />
Seite 25
Praktikum Automatisierungstechnik SS 2012<br />
2.3 Der Zerspanvorgang<br />
Beim Zerspanungsvorgang lässt sich die Spanentstehungsstelle in fünf Bereiche (a - e) aufteilen<br />
(Bild 6). Der Strukturverlauf im Werkstück (Bereich a) geht durch einfaches Scheren entlang der<br />
Scherebene in den Strukturverlauf des Spans (Bereich b) über. Bei der Zerspanung spröder Werkstoffe<br />
führt bereits eine geringe Verformung in der Scherebene zur Werkstofftrennung. Bei zäheren<br />
Werkstoffen erfolgt die Trennung unmittelbar vor der Schneidkante im Bereich e. Die Zugbelastung<br />
der Werkstückfasern unter gleichzeitig senkrecht wirkendem Druck und den hohen Zerspanungstemperaturen<br />
führen zu starken Verformungen des Werkstoffes auf der Schnittfläche und entlang<br />
der Spanfläche.<br />
©<br />
343-11-00<br />
nach: König<br />
Bild 6: Die Spanentstehungsstelle<br />
2.3.1 Spanarten<br />
Die Spanart (Bild 7) wird bestimmt durch die Vorgänge in der Spanentstehungsstelle. Sie ist abhängig<br />
vom Werkstückstoff, den Schnittbedingungen, insbesondere von der Schnittgeschwindigkeit<br />
und der Spanungsdicke, der geometrischen Gestalt des Schneidkeils und der Lage des<br />
Schneidkeils relativ zum Werkstück. Man unterscheidet: Reißspan, Scherspan, Wellenspan, Fließspan<br />
und Kontinuusspan.<br />
Betreuer: Dipl.-Wirtsch.-Ing. M. Rüggeberg<br />
Seite 26
Praktikum Automatisierungstechnik SS 2012<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Reißspäne entstehen bei der Zerspanung von spröden Werkstoffen mit ungleichmäßigem Gefüge.<br />
Die Späne werden nicht exakt abgetrennt, sondern aus der Werkstückoberfläche<br />
(Schnittfläche) gerissen. Die Werkstückoberfläche weist kleine Ausbrüche auf und ist entsprechend<br />
rau.<br />
Scherspäne entstehen bei der Zerspanung von spröden Werkstoffen oder bei Werkstoffen bei<br />
denen der Zerspanvorgang eine Versprödung im Gefüge hervorruft. Ihre Form erhalten sie<br />
durch Spanteile, die in der Scherebene aufgetrennt und wieder zusammengeschweißt werden.<br />
Wellenspäne entstehen bei der Zerspanung von Werkstoffen mit ungleichmäßigem Gefüge<br />
oder bei schwankenden Zerspanungsbedingungen (z.B. infolge von Schwingungen).<br />
Fließspäne entstehen bei der Zerspanung von Werkstoffen mit guten Verformungseigenschaften<br />
und homogenem Gefüge.<br />
©<br />
343-23-00<br />
Reißspan Scherspan Wellenspan Fließspan Kontinuusspan<br />
Bild 7:<br />
Spanarten<br />
2.3.2 Spanformen<br />
Neben den Spanarten unterscheidet man Spanformen (Bild 8). Die Spanformen beschreiben die<br />
Gestalt des Spanes und sind abhängig von des Schnittbedingungen und den Eigenschaften des<br />
Werkstückstoffs. Die Spanformen werden unterteilt in: Bröckelspäne, Wendelspäne, Spiralspäne,<br />
Bandspäne, Wirrspäne und Spanlocken.<br />
Betreuer: Dipl.-Wirtsch.-Ing. M. Rüggeberg<br />
Seite 27
Praktikum Automatisierungstechnik SS 2012<br />
Verformungsgrad des Werkstückstoffes<br />
©<br />
Bandspäne<br />
343-22-00<br />
zyl. Wendelspäne<br />
Wirrspäne<br />
Lange Späne<br />
Spanlocken<br />
ungünstige Spanformen<br />
Spiral- (-Wendel) Späne<br />
Bröckelspäne<br />
Scherfestigkeit des Werkstückstoffes<br />
Kurze (gebrochene) Späne<br />
günstige Spanformen<br />
Bild 8: Spanformen<br />
Für einen störungsfreien Zerspanvorgang, insbesondere bei Automaten und NC-Drehmaschinen<br />
und zum Schutz des Maschinenbedieners ist eine günstige Spanbildung von großer Bedeutung.<br />
Üblicherweise werden möglichst kurze Späne angestrebt. Bei Wendelspänen besteht darüber hinaus<br />
die Gefahr, dass der rücklaufende Span die Schnittfläche beschädigt.<br />
Um die Späne möglichst kurz zu halten, haben sich in der Praxis Spanformer, Spanbrecher oder<br />
Spanstufen durchgesetzt. Dabei wird der Span soweit gekrümmt, dass er infolge Versprödung<br />
bricht. Spanstufen können auf den Schneidkörper aufgeklemmt oder aufgelötet werden. Häufiger<br />
werden heute jedoch Wendeschneidplatten mit eingeformten oder auch eingeschliffenen Spanleitstufen<br />
verwendet (Bild 9).<br />
Betreuer: Dipl.-Wirtsch.-Ing. M. Rüggeberg<br />
Seite 28
Praktikum Automatisierungstechnik SS 2012<br />
©<br />
343-12-00<br />
nach: Sandvik<br />
Bild 9: Wendeschneidplatten mit eingeformter Spanleitstufe<br />
Von den Werkzeugherstellern werden „Spanpläne“ mitgeliefert, die für jeden Wendeschneidplattentyp<br />
unterschiedlich sein können (Bild 10). Mit Hilfe des Spanplanes können die Schnittwerte<br />
bereits in der Arbeitsvorbereitung so festgelegt werden, dass beim Bearbeitungsvorgang ein kontrollierter<br />
Spanbruch gewährleistet wird. Ein Spanplan zeigt den Zusammenhang zwischen der<br />
Schnittiefe a p und der Spanungsdicke h D in seiner Wirkung auf die entstehende Spanform. Es<br />
muss jedoch berücksichtigt werden, dass während des Prozesses die Werkzeugschneide verschleißt<br />
und sich dabei die Schnittbedingungen, also auch die Spanformen ändern.<br />
1,0<br />
mm<br />
0,8<br />
0,7<br />
Bröckelspäne<br />
Spanungsdicke h D<br />
0,6<br />
0,5<br />
0,4<br />
0,3<br />
0,2<br />
Bandspäne<br />
Bereich günstiger Spanformen<br />
Wirrspäne<br />
lange zyl.<br />
Wendelspäne<br />
0,1<br />
0 1 2 3 4 5 6 7 8 mm<br />
Spantiefe a p<br />
© 342-95-00<br />
10<br />
11<br />
Bild 10: Spanformenempfehlung für Werkzeuge mit eingeformter Spanleitstufe (schematisch)<br />
Betreuer: Dipl.-Wirtsch.-Ing. M. Rüggeberg<br />
Seite 29
Praktikum Automatisierungstechnik SS 2012<br />
2.4 Dreidimensionaler Zerspanprozeß mit geometrisch bestimmtem Werkzeug<br />
2.4.1 Bezugssysteme zur Festlegung der Werkzeuggeometrie<br />
Begriffe und Bezeichnungen an spanabhebenden Werkzeugen sind im Normblatt DIN 6581 festgelegt<br />
(Bild 12).<br />
Schaft<br />
Spanfläche<br />
Nebenschneide<br />
Freiflächenfase der<br />
Nebenschneide<br />
Nebenfreifläche<br />
Schneidenecke<br />
mit Eckenrundung<br />
Hauptfreifläche<br />
Hauptschneide<br />
Spanflächen der<br />
Hauptschneide<br />
Freiflächenfase der<br />
Hauptschneide<br />
Vorschubrichtung<br />
Werkzeug-<br />
Schneidenebene<br />
P S<br />
angenommene<br />
Schnittrichtung<br />
P o<br />
Werkzeug-<br />
Orthogonalebene<br />
betrachteter<br />
Schneidenpunkt<br />
© 338-60-00<br />
P r<br />
Werkzeug-Bezugsebene,<br />
senkrecht zur angenommenen<br />
Schnittrichtung und parallel zur<br />
Auflageebene<br />
Bild 11: Werkzeugbezugssystem am Drehmeißel nach DIN 6581<br />
<br />
<br />
<br />
Der Schneidkeil ist derjenige Teil des Werkzeuges, an dem durch Relativbewegungen zwischen<br />
Werkzeug und Werkstück der Span entsteht.<br />
Die Durchdringungslinien der den Schneidkeil begrenzenden Flächen sind die Schneiden.<br />
Der Schneidteil ist der wirksame Teil des Werkzeuges, an dem sich die Schneidkeile mit den<br />
Schneiden befinden.<br />
Betreuer: Dipl.-Wirtsch.-Ing. M. Rüggeberg<br />
Seite 30
Praktikum Automatisierungstechnik SS 2012<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Die Spanfläche ist die Fläche am Schneidkeil, auf der der Span abläuft.<br />
Die Freifläche ist die Fläche am Schneidkeil, die der entstehenden Werkstückoberfläche zugekehrt<br />
ist.<br />
Die Hauptschneide ist die Schneide, deren Schneidkeil bei Betrachtung in der Arbeitsebene in<br />
Vorschubrichtung weist.<br />
Die Arbeitsebene ist eine „gedachte“ Ebene, die durch den Schnittrichtungsvektor und den<br />
Vektor der Vorschubrichtung aufgespannt wird.<br />
Die Schneidenecke ist diejenige Ecke des Schneidteils, an der eine Haupt- und eine Nebenschneide<br />
mit gemeinsamer Spanfläche zusammentreffen. Der Eckenradius wird mit r bezeichnet.<br />
Der Werkzeug-Neigungswinkel ist der Winkel zwischen der Hauptschneide und der Werkzeug-Bezugsebene<br />
P r , gemessen in der Werkzeug-Schneidenebene P s . liegt immer so, daß<br />
seine Spitze zur Schneidenecke hinweist und ist positiv, wenn die Schneidenecke gegenüber<br />
den anderen Schneidenpunkten in Schnittrichtung vorauseilt.<br />
Der Werkzeug-Einstellwinkel r ist der Winkel zwischen der Werkzeug-Schneidenebene P s<br />
und der Arbeitsebene P f , gemessen in der Werkzeug-Bezugsebene P r. r liegt immer so, daß<br />
seine Spitze zur Schneidenecke hinweist und ist stets positiv.<br />
Der Eckenwinkel r ist der Winkel zwischen zusammengehörigen Haupt- und Nebenschneiden,<br />
gemessen in der Werkzeug-Bezugsebene.<br />
2.4.2 Zerspankraftkomponenten beim dreidimensionalen Zerspanprozeß<br />
F<br />
Zerspankraft<br />
F = F c + F f + F p<br />
auf den Schneidkeil wirkende Gesamtkraft<br />
F a Aktivkraft Projektion der Zerspankraft auf die Arbeitsebene P f<br />
F c Schnittkraft leistungsverzehrend<br />
F f Vorschubkraft leistungsverzehrend<br />
F p Passivkraft Passivkraft nimmt mit r zu (Gefahr von Ratterschwingungen)<br />
Betreuer: Dipl.-Wirtsch.-Ing. M. Rüggeberg<br />
Seite 31
Praktikum Automatisierungstechnik SS 2012<br />
Werkstück<br />
Passivkraft<br />
Vorschubkraft<br />
F p<br />
Werkzeug<br />
Schnittkraft<br />
F f<br />
Aktivkraft<br />
Arbeitsebene P f<br />
F c<br />
F a<br />
Zerspankraft<br />
F<br />
© 343-20-00<br />
Bild 13: Zerspankraftkomponenten und Arbeitsebene P f beim Längsdrehen<br />
Die Zerspankraft (Bild 13) ist ein wichtiger Beurteilungsmaßstab für die Zerspanbarkeit von Werkstoffen.<br />
Im Allgemeinen steigen die Zerspankräfte bei der Bearbeitung von schwer zerspanbaren<br />
Werkstoffen. Neben den Werkstoffeigenschaften ist die Zerspankraft auch von weiteren Faktoren<br />
abhängig. Die Schnittbedingungen und die Schneidteilgeometrie sind hier als wesentliche Einflussgrößen<br />
zu nennen.<br />
2.4.3 Schnittenergie, Schnittleistung, Zeitspanungsvolumen, spezifische Schnittkraft<br />
Für die Auslegung von Fertigungsprozessen oder die Dimensionierung von Werkzeugmaschinen<br />
wird die Wirkleistung P e herangezogen. Sie ergibt sich aus den Zerspankraftkomponenten und<br />
den in ihrer Richtung wirkenden Geschwindigkeitskomponenten:<br />
P e = F c v c + F f v f<br />
Da die Vorschubgeschwindigkeit in der Regel sehr viel kleiner ist als die Schnittgeschwindigkeit<br />
kann in den meisten Fällen die Vorschubkomponente vernachlässigt werden:<br />
P e P c = F c v c<br />
Die Schnittenergie E c ergibt sich zu:<br />
E c = P c t c<br />
mit t c = Schnittzeit<br />
Das Zeitspanungsvolumen Q W ist das in der Schnittzeit t c abgespante Werkstoffvolumen V W :<br />
Q<br />
W<br />
<br />
V<br />
t<br />
W<br />
c<br />
<br />
<br />
<br />
mm<br />
s<br />
3<br />
<br />
<br />
<br />
Für das Drehen ergibt sich:<br />
Betreuer: Dipl.-Wirtsch.-Ing. M. Rüggeberg<br />
Seite 32
Praktikum Automatisierungstechnik SS 2012<br />
Q W = A D v c =a p f v c = b D h D v c<br />
V W = f a p v c t c = Q W t c = A D v c t c<br />
Die spezifische Schnittkraft k c ist die auf den Spanungsquerschnitt bezogene Schnittkraft:<br />
k<br />
c<br />
<br />
F<br />
A<br />
c<br />
D<br />
<br />
Fc<br />
a f<br />
p<br />
Fc<br />
<br />
b h<br />
D<br />
D<br />
Schnittenergie<br />
<br />
Spanvolumen<br />
Schnittleistung<br />
Zeitspanungsvolumen<br />
h<br />
D<br />
<br />
f<br />
sin<br />
r<br />
b<br />
D<br />
<br />
a<br />
p<br />
sin<br />
r<br />
z<br />
Werkstück<br />
x<br />
b D1<br />
r<br />
re = 0°<br />
R t f² / 8r<br />
<br />
a p<br />
D<br />
A D<br />
r<br />
h D1<br />
Schneidteil<br />
v f<br />
f<br />
© 342-91-00<br />
Bild 14: Schnitt und Spanungsgrößen beim Drehen<br />
Die spezifische Schnittkraft k c1.1 ist der Hauptwert der spezifischen Schnittkraft k c . Sie gibt die<br />
Schnittkraft an, die zum Abspanen eines Spans der Spanungsbreite b D = 1 mm und der Spanungsdicke<br />
h D = 1 mm erforderlich ist. Der Exponent m ist der Steigungsfaktor der Geraden<br />
k c = f(h D ) im doppeltlogarithmischen Diagramm. Die Zusammenhänge zwischen diesen Größen<br />
wurden erstmalig durch O. Kienzle beschrieben:<br />
k k h D<br />
c<br />
c11<br />
.<br />
m<br />
Betreuer: Dipl.-Wirtsch.-Ing. M. Rüggeberg<br />
Seite 33
Praktikum Automatisierungstechnik SS 2012<br />
damit ist:<br />
F k b h D<br />
c c11<br />
. D<br />
1m<br />
Hauptwert und Steigungsfaktor der spezifischen Schnittkraft können nur mit Einschränkung als<br />
Werkstoffkenngrößen angesehen werden. Die Gleichung von Kienzle erfasst nicht den Einfluss der<br />
Geometrie des Schneidkeils, der Schnittgeschwindigkeit und der Nebenschneide auf die spezifische<br />
Schnittkraft.<br />
Aus Tabelle 1 wird deutlich, dass die spezifische Schnittkraft k c und der Hauptwert der spezifischen<br />
Schnittkraft k c1.1 abhängig von den Schnittbedingungen, jedoch unabhängig von der Festigkeit<br />
des Werkstoffes sind.<br />
Werkstoff<br />
B<br />
k c1.1<br />
k c [N/mm²] für h D [mm] k c1.1 / B m<br />
[N/mm²]<br />
[N/mm²]<br />
0,06 0,1 0,25 0,4<br />
St 50.11 520 1990 4200 3610 2830 2500 3,7 0,26<br />
Ck 45 670 2220 3240 3040 2660 2500 3,3 0,14<br />
16MnCr5 770 2100 4350 3830 3020 2660 2,7 0,26<br />
42CrMo4 730 2500 5000 4500 4000 3550 3,4 0,26<br />
Tabelle 1: Vergleich einiger Werkstoffkennwerte; Schnittbedingungen v c = 2 m/s, = 6°<br />
2.4.4 Wärmebeanspruchung des Schneidteils<br />
Verformungs- und Reibungsvorgänge wandeln den größten Teil aufgewendeter mechanischer<br />
Energie ( Schnittenergie E c ) in Wärme um. Der größte Teil der Wärme wird vom Span abgeführt<br />
(Bild 15). Der Hauptteil der mechanischen Energie wird unmittelbar in der Scherzone umgesetzt.<br />
Die an den einzelnen Entstehungstellen anfallenden Wärmemengen werden durch Wärmeleitung,<br />
Strahlung und Konvektion an die Umgebung abgeführt. Als Folge bilden sich im Werkstück und im<br />
Werkzeug Temperaturfelder aus, die sich bei der Zerspanung orts- und zeitabhängig solange verändern<br />
bis sich ein Gleichgewicht einstellt (stationärer Zustand).<br />
Bei zähen Werkstückstoffen wird die höchste Temperatur in der Regel hinter der Schneidkante<br />
gemessen. Der Span reibt auf der Spanfläche (erhöhte Kolkverschleißneigung). Bei spröden<br />
Betreuer: Dipl.-Wirtsch.-Ing. M. Rüggeberg<br />
Seite 34
Praktikum Automatisierungstechnik SS 2012<br />
Werkstückstoffen wird die höchste Temperatur in der Regel unmittelbar an der Schneidkante gemessen.<br />
Der Span bricht an der Schneidkante (erhöhte Freiflächenverschleißneigung).<br />
Werkstück<br />
5 %<br />
2 %<br />
18 %<br />
75 %<br />
380 °C<br />
130<br />
80<br />
500<br />
30<br />
300 310<br />
400<br />
650 700 600<br />
450<br />
500<br />
Span<br />
© 339-47-00<br />
nach Kronberg und Vieregge<br />
600<br />
Werkzeug<br />
Bild 15: Wärme- und Temperaturverteilung in Werkstück, Span und Werkzeug<br />
2.5 Schneidstoffauswahl<br />
Schneidstoffe haben die Aufgabe, Werkstoffe zu trennen. Dabei treten sie unmittelbar mit dem<br />
Werkstoff in Kontakt, schließen den Kraftfluss zwischen Maschine und Werkstück und übertragen<br />
somit die Prozesskräfte. Trennvorgängen liegen in der Regel Verformungs-, Reibungs-, Bruch- und<br />
Rissfortpflanzungsvorgänge zugrunde. Die damit einhergehenden Begleiterscheinungen wie innere<br />
Spannungen, hohe Prozesstemperaturen und chemische Reaktionen bilden zusammen mit der<br />
verfahrensspezifischen Kinematik und den Eingriffsverhältnissen für jeden Anwendungsfall ein<br />
spezielles Belastungskollektiv und legen damit ein Anforderungsprofil für einen Schneidstoff fest.<br />
Neben den geforderten mechanisch-physikalischen und chemischen Eigenschaften sind die Anforderungen<br />
an die Schneidteilgeometrie, die durch Bearbeitungsqualität und Schnittkräfte gegeben<br />
sind, für die Schneidstoffauswahl von großer Bedeutung.<br />
Interessierende Eigenschaften von Schneidstoffen sind u.a.: Härte und Druckfestigkeit, Biegefestigkeit<br />
und Zähigkeit, Kantenfestigkeit, Bindefestigkeit (innere), Warmfestigkeit, Zunderbeständigkeit,<br />
Diffusions- und Klebeneigung gegenüber Werkstückstoff, Wärmeleitfähigkeit, Wärmedehnung,<br />
Elastizitätsmodul.<br />
Gebräuchliche Schneidstoffe für die spanende Bearbeitung sind: Werkzeugstähle, Schnellarbeitsstähle,<br />
Stellite bzw. Hartlegierungen, Hartmetalle, Cermets, Sinteroxide wie kubisches Bornitrid,<br />
natürliche und künstliche Diamanten, polykristalline Diamanten. Bild 16 zeigt die Einteilung der<br />
Schneidstoffe für die Zerspanung mit definierter Schneide.<br />
Betreuer: Dipl.-Wirtsch.-Ing. M. Rüggeberg<br />
Seite 35
Praktikum Automatisierungstechnik SS 2012<br />
Bild 16: Einteilung der Schneidstoffe für die Zerspanung mit definierter Schneide<br />
Zwei wichtige Eigenschaften der Schneidstoffe, Verschleißfestigkeit (Warmhärte) und Zähigkeit,<br />
sind gegenläufig, d.h. es besteht eine umgekehrt proportionale Abhängigkeit dieser beiden Haupteigenschaften.<br />
Ein „idealer Schneidstoff“ vereint jedoch höchste Warmfestigkeit mit höchster Zähigkeit<br />
und ist chemisch inert gegenüber dem zu bearbeitenden Werkstückstoff. Durch Verbundwerkstoffe<br />
versucht man seit einigen Jahren, sich dem „idealen Schneidstoff“ zu nähern. Auf zähe<br />
Grundkörper werden verschleißfeste Schichten (z.B. Titankarbid TiC und Titannitrid TiN) aufgebracht.<br />
Dieses Prinzip wurde zunächst mit Erfolg bei Hartmetall angewendet. Durch eine stetige<br />
Weiterentwicklung der Beschichtungsverfahren lassen sich heute auch Schnellarbeitsstähle problemlos<br />
beschichten.<br />
Wie die beschichteten Schneidstoffe, gewinnen auch andere nichtmetallische Schneidstoffe wie<br />
Cermets, Keramik, polykristallines Bornitrid (PKB) und polykristalliner Diamant (PKD) zunehmend<br />
an Bedeutung. Keramische Schneidstoffe und Cermets zeichnen sich gegenüber metallischen<br />
Schneidstoffen insbesondere durch größere Warmhärte aus. Mit ihnen sind daher grundsätzlich<br />
höhere Schnittgeschwindigkeiten möglich (Bild 17).<br />
Aufgrund ihrer hohen Härte und Sprödigkeit ist für einen wirtschaftlichen Einsatz der bei Schlagund<br />
Stoßbeanspruchung zu Ausbrüchen neigenden nichtmetallischen Schneidstoffe, eine besondere<br />
Abstimmung auf die Bearbeitungsaufgabe erforderlich, insbesondere eine Anpassung der<br />
Schneidkeilgeometrie (große Keilwinkel, z. T. negative Spanwinkel).<br />
Betreuer: Dipl.-Wirtsch.-Ing. M. Rüggeberg<br />
Seite 36
Praktikum Automatisierungstechnik SS 2012<br />
Bild 17: Schneidstoffspezifische Schnittgeschwindigkeitsbereiche<br />
Eine Steigerung der Wirtschaftlichkeit mit nichtmetallischen hochharten Schneidstoffen wird in erster<br />
Linie durch Erhöhung der Schnitt- und Vorschubgeschwindigkeit erreicht. Hierdurch ergibt sich<br />
eine Verkürzung der Hauptzeiten. Unter Beibehaltung konventioneller Schnitt- und Vorschubgeschwindigkeiten<br />
kann durch die höhere Standzeit dieser Schneidstoffe eine wesentliche Einsparung<br />
an Nebenzeiten erzielt werden.<br />
Neben dieser theoretischen Betrachtung spielen bei der Schneidstoffauswahl in der Praxis noch<br />
andere Faktoren eine entscheidende Rolle. Grundsätzlich ist bei der Auswahl eines Schneidstoffes<br />
eine entsprechende Prozeßsicherheit zu gewährleisten, mit der sich reproduzierbare Arbeitsergebnisse<br />
erreichen lassen. Dies gilt um so mehr, wenn die Fertigung automatisiert erfolgt. Als<br />
Grundregel gilt, abrasiver Verschleiß ist risikoärmer als Ausbrüche oder Schneidenbruch, da diese<br />
stochastisch auftreten. Die Bruchsicherheit ist daher im Gesamtgefüge der Anforderungen einer<br />
hochautomatisierten Fertigung an Schneidstoffe und Werkzeuge die wichtigste Eigenschaft.<br />
DIN/ISO 513 nimmt eine grobe Zuordnung von Anwendungsgebieten zu den einzelnen Schneidstoffen<br />
vor und legt eine normierte, klassifizierende Kurzbezeichnung für die verschiedenen<br />
Schneidstoffgruppen fest (Bild 18). Die bisher von den Hartmetallen und der Norm DIN 4990 bekannten<br />
Zerspanungshauptgruppen werden um die Werkstoffgruppen N, S und H erweitert. Die<br />
Schneidstoffbezeichnung kennzeichnet die Art und seine Hauptanwendung.<br />
Betreuer: Dipl.-Wirtsch.-Ing. M. Rüggeberg<br />
Seite 37
Praktikum Automatisierungstechnik SS 2012<br />
Bild 18: Normkurzbezeichnung und Anwendungsgebiete der Schneidstoffe nach DIN/ISO<br />
513<br />
2.6 Ermittlung optimaler Schnittbedingungen<br />
Neben den Maßnahmen zur konstruktiven Optimierung von Werkzeugen ist es erforderlich, die<br />
Schnittwerte zu optimieren. Eine wichtige Einflussgröße ist dabei die Schnittgeschwindigkeit, die<br />
im Wesentlichen die Standzeit der Werkzeuge beeinflusst. Je höher die Schnittgeschwindigkeit v c ,<br />
desto geringer ist in der Regel die Standzeit T. In einer doppeltlogarithmischen Darstellung von T<br />
über v c ergibt sich näherungsweise eine Gerade (Bild 19). Die Abhängigkeit der Standzeit von der<br />
Betreuer: Dipl.-Wirtsch.-Ing. M. Rüggeberg<br />
Seite 38
Praktikum Automatisierungstechnik SS 2012<br />
Schnittgeschwindigkeit kann mathematisch durch folgende Gleichung beschrieben werden (nach<br />
Taylor):<br />
T = C . v -m c<br />
Hierbei ist m = tan, die Steigung der Standzeitgeraden. In der Praxis liegt m in der Größenordnung<br />
von 3,5 ... 5. C ist der Koeffizient der Standzeitgeraden.<br />
log t<br />
log T<br />
log v c<br />
log v c<br />
Bild 19: Logarithmische T-v c -Darstellung<br />
Für das Drehens ergibt sich: Mit geringerer Standzeit erhöhen sich die Werkzeugkosten K wz .<br />
Gleichzeitig verringern sich mit steigender Schnittgeschwindigkeit die zeitproportionalen Kosten.<br />
Die Fertigungseinzelkosten K E , die durch die Herstellung eines einzelnen Bauteiles anfallen, sind<br />
die Summe aus zeitproportionalen- und Werkzeugkosten (Bild 20).<br />
K [DM/Stk]<br />
E<br />
Bereich kostengünstiger<br />
Schnittgeschwindigkeiten<br />
Fertigungskosten<br />
K min<br />
E<br />
anteilige<br />
Werkzeugkosten<br />
Hauptzeitkostenanteil<br />
v c<br />
opt, K<br />
Fixkostenanteil<br />
v c [m/min]<br />
Bild 20: Fertigungseinzelkosten K E in Abhängigkeit der Schnittgeschwindigkeit v c [nach<br />
Saljé]<br />
Durch die gegenläufigen Einflüsse der Kostenanteile weist die Summenkurve ein Minimum auf. Bei<br />
der dazugehörigen Schnittgeschwindigkeit wird somit mit minimalen Kosten gefertigt.<br />
Ermittlung der kostenoptimalen Schnittgeschwindigkeit v c [K E =>min] für den Fall des Drehens eines<br />
Bolzens. Es gilt:<br />
Betreuer: Dipl.-Wirtsch.-Ing. M. Rüggeberg<br />
Seite 39
Praktikum Automatisierungstechnik SS 2012<br />
K E = t c . k MH + K WZ /m T<br />
t c = V W /Q W<br />
k MH<br />
K WZ<br />
m T = T/t c<br />
Bearbeitungszeit<br />
Maschinenstundensatz<br />
Werkzeugkosten<br />
Standmenge<br />
K<br />
E<br />
V<br />
Q k K t w<br />
c<br />
<br />
MH wz<br />
T<br />
w<br />
Q W = A D . v c<br />
Zeitspanungsvolumen<br />
K<br />
E<br />
V<br />
<br />
w<br />
k<br />
A<br />
D<br />
MH<br />
v<br />
K<br />
V<br />
1 wz w k<br />
1<br />
c<br />
vc<br />
C AD<br />
Das Kostenminimum ergibt sich für K E /v c = 0. Nach entsprechender Ableitung folgt die kostenoptimale<br />
Schnittgeschwindigkeit<br />
v<br />
c<br />
<br />
K<br />
E<br />
min<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
k 1<br />
K<br />
C k<br />
MH<br />
wz<br />
1<br />
k<br />
<br />
<br />
<br />
Ebenso kann die Standzeit T sowohl nach Kosten (T OK ) als auch nach Zeit (T OT ) optimiert werden.<br />
Es ergibt sich (ohne Herleitung):<br />
K<br />
T k t<br />
<br />
OK<br />
w<br />
k<br />
wz<br />
1 kostenoptimale Standzeit<br />
MH<br />
<br />
<br />
<br />
T k1 t<br />
zeitoptimale Standzeit<br />
OT<br />
w<br />
2.7 Werkzeugverschleiß<br />
Im Laufe der Zerspanung ändert der Schneidteil verschleißbedingt ständig seine Gestalt. Wichtige<br />
Einflussgrößen ändern sich mit der Zeit bzw. sind Funktionen der Zeit. Daher ist jeder Zerspanungsvorgang,<br />
auch wenn es zunächst häufig nicht danach aussieht, instationär.<br />
2.7.1 Verschleißursachen<br />
Unter dem Sammelbegriff „Werkzeugverschleiß“ lassen sich folgende Verschleißursachen aufzählen:<br />
Umformung der Schneidkante, Abrieb, Abscheren von Verklebungen und Verschweißungen<br />
zwischen Werkstoff und Schneidstoff, Diffusionsvorgänge, Verzunderung des Schneid-<br />
Betreuer: Dipl.-Wirtsch.-Ing. M. Rüggeberg<br />
Seite 40
Praktikum Automatisierungstechnik SS 2012<br />
stoffes und Ausbrüche. Die Verschleißursachen sind bedingt durch mechanische, thermische,<br />
chemische und elektrische Störgrößen, durch hohe örtliche Pressungen (bis 2500 N/mm²) und<br />
hohe Temperaturen (bis 1700 K). Zwischen Werkzeugschneide und Werkstück bestehen dabei<br />
hohe Relativgeschwindigkeiten. Grundsätzlich „erliegt“ daher jedes Werkzeug nach einer bestimmten<br />
Schnittzeit. Das Erliegen kann sich durch stetiges Verschleißwachstum ankündigen (systematischer<br />
bzw. kontinuierlicher Vorgang) oder plötzlich erfolgen, wie z.B. bei Schneidenbruch (stochastisch).<br />
Abhängig vom Erliegekriterium wird eine begrenzte Standzeit definiert.<br />
Einzelursachen des Verschleißes:<br />
Mechanischer Abrieb: hohe örtliche Pressung und Temperatur unter Gleitbewegung; bei sinkender<br />
Warmhärte wird Werkzeugstoff leichter abgetragen. Im Verschleißgebiet entstehen große<br />
Rauhtiefen, z.B. durch harte Einschlüsse, die wiederum Verschleiß fördern (Bild 21).<br />
Bei hohen örtlichen Pressungen und Temperaturen können sich Werkzeugstoffe plastisch verformen.<br />
Das wiederum kann Temperaturen und Pressungen weiterhin erhöhen. Es entstehen<br />
Klebeerscheinungen und Pressschweißungen zwischen den Reibpartnern. Verschweißte Partikel<br />
werden durch die Relativbewegung abtransportiert.<br />
F p<br />
= Passivkraft<br />
F c = Schnittkraft<br />
v c = Schnittgeschwindigkeit<br />
- F c<br />
vSpan<br />
- F p<br />
F p<br />
v c<br />
F c<br />
©<br />
336-25-00<br />
nach Pauksch<br />
Bild 21: Reibung beim Zerspanprozess<br />
Dort, wo Luft Zutritt hat - d.h. außerhalb der Kontaktzone - können Verzunderungen auftreten. Bei<br />
kurzspanenden Werkstoffen können auch auf der Spanfläche in der Kontaktzone Oxidschichten<br />
entstehen, die sich leicht abtragen lassen.<br />
Betreuer: Dipl.-Wirtsch.-Ing. M. Rüggeberg<br />
Seite 41
Praktikum Automatisierungstechnik SS 2012<br />
Diffusionserscheinungen zwischen Span und Werkzeug treten bei Temperaturen in Höhe der<br />
0,3 ... 0,4-fachen Schmelztemperatur auf. So wird z.B. den Hartmetallkarbiden WC und TiC Kohlenstoff<br />
entzogen. Dabei können auch Legierungen mit Kobalt entstehen, so dass dabei Karbide<br />
freigespült werden. Die Intensität der Diffusion hängt u. a. ab von Temperatur, Konzentrationsgefälle<br />
und Gefügegleichgewicht zwischen den Reibpartnern.<br />
Zwischen Schneidstoff und Werkstück können bei großen Potentialunterschieden Ströme fließen.<br />
Dies führt zu einem Schneidstofftransport (elektrochemischer Verschleiß). Es hat sich gezeigt:<br />
Anlegen einer Spannung - je nach Polung - beschleunigt oder verzögert den Verschleiß. Man kann<br />
ferner feststellen dass die Werkzeugschneide durch den Stromfluß magnetisch wird. Wird der<br />
Stromfluß unterbrochen, kann dieses einen geringeren Verschleiß zur Folge haben.<br />
Stochastisch können Schneidenausbrüche auftreten. Ursachen sind u.a. Ermüdungserscheinungen<br />
infolge Dauerbeanspruchung. Ebenso können Ausbrüche und Risse durch Wärmespannungen<br />
(z.B. bei unterbrochenem Schnitt) auftreten. Daneben sind mechanische Wechselkräfte durch<br />
Schwingungen möglich.<br />
Verschleißvorgänge sind außerordentlich kompliziert. Die Bedeutung einzelner Ursachen ist von<br />
Fall zu Fall verschieden. Die Ursachen sind abhängig von der Werkstück-Werkzeugpaarung und<br />
von den Schnittbedingungen. Verschleißursachen, die z.B. im niedrigen Schnittgeschwindigkeitsbereich<br />
vernachlässigbar sind, können im hohen Schnittgeschwindigkeitsbereich überwiegen<br />
(Bild 22).<br />
Diffusionsvorgänge<br />
Gesamtverschleiß<br />
Abscheren von Preßschweißstellen<br />
mechanischer Abrieb<br />
(plastische Verformung)<br />
Verzunderung<br />
©<br />
339-46-00<br />
Schnittemperatur<br />
(Schnittgeschwindigkeit; Vorschub u.a.)<br />
nach Vieregge<br />
Bild 22: Verschleißursachen am Werkzeug in Abhängigkeit von der Temperatur<br />
Betreuer: Dipl.-Wirtsch.-Ing. M. Rüggeberg<br />
Seite 42
Praktikum Automatisierungstechnik SS 2012<br />
2.7.2 Verschleißformen spanender Werkzeuge mit geometrisch bestimmter Schneide<br />
Bei stetigem Verschleiß, d.h. unter Ausschluss von stochastischen Ereignissen, wie z.B. Schneidenbruch,<br />
bilden sich am spanenden Werkzeug bestimmte, halbwegs definierbare Verschleißgrundformen<br />
aus. Dieses sind Verschleiß von: Spanfläche, Schneidkante und Freifläche. Es ist<br />
jedoch selten, daß nur eine der drei Verschleißgrundformen auftritt.<br />
Die Verschleißformen und Verschleißmeßgrößen sind schematisch in Bild 23 dargestellt. Man unterscheidet<br />
die Verschleißmarkenbreite VB, den Schneidenversatz SV und SV in Richtung der<br />
Frei-, bzw. Spanfläche gemessen sowie die Kolktiefe KT und der Kolkmittenabstand KM.<br />
A<br />
a<br />
c<br />
b<br />
A<br />
a - Kolkverschleiß<br />
b - Freiflächenverschleiß<br />
c - Oxydationsverschleiß<br />
VB<br />
SV<br />
SV<br />
SV<br />
<br />
KL<br />
KM<br />
A-A<br />
<br />
KT<br />
VB<br />
VBmax<br />
<br />
<br />
SV<br />
SV<br />
VB<br />
KL<br />
KT<br />
KM<br />
Spanwinkel<br />
Freiwinkel<br />
Schneidenversatz in Richtung<br />
Spanfläche<br />
Schneidenversatz in Richtung<br />
Freifläche<br />
Verschleißmarkenbreite<br />
Kolklippenbreite<br />
Kolktiefe<br />
Kolkmittenabstand d.h. Abstand<br />
der tiefsten Stelle der Kolkung<br />
von der jeweiligen Schneide<br />
Freifläche<br />
© 339-45-00<br />
A<br />
Spanfläche<br />
SV<br />
Bild 23: Verschleißformen und Meßgrößen am Schneidteil [König]<br />
Betreuer: Dipl.-Wirtsch.-Ing. M. Rüggeberg<br />
Seite 43
Praktikum Automatisierungstechnik SS 2012<br />
2.7.3 Standzeiten von Werkzeugen<br />
Die Verschleißmarkenbreite VB steigt im allgemeinen degressiv mit der Schnittzeit. Auf logarithmisch<br />
geteilten Achsen ergeben sich annähernd Geraden. Mit zunehmender VB nimmt die Werkstückqualität<br />
ab. Außerdem wächst die Gefahr des Schneidenausbruchs, die Nachschärfkosten<br />
können zu hoch werden. Man läßt deshalb nur bestimmte Beträge für VB zu. Der Betrag ist abhängig<br />
von den jeweiligen Schnittbedingungen und den Werkzeug-Kostenanteilen.<br />
Die Standzeit T ist die Schnittzeit t c während der ein Werkzeug bis zum Unbrauchbarwerden aufgrund<br />
eines vorgegebenen Standzeitkriteriums Zerspanarbeit leistet. Die Begrenzung der Verschleißmarkenbreite<br />
VB (bzw. anderer Verschleißkenngrößen) auf einen zulässigen Maximalwert<br />
führt zum Standzeitkriterium.<br />
Ähnlich wie für die Verschleißmarkenbreite VB ergeben sich für den Kolkverschleiß Standzeitkriterien<br />
und Abhängigkeiten von v c und h D . Im Bereich hoher Schnittgeschwindigkeiten bestimmt<br />
häufig der Kolk, im Bereich kleiner Schnittgeschwindigkeiten die Verschleißmarkenbreite das<br />
Standzeitende.<br />
Entsprechende Beziehungen ergeben sich für Standzeitgleichungen als f(h D ). Dies führt zur erweiterten<br />
Taylor-Gleichung.<br />
k<br />
T (VB) = C · h Di · v c<br />
In einem räumlichen Koordinatensystem mit den Achsen log T, log v c und log h D ergibt sich eine<br />
Fläche (Bild 24):<br />
i · log h D + k · log v c - log T = konst. - log C = 0<br />
Aus dieser Darstellung erhält man die üblichen Standzeitdiagramme, z. B. T (VB) = f(v c ) mit Parameter<br />
h D = konst.. Normiert ergeben sich die Achsen zu log T/T 0 , log v c /v c0 und log h D /h D0 .<br />
Betreuer: Dipl.-Wirtsch.-Ing. M. Rüggeberg<br />
Seite 44
Praktikum Automatisierungstechnik SS 2012<br />
log T [min]<br />
log T To<br />
h ><br />
D2<br />
h D1<br />
k = tan <br />
<br />
c<br />
i = tan <br />
h D1<br />
h D2<br />
log v c<br />
<br />
[m/min]<br />
<br />
<br />
<br />
log h D [mm]<br />
log v c<br />
v<br />
c0<br />
log h D<br />
h<br />
D0<br />
erweiterte<br />
Taylorgleichung:<br />
i<br />
D<br />
T = C · h · v<br />
k<br />
c<br />
©<br />
344-24-00<br />
Bild 24: Werkzeugstandzeit als Funktion von v c und h D in der Standzeitebene [nach Saljé]<br />
2.8 Betriebsmittelhauptnutzungszeit beim Drehen<br />
Die Hauptnutzungszeit t h ist die Zeit, in der das Betriebsmittel bei der Fertigung einer Mengeneinheit<br />
arbeitet (Bild 25). Die Nebennutzungszeit t n ist die Zeit, in der das Betriebsmittel nicht arbeitet,<br />
aber zum Ablauf benötigt wird. Beispiele hierfür sind: das Spannen auf der Maschine oder das<br />
Messen im eingespannten Zustand.<br />
Bei stufenloser Umdrehungsfrequenzeinstellung<br />
für Längsrunddrehen (Faustformel)<br />
t<br />
h<br />
d <br />
L i<br />
<br />
f v<br />
c<br />
für Querplandrehen (Faustformel)<br />
t<br />
h<br />
( d<br />
a<br />
d<br />
i<br />
) <br />
L i<br />
<br />
2 f v<br />
c<br />
Bei fester Umdrehungsfrequenzeinstellung<br />
t<br />
h<br />
<br />
L i<br />
f n<br />
<br />
L i<br />
v<br />
f<br />
d [mm] Größter Durchmesser<br />
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d a [mm] Außendurchmesser des Werkstückes<br />
d i [mm] Innendurchmesser des Werkstückes<br />
f [mm] Werkzeugvorschub pro Werkstückumdrehung<br />
i Anzahl der Schnitte (Zustellung a p )<br />
L [mm] Bearbeitungsweg<br />
l a [mm] Anlaufweg<br />
l ü [mm] Überlaufweg<br />
l w [mm] Drehlänge<br />
n [min -1 ] Umdrehungsfrequenz, bezogen auf den größten Durchmesser<br />
v c [m/min] Schnittgeschwindigkeit, bezogen auf den größten Durchmesser<br />
v f [mm/min] Vorschubgeschwindigkeit<br />
Quer-Plandrehen: Vollzylinder Quer-Plandrehen<br />
Längs-Runddrehen<br />
ohne Zapfen mit Zapfen Hohlzylinder<br />
ohne Zapfen mit Zapfen<br />
d a<br />
d a<br />
d a<br />
d i<br />
L<br />
L<br />
l ü<br />
l w<br />
l a<br />
l w<br />
l a<br />
d i<br />
l ü<br />
a p<br />
a p<br />
l a<br />
d a<br />
2<br />
L<br />
l a<br />
L<br />
l a<br />
L<br />
d<br />
L = a *) d a - d *)<br />
2<br />
+ l a L = i<br />
+ l 2 a<br />
d a - d<br />
L = i<br />
+ l + 2 a<br />
*)<br />
l ü<br />
L = l w + l a + l ü<br />
L = l w + l a<br />
*)<br />
Beim Quer-Plandrehen von innen nach außen vertauschen sich l aund l<br />
ohne weitere Angabe l = l = 2 mm annehmen<br />
a<br />
ü<br />
ü<br />
352-37-00<br />
Bild 25: Betriebsmittelhauptnutzungszeit beim Drehen<br />
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