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Das Abenteuer AfD

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<strong>Das</strong> <strong>Abenteuer</strong> <strong>AfD</strong><br />

Möglichkeiten eines emotionalisierten Wahlkampfes<br />

Marlboro war lange eine Zigarettenmarke unter vielen. <strong>Das</strong> änderte sich, als der<br />

Hersteller Philip Morris Ende der 50er Jahre ein neuartiges Werbekonzept<br />

entwickeln ließ und umsetzte, welches bis heute weltweit dafür sorgt, dass Marlboro<br />

die am meisten verkaufte Zigarette ist und zu den zehn wertvollsten Marken der<br />

Welt gehört. In den ersten acht Monaten nach Einführung der von Leo Burnett<br />

konzipierten Werbekampagne erhöhten sich die Verkaufszahlen von Marlboro-<br />

Zigaretten in den USA um das Fünfzigfache! Was war geschehen? Die Idee hinter<br />

diesem grandiosen Erfolg bestand hauptsächlich in einer Emotionalisierung des zu<br />

bewerbenden Produkts. Der prospektive Kunde sah in Zeitungsanzeigen und<br />

Filmspots den sehr bald als „Marlboro-Man“ sprichwörtlichen Cowboy, der einsam<br />

aber pflichtbewusst durch die nordamerikanische Prärie reitet und sich nach<br />

getaner Arbeit am Lagerfeuer eine Zigarette der besagten Marke gönnt. „Come to<br />

Marlboro-Country“ lädt eine rauhe Männerstimme den subkutan von <strong>Abenteuer</strong>lust<br />

gepackten Normalbürger vor dem Fernseher ein, der daraufhin zwar nicht Frau<br />

und Kinder im hypothekenbelasteten Vororthäuschen zurücklassen aber sich<br />

immerhin eine passende Schachtel Zigaretten kaufen kann. Die Werber von Philip<br />

Morris hatten es geschafft, den Kunden nicht mehr nur einen bloßen<br />

Glimmstengel schmackhaft zu machen, sondern lieferten ein ganzes Lebensgefühl<br />

gleich mit. Diese Strategie wurde in den folgenden Jahrzehnten von zahlreichen<br />

Unternehmen kopiert.<br />

Was bei Tabakreklame funktioniert, sollte uns als Wahlkämpfer zumindest<br />

interessieren, um zu schauen, ob sich die Grundidee hinter einer der<br />

erfolgreichsten Werbekampagnen aller Zeiten nicht auch zur Erhöhung von<br />

Stimmenanteilen nutzen lässt. Einfach ausgedrückt ruht der gängige Wahlkampf<br />

einer Partei auf zwei Säulen: man hat ersten einen Spitzen- sowie eine Reihe<br />

weiterer Kandidaten für die zu erobernde Volksvertretung und zweitens ein<br />

Programm mit politischen Inhalten, die man den Bürgern nach der Wahl<br />

umzusetzen verspricht. Beide Aspekte sind absolut unverzichtbar aber<br />

problembehaftet, denn eine wachsende Zahl von Wählern hegt inzwischen eine<br />

tiefe Abneigung gegen „die Politiker“ und glaubt deren blumigen Versprechungen<br />

ohnehin nicht mehr. Aus diesem Grunde bleiben immer mehr Menschen den<br />

Wahllokalen fern oder machen nur sehr widerwillig ihre Kreuze auf dem<br />

Stimmzettel. Bei der letzten Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern 2011 lag<br />

die Wahlbeteiligung übrigens bei gerade 51,5 Prozent!<br />

Für uns als <strong>AfD</strong> sollte sich nun die Frage stellen, wie wir den anderen Parteien<br />

enttäuschte Wähler abspenstig machen, vor allem aber auch Nichtwähler dazu


ewegen, es wenigstens noch dieses eine Mal zu versuchen und zwar mit uns. <strong>Das</strong><br />

wird nicht leicht. In unserem Bundesland verfügen wir leider über kein<br />

werbewirksames Zugpferd in Gestalt eines bereits weithin bekannten Politikers,<br />

wie Alexander Gauland es im benachbarten Brandenburg ist. Zwar kann die <strong>AfD</strong><br />

in Mecklenburg-Vorpommern ein vorzügliches Wahlprogramm vorweisen, doch<br />

muss man sich auch hier der Tatsache beugen, dass die allermeisten Wähler ihre<br />

Entscheidung nicht im Kopfe treffen, sondern vielmehr aus dem Bauch heraus.<br />

Wahrscheinlich wird die Mehrzahl der Bürger, die am 4. September 2016 ihr Kreuz<br />

bei uns machen, das Wahlprogramm unserer Partei nie gelesen haben. Dem gilt es<br />

Rechnung zu tragen, weswegen ich dazu anregen möchte, über eine<br />

emotionalisierte Kampagne nachzudenken. Deren Ziel soll es sein, dem Wähler<br />

nicht nur eine weitere Partei neben vielen anderen anzubieten, sondern ein<br />

Lebensgefühl, welches bestenfalls so anziehend vermittelt wird, dass jemand selbst<br />

dann die <strong>AfD</strong> wählt, wenn er mit einigen ihrer Ziele nicht völlig einverstanden ist.<br />

Karlheinz Weißmann sprach vor einiger Zeit über eine „Besetzung von Feldern im<br />

vorpolitischen Raum“, um „Informationen und Lebensgefühl durch ein ganzes Kapillarsystem<br />

sickern zu lassen“. Ziel solle die Schaffung einer eigenen Subkultur sein, die allein<br />

„eine längerfristige Durchsetzung eigener Zielvorstellungen“ garantiert. Damit hat er absolut<br />

recht und ein Blick hinüber zum linken Spektrum macht deutlich, wie sehr dort<br />

solche Ideen beherzigt werden. Warum aber nur von den Linken? Diese<br />

metapolitische Ebene in den Wahlkampf und später dann auch in die gesamte<br />

Arbeitsstrategie der <strong>AfD</strong> einfließen zu lassen, halte ich für unerlässlich, wenn wir<br />

langfristig die kulturelle Hegemonie der Linken brechen und für uns erobern<br />

wollen. Sollten wir dies in Angriff nehmen, dann müssen wir uns von<br />

intellektualisierten Inhaltsdiskursen und Parteiprogrammen lösen, auch wenn es<br />

schwer fällt, einer Sache, an der viele Leute so lange engagiert gearbeitet haben,<br />

zumindest im Wahlkampf nicht die alleinige Hauptrolle zuzuweisen. Stattdessen<br />

sollte in den Mittelpunkt gestellt werden, womit wir, pathetisch gesprochen, die<br />

Herzen der Wähler erobern, also „Come to <strong>AfD</strong>-Country“ gewissermaßen.<br />

Wie können wir das erreichen? Hierzu kann ich nur einige Anregungen liefern,<br />

würde mich über eine kreative Diskussion jedoch sehr freuen. Zunächst einmal<br />

muss im Umgang mit den Feindseligkeiten der anderen Parteien und Medien ein<br />

Paradigmenwechsel stattfinden. Die <strong>AfD</strong> sollte sich über Angriffe aller Art nicht<br />

beklagen, sondern sie mit Stolz ertragen. Nichts ist schlimmer, als wenn die<br />

Wähler unsere Anprangerungen der unzweifelhaft verurteilenswerten<br />

Repressionen als andauerndes Klagelied missverstehen oder schlimmer noch, als<br />

ein Winseln um Gnade. Der Wähler mag keine Schwächlinge, er bevorzugt Sieger.<br />

Ergo muss ihm suggeriert werden, dass er sich mit einer aufstrebenden und in<br />

naher Zukunft siegreichen politischen Kraft einlässt, wenn er die <strong>AfD</strong> wählt. Hier<br />

beginnt gewissermaßen der Eintritt in unser Marlboro-Country, um bei dem eingangs<br />

bemühten Beispiel aus der Wirtschaft zu bleiben. Meiner Meinung nach ist der


Umgang der Altparteien und vieler Medien mit der <strong>AfD</strong>, sind die ständigen<br />

Angriffe aller Art (und sie werden noch zunehmen) die beste Wahlkampfhilfe,<br />

unter der Prämisse, dass wir diesen Wahlkampf auf die emotionale und<br />

subkulturelle Ebene ausweiten wollen. Dabei müssen wir es vermeiden, unsere<br />

Partei und uns selbst als Opfer darzustellen. Niemand macht sich mit einer <strong>AfD</strong><br />

gemein, deren Mitglieder nicht mal mehr Hotelzimmer vermietet bekommen.<br />

Wenn man den Menschen aber das (Lebens-)Gefühl vermittelt, dass sie mit der<br />

<strong>AfD</strong> zum Teil eines großen <strong>Abenteuer</strong>s werden, welches zu bestehen nichts für<br />

Waschlappen ist, dann verkehrt sich der undemokratische Furor unserer Gegner<br />

von einer Last in ein Pfund, mit dem durchaus gewuchert werden kann.<br />

Stellen wir uns für einen Moment beispielsweise einen blauen VW-Transporter vor,<br />

mit dem vier Wahlkämpfer der <strong>AfD</strong> während des Sommers 2016 zum Klang eines<br />

fetzigen Wahlkampfsongs von Dorf zu Dorf fahren, um der Landbevölkerung die<br />

frohe Kunde von einer neuen Partei mit einem tollen Wahlprogramm zu bringen.<br />

In jenen Tagen und Wochen erleben diese Männer und Frauen spannende Dinge,<br />

lernen interessante Leute kennen, werden von Linken vollgepöbelt, sitzen abends<br />

mit wunden Füßen am Lagerfeuer und kommen morgens aus klammen Zelten<br />

gekrochen, um aufs Neue für die einzige Partei zu werben, bei der Deutschland<br />

noch im Mittelpunkt steht. Die ganze Zeit über dokumentieren die tapferen<br />

Freunde ihre Erlebnisse und stellen diese kurzen Filme ins Internet. Sie berichten<br />

auf Facebook und Twitter darüber und werden somit selbst zu Werbefiguren,<br />

deren Botschaft lautet: die <strong>AfD</strong> bedeutet <strong>Abenteuer</strong>. <strong>Das</strong> Engagement in unserer<br />

Partei mag freilich Fährnisse mit sich bringen, Opfer abverlangen und mühsam<br />

sein aber es macht Spaß! Wer sich mit uns einlässt begibt sich auf einen<br />

ereignisreichen Weg voller Risiken aber auch mit neuen Freunden und wertvollen<br />

Erfahrungen. Unser Marlboro-Country ist nicht der Wilde Westen, sondern ein<br />

neues Deutschland mit mehr Demokratie, mehr Freiheit, mehr Heimatliebe und<br />

mehr Vernunft.<br />

Es kann so ein Beispiel dafür aussehen, wie man die eigene politische Arbeit im<br />

praktischen Wahlkampf weit über die Verkündigung rein programmatischer<br />

Inhalte hinaushebt und den Wählern die <strong>AfD</strong> als Lebensgefühl nahebringt. Kern<br />

dieser Emotionen muss die Gewissheit sein, einer höheren Sache zu dienen, einem<br />

Zweck, der größer ist als man selbst. Solches ist schon allein dadurch der Fall, dass<br />

die Partei über die Lebensspanne ihrer aktuellen Mitglieder hinaus auch an unsere<br />

Kinder und Enkelkinder denkt, also ein Zeitspektrum zum Gegenstand ihrer<br />

Politik macht, welches generationenübergreifend ist. Hier kann sich das Angebot<br />

der <strong>AfD</strong> mit der in jedem Menschen vorhandenen Sehnsucht nach einem Sinn im<br />

Leben treffen.<br />

Gleichwohl sollte man auch das Lebensgefühl der Region, in welcher man politisch<br />

agiert, für sich vereinnahmen und werbestrategisch mit der Partei in Eins setzen.


Niemand hat das bisher besser verstanden als die CSU. Auf ihrer Website ist zu<br />

lesen: „Leben und leben lassen – das ist ein urbayerisches Motto. Wir in Bayern haben Freude<br />

an der Vielfalt, die das Leben in unserer Heimat bietet. Leben in einem der modernsten und<br />

fortschrittlichsten Länder der Welt, Leben in einer von Tradition und Brauchtum geprägten<br />

Kultur, Leben in einem Land mit großer Eigenständigkeit und dem typisch bayerischen Wir-<br />

Gefühl. Bayern ist eben kein Land wie jedes andere. Bayern ist etwas Besonderes. Und darauf<br />

sind wir stolz.“ Auf diese Weise hat es die CSU geschafft, dass für die Mehrheit der<br />

Bayern ein Leben ohne sie schier undenkbar ist. Nur so konnte die CSU zahlreiche<br />

handfeste Krisen nahezu unbeschadet überstehen und sich jahrzehntelang an der<br />

Macht halten. In einer Zeit, da Lokalpatriotismus als Heimattümelei verächtlich<br />

gemacht wird, sich die Menschen aber nach genau solchen verbindenden<br />

Emotionen im Hinblick auf das nähere und weitere Lebensumfeld sehnen, sollte<br />

hier ein erfolgreicher Wahlkampf unbedingt ansetzen und also eine mit starken<br />

Gefühlen aufgeladene Botschaft komponieren, die sich wohltuend abhebt von den<br />

Parolen anderer Parteien, für die steter Wandel wohin auch immer einen Wert an<br />

sich darstellt.<br />

Fazit: Ziel des Landtagswahlkampfes 2016 wird es sein, einen möglichst hohen<br />

Stimmenanteil für die <strong>AfD</strong> zu erstreiten. Dafür reicht es freilich nicht, nur auf die<br />

Klientel der anderen Parteien zu schauen, um denen zumindest einen Teil ihrer<br />

Wähler abzujagen. Stattdessen muss die Mobilisierung der Nichtwähler, bei der<br />

letzten Landtagswahl 2011 waren das immerhin 665.821 Männer und Frauen,<br />

wenigstens gleichberechtigt im Fokus unserer strategischen Bemühungen stehen.<br />

Mit der Präsentation der Kandidaten und unseres Wahlprogramms allein werden<br />

wir dieses Ziel nicht in dem Umfange erreichen, wie es in meinen Augen durchaus<br />

möglich und wünschenswert ist. Neben der Bewerbung von Personen und der<br />

Propagierung unserer politischen Ziele, sollten wir den Wählern die <strong>AfD</strong> als<br />

positives sowie zukunftsträchtiges Lebensgefühl vermitteln, neben dem Intellekt<br />

also auch die Herzen, mithin die Emotionen ansprechen. Die <strong>AfD</strong> muss von den<br />

Menschen als Projekt erkannt werden, an welchem zu beteiligen sich lohnt. Der<br />

Wähler gewinnt das Gefühl, mit seiner Stimmabgabe zum Teil dieses Projekts,<br />

dieses <strong>Abenteuer</strong>s zu werden. Selbst an das Potential einer solchen<br />

emotionalisierten, die subkultuerell-metapolitische Ebene streifende<br />

Wahlkampfstrategie glaubend, würde ich es begrüßen, mit diesem Text eine<br />

weiterführende Diskussion innerhalb der Partei angestoßen zu haben.<br />

© Holger Arppe am 12. Januar 2016

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