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Lieblinge Ausgabe
mit Lieblinge Verlosung

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und tollen Gastautor*innen

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<strong>viaMag</strong><br />

X TOD : SICHER X Florian Bitterlin<br />

viaanima.com<br />

14<br />

FLORIAN BITTERLIN<br />

Wenn du eine Idee unter die Menschen<br />

bringen könntest, welche wäre es?<br />

Eher arbeite ich daran<br />

eine Idee aus der Welt<br />

schaffen: Wir Menschen<br />

sind nicht in irgendeiner<br />

Weise entkoppelt vom<br />

Rest der Natur! <strong>Die</strong> Idee,<br />

dass wir anders sind als<br />

unsere Umgebung, halte<br />

ich für den<br />

folgenschwersten Irrtum<br />

der Menschheit.<br />

Wir befinden uns im<br />

ständigen Austausch mit<br />

unserer Umgebung. Du<br />

isst eine Banane: <strong>Die</strong><br />

Moleküle der Banane<br />

werden Bestandteil<br />

deines Körpers – was du vor zehn Sekunden<br />

«Banane» nanntest, nennst du jetzt «Ich».<br />

Sonnenlicht, das auf unsere Haut fällt, bringt<br />

chemische Vorgänge ins Rollen; wir atmen<br />

Sauerstoff ein, der von Bäumen produziert<br />

wurde … Wir sind nicht trennbar von unserer<br />

Umgebung, – wir sind unsere Umgebung.<br />

Räumen wir auf mit diesem Irrtum sind<br />

Naturschutz, Frieden und echter Wohlstand in<br />

Reichweite.<br />

Wobei fühlst du dich besonders<br />

lebendig?<br />

Das Leben pulsiert an jeder Ecke. Mein Rezept:<br />

Staunen. Ich staune jeden Tag. Ich schaue mir<br />

beispielsweise eine Blume an und bekomme<br />

nicht genug davon. Oder den Mond. Oder meine<br />

Töchter. <strong>Die</strong> Anmut dessen, was mich umgibt,<br />

belebt mich. Nehme ich<br />

mir Zeit, es<br />

wahrzunehmen, fühle ich<br />

mich lebendig.<br />

Du hast dir deinen<br />

aktuellen Job selbst<br />

kreiert: Wie würdest<br />

du deine Lieblingstätigkeiten<br />

beschreiben? Was<br />

inspiriert dich<br />

dazu?<br />

Ich wuchs auf in einem<br />

kleinen<br />

eher<br />

konservativen Dorf. Dort<br />

fühlte ich mich – mit Eltern aus der Kulturszene<br />

– als Aussenseiter. Natürlich hatte ich Freunde<br />

und Schulkollegen, ich fühlte mich jedoch nicht<br />

dazugehörig. Das erste Mal ein Gemeinschaftsgefühl<br />

erlebt, das habe ich im Kino.<br />

Zusammen mit wildfremden Menschen sass<br />

ich in einem dunklen Saal. Je tiefer wir in die<br />

Geschichte auf der Leinwand eintauchten,<br />

desto mehr verschmolzen die Zuschauer im<br />

Saal zu einer Gemeinschaft. Alle bangten mit<br />

dem Geschehen auf der Leinwand, fühlten mit<br />

und waren darüber miteinander verbunden.<br />

Das war ein Gefühl, wonach ich mich gesehnt<br />

hatte. Ich erkannte Film als Medium Menschen<br />

miteinander zu verbinden. Deswegen bin ich<br />

heute Filmemacher.<br />

Gibt es für dich einen Unterschied<br />

zwischen leben und existieren?<br />

Leben bedeutet für mich bewusst zu sein, dass<br />

man lebt, – das Leben zu<br />

erforschen, neugierig zu<br />

sein, zu lernen, zu<br />

kreieren, zu probieren.<br />

Existieren bedeutet für<br />

mich unbewusstes<br />

Leben. Oft fahren wir im<br />

“Autopilot”, machen<br />

Dinge aus Gewohnheiten,<br />

ohne uns bewusst zu<br />

sein, was wir damit<br />

kreieren.<br />

Was ist dein wichtigster<br />

Wert und wie lebst du<br />

diesen im Alltag?<br />

Gegenwärtigkeit: im<br />

Moment wahrnehmen, was ist, hat mit Respekt<br />

zu tun. Daraus entstehen reichhaltige Gespräche,<br />

wahre Geschichten, und Bilder, die<br />

dauern.<br />

Gab es in Filmen mal Szenen, wo du<br />

dachtest: Das ist ein schöner Tod?<br />

Ja klar! Der Tod in Filmen ist ein wunderbares<br />

Sujet, das mich sehr<br />

inspiriert. In «Dead Man»<br />

(Jarmusch 1995), als<br />

«William Blake» am Ende<br />

« d a v o n s c h w i m m t » ,<br />

bekomme ich Gänsehaut.<br />

So möchte ich auch<br />

sterben! Ich baue mir<br />

schon mal ein Boot – ich<br />

brauche nur noch<br />

jemand der mich dann<br />

davonschubst … wer hat<br />

Lust?<br />

Der Tod ist für<br />

mich …?<br />

Ich glaube nicht an den<br />

Tod. Ich glaube an das Leben. Daran, dass sich<br />

das Leben immer neuen Formen erschliesst.<br />

Was wir Tod nennen, ist das vergehen dieser<br />

Formen – das Leben ist und bleibt.<br />

15

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