08.03.2023 Views

Bigsized_document

You also want an ePaper? Increase the reach of your titles

YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.


BE ONE WITH IT

Be one with your tires, and the road will be one with you.

www.hankooktire.com/de


70

FOTOS: LAT IMAGES

FORMEL 1

EXKLUSIV: Charles Leclerc 18

REGELN 2021: Revolution geglückt? 24

NICO HÜLKENBERG: Der unvollendete Hulk 34

TALENT-CHECK: Über- oder unterschätzt? 40

INTERVIEW: Valtteri Bottas 48

TOP-5: Schumi-Mania 1994 52

24

Die

SAISON 2021: REVOLUTION GEGLÜCKT?

Formel 1 steht vor ihrer größten Bewährungsprobe: gelingt die

Regel-Revolution für die Saison 2021? Wir nehmen die geplanten

Neuerungen, inkl. der neuen Boliden, genau unter die Lupe.

MOTORRAD

LORENZO: Zwischen Mensch und Maschine 58

TOP-5: Lorenzos beste MotoGP-Rennen 66

ALEX MARQUEZ: Marquez total 70

YAMAHA: Verstimmt 78

2019: Saison der Rekorde 82

BRAD BINDER: Happy End 90

MOTO3: Italienische Aufholjagd 94

MOTORSPORT

DTM: Helden brauchen keine Beine 98

INTERVEW: Manfred Sandbichler 102

ELEKTRO-RENNSPORT: e-volution 104

FORMEL E: Rasanter Zukunftstreiber 106

MOTORSPORT: Le Mans -> Nordschleife 110

ADAC MOTORSPORT: Splitter 112

SERVICE

INSIDE 06

KOLUMNEN 10

IMPRESSUM 114

MARQUEZ TOTAL

Das gab‘s noch nie in der MotoGP: Alex und Marc Marcquez schreiben

in der Saison 2020 Geschichte! Zwei Brüder im gleichen Team und

nur ein Ziel: die Marquez-Dominanz erweitern.

70

www.Motorsport-Magazin.com 3


EDITORIAL

FOTOS: MOTORSPORT-MAGAZIN.COM

NIX DA WINTERPAUSE!

DIE MOTOREN RUHEN, WIR ABER NOCH LANGE NICHT! AUCH IN DER RENNFREIEN

ZEIT GIBT ES BEI UNS RACING PUR.

Christian: So, ich bin dann mal weg!

Jonas: Wie jetzt?!

Florian: Jetzt bleibt er nach dem Saisonfinale in Abu Dhabi

eiskalt in der Wüste.

Jonas: So eiskalt sieht’s auf seinen Urlaubsfotos

nicht aus...

Stephan: Aber nach der langen Saison mit 21 Rennen hat

er es sich ja fast verdient. ;o)

Florian: Waaas?!

Stephan: Aber Christian kommt auch im Urlaub nicht von

den Motoren los und schaute für unsere Leser bei den

Formel-2-Tests mit Mick Schumacher vorbei. Lasst euch

überraschen, was er davon für euch mitbringt!

Jonas: Kleiner Tipp: Schaut mal auf unser

letztes Cover!

Florian: Und haltet Ausschau auf unseren Social Media Kanälen.

Denen folgt ihr ja bestimmt ohnehin schon...

[Postbote klingelt und bringt ein Nachnamepaket für Christian

aus den USA]

Stephan: Hm, weiß jemand was davon?

Gesamte Redaktion im Chor: Nein!

Stephan [zückt nachdenklich die Brieftasche]: Vielleicht

müssen wir doch noch mal nachgehen, was da bei den

vielen Überseereisen tatsächlich passiert...

Klaus: Das Heft ist im Druck, dann können wir ja jetzt auch

Winterurlaub machen, oder?

Stephan: Die Betonung liegt auf könnten.

Klaus: Ist jetzt nicht Winterpause?

Jonas: Beim Blick auf den immer weiterwachsenden

Rennkalender habe ich das Gefühl,

dass es gar keine Pause mehr gibt.

Florian: Pause gibt’s nicht. Wir müssen unseren Lesern und

Zuschauern ja auch im Winter etwas bieten...

Robert: Formel E zum Beispiel!

Stephan: Zum Beispiel. Mit vielen News von Robert auf

unserer Webseite und in unserer App. Ganz kostenlos für

Android und iOS.

[Shameless Plug: hol Dir unsere App unter

www.motorsport-app.com]

Robert: Das Magazin haben unsere Leser ja sicher schon

abonniert. Aber falls nicht, macht das!

Florian: Noch ein Werbeblock – ist ja fast wie im Free TV.

[Werbeblock: sichere Dir unser Magazin versandkostenfrei

und zum Sonderpreis direkt nach Hause: www.motorsportmagazin.com/goto/abo]

Jonas: Auch als ePaper erhältlich! Falls jemand

lieber auf die digitale Version setzt.

[Kurz zurück ins Funkhaus: www.motorsport-magazin.com/

goto/epaper]

Klaus: Aber warum denn? Das gedruckte Heft riecht doch

so guuuut!

Stephan: Und falls jemand keine Lust hat, unsere Artikel

online oder gedruckt zu lesen...

Robert: Was schon ein gewisser Frevel wäre!

Stephan: ... der kann sich entspannt zurücklehnen und uns

in unseren YouTube-Videos beim Diskutieren zusehen!

[Sucht einfach nach Motorsport-Magazin oder

seht euch die Videos in unserer App an]

Florian: Yes! Wir beantworten auch im Winter Eure Fragen

in unterhaltsamen Q&As.

Jonas: Da sind wieder einige coole Fragen

dabei!

[#ASKMSM nicht vergessen]

Stephan: Und wer lieber eins auf die Ohren bekommt: Kein

Problem! Unsere längeren Videos gibt es auch als Podcasts

bei Apple Podcasts, Spotify & Co.

Florian: Das war jetzt fast mehr Werbung auf einen Schlag

als bei einer TV-Übertragung...

4 www.Motorsport-Magazin.com


It’s

PRO

TIME!

Pro-Street-MULTI

Individuelle Einstellung von Fahrzeughöhe, Zug- und Druckstufe

Made by Eibach


FORMEL

INSIDE

TEXT: Markus Steinrisser & Manuel Sperl

FOTOS: LAT IMAGES

REKORDJÄGER

2020 KANN LEWIS HAMILTON MICHAEL SCHUMACHERS BESTMARKE VON SIEBEN TITELN EGALISIEREN - UND

AUCH SONST SIND FAST ALLE REKORDE IN REICHWEITE. WAS HAMILTON SCHON HAT, UND WAS NOCH FEHLT.

Platz zwei hinter Michael Schumacher (91). Den Rekord für

die meisten Siege mit einem Motorhersteller hält Hamilton

schon, alle 84 feierte er mit Mercedes-Triebwerken.

88

REKORD. HAMILTON HAT DIE

REKORD. HAMILTON HAT DIE

KUNST DER QUALIFIKATION WIE

KEIN ANDERER GEMEISTERT, UND

IST SCHUMACHER UM 20 POLES

ENTEILT.

6 www.Motorsport-Magazin.com


151 x

AUF DEM PODIUM: P2 HINTER MICHAEL

SCHUMACHER (155). P1 IST GREIFBAR NAH.

33 PUNKTEANKÜNFTE

IN FOLGE

REKORD. UND DIE SERIE LÄUFT NOCH. 2020

KANN HAMILTON SIE WEITER VERLÄNGERN.

17 PODIEN IN EINER SAISON

ZWAR MUSS ER SICH DEN REKORD MIT SCHUMACHER

UND VETTEL TEILEN. ABER HAMILTON SCHAFFTE ES ALS

EINZIGER VIER MAL (2019, 2018, 2016, 2015).

413 PUNKTE IN EINER SAISON

Rekord. 2019 überbot Hamilton seine eigene

19

Bestmarke nochmals um fünf Punkte.

START/ZIEL SIEGE

BEIM FINALE IN ABU DHABI STELLTE

ER AYRTON SENNAS REKORD EIN.

DAS NETZ AUF EINEN BLICK

In der brandaktuellen 23. Auflage des führenden

deutschen Internet-Guides »Das Web-Adressbuch für

Deutschland 2020« werden die 5.000 besten Web-Seiten

aus dem Netz präsentiert! Darunter natürlich auch die

besten Motorsport-Websites und unsere Seite Motorsport-Magazin.com.

Weitere Infos: www.web-adressbuch.de

www.Motorsport-Magazin.com 7


MOTORRAD

INSIDE

TEXT: Katrin Dökel & Manuel Sperl

MOTOGP FEIERT CHAMPIONS

Marc Marquez, Alex Marquez und Lorenzo Dalla Porta sind die Motorrad-Weltmeister

2019. Alle drei fixierten ihre Titel bereits vor dem

Saisonfinale in Valencia. Der WM-Kampf in der MotoGP wurde bereits

am fünftletzten Wochenende in Thailand entschieden. Zwei Rennen

mehr brauchte Dalla Porta in der Moto3, eine weitere Woche später

war Alex Marquez Moto2-Champion.

NEUSTART

FÜR FOLGER

Hinter Jonas Folger liegen harte Wochen.

Anfang November wurde er überraschend aus

der Position als MotoGP-Testfahrer für Yamaha

enthoben. Auch aus einer Rolle im neuen

WSS-Projekt für Kiefer Racing wurde nichts.

Nun fand Folger doch noch einen Job für 2020:

Er fährt für MGM in Superbike-Klasse der IDM,

drei WSBK-Wildcards sind geplant.

8 www.Motorsport-Magazin.com


FOTOS: LAT IMAGES, MOTOGP

WSBK-COMEBACK

Deutschland hat wieder einen Superbike-WM-Lauf! Von 31. Juli

bis 2. August 2020 gastieren Jonathan Rea, Scott Redding & Co.

in der Motorsport Arena Oschersleben.

TERMINE 2020

Phillip Island 28.02. - 01.03.

Losail 13.03. - 15.03.

Jerez 27.03. - 29.03.

Assen 17.04. - 19.04.

Imola 08.05. - 10.05.

Aragon 22.05. - 24.05.

Misano 12.06. - 14.06.

Donington 03.07. - 05.07.

Oschersleben 31.07. - 02.08.

Portimao 04.09. - 06.09.

Barcelona 18.09. - 20.09.

Magny-Cours 25.09. - 27.09.

San Juan 09.10. - 11.10.

VERRÜCKTER HAIFISCH

Johann Zarco ist der neue Crash-König der MotoGP. In der abgelaufenen

Saison ging er 17 Mal zu Boden und führt diese unrühmliche Statistik

damit vor Jack Miller (15 Stürze) sowie Francesco Bagnaia und Marc

Marquez (je 14) an. Klassenübergreifend haben zwei Briten die Nase

vorne: Sam Lowes flog in der Moto2 20 Mal ab, Tom Booth-Amos verbuchte

in der Moto3 gleich 22 Crashes.

Step into the arena

spartan

carbon

Mehr über unsere Helme

( SHARK ), Bekleidung

( BERING / SEGURA ) und

Gepäck / Sitzbänke

( BAGSTER )

auf

www.shark-helme.info


KOLUMNE | MOTORRAD

TEXT: MICHAEL HÖLLER

HATERS GONNA HATE

WARUM MAN ES EINIGEN NIE RECHT MACHEN KANN...

FOTOS: LAT IMAGES

A

lex Marquez steigt 2020 in die MotoGP auf.

Der amtierende Moto2-Weltmeister fährt in

der kommenden Saison also in der höchsten

Kategorie der Weltmeisterschaft. Wie in den

vergangenen drei Jahren bereits Francesco Bagnaia,

Franco Morbidelli und Johann Zarco vor ihm. So weit,

so gut und eigentlich eher Regelfall als Ausnahmesituation,

denn seit Einführung der Moto2-Klasse vor

zehn Jahren schaffte es der jeweilige Titelträger nur

zweimal nicht, direkt in der MotoGP anzudocken.

War man in den Tagen des Saisonfinales, als der

Deal nach dem überraschenden Rücktritt von

Jorge Lorenzo eingefädelt wurde, aber in den sozialen

Medien oder den Kommentarforen der großen

Motorsport-Portale unterwegs, so konnte man fast

glauben, der Wechsel wäre der finale Akt einer

groß angelegten Verschwörung. Demnach habe

die Marquez-Fraktion Jorge Lorenzo zum Rückzug

gedrängt, um Platz zu schaffen für die komplette

Machtübernahme des Familienimperiums aus

Cervera beim mächtigsten Motorrad-Hersteller

der Welt. Entsprechend viel Antipathie schlug den

Marquez-Brüdern in diesen Tagen entgegen. Als

neutraler Beobachter musste man sich fragen: Was

bitte geht denn hier ab? Sich übergebende Smileys

waren in diesen Tagen noch die appetitlichsten der

Kommentare unter der Gürtellinie, die so mancher

Neider von sich gab. Dass es sich bei Alex um den

amtierenden Champion handelte, der zwar kein

Recht auf einen Aufstieg hat, aber damit zumindest

ein lupenreines Empfehlungsschreiben besitzt, hatten

viele entweder nicht mitbekommen oder wollten

dies einfach nicht wahrhaben. Zuletzt wurde sogar

die Klasse des Moto2-Champions in Frage gestellt,

weil dieser fünf Jahre gebraucht habe, um den

WM-Titel zu erringen. Zum Vergleich: Auch Johann

Zarco war fünf Jahre in der Moto2 unterwegs, bevor

er in die MotoGP aufstieg. Lorenzo Baldassarri hat

ebenfalls bereits fünf Jahre auf dem Konto, Marcel

Schrötter steht sogar bei siebeneinhalb. Valentino

Rossis Halbbruder Luca Marini absolviert 2020 seine

fünfte Moto2-Saison. Sollte man all diesen Fahrern

in Zukunft einen MotoGP-Aufstieg verwehren? Nein

und das würde wohl auch kaum jemand ernsthaft

fordern. Diese Piloten heißen allerdings auch nicht

Marquez. Ein Name, der vor allem bei einer ganz

bestimmten Fan-Fraktion regelmäßig unappetitliche

bis unentschuldbare Kommentare nach sich zieht.

Recht machen kann man es diesen Leuten ohnehin

nicht, frei nach dem Motto: »Haters gonna hate.«

Honda hat sich mit Alex Marquez den amtierenden

Weltmeister der Moto2 geholt, als sich durch den

Lorenzo-Rücktritt die Chance dazu ergab. HRC war

damit schneller als seine Konkurrenten im Werben

um eine vielversprechende Zukunftshoffnung. Dass

dieser Champion ausgerechnet den gleichen Nachnamen

wie Hondas wichtigste Aktie trägt, ist zwar

kein Zufall, ist aus Sicht der Marketing-Abteilung

aber wichtiger als für die Rennsport-Fraktion des

Konzerns. Denn die will nur eines: Erfolge sehen.

Als Rookie auf das wohl einsteigerunfreundlichste

Motorrad zu steigen und dann auch noch den

direkten Vergleich mit dem aktuell begnadetsten

Motorradpiloten der Welt anzutreten, verlangt Mut.

Hut ab vor dieser Entscheidung von Alex Marquez,

der sich im kommenden Jahr beweisen müssen wird

und wohl vor der härtesten Prüfung seines Lebens

steht. Eines ist allerdings sicher: Seinen Platz in der

Königsklasse hat sich der zweifache Weltmeister

redlich verdient.

10 www.Motorsport-Magazin.com


Anzeige

Das Web-Adressbuch für Deutschland 2020

Die 5.000

besten Web-Seiten

aus dem Internet!

Der führende deutsche Internet-Guide „Das Web-Adressbuch für Deutschland“

präsentiert die 5.000 besten Surftipps aus dem Netz.

jetzt

Mit Hilfe des Web-Adressbuches spart man sich

das ewige Herumsurfen und Durcharbeiten der

Trefferlisten in Suchmaschinen und stößt auf

viele interessante und praktische Web-Seiten,

die bei den Suchmaschinen im Netz gar nicht

oder nur sehr schwer zu finden sind!

Der Vorteil des Buches ist auch, dass man tolle

Web-Seiten zu Themen entdecken kann, an die

man gar nicht gedacht hätte. Denn bei

Suchmaschinen muss man immer ein Stichwort

im Kopf haben, das man in die Suchmaske

eingeben muss, um Treffer zu erhalten. Beim

Web-Adressbuch für Deutschland kann man sich

einfach durch die Themenbereiche treiben

lassen und entdeckt ständig neue spannende

Surf-Tipps.

Weitere Informationen finden Sie auf:

www.web-adressbuch.de

Pressestimmen:

„Für viele dürfte das Buch für eine

überraschende Erkenntnis sorgen:

Google ist nicht allwissend!“

OFFENBURGER TAGEBLATT

„Das besondere an den Web-Adressen

ist, dass es oft solche sind, die man bei

Google nicht ganz oben auf der ersten

Seite der Suchergebnisse findet.“

BILD.de

„Eine Alternative für alle, die von

Google-Suchergebnissen frustriert

sind.“

COMPUTER BILD

„Das Web-Adressbuch ist inzwischen

zum Standardwerk geworden und

sollte seinen Platz neben dem Duden

und dem Lexikon finden.“

BERLINER MORGENPOST

„Das bessere Google.“

AUGSBURGER ALLGEMEINE

„Wer sich durch die Themengebiete

treiben lässt, der findet immer neue

gut gemachte Web-Seiten, die Google

& Co. nicht als Treffer anzeigen.“

BAYERN 3

Das Web-Adressbuch für Deutschland 2020 • Ausgewählt: Die 5.000 besten Web-Seiten aus dem Internet!

23. überarbeitete und aktualisierte Auflage • 608 Seiten • Viele farbige Abbildungen

Überall im Buchhandel erhältlich • Euro 19,95 (D) • ISBN 978-3-934517-53-0


KOLUMNE | FORMEL E

TEXT: ROBERT SEIWERT

FORMEL E, ODER AUCH:

WAR WAS?

STILLSCHWEIGEND AKZEPTIERT: DER SAISONAUFTAKT IN SAUDI-ARABIEN SORGTE ERNEUT FÜR KONTROVERSEN.

S

tell dir vor es ist Formel E und keiner geht

hin. So müssen sich die Teams und Fahrer

beim äußerst kontroversen Saisonauftakt

in Saudi-Arabien Ende November vorgekommen

sein. Die wenigen Berichterstatter vor Ort sprechen

von rund 700 (siebenhundert) Zuschauern bei den

Rennen nahe der Hauptstadt Riad. Die eigentlich

beliebte Autogrammstunde am Freitag wurde

kurzfristig abgesagt - mehr Fahrer als Fans in der

Warteschlange.

Wenn überhaupt erwähnt, wurde der Saisonstart

der Elektro-Serie in den großen Medien kritisch

betrachtet. Und das schon zum zweiten Mal in Folge,

nachdem Gründer Alejandro Agag vor einem Jahr

Saudi-Arabien als eine neue Heimat der Formel E

auserkoren hatte. Zum schlimmstmöglichen Zeitpunkt,

der Fall Khashoggi lässt grüßen...

Laut Vertrag müssen Fans und Sponsoren (die

meisten kehrten das Rennwochenende flugs unter

den Tisch) noch acht Mal einen Saisonauftakt in

Saudi-Arabien miterleben. Für die Unterschrift unter

dem Dekadenvertrag kassierte Formel-E-Gründer

und Geschäftsmann Alejandro Agag nach unseren

Informationen rund 200 Millionen Euro. Zu lukrativ

offenbar, um die Bedürfnisse der eigenen Serie in

den Vordergrund zu stellen.

Ein verblüffend kurzsichtiger Schritt einer Rennserie,

die in ihren Anfangsjahren trotz hoher Schulden

jeden eingenommenen Cent in Werbung und

Weiterentwicklung investierte - und durch einen

wahren Hersteller-Boom belohnt wurde. Die Formel

E hat den Zeitgeist getroffen wie keine Rennserie in

der Geschichte des Sports zuvor. Der Deal mit den

Saudis war der erste böse Rückschlag, doch die

Involvierten akzeptieren stillschweigend.

Für die meisten Beteiligten der Formel E beginnt die

sechste Saison erst im Jahr 2020. Der genaue Zeitpunkt

ist unklar, als nächstes wäre am 18. Januar

der ePrix in Santiago de Chile an der Reihe. Da, wo

Massenproteste in Folge der schwersten sozialen

Krise des Landes seit 30 Jahren tausende Verletzte

und mehrere Todesopfer gefordert haben. Dafür

kann die Formel E im Gegensatz zu Saudi-Arabien

allerdings nichts.

Was bleibt, ist die Hoffnung auf eine weitere spektakuläre

Saison, deren historischer Wert durch den

mehr als diskutablen Saisonauftakt zumindest

geschmälert worden ist. Audi, BMW, Mercedes-

Benz, Porsche - vier deutsche Giganten im direkten

Wettbewerb, das hat es zuvor noch nie in einer FIA-

Meisterschaft (ab 2020/21 sogar offiziell Weltmeisterschaft)

gegeben.

Da wir uns ganz am Ende dieser Kolumne auch

mit dem Sportlichen befassen wollen, können wir

sagen, dass der Saisonstart vielversprechend war.

BMW holte zwei Poles und einen Sieg, Porsche

fuhr auf Anhieb aufs Podium und Mercedes - das

kennen wir irgendwoher - führt die Meisterschaft

an. Dass von deutschen Herstellern entwickelte

Antriebsstränge in beiden Rennen sämtliche

Podiumsplatzierungen einnahmen, spricht für

sich. Zumindest in dieser Beziehung trumpft die

einheimische Elektromobilität groß auf.

Die Zutaten für eine dramatische Saison sind im

Überfluss vorhanden. Sie müssen nur an der richtigen

Stelle gekocht werden.

FOTOS: LAT IMAGES

12 www.Motorsport-Magazin.com


SQ8

EROBERT DIE STRASSE

WIE NIEMAND ZUVOR.

ABT SQ8 - Verbrauchswerte nach WLTP in l/100 km (die angegebenen Verbrauchswerte beziehen sich

auf das Serienfahrzeug, die durchgeführten Maßnahmen finden jeweils nach Erstzulassung statt):

niedrig 12,0, mittel 9,3, hoch 7,5, extra hoch 8,8, kombiniert 8,9; CO 2-Emissionen kombiniert: 234 g/km.

WWW.ABT-SPORTSLINE.DE


KOLUMNE | FORMEL 1

TEXT: STEPHAN HEUBLEIN

EIN DENKWÜRDIGES JAHRZEHNT

WAS BEWEGTE DIE FORMEL 1 IN DEN VERGANGENEN ZEHN JAHREN?

Und wieder liegt ein Jahrzehnt hinter uns.

Umso mehr werden wir an allen Ecken und

Enden mit den Tops und Flops der 2010er

Jahre bombardiert - egal, ob es Filme, Musikalben

oder Tore sind. Da wollen wir natürlich nicht fehlen.

Was ist mir im Gedächtnis hängen geblieben

von den zurückliegenden zehn Jahren Formel 1?

Was waren die besten, spannendsten oder spektakulärsten

Rennen? Die größten Aufreger oder die

verrücktesten Momente?

Um es mit den oft wiederholten Worten von Lewis

Hamilton zu sagen: „Ich kann mich gar nicht mehr

richtig erinnern, was in allen Rennen passiert ist.“

Selbst die Rennen der vergangenen Saison verschwimmen

rasch ineinander. Im Jahr 2020 erwarten

uns zu Beginn des neuen Jahrzehnts sogar 22

Grands Prix - ein neuer Rekord.

Obwohl wir uns nicht immer auf Anhieb an alles

erinnern, ist natürlich trotzdem viel passiert in

den letzten zehn Jahren. Was sticht dabei heraus?

Natürlich einmalige Momente wie das Comeback

von Michael Schumacher bei Mercedes oder auch

die stets unterhaltsamen (Funk-)Sprüche von Iceman

Kimi Räikkönen. Wer erinnert sich nicht an seinen

legendären Auftritt bei der FIA Preisverleihung

2018. „Leave me alone I know what I’m doing“ ist

sogar auf unzähligen T-Shirts in aller Welt verewigt

und wird in den Köpfen der F1-Fans wohl niemals

verblassen - höchstens auf dem T-Shirt von Jonas...

Aber wichtig ist bekanntlich auf dem Plat... nein,

der Rennstrecke. Da kommt mir, aus welchem

Grund auch immer, zunächst der Bahrain GP 2014

ins Gedächtnis. Ich kann es nicht genau begründen,

vielleicht weil wir in dieser Zeit nicht so viele

packende Rad-an-Rad-Zweikämpfe um den Sieg

hatten. Aber das Duell Rosberg gegen Hamilton

unter dem Flutlicht von Sakhir hat einen besonderen

Platz in meinen Erinnerungen erhalten.

Und sonst? Natürlich Chaos-Rennen wie Kanada

2011 mit fünf Safety-Car-Phasen und einer Aufholjagd

von Jenson Button, der sich kurz vor Schluss

Sebastian Vettel doch noch schnappte. Leider gab

es im vergangenen Jahrzehnt aber auch einige

traurige und schwierige Momente, über die wir

berichten mussten. Etwa Michael Schumachers

Ski-Unfall. Und natürlich viel zu viele Mitglieder der

Formel-1-Familie, von denen wir zu früh Abschied

nehmen mussten - Jules Bianchi, Charlie Whiting,

Niki Lauda oder zuletzt auch Anthoine Hubert, um

nur einige zu nennen. Sie werden uns immer in

Erinnerung bleiben, weit über das kommende Jahrzehnt

hinaus.

Einer unserer YouTube-Zuschauer stellte uns für ein

Q&A-Video (#ASKMSM nicht vergessen) die Frage,

ob sich die Formel 1 im Verlauf des Jahrzehnts

verbessert oder verschlechtert habe. Für mich

persönlich, aber auch viele in unserer Redaktion,

ist die Antwort einfach: eindeutig verbessert! Die

Autos sehen seit den Regeländerungen von 2017

deutlich besser aus und die Rennen sind spannender

geworden. Natürlich sind sie das nicht

immer, aber wie viele langweilige Fußballspiele

gibt es pro Jahr? Da kann man auch mal einen

Frankreich oder Abu Dhabi GP zwischendurch

verkraften. Erst recht, wenn es wie 2019 solche

Highlights wie Österreich, Silverstone, Hockenheim

oder Ungarn gibt.

Das Feld wird 2020 wohl noch näher zusammenrücken

und ich bin überzeugt, dass wir dadurch einen

heißen Start ins neue Jahrzehnt hinlegen werden.

Das erhöht aber auch den Druck auf den großen

Umbruch in der Saison 2021. Das neue Regelwerk,

die neuen Autos, die Ideen von Ross Brawn & Co

müssen sitzen, damit wir erneut denkwürdige zehn

Jahre erleben.

FOTOS: LAT IMAGES

14 www.Motorsport-Magazin.com


EQB-1000D-1AER

SLIM STYLE,

MORE POWER.

Schlankes Gehäusedesign und die geballte Kraft von Bluetooth ® , Weltzeit

,

Solarbetrieb sowie dem Teamgeist der Scuderia Toro Rosso machen aus

der EQB-1000 Ihren perfekten Begleiter für einen aktiven Lebensstil

.

Einfache Verbindung

durch Smartphone App

e d i fi c e . d e


SLIDESHOW | FORMEL 1 | #70 | 2019

BOXENSTOPP IN

SCHWERELOSIGKEIT

TEXT: STEPHAN HEUBLEIN

FOTO: RED BULL RACING

In der Formel 1 vergehen Reifenwechsel im wahrsten Sinne des Wortes

wie im Flug! Das galt nicht nur bei diesem Show-Boxenstopp mit

einem 2005er RB1 in 33.000 Fuß Höhe an Bord eines Ilyushin Il-76

MDK Kosmonauten-Trainingsflugzeugs. Gleich dreimal unterbot die

flinke Boxen-Crew von Red Bull in dieser Saison den vorherigen Weltrekord!

In 1,82 Sek. pulverisierte das Team die alte Bestmarke von

Williams aus dem Jahr 2016, die bei 1,92 Sek. stand. Aber die Jagd

nach immer neuen Rekordzeiten und strategischen Kniffen verlangt

auch ihre Opfer, wie Mercedes in Brasilien und Ferrari in Abu Dhabi

schmerzlich erfahren haben...

16 www.Motorsport-Magazin.com


www.Motorsport-Magazin.com 17


FOTOS: LAT IMAGES

18 www.Motorsport-Magazin.com


Charmanter

KILLER

TEXT: CHRISTIAN MENATH

CHARLES LECLERC: NETTER, WOHLERZOGENER JUNGE AUS

MONACO ODER EINE BRUTALE RENNMASCHINE? MOTORSPORT-

MAGAZIN.COM SPRACH MIT DEM YOUNGSTER ÜBER SEINE

ERSTE FERRARI-SAISON, DEN NÖTIGEN KILLERINSTINKT EINES

RENNFAHRERS UND DAS TEAM-DUELL MIT SEBASTIAN VETTEL.

www.Motorsport-Magazin.com 19


Ich glaube nicht, dass das zusammenhängt. Ehrlich gesagt, glaube ich, dass ich in den ersten fünf,

sechs Rennen einfach nicht gut gefahren bin. Ich habe erst ziemlich hart an meiner Qualifying-Pace

und dann an meiner Rennpace gearbeitet. So wurde ich besser. Und wenn mehr Wettkampf zwischen

zwei Fahrern herrscht, dann werden die Dinge etwas knifflig. Aber am Ende ist es nicht so schlecht,

wie es von außen aussieht. Sebastian und ich haben eine gute Beziehung. Im Auto gibt es offensichtlich

manchmal Frustration, aber außerhalb des Autos sind wir clever genug, die volle Situation zu

verstehen.

Also ist es für dich egal, ob du um den Sieg oder Platz vier kämpfst?

Nein, natürlich nicht. Du bist viel motivierter, wenn du um den Sieg kämpfst. Aber das ist ebenfalls

mein Job: Auch wenn du harte Momente hast, musst du so motiviert sein, als würdest du um den Sieg

kämpfen. Das macht am Ende der Saison den Unterschied.

MSM: Wenn dir zu Beginn der Saison jemand

die meisten Pole Positions, die ersten Siege und

ein Top-5-Ergebnis in der WM angeboten hätte

- hättest du es genommen?

CHARLES LECLERC: Das ist eine schwierige

Frage. Auf der einen Seite bin ich sehr froh, es zu

haben. Auf der anderen Seite willst du immer

mehr. Zu Saisonbeginn, bevor wir zum ersten

Rennen gekommen sind, dachten wir alle, dass

wir eine gute Chance auf den Titel haben. Aber

nach den ersten zwei oder drei Rennen hätte ich

es auf jeden Fall genommen. Der Fortschritt war

sehr gut, ich bin als Fahrer sehr gereift. Das war

mein Ziel für diese Saison und damit bin ich sehr

glücklich.

Dachtet Ihr bei den Testfahrten auch, dass Ferrari

vorne ist?

Wir haben versucht, uns selbst davon zu überzeugen,

dass wir nicht vorne sind. Aber tief in mir

drinnen dachte ich - ich habe noch nicht so viel

Erfahrung in der Formel 1 -, dass wir einen Vorsprung

auf Mercedes haben. Es war eine Überraschung,

dann beim ersten Rennen doch ein ganzes

Stück hinter ihnen zu sein.

Genau genommen hat es teamintern schon in Australien begonnen. Auch in Bahrain und China gab

es Teamstrategien. Ist die Situation richtig gewachsen? Wie gehst du damit um?

Um ganz ehrlich zu sein: Zu Beginn ist es ziemlich schwer, wenn dir so etwas am Funk gesagt wird.

Vor allem wenn du aus den Nachwuchsserien kommst, wo du so etwas nicht hast. Da wirst du nie

gefragt, irgendetwas für deinen Teamkollegen zu machen. Da gibt es nur dich und das war es. Am

Ende ist es aber ziemlich klar, dass es in der Formel 1 um Teamwork geht. Ich habe es verstanden. Es

gab ein paar Momente wie in Bahrain, als ich dachte, dass ich in dieser speziellen Situation recht habe

und es nicht akzeptieren soll, weil ich dachte, dass ich im Auto mehr Informationen habe als die Jungs

an der Pitwall. Aber das wichtigste ist, dass Sebastian und ich verstanden haben - und ich glaube, nach

Sotschi ist das klar - dass wir uns an Teamorder halten sollen. Und das ist jetzt der Fall.

In Bahrain sagst du, es war richtig, die Teamanweisung zu ignorieren. Gab es in einem anderen

Rennen etwas, das du nicht hättest tun sollen?

Ich habe ehrlich gesagt nicht alle Episoden parat. [denkt lange nach] Das Beschweren am Funk in

Singapur. Das war keine Teamorder, aber es gab keinen Grund das zu fragen.

Du bezeichnest die Formel 1 als Teamsport. Aber wenn man sich die Historie ansieht, sind die meisten

erfolgreichen Piloten brutale Egoisten. Bleibst du dabei, dass die Formel 1 ein Teamsport ist?

Ich glaube noch immer, dass es ein Mannschaftssport ist. Sobald du gegen ein anderes sehr starkes

Team kämpfst, brauchst du beide Autos, die sich gegenseitig helfen können. Auf der anderen Seite

gibt es bestimmte Situationen, in denen der Fahrer ein bisschen egoistisch sein muss. Man muss hier

die richtige Balance finden.

Charles Leclerc überzeugte in

seiner ersten Saison in Rot

Wie schwierig war es, das dann zu akzeptieren?

Das war nicht so schlimm, zumindest nicht für

mich. Ich habe mich einfach auf meinen Job konzentriert.

Es ist ein bisschen enttäuschend, wenn

du beim ersten Rennen ankommst und du nicht

da bist, wo du sein willst. Aber von diesem

Moment an fokussierst du dich nur auf das Auto

selbst und versuchst, den bestmöglichen Job zu

machen.

Nach der Sommerpause war Ferrari konkurrenzfähig

und es begann ein teaminterner Kampf

zwischen dir und Sebastian. Was ist der Unterschied,

wenn du ‚nur‘ um Platz drei und vier

kämpfst oder wenn es um den Sieg geht?

20 www.Motorsport-Magazin.com


FOTOS: LAT IMAGES

Wie schwierig war es nach dem Qualifying in Monza und den Diskussionen,

dich am Sonntag auf deinen Job zu konzentrieren und zu gewinnen?

Es war schwierig. Vor allem, weil ich ehrlich glaube, dass die Situation nicht

so war, wie es von außen für manche Leute aussah. Ich glaube, manche Leute

haben es verstanden, aber es war einfach ein komplettes Chaos und es war

keine Absicht von meiner Seite. Man würde Situationen wie diese am liebsten

vermeiden, aber es gehört dazu. Ich persönlich war ziemlich glücklich, weil

ich wusste, dass ich nichts falsch gemacht habe. Trotzdem bin ich etwas

enttäuscht, wenn ich sehe, dass manche Leute die Situation nicht ganz verstehen.

Deshalb war es etwas enttäuschend, aber am Ende okay. Ich habe

mich fokussiert und habe nach dem Rennen noch etwas mehr darüber

nachgedacht.

Rot gegen Silber: das alte

Duell lebte erneut auf

Leclerc war bei den

Reportern viel gefragt

»ICH GLAUBE, WENN DU BERECHNEND BIST,

BIST DU CLEVER. DAS GEHT EIN WENIG HAND

IN HAND. IMMER, WENN ICH IM AUTO BIN,

GEBE ICH MEIN BESTES. SO WAR ICH IMMER.

ICH HABE DIESEN KILLERINSTINKT. JEDES MAL,

WENN ICH IN EIN AUTO STEIGE, WILL ICH

NICHT ZWEITER, DRITTER, VIERTER ODER FÜNF-

TER WERDEN. ICH WILL EINFACH GEWINNEN.«

Für Leclerc glückte der

Einstand bei der Scuderia

Musst du dich dann darauf fokussieren, das aus deinem Kopf zu bekommen

oder bist du ohnehin im Tunnel?

Ich bin einfach im Tunnel. Manchmal passiert es, dass ich Gedanken habe,

die ich nicht haben möchte. Aber ich habe Techniken, die ich in der Vergangenheit

beim Mentaltraining gelernt habe, um sie loszuwerden. Meistens

bist du im Tunnel und denkst an nichts anderes, als daran, den Job zu

erledigen.

Kann ich dir eine persönliche Frage stellen?

Na klar.

Sieg beim Heimrennen von

Ferrari in Monza

Wenn man die Fans da draußen fragt: Viele sehen in dir einen smarten,

cleveren Jungen. In Deutschland gibt es viele Vettel-Fans, die in dir einen

berechnenden, abgeklärten Kerl sehen. Was bist du: Ein berechnender oder

ein smarter Kerl?

Hmm... Ich glaube, wenn du berechnend bist, bist du clever. Das geht ein

wenig Hand in Hand. Aber immer, wenn ich im Auto bin, gebe ich mein

Bestes. So war ich immer. Ich habe diesen Killerinstinkt. Jedes Mal, wenn

ich in ein Auto einsteige, will ich nicht Zweiter, Dritter, Vierter oder Fünfter

werden. Das ist mir egal, ich will einfach gewinnen. Ich glaube, es ist eine

Stärke, aber es kann manchmal auch eine Schwäche sein. Einige Fehler, die

ich dieses Jahr gemacht habe, sind Teil dieser Mentalität. Denn ich habe alles

in Momenten gegeben, in denen ich einfach nur die Punkte hätte mitnehmen

können. Nicht jeder wird mich dafür mögen, aber so bin ich nun mal. Ich

kann aber noch immer lernen, diese Mentalität hat auch positive Aspekte.

Aber es kann in anderen Momenten auch wehtun. Ich muss diese Mentalität

genau in diesen Momenten verstehen und kontrollieren. Ich bin mir ziemlich

sicher, dass das mit der Erfahrung kommen wird.

www.Motorsport-Magazin.com 21


Voller Einsatz beim

Boxenstopp

Schon vor der Saison gab es in den Medien viele Diskussionen

um die Fahrerpaarung bei Ferrari. Mattia

Binotto erklärte daraufhin Sebastian im Zweifel zur

Nummer eins. Du meintest, es wäre deine Aufgabe,

das mit Performance zu ändern. Ist dir das

gelungen?

Das weiß ich nicht, das ist eine Frage für Mattia. Aber

auf meiner Seite bin ich sehr zufrieden damit, wie

meine Saison lief. Ich habe mich stark entwickelt, es

gibt aber noch viel zu lernen. Ich bin zufrieden mit

dem, was ich gezeigt habe. Ich hoffe, dass ich mich

weiter so entwickeln kann wie in dieser Saison.

Mattia muss zwei sehr schnelle, ehrgeizige Fahrer

managen. Wie macht er das?

Mattia wirkt von außen sehr ruhig. Er ist sehr ruhig,

aber er hat auch die richtige Balance, um ein Teamchef

zu sein. Er weiß, wie er in schwierigen Moment auch

hart sein muss, wie zum Beispiel nach Sotschi. Auch

nach Singapur, es gibt viele Beispiele. Wann immer

er etwas sagt, steht er auch dahinter. Ich denke, es

wurde immer respektiert, wenn er nach etwas gefragt

hat.

Blicken wir auf deine Entwicklung in diesem Jahr.

Wenn du sagst, du hast deine Qualifying-Pace verbessert,

was bedeutet das? Du fährst seit deiner Kindheit

möglichst schnell, was ändert sich da in einem

Jahr?

Ich habe zu Saisonbeginn mit einem für mich komplett

neuem Auto begonnen. Ich musste verstehen,

wie das Auto funktioniert und wie es für mich funktioniert.

Ich musste verstehen, wie es am besten

zusammen funktioniert, ich gemeinsam mit dem

Auto. Das ist sehr wichtig, auch mit dem Team zu

arbeiten. Nach vier, fünf, sechs Rennen hat es Klick

gemacht und ich habe verstanden, was ich vom Auto

wollte. Ich war etwas selbstsicherer in dem, was ich

vom Auto wollte. Ich konnte nach Änderungen am

Auto fragen, statt meinen Fahrstil an das Auto anzupassen.

Von diesem Moment an haben wir einige gute

Schritte gemacht.

Konntest du das Auto in diesem großen Team besser

an dich anpassen als du das bei Alfa konntest?

Nein, zu Saisonbeginn war ich ziemlich eingeschüchtert

von der Größe des Teams und von seiner

Geschichte. Das ändert sich nicht, aber ich habe ein

paar Rennen für das Team absolviert und ich habe

mich an die Leute gewöhnt. Das hilft dir, besser zu

verstehen, was du vom Auto willst. Von dem Punkt

an ging alles reibungslos.

Letztes Jahr hattest du mit Alfa auch etwa in Baku

deinen Durchbruch. Ist das Zufall?

Nein, ich glaube nicht, dass es Zufall ist. Letztes Jahr

war es ein kleineres Team, deshalb habe ich weniger

Zeit gebraucht, die Leute kennenzulernen. Das hat

dieses Jahr einfach länger gedauert, weil es mehr Leute

sind. Aber letztes Jahr wusste ich an einem Punkt auch

nicht genau, was ich vom Auto wollte. Ich bin zum

ersten Mal in der Formel 1 gefahren, hatte viel mehr

Am Lenkrad erlaubte sich

Leclerc kaum Fehler

22 www.Motorsport-Magazin.com


Abtrieb. Dieses Jahr hatte ich klarere Ideen, aber

ich wollte erst mich selbst anpassen, bevor ich das

Auto anpasse. Und erst an einem Punkt habe ich

dann nach den Änderungen gefragt. Diese beiden

Durchbrüche hatten eine ähnliche Problemlösung.

Es war eigentlich das gleiche.

FOTOS: LAT IMAGES

Leclerc erwartet eine

erfolgreiche Zukunft

Auch neben der Strecke stand

Leclerc immer im Mittelpunkt

Du hast dieses Jahr durchaus ein paar Fehler

gemacht - aber du hast sie nur einmal gemacht.

Du scheinst, dich schnell umstellen zu können.

Auch bei deiner Fahrweise. Nach Österreich hast

du gesagt: Okay, wenn man so fahren darf, fahr

ich in Zukunft auch so. Und dann kam Silverstone...

Wie natürlich gelingt dir eine solche Umsetzung,

wie viel Arbeit steckt darin?

Wenn ich einen Fehler mache, erinnere ich mich

sehr gut daran, was ich zuvor gemacht habe, was

zu diesem Fehler geführt hat. Das analysiere ich.

Daraus verstehe ich, was ich nicht noch einmal

machen sollte, damit es nicht noch einmal passiert.

So gehe ich mit jedem Fehler vor, der mir unterläuft.

Das scheint zu funktionieren, es zahlt sich

aus. Sicherlich werde ich eines Tages den gleichen

Fehler zweimal machen, das passiert. Aber ich gehe

so damit um.

Was hast du beispielsweise aus deinem Qualifying-Unfall

in Baku gelernt?

Da habe ich tatsächlich zweimal den gleichen Fehler

gemacht in dieser Saison. Aber einmal hatte ich

sehr viel Glück, das war im Q2 in Budapest, als ich

gecrasht bin. Jetzt nehme ich Q1 bis Q3 Schritt für

Schritt. Ich gebe erst in Q3 alles, was zuvor nicht

der Fall war. Ich habe zuvor schon von Q1 bis Q3

alles gegeben. Aber Q1 und Q2 sind für uns nicht

so wichtig.

Als dein Wechsel zu Ferrari bekannt wurde, meintest

du, der Schritt von Alfa zu Ferrari sei kleiner

als jener von der Formel 2 in die Formel 1. Denkst

du das noch immer oder hast du den Schritt

unterschätzt?

Ich würde nicht sagen, dass ich etwas unterschätzt

habe, aber es gab eine Menge Dinge, die ich nicht

kannte, bevor ich zu Ferrari gekommen bin. Ich

habe jetzt viel mehr Aufmerksamkeit. Bei Alfa hätte

ich Dinge machen können, über die niemand

gesprochen hätte. Jetzt wird alles analysiert, was

ich mache. Das ist am Anfang schwierig zu verstehen.

Ich würde nun schon sagen, dass der Schritt

von der Formel 2 in die Formel 1 so groß ist wie

der Schritt von Alfa zu Ferrari.

Dein Hauptziel in diesem Jahr war es, zu lernen.

Fühlst du dich nun bereit, das Team

anzuführen?

Ich bin dieses Jahr stark gewachsen. Ich habe an

guten Tagen gezeigt, dass ich sehr, sehr gut sein

kann. Aber es geht darum, jedes Wochenende alles

zusammenzubekommen. Das ist eine andere

Sache. Darauf muss ich mich fokussieren. Wenn

ich das schaffe, dann kann ich es.

www.Motorsport-Magazin.com 23


24 www.Motorsport-Magazin.com


FOTOS: F1

DIE FORMEL 1 STARTET 2021 IN EINE NEUE ÄRA. ENDLICH SIND DIE

RAHMENBEDINGUNGEN DAFÜR KLAR. MOTORSPORT-MAGAZIN.COM

NIMMT DIE ZUKUNFT DER KÖNIGSKLASSE GENAU UNTER DIE LUPE.

EINE REVOLUTION IN DREI AKTEN.

TEXT: CHRISTIAN MENATH

www.Motorsport-Magazin.com 25


FOTOS: LAT IMAGES, F1

AKT I: ANBRUCH EINER NEUEN ÄRA

»Ich glaube, es ist ein guter Tag für die Formel 1«, sagte

McLaren-Boss Zak Brown an einem denkwürdigen

Wochenende in Austin. Dabei war es weniger der US GP

selbst, der in die Geschichtsbücher des Sports eingehen

sollte. Vielmehr wurde schon am Donnerstag Geschichte

geschrieben, und zwar abseits des Asphaltbandes. Statt

der Strecke war der Pressekonferenzraum der Ort des

Geschehens. Hier wurde nicht weniger als die Zukunft

des Sports präsentiert. Es war keine gewöhnliche Pressekonferenz,

die an diesem winterlichen Tag in Texas

abgehalten wurde. Chase Carey, der Formel-1-Boss

höchstpersönlich, gab sich die Ehre, FIA Präsident Jean

Todt ließ sich live zuschalten. Die Detailfragen beantworteten

F1-Sportchef Ross Brawn und FIA Technikchef

Nikolas Tombazis. Doch der Star der Pressekonferenz

stand vor dem Pult: Das Windkanalmodel eines 2021er

Autos. Die Tage vor der Präsentation wurde es selbst im

streng bewachten Fahrerlager noch gesondert beschützt.

Die Formel 1 ließ es extra aus Hinwil einfliegen. Dort

wurde im Windkanal von Sauber an der Zukunft der

Königsklasse des Motorsports getüftelt.

Rückblick: Im Fahrerlager von Monza kamen 2016 die

ersten Gerüchte auf, dass CVC, der kommerzielle Rechteinhaber,

die Formel 1 an Liberty Media verkaufen wird.

Vor dem Motorhome von Bernie Ecclestone standen sich

seine vertrauten Journalisten die Beine in den Bauch.

Die letzten Tage des Formel-1-Zampanos waren angebrochen.

Im Januar 2017 war der Deal durch, Ecclestone

nur noch Ehrenpräsident. Eine neue Zeitrechnung hatte

begonnen. Liberty Media setzte nicht nur auf die Expertise

von Ross Brawn, sondern ließ den Formel-1-Insider ein

eigenes Team aufbauen. Das Ziel war immer klar: 2021.

Die politische Situation erlaubte bis dahin nur kosmetische

Eingriffe. Mit dem Auslaufen sämtlicher Verträge

Ende 2020 ist in der Folgesaison dafür ein radikaler

Neustart möglich. Darauf arbeitete Liberty Media hin.

dafür selbst Geld in die Hand. Auch die FIA rüstete auf.

Der Doppelpass zwischen kommerziellem Rechteinhaber

und der Sporthoheit funktionierte.

»Alle Parteien haben einen guten Job gemacht«, lobt

Toro Rosso Teamchef Franz Tost und fügt an: »Liberty

Media, die FIA und die Teams haben einen guten Job

bei den neuen Regeln gemacht, denn alle großen Themen

sind abgedeckt.« Obwohl Tost nach der Präsentation

lobende Worte fand, in Eintracht vereint war die Formel

1 bei den Regeln 2021 längst nicht immer. Vor allem

über Einheitsteile und die Kostengrenze wurde lebhaft

gestritten, erneut kristallisierten sich zwei Positionen

unter den Teams heraus: Die großen Top-Teams wollten

so wenig wie möglich ändern, die unabhängigen Privatteams

forderten teils drastische Änderungen. Obwohl

keine Mehrheiten für Regeländerungen nötig sind, so

musste dennoch ein gewisser Kompromiss gefunden

werden. Die Formel 1 wollte die großen Namen nicht vor

den Kopf stoßen. Schließlich sind sie auf Marken wie

Ferrari und Mercedes angewiesen. »Ferrari, Red Bull und

wir glauben, dass die 2021er Regeln bei der Technologie

etwas vom Status der Königsklasse des Motorsports

wegnehmen«, fürchtet Mercedes-Motorsportchef Toto

Wolff. Auf der anderen Seite hätten viele kleine Teams

gerne noch einen aggressiveren Ansatz gesehen. Die

unterschiedlichen Reaktionen zeigen, dass man womöglich

einen guten Kompromiss gefunden hat.

5 HAUPTZIELE DER REGEL-REVOLUTION

So könnten die neuen

F1-Renner 2021 aussehen

Vier Hauptziele gilt es mit den neuen Regeln zu erreichen:

Die Autos sollen zweikampffreundlicher werden, das Feld

enger zusammenrücken, die Formel 1 für die Teams auch

wieder finanziell lukrativ werden und zuletzt sollen die

Autos auch noch gut aussehen. Umweltfreundlichkeit

schrieb man sich erst später auf die Fahnen. Um all die

Ziele auch wirklich zu erreichen, ging Liberty wissenschaftlich

an die Sache heran. Schnellschüsse waren

verboten, der große Schuss 2021 muss sitzen. Deshalb

baute sich Brawn ein eigenes Expertenteam auf, das

selbst Simulationen durchführen kann. Zum Schluss baute

die Truppe sogar ein eigenes Windkanalmodel, das nun

in Austin offiziell präsentiert wurde. Alles nur, um von der

Expertise der Teams unabhängig zu sein. Die Rennställe

haben ihre eigenen Agenden, spuckten schon bei zahlreichen

Regeländerungen in die Suppe. Darauf wollten

sich die neuen Bosse nicht mehr einlassen und nahmen

1. RACEABILITY:

Die Autos sollen enges Racing ermöglichen

2. KONKURRENZFÄHIGES FELD:

Engere Abstände zwischen den Teams

3. FINANZIELLE NACHHALTIGKEIT:

Kostenreduktion und nachhaltiges

Business-Modell

4. UMWELT:

Technischer Vorreiter in Straßenrelevanten

Bereichen

5. ÄSTHETIK:

Gutaussehende Formel-1-Autos

26 www.Motorsport-Magazin.com


Brawn, Tombazis & Carey

stellten die Pläne vor

Das erste Modell wurde

von allen genau beäugt

www.Motorsport-Magazin.com 27


FOTOS: LAT IMAGES, F1

Das Windkanalmodell gibt

einen Vorgeschmack auf 2021

Die F1 stellte ein erstes

Modell des 2021 Autos vor

Der Anblick der größeren Reifen

ist noch gewöhnungsbefürftig

28 www.Motorsport-Magazin.com


AKT II: DIE TECHNISCHE REVOLUTION

Technisch erfährt die Formel 1 2021 die wohl größte Veränderung

ihrer Geschichte. Eine wahre Revolution steht bevor. Im Zentrum

steht das Zweikampfverhalten. »Ich habe nicht verstanden,

warum wir die Regeln vor der Saison 2017 geändert haben«,

kritisiert Brawn. »Die Autos sind schneller, aber sie sind grauenhafte

Rennautos, wenn es ums Racing geht.« Genau das will

der Brite ändern. Dafür ist ein komplett neues Aerodynamik-

Reglement vonnöten. Die Frontflügel werden noch ein Stück

simpler, die Dimensionen bleiben weitestgehend stabil. Dahinter

wird es interessanter. Die extrem komplexen Bargeboards hinter

den Vorderreifen werden komplett verboten. Damit können die

Teams die von den Reifen verwirbelte Luft nicht mehr so gut

kontrollieren. Ein kleines Leitblech über den Vorderreifen kann

da nur bedingt Abhilfe schaffen. Dadurch verlieren die Autos

zwar enorm an Performance, generieren dafür aber deutlich

weniger verwirbelte Luft.

Um den Abtriebsverlust zumindest teilweise zu kompensieren,

wird das Unterbodenkonzept auf den Kopf gestellt. Aktuell

besteht der Unterboden aus drei um jeweils 50 Millimeter versetzten

flachen Ebenen. Erst 175 Millimeter vor der Hinterachse

darf der Diffusor ansteigen. 2021 feiert der Ground-Effekt ein

Comeback. Dafür werden die Seitenkästen radikal erneuert. Die

beiden Seitenaufprallstrukturen, die aktuell bei den meisten

Teams die Grenzen der Lufteinlässe bilden, werden zu einer

Struktur zusammengefasst. Trotzdem bleiben die Einlässe hoch,

weil darunter Luft für die Venturi-Kanäle gesammelt wird. Der

Ground-Effekt-Unterboden beginnt damit an der vorderen Kante

der Seitenkästen und mündet im Diffusor, der 35 Zentimeter

schmaler, dafür aber mit 70 Zentimetern doppelt so hoch ist.

Proportional steuert der Unterboden damit noch immer gleich

viel - rund 50 Prozent - zum Gesamtabtrieb bei. Allerdings funktioniert

der Unterboden anders. Er reagiert weniger sensibel auf

Luftverwirbelungen, dafür haben Änderungen der Bodenfreiheit

größere Auswirkungen.

Weil gleichzeitig die Fahrwerke stark vereinfacht werden, stehen

die Ingenieure vor einem Problem. »Ich kann mir gut vorstellen,

dass es sehr wichtig sein wird, wie man das Fahrzeug abstimmt.

Fahrhöhenabstimmung und Fahrhöhenstabilisierung über eine

komplette Runde steht dann extrem im Fokus«, meint Motorsport-

Magazin.com-Technikexperte Jörg Zander. Mit einem aktiven

Fahrwerk hätte man das perfekt kontrollieren können, doch die

Formel 1 entschied sich dagegen. »Dann würde das Setup möglicherweise

keinen so großen Performance-Unterschied machen,

weil die Teams bei den Einstellungen hier ähnlich clever sind.

Mit einfacheren Einstellungen über Feder und Dämpfer kann ich

mir vorstellen, dass es größere Unterschiede geben wird, je

nachdem, welches Streckensegment priorisiert wird«, erklärt

Zander und fügt an: »Das ist gut für die Show, weil somit auch

die Performance von Strecke zu Strecke stärker schwanken

könnte.«

Eine weitere große Änderung betrifft die Reifen - wobei groß hier

wörtlich zu verstehen ist. Die Formel 1 wechselt von 13 Zoll auf

18 Zoll Felgen. Der Reifenaußendurchmesser steigt dadurch von

670 auf 725 Millimeter. »Die Formel 1 muss hier mit der Zeit

gehen und Ballonreifen mit 13 Zoll Felgen sind nicht mehr zeitgemäß«,

meint Zander und erläutert die Vorteile: »Man hat in

Bezug auf die Seitensteifigkeit viel mehr Möglichkeiten. Dazu

hat man mehr Bauraum im Inneren zur Verfügung, die Bremsanlage

kann viel performanter sein.« Doch es gibt auch Nachteile:

Die größeren Räder bringen zusätzliches Gewicht. Sie sind der

Hauptfaktor, weshalb das Mindestgewicht von 743 auf 768 Kilogramm

ansteigt. »Es geht für mich in die falsche Richtung, dass

die Autos so schwer sind«, sagt Sebastian Vettel stellvertretend

für alle Piloten. Weil bei den Motoren alles beim Alten bleibt und

die Sicherheitsmaßnahmen weiter verschärft werden, lässt sich

kein Gewicht einsparen.

Weniger Abtrieb und mehr Gewicht bedeuten zwangsläufig langsamere

Autos. Die FIA rechnet mit Rundenzeiten auf dem Niveau

von 2016, rund 3,5 Sekunden soll die Formel 1 langsamer werden.

Andere Simulationen sprechen von sechs Sekunden und

mehr. Zander mahnt zur Vorsicht bei den Prognosen: »Wichtig

zu verstehen, ist, was der Reifen leisten kann. Der kann vieles

kompensieren, was an Aero-Performance vielleicht ein Stück

verloren geht.« Bei den Fahrern kommen die Performance-Prognosen

unterschiedlich an. »Für mich kommt es nicht darauf an,

wie es aussieht, auch nicht so auf den Speed - solang wir klasse

Racing sehen«, meint George Russell. Sebastian Vettel will Speed

um jeden Preis: »Die Autos sind seit 2017 viel spektakulärer.«

Max Verstappen präferiert den Mittelweg: »Ich glaube, man kann

mit den Geschwindigkeiten, die wir heute haben, nicht gut hinterherfahren.

Wir müssen ein bisschen langsamer werden, aber

bitte nicht vier oder fünf Sekunden. Maximal zwei oder

zweieinhalb.«

DIE TECHNISCHE REVOLUTION IM ÜBERBLICK

• GRÖSSERE REIFEN: 18 Zoll statt 13 Zoll

• NEUE AERODYNAMIK: Ground-Effect soll für

weniger Dirty Air sorgen

• HÖHERES GEWICHT: Mindestgewicht steigt von

743 auf 768 kg

• PERFORMANCE VON 2016: etwa 3,5

Sekunden langsamer

• MOTOREN: bleiben nahezu unverändert

• SICHERHEIT: Niveau wird weiter angehoben

• STANDARDTEILE: Mehr standardisierte

Komponenten und Open Source Teile

• GETRIEBE: Entwicklung wird eingefroren

• FAHRWERK: wird stark vereinfacht

www.Motorsport-Magazin.com 29


AKT III: DIE FINANZIELLE SEITE

Das technische Reglement ist möglicherweise die größte Revolution in der Formel-

1-Geschichte. Viele Kapitel wurden komplett neu geschrieben. Der Umfang des

ohnehin schon umfangreichen Regelwerks wuchs von 111 auf 138 Seiten an.

Ein gravierender Einschnitt? Nichts im Vergleich zum finanziellen Reglement.

Dieses 41 Seiten umfassende Werk ist gänzlich neu. Seit mehr als einem Jahrzehnt

diskutiert die Formel 1 über eine Kostenobergrenze, 2021 kommt sie nun

endlich zum Tragen. 175 Millionen US-Dollar dürfen die Teams dann maximal

pro Saison ausgeben. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Denn vom Grundbudget

sind einige Kostenpunkte ausgenommen: Fahrergehälter, Kosten für den Motor,

Reisekosten, die drei bestbezahlten Teammitglieder und sämtliche Ausgaben für

Marketing. Somit kommen noch immer Summen jenseits der 200 Millionen

zustande. Nur die großen Drei, Mercedes, Ferrari und Red Bull, operieren derzeit

deutlich darüber. McLaren und Renault haben Budgets in dieser Größenordnung,

alle anderen liegen weit darunter. Die Großen hatten sich lange gegen die

Kostenobergrenze gewehrt. Der Finanz-Vorteil ist für sie eine Gewinngarantie,

die sie damit aufgeben.

»Es soll nicht darum gehen, wie viel Geld ein Team ausgibt, sondern wie es das

Geld ausgibt«, wiederholte Ross Brawn gebetsmühlenartig. Die aktuellen Entwicklungen

in der Automobilindustrie spielten den Formel-1-Bossen in die Hände:

Auch Mercedes und Co. blicken inzwischen genauer auf die Budgets. Trotzdem

gehen die Einschnitte nicht allen weit genug. »Wir hätten gerne einen aggressiveren

Ansatz gesehen«, sagt McLaren-Boss Brown. »Wir sehen es als ersten

Schritt an, einen Schritt in die richtige Richtung«, meint Williams Teamchefin

Claire Williams. So ist auch der Plan: Die Grenze könnte über die Jahre sukzessive

herabgesetzt werden. Auch 2021 wird es noch finanzielle Unterschiede zwischen

den großen Konzernen und den kleinen Privatteams geben. Allerdings fallen die

dann bei weitem nicht mehr so drastisch aus. Und: Die Einschnitte sind eine

Gefahr für die Arrivierten. »Sie müssen sich überlegen, wie sie sich verschlanken.

Das wird für sie auf operativer Seite schwierig«, erklärt Zander. »Man muss Mitarbeiter

aus dem Programm nehmen, die in Prozesse involviert sind. Da muss

man vorsichtig sein, dass Prozesse nicht zusammenbrechen. Und auch Soft-

Faktoren sind zu Bedenken: Das kann sich auf die Moral einer Mannschaft auswirken.

Das Aufbauen eines Teams ist schwierig, aber es hat einen positiven

Aspekt. Abbauen ist schwierig und es hat einen negativen Aspekt.«

Kritiker der Regeln befürchten, dass 2020 das teuerste Jahr der Formel-1-Geschichte

wird. Die Kostenobergrenze gilt noch nicht, die Regeln für 2021 sind

aber bereits bekannt. Bevor die finanziellen Einschnitte kommen, werden alle

mit Hochdruck an den neuen Regeln arbeiten. Die FIA besänftigt die Kritiker:

Restriktionen bei Windkanaltests und CFD-Simulationen gelten auch heute schon.

Diese werden 2021 noch weiter angepasst, dazu gibt es auch erstmals Prüfstandsrestriktionen

für die Motorenhersteller. Außerdem gibt es auch im technischen

Reglement Artikel, die auf Kostenreduktion ausgelegt sind. Zahlreiche

nicht Performance-relevante Bauteile wie das Benzinsystem werden standardisiert,

dazu gibt es auch Open-Source-Teile, deren Design die Teams ihren Mitbewerbern

offenlegen müssen. Neben Motoren und Getrieben werden auch

Bremsen für eine Saison limitiert. Wer mehr einsetzt, wird bestraft.

Dagegen sind die Änderungen beim sportlichen Reglement fast dezent. Die

Parc-ferme-Regeln werden teilweise schon auf die technische Abnahme ausgeweitet.

Zwar dürfen die Teams bis Samstag noch Setup-Änderungen vornehmen,

neue Teile dürfen sie dann aber nicht mehr einbauen. Die dürfen nur in den

Trainings getestet werden. Auch das soll dabei helfen, Kosten einzusparen. Teile

werden dann erst in größeren Mengen produziert, wenn sie sich als tauglich

herausgestellt haben. Die Änderung des Wochenendformats hingegen hat nur

bedingt mit Kosten zu tun. Der Donnerstag als Medientag wird gestrichen, Pressekonferenzen

und Co. sollen am Freitagmorgen vor den Trainings stattfinden.

Das hat eben nicht nur zur Folge, dass möglicherweise Kosten eingespart werden

können: Die Formel 1 bereitet damit schon einen Rekordkalender mit bis zu 25

Rennen vor.

30 www.Motorsport-Magazin.com


WAS SICH SONST NOCH ÄNDERT...

• BUDGETOBERGRENZE: 175 Millionen US-Dollar + Ausnahmen

• RENNKALENDER: Max. 25 Rennen pro Saison

• WOCHENENDFORMAT: 3 statt 4 Tage (Fr-So)

• TRAININGS: Dauer und Anzahl bleibt bestehen

• NACHWUCHS: 2 Freitagstrainings für Young Driver

• TESTS: 2 x 3 Tage vor Saisonbeginn, 3 nach Saisonende

• TECHNISCHE ABNAHME: Keine neuen Teile am Wochenende

Sieht so die Zukunft

der Formel 1 aus?

FOTOS: LAT IMAGES, F1

www.Motorsport-Magazin.com 31


EPILOG: DIE NEUE FORMEL 1

CHASSIS:

Damit größere Fahrer keine Nachteile mehr haben, werden die Innen-Abmessungen des Cockpits vergrößert. Auch die

Unterseite des Chassis wird strikter reglementiert, um flexible Unterböden zu unterbinden und Schäden durch Kerbs

vorzubeugen. Ein Aspekt bei den Chassis-Änderungen ist die Sicherheit. Vor allem beim Seitenaufprall werden die Piloten

zukünftig besser geschützt. Durch eine längere Nase wird außerdem bei einem Frontaufprall mehr Energie absorbiert.

Auch an der Cockpitumrandung gibt es Verbesserungen. Bestimmte Teile am Heck sollen wie die Räder mit Seilen gesichert

werden.

AUSSEHEN:

Einige Fans befürchten, dass die Autos 2021 durch die

neuen Regeln alle gleich aussehen könnten. Dabei gilt

zu bedenken: das vorgestellte Modell ist nur eine mögliche

Variante, von denen bereits unterschiedliche Variationen

gezeigt wurden. So können die Teams sich etwa bei der

Nase, den Frontflügelendplatten, der Airbox, der Motorabdeckung,

den Seitenkästen, den Bremsbellüftungen und

dem Heckflügel samt Endplatten austoben.

GEWICHT:

Zum Graus vieler Fahrer steigt das Fahrzeuggewicht 2021 erneut an. Statt 743 kg wiegen

die Autos dann mindestens 768 kg. Verantwortlich dafür sind die größeren 18-Zoll-Reifen

sowie die damit verbundenen größeren Einheitsfelgen von BBS. Zudem drücken einige

Standardkomponenten und die verbesserte Sicherheit aufs Gewicht. Durch das höhere

Gewicht und die geänderte Aerodynamik sollen die Autos zunächst ca. 3 bis 3,5 Sekunden

langsamer werden. Zudem wird die Geometrie der Bremsen eingeschränkt: Die Anzahl der

Löcher sowie ihre Anzahl wird reglementiert. Der Durchmesser der Bremsscheiben wächst

dank der größeren Räder von 278 auf 330 Millimeter.

32 www.Motorsport-Magazin.com


FOTOS: F1

AERODYNAMIK:

Die Formel 1 sagt der Dirty Air den Kampf an. Das Ziel: weniger verwirbelte Luft plus eine geringere Empfindlichkeit für

Verwirbelungen. So soll es einfacher werden, dem Vordermann zu folgen. In Folge dessen wird der Frontflügel weiter

vereinfacht. Dadurch soll die Strömung um die Vorderreifen besser kontrolliert werden. Bargeboards werden verboten,

der Diffusor zieht sich über den gesamten Seitenkasten. Der Ground-Effekt kehrt zurück! Derzeit beträgt die Aero-Performance

des Hintermanns bei einer Fahrzeuglänge Abstand 55%, ab 2021 sollen es 86% sein.

ANTRIEBSSTRANG:

Die Kraftwerke der Boliden bleiben weitestgehend unverändert. Es bleibt also auch 2021 bei 1,6

Liter V6-Hybrid-Turbomotoren. Die Power Units werden nur 5 kg schwerer. Ein bisschen Feintuning

gibt es dennoch: Ab 2021 wir der Anteil der erneuerbaren Ressourcen im Treibstoff auf 20%

verdoppelt. In der Folge soll er weiter ansteigen. Der Benzinfluss und die Hybrid-Komponenten

bleiben identisch. Leistung und Sound dürften sich demnach wohl nicht verändern. Stattdessen

gibt es diverse Standardkomponenten am Benzinsystem; die Entwicklung des Getriebes wird für

fünf Jahre eingefroren. In diesem Zeitraum ist nur eine Änderung der Spezifikation erlaubt.

www.Motorsport-Magazin.com 33


34 www.Motorsport-Magazin.com


FOTOS: LAT IMAGES

DER UNVOLLENDETE

HULK

NICO HÜLKENBERG ERHÄLT FÜR 2020 KEIN COCKPIT IN DER FORMEL

1. EIN RÜCKTRITT SOLL ES NICHT SEIN. HINTER EINER RÜCKKEHR STEHT

DENNOCH EIN GROSSES FRAGEZEICHEN. ÜBER DEN GEPLATZTEN

RENAULT-TRAUM EINES UNGEKRÖNTEN SUPERTALENTS, DAS TROTZDEM

NICHTS BEREUT.

TEXT: JONAS FEHLING

www.Motorsport-Magazin.com 35


Es ist kein Rücktritt. Es ist ein Formel-1-Aus für das

Jahr 2020«, sagt Nico Hülkenberg vor dem Großen

Preis von Brasilien 2019. Einen besseren Ort für

diese bittere Bestätigung hätte es kaum geben können.

Hier hatte Hülkenberg neun Jahre zuvor seinen größten

Erfolg in der Königsklasse gefeiert. In seiner Debütsaison

fuhr der damalige Williams-Pilot im Regen von São Paulo

auf die Pole Position. Jetzt also das (vorläufige) F1-Aus an

selber Stelle.

FOTOS: LAT IMAGES

Alles überwältigende Emotionen kommen beim heute 32-Jährigen

dennoch nicht auf. »Die Würfel sind jetzt eben so gefallen«,

kommentiert Hülkenberg das Ende aller Hoffnungen

gewohnt cool. Gerade hatte Alfa Romeo Antonio Giovinazzi

für 2020 bestätigt. Damit war für Hülkenberg die letzte Tür

zugefallen und eine Rückkehr geplatzt. 2013 war der Emmericher

ein Jahr lang Sauber gefahren. Eine andere Rückkehr

ist zu diesem Zeitpunkt zwar noch möglich - zu Williams,

jenem Team, mit dem alles einst so verheißungsvoll begonnen

hatte -, doch hat Hülkenberg diesen Weg längst ausgeschlossen.

»Ich bin nicht der richtige Fahrer für sie. Da, wo ich mich

mit meiner Karriere befinde, und da, wo sie sind. Da passt,

bei allem Respekt für das Team, das Timing nicht«, erklärte

Hülkenberg bereits in Austin.

Beim Großen Preis der USA, gemeinsam mit einigen Rennen

davor und danach, strampelte der Emmericher in einem verbalen

Hamsterrad. Immer wieder sah er sich derselben Frage

ausgesetzt: »Wie geht es weiter, nachdem Renault Sie vor die

Tür gesetzt hat, Herr Hülkenberg?« Genau das war gegen

Ende der Sommerpause geschehen. Die Franzosen verkündeten,

ab 2020 auf Esteban Ocon zu setzen. Weil Daniel Ricciardo

langfristig unterschrieben hatte, stand Hülkenberg als

Verlierer da. Sein Vertrag endet 2019.

Immerhin gab es zu diesem Zeitpunkt noch Optionen neben

Williams. Red Bull, Haas, Alfa Romeo - alle hatten noch ein

Cockpit für 2020 zu vergeben. Hülkenberg gab sich zuversichtlich.

Zunächst machte sogar das Gerücht eines Wechsels

zu Red Bull die Runde, die ebenfalls lange warteten, um den

zweiten Fahrer neben Max Verstappen zu bestätigen. Das

wäre endlich das erlösende Top-Team gewesen, das Hülkenberg

für einige Beobachter längst verdient hatte. Mit Titeln

in Serie hatte Hülkenberg die Formel 1 schon hoch dekoriert

geentert: 2003 deutscher Kart-Meister, 2005 Champion der

Formel BMW-ADAC, 2005 A1 GP Champion, 2007 erfolgreich

beim F3 Masters in Zolder, 2008 Formel-3-Europameister

und 2009 Champion der GP2, damals Unterhaus der

Formel 1. Der Aufstieg Hülkenbergs schien vorbestimmt.

Noch heute ist die Wertschätzung für den Emmericher riesig,

unter Experten wie Fahrerkollegen.

Über mehr als das kam Hülkenberg auf dem Papier allerdings

nie hinaus. Zumindest nicht in der Formel 1. Sein Sieg bei

den 24 Stunden von Le Mans mit Porsche brachte 2015 zwar

noch mehr Lorbeeren, ließ Hülkenbergs Aktien auch in der

F1 wieder steigen. Doch es wollte nicht klappen. Weder das

absolute Top-Cockpit, noch der Durchbruch im Kleinen.

Anders gesagt: dieses verflixte Podium! Tatsächlich hält Hülkenberg

einen unrühmlichen Rekord. 176 Rennen startete

der Emmericher bis Abu Dhabi, nicht eines davon beendete

er auf dem Podium. In Singapur überholte Hülkenberg in

Nico Hülkenberg hatte sich von seiner

Zeit bei Renault mehr erhofft

dieser Disziplin 2017 den bisherigen Rekordhalter. Adrian

Sutil schaffte es bei 128 Starts nie auf das Treppchen.

»Ich musste eine lange Zeit und sehr hart dafür arbeiten, um

Adrian jetzt diesen Titel wegzuschnappen und jetzt selbst der

Rekordhalter zu sein. Ich beende dieses Wochenende die

Sutil-Ära, jetzt beginnt die Hülkenberg-Ära! Darauf freue ich

mich sehr«, sagte Hülkenberg damals selbstironisch. Im

Gespräch mit Motorsport-Magazin.com legte der Renault-

Pilot eine Portion Sarkasmus nach: »Es ist auch eine Leistung

ohne Leistung so lange in der Formel 1 zu sein, oder? Sind

wir doch mal ehrlich! Keine Leistung und immer noch da!«

Zudem habe er für den Rekord mindestens zwei dritte Plätze

freiwillig hergegeben, scherzte Hülkenberg. »Vielleicht war

der Letzte vergangenes Jahr in Monaco. Und dann kommt

mir noch Brasilien 2012 in den Kopf«, erinnerte Hülkenberg

an zwei seiner bittersten Momente.

In letztem Fall hatte Hülkenberg bei Mischbedingungen länger

geführt als jeder andere. Dann verlor er im Duell mit

Lewis Hamilton das Heck seines Force India, kam nicht über

Platz fünf hinaus. In Monte Carlo 2016 zeichnete er immerhin

nicht selbst verantwortlich, ein Strategiefehler kostete das

mögliche erste F1-Podest. Anders lief es beim Europa GP

desselben Jahres. In Baku präsentierte sich Force India in

wundersamer Form, war zweite Kraft hinter Mercedes. Doch

Hülkenberg patzte im Qualifying, wurde im Rennen nur

Neunter, während Teamkollege Sergio Perez das Podium

eroberte. Hülkenberg blieb dieses ebenso verwehrt wie bei

anderen aussichtsreichen Versuchen. Etwa 2014 in Bahrain.

Wieder erzielte Perez ein Podest, Hülkenberg musste sich mit

Platz fünf begnügen. Oder 2016 in Belgien (P4), 2013 mit

Sauber in Italien (P5), Korea (P4) und in seiner ersten Force-

India-Ägide 2012 in Belgien (P4).

Der Podest-Fluch des Nico Hülkenberg hielt bis zuletzt. Auch

in seiner wohl vorerst letzten Saison in der Formel 1 vergab

Hülkenberg eine Großchance. Im Regenchaos von Hockenheim

spülte es Daniil Kvyat im Toro Rosso sensationell auf

das Podium, Hülkenberg trotz seiner bekannten Regenstärke

in die Streckenbegrenzung. Auf Platz vier liegend. Wieder

hatte er aus lukrativer Position ein Podium weggeworfen.

Eines zu viel? »Hockenheim, das war bitter«, sagt Hülkenberg.

Tatsächlich reagierte Renault auf die verpasste Großchance

auch für das von ausbleibenden Erfolgen geplagte

Werksteam wenig begeistert. »Das hat auch für das nächste

Jahr Konsequenzen gehabt«, meint Hülkenberg. Fiel im

36 www.Motorsport-Magazin.com


Die Partnerschaft mit Renault

führte nicht zum erhofften Erfolg

Aus und (vorerst?) vorbei:

2020 steigt Nico in kein F1-Auto

Ausgerechnet in Hockenheim flog

Hülkenberg auf Podestkurs ab

www.Motorsport-Magazin.com 37


Ocon statt Hülkenberg: Renault setzt

2020 nicht mehr auf Hulks Dienste

Zumindest neben der Strecke

hatte Hülk seinen Spaß

2019 erhielt Nico mit Daniel

Ricciardo einen neuen Teamkollegen

38 www.Motorsport-Magazin.com


FOTOS: LAT IMAGES

Regen von Hockenheim also der berühmte letzte Tropfen, der

der Fass zum Überlaufen brachte?

Viel länger dauerte es danach nicht bis zur Renault-Entscheidung

für Ocon. Doch spielten dort noch andere Faktoren hinein.

»Unterschiedliche Fahrer in verschiedenen Karrierephasen, kommerzielle

Dinge, natürlich auch ein Nationalitäten-Faktor und

ein paar andere Dinge«, bilanziert Hülkenberg. »Vielleicht auch

die etwas schwierige Saison, die wir dieses Jahr durchleben.«

Insgesamt sei die Entscheidung in einem fairen Prozess gefallen,

so Hülkenberg trotz all der hier mitschwingenden Kritik. »Ich

akzeptiere die Entscheidung. Ob ich zustimme, ist eine andere

Sache.«

In Teilen bestätigt Renault diese Hintergründe. Nur nicht den

Franzosen-Faktor. »In die Nationalität würde ich nicht zu viel

hineininterpretieren«, sagt Teamchef Cyril Abiteboul. »Es ist ein

Plus. Aber es ist kein Element, das bei der Entscheidung eine

Rolle gespielt hat.« Vielmehr ging es um die gefühlte Notwendigkeit

eines Tapetenwechsels: »Bei der Entscheidung schaust du

nicht nur auf die Pace. Du musst die Gesamtdynamik anschauen

und da ist eine Dynamik innerhalb das Teams, die einen Reset

brauchte. [...] Und Esteban bringt eine neue Dynamik.«

Hülkenberg wundert das nicht. »Ich finde es schade, dass die

Wege sich trennen. Wir haben uns natürlich etwas vorgenommen

in den drei Jahren«, erinnert der Renault-Pilot an große Hoffnungen

mit dem ersten Werksvertrag seiner Karriere. »Zum Teil

haben wir das auch erreicht, vor allem in den ersten beiden Jahren.

Dieses Jahr ist der Fortschritt aber komplett ausgeblieben.

Dann gibt es natürlich eine gewisse Unzufriedenheit im Team

und im Management. Dass dann oftmals nach Veränderung

geschrien wird, ist keine Überraschung«, sagt Hülkenberg. »Das

hat ab Mitte der Saison einfach eine eigene Dynamik

entwickelt.«

Eine allzu große Rolle spielte die gefühlte Podest-Flatter des

Deutschen also auch wieder nicht. Groß zu bemängeln hat Renault

bei Hülkenberg ohnehin nichts. Ganz im Gegenteil. »Es war

schwierig, alle im Team lieben Nico. Er hat bei unseren Fortschritten

eine entscheidende Rolle gespielt«, lobt Abiteboul.

»Dieses Jahr haben wir Probleme. Aber letztes Jahr war er dafür

verantwortlich, dass wir in der Weltmeisterschaft Vierter geworden

sind.«

Eine größere Rolle spielte das fehlende letzte Etwas an anderer

Stelle, der bestmöglichen Anschlussbeschäftigung Red Bull. Im

Gespräch mit Motorsport-Magazin.com wiegelte Motorsportberater

Dr. Helmut Marko dahingehende Gerüchte jedenfalls ab.

»Hülkenberg ist schwer vorstellbar. Wir wissen, Ricciardo hat

ihn ...«, so Marko durch die Blume. Knapp geschlagen, könnte

man ergänzen. Weil Verstappen wiederum Ricciardo bei Red

Bull im Griff hatte, reicht Hülkenberg den Bullen schlichtweg

nicht, um den Austausch eines Piloten aus dem eigenen Juniorkader

zu rechtfertigen.

So blieben Hülkenberg nur noch Haas und Alfa Romeo, in dieser

Reihenfolge. Der US-Rennstall allerdings verlängerte erneut mit

Romain Grosjean, so umstritten die Qualitäten des Franzosen

in weiten Teilen der Szene auch sein mögen. Haas allerdings

fürchtete, anders als Renault, angesichts der sportlichen Achterbahnfahrt

2019 eher um eine weitere Dynamik im Team und

»DIESES JAHR IST DER FORTSCHRITT

KOMPLETT AUSGEBLIEBEN. DANN

GIBT ES NATÜRLICH EINE GEWISSE

UNZUFRIEDENHEIT. DASS DANN

NACH VERÄNDERUNG GESCHRIEN

WIRD, IST KEINE ÜBERRASCHUNG.«

dankt Grosjean noch immer für dessen einst klare Entscheidung

pro Haas. Ein Bekenntnis, das so seitens Hülkenberg, vielleicht

noch mit einem Auge auf Red Bull schielend, offenbar nicht kam.

Aussagen beider Seiten zufolge kam es jedenfalls nie zu einem

formalen Angebot. Nicht von Hülkenberg - aber auch nicht von

Haas.

Alfa Romeo wurde somit die letzte, wenngleich unwahrscheinliche

Option. »Ich habe es nicht länger in der Hand«, sagte Hülkenberg

nach dem gescheiterten Haas-Deal vielsagend. Hintergrund:

Alfa-Motorenpartner Ferrari darf ein Cockpit bestimmen.

Ferrari-Junior Giovinazzi verfügte daher über ein exzellentes

Blatt. Das spielte der Italiener samt ansteigender Formkurve aus,

nach dem USA GP bestätigte Alfa Romeo ihn für 2020. Das finale

Aus für Hülkenberg, der sich zu diesem Zeitpunkt längst neuen

Gerüchten ausgesetzt sah. Von DTM über Formel E bis zu Indy-

Car zumindest abseits der von Hülkenberg ungeliebten Ovale

war alles dabei, das meiste entbehrte zu seinem Ärger jeder

Grundlage.

»Ich will nichts überhasten, nur um irgendwas zu fahren«, wiederholte

Hülkenberg Mal um Mal. Genauso gut könne es eine

Option sein, mal eine Weile nicht zu fahren. »Das ist alles hypothetisch

und steht in den Sternen.« Nur eines nicht: Mehr begrüßen

als ein F1-Comeback würde Hülkenberg nichts. Außer vielleicht

vorübergehend etwas mehr Freizeit. »All die Dinge, die ich

in den letzten Jahren nicht machen konnte, da bin ich gespannt

drauf«, sagt Hülkenberg. »Aber ein großer Teil von mir wird

traurig sein, wenn ich die Rennen vor dem Fernseher verfolgen

muss.« Weil es eben kein Rücktritt ist. Nur ein F1-Aus für 2020.

Gibt es diesen einen Weg zurück? »Ich weiß es nicht«, sagt Hülkenberg

»Aber ich liebe diesen Sport, in der F1 fahren die

schnellsten und hochentwickeltsten Autos der Welt. Ich werde

mich für ein mögliches Comeback bereit halten, wenn sich eine

Möglichkeit ergeben sollte. Aber es wäre natürlich vermessen,

zu sagen, dass Ferrari nächstes Jahr anruft und sagt: ‚So Hülki,

jetzt sind wir aber bereit für dich!‘ Da muss man auch Realist

bleiben.«

Vorzuwerfen, so viel Eigenwerbung muss sein, habe er sich jedenfalls

nichts Gröberes, verpasste Podien hin oder her. »Ich bereue

nichts, nein«, sagt Hülkenberg. »Wenn ich die zehn Jahre reflektiere

sind da natürlich hier und da Dinge, die besser hätten laufen

können. Es hätten Podien stehen können, es hätten vielleicht

sogar mehr werden können.« Seinen Job habe er dennoch erledigt.

»Ich habe über die Jahre gut geliefert. Ich war immer gewillt

und wurde angestellt, um zu fahren. Das spricht für Qualität«,

betont Hülkenberg. »Klar hätte ich gerne eine andere Bilanz.

Mehr Siege, Podien und so weiter. Aber ich weiß, warum es nicht

dazu kam. Ich habe da meinen Frieden mit mir selbst und kann

gut schlafen.« Unvollendet fühlt sich der ‚Hulk‘ also nicht. Auch

wenn seine Bilanz das aussagt.

www.Motorsport-Magazin.com 39


FOTOS: LAT IMAGES

DER ULTIMATIVE TALENT-CHECK

TEXT: FLORIAN BECKER & JONAS FEHLING

MOTORSPORT-MAGAZIN.COM SUCHT DIE NÄCHSTEN FORMEL-1-SUPERSTARS. NEUN TALENTE UNTER 25 JAHREN STELLEN SICH

UNSEREM SCHONUNGSLOSEN CHECK. WER UNTER IHNEN WURDE BISLANG UNTERSCHÄTZT, WELCHER FAHRER WIRD GNADENLOS

ÜBERSCHÄTZT?

40 www.Motorsport-Magazin.com


www.Motorsport-Magazin.com 41

FOTOS: RED BULL RACING


FOTOS: LAT IMAGES

PIERRE GASLY

Der Franzose zählt ohne jeden Zweifel zu den

größten Verlierern und Enttäuschungen der

zurückliegenden Formel-1-Saison. Dass Pierre

Gasly in seinem ersten Jahr bei Red Bull gegen

Platzhirsch Max Verstappen ankommen würde,

damit hatte zwar niemand gerechnet. Eine derartige

Unterlegenheit überraschte dann allerdings doch die

meisten Experten. Fünfmal überrundet, bis zur Auswechslung

gegen Alex Albon nach der Sommerpause

1:11 im Qualifying-Duell unterlegen - und das nur

nicht zu null, weil ein Unfall Kevin Magnussens in

Kanada Verstappen seine Runde ruinierte - sowie

dreimal weniger Punkte als Verstappen aus ihren

gemeinsamen zwölf Rennen bei Red Bull. Die Bilanz

liest sich verheerend. Zu verheerend für eine Nummer

zwei bei Red Bull. Gasly war abgeschrieben. Nicht nur

für die Experten, auch für Red Bull. Die Bullen schickten

den 23-Jährigen zurück zu Toro Rosso - wie Daniil

Kvyat vor drei Jahren. Gasly reagierte jedoch völlig

anders. Während der Russe, mental völlig am Boden,

auch bei der kleinen Scuderia auf keinen grünen Zweig

mehr kam, im sportlichen Nirvana verschwand, blühte

Gasly sofort auf. Ohne den riesigen Druck neben Verstappen,

in einem absoluten Top-Team mit sehr viel

mehr Aufmerksamkeit zu sein, fuhr der Franzose groß

auf - bis zum sensationellen Podium beim chaotischen

Großen Preis von Brasilien. Das alles zeigt: Der GP2-

Champion von 2016 ist durchaus besser als sein Ruf

- aber nur, wenn der Kopf stimmt. Genau das war bei

Red Bull das größte Problem. Schon nach gleich zwei

Unfällen bei den Testfahrten war Gasly angeschlagen,

erholte sich nie mehr. Gleichzeitig wollte es der Franzose

gegen Supertalent Max Verstappen erzwingen.

Eine fatale Kombination. Deshalb kann Pierre Gasly

durchaus mehr als nur untaugliche Nummer zwei.

Entweder als Teamleader oder zumindest gleichwertiger

Pilot in einem anderen Team. Oder, mit anderem

Ansatz, auch noch einmal bei Red Bull. Ein Comeback

in unbestimmter Zukunft hat Teamchef Christian Horner

jedenfalls nicht ausgeschlossen. Sonst hätte man

Gasly auch gleich völlig abgesägt, nicht noch einmal

zu Toro Rosso geschickt.

ALLG. EINSCHÄTZUNG: Nur schlechte Nummer zwei

UNSERE MEINUNG: Falsch!

UNSER URTEIL: Unterschätzt

42 www.Motorsport-Magazin.com


LANDO NORRIS

Er gilt als die britische Antwort auf Max Verstappen.

Norris dominierte auf seinem Weg in die Formel

1 schon in jungen Jahren diverse Nachwuchskategorien

und verdiente sich so seinen Ruf als Teil

der Next Generation, die Lewis Hamilton & Co.

eines Tages an der Weltspitze ablösen soll. In seiner

Debütsaison wurde das McLaren-Talent seinen Vorschusslorbeeren

in vielerlei Hinsicht gerecht. Vom

ersten Rennen an bestach er mit starker Pace und

beeindruckender Rennintelligenz. Fehler? Fehlanzeige!

Dass er Teamkollege Carlos Sainz dabei nicht im Griff

hatte, ist auch für ein Supertalent völlig in Ordnung.

Schließlich wurde der Spanier 2015 auch von Verstappen

nicht gebügelt. Ein Fahrer von Sainz‘ Kaliber ist mit

vier Jahren Vorsprung kein Kanonenfutter. Norris fehlt

nur eine Portion mehr Erfahrung, um sein Potential als

zukünftiger Champion voll zu entfalten.

ALLGEMEINE EINSCHÄTZUNG: Supertalent

UNSERE MEINUNG: Richtig!

LANCE STROLL

Jüngstes Rookie-Podium der Geschichte. So

fasste Lance Stroll 2017 seine erste Saison in

der F1 gerne zusammen. Über zwei Jahre später

bringt dem kanadischen Milliardärssohn dieser

Meilenstein herzlich wenig. Tatsächlich hat sich

bei Stroll in mittlerweile 62 Grands Prix wenig bis gar

nichts getan. Fortschritte oder eine Entwicklung sind

bei ihm kaum zu erkennen. Selbst Rookie-Teamkollege

und Paydriver-Genosse Sergey Sirotkin erteilte ihm

2018 bei Williams im Qualifying eine Lektion. Der

Wechsel in ein von seinem Vater aufgekauftes Team

brachte ebenfalls nicht den Durchbruch. Im direkten

Vergleich mit Sergio Perez bestätigt sich bei Racing

Point eigentlich nur, was schon lange klar war. Stroll

zählt zu der Sorte Paydriver, die ihr Cockpit einzig und

allein dem Geld zu verdanken haben.

ALLGEMEINE EINSCHÄTZUNG: Paydriver ohne Potential

UNSERE MEINUNG: Richtig!

www.Motorsport-Magazin.com 43


ANTONIO GIOVINAZZI

Als Alfa Romeo seinem Rookie im Spätsommer

2019 den Rücken stärkte, reagierten viele mit

Unverständnis. Die Fortsetzung seiner F1-Karriere

wurde Antonio Giovinazzi nach einem

schwierigen Start nicht gegönnt. Nico Hülkenberg

habe das Cockpit mehr verdient, Giovinazzi sei

nur wegen seinem Vertrag mit Maranello in der Formel

1. Dass er bereits nach wenigen Wochenenden die

Pace von Kimi Räikkönen zeigte, wurde bei Aussagen

dieser Art gerne konsequent ignoriert - genauso wie

die Tatsache, dass Giovinazzi zwei Jahre lang keine

Rennen gefahren war. Mit seiner Performance und

seiner Lernkurve machte er sich um ein zweites Jahr

in der Königsklasse mehr als verdient. Giovinazzi ist

vielleicht kein Charles Leclerc, doch er ist sicher auch

kein Lance Stroll. Mit mehr Routine kann er sich als

feste Größe im Grid etablieren.

ALLG. EINSCHÄTZUNG: Zweitklassiger Ferrari-Protegé

UNSERE MEINUNG: Falsch!

UNSER URTEIL: UNTERSCHÄTZT

FOTOS: LAT IMAGES

DANIIL KVYAT

Überschätzt oder unterschätzt? Das lässt sich

bei Daniil Kvyat nur schwer beurteilen. Geht es

danach, wie der Russe einst in die Formel 1

einstieg, wurde er ganz klar überschätzt. Zum

Supertalent hochgejubelt bestätigte Kvyat diese

Vorschusslorbeeren zwar zunächst. Nach einem Jahr

Lehre bei Toro Rosso schlug Kvyat, 2015 zu Red Bull

befördert, an der Seite des frischen Vettel-Bezwingers

Daniel Ricciardo ein, beendete die Saison in der WM

sofort vor dem Australier. Doch der Erfolg und der Druck

durch den nachdrängenden Max Verstappen stiegen

Kvyat zu Kopf. Red Bull wechselte den Russen aus.

Davon erholte er sich nie mehr - bis zu seinem durchaus

beachtlichen Comeback 2019. Eine gewisse Überambition

und mangelnde Coolness in brenzligen Situationen

werden Kvyat allerdings noch immer nachgesagt

- und zwar berechtigt. Ein Superstar wird er als Red

Bulls aktuelle Nummer vier nicht mehr.

ALLGEMEINE EINSCHÄTZUNG: Verbranntes Talent

44 www.Motorsport-Magazin.com

UNSERE MEINUNG: Richtig!


ESTEBAN OCON

Viele Experten zählen Esteban Ocon zur goldenen

neuen Generation und nennen seinen Namen

dabei ganz selbstverständlich in einem Atemzug

mit Verstappen und Leclerc. Und das,

obwohl die Karriere des Mercedes-Zöglings

längst nicht derart beeindruckend wie die seiner Counterparts

verlief. Ocon machte sich zunächst mit Titeln

in der Formel 3 und der GP3 einen Namen, bevor er

2016 nach einem kurzen Intermezzo in der DTM den

Aufstieg in die Formel 1 schaffte. Dort bestätigte er

den ihm vorauseilenden Ruf bisher nicht. Schon sein

erster Teamkollege machte ihm das Leben schwerer,

als es bei einem Fahrer des Schlages Verstappen hätte

der Fall sein dürfen. Zwar hatte Pascal Wehrlein 2016

bei Manor eine halbe Saison mehr F1-Erfahrung, doch

für ein Wunderkind fehlte Ocon auf einen anderen

Rookie einfach zu viel. In den zwei darauffolgenden

Jahren mit Force India zeichnete sich ein Aufwärtstrend

ab, aber auch dort überzeugte er gemessen an

seinem Teamkollegen nicht.

Nach Punkten unterlag er Sergio Perez im über weite

Strecken stärksten Team des Mittelfeldes zweimal.

Zwar entschied er 2018 das Qualifying-Duell mit 16:5

für sich, mit im Durchschnitt nur acht Hundertstelsekunden

Vorsprung fiel dieser Vergleich unter dem

Strich allerdings denkbar knapp aus - zumal Perez

selbst kein Spezialist für eine schnelle Runde ist. Im

Rennen zeigte Ocon gegen den Mexikaner auch deutlich

zu wenig, um als Herausforderer für Verstappen

durchzugehen. In der Formel 3 lieferte er sich mit dem

Niederländer erbitterte Duelle. In der Formel 1 sind

wenn überhaupt nur noch die Animositäten dieser

Rivalität übrig, wie die kontroverse Kollision beim Brasilien

GP 2018 zeigte. Die Rückkehr Ocons 2020 mit

Renault wird den endgültigen Beweis über sein Potential

liefern. Dort heißt seine Messlatte Daniel Ricciardo.

Ein hoher Benchmark, der Verstappen 2017 und 2018

bei Red Bull trotz seines hohen Levels relativ deutlich

unterlag.

ALLG. EINSCHÄTZUNG: Verstappens Endgegner

UNSERE MEINUNG: Falsch!

UNSER URTEIL: ÜBERSCHÄTZT

www.Motorsport-Magazin.com 45


FOTOS: LAT IMAGES

CARLOS SAINZ

Im Fall des Spaniers wäre das Urteil vor einem Jahr

womöglich noch ganz anders ausgefallen. Das

direkte Teamduell mit Nico Hülkenberg bei Renault

verlor Sainz auf dem Papier zwar nicht haushoch,

allerdings war der heute 25-Jährige seinem deutschen

Teamkollegen durchweg unterlegen. Um sich

doch noch für höhere Aufgaben zu empfehlen, hätte

er selbst einen hoch geschätzten Mann wie Hülkenberg

zumindest schlagen müssen. Zumal Sainz sich

bereits zuvor durch zu viel Konkurrenz aus der Red-

Bull-Familie verabschiedet hatte. Es wirkte wie eine

Flucht. Doch etwas mehr als Durchschnitt, mehr als

ein weiterer verschlissener Fahrer des Juniorenprogramms

Red Bulls ist Sainz dann eben doch. Das hat

er 2019 bei McLaren bewiesen. In seinem bereits

dritten Team in der Formel 1 blühte der Spanier regelrecht

auf, füllte die gigantischen Fußstapfen seines

eigenen Idols und Landsmanns Fernando Alonso besser

als erwartet. Lando Norris, zwar ein Rookie, aber

mit dem Ruf eines absoluten Top-Talents der Zukunft

durchgestartet, hatte Sainz das gesamte Jahr über

weitgehend im Griff. Vor allem im Rennduell war der

‚Smooth Operator‘ unantastbar und bewies damit

gleich auch noch mehr Starpotential denn je. Apropos

Rookie: Was viele Kritiker vergessen haben oder übersehen,

ist Sainz‘ eigene Debütsaison in der Formel 1.

Die bestritt er 2015 bei Toro Rosso immerhin neben

niemand Geringerem als Max Verstappen. Der Niederländer

sorgte für die Aufmerksamkeit, Schlagzeilen

und besonderen Momente, Sainz fuhr mehr unter dem

Radar. Im direkten Vergleich mit dem Jahrhunderttalent

musste sich der Spanier jedoch keineswegs verstecken.

Im Rennduell unterlag er Verstappen mit 7:10

nur knapp, das Qualifying-Duell gewann er sogar

hauchdünn mit 10:9. Um einen kommenden Weltmeister

handelt es sich bei Sainz also eher nicht, dafür

ist das Niveau zu vieler Konkurrenten dann doch einen

Tick zu hoch. Vom grauen Durchschnitt hebt sich der

McLaren-Pilot inzwischen dennoch klar ab.

ALLG. EINSCHÄTZUNG: Nur schlechte Nummer zwei

UNSERE MEINUNG: Falsch!

UNSER URTEIL: Unterschätzt

46 www.Motorsport-Magazin.com


GEORGE RUSSELL

Back-to-back-Titel in der GP3 und der Formel 2:

Zweifelsfrei zählt George Russell da zu den heißen

Aktien der jungen Wilden. Vor allem, weil

davon im Fall des Briten kaum die Rede sein

kann. Wild wirkt Russell mitnichten, eher derart

unauffällig, dass es schon wieder auffällig ist. Sportlich

ist das als Lob gemeint - Fehler des 21-jährigen Rookies

mussten wir in seiner ersten Saison mit der Lupe suchen.

Gleichzeitig stimmte die Pace, Russells makellose Bilanz

im Qualifying-Duell sagt fast alles. Aber auch nur fast.

Eine echte Messlatte war Robert Kubica nicht mehr. Ihn

bereits ganz klar zum künftigen Champion zu erklären

- auch wenn es sich als korrekt erweisen mag -, kommt

daher noch etwas zu früh. Zumal sich die Verstappens,

Leclercs & Co. auch nicht verstecken müssen - schon

gar nicht, wenn es um Starpotential und Charisma geht.

ALLG. EINSCHÄTZUNG: Zukünftiger Champion

UNSERE MEINUNG: Falsch!

UNSER URTEIL: (NOCH) ÜBERSCHÄTZT

ALEX ALBON

Ende 2018 noch mit einem Formel-E-Vertrag ausgestattet,

winkte Alex Albon vor wenigen Wochen

die Verlängerung bei Red Bull für 2020. Der Thailänder

debütierte völlig unverhofft in der Formel 1

und überzeugte in seiner Rookiesaison auf ganzer

Linie, verdiente sich bei Toro Rosso die Beförderung

ins Top-Team und hielt dort dem Druck an der Seite von

Max Verstappen stand. Ohne die Personalnot bei den

Bullen wäre dem Sport ein starker Pilot durch die Lappen

gegangen. Albons Pace ist mehr als nur respektabel,

seine Courage im Zweikampf für einen Youngster

überdurchschnittlich. Bemerkenswert ist vor allem seine

mentale Stärke. Der Speed und der Status Verstappens

verunsichern ihn scheinbar nicht im Geringsten. Ob er

dem Wunderkind jemals gefährlich werden kann, muss

sich zeigen. Albon ist aber in jedem Fall mehr als nur

ein Wasserträger.

ALLG. EINSCHÄTZUNG: Red Bulls Wasserträger

UNSERE MEINUNG: Falsch!

UNSER URTEIL: UNTERSCHÄTZT

www.Motorsport-Magazin.com 47


BOTTAS

BADASS

TEXT: CHRISTIAN MENATH

VALTTERI BOTTAS MELDETE SICH 2019 NACH EINER SEUCHENSAISON

BÄRENSTARK ZURÜCK. DOCH IRGENDWANN ZOG LEWIS HAMILTON

WIEDER DAVON. MOTORSPORT-MAGAZIN.COM VERRÄT DER

VIZEWELTMEISTER, WIE ER DAS 2020 ZU VERHINDERN SUCHT.

48 www.Motorsport-Magazin.com


www.Motorsport-Magazin.com 49

FOTOS: LAT IMAGES


MSM: Wenn man dir nach dem Wintertest Platz

zwei in der WM angeboten hätte: Hättest du ihn

genommen?

VALTTERI BOTTAS: [überlegt etwas] Nein. Du

nimmst nie Platz zwei. Wenn du in einem Team

wie diesem bist, heißt es alles oder nichts. Du willst

das Jahr nicht angehen, indem du bereit für P2 bist.

Nein, ich hätte es nicht genommen. P2 ist besser

als P3 oder P4, aber es ist eben nicht Platz eins.

Auch wenn am Ende ‚nur‘ Platz zwei steht, war

es die beste Saison deiner Karriere?

Ja. Es war in vielerlei Hinsicht ein positives Jahr.

Ich konnte an meiner Fahr-Performance einige

Verbesserungen vornehmen, weshalb ich glaube,

dass es bislang meine beste Saison ist. Aber ich will

noch viel besser werden.

Nach Aserbaidschan warst du richtig dick im

WM-Kampf, hast sogar geführt. Was ist danach

passiert?

Es gab einige Rennen, bei denen ich es direkt am

Start verloren habe. Dann gab es ein paar Rennen,

bei denen ich im Qualifying Fehler gemacht habe,

die mich Positionen gekostet haben. Dann ist es

schwierig, im Rennen gegen deinen Teamkollegen

zurückzukommen. Und schließlich gab es ein paar

Rennen, in denen ich Fehler gemacht habe -

Hockenheim zum Beispiel. Dort hätte ich gute

Punkte geholt und Lewis gar keine. Und dann bin

ich gecrasht. Diese Dinge haben die Sache etwas

verlagert.

War Hockenheim ein kritischer Punkt in dieser

WM?

Ja, einer auf jeden Fall. Es gab einige bittere, knappe

Niederlagen gegen Lewis. Er war sehr konstant,

hatte immer eine sehr gute Performance. Ich habe

es nicht geschafft, ihn zu schlagen. Er war einfach

besser an einigen Wochenenden. Er performt auf

einem sehr guten Level und verbessert sich sicherlich

noch immer. Es ist nicht einfach, aber nichts

ist unmöglich.

Du bist nach einem sehr schwierigen Jahr 2018

als neuer Valtteri beim Wintertest zurückgekommen.

Mit Bart, mit neuer Mentalität. Wie badass

Bottas bist du?

Das weiß ich nicht - ich bin, wer ich bin. Ich habe

nur über den Winter eine andere Einstellung

gefunden. Es liegt nicht an mir, darüber zu urteilen,

wie badass ich bin. Die Leute können darüber denken,

was sie wollen. Ich bin hier, um meine Träume

und Ziele in diesem Sport zu verfolgen.

War das kein Statement, um zu zeigen, dass du

härter zurückgekommen bist?

Nein. Ich habe nicht geplant, irgendetwas zu zeigen.

Ich glaube, die Leute haben es angenommen.

Sie haben es angenommen und lagen damit auch

richtig, dass ich eine andere Herangehensweise für

das Jahr habe.

50 www.Motorsport-Magazin.com

Du bist 30 Jahre lang zu der Person geworden,

die du bist. Wie kannst du da über den Winter

einen Schalter umlegen und anders sein?

Manchmal musst du ziemlich tief gehen, um etwas

Neues von dir zu entdecken, eine neue Einstellung.

Nach der letzten Saison war ich mit der

sportlichen Situation wirklich nicht glücklich. Es

war dann ein schwieriger Winter, sich zu erholen

und die gute Einstellung und Motivation für den

Sport wiederzufinden. Aber wenn du das wieder

gefunden hast in tieferen und nicht so guten

Gedanken, dann kannst du viel besser zurückkommen.

Ich weiß nicht, was passiert ist, aber es

ist, als wäre ein Schalter umgelegt worden.

Machst du das alles selbst oder hilft dir jemand

dabei?

Selbst.

Du hast in einem unserer letzten Interviews

gesagt, dass der Druck nicht von außen kommt,

sondern du dir selbst teilweise zu viel Druck

machst. Ist das noch immer so?

Ich kann nun viel besser damit umgehen. Das

kann für jeden ein Problem sein. Ich habe auf

diesem Gebiet massiv dazugelernt. Dieses Jahr

kann ich mich nicht an viele Situationen erinnern.

Vielleicht ein paar, aber nichts im Vergleich zur

Vergangenheit.

Es gibt so viele Dinge, die das beeinflussen. Es ist

ein ziemlich breites Feld. Es hängt auch damit

zusammen, was du zwischen den Rennen machst,

um deinen Kopf vom Sport freizubekommen.

Damit du nicht 24/7 darüber nachdenkst. Wie ist

deine eigene Situation, wie ist die Beziehung zu

den Ingenieuren, wie ist die Beziehung zu deinem

Boss? Es gibt so viele Dinge, die das beeinflussen.

Das wichtigste für mich ist aber: Immer dann,

wenn ich das Fahren genieße, bin ich am besten.

Ich versuche immer, Wege zu finden, damit das

so läuft. Ich muss in dieser Einstellung sein, um

zu performen. Nach dem letzten Winter war ich

in diesem Jahr mutiger, Dinge so zu machen, wie

ich sie will - und das spiegelt sich in meiner Performance

wider.

Wie sehr nerven dich eigentlich die Fragen über

Lewis?

Ich habe mich daran gewöhnt. Als ich zum Team

gekommen bin, gab es eine Menge davon. Jeder

will wissen, was Lewis‘ Stärken sind, ob er Schwächen

hat, wie unsere Beziehung ist...

Ist es nicht nervig, Leuten ständig zu sagen, wie

großartig ein anderer ist?

Ja, aber so ist es eben im Moment. Er hat die Weltmeisterschaft

erneut gewonnen und verdient es,

in dieser Situation zu sein. So sind die Dinge.

Du sagtest nach einer der 1.000 Fragen über

Lewis, dass Konstanz seine Stärke ist. Ist Kon-

»ES LIEGT NICHT AN MIR,

DARÜBER ZU URTEILEN, WIE

BADASS ICH BIN. DIE LEUTE

KÖNNEN DARÜBER DENKEN, WAS

SIE WOLLEN. ICH BIN HIER, UM

MEINE TRÄUME UND ZIELE IN

DIESEM SPORT ZU VERFOLGEN.«

Valtteri überraschte die

F1 2019 als Bottas 2.0

Bottas fühlt sich bei

Mercedes pudelwohl


FOTOS: LAT IMAGES

stanz etwas, dass man lernen kann? Wie will man das

verbessern?

Konstanz kommt von vielen verschiedenen Faktoren.

Wenn ich von Konstanz rede, meine ich, auf jeder Strecke

Performance zu liefern, vor allem am Sonntag und bei der

Rennpace. Es sind viele Details. Wenn ich es zusammenbekomme,

auf jeder Strecke und bei der Rennpace zu

performen, dann kann ich ihm überall, auf jeder Strecke

auf dieser Welt ebenbürtig sein. Daran arbeiten wir mit

den Ingenieuren. Und es geht auch darum, die Fehler zu

minimieren. Das wäre eine große Hilfe im Kampf um die

Weltmeisterschaft. Der einzige Weg, dich da zu verbessern

ist es, von jedem einzelnen Fehler zu lernen, den du machst

und ihn in der richtigen Weise zu verarbeiten.

Mit Psychospielchen á la Nico Rosberg willst du Lewis

nicht schlagen, das hast du schon klargestellt. Wie

dann?

Ich will mich auf der Strecke beweisen, das ist für mich

das wichtigste. Wenn du siehst, wie die andere Seite der

Garage performt, ist das immer eine Art Psychospielchen.

Wenn Lewis sieht, dass ich in den Trainings und im Qualifying

gut performe, dann kann das manchmal zu Fehlern

bei ihm führen. Das ist bei jedem das gleiche. Auch für

mich: Wenn ich sehe, dass er das ganze Wochenende auf

einem wirklich hohen Niveau fährt und dann im Qualifying

gute Runden zeigt, dann ist es schwieriger für mich,

das Beste herauszuholen. Der beste Weg für mich, um

ihn zu schlagen, ist, schneller als er zu sein. Normalerweise

verunsichert das jeden, auch Lewis ein bisschen.

Und das kann zu Fehlern führen.

FOTOS: LAT IMAGES

Valtteri gewann 2019 vier Grands

Prix - mehr als je zuvor

Vier Mal heimste Bottas

2019 den Siegerpokal ein

Kann Bottas aus dem Schatten

von Hamilton treten?

Du wirst 2020 in deine vierte Saison mit Mercedes

gehen. Aber erneut hast du nur einen Einjahresvertrag

erhalten. Ist das mangelnde Vertrauen ein Problem für

dich?

Wenn ich ganz ehrlich bin: Ich glaube, ich würde mich

noch besser fühlen als jetzt, wenn ich einen längeren Vertrag

hätte. Ich hatte auch vorher immer nur kurze Verträge,

aber über die Jahre wird es etwas schwieriger, das zu handeln.

Du weißt immer, dass der Moment wiederkommt,

an dem du auf Messers Schneide bist. Ich weiß, dass das

Team Vertrauen in mich hat, aber ich weiß auch, wie diese

Welt und das Business funktionieren. In der Zukunft will

ich lieber einen Vertrag, der länger als ein Jahr läuft.

Du bist 30 und zählst damit zwar noch nicht zur alten

Garde, aber auch nicht mehr zur jungen Generation.

Steckst du dir Ziele, die du bis zu einem gewissen Zeitpunkt

erreicht haben willst?

Nicht so wirklich. Aber für nächstes Jahr werde ich wieder

alles geben, was ich kann. Manchmal brauchen die Dinge

Zeit. Jeder Fahrer ist anders, wie er sich entwickelt und

wie seine Karriere verläuft. In diesem Sport gibt es kein

gewisses Alter, an dem du deinen Höhepunkt erreichst.

Es ist individuell. Und ich habe das Gefühl, dass ich meinen

Höhepunkt noch erreiche. Ich bin in gewisser Weise

geduldig, aber auf der anderen Seite will ich auch, dass

meine Zeit so schnell wie möglich kommt. Ich kann aber

nicht sagen, dass es innerhalb einer bestimmten Zeit passieren

muss. Alles, was ich sagen kann, ist, dass ich mich

für nächstes Jahr voll ins Zeug legen werde.

www.Motorsport-Magazin.com 51


SCHUMI-MANIA 1994

MICHAEL SCHUMACHER GEWANN VOR 25 JAHREN ALS ERSTER DEUTSCHER DIE FORMEL-

1-WELTMEISTERSCHAFT. DIE SAISON 1994 GING IN DIE GESCHICHTSBÜCHER EIN UND PRÄGTE

DIE KARRIERE DES REKORDWELTMEISTERS. DENN DER WEG ZU SEINEM ERSTEN VON SIEBEN

TITELN WAR EINER VON TRIUMPHEN, TRAGÖDIEN UND KONTROVERSEN.

5. SPIEL, SATZ & SIEG IM ERSTEN MATCH

TEXT: FLORIAN BECKER

Für den Weltmeistertitel 1994 gab es vor dem Saisonstart genau einen Favoriten:

Williams-Pilot Ayrton Senna. Nachdem der beste Fahrer im Feld nach mehreren

Anläufen endlich den Wechsel zum besten Team vollzogen hatte, schien sein vierter

WM-Titel nur noch Formsache. Doch gleich beim ersten der 16 Saisonrennen musste

Senna trotz Pole Position feststellen, dass er auch nach dem Rücktritt von Erzrivale

Alain Prost an der Spitze der Formel 1 nicht alleine war. Ausgerechnet beim Heimspiel

in Interlagos fügte ihm Michael Schumacher eine regelrechte Demütigung zu. Erst

jagte der Youngster das Idol der Massen wie besessen, dann leistete die Benetton-

Crew beim direkten Duell in der Box bessere Arbeit und brachte Schumacher in

Führung. Sennas verzweifelter Versuch den Anschluss zu halten endete in einem

Dreher, bei dem er den Motor abwürgte. Die Nummer eins der Welt war geschlagen

und äußerte schon bald erste Zweifel an der Legalität des Benetton B194.

52 www.Motorsport-Magazin.com


FOTOS: LAT IMAGES

4. TRIUMPH ÜBER DIE TRAUER

Michael Schumacher reiste mit der maximalen Punkteausbeute aus den ersten drei

Rennen zum Grand Prix von Monaco. Doch über dem Saisonhighlight in den Straßen

des Fürstentums lag ein dunkler Schatten. Die Formel 1 hatte zwei Wochen zuvor

in Imola Roland Ratzenberger und Ayrton Senna verloren. Der Brasilianer war vor

den Augen Schumachers tödlich verunglückt. Für ihn bedeutete das nicht nur den

traumatischen Verlust eines hochgeschätzten Rivalen. Senna war für ihn weit mehr

als nur ein Gegner. Schumacher bewunderte den Magier, wie seine Fans ihn nannten,

seitdem er ihn Anfang der 1980er Jahre bei der Go-Kart-Weltmeisterschaft fahren

gesehen hatte. Der Tod des Jugend-Idols traf ihn schwer. Doch wie der gesamte

Paddock musste auch er in Monaco zur Tagesordnung zurückkehren. Dort wo Senna

zwischen 1989 und 1993 fünf Mal in Folge gewonnen hatte, holte Schumacher im

Qualifying die erste Pole Position seiner Karriere und einen dominanten Sieg.

3. DIE NEUE

NUMMER EINS ZAUBERT

Sennas Tod hinterließ beim einstigen Favorit Williams

eine unermessliche Lücke. Damon Hill war der Mann,

der die WM-Mission des Teams in seiner erst zweiten

Saison daraufhin anführen musste. Doch gegen die

Übermacht von Schumacher und Benetton tat sich

der unerfahrene Brite schwer. Schumacher fuhr auch

am fünften Rennwochenende in Barcelona zur Pole

Position. Im Rennen befand er sich auf dem Weg zu

seinem nächsten Sieg, bis nach 20 Runden ein Problem

an seinem Auto auftrat. Das Getriebe steckte im

fünften Gang fest. Doch Schumacher gab nicht auf.

Tatsächlich gelang es ihm, die letzten zwei Drittel des

Rennens in nur einem Gang über die Runden zu bringen,

wobei er zwei Boxenstopps inklusive Anfahren

im fünften Gang überstehen musste. Einzig Hill gelang

es, von der Misere des Dominators zu profitieren.

Wenige Wochen nach der Tragödie um Senna sicherte

er Williams den ersten Sieg der Saison. Doch die

Geschichte des Rennens schrieb der unaufhaltbare

Schumacher, der einen sicheren Ausfall in einen zweiten

Platz verwandelte.

www.Motorsport-Magazin.com 53


FOTOS: LAT IMAGES

2. ALLE FÜR EINEN, EINER FÜR ALLE

Sportlich verlief die Saison bis in den Sommer ganz nach dem Geschmack von

Michael Schumacher und Benetton. Das Dreamteam gewann sechs der ersten

sieben Rennen und lag mit 37 Punkten Vorsprung komfortabel an der Spitze der

WM. Doch Silverstone markierte den Beginn eines Spießrutenlaufs. Schumacher

wurde für das Ignorieren einer Stop-and-Go-Strafe sowie der schwarzen Flagge

disqualifiziert. Benetton musste obendrein eine Geldstrafe in Höhe von 500.000

US-Dollar zahlen, Schumacher erhielt außerdem eine Sperre für zwei Grands Prix.

Ausgerechnet beim Heimrennen in Hockenheim sollte der neue deutsche Nationalheld

damit nicht im Grid stehen. Die aufgebrachten Fans kündigten Proteste

an. Sie wollten sogar die Rennstrecke stürmen. Wenn ihr Schumi beim Deutschland

GP nicht mitfährt, fährt niemand. Die Offiziellen gaben unter dem enormen Druck

nach und verschoben die Rennsperre um drei Wochenenden. Sportlich war

Hockenheim für Schumacher mit einem frühen Defekt kein Erfolg, doch moralisch

erreichte er mit einer ganzen Nation im Rücken einen neuen Höhepunkt.

54 www.Motorsport-Magazin.com


Enea Bastianinis erster

Sieg ist nur noch eine

Frage der Zeit

1. SHOWDOWN IN DOWN UNDER

Das Finale auf dem Stadtkurs von Adelaide wurde zu einem der größten Thriller

der Geschichte. Schumacher ging mit lediglich einem Punkt Vorsprung auf Hill

in den Grand Prix von Australien, nachdem dieser ihm zuvor in Suzuka eine

empfindliche Niederlage zugefügt hatte. Mit Nigel Mansell und Johnny Herbert

erhielten Hill und Schumacher zur Unterstützung neue Teamkollegen. Für Williams

ging der Plan auf. Mansell sicherte sich mit dem immer stärker gewordenen

FW16B vor Schumacher und Hill die Pole Position. Am Start setzte sich Schumacher

jedoch durch, woraufhin Mansell auch Hill ziehen ließ und den WM-Kampf

Mann gegen Mann freigab. Hill jagte Schumacher unermüdlich, bis dieser in

Runde 36 Nerven zeigte und nach einem Fahrfehler die Mauer touchierte. Die

rechte Hinterradaufhängung war zerstört, die WM in diesem Moment verloren.

Doch als Hill zum Überholmanöver ansetzte, zog Schumacher herein und kollidierte

mit seinem Rivalen. Der kontroverse Showdown entschied die WM zu

seinen Gunsten, denn auch Hill musste sein Rennen aufgeben. Vom Streckensprecher

erhielt Schumacher die erlösende Nachricht des bis heute denkwürdigen,

ersten Titelgewinns.

www.Motorsport-Magazin.com 55


SLIDESHOW | MOTORSPORT | #70 | 2019

56 www.Motorsport-Magazin.com


FOTO: MONSTER

KEINE ZEIT

FÜR EINE PAUSE

TEXT: SOPHIE RIGA

Die MotoGP-Saison 2019 ist kaum beendet, da drehen sich die

Gedanken aller schon um das nächste Jahr. Auch das Yamaha-

Lager bildet da keine Ausnahme, schließlich will man mit der neuen

M1 endlich den Rückstand auf die Konkurrenz verringern. Bei

diesem Unternehmen kämpft Valentino Rossi an vorderster Front,

obwohl er gerade seine 20. Saison in der Königsklasse beendet

hat und nach 2020 wohlmöglich gar nicht mehr im Einsatz sein

wird. Bei den Tests in Valencia und Jerez prüfte er den neuen Motor

und das neue Chassis trotzdem auf Herz und Nieren, während sich

Teamkollege Maverick Vinales nur auf den Motor konzentrierte

und die Chassis-Arbeit hinten anstellte. Rossi hingegen kämpft

schon früh an allen Fronten, um aus der 2020er M1 das bestmögliche

Bike zu machen. Bei so viel Motivation auch nach so langer

Zeit heißt das wohl nur eines: Mindestens einen Sieg möchte Rossi

wohl noch feiern.

www.Motorsport-Magazin.com 57


58 www.Motorsport-Magazin.com


FOTOS: LAT IMAGES

ZWISCHEN MENSCH &

MASCHINE

TEXT: MARKUS ZÖRWEG

JORGE LORENZO WAR FAST EINE DEKADE LANG DER ROBOTER UNTER DEN MOTOGP-

PILOTEN. IN SEINEN LETZTEN KARRIEREJAHREN ZEIGTE SICH DER MENSCHLICHE KERN

UNTER DIESER SCHALE.

www.Motorsport-Magazin.com 59


Sprüche und martialische, teilweise eigenartig

anmutende Siegesfeierlichkeiten wurden zu

seinen Markenzeichen. Ein Schuss, der für ihn

kräftig nach hinten losging. Der Schutzmantel,

den sich Lorenzo aufbauen wollte, wurde von

vielen Fans als Arroganz missinterpretiert.

Vor allem im Vergleich mit Strahlemann

Valentino Rossi auf der anderen Seite der

Yamaha-Box erntete Lorenzo damit nur

wenige Sympathien.

ICH WERDE ES VERMISSEN, RENNEN ZU FAHREN.

ICH WERDE ES VERMISSEN, ZU GEWINNEN. UND

ICH WERDE DIE LEUTE HIER VERMISSEN. DIESE

FAMILIE, DIE ZUSAMMEN UM DIE WELT REIST -

AUF DER SUCHE NACH GLÜCK UND RUHM.

Das wenig charmante zwischenmenschliche Auftreten Lorenzos fand auf der Strecke seine Ergänzung.

Die Leistungen des Mallorquiners sprachen von Beginn an für sich: Pole Position in seinen ersten

drei MotoGP-Qualifyings, Sieg beim dritten Auftritt in Estoril. Lorenzos Erfolge waren aber selten

spannend mitanzusehen. Meist waren es regelrechte Machtdemonstrationen, in denen er der Konkurrenz

vom Start weg keine Chance ließ und in denen die Rennen früh entschieden waren. Nicht

das, was sich der Motorsportfan vor dem Fernsehgerät und an den Strecken dieser Welt erhofft.

Lorenzo überzeugte nicht durch waghalsige Manöver und spektakuläre Aufholjagden, wie sie etwa

Valentino Rossi und später auch Marc Marquez zeigten. Er erarbeitete sich seine Vorteile durch

beinahe manischen Perfektionismus und unglaubliche Konstanz.

Ich werde es vermissen, Rennen zu

fahren. Ich werde es vermissen, zu

gewinnen. Und ich werde die Leute hier

vermissen. Diese Familie, die zusammen

um die Welt reist - auf der Suche nach

Glück und Ruhm.« Als Jorge Lorenzo

am 17. November in Valencia diese

Worte fand, um seine Gefühlswelt nach

dem letzten MotoGP-Rennen seiner

über 18 Jahre hinweg so erfolgreichen

Karriere zu beschreiben, hatten nicht

wenige Anwesende in der Honda-Hospitality

am Circuit Ricardo Tormo einen

dicken Kloß im Hals.

Es waren die letzten Worte in der Laufbahn eines

großen Champions. Und sie waren sinnbildlich

für die Wandlung, die Jorge Lorenzo in seinen

Jahren im MotoGP-Paddock vollzogen hat. Als

er 2008, im Alter von gerade einmal 20 Jahren,

die ganz große Bühne der Königsklasse betrat,

stand da ein zweifacher 250ccm-Weltmeister mit

dem Anspruch, die Königsklasse im Sturm zu

erobern. Aber auch ein unsicherer Charakter im

Umgang mit der Öffentlichkeit, mit den Medien

und nicht zuletzt mit seinen Rivalen. Diese Unsicherheit

versuchte Lorenzo zu überspielen, um

keine unnötige Angriffsfläche zu bieten. Markige

Seine dadurch möglichen Darbietungen auf der Strecke in Verbindung mit dem kühlen Eindruck,

den Lorenzo abseits davon vermittelte, zeichneten das Bild eines herausragenden Rennfahrers, aber

auch eines wenig liebenswerten Menschen. Für beide Seiten des Jorge Lorenzo trug ein Mann den

größten Teil der Verantwortung: Vater Chicho Lorenzo. Erst kurz vor der Geburt des Sohnemannes

kam Chicho aus Galicien nach Mallorca und brachte die durchaus raue Seefahrermentalität von der

spanischen Atlantikküste mit auf die Mittelmeerinsel. Und mit genau dieser erzog und trainierte er

den kleinen Jorge. Methoden waren da im Spiel, bei denen jeder moderne Pädagoge wohl nur schockiert

mit dem Kopf schütteln kann. »Ich habe Jorge fahren lassen, bis er geweint hat. Und dann noch

eine halbe Stunde«, erklärte Chicho Lorenzo vor Jahren in einem Interview. »Ich war immer sehr

streng im Training. Um das Beste aus einem Menschen herauszupressen, muss man ihn in Grenzsituationen

bringen und bestimmte Situationen eben erzwingen.« Ein Trainingsregime, das Jorge hart

werden ließ. Hart im Umgang mit anderen Menschen, hart aber auch im Umgang mit sich selbst.

Lorenzo schrieb Geschichten, die lange über seine Karriere hinaus in den Köpfen der MotoGP-Fans

verankert sein werden. Wie etwa bei der Dutch TT im Jahr 2013, als er im 2. Freien Training stürzte,

sich das Schlüsselbein brach, zur Operation nach Barcelona flog und weniger als 48 Stunden später

wieder in Assen auf seiner Yamaha saß. Lorenzo beendete das Rennen als Fünfter. Zurück an der

Box musste er unter Tränen vom Motorrad gehoben werden. Ein heroischer Ritt, der sinnbildlich

FOTOS: LAT IMAGES, YAMAHA

Bei Honda schrieb Lorenzo

nur Negativschlagzeilen

2012 wurde er Spaniens erster

MotoGP-Doppelweltmeister

60 www.Motorsport-Magazin.com


Nach Sepang entschied sich

Lorenzo für den Rücktritt

www.Motorsport-Magazin.com 61


ALS DIE ERGEBNISSE SCHLECHT WAREN, HABEN

NICHT MEHR VIELE AN MICH GEGLAUBT. LEUTE

SAGEN OFT, ICH WÜRDE NUR AUSREDEN SUCHEN.

WENN ICH SAGE, DASS ICH NUR DIE RICHTIGEN

MODIFIKATIONEN BRAUCHE, DANN LÜGE ICH MIT

SOLCHEN AUSSAGEN JA NICHT.

68 Mal durfte Lorenzo über

einen Sieg jubeln

Auch die Ducati bekam

JL99 in der Griff

FOTOS: LAT IMAGES

62 www.Motorsport-Magazin.com


für die Karriere von Jorge Lorenzo steht. Nichts, aber wirklich gar nichts,

ließ er unversucht, um noch schneller, noch konstanter, einfach noch besser

zu werden. Als er sich in seinen frühen Jahren mit schlechten Rennstarts

immer wieder das Leben schwer machte, ließ er sich ein Übungsgerät bauen,

mit dem er seine Reaktionszeit an der Ampel Stück für Stück verringern

konnte. Lorenzo verbrachte unzählige Stunden damit - und wurde zu einem

der besten Starter, den die Königsklasse je gesehen hatte. Zur gleichen Zeit

forderte er von seinem damaligen Ausstatter Dainese ständig neue Details

an seinen Lederkombis - und trieb die Damen und Herren in Italien damit

in den Wahnsinn. Wie Motorsport-Magazin.com Jahre später bei einem

Besuch der Firmenzentrale in Vicenza erfuhr, machte sich ein Gefühl von

Erleichterung breit, als Lorenzo zu Alpinestars wechselte. Seine Forderungen

waren aber nie vergebens, er wusste stets was er zu tun hatte.

Das galt insbesondere auch in der Entwicklung von Motorrädern. Bis heute

haftet dem dreifachen MotoGP-Champion das Image an, in diesem Bereich

keine Größe zu sein. Genau das Gegenteil ist aber der Fall, da sind sich

viele Experten im Fahrerlager einig. Wohl kein Fahrer in der Geschichte

war bislang in der Lage, die so schwierig zu kontrollierenden MotoGP-

Raketen derart exakt und konstant zu fahren wie Jorge Lorenzo. Wie ein

Metronom spulte er Runde um Runde deckungsgleich ab - egal ob im

Rennen, im Training oder bei Testfahrten. Lorenzo fuhr immer dieselben

Linien, wählte dieselben Bremspunkte und erzielte am Ende auch dieselben

Zeiten. Alteingesessene MotoGP-Fotografen waren stets erstaunt, als sie

Bilder von der Startnummer 99 auf ihre Rechner luden. Jede Aufnahme

glich exakt der vorangegangenen und der nachfolgenden. So, als hätte man

sie einfach weiterkopiert. Dadurch war Lorenzo in der Lage, den Ingenieuren

besonders aufschlussreiche Daten und persönliches Feedback zu

liefern. Und die Fakten untermauern die These über den grandiosen Entwicklungspiloten

Lorenzo. In seiner letzten Yamaha-Saison holte das Werksteam

mit ihm und Valentino Rossi sechs Siege und 20 Podiumsplatzierungen.

Nach seinem Abgang sanken diese Werte auf vier Siege und zwölf

Podien 2017 und nur noch einen Sieg beziehungsweise zehn Podien im

Jahr 2018. In der abgelaufenen Saison holte man noch weniger Podien

(neun), nur bei den Siegen ging es durch die beiden Erfolge von Maverick

Vinales in Assen und Sepang wieder leicht bergauf. Auch die Tatsache, dass

Yamahas erfolgreiche Satelliten-Piloten Johann Zarco und Fabio Quartararo

in den vergangenen Saisons stets auf Maschinen setzten, die in puncto

Chassis stark den von Lorenzo verwendeten glichen, ist ein Beweis seiner

herausragenden Arbeit.

Bei Ducati brauchte der feinfühligste unter allen MotoGP-Fahrern

länger, um die Desmosedici seinen Bedürfnissen anzupassen.

Kein Wunder, verlangte die Rakete aus Borgo Panigale von ihm

doch eine vollkommene Kehrtwende. Seinen einmaligen, sanften

Fahrstil mit unglaublichen Kurvengeschwindigkeiten, den er auf

der Yamaha M1 so perfektioniert hatte, konnte er bei Ducati

nicht mehr anwenden. Die Maschine verlangte völlig andere

Dinge von ihm, wollte mit viel Körpereinsatz in die Kurven

gedrückt und anschließend wieder hinausbeschleunigt werden.

Lorenzo stürzte in die erste große Krise seiner MotoGP-Zeit. In 18 Saisonrennen

stand er nur drei Mal auf dem Podium und gewann in seinem

zehnten Jahr in der Königsklasse erstmals keinen einzigen Grand Prix.

Kritiker waren sich sicher, dass die Partnerschaft zwischen Lorenzo und

Ducati nie eine glückliche werden würde. Spätestens nach einem desaströsen

Start in sein zweites Jahr in Rot schien sich das zu bewahrheiten.

Doch Lorenzo biss sich einmal mehr durch. Nach unzähligen Anpassungen

und Tests mit unterschiedlichsten Anbauteilen gelang es ihm doch noch,

mit der Ducati Desmosedici zu einer Einheit zu verschmelzen. »Ich musste

in den letzten eineinhalb Jahren so viel Kritik einstecken«, redete er sich

nach seinem ersten Ducati-Sieg, ausgerechnet beim großen Heimspiel in

Mugello, den Frust von der Seele. »Als die Ergebnisse schlecht waren, haben

RIVALEN ZOLLEN

LORENZO TRIBUT

Marc Marquez: »Ich möchte Jorge zu seiner Karriere gratulieren, aber auch

zu dieser Entscheidung, denn die sagt sehr viel über ihn aus. Als er gespürt

hat, dass er nicht mehr um Spitzenposition kämpfen kann, hat er sich für den

Rücktritt entschlossen. Das zeigt, was für ein Champion und starker Charakter

er ist.«

Valentino Rossi: »Jorge ist ein großer Champion, einer der wichtigsten MotoGP-Fahrer

unserer Ära und der härteste Rivale meiner Karriere. Sein Rücktritt

ist ein großer Verlust für unseren Sport. Sein Speed und seine Konzentration

haben mich immer beeindruckt. Er war in der MotoGP von Anfang an extrem

stark und hat dieses Niveau über zehn Jahre gehalten.«

Casey Stoner: »Der Rücktritt von Jorge ist ein großer Verlust für unseren

Sport. Ich empfinde nichts als Respekt für diesen Mann, der über weite Strecken

meiner Karriere einer der härtesten Gegner war.

Dani Pedrosa: »Jorge, es war mir eine Ehre, für einen großen Champion

wie dich ein Rivale zu sein. Ich wünsche dir nur das Beste!«

Andrea Dovizioso: »Ich bin erstmals 2001 in der Europameisterschaft auf

Jorge getroffen. Von da an sind wir immer gleichzeitig in die nächste Klasse

aufgestiegen und waren stets große Rivalen. Er konnte viele Rennen und Weltmeistertitel

gewinnen - darauf darf er wirklich stolz sein. Was er hier geleistet

hat, ist ganz groß.«

Maverick Vinales: »Fünf Weltmeistertitel zu gewinnen ist alles andere als

einfach. Das zeigt, was für ein großartiger Fahrer und was für ein herausragendes

Talent Jorge ist. Er hat das in jedem Rennen und jeder Klasse unter

Beweis gestellt.«

Alex Rins: »Als ich begonnen habe, die Rennen im Fernsehen zu verfolgen,

habe ich immer Jorge die Daumen gedrückt. Es war schön, ein paar Mal gegen

ihn zu kämpfen und die Strecke mit ihm zu teilen.«

nicht mehr viele an mich geglaubt. Leute sagen oft, ich würde nur Ausreden

suchen. Aber das stimmt nicht. Wenn ich sage, dass ich nur die richtigen

Modifikationen brauche, um schnell zu sein, dann lüge ich mit solchen

Aussagen ja nicht. Das ist nur die Wahrheit.« Und so wurde Lorenzo einmal

mehr zum größten Gegenspieler von Marc Marquez. Ehe im September

2018 beim Aragon-Grand-Prix seine unfassbare Verletzungsserie begann,

die ihn gut ein Jahr später zum Karriereende veranlasste.

Jorge Lorenzo schreckte in seiner Laufbahn nie vor Herausforderungen

zurück. 2008 wagte er als Rookie den Aufstieg ins Yamaha-Factory-Team

an die Seite von Valentino Rossi. Dem Mann, der zu diesem Zeitpunkt fünf

der letzten sieben Weltmeistertitel in der Königsklasse geholt hatte und der

weithin als größter Motorradfahrer aller Zeiten gesehen wurde. Sich in

dieser Position zu etablieren, war eine echte Mammutaufgabe. Doch

www.Motorsport-Magazin.com 63


Lorenzo biss sich durch, ließ sich von psychologischen Spielchen wie der

Trennwand inmitten der Yamaha-Box nicht verunsichern und krönte sich

2010 erstmals zum MotoGP-Champion. In einem Team, welches immer

noch zu großen Teilen auf Rossi zugeschnitten war und nach dessen Vorstellungen

arbeitete. Eine Leistung, die man kaum hoch genug einschätzen

kann. Rossi sah seine Felle in diesem stallinternen Duell davonschwimmen,

packte entnervt seine Koffer und entschied sich zu einem erfolglosen zweijährigen

Abenteuer bei Ducati. Dort sollte sechs Jahre später auch Lorenzo

andocken und ein Motorrad fahren, das all das verlangte, was er in seiner

bisherigen Karriere mied: Aggressivität, körperbetontes Fahren und damit

eine grundlegende Umstellung seines Stils. Lorenzo schaffte auch das. Und

wer weiß, vielleicht wäre er ein viertes Mal MotoGP-Weltmeister geworden,

hätte er sich nicht just am Wochenende seines ersten Ducati-Sieges für die

nächste große Herausforderung, den Wechsel zu Repsol Honda an die Seite

von Dominator Marc Marquez, entschieden.

Eine Herausforderung, an der Lorenzo schlussendlich aufgrund zweier

Faktoren scheitern sollte: Zum einen wäre da sein unglaubliches Verletzungspech.

Zur Erinnerung: Lorenzo brach sich innerhalb von gut

neun Monaten eine Zehe und renkte sich eine weitere aus (Aragon-GP

2018), verletzte sich einen Knöchel und brach sich die Speiche (Thailand-GP

2018), zog sich eine Fraktur im Bereich des linken Kahnbeins

zu (Wintertraining 2019), demolierte eine Rippe (Katar-GP 2019),

zog sich Verletzungen am Oberkörper zu (Barcelona-Test 2019) und

brach sich schließlich zwei Rückenwirbel (Dutch TT 2019). Diverse

Knochenbrüche steckte er noch souverän weg, doch der schwere Sturz im 1.

Freien Training zur Dutch TT in Assen bedeutete ein Umdenken in der

Vollgasmaschine Jorge Lorenzo. »Wir alle wissen, welche Konsequenzen

unser Sport haben kann«, sagt er. »Als ich nach diesem Sturz aufgestanden

bin, habe ich mich aber zum ersten Mal gefragt, ob es das alles wirklich noch

wert ist. Ich habe mich dennoch entschieden, es noch einmal zu versuchen.

Der Berg war für mich aber bereits zu groß. Ich hatte nicht mehr die Motivation

und Leidenschaft, um ihn zu erklimmen.« Ein zweifacher Wirbelbruch,

wie ihn sich Lorenzo in Assen zuzog, hat ganz andere Auswirkungen auf die

Psyche eines Fahrers als die Standard-Blessuren an Schlüsselbeinen, Schultern

oder Handgelenken. Wirbelverletzungen können ein Leben im Rollstuhl

bedeuten. Wayne Rainey ist dafür das bekannteste und traurigste Beispiel in

der Geschichte der Motorrad-Weltmeisterschaft. Auch er wirkte in den Jahren

vor seiner lebensverändernden Verletzung unantastbar, beinahe übermenschlich

- wie Lorenzo Dekaden später. Es sind Situationen wie diese, die auch

den Piloten selbst klar machen, dass sie trotz ihrer teilweise außerirdisch

wirkenden Leistungen nur Menschen sind. Und als solche haben auch sie

Ängste, die ein Vorankommen in ihrem Sport unmöglich machen können.

Für Jorge Lorenzo wurde dieses Gefühl im Sommer 2019 real.

ES TUT MIR LEID FÜR HONDA, DASS ES SO

GELAUFEN IST. VOR ALLEM TUT ES MIR LEID

FÜR ALBERTO. ER WAR DERJENIGE, DER MIR

DIESE CHANCE GEGEBEN HAT. ICH HABE SIE

ENTTÄUSCHT.

Lorenzo zerbrach

aber nicht nur an seinen

Verletzungen,

sondern auch an den

gewaltigen Erwartungen,

die von

außen und von ihm

selbst an ihn gestellt

wurden. Marc Marquez

und Jorge Lorenzo - das war das logische Dream-Team der MotoGP.

Zusammen hatten sie acht der letzten neun Weltmeistertitel in der Königsklasse

gewonnen. Und im Sommer 2018 waren Marquez und Lorenzo

die stärksten Fahrer im Feld. Nach all seinen Verletzungen war Lorenzo

aber eben nicht mehr derselbe wie zuvor, an der Erwartungshaltung

änderte das aber nichts. Seine Ergebnisse - kein einziges Top-Ten-Resultat

2019 - waren nicht das, wofür ein Mann seiner Klasse Rennen fährt. Und

auch nicht das, wofür Honda ihn an Bord geholt hatte. »Es tut mir leid

Drei Rennen gewann

Lorenzo für Ducati

JORGE LORENZOS KARRIERE IN ZAHLEN

297 Grands Prix

68 Siege

152 Podien

69 Pole Positions

37 Schnellste Rennrunden

3946 Punkte

5 WM-Titel

für Honda, dass es so gelaufen ist«, meinte er deshalb auch in seiner

Rücktrittspressekonferenz. »Vor allem tut es mir Leid für Alberto (Teamchef

Puig, Anm.). Er war derjenige, der mir diese Chance gegeben hat.

Ich habe ihm bei einem unserer ersten Gespräche über den Wechsel

gesagt, dass er sich das gut überlegen und nicht den falschen Fahrer holen

soll. Er meinte nur: ‚Wir werden es sicher nicht bereuen!‘ Aber ich habe

sie enttäuscht.«

Was bleibt, ist dennoch der Fakt, dass der Mann mit der Nummer 99 die

größten Fahrer seiner Ära allesamt schlagen konnte. 2015 entriss er als

bislang einziger Pilot Marc Marquez einen Titel in der Königsklasse und

gewann das dramatischste Duell der letzten Jahre gegen Teamkollege Rossi.

Zuvor hatte er bereits Superstars wie Casey Stoner oder Dani Pedrosa

schachmatt gesetzt. Und so saß am 14. November ein fünffacher Weltmeister

im Pressekonferenzraum des Circuit Ricardo Tormo von Valencia und

verkündete seinen Rücktritt. Keine Spur war an diesem Tag mehr vom

unsicheren und sozial ungelenken jungen Mann, der viele Jahre zuvor die

MotoGP im Sturm erobert hatte. Lorenzo war, spät aber doch, auch menschlich

gereift. Die Souveränität, mit der er seinen Abschied aus dem Sport

bekanntgab, gepaart mit viel Emotion und weise gewählten Worten, rang

allen Anwesenden Respekt ab: Journalisten, Teammitgliedern und

Fahrerkollegen.

Im Rahmen des Grand Prix von Spanien 2020 wird Jorge Lorenzo offiziell

zur MotoGP-Legende. Kaum jemand hat es mehr verdient als er.

64 www.Motorsport-Magazin.com


Das Honda-Abenteuer

blieb erfolglos

FOTOS: LAT IMAGES

www.Motorsport-Magazin.com 65


LORENZOS

BESTE RENNEN

JORGE LORENZO HAT IN SEINEN ZWÖLF JAHREN ALS MOTOGP-PILOT VIELE

LEGENDÄRE SCHLACHTEN GESCHLAGEN. DIE FÜNF BESTEN RENNEN SEINER

KARRIERE IM RÜCKBLICK.

TEXT: SOPHIE RIGA

5. SILVERSTONE 2013

Im letzten Teil seiner langen und erfolgreichen Karriere war Marc Marquez

einer der größten Gegner, mit denen Jorge Lorenzo zu kämpfen hatte. Und das

bereits in Marquez' Rookie-Saison 2013. Beim Großbritannien GP in Silverstone

liefern sich Lorenzo und Marquez eines ihrer ersten Duelle. Mit Dani Pedrosa

im Schlepptau fighten die beiden Spanier auf der letzten Runde verbissen um

den Sieg. Anfangs liegt der Vorteil bei Lorenzo, doch Marquez will sich einmal

mehr beweisen und liefert dem mehrfachen Champion ein knallhartes Duell.

Der Neuankömmling drückt sich innen an Lorenzo vorbei, der ihm erst einmal

nichts entgegensetzen kann. Nur ein paar Kurven weiter bläst er zum Gegenangriff

und zieht seinerseits an Marquez vorbei. Am Ende der Gegengeraden

profitiert der Honda-Pilot aber von der Power seiner RC213V und erobert die

Führung zurück. Das lässt Lorenzo nicht auf sich sitzen und drängt sich eine

Kurve weiter ebenfalls innen an Marquez vorbei. Danach hat der Rookie keine

Chance mehr, an seinem Konkurrenten vorbeiziehen. Er muss sich für dieses

Mal geschlagen geben, während Lorenzo den vierten Saisonsieg über die

Ziellinie fährt.

66 www.Motorsport-Magazin.com


FOTOS: LAT IMAGES, YAMAHA, REPSOL, DUCATI

4. JEREZ 2010

Die Rivalität zwischen Lorenzo und Dani Pedrosa in der MotoGP ist legendär. Einst

musste sogar der spanische König die beiden Konkurrenten zum Händeschütteln

auf dem Podium zwingen. Kein Wunder, dass aus dieser Rivalität einige spannende

Duelle resultierten. So zum Beispiel der Spanien GP in Jerez aus dem Jahr 2010.

Lorenzo und Pedrosa lassen auf den letzten zwei Runden ihre Konkurrenten zurück

und machen den Kampf um die Vorherrschaft in Jerez unter sich aus. Zu Beginn

des Fights auf der vorletzten Runde hat Pedrosa die Nase vorn, aber Lorenzo lauert

dicht hinter seinem Landsmann und startet mehr als nur ein aggressives Manöver.

Das nützt ihm aber nichts, denn Pedrosa kann alle seine Angriffe parieren. Damit

bleibt Lorenzo nur noch die Chance auf der letzten Runde. Und er hat Glück:

Es gelingt ihm, Pedrosa eine weitere Linie aufzudrängen, sodass er selbst in

Führung gehen kann. Die verbleibende halbe Runde nutzt Lorenzo, um seinen

Konkurrenten soweit es geht hinter sich zu lassen und er geht als triumphaler

Sieger aus diesem Zweikampf hervor.

3. MUGELLO 2018

Nach neun Jahren als Yamaha-Pilot ist es für Lorenzo

Zeit für Veränderung. Der Spanier sucht in seiner

Karriere immer wieder neue Herausforderungen, die

ihn an sein Limit und darüber hinaus treiben. Im Jahr

2017 entscheidet Lorenzo, dass seine neueste Challenge

die Ducati Desmosedici GP sein soll. Dass diese

für ihn kaum zu bewältigen sein wird, damit hatte

Lorenzo sicher nicht gerechnet. Der Spanier durchlebt

harte Zeiten und als er seinen Weg gefunden hat, ist

es bereits zu spät. Im ersten Jahr als Ducati-Pilot

kann Lorenzo keinen einzigen Sieg verzeichnen. Die

Erlösung kommt erst in seinem zweiten und letzten

Jahr bei den Italienern - ausgerechnet beim Heimspiel

in Mugello. Lorenzo liefert hier eine totale Machtdemonstration

ab, wie er es im Laufe seiner Karriere

immer wieder tut, wenn alle Bedingungen stimmen.

Er legt einen perfekten Start hin und entwischt der

Konkurrenz nach zehn Runden über eine Sekunde.

Valentino Rossi, Andrea Dovizioso, Marc Marquez -

keinem von ihnen lässt er an diesem Nachmittag auch

nur den Hauch einer Chance. Mit über sechs Sekunden

Vorsprung überquert er als Sieger die Ziellinie.

Ein Lorenzo-Sieg, wie er im Buche steht und eine

Performance, die alle Kritiker ganz plötzlich verstummen

lässt.

www.Motorsport-Magazin.com 67


FOTOS: LAT IMAGES, YAMAHA, REPSOL, DUCATI

2. BARCELONA 2009

Nachdem Lorenzo seinen Rücktritt erklärt hatte, meldeten sich viele Weggefährten

mit ihren besten Erinnerungen zu Wort. Darunter auch Lorenzos ehemaliger Teamkollege

Valentino Rossi. "Jorge war sicher einer der größten Konkurrenten meiner

Karriere", erklärte Rossi. Kein Rennen stellt diese Behauptung des Doktors besser

unter Beweis als Barcelona 2009. Lorenzo und Rossi, damals beide Piloten im

Yamaha-Werksteam, sind sich ohnehin schon nicht grün und kämpfen um die Vormachtstellung

innerhalb des Teams. In den letzten Runden des Katalonien GPs 2009

heben sie diesen Kampf dann aber auf einen völlig neuen Level. Über zwei Runden

liefern sich die beiden Giganten ein Duell der Extraklasse. Lorenzo und Rossi jagen

sich gegenseitig um den Circuit de Barcelona-Catalunya, lauern hintereinander auf

die beste Chance für ein Überholmanöver und bieten den Fans an der Strecke und

vor dem Fernseher ein haarsträubendes Finale. Keiner der beiden denkt auch nur

eine Sekunde lang ans Zurückstecken. Den Sieg trägt letztendlich Altmeister Rossi

davon, allerdings mit einem hauchdünnen Vorsprung von 0.095 Sekunden.

68 www.Motorsport-Magazin.com


1. ASSEN 2013

Das MotoGP-Piloten aus anderem Holz geschnitzt sind als normale Menschen,

zeigen sie immer wieder. Niemand machte diese Tatsache aber deutlicher als

Lorenzo bei der Dutch TT im Jahr 2013. Am Donnerstag crasht er im FP2

schwer. Die Ärzte stellen danach fest: Der Yamaha-Pilot hat sich das linke

Schlüsselbein gebrochen. Ans Aufgeben denkt der selbsternannte Spartaner

aber nicht. Stattdessen entscheidet er sich für eine fast schon absurde Alternative:

Noch am selben Tag fliegt er nach Barcelona, lässt sich dort operieren

und kehrt am Samstag nach Assen zurück. Mit seinem verletzten Schlüsselbein

startet er von P12 im Grid ins Rennen - was allein schon eine Sensation ist.

Auf den folgenden 26 Runden leistet Lorenzo dann aber Unmögliches: Er pusht

seinen in Mitleidenschaft gezogenen Körper bis über seine Grenzen hinaus

und überquert schließlich als Fünfter die Ziellinie. Als er in die Box zurückkehrt,

muss er unter Tränen vom Motorrad gehoben werden. Lorenzo zeigt an diesem

Tag in Assen eine beinahe übermenschliche Leistung, die ihm noch heute von

Fans und selbst von seinen erbittertsten Rivalen große Bewunderung

einbringt.

Enea Bastianinis erster

Sieg ist nur noch eine

Frage der Zeit

www.Motorsport-Magazin.com 69


FOTOS: LAT IMAGES

FOTOS: LAT IMAGES

70 www.Motorsport-Magazin.com


MARQUEZ

TOTAL

DAS

TEXT: MARKUS ZÖRWEG

GAB ES NOCH NIE. MIT MARC

UND ALEX MARQUEZ KÄMPFEN

2020 ZWEI BRÜDER FÜR REPSOL

HONDA UM SIEGE UND TITEL IN DER

KÖNIGSKLASSE DES MOTORRAD-

SPORTS. EIN PROJEKT MIT

GEWALTIGEN CHANCEN, ABER

AUCH GROSSEN RISIKEN.

www.Motorsport-Magazin.com 71


Donnerstag, 14. November 2019,

kurz vor 12:00 Uhr mittags. Der

Autor dieser Zeilen landet zum

MotoGP-Saisonfinale in Valencia.

Im Paddock hat man sich auf

einen gemütlichen Jahresabschluss

eingestellt. Die WM-Titel

sind in allen drei Klassen vergeben.

Bei den Testfahrten am

Dienstag und Mittwoch wird es

keine aufregenden Wechsel oder

Debüts geben. So zumindest die

Annahme. Diese stellt sich aber

schnell als falsch heraus. Als der

Flugmodus am Smartphone deaktiviert wird, poppt

als erstes eine WhatsApp-Nachricht des Kollegen

Michael Höller am Display auf: »Servus! Pressekonferenz

mit Jorge Lorenzo und Carmelo Ezpeleta

heute um 15:00 Uhr.«

Was das zu bedeuten hat, ist jedem klar. Jorge

Lorenzo wird seinen Rücktritt bekanntgeben - und

der vermeintlich ruhige Ausklang in Valencia wird

damit - zumindest abseits der Strecke - zum spektakulärsten

MotoGP-Wochenende des Jahres 2019.

Die Gerüchteküche brodelt nicht mehr vor sich

hin, sie kocht regelrecht über. Stefan Bradl, Cal

Crutchlow, Johann Zarco, Takaaki Nakagami - alle

gelten als mögliche Nachfolger von Lorenzo für

den Platz im Honda-Werksteam 2020. Die Spekulationen

laufen in der Folge völlig aus dem Ruder.

Jedes Treffen, jede Bewegung der Akteure im

Fahrerlager wird als Zeichen für eine Verpflichtung

gewertet. Abseits all der Mutmaßungen zeichnet

sich am Samstag ein wahrer Sensationsdeal ab. Kein

etablierter MotoGP-Fahrer, sondern Marc Marquez‘

jüngerer Bruder Alex soll den zweiten Platz

bei Repsol Honda übernehmen. Die offizielle

Bestätigung lässt lange auf sich warten. Montagabend,

exakt um 18:30 Uhr ist es dann endlich

soweit. »HRC sign Alex Marquez«, verkündet das

Team mittels Presseaussendung.

Einer der spektakulärsten Transferdeals der

MotoGP-Geschichte ist damit perfekt. Ein Deal,

der im Fahrerlager für jede Menge Gesprächsstoff

sorgt. Zu Recht, könnte er sich doch entweder als

absolut genial oder völlig falsch herausstellen. Was

am Ende der Fall sein wird, weiß jetzt noch niemand.

Motorsport-Magazin.com analysiert aber,

was aus aktueller Sicht für die Verpflichtung von

Alex Marquez spricht - und was dagegen.

ALEX‘ LEISTUNGEN

Blickt man auf die nackten Zahlen, war Alex

Marquez für Repsol Honda die logische Besetzung

2020. Der amtierende Moto2-Weltmeister

hat in der abgelaufenen Saison fünf Rennen gewonnen.

Und mit 23 Jahren ist Alex immer noch jung.

Die Alternativen der HRC wären MotoGP-Fahrer

72 www.Motorsport-Magazin.com

gewesen, die jeweils unterschiedliche Gründe gegen

sich sprechen hatten: Stefan Bradl ist für Honda als

Testfahrer zu wichtig, um ihn von dieser Position

abzuziehen. Außerdem war er seit seinem WSBK-

Abenteuer 2017 nicht mehr Stammfahrer. Cal

Crutchlow ist mittlerweile 34 Jahre alt, durch seine

MotoGP-Karriere körperlich schwer gezeichnet

und damit alles andere als eine Zukunftsperspektive.

Johann Zarco kann zweifelsohne ein sehr

schneller MotoGP-Fahrer sein, wäre nach seiner

desaströsen KTM-Zeit aber auch eine sehr riskante

Verpflichtung gewesen. Takaaki Nakagami schließlich

hat in der Moto2 weniger gewonnen als Alex

Marquez, in der MotoGP bislang nur selten restlos

überzeugt und ist auch bereits 27 Jahre alt. »Wenn

man nicht auf den Namen blicken würde, könnte

niemand etwas gegen diese Verpflichtung einwenden«,

fasste Teamchef Alberto Puig die Situation

völlig richtig zusammen.

DAS MARKETING

Der geneigte Fan an der Rennstrecke oder vor

dem TV-Gerät vergisst oft gerne, dass die

MotoGP mehr ist als nur sportlicher und ingenieurstechnischer

Wettkampf. Für die Hersteller

ist der treibende Grund für ein Engagement im

Motorsport stets derselbe: Man will mehr Motorräder

oder Autos verkaufen. Das gelingt zum einen

über Erfolge, zum anderen über eine spannende

Geschichte, die es zu erzählen gibt. Paradebeispiel

hierfür ist Yamaha, wo Valentino Rossi seit Jahren

nicht mehr für die großen sportlichen Triumphe

sorgt. Aber Rossi ist immer noch der Liebling der

Massen und mit seinem Sunnyboy-Image definitiv

für den Verkauf von deutlich mehr Yamahas verantwortlich

als der wesentlich erfolgreichere Maverick

Vinales. Solange man bei Honda einen Marc

Marquez in seinen Reihen hat, muss man sich um

die sportlichen Erfolge kaum Sorgen machen.

In Valencia drehten die Brüder

bereits zusammen ihre Runden

Gewann 2019 fünf GPs:

Alex Marquez


FOTOS: LAT IMAGES

LEGENDÄRE BRÜDER

DER MOTORRAD-WM

Brüder gab es in der über 70-jährigen Geschichte der

Motorrad-WM schon viele. Wenige sorgten aber wirklich

für Furore. Nur Marc und Alex Marquez konnten sich bislang

beide WM-Titel sichern, in fünf anderen Familien

krönte sich zumindest ein Bruder zum Champion.

MARC & ALEX MARQUEZ

Seit der Saison 2019 sind Marc und Alex Marquez die

erfolgreichsten Brüder der WM-Geschichte. Mit den Titelgewinnen

von Marc in der MotoGP und Alex in der Moto2

schraubten sie ihr gemeinsames Konto auf zehn Weltmeisterschaften.

94 Siege und 172 Podiumsplatzierungen

holten sie zusammen bislang. Damit liegen sie in diesen

beiden Wertungen aber nur auf Rang zwei.

VALENTINO ROSSI & LUCA MARINI

Streng genommen sind Valentino Rossi und Luca Marini

nur Halbbrüder. Interessanterweise ist der gemeinsame

Elternteil nicht Valentinos erfolgreicher Vater Graziano (3

Grand-Prix-Siege, WM-Dritter 1979 in der 250ccm-

Klasse), sondern Mutter Stefania Palma. Für den Löwenanteil

der Erfolge ist noch Valentino Rossi verantwortlich,

der alle neun WM-Titel sowie 115 der 118 GP-Siege und

234 der 243 Podiumsplatzierungen holte, die in diesen

Wertungen die Ränge zwei, eins und eins bedeuten.

WALTER & FRANCESCO VILLA

Walter Villa war einer der erfolgreichsten Fahrer der

1970er Jahre. Von 1974 bis 1976 wurde er drei Mal in

Serie 250ccm-Weltmeister, in der letzten Saison holte er

zusätzlich den 350ccm-Titel. Insgesamt brachte er es auf

24 Siege und 38 Podiumsplatzierungen. Bruder Francesco

kam an diese Erfolge nie heran. Siege und Titel blieben

ihm verwehrt, immerhin schaffte er zwei Mal den Sprung

auf das Treppchen.

Haruchika, Takuma & Nobuatsu Aoki

Gleich drei Aoki-Brüdern gelang der Sprung in die WM.

Haruchika war mit zwei 125ccm-Weltmeistertiteln, neun

Siegen und 20 Podien der erfolgreichste von ihnen.

Takuma gewann ein Rennen und stand sieben Mal auf

dem Treppchen, Nobuatsu musste sich mit vier Podien

begnügen.

POL & ALEIX ESPARGARO

Neben Marc und Alex Marquez sind sie das zweite Brüdergespann

der MotoGP 2020. Pol feierte 2013 den

Titelgewinn in der Moto2. Er hat bislang 15 Rennsiege

und 45 Podien geholt. Für Aleix blieb es bisher bei zwei

Besuchen auf dem Podest.

Für Alex gibt es in der

MotoGP viel zu lernen

CHRISTIAN & DOMINIQUE SARRON

Auch Frankreich hat ein erfolgreiches Brüderpaar zu bieten.

Beide Sarron-Geschwister gewannen WM-Läufe

(Christian sieben und Dominque vier) und holten mit 37

beziehungsweise 16 beide einige Podiumsplatzierungen.

Weltmeister wurde aber nur Christian, 1984 auf der

250ccm-Yamaha.

www.Motorsport-Magazin.com 73


Mit dem Brüderpaar im Werksteam hat man nun

auch eine Story zu bieten, die nicht nur von der

Motorsportpresse aufgegriffen wird, sondern auch

von den Mainstream-Medien gerne gespielt wird.

Geschafft: Alex

Marquez ist

Moto2-Champion

DER DRUCK

MotoGP zu fahren bedeutet Druck. Für Repsol

Honda MotoGP fahren bedeutet mehr

Druck. Und als jüngerer Bruder von Marc

Marquez an dessen Seite bei Repsol Honda

MotoGP zu fahren, bedeutet wohl den größten

Druck, den man sich als Rookie vorstellen kann.

Die Königsklasse des Motorradsports kann auf

Neueinsteiger ohnehin schnell überwältigend

wirken. Die Gegner sind stärker, die Maschinen

schneller, die Konsequenzen größer. Ein Vielfaches

der bisherigen Sponsoren- und Medientermine

wartet plötzlich auf die Rookies. All das

gilt im Fall von Alex Marquez noch viel mehr

als bei anderen Aufsteigern. Auf ihn waren

bereits in den November-Testfahrten alle Augen

gerichtet. Daran wird sich 2020 nichts ändern.

Noch ist Alex weit von der MotoGP-Spitze entfernt

und einen gewissen Welpenschutz wird

man ihm gewähren, aber früher oder später

muss er liefern. Läuft es in den ersten Rennen

nicht nach Wunsch, wird die Kritik an ihm

schnell laut werden. Und damit der Druck

rasant in schwindelerregende Sphären wachsen.

Druck kann im Spitzensport ein zweischneidiges

Schwert sein. Manche Athleten erzielen

unter großer Erwartungshaltung ihre besten

Leistungen, andere fühlen sich dadurch

gehemmt oder zerbrechen sogar daran. Zu den

Piloten, die Druck brauchen, um abzuliefern,

gehört Alex Marquez definitiv nicht. Ein Blick

auf Alex‘ Moto2-Weltmeistersaison 2019 zeigt

das eindrucksvoll: Im Sommer gewann er fünf

von sechs aufeinanderfolgenden Rennen, in

Assen wurde er in aussichtsreicher Position

abgeschossen. Dann geriet Marquez ins Straucheln.

Von den letzten neun GPs 2019 gewann

er keinen einzigen mehr, stand nur drei Mal auf

dem Podium und kam zwei Mal zu Sturz. Er

wirkte nervös und machte Fehler, die man so

früher im Jahr nicht von ihm gesehen hatte. Um

ein Haar hätte er den Moto2-Titel am Ende noch

an Brad Binder verspielt - nur drei Punkte

Abstand entschieden. Sollte Alex in der MotoGP

mit Druck ähnlich schlecht umgehen können,

könnte es für ihn schnell eng werden. Denn eine

reibungslose Anpassung an eine neue Klasse

gelang ihm etwa in der Moto2 ganz und gar

nicht. Dorthin kam er ebenfalls als amtierender

Weltmeister - damals aus der Moto3. Er brauchte

aber 32 Rennen für seine erste Podiumsplatzierung

und gar 40 Anläufe für den ersten Sieg.

Mit dem ersehnten Weltmeistertitel klappte es

erst im fünften Jahr.

FOTOS: LAT IMAGES

Marc feierte den Titel

mit seinem Bruder

74 www.Motorsport-Magazin.com


Den Valencia-Test bestritt Alex

noch für LCR

Alex tauscht die Moto2-Kalex

gegen die MotoGP-Honda

Im fünften Moto2-Jahr

gelang der große Coup

MARCS BINDUNG

Marc Marquez ist aktuell die kostbarste Aktie

auf dem Fahrermarkt der MotoGP. Jeder Hersteller

hätte den Mann, der sechs der letzten

sieben Titel in der Königsklasse geholt hat, gerne

auf seinem Motorrad. Nicht jedem Werk wird es,

entweder aus sportlichen, persönlichen oder finanziellen

Gründen, möglich sein, ernsthaft um ihn

zu buhlen. Zumindest zwei Hersteller scheinen

aktuell für Marquez aber eine durchaus realistische

Alternative zu seiner langjährigen Heimat Honda

zu sein. Ducati hat bislang noch jeden einzelnen

MotoGP-Weltmeister mit Ausnahme von Marquez

selbst nach Borgo Panigale gelockt: Casey Stoner

fuhr von 2007 bis 2010 für die Roten und feierte

dort seine größten Erfolge, Valentino Rossi saß

2011 und 2012 auf der Desmosedici, Nicky Hayden

von 2009 bis 2013 und Jorge Lorenzo 2017 und

2018. Marc Marquez würde sich in diese Reihe

perfekt eingliedern. Dass man bei Ducati nicht

davor zurückscheut, für den gewünschten Fahrer

auch eine Menge Geld in die Hand zu nehmen,

zeigte die Verpflichtung von Jorge Lorenzo. Für die

Rekordgage von 25 Millionen Euro in zwei Jahren

verließ er damals Yamaha. Interessant für Marquez:

Die Desmosedici GP ist in ihrem Charakter seiner

geliebten Honda RC213V nicht unähnlich. Beide

Maschinen belohnen einen aggressiven und körperbetonten

Fahrstil. Die Umstellung würde Marquez

also wohl nur geringe Sorgen bereiten. Was

für Ducati gilt, gilt auch für KTM. Finanzielle

Mittel sind durch das Sponsoring von Energy-

Drink-Gigant Red Bull ausreichend vorhanden.

Und auch die RC16 ist als Motorrad bekannt, dass

seine Qualität dann richtig zeigt, wenn es der Fahrer

ordentlich um die Strecke prügelt - Marquez-

Style eben. Für KTM sprechen außerdem sportpolitische

Überlegungen. Man teilt sich Sponsor

Red Bull mit Marquez, was vertragliche Probleme

verhindert. Außerdem hat der einen historischen

Draht zum Hersteller, bestritt er doch seine ersten

beiden WM-Saisons auf Material aus Österreich.

Honda weiß also, dass die Dienste von Marc Marquez

nicht auf ewige Zeiten gesichert sind. Dementsprechend

unternimmt man alles, um ihn

zufriedenzustellen. Zwar soll Marc nie aktiv in die

Wahl seines Teamkollegen eingegriffen haben, aber

es ist klar, dass er lieber seinen eigenen Bruder als

irgendeinen anderen Fahrer auf der anderen Seite

der Repsol-Honda-Box wollte. Ein vielleicht nicht

geäußerter Wunsch, den man ihm dennoch

erfüllte. Und den die HRC in der nächsten Verhandlungsrunde

definitiv ins Rennen führen wird.

DIE MOTORRADENTWICKLUNG

Die Honda RC213V gilt seit Jahren als das am

schwierigsten zu fahrende Motorrad der

MotoGP. Vor allem in der abgelaufenen

www.Motorsport-Magazin.com 75


Saison wurde das augenscheinlich. Cal Crutchlow

und vor allem Jorge Lorenzo bissen sich am

Modelljahrgang 2019 die Zähne aus. Nur Marc

Marquez war mit diesem Motorrad erfolgreich

unterwegs. Weil er eben Marc Marquez ist und

jede Maschine mit seinem unglaublichen Talent

und seinen teils surrealen Reflexen irgendwie

kontrollieren kann. Er zeigte bislang kein großes

Interesse daran, die Honda fahrbarer und damit

auch für seinen Markenkollegen konkurrenzfähig

zu machen. Für ihn ging es stets nur um die Suche

nach mehr Performance. Und warum sollte das

auch anders sein? Das 2019er Bike war die wohl

forderndste Honda seit dem MotoGP-Einstieg

von Marquez 2013. Und damit war er erfolgreicher

als je zuvor. Dass Crutchlow und Lorenzo

auf demselben Motorrad gewaltige Probleme

hatten, kann ihm egal sein. Ob es Marc aber auch

so egal sein wird, wenn Bruder Alex strauchelt,

darf zumindest bezweifelt werden. Das könnte

Marc dazu bringen, die Maschine in Zukunft

nicht nur schneller, sondern auch fahrbarer zu

machen. Eine Entwicklung, von der Honda als

gesamtes MotoGP-Projekt profitieren würde.

Marc Marquez dämpfte derartige Hoffnungen

nach dem Valencia-Test aber bereits wieder:

»Natürlich arbeiten wir am Chassis, um zu versuchen,

konstanter zu werden. Ich denke aber,

dass der Charakter mehr oder weniger gleichbleiben

wird. Ein einfacher zu fahrendes Motorrad

würde sicher allen anderen Honda-Fahrern

helfen, aber mein Ziel ist es, das schnellstmögliche

Bike zu haben. Mir ist egal, ob es schwierig

ist oder nicht - wichtig ist nur, dass ich gewinne.«

DIE ABLENKUNG

Vielleicht wird Marc Marquez also das gemeinsame

Motorrad nicht im Sinne seines Bruders

entwickeln. Auf jeden Fall wird er aber immer

wieder mit einem Auge auf die andere Seite der

Box schielen. Nicht, um sich dadurch einen Vorteil

zu erarbeiten, sondern um zu sehen, wie es dem

Rookie-Kollegen denn da so geht. Die Marquez-

Brüder stehen sich sehr nahe. Sie reisen zusammen,

sie trainieren zusammen und sie wohnen

zusammen - zuhause in Cervera ebenso wie an

den Rennstrecken der Welt im gemeinsamen

Motorhome. Marc Marquez ist auf der Strecke ein

eiskalter Killer, abseits davon aber eine absolut

liebenswerte Person mit großem Interesse an seinen

Mitmenschen, vor allem seinem engsten

Umfeld. Es scheint unmöglich, dass der Bruder

im eigenen Team für Marc nicht irgendwann zur

Ablenkung wird. Das muss kein Drama sein, wenn

Marc ansonsten eine ähnliche Dominanz an den

Tag legt wie in der abgelaufenen Saison. Es könnte

aber zum Zünglein an der Waage werden, wenn

es nicht ganz so nach Wunsch läuft und ein echter

Titel-Showdown wie 2013 gegen Jorge Lorenzo

oder 2017 gegen Andrea Dovizioso entsteht.

EIN EINFACHER ZU FAHRENDES MOTORRAD WÜRDE

SICHER ALLEN ANDEREN HONDA-FAHRERN HELFEN,

ABER MEIN ZIEL IST ES, DAS SCHNELLSTMÖGLICHE BIKE

ZU HABEN. MIR IST EGAL, OB ES SCHWIERIG IST ODER

NICHT - WICHTIG IST NUR, DASS ICH GEWINNE.

Bedenken, die Teamchef Alberto Puig allerdings

nicht teilt: »Ich glaube, dass Marc an gar nichts

denkt, außer wieder Weltmeister zu werden.«

DER LEHRMEISTER

Was zur Belastung für Marc werden könnte,

kann für Alex nur ein Vorteil sein. Er wird

als Rookie den besten MotoGP-Fahrer der

Gegenwart zum Teamkollegen haben. Wie schwierig

es ist, als Neueinsteiger in der Königsklasse Fuß

zu fassen, wurde in diesem Artikel bereits thematisiert.

Marc Marquez in dieser Situation als Lehrmeister

zu haben, noch dazu mit sieben Saisons

Routine auf diesem Motorrad und in diesem Rennstall,

ist ein Segen. Für Marc gibt es keinen Grund,

nicht seinen vollen Erfahrungsschatz an den jüngeren

Bruder weiterzugeben. Schließlich wird Alex

in absehbarer Zeit kein wirklich ernstzunehmender

Gegner für ihn sein. Der wiederum muss

nur aufpassen, bei all den wertvollen Informationen,

die er von Marc erhält, nicht die Realität aus

den Augen zu verlieren. Denn was für Marc Marquez

richtig ist oder funktioniert, kann für andere

Piloten ein absoluter Irrweg sein. Honda-Kollege

Cal Crutchlow fasste es beim Saisonfinale in Valencia

treffend zusammen: »Ich kann mir Marcs

Der Moto2-Ttiel war für

Alex eine echte Erlösung

Eigentlich wäre Alex auch

2020 Moto2 gefahren

76 www.Motorsport-Magazin.com


Alex Marquez stand bei

den November-Tests im

Rampenlicht

FOTOS: LAT IMAGES

Daten ansehen und weiß genau, was er besser oder

anders macht. Das ist schön, aber es bringt mir

nichts. Ich weiß zwar, was er macht, aber ich weiß

auch, dass ich es einfach nicht nachmachen kann.«

DIE HARMONIE

Egal, wie und in welcher Form Marc Marquez

seinem Bruder Alex bei Repsol Honda nun

helfen oder auch nicht helfen wird. Eines kann

man jetzt schon als Tatsache annehmen: Mit diesen

beiden Fahrern im Team wird es keinen Stallkrieg

geben. Diese Garantie ist schon mehr, als sich die

meisten anderen Hersteller in ihren Factory-Truppen

erträumen können. Ein gewisses Konfliktpotenzial

schwelt da nämlich immer vor sich hin, ist

der Teamkollege gemäß einer alten Motorsportweisheit

ja stets der erste Gegner. Es liegt in der

Natur der Sache, dass in den schlagkräftigsten

Rennställen stets echte Alphatiere aufeinandertreffen,

die um Siege und Weltmeistertitel kämpfen.

Wie schnell aus dem gesunden Konkurrenzverhältnis

eine vergiftete Feindschaft wird, zeigten die

letzten Jahre in der MotoGP immer wieder. Jorge

Lorenzo und Andrea Dovizioso etwa wurden als

Ducati-Teamkollegen nie beste Freunde. Im Titelkampf

2017 schien Lorenzo seinem Stallgefährten

sogar Schützenhilfe zu verweigern. Man erinnere

sich nur an die wiederholten Aufrufe zum Wechsel

in ‚Mapping 8‘ und die verzweifelten Gesichter von

Gigi Dall‘Igna, Paolo Ciabatti & Co. In den folgenden

Monaten führten Dovizioso und Lorenzo

dann sogar einen offenen Krieg der Worte über

die Medien. Ganz ähnlich lief es zwischen Lorenzo

und Valentino Rossi in den beiden gemeinsamen

Yamaha-Partnerschaften ab. Auslöser war hier eine

große sportliche Rivalität, die aber spätestens im

Saisonfinale 2015 auf eine sehr persönliche Ebene

abrutschte. Die Fronten zwischen Rossi und

Lorenzo waren so verhärtet, dass der Abgang eines

der beiden Fahrer mit Ende 2016 praktisch unvermeidbar

war. Und auch zwischen Marc Marquez

und Dani Pedrosa gab es Reibereien, etwa als Rookie

Marquez seinem Kollegen in Aragon 2013 das

Kabel der Traktionskontrolle kappte. Derartige

Duelle können das Beste aus beiden Piloten

herausholen, oftmals lähmen sie aber die Zusammenarbeit

und den Fortschritt im Team. Ein

Risiko, dass man bei Honda für 2020 ganz bewusst

vermieden hat.

www.Motorsport-Magazin.com 77


FOTOS: LAT IMAGES

TEXT: MARKUS ZÖRWEG

FÜR EIN UNTERNEHMEN, DESSEN FIRMENLOGO AUS DREI STIMMGABELN BESTEHT,

KÄMPFT MAN BEI YAMAHA SEIT JAHREN MIT HEFTIGEN DISSONANZEN. EIN ENDE

DERER SCHEINT UNWAHRSCHEINLICH.

78 www.Motorsport-Magazin.com


www.Motorsport-Magazin.com 79


nglaubliche 655 Punkte

konnte das Yamaha-

Werksteam mit seinen

Piloten Jorge Lorenzo

und Valentino Rossi in

den 18 Rennen der Saison

2015 anhäufen. Nie

zuvor und auch nie

danach war ein MotoGP-Team erfolgreicher. In der

Fahrerwertung holte sich Lorenzo die Weltmeisterschaft

vor Teamkollege Rossi, Marc Marquez folgte

mit großem Respektabstand. Auch in der Herstellerwertung

triumphierte Yamaha. Es war der Höhepunkt

einer glorreichen Ära für die japanische

Marke, in der man innerhalb von zwölf Saisons 18

WM-Titel (sieben Mal in der Fahrer-, sechs Mal in

der Team- und fünf Mal in der Herstellerwertung)

erringen konnte. Der Höhepunkt wurde aber

gleichzeitig zu einem vorläufigen Endpunkt, denn

in den vergangenen vier Jahren gelang mit dem

Team-Titel 2016 nur noch ein voller Erfolg.

Yamaha wurde innerhalb kürzester Zeit vom Überflieger

zu einem der Sorgenkinder der MotoGP. Mit

der Umstellung von Bridgestone- auf Michelin-

Reifen zum Jahr 2016 und der parallellaufenden

Einführung der Einheitselektronik stürzten die

stolzen Japaner in der Hackordnung der Königsklasse

ab. Seither geht es bei Yamaha mal etwas

bergauf, mal wieder bergab. An den vorhandenen

Problemen hat sich in Iwata seither aber kaum

etwas geändert. Die Klagen der Fahrer blieben bis

heute unverändert: Es fehlt an Motorleistung, vor

allem gegenüber den zuletzt dominierenden Marken

Honda und Ducati. Die Suche nach den fehlenden

Pferdestärken gestaltet sich schwierig. Verpasst

man dem Reihenvierzylinder der M1 mehr

Power, muss die ECU restriktiver eingreifen. Da

Yamaha im Feld der Elektronik jahrelang die Zeichen

der Zeit verschlafen hat, fehlen dafür aber die

passenden Lösungen und der gefunden geglaubte

Leistungszuwachs verpufft. Die Alternative: Man

lässt das Triebwerk ohne große Eingriffe seinen

Dienst tun, verheizt dabei aber die Michelin-Pneus

und zahlt dafür spätestens am Rennsonntag einen

teuren Preis.

Die Vorgaben für 2020 sind also klar: Man braucht

deutlich mehr Motorleistung, gleichzeitig aber dürfen

Fahrbarkeit - seit jeher der große Trumpf der

M1 - und Reifenverschleiß nicht darunter leiden.

Was simpel klingt, gleicht der Quadratur des

Kreises. Und an der dürfte man bei Yamaha wohl

auch 2020 scheitern. Bereits beim Brünn-Test im

August rollte man erstmals Prototypen für die kommende

Saison aus der Box. Deutlich früher als in

den vergangenen Jahren und auch vor den fünf

Konkurrenten Honda, Ducati, Suzuki, KTM und

Aprilia. In den November-Testfahrten von Valencia

und Jerez spulten Maverick Vinales und Valentino

Rossi weitere hunderte Runden auf dem 2020er

Modell ab und fuhren direkte Vergleiche mit dem

80 www.Motorsport-Magazin.com

Modell aus der abgelaufenen Saison. An den Statements

der Fahrer hatte sich allerdings wenig geändert.

»Besser, aber nicht gut genug«, war da beinahe

wortgleich aus den Mündern der Werkspiloten zu

hören.

Yamaha scheint auf der Suche nach mehr Motorleistung

gegen eine Wand zu fahren. Zunehmend

wird hinterfragt, ob das traditionelle Konzept des

Reihenvierzylinders noch eine Zukunft hat. Auf

flüssigen Strecken wie Silverstone oder Phillip

Island ist man damit stets konkurrenzfähig, doch

der größte Teil der modernen MotoGP-Kurse weist

eine grundlegend andere Charakteristik auf. Es sind

Stop-and-Go-Strecken mit harten Brems- und

Beschleunigungszonen, auf denen gegen die

V4-Raketen von Honda und Ducati nur selten ein

Stich zu machen ist. Yamaha muss sich zumindest

den Vorwurf gefallen lassen, langfristig gesehen auf

das falsche Pferd zu setzen.

Aber nicht nur bei der Wahl des technischen Konzepts

gibt es Zweifel am Yamaha-Management. Seit

Jahren tritt man in der Weiterentwicklung auf der

Stelle - und das wohl nicht zufällig. Während Ducati

oder Honda seit Jahren mindestens ein aktuelles

Motorrad in ihren Kundenteams Pramac Racing

beziehungsweise LCR einsetzen und damit durch

einen dritten Fahrer mit Factory-Status wertvolle

Informationen gewinnen, speiste man bei Yamaha

seine Kunden jahrelang billig ab. Das hervorragend

geführte und im Rahmen seiner Möglichkeiten

auch durchaus erfolgreiche Tech3-Team von Herve

Poncharal musste stets mit veraltetem Material und

vergleichsweise sehr geringer Unterstützung durch

das Werk auskommen. Für die Saison 2019 hatte

Poncharal genug, wechselte mit seiner Truppe zu

KTM und genoss dort sofort umfangreichen Support.

Nun hatte man wohl auch bei Yamaha den

Fehler eingesehen, musste sich aber erst ein neues

Satelliten-Team schaffen. Mit Mineralölkonzern

Maverick Vinales feierte 2019

immerhin zwei Siege

YAMAHA WURDE INNER-

HALB KÜRZESTER ZEIT

VOM ÜBERFLIEGER ZU

EINEM DER SORGEN-

KINDER DER MOTOGP.

DIE JAPANER STÜRZTEN

IN DER HACKORDNUNG

DER KÖNIGSKLASSE AB.

2019 lief für Rossi

nicht rund: Defekte…

…und Stürze machten

ihm zu schaffen


FOTOS: LAT IMAGES

Dringend benötigte Erfolge

bleiben aus und Frust macht sich breit.

Die Probleme liegen

im Inneren der M1

Petronas und den Verantwortlichen des Sepang

International Circuit an Bord gelang das, Yamaha

lieferte besseres Material, bot mehr Unterstützung

und siehe da - der neue Rennstall schlug voll ein.

Die verpassten Möglichkeiten, die das Tech3-Team

geboten hätte, kann man aber freilich so schnell

nicht wettmachen. Vor allem, weil Yamaha auch in

der werksinternen Entwicklungsabteilung träge und

zuletzt sogar unverständlich handelte. Testtage für

die Einsatzfahrer der MotoGP wurden in der jüngsten

Vergangenheit durch das Reglement mehr und

mehr reduziert, was die Arbeit guter Testpiloten

umso wichtiger machte. Ducati und KTM

erkannten das schnell und setzten mit Michele Pirro

beziehungsweise Mika Kallio auf schnelle Männer.

Honda und Suzuki zogen nach, installierten europäische

Testteams mit MotoGP-erfahrenen Routiniers

wie Stefan Bradl und Sylvain Guintoli. Für

2019 sah schließlich auch Yamaha ein, dass man

FOTOS: LAT IMAGES

Ungewisse Zukunft:

Macht Rossi 2021 weiter?

mit Katsuyuki Nakasuga und Kohta Nozane, die

mittlerweile mehrere Sekunden abseits der Pace an

der MotoGP-Spitze fuhren, keine großen Sprünge

mehr machen würde. Jonas Folger wurde unter

großem Lob von Vinales und Rossi als Testfahrer

verpflichtet - nur um ihn ein Jahr später wieder vor

die Türe zu setzen und erneut auf das Duo Nakasuga/Nozane

zu bauen. Der Rauswurf wurde

Anfang November von Folger selbst publik

gemacht, der sich in einem Statement über die Vorgehensweise

Yamahas ärgerte. Kein Wunder, hatte

Teamchef Massimo Meregalli wenige Wochen

zuvor noch im italienischen Fernsehen eine Verlängerung

mit Folger als fix verkündet. Sowohl die

getroffene Entscheidung als auch der Prozess der

Entscheidungsfindung werfen hier viele Fragen auf,

die sich kaum logisch beantworten lassen.

Eine Menge fragwürdiger Schachzüge also, die

Yamaha da zuletzt gesetzt hat. Weitere, sehr schwierige

und möglicherweise folgenschwere könnten

aber bevorstehen. Sollte sich nämlich Valentino

Rossi tatsächlich dazu entscheiden, seinen aktuell

bis Ende 2020 laufenden Vertrag noch einmal zu

verlängern, hat man bei Yamaha im wahrsten Sinne

des Wortes die Qual der Wahl. Rossi ist die ultimative

Ikone der MotoGP. Wenn er im Werksteam

bleiben will, dann bleibt er es auch. Yamaha wird

es nicht wagen, ihn auszubooten. Hier hat man sich

selbst in ein Abhängigkeitsverhältnis manövriert.

Zu wichtig ist ‚Il Dottore‘ für die Außenwirkung

der Marke, auch wenn er sportlich nur noch selten

für Schlagzeilen sorgt. Zur Erinnerung: Rossis letzter

Sieg ist zweieinhalb Jahre her (Assen 2017), sein

letztes Podium liegt acht Monate zurück (Austin

2019).

Teamkollege Maverick Vinales hingegen ist der

erfolgreichste Yamaha-Fahrer der letzten drei Saisons,

hat in diesem Zeitraum sechs Mal so viele

Siege geholt wie Rossi. Dennoch hat er seinen Platz

im Werksteam ab 2021 alles andere als sicher. Weil

man bei Yamaha mit Fabio Quartararo aus dem

Petronas-Team einen jungen Mann im Fahrerkader

hat, der von vielen Experten als aktuell einzig möglicher

Herausforderer von Marc Marquez in näherer

Zukunft gesehen wird. Man wird sich hüten, diese

heiße Aktie an einen Konkurrenten zu verlieren.

Es stellt sich jedoch die Frage, ob man Vinales etwa

gerne auf einer Ducati gegen sich hätte. Die Roten

aus Borgo Panigale sollen bei MV12 bereits angeklopft

haben...

www.Motorsport-Magazin.com 81


FOTOS: LAT IMAGES, KTM

82 www.Motorsport-Magazin.com


TEXT: MICHAEL HÖLLER

DAS ABGELAUFENE MOTOGP-JAHR WAR IN VIELERLEI HINSICHT EINE

SAISON DER REKORDE. SIEGESSERIEN UND NEUE ALLZEIT-BESTMARKEN

GAB ES EBENSO WIE NEGATIVREKORDE. DAS MOTORRAD-JAHR 2019

IM RÜCKSPIEGEL.

www.Motorsport-Magazin.com 83


Niemand kann Marquez

zurzeit aufhalten

REKORD-DOMINATOR

Die MotoGP-Saison 2019 stand ganz im Zeichen

eines Mannes: Marc Marquez. Der Weltmeister

holte nicht nur seinen sechsten Titel

in der Königsklasse (und achten gesamt),

sondern dominierte das Jahr wie selten zuvor.

Zwölf Saisonsiege, sechs zweite Plätze und

nur ein Ausfall (in Führung liegend) stehen in

seiner Jahresbilanz. In 18 der 19 Rennen verbuchte

er zumindest eine Führungsrunde

(nur in Sepang nicht), insgesamt lag er 264

Runden in Führung, was rund 57 Prozent der

gesamten Rennrunden des Jahres entspricht.

In mehreren Kategorien stellte Marquez

Rekorde auf: Zum ersten Mal holte ein Fahrer

in einer Saison 18 Podestplätze, zudem pulverisierte

der Spanier den alten Punkterekord

von Jorge Lorenzo und stellte mit 420 Punkten

eine neue Bestmarke auf. An starken Tagen

war kein Kraut gegen ihn gewachsen, so

holte er in Argentinien, Jerez, am Sachsenring,

in Brünn, Aragon und Motegi ungefährdete

Start-Ziel-Siege. An »schwachen Tagen«

verpasste er den Sieg nur knapp: 0,023

Sekunden fehlten in Katar, 0,043 Sekunden

in Mugello, 0,213 Sekunden in Spielberg und

Acht WM-Titel konnte

Marquez bisher feiern

Marquez krönte sich in Buriram zum

Weltmeister

0,013 in Silverstone. Nur in Assen und Sepang kämpfte Marquez nicht bis zur letzten Runde

um den Sieg. Neben der Fahrer-WM gewann er damit auch die Konstrukteurs-WM im Alleingang

für Honda. In der Team-Wertung steuerte er 420 der 458 von Repsol Honda erzielten

Punkte bei und legte damit den Grundstein zum dritten WM-Titel des Jahres für seinen Arbeitgeber.

»Das ist ohne Zweifel meine bislang beste Saison in der MotoGP. Ja, 2013 habe ich 13

Rennen gewonnen, aber damals waren die Unterschiede zwischen den einzelnen Herstellern

und Motorrädern ziemlich groß. Jetzt ist das Feld extrem konkurrenzfähig und du kannst mit

vier Herstellern gewinnen«, analysierte der Dominator nach seiner Titelverteidigung, die ihm

bereits im 15. der 19 Rennen im thailändischen Buriram gelang. Dabei war er mit Handicap

in die Saison gestartet, denn aufgrund der Folgen einer Schulteroperation konnte er beim

Testauftakt in Sepang lediglich sechs Runden am Stück absolvieren, ehe die Schmerzen und

die Erschöpfung zu groß wurden. Die Konkurrenz muss sich damit auch im kommenden Jahr

warm anziehen, denn 2020 geht Marquez topfit in die neue Saison.

84 www.Motorsport-Magazin.com


Fabio Quartararo beeindruckte in

seiner Rookie-Saison

REKORD-JUGEND

Es war zwar eine Rekord-Saison für Marc Marquez, eine Allzeit-Bestmarke verlor er allerdings

in der abgelaufenen Saison. Denn am 4. Mai fuhr Fabio Quartararo im erst vierten MotoGP-

Qualifying seiner Karriere auf Pole Position. Der Franzose war damals gerade Mal 20 Jahre

und 14 Tage alt und damit um 48 Tage jünger als Marquez bei seiner Rekord-Pole in Austin

2013. Immerhin: Die Rekorde als jüngster GP-Sieger und jüngster Weltmeister konnte er

gegen Quartararo verteidigen, doch der Franzose war definitiv die große Überraschung

des abgelaufenen MotoGP-Jahres. Er holte sechs Pole Positions und 75 Führungsrunden

- in beiden Kategorien war nur Marc Marquez stärker. Quartararo erreichte mit sieben

Podestplätzen nicht nur die drittmeisten aller Fahrer, sondern schnappte sich souverän die

Titel als Rookie des Jahres und als bester Fahrer eines Privat-Teams. Für beides wurde er

bei der großen FIM-Gala unmittelbar nach dem Finale in Valencia ausgezeichnet. Für viele

ist Fabio Quartararo somit der große Gegenspieler von Marc Marquez in den kommenden

Jahren. Yamaha weiß um die Qualität des Rohdiamanten, der ihnen allerdings ganz ohne

Zutun in den Schoß fiel. Denn die Verpflichtung von Quartararo ging alleine auf die Kappe

von Wilco Zeelenberg und Johan Stigefelt, der Doppelspitze des neuen Petronas-Teams.

Yamaha dankte es dem Duo, indem man Quartararo nur fünf Motoren (anstatt sieben)

zur Verfügung stellte und dem Franzosen auch noch die Drehzahl drosselte. 2020 erhält

Quartararo aber gleichwertiges Material wie die Yamaha-Werkstruppe, ein Vertragsangebot

für das Factory-Team sollte nicht lange auf sich warten lassen. Quartararo stieg 2019 zum

Anführer einer neuen Generation auf, die in den kommenden Jahren Jagd auf Marc

Marquez machen wird. Ein Blick auf das

Fahrerfeld für die kommende Saison

beweist, dass der einstige »junge Wilde«

Marquez mit seinen 26 Jahren beinahe

schon zum alten Eisen gehört: Mit Jack

Miller, Francesco Bagnaia, Alex Marquez,

Brad Binder, Iker Lecuona, Miguel Oliveira,

Joan Mir, Alex Rins, Maverick Vinales, Fabio

Quartararo und Franco Morbidelli sind elf

Fahrer und somit zum ersten Mal das

halbe Starterfeld jünger als Marquez.

Quartararo ist Teil des

Petronas-Teams

www.Motorsport-Magazin.com 85


2019 war die 20. MotoGP-

Saison für Rossi

Bis 2020 läuft Rossis

Yamaha-Vertrag noch

REKORD-ROSSI

Der älteste Fahrer im Feld ist Valentino Rossi

schon seit vielen Jahren. In seinem 24. Jahr

in der Motorrad-WM knackte der 40-Jährige

weitere atemberaubende Meilensteine.

Auf Phillip Island bestritt er sein 400.

Rennen in der Weltmeisterschaft und hält

somit nach dem Finale in Valencia bei 402

Starts. Damit war Rossi bei 42,7 Prozent aller

je ausgetragenen Rennwochenenden der

Motorrad-WM im Einsatz. Seinen Rekord

wird ihm in absehbarer Zeit niemand streitig

machen, denn von den noch aktiven

Piloten haben nur drei mehr als 250 Rennen:

Andrea Dovizioso (313), Tom Lüthi

(286) und Simone Corsi (273). Rossi verbesserte

aber auch weitere Rekordmarken: So

stellte Platz zwei in Austin den 234. Podestplatz

seiner Karriere dar, der erste noch

aktive Verfolger, Marc Marquez, hat exakt

100 weniger. Den Punkterekord schraubte

Rossi auf 6.247 Zähler, womit er 2.613 Zähler

Vorsprung auf Andrea Dovizioso hat, der

unter den aktiven Piloten der zweitbeste ist.

In einer Kategorie konnte sich Rossi allerdings

nicht verbessern: Wie schon im Vorjahr

blieb er 2019 erneut ohne Sieg. Somit

hat Valentino Rossi bei keinem seiner letzten

46 Starts gewonnen - die längste Serie seiner

gesamten Karriere. Zudem blieb er

zuletzt 16 Mal in Folge ohne Podestplatz

und egalisierte damit seinen persönlichen

Negativrekord aus den Ducati-Jahren.

Damals blieb er zwischen den beiden Rennen

in Le Mans in den Jahren 2011 und

2012 ebenfalls für exakt 16 Events in Folge

ohne Podium. In der Endabrechnung

belegte Rossi den siebten Rang in der Weltmeisterschaft

- so weit hinten fand er sich

ansonten in der Königsklasse nur in seinem

ersten Ducati-Jahr 2011 wieder. Mit 174 Zählern

holte er zudem die geringste Punkteausbeute

aller seiner 14 Jahre bei

Yamaha. Doch in der kommenden Saison

will der Altmeister noch einmal durchstarten.

Er holt David Munoz aus seinem eigenen

Moto2-Team als neuen Crewchief an

seine Seite und will erst nach einigen Rennen

entscheiden, ob 2020 tatsächlich seine

letzte Saison sein soll. »Wir werden schon

bei den Wintertests und in den ersten Rennen

sehen, wie gut mein Speed ist. Danach

werde ich eine Entscheidung treffen«, sagte

Rossi in Sepang.

86 www.Motorsport-Magazin.com


In Orange konnte Lorenzo

nicht an alte Erfolge anknüpfen

REKORD-NIEDERLAGEN

Nach Dani Pedrosas Abschied im Vorjahr

verließ ein weiterer großer Name 2019 das

MotoGP-Fahrerlager. Jorge Lorenzo checkte

in Valencia aus der Boxengasse aus, die seit

Mai 2002 seine Heimat war. Ein Jahr vor

Ablauf seines Vertrags mit Repsol Honda verkündete

er am 14. November in Valencia

seinen Rückzug. Ein Abschied, der sich zuvor

schon angebahnt hatte, denn seit Spätsommer

2018 eilte Lorenzo von Verletzung zu Verletzung.

Von den letzten 24 Rennwochenenden

seiner Karriere verpasste er acht

verletzungsbedingt. Nach einer in Assen

erlittenen Wirbelverletzung dachte der

32-Jährige deshalb auch zum ersten Mal

über ein Karriereende nach, zu dem er sich

während seiner letzten Fernost-Tour letztlich

durchringen konnte. Das finale Jahr seiner

18-jährigen WM-Karriere war in vielerlei Hinsicht

sein schwächstes. So beendete Lorenzo

zum ersten Mal eine Saison ohne Top-10-Platzierung,

Platz 19 und nur 28 WM-Punkte

bedeuteten die schlechtesten Werte seit seiner

Rookie-Saison 2002. Der Tiefpunkt war auf

Phillip Island erreicht, als er zum ersten Mal

in einem Rennen der Königsklasse mehr als eine Minute auf den Sieger verlor. Mit Lorenzo

geht die Nummer drei der ewigen Bestenliste nach WM-Punkten, die Nummer vier nach

Podestplätzen und die Nummer sechs nach Siegen. 2019 war aber nicht nur für Lorenzo ein

Jahr der Rekord-Niederlagen. Andrea Iannone holte mit nur 43 Punkten die geringste Ausbeute

seit er in der MotoGP-Klasse fährt, WM-Rang 16 bedeutet die schlechteste Platzierung

seit 2007, als der Italiener noch in der 125cc-Klasse unterwegs war. Für Johann Zarco endete

die Saison mit lediglich 30 Zählern und damit dem geringsten Kontostand seiner gesamten

Karriere. Wie Lorenzo löste er seinen Vertrag mit KTM vorzeitig auf und wurde wenige Rennen

später von seinem Arbeitgeber komplett vor die Tür gesetzt. Dem gewieften Leser fällt bei

den drei in diesem Absatz genannten Namen eine große Gemeinsamkeit auf: Jorge Lorenzo,

Andrea Iannone und Johann Zarco - das waren im Winter die drei spektakulärsten Transferkracher.

Wie die nackten Zahlen zum Saisonende belegen darf man getrost von Transferflops

sprechen.

Im Honda-Team fand der

Spanier sein Glück nicht

Lorenzos RC213V landete

häufiger im Kies

www.Motorsport-Magazin.com 87


Zarco blickt auf

harte Monate zurück

REKORD-TEMPO

2019 haben wir die MotoGP so schnell wie nie zuvor erlebt. An

sieben Wochenenden durften die Fans die schnellste Runde

mitansehen, die je auf einem Motorrad auf dem entsprechenden

Kurs gedreht wurde. Marc Marquez stellte in Katar, Mugello, Spielberg

und Silverstone neue Bestmarken auf, in Jerez, Assen und

Sepang war es Fabio Quartararo. Auch der absolute Topspeed-

Rekord wurde verbessert, wobei in dieser Kategorie Ducati seine

Bastion verteidigen konnte: Im dritten Training des Rennwochenendes

in Mugello wurde Andrea Dovizioso mit 356,7 km/h gemessen

und verbesserte damit seinen eigenen Bestwert aus dem

Vorjahr um 0,2 km/h. Neue Topspeed-Bestmarken für die jeweilige

Strecke gab es zudem in Katar (Marc Marquez), Aragon und

Spielberg (Andrea Dovizioso) sowie Silverstone (Cal Crutchlow).

Der »kleine Bruder« übertrumpfte die Königsklasse sogar noch. In

der Moto2 kamen zum ersten Mal die 765cc-Dreizylinder-Motoren

von Triumph zum Einsatz, die neben mehr Leistung auch mehr

Elektronik in die Motorräder brachten. Das hatte zur Folge, dass

die Rekorde aus der Honda-Ära nur so purzelten. An elf Wochenenden

gab es neue Rundenrekorde, die Topspeed-Bestwerte

wurden sogar an 15 der 19 GP-Events geknackt. In Mugello durchbrach

sogar zum ersten Mal eine Moto2-Maschine die Schallmauer

von 300 km/h. Den Geschwindigkeitsrekord der mittleren

Klasse hält seither Nicolo Bulega, der seine Kalex auf 300,2 km/h

beschleunigen konnte. Unter dem neuen Reglement ist die Moto2

der MotoGP eine Spur näher gerückt. Am deutlichsten sichtbar

wurde das auf Phillip Island: Rennsieger Brad Binder absolvierte

die Renndistanz dort mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von

171,5 km/h. Damit fehlten ihm auf das durchschnittliche Renntempo

des Letztplatzierten des MotoGP-Rennens, Jorge Lorenzo,

nur 0,7 km/h. Selbst Sieger Marc Marquez war auf die volle Renndistanz

nur 5,4 km/h schneller als Binder. Auch die kleinste Klasse

wartete mit vielen Bestmarken auf: Zehn Topspeed- und acht

Rundenrekorde fielen im Lauf der Saison, den Geschwindigkeitsrekord

hält nun der Japaner Kaito Toba mit 248,1 km/h.

88 www.Motorsport-Magazin.com


MotoGP-Fans konnten 2019 so viele

Rennen wie noch nie verfolgen

REKORD-KALENDER

Für die Fans vor den Fernsehbildschirmen war

2019 ebenfalls eine Rekord-Saison: Zum

ersten Mal in der Geschichte konnten sie 19

Mal die volle Renn-Action von der Wohnzimmercouch

aus verfolgen. 19 Rennen waren

zwar bereits im Vorjahr geplant, doch damals

fiel der Grand Prix von Großbritannien aufgrund

der miserablen Asphaltqualität von

Silverstone bei typisch britischem Wetter ins

Wasser. Die neue Bestmarke soll allerdings

nicht lange halten, denn die MotoGP verfolgt

in den kommenden Jahren eine exzessive

Expansionspolitik. 2020 kommt der brandneue

KymiRing in Finnland neu hinzu, 2021

soll es zusätzlich nach Indonesien gehen und

2022 klopfen Portugal (mit dem bestehenden

Algarve Circuit) sowie Brasilien und Ungarn

mit noch zu errichtenden Strecken lautstark

mit Vorverträgen in der Hand bei der Dorna

an. In drei Jahren soll der MotoGP-Rennkalender

22 Events umfassen, wie Carmelo

Ezpeleta unlängst bekanntgab. Dieser

Umstand soll zur Einführung eines Rotationsprinzips

der dann fünf iberischen Strecken

führen. Dass aktuelle Events komplett aus

dem Programm fliegen, ist freilich nicht ausgeschlossen. Brünn gilt schon lange als Wackelkandidat,

der Sachsenring ist mit dem laufenden Vertrag nur bis 2021 abgesichert. Dem

neuen Monster-Kalender zollen die Terminplaner der Dorna schon in der kommenden Saison

Tribut: Die traditionellen Testfahrten nach dem Saisonfinale in Valencia fallen künftig weg.

Ab 2021 erwischt es im Februar auch den Wintertest in Katar, was die Tür für einen früheren

Saisonstart öffnet. 2020 beginnt die neue MotoGP-Saison am 8. März und somit so früh wie

seit den Sechzigerjahren nicht mehr. Sehen wir also bald ein Auftaktrennen im Februar? In

der ebenfalls von der Dorna geführten Superbike-WM ist das schon seit vielen Jahren üblich.

Sollte sich die MotoGP am dortigen Rennformat mit drei WM-Läufen pro Wochenende orientieren,

sind neuen Rekord-Jahren kaum Grenzen gesetzt. Im Paddock sollte man dann

aber über die Errichtung eines Burnout-Centers neben der Clinica mobile

nachdenken.

Der Rennkalender soll in

Zukunft weiter wachsen

www.Motorsport-Magazin.com 89


FOTOS: LAT IMAGES

90 www.Motorsport-Magazin.com


HAPPY

BRAD BINDER ZÄHLT ZU DEN GROSSEN AUFSTEIGERN DER ABGELAUFENEN MOTO2-SAISON.

2020 FÄHRT ER IN DER MOTOGP UND DARF SOGAR IN EINEM WERKSTEAM RAN. DER

SÜDAFRIKANER IM INTERVIEW.

TEXT: MICHAEL HÖLLER

www.Motorsport-Magazin.com 91


Binder steigt 2020

in die MotoGP auf

Brad Binder sah im Juni 2019 wie

einer der großen Absteiger der

Moto2-Saison aus. Nach sieben

Saisonrennen hatte der einstige

Titelfavorit keinen einzigen Podestplatz

auf dem Konto, von einem

MotoGP-Aufstieg konnte er zu diesem

Zeitpunkt nur träumen. Doch

dann ging für den Moto3-Weltmeister

von 2016 alles ganz schnell: P2

in Assen und am Sachsenring,

MotoGP-Vertrag mit Tech3, erster

Saisonsieg beim KTM-Heimrennen

in Spielberg und im Oktober plötzlich sogar im Titelrennen

und von seinem Arbeitgeber überraschend

für 2020 ins MotoGP-Werksteam befördert. Aus

einem potenziellen Absteiger wurde einer der ganz

großen Aufsteiger des Jahres. Motorsport-Magazin.

com traf Brad Binder zum Gespräch über die Achterbahnfahrt

der vergangenen Monate.

MSM: Brad, du hast bereits im Juli deinen MotoGP-

Vertrag unterschrieben - allerdings beim Tech3-

Team. Wo und wann hast du von deiner Beförderung

ins Werksteam erfahren?

BRAD BINDER: In Motegi hatte ich mein erstes

Meeting mit Teamchef Mike Leitner. Dort hat er

mich aufgeklärt, dass ich in der MotoGP direkt im

Factory-Team eingesetzt werde. Als die Nachricht

etwas gesackt ist, war ich völlig aus dem Häuschen.

Das war ein sehr aufregender Moment für mich und

ich möchte mich auf jeden Fall schon vorab bei KTM

für diese große Chance bedanken. Das zeigt, dass sie

mir voll vertrauen und glauben, dass ich gute Ergebnisse

für sie einfahren kann.

Wurde dieser Schritt vorab mit dir besprochen?

Oder wurdest du von Mike Leitner einfach vor vollendete

Tatsachen gestellt?

Ich habe das überhaupt nicht erwartet, als ich zu

dem Meeting geladen wurde. Das kam für mich

völlig überraschend.

Hast du darauf gehofft, als die Trennung mit Johann

Zarco nach dem Grand Prix von Österreich

bekanntgegeben wurde?

Natürlich hoffst du darauf, dass du derjenige bist,

der ihn ersetzt. Vor allem, wenn du deinen Vertrag

für das Satellitenteam ohnehin schon in der Tasche

hast. Erwarten konnte ich das aber natürlich nicht,

denn ich komme ja als totaler Neuling in die

MotoGP-Klasse und weiß überhaupt nicht, was mich

dort erwartet. Einige Leute haben mir im Sommer

zwar gesagt, dass die Möglichkeit besteht, direkt in

das Werksteam aufzurücken, aber als es tatsächlich

passiert ist, kam es dennoch überraschend für mich.

Verfolgst du die Aktivitäten von KTM in der

MotoGP-Klasse stärker, seit du im Sommer deinen

Vertrag unterschrieben hast?

Ja, ich verfolge das schon sehr genau. Sie haben sich

gut entwickelt und ich habe volles Vertrauen in

92 www.Motorsport-Magazin.com

In seiner Karriere feierte

Binder schon viele Erfolge

KTM. Sie haben mir in der Moto3 und in der Moto2

gute Motorräder gegeben und ich habe in beiden

Klassen Rennen damit gewonnen. Ich bin mir sicher,

dass KTM mir auch in der MotoGP erstklassiges

Material zur Verfügung stellen wird.

Fühlst du dich ausreichend gewappnet für deine

neuen Aufgaben in einem MotoGP-Werksteam?

Nein, ich habe absolut keine Ahnung was mich

erwartet. Das wird ein völlig anderer Job als alles,

was ich bisher in meinem Leben gemacht habe. In

Brünn durfte ich beim Montags-Test kurz auf der

RC16 Platz nehmen. Ich habe aber lediglich zwei

Runden absolviert und war dabei auch noch verdammt

langsam. [lacht] Ich bin mir aber sicher, dass

ich in der MotoGP jede Menge Spaß haben werde.

Was erwartest du von deinem Job als offizieller

Werksfahrer?

Dieser Job bedeutet für mich vor allem eine große

Veränderung. Wie genau meine Aufgaben aussehen,

werde ich wohl erst im Laufe der Monate begreifen.

Im Moment will ich gar nicht zu viel über Erwartungen

nachdenken, denn das belastet nur den Kopf.

Ich nehme die Dinge in den kommenden Monaten

einfach so, wie sie kommen.

Entspricht diese Lockerheit deiner generellen Mentalität

als Rennfahrer?

[lacht] Ja, ich gehöre generell wohl eher zu den entspannteren

Fahrern hier im Paddock. In der Box

stresse ich nicht allzu sehr herum, sondern versuche

einfach nur an jedem Tag, meinen Job so gut wie

möglich zu erledigen.

Mit dieser Einstellung hast du es jetzt ja in die

MotoGP geschafft. Eine Krönung deiner Karriere,

Als Moto2-Pilot war Binder mit der

Nummer 41 unterwegs

Binders neue Startnummer

ist die 33


FOTOS: LAT IMAGES

die nicht jeder Motorradrennfahrer erreicht. Gab

es bei dir jemals einen »Plan B«? Hast du dir darüber

je Gedanken gemacht?

Nein, ich habe nie auch nur eine Sekunde über einen

»Plan B« nachgedacht. Seit meinem 12. Lebensjahr,

als ich noch in Südafrika gefahren bin, habe ich dem

alles untergeordnet, was ich jetzt erreicht habe. Ich

habe jeden einzelnen Tag hart dafür gearbeitet und

ehrlich gesagt weiß ich nicht, was ohne Motorradsport

aus mir geworden wäre. Racing gibt dir so viele

Möglichkeiten in deinem Leben. Man muss sich ja

nur einmal ansehen, welche tollen Orte wir bereisen

dürfen und wie viele tolle Leute wir kennenlernen

können. Ohne Racing hätte ich keine Aufgabe in

meinem Leben.

Kommen wir auf die abgelaufene Moto2-Saison zu

sprechen. Du bist als einer der Top-Favoriten in die

Saison gestartet, hattest zu Beginn große Probleme,

warst dann aber der erfolgreichste Fahrer der zweiten

Saisonhälfte und hast das Jahr als Vizeweltmeister

abgeschlossen. Wie fällt dein Fazit aus?

Mein Fazit lautet, dass dieses Jahr leider viel zu

schnell vorbei war. [lacht]

Du warst erst im achten Saisonrennen zum ersten

Mal auf dem Podest. Warum ist KTM der Einstieg

in die Saison mit den neuen Triumph-Motoren so

schwergefallen?

Wir lagen zu Beginn ganz klar hinter unseren Konkurrenten.

Wir waren leider nicht wirklich gut vorbereitet

auf die Triumph-Motoren. Erst durch viel

harte Arbeit von KTM konnte unser Package deutlich

konkurrenzfähiger werden. Die Erfolge gegen

Ende der Saison geben uns Recht.

Habt ihr bereits während der Testfahrten bemerkt,

dass ihr gegenüber Kalex und SpeedUp im Nachteil

seid?

Auf Binder warten

neue Aufgaben

Ich war schon nach dem ersten Test absolut unglücklich,

denn ich konnte nicht das nötige Vertrauen in

das Motorrad aufbauen. Jede Anpassung, die wir

danach vorgenommen haben, hat wenig bis gar nicht

geholfen. Die Basis des Bikes war einfach nicht gut.

Erst als wir in Le Mans eine brandneue Konfiguration

des Motorrads bekommen haben, wurden die

Ergebnisse allmählich besser.

Wie hat dieser miserable Saisonstart deine mentale

Einstellung beeinflusst?

Es war früh klar, dass ich nichts mehr zu verlieren

habe und eigentlich ohne Bedenken in jedem Rennen

Vollgas geben kann. Sozusagen konnte ich pures

Rennfahren genießen, ohne irgendwelche WM-

Stände im Hinterkopf zu haben. Das war ganz

angenehm.

Dir hat die Rolle als Außenseiter also gefallen?

Ja, das war eine Erfahrung, die ich seit der Zeit vor

meinem WM-Titel in der Moto3 nicht mehr so wirklich

hatte.

Gegen Saisonende warst du der mit Abstand konstanteste

Fahrer unter den Spitzenpiloten. Von den

letzten sechs Rennen hast du vier gewonnen und

ein weiteres auf dem zweiten Platz beendet. Wieso

warst du so stark im Saisonfinish?

Es war eigentlich ganz schön krank, dass wir zu

Beginn der Fernost-Tournee noch eine Chance auf

den Titel hatten, wenn man bedenkt, dass wir erst

in Assen zum ersten Mal auf dem Podest standen.

Da die Chance aber noch intakt war, wollte ich alles

versuchen, um es doch noch zu schaffen. Ich habe

alles gegeben, um jedes einzelne dieser Rennen zu

gewinnen. Denn das war die einzige Möglichkeit für

mich. Ich hatte absolut nichts mehr zu verlieren, da

ja der MotoGP-Deal auch schon lange durch war.

Ich denke aber auch, dass die Strecken, die gegen

Ende des Jahres auf dem Programm stehen, der

KTM entgegenkommen. Denn schon in den beiden

vorangegangenen Jahren waren unsere Ergebnisse

dort sehr gut.

Letzten Endes musstest du dich aber in Sepang im

Titelduell geschlagen geben und Alex Marquez zum

Gesamtsieg gratulieren. Die Favoritenrolle wechselte

im Laufe der Saison aber mehrfach. Zunächst

war Lorenzo Baldassarri dominant, ist dann aber

abgesackt. Dann hat Alex Marquez viele Rennen in

Folge gewonnen, gegen Ende des Sommers sah aber

Augusto Fernandez wie der stärkste Mann aus.

Gegen Ende hin warst hingegen du der große

Gejagte in den einzelnen Rennen. Woran lag es,

dass in dieser Saison so viele Titelanwärter binnen

weniger Rennen vom strahlenden Sieger zum biederen

Mittelfeldfahrer mutierten?

Jeder von uns Fahrern ist unterschiedlich. Manchen

liegen einfach spezifische Strecken mehr als andere.

Mit ist das in diesem Jahr aber entgegengekommen,

denn sonst hätte ich den WM-Kampf gar nicht so

lange offenhalten können.

www.Motorsport-Magazin.com 93


Seit 2018 war Dalla Porta

bei Leopard Racing

FOTOS: LAT IMAGES

Auch vor Massen-Crashs

blieb er nicht verschont

Mit 22 Jahren krönte sich

Dalla Porta zum Champion

Das Leopard-Team war

2019 Stammgast im Parc Ferme

Dalla Porta machte es der

spanischen Konkurrenz schwer

94 www.Motorsport-Magazin.com


TEXT: MICHAEL HÖLLER

ITALIENISCHE

AUFHOLJAGD

NOCH BEHERRSCHT SPANIEN DIE MOTORAD-WM. DOCH DIE ITALIENISCHE FAHRER-

FRAKTION RÜSTET SICH ZUM GEGENSCHLAG. 2019 KONNTE MAN DANK LORENZO DALLA

PORTA DIE EINSTEIGERKLASSE ZURÜCKEROBERN.

Es war ein Duell, das stellvertretend für die

Machtverhältnisse im Paddock der Motorrad-

WM stand: Auf der einen Seite der heißblütige

Spanier Aron Canet, auf der anderen Seite der

stets entspannt wirkende Lorenzo Dalla Porta.

Spanien und Italien - die beiden stärksten Fraktionen

im Zweikampf um nichts Geringeres

als den WM-Titel in der Moto3-Klasse. Diesem

Schauspiel durften die Fans der kleinsten Kategorie

der Weltmeisterschaft in den vergangenen Monaten beiwohnen.

Wie so oft in der Moto3 hatte das Titelduell auch in der

abgelaufenen Saison sämtliche Facetten zu bieten: Vom direkten

Zweikampf der Konkurrenten um Siege über Pech mit Defekten

bis hin zu unverschuldeten Kollisionen, die den WM-Kampf

entscheidend prägten. Letzten Endes setzte sich Dalla Porta klar

durch und punktete vor allem durch seine Konstanz. Elf Podestplätze

- davon sechs zweite Ränge - bei nur zwei Nullnummern

(eine davon nach der Titelentscheidung) gaben den Ausschlag.

Italien konnte somit die kleinste Klasse von Spanien nach eineinhalb

Jahrzehnten zurückerobern, denn Dalla Portas Triumph

war der erste eines Italieners in der Einsteigerkategorie seit sich

Andrea Dovizioso 2004 durchgesetzt hatte. In diesem titellosen

Zeitraum konnte Spanien nicht weniger als acht der 13 möglichen

Titel erringen und unter anderem fallen die ersten Titel von

Alvaro Bautista, Marc Marquez, Maverick Vinales, Alex Marquez

und Joan Mir in diese Zeitspanne. All diese Weltmeister fahren

längst MotoGP oder sind - wie im Falle Bautistas - aus dieser

sogar schon zurückgetreten. Dalla Portas Titel ist auch insofern

bemerkenswert, als es der erste italienische WM-Titel seit einem

Jahrzehnt ist, an dem Valentino Rossi nicht beteiligt war. Denn

seit Marco Simoncellis 250cc-Triumph in der Saison 2008 holte

Rossi zunächst selbst den bislang letzten MotoGP-Titel Italiens

(2009), ehe 2017 und 2018 mit Franco Morbidelli und Francesco

Bagnaia zwei Fahrer aus Rossis VR46 Riders Academy in der

Moto2 triumphieren konnten. Italiens Motorradherz ist somit

nicht länger nur auf Rossis Rennfahrerschule angewiesen, denn

neben Dalla Porta gibt es mit Tony Arbolino und Romano Fenati

zwei weitere »unabhängige« Moto3-Laufsieger aus Italien. In der

Moto2 holten zudem Enea Bastianini und Fabio Di Giannantonio

(ebenfalls beide nicht Teil der VR46 Academy) Podestplätze. In

den kleinen Klassen macht Italien somit Spanien immer heftiger

seinen Platz als Nation an der Spitze streitig. Nach Siegen ging

die Moto3 im »Ländermatch« der beiden Motorrad-Giganten 8:8 aus,

in der Moto2 setzte sich Spanien mit 8:5 durch, beide Nationen holten

jeweils einen Titel - neben Dalla Porta in der Moto3 war es der Spanier

Alex Marquez in der mittleren Kategorie. »Rookie des Jahres« wurde

allerdings in beiden Klassen ein Italiener: VR46-Schützling Celestino

Vietti in der Moto3, Di Giannantonio in der Moto2. Die Zukunftsaussichten

der Italiener sind in jedem Fall rosig: In der kleinsten Kategorie

stellt man 2020 mit sieben Fahrern gleich viele wie Spanien, in der

mittleren Klasse hat man mit neun Fahrern im Vergleich mit Spaniens

sieben Piloten sogar die Oberhand. Nur in der Königsklasse bleibt das

von Marc Marquez angeführte Spanien unangefochten: Ganze neun

Fahrer stellt das iberische Königreich 2020, von denen lediglich zwei

(Tito Rabat und Aleix Espargaro) ihren 30. Geburtstag hinter sich

haben. Von Italiens sechs Fahrern haben Andrea Iannone, Andrea

Dovizioso und Valentino Rossi den 30er bereits hinter sich, Danilo

Petrucci wurde im Oktober 29 Jahre alt. Für frisches Blut in der italienischen

MotoGP-Fraktion sorgen aktuell lediglich Morbidelli und

Bagnaia. Doch wie sich 2019 in den beiden kleinen Klassen zeigte, hat

Italiens Aufholjagd begonnen.

Vier Siege feierte

Dalla Porta in dieser Saison

www.Motorsport-Magazin.com 95


SLIDESHOW | MOTORSPORT | #70 | 2019

NÄCHSTE HALTESTELLE:

RENNSTRECKE!

FOTO: DTM

TEXT: ROBERT SEIWERT

Nein, das ist kein Photoshop. Beim Dream Race zwischen DTM und

Super GT in Fuji tourten in einer speziellen Session tatsächlich Reisebusse

zusammen mit Rennwagen über die Strecke. Was in Japan

seit vielen Jahren zum gewohnten Bild gehört, bringt Motorsport-

Fans hierzulande zum Staunen. Apell an DTM-Boss Berger: Lieber

Gerhard, bitte hole die Busse auch nach Deutschland! Ein größeres

Fan-Spektakel kann man sich kaum vorstellen. Der deutsche Motorsport

muss offen sein für neue Ideen statt sich wegen Sicherheitsbedenken

in der letzten Reihe zu verkriechen - die Japaner haben

den Fahrschein längst gelöst.

96 www.Motorsport-Magazin.com


www.Motorsport-Magazin.com 97


FOTOS: BMW MOTORSPORT

HELDEN

BRAUCHEN

KEINE

BEINE

TEXT: ROBERT SEIWERT

PHÄNOMEN

ALEX ZANARDI.

DIE BMW-IKONE

VERBLÜFFT AUCH

IN DIESEM JAHR

MIT HÖCHSTLEI-

STUNGEN IM

MOTORSPORT.

ABEI IST DER

BEINAMPUTIERTE

ITALIENER SO VIEL

MEHR ALS NUR

RENNFAHRER.

98 www.Motorsport-Magazin.com


www.Motorsport-Magazin.com 99


»Jetzt nimm dir endlich einen Stuhl, du weißt doch,

wie lange ich immer rede!« Alex Zanardi ist aufgefallen,

wie mir langsam die Beine einknicken, während

ich vor seinem Rollstuhl hocke und seinen

stets ausschweifenden Erzählungen lausche.

Zanardi kennt dieses Gefühl noch. Bis zu seinem

schweren Unfall am 15. September 2001 beim

Champ-Car-Rennen auf dem Lausitzring hatte er

selbst ein Paar Beine. Seitdem sprintet der inzwischen

53-Jährige im Rollstuhl durchs Leben.

FOTOS: BMW MOTORSPORT

Dabei wollte ich abschließend eigentlich nur wissen,

wie er die japanischen Besucher beim ‚Dream Race‘-

Showrennen in Fuji zwischen der Super GT und

der DTM wahrnimmt. Hätte mir denken können,

dass Zanardi dazu mehr als zwei Sätze einfallen...

Und vor allem: Dass man alles andere als die

üblichen Phrasen erwarten kann, wenn er über

Menschen und Menschlichkeit spricht.

Alex‘ Erzählungen über seine Begegnung mit den

japanischen Fans am Fuji Speedway waren etwa so

lange wie die Warteschlange, die sich wenige Stunden

zuvor vor der Box gebildet hatte, in der das

BMW Team RBM eifrig an seinem speziell angepassten

M4-DTM-Rennwagen schraubte. Dass der

Mann, der seit Jahrzehnten Menschen auf der

ganzen Welt inspiriert, dabei noch einmal so emotional

reagieren würde, erschien durchaus

verblüffend.

Vor allem ein japanischer Fan hatte es Zanardi angetan.

Verstehen konnte er ihn nicht, doch das war

auch gar nicht nötig. Die Begeisterung in seinen

Augen reichte dem Italiener aus, um die Bedeutsamkeit

dieses Augenblickes zu verstehen. »Der

Mann hat sich wahnsinnig gefreut, seinen Helden

zu treffen«, berichtete Zanardi ebenso begeistert.

»Dabei bin ich doch ein Niemand. Ein ganz normaler

Typ, der das Privileg hatte, so viele fantastische

Dinge erleben zu dürfen.«

George Foreman sagte einst über seinen großen

Ringrivalen Muhammad Ali: »Er ist größer als der

Boxsport. Wenn man über Ali als Boxer sprechen

würde, wäre das eine Herabwürdigung. Der Mann

war etwas Besonderes.« Ähnliches könnte man auch

über Zanardi schreiben, bei dem der Motorsport

schon längst nicht mehr das Hauptthema ist. Seit

2015 hat er nur sieben Rennveranstaltungen in

diversen BMW-Rennwagen bestritten.

»Wir Menschen können in so vielen Bereichen

wichtig sein«, philosophierte Zanardi nach seinem

jüngsten Auftritt in Fuji. »Wir sollten nicht die Gelegenheit

verschwenden, auf irgendeine Art und

Weise wichtig zu sein für andere Menschen. Hier

in Japan hatte ich das Gefühl, wichtig für andere

Menschen zu sein und dafür möchte ich mich

bedanken.«

Dabei strahlte Zanardi zu jedem Zeitpunkt eine

100 www.Motorsport-Magazin.com

Aura der Positivität aus, die einen fast vergessen

lässt, dass er keine Beine mehr hat. Nicht wegen

seines Rollstuhls ist er am Boden geblieben. Sondern,

weil er das Leben mit all seinen Chancen zu

schätzen weiß und diese Erkenntnis gern mit anderen

teilt.

»Er zeigt den Menschen da draußen, dass es zwar

Grenzen gibt, man aber immer versuchen muss, sie

zu erweitern«, schwärmte BMW Motorsport Direktor

Jens Marquardt. »Das ist die Botschaft, die wir

alle lernen müssen: Akzeptiere nicht das Limit, das

du vielleicht als solches ansiehst, sondern mache

immer weiter.«

Marquardt, im gleichen Alter wie Zanardi, war

damals am Lausitzring vor Ort, als Zanardi beinahe

sein Leben verloren hätte. Zwei Jahre später nahm

BMW den Fan-Liebling auf und ermöglichte ihm

bis heute zahlreiche Renneinsätze. Wer hätte damals

schon ahnen können, dass Zanardi im Jahr 2019

zunächst bei den 24 Stunden von Daytona und später

beim Auftritt der DTM in Fuji für den Autobauer

aus München Rennen auf allerhöchstem Niveau

bestreiten würde?

Dabei ist es inzwischen nicht mehr Zanardis primäre

Aufgabe, ein Rennen als Erster zu beenden.

»BMW hat mich nicht eingeladen, um das Rennen

Alex Zanardi bereitet sich auf die

Paralympics 2020 in Tokio vor

Zanardi bremst und beschleunigt

im BMW M4 mit der Hand


zu gewinnen«, war er sich seiner Leistungsfähigkeit

im Vergleich zu Fahrern, die allesamt seine Kinder

sein könnten, bewusst. »Ich soll die Marke repräsentieren

und mein Bestes geben. Aaaaber... Wir

sind alle Racer und jeder will sein Bestes geben. Es

wäre die größte Sünde, es nicht zu probieren und

auch nicht zu erwarten, dass ich eine bessere Leistung

zeigen kann.«

Als Zanardi in Fuji nach den ersten Trainingsfahrten

einige Sekunden hinter seinen Kollegen zurücklag,

wollte er nicht einmal gelten lassen, den Umgang

mit dem neuen DTM-Turboauto nicht gewohnt zu

sein. Klare Ansage: So viel langsamer ist ein Zanardi

auch heute nicht! »Ich habe in meiner Karriere als

Rennfahrer zu viel erlebt, um akzeptieren zu können,

auf so einem niedrigen Level zu fahren«, zeigte

er sich trotziger als erwartet.

Und wieder einmal verblüffte Zanardi die versammelte

Motorsportwelt, als er im völlig chaotischen

Sonntagsrennen die Übersicht behielt und

die Ziellinie auf dem 13. Platz überquerte. »Es war

fantastisch, wieder einmal wegen der Performance

wichtig für die Menschen gewesen zu sein«, sagte

Zanardi. »Bei jedem Autogramm, jedem Selfie mit

einem Fan oder wenn ich ihre Hände schüttelte, war

das wunderbar. Vielleicht fühlt sich das jetzt so an,

weil ich älter und damit emotionaler werde.«

»Alex ist nicht Alex Superstar, sondern der Typ von

nebenan«, gab Marquardt Einblicke ins Teaminnere.

»Er weiß zu schätzen, was wir für ihn tun. Und wir

wissen zu schätzen, was er für uns leistet. Alex ist

ein ganz besonderer Mensch, mit dem die Arbeit

unheimlich viel Spaß bereitet. Er gibt seine Energie

weiter, anstatt sie für sich selbst zu behalten.«

Und davon mangelt es Zanardi keinesfalls. So

nutzte er das Show-Rennwochenende am Fuji des

Mount Fuji auch noch, um sich auf die Paralympics

2020 in Tokio vorzubereiten. Bei den Spielen

wird die Handbike-Disziplin, die Zanardi seit

vielen Jahren äußerst erfolgreich bestreitet, unter

anderem auf dem Fuji Speedway ausgetragen.

Bei den Paralympischen Spielen in London 2012

und Rio 2016 gewann er insgesamt vier Goldmedaillen

in der Paracycling-Kategorie. Ein gutes

Omen für Tokio? Auch damals errang Zanardi

seine Siege an den Orten früherer Formel-1-Rennstrecken,

namentlich Brands Hatch respektive

Jacarepagua (Autodromo Internacional Nelson

Piquet).

»Das ist schon eine romantische Geschichte«,

erzählte Zanardi. »Als die Austragungsstätte bei

meinen ersten Paralympics entschieden war, sagte

ich, dass ich als Rennfahrer nie ein Rennen in

Brands Hatch gewonnen habe - und dass es Zeit

wäre, das zu ändern! Dann in Rio wurde das Olympische

Dorf an der Stelle aufgebaut, wo früher Jacarepagua

war. Vor allem dort, wo der Ovalkurs war,

auf dem ich damals IndyCar-Rennen gefahren bin.

Und nie gewonnen habe... Dann hat es geklappt,

und jetzt für Tokio haben sie diesen Ort hier

ausgewählt.«

Wie gut Zanardi im Saft steht - acht Jahre nach seiner

ersten olympischen Goldmedaille - stellte er

Mitte dieses Jahres bei seinem Heimrennen, dem

UCI Para-Cycling Road World Cup in Corridonia,

unter Beweis, als er das Einzelzeitfahren mit deutlichem

Vorsprung gewann. »Im Schnitt hatte ich

beim letzten Rennen 42,7 km/h drauf bei einer

Länge von 21 Kilometern«, machte Zanardi deutlich,

was er auf dem von Dallara gefertigten Handbike

zu leisten imstande ist.

Und weiter: »Ich bin nicht mehr der Stärkste, verliere

jedes Jahr an Performance. Aber ich kenne meine

innere Maschine ziemlich gut. In der Vergangenheit

habe ich Rennen gewonnen, weil ich die Performance

über den längsten Zeitraum liefern konnte.«

Und so werden die japanischen Fans auch im kommenden

Jahr zu Zanardi aufschauen, wenn der Hero

das Rennauto gegen sein Handbike eintauscht und

nach weiteren Meilensteinen einer einzigartigen

Karriere als Mensch und Sportler strebt.

Vom Handbike ins DTM-Autos:

Zanardi ist ein Tausendsassa

Superhelden brauchen keine Capes, um Großes

zu leisten. Und Alex Zanardi braucht keine

Beine.

www.Motorsport-Magazin.com 101


FOTOS: LAT IMAGES, DTM, HANKOOK

Einsteigen, bitte! Hankook ist

seit 2011 DTM-Reifenlieferant

Novum im Sport: Die erste

Frauen-Formelserie W Series

102 www.Motorsport-Magazin.com

Reifen waren eines der großen

Themen in der DTM 2019


DER REIFE(N)-PROZESS

TEXT: ROBERT SEIWERT

MANFRED SANDBICHLER, HANKOOK MOTORSPORT DIREKTOR EUROPA, BLICKT AUF DIE SAISON 2019 ZURÜCK.

IM INTERVIEW MIT MOTORSPORT-MAGAZIN.COM ERKLÄRT ER, WARUM DEM REIFENHERSTELLER BESONDERS

DER MOTORSPORTNACHWUCHS AM HERZEN LIEGT.

MSM: Herr Sandbichler, Hankook hat sich in der Saison 2019

erneut in zahlreichen Rennserien als Reifenlieferant engagiert.

Woher kommt diese breite Aufstellung?

MANFRED SANDBICHLER: Wir versuchen, überall unsere Duftmarken

zu setzen und uns aus verschiedenen Gründen breit aufzustellen.

Wenn man sich nur auf eine Kategorie konzentriert, wäre

man meiner Meinung nach auch nicht glaubwürdig. Wir möchten

ein großes Portfolio bedienen, darunter auch den Breitensport wie

die RCN-Meisterschaft auf der Nürburgring-Nordschleife oder

den Histo-Cup in Österreich. Hier spürt man, wie der Motorsport

gelebt wird und alle mit Herzblut dabei sind. Diese Begeisterung

und die Emotionen sind ein ganz wichtiger Baustein im

Motorsport.

Das gilt auch für den Nachwuchs im Motorsport. Seit Ende 2018

beliefert Hankook den Formel Renault Eurocup mit Reifen. Was

waren die Gründe und wie zufrieden waren Sie mit der

Debütsaison?

Die Gründe lagen auf der Hand, Renault Sport ist eine große Marke

im Motorsport. Für uns war es eine besondere Freude, als wir den

Zuschlag für den Formel Renault Eurocup erhalten haben. 2019

kam ein neues Fahrzeug zum Einsatz und die Serie steht im internationalen

Wettbewerb mit anderen Nachwuchsrennserien. Wir

waren beeindruckt, wie professionell dort gearbeitet wird und mit

welch hohem Engagement junge Fahrer an den Sport herangeführt

werden. Das Programm ist von A bis Z durchdacht, der Standard

ist wirklich sehr hoch einzuordnen.

Warum ist der Nachwuchsbereich wichtig für einen

Reifenhersteller?

Uns als Hankook ist das sogar sehr wichtig. Wir verfolgen die

Werdegänge der Rennfahrer durch die unterschiedlichen Serien

hindurch genau. Nico Hülkenberg kenne ich etwa seit seiner Zeit

in der Formel 3 Euro Series, für die wir ebenfalls die Reifen geliefert

haben. Es hat Sinn und Verstand, in die Jugend zu investieren -

denn sie bilden die Zukunft des Motorsports. Es macht mich auch

persönlich stolz, zu sehen, wie Fahrer mit Hankook Reifen ihre

ersten Schritte im Automobilsport machen und es später in die

Formel 1 schaffen. Von der Britischen über die spanische Formel

4, die SMP F4 NEZ bis hin zum Formel Renault Eurocup sind wir

in den europäischen Nachwuchsformelserien sehr gut

aufgestellt.

Hankook stattet auch die neue W Series aus, die im Rahmenprogramm

der DTM gastiert. Wie blicken Sie auf die erste Saison der

Frauen-Formelserie zurück?

Die W Series ist eine ganz einmalige Geschichte. Die erste Formelserie

nur für Frauen im Motorsport ist hochprofessionell aufgestellt

und fördert die Pilotinnen in allen Bereichen. Wenn Namen

wie David Coulthard dahinterstecken, ist das ein weiterer Beleg

für ein sehr hohes Niveau. Die W Series ist alles andere als die

belächelte neue Rennserie, für die sie zu Beginn von einigen Kritikern

gehalten wurde. Die Damen sind hier auf unseren Hankook

Reifen pfeilschnell unterwegs, es hat großen Spaß gemacht, die

Debütsaison zu verfolgen.

Mit der DTM hat Hankook in diesem Jahr den Vertrag vorzeitig

bis 2023 verlängert. Warum diese langfristige Bindung?

Für uns ist es ganz wichtig, langfristige Partnerschaften einzugehen.

Wir sind bereits seit neun Jahren Partner der DTM und sehr stolz

darauf. Wir begrüßen den eingeschlagenen Weg der Internationalisierung.

Für uns war es deshalb ein logischer und konsequenter

Schritt, sich frühzeitig zu einem langjährigen Engagement zu verpflichten.

Ein Vertrag mit solcher einer Dauer ist sicherlich eine

Hausmarke, aber für uns ist die Zielsetzung ganz klar: Wir wollen

gemeinsam mit der DTM diesen internationalen Weg gehen und

mit unserem Engagement auch anderen Herstellern aufzeigen, dass

sie mit der DTM aufs richtige Pferd setzen.

Wird es in der kommenden DTM-Saison neue Reifenspezifikationen

von Hankook geben?

Wir werden für die DTM-Saison 2020 keinerlei Änderungen an

den Reifen vornehmen. Das ist nicht notwendig, unser bewährter

Reifen performte auch zusammen mit den neu eingeführten Turbo-

Rennwagen auf einem hohen Niveau. Wir waren vorbereitet und

wussten, dass der Reifen den Belastungen standhält. Aus dieser

Sicht waren wir mit der DTM-Saison 2019 mehr als zufrieden.

Wäre Hankook einem ‚Reifenkrieg‘, wie er etwa in der japanischen

Super GT-Meisterschaft herrscht, gegenüber aufgeschlossen?

Generell sind wir für alles offen. Eine Freigabe der Reifen in der

DTM macht aus unserer Sicht allerdings keinen Sinn. Das würde

nicht zu den zahlreichen Einheitsbauteilen passen, die in der Serie

zum Einsatz kommen. Der Hintergrund ist ganz klar: Es geht

darum, dass der beste Fahrer gewinnen soll - und nicht das beste

Performance-Paket. Dazu gibt es andere Spielwiesen als die DTM,

auf denen man sich austoben kann.

Manfred Sandbichler blickt auf

die Motorsport-Saison zurück

Audi Sport Team Phoenix gewinnt Best

Pit Stop Award von Hankook

www.Motorsport-Magazin.com 103


FOTOS: EXTREME E

104 www.Motorsport-Magazin.com


volution

VOLKSWAGEN SCHICKT DEN VERBRENNUNGSMOTOR IN RENTE,

NEUE RENNSERIEN WERBEN MIT VISIONÄREN KONZEPTEN: DER

MOTORSPORT ERLEBT DEN GRÖSSTEN WANDEL UNSERER ZEIT.

TEXT: ROBERT SEIWERT

www.Motorsport-Magazin.com 105


a staunte selbst ein

Mann aus dem eigenen

Konzern nicht

schlecht. Als Journalisten

in Fuji von

Audi-Motorsportchef

Dieter Gass wissen

wollten, was er von der

Volkswagen-Ankündigung

über die Einstellung

des Verbrenner-Motorsportprogrammes

vom Vorabend halte, reagierte dieser

verblüfft. »Um ehrlich zu sein, war es auch für mich

eine kleine Überraschung, das zu lesen«, gab Gass

am Rande des Dream Race zwischen Super GT und

DTM in Japan zu.

Das dürfte nicht nur für den Motorsportverantwortlichen

im Hause Audi gegolten haben, als der

VW-Konzern am 22. November per Pressemitteilung

informierte: ‚Volkswagen richtet Motorsport-

Strategie konsequent auf E-Mobilität aus‘. Oder

andersherum ausgedrückt, wie es Vorstandsmitglied

Dr. Frank Welsch formulierte: »Volkswagen

bekennt sich auch im Motorsport konsequent zur

E-Mobilität und verabschiedet sich werksseitig vom

Verbrennungsmotor.«

Als erster großer Autobauer preschten die Wolfsburger

hervor und schickten den traditionellen

Verbrenner auf der Rennbahn in den Ruhestand.

Und damit unter anderem den Golf GTI, der in

den TCR-Serien ausgedient hat. Was bleibt, sind

Erinnerungen an Volkswagens vier aufeinanderfolgende

Siege in der Rallye-Weltmeisterschaft mit

dem Polo. Oder auch die werksseitigen Gesamtsiege

bei der Rallye Dakar mit einem Diesel angetriebenen

Touareg.

Dafür ist nun kein Platz mehr im VW-Portfolio.

Wohin die Reise künftig führen soll, hat der Traditionshersteller

mit dem Konzeptfahrzeug ID.R

gezeigt und dabei Elektro-Streckenrekorde auf der

Nürburgring-Nordschleife, dem Goodwood Festival

of Speed sowie dem chinesischen Kurvenmonster

namens Tianmen Mountain geknackt.

In diesen umwälzenden Zeiten der Automobilbranche,

wo lieber hunderte Millionen in die Erforschung

künftiger Antriebstechnologien statt in den

Motorsport investiert werden, war es nur eine Frage

der Zeit, bis der erste Hersteller den Schritt hin zur

reinen Elektromobilität wagen würde. Volkswagen

hat einen Präzedenzfall geschaffen. Folgen weitere

Autobauer diesem Beispiel?

»Ich hoffe es nicht, weil ich denke, dass Motorsport

etwa in der DTM oder der Formel 1 sehr erfolgreich

mit Verbrennungsmotoren betrieben werden

kann«, gab Audi-Motorsportchef Gass schließlich

seine Antwort. »Ich denke auch, dass das noch

106 www.Motorsport-Magazin.com

Elektro statt Verbrenner:

VW stellt im Motorsport um

einige Jahre lang so weitergehen wird.«

Im Zuge des globalen Elektrifizierungs-Hypes hat

sich gerade in der Motorsportwelt ein Gegenpol

herauskristallisiert, der den Wert der Verbrennungsmotoren

hochhält. Vor allem der bewährte

Dieselmotor, der in den vergangenen Jahren regelrecht

niedergemacht wurde, findet Platz in den

Lobeshymnen.

Und wo Gass und Co. sicherlich Recht haben: So

schnell wird die neue und noch längst nicht vollständig

erschlossene Elektromobilität die traditionellen

Antriebe nicht von der Straße und auch nicht

aus dem Rennsport verdrängen.

Was Volkswagen - mit den Konzerntöchtern Audi

und Porsche in einer motorsportlichen Luxussituation

- nun so radikal vorgemacht hat, könnte allerdings

das Modell der Zukunft sein. Die großen

Hersteller werden nach dem abgeschlossenen Wandel

hin zur E-Mobilität keinen Werkssport mehr

mit Verbrennungsmotoren betreiben.

»Wenn es in die Richtung geht, dass Verbrennungsmotoren

auf der Straße aussterben, muss das nicht

notwendigerweise ein Ende des traditionellen

Motorsports bedeuten«, führte Gass aus. »Früher

verlief der Transport auf Straßen mit Pferden. Als

Der Volkswagen ID.R auf

E-Rekordjagd in aller Welt


FOTOS: DTM, EXTREME E, VOLKSWAGEN

Extreme E ist die neueste

Idee von Alejandro Agag

DTM-Vision: E-Tourenwagen

mit bis zu 1.000 PS

dann die Autos kamen, gab es aber weiterhin Pferderennen.

Ähnlich kann man sich das im Motorsport

vorstellen. Dann würde ich erwarten, dass

private Teams diesen Sport betreiben - und nicht

mehr die Hersteller.«

Schon jetzt müssen sich die Hersteller und Organisationen

auch im Motorsport für die Zukunft

wappnen. Da kam die Formel E im Jahr 2014 als

gelungene Marketing-Plattform gerade recht, um

die eigenen E-Produkte zu bewerben. Nicht zuletzt

der Diesel-Skandal hat der jungen Rennserie einen

in der Geschichte des Motorsports unvergleichlichen

Boom beschert. Zehn internationale Autobauer

treten inzwischen in der von Geschäftsmann

Alejandro Agag gegründeten Formel E an, darunter

die deutschen Premiumhersteller Audi, BMW, Porsche

und Mercedes-Benz.

Auch der clevere Agag weiß, dass es nur eine Frage

der Zeit sein wird, bis der erste Hersteller sich neu

ausrichtet und in der Formel E den Stecker zieht.

Für diesen Fall hat der Spanier mit einer weiteren

Rennserie vorgebaut. Im Februar 2021 geht die

sogenannte Extreme E an den Start, oder konventioneller

ausgedrückt: Rennsport mit

Elektro-SUVs.

Filmisch eindrucksvoll aufbereitete Rennen an

entlegenen Orten wie dem Himalaya, Grönland,

dem Amazonas oder dem vor allem finanziell

lukrativen Saudi-Arabien als Werbebotschaft für

eine bessere Umwelt: Dieser Kniff hat sich schon

bei der Formel E bewährt und soll mit der Extreme

E eine Fortsetzung finden.

Rennfahrer wittern hier attraktive Möglichkeiten,

im Fahrer-Pool finden sich prominente Namen wie

Daniel Abt, Timo Scheider, Billy Monger oder auch

Serienbotschafter Sebastien Ogier. »Viele junge

Menschen demonstrieren auf der Straße, andere

engagieren sich in der Politik oder in NGOs«, sagt

Formel-E-Pionier Abt. »Ich habe die Chance, durch

ein Projekt wie Extreme E neue und saubere Technologien

zu fördern und das Bewusstsein für die

Herausforderungen in Umgebungen auf der ganzen

Welt zu schärfen.«

Dass hinter der Extreme E noch etwas mehr stecken

könnte, haben der Kemptener Tuner Abt und auch

HWA aus Affalterbach gewittert. Die beiden deutschen

Teams haben sich frühzeitig einen Startplatz

gesichert und zählen zum Aufgebot der insgesamt

zwölf Rennställe. Neben sportlichem Erfolg winkt

hier ganz besonders die gewinnbringende Partnerschaft

mit einem großen Hersteller.

Das aus der Formel E bekannte ‚Abt-Prinzip‘ - der

spätere Verkauf des Startplatzes an einen Autobauer

- könnte auch in der Extreme E zünden, denn:

Anstelle von Formelautos mit gewissen Marketing-

Hürden fahren hier Boliden, die sich künftig nach

»ICH HABE DIE CHANCE,

DURCH DIE EXTREME E

NEUE UND SAUBERE TECH-

NOLOGIEN ZU FÖRDERN

UND DAS BEWUSSTSEIN

FÜR DIE HERAUSFORDE-

RUNGEN AUF DER GANZEN

WELT ZU SCHÄRFEN.«

der Optik der diversen Herstellerangebote richten

könnten. Eine neue und überaus attraktive Marktlücke

im Elektro-Rennsport!

Die Zeichen der Zeit hat auch die DTM-Dachorganisation

ITR erkannt und zuletzt eine Konzeptstudie

über Tourenwagen mit Elektro-Antrieb und

bis zu 1.000 PS Leistung präsentiert. Hinzukommt

die Einführung eines einheitlichen Hybridsystems

in der regulären DTM ab 2022. In der E-Vision

könnten Hersteller ebenfalls ihre Serienprodukte

mit Silhouetten auf der Rennstrecke bewerben -

und das sogar wahlweise mit Batterie- oder

Brennstoffzellen-Antrieb.

»Wir brauchen keine Neuauflage der Formel E«,

zeigte sich BMW Motorsport Direktor Jens Marquardt

aufgeschlossen. »Wir müssen etwas Anderes

machen, so wie die Formel E damals. Sie kam zur

richtigen Zeit am richtigen Ort. Der nächste Schritt

in diese Richtung muss produktbezogen sein und

das zeigt diese Vision. Ein interessantes Thema,

welches beweist, dass die DTM nicht in alten Zeiten

feststeckt, sondern die Zukunft angeht.«

Welches Konzept sich in der elektrischen Antriebstechnologie

am Ende durchsetzen wird, das weiß

auch DTM-Chef Gerhard Berger noch nicht. »Wir

haben keine hunderttausend Ingenieure, also können

wir künftige Technologien nicht definieren«,

sagte der frühere Formel-1-Fahrer. »Aber wir können

eine Plattform bieten, auf der sich diese Technologien

beweisen und weiterentwickelt

werden.«

Von Volkswagen über Extreme E bis hin zur Elektro-

DTM: Die Motorsportwelt befindet sich im größten

Wandel unserer Zeitgeschichte. Was spannend und

visionär klingt, trifft jedoch auf die harte Realität,

oder wie es der alte Racer Berger ausdrückte: »Man

könnte so viele Dinge machen, doch am Ende des

Tages entscheidet das liebe Geld.«

www.Motorsport-Magazin.com 107


RASANTER

ZUKUNFTSTREIBER

DIE FORMEL E ALS SCHNELLSTES TESTLABOR DER WELT FÜR DIE ELEK-

TROMOBILITÄT VON MORGEN. ZF NUTZT DIE INNOVATIVE PLATTFORM,

UM SEINE EXPERTISE UNTER BEWEIS ZU STELLEN.

TEXT: ROBERT SEIWERT

108 www.Motorsport-Magazin.com


Aus Friedrichshafen raus in die weite Welt. Vor etwa zehn Jahren

machte Pascal Wehrlein in der Stadt am Bodensee seine Ausbildung

zum Feinwerkmechaniker - und wer hätte damals

schon ahnen können, was alles folgen sollte. Jüngster DTM-

Champion der Geschichte, zwei Saisons in der Formel 1, nun

kämpft der 25-Jährige in der Formel E um Podestplätze und

Rennsiege.

Nicht nur Wehrlein hat sich aufgemacht, die Motorsport-Welt zu erobern.

Ein paar Jahre zuvor - genauer gesagt: 1937 - hatte ZF aus Friedrichshafen

bereits die Relevanz des Motorsports für die Serienentwicklung

erkannt. In jenem Jahr drehten die ersten Mercedes-Silberpfeile mit

Sachs-Dämpfern und Kupplungen aus dem Portfolio des Unternehmens

eifrig ihre Runden.

Pascal Wehrlein startet mit

ZF Power in der Formel E

Mahindra zählt zu den

Pionieren der Elektro-Serie

Wehrlein visiert seinen

ersten Sieg in der Formel E an

FOTOS: MOTORSPORT IMAGES, ZF

Weitere Meilensteine sollten folgen, darunter Grand-Prix-Siege 1964 von

Formel-1-Ikone Jim Clark mit ZF-Getriebe in seinem Lotus 33 R9, der

Le-Mans-Triumph von Porsche 1985 mit Sachs-Produkten und nicht

zuletzt die sechs Weltmeisterschaften von Ferrari und Michael Schumacher

mit Dämpfern von ZF.

Zukunft auf Rädern:

Das ZF EVplus Konzeptfahrzeug

Der rasanten Entwicklung der Automobilindustrie folgend, engagiert sich

ZF seit 2016 in der aufstrebenden Formel E. Hier kommt es zum Wiedersehen

der beiden ‚Friedrichshafener Globetrotter‘: In der sechsten

Saison der Formel E tritt ZF als neuer Antriebsstrang-Partner von Mahindra

Racing auf. Wehrlein und sein Teamkollege Jerome D‘Ambrosio wollen

den indischen Rennstall zu weiteren Erfolgen führen.

»Die Formel E ist für ZF eine großartige Bühne, um die Qualität und

Leistungsfähigkeit unserer Antriebslösungen für die E-Mobilität von morgen

unter Beweis zu stellen«, sagt Wolf-Henning Scheider, der Vorsitzende

des Vorstands von ZF. »In keiner anderen Rennserie ist der Know-how-

Transfer vom Rennsport hinein in die Serienentwicklung so groß wie in

der Formel E.«

Während die Formel-E-Rennwagen für immer größere Begeisterung sorgen,

herrscht in unserer Gesellschaft weiter Skepsis gegenüber der

E-Mobilität. Dem Wunsch nach ständig verfügbarer, bezahlbarer, sauberer

und sicherer Mobilität steht eine Realität gegenüber, die von Staus, Emissionen

und mangelndem Angebot geprägt ist.

Mit der Unternehmensstrategie ‚Next Generation Mobility‘ arbeitet ZF

täglich daran, dass die Mobilität von morgen für alle zugänglich und

zugleich erschwinglich bleibt, bequem verfügbar ist, noch sicherer, komfortabler

und dabei zugleich effizienter sowie nachhaltiger wird. Diese

Haltung fokussiert der Konzern in seiner #MobilityLifeBalance-Initiative.

Im Vordergrund steht hier der Nutzen für jeden mobilen Menschen und

seine Bedürfnisse.

Neben den aktuell vergleichsweise hohen Anschaffungskosten für Elektro-

Autos taucht immer wieder die Frage nach der Reichweite auf. Während

die Profis in der Formel E ihre Ressourcen bis aufs letzte Kilowatt einteilen

müssen, wäre das im öffentlichen Verkehr sicherlich nicht die optimale

Herangehensweise...

Bert Hellwig, Leiter des Systemhauses E-Mobility bei ZF: »Für den Alltagsnutzen

von E-Autos ist es wichtig, so viel Reichweite wie möglich

aus einer Batterieladung zu gewinnen. Jedes Prozent mehr Effizienz im

Wirkungsgrad mündet in zwei Prozent mehr Reichweite.«

Mit dem auf der IAA 2019 erstmals präsentierten ZF EVplus Konzeptfahrzeug

zeigt der Technologiekonzern, wohin die Reise führen kann: Der

Plug-in-Hybrid fährt rein-elektrisch im Realbetrieb mehr als 100 Kilometer

weit. Für lange Strecken springt der Verbrennungsmotor mit ein.

Ziel war es auch beim EVplus, alle Komponenten des Antriebsstrangs so

gut wie möglich zu gestalten und perfekt aufeinander abzustimmen. So

bringen auch vermeintlich kleine Optimierungen in Summe einen spürbaren

Effizienzgewinn.

In der Formel E setzten die Experten von ZF beispielsweise erstmals

Siliziumkarbid statt des üblichen Siliziums als Halbleiter in der Leistungselektronik

ein. Durch den sinkenden Innenwiderstand der Leistungselektronik

steigen Wirkungsgrad und Reichweite des Fahrzeugs an. Diese

Innovation plant der Konzern auch in seine Serientechnologie zu

übernehmen.

»ZF ist ein riesiges Unternehmen und die Zusammenarbeit wird uns sehr

helfen«, sagt Wehrlein. »Mit ZF haben wir einen Partner, der zusammen

mit uns die Entwicklung vorantreibt und uns hoffentlich weiter nach vorne

bringt. Das ist eine Win-Win-Situation.«

www.Motorsport-Magazin.com 109


LE MANS

TEXT: ROBERT SEIWERT

NORDSCHLEIFE

DER TRADITIONSREICHE REIFENHERSTELLER GOODYEAR DREHT AB 2020 SEINE

RUNDEN AUCH AUF DEUTSCHEN RENNSTRECKEN.

Ein Name mit großer Tradition startet ab 2020

auf der Bühne des deutschen Motorsports

durch: Goodyear-Reifen werden im kommenden

Jahr auf zahlreichen heimischen Rennstrecken

ihre Runden drehen.

Auch in Deutschland möchte die Reifenmarke an ihre

lange und erfolgreiche Tradition im Rennsport

anknüpfen. Und die kann sich sehen lassen: Bis

heute fuhr Goodyear bei den legendären 24 Stunden

von Le Mans insgesamt 14 Siege ein und avancierte

mit 368 Grand-Prix-Siegen zum erfolgreichsten Reifenhersteller

in der Geschichte der Formel 1.

Nächster Halt: Deutschland. Und das auf Anhieb auf

der anspruchsvollsten Rennstrecke der Welt. Auf der

Nordschleife des Nürburgrings wird Goodyear zahlreiche

Teams in der VLN-Langstreckenmeisterschaft

sowie beim weltberühmten 24-Stunden-Rennen

ausstatten. Auch in den beiden Rennserien DMV GT

und Touring Car Cup sowie DMV National Endurance

Series 500 werden die Rennreifen der traditionsreichen

Marke eingesetzt.

»Beim Einstieg in Deutschland wird sich Goodyear

auf den GT- und Tourenwagensport konzentrieren«,

sagt Alexander Kühn, Motorsport Produkt Manager

EMEA. »Wir freuen uns auf einen spannenden Wettbewerb

der Reifenhersteller auf der legendären Nordschleife

und die partnerschaftliche Zusammenarbeit

mit den Rennserien und Motorsport-Teams.«

Dieser Schritt soll die Marke Goodyear in den

Bereichen Motorsport und Ultra-Ultra-High-Performance

stärken.

»Nachdem Goodyear in den Innovationszentren in

Hanau und im luxemburgischen Colmar-Berg bereits

erfolgreich eine neue Reifenpalette für die Le-Mans-

Prototypen entwickelt hat, werden wir im kommenden

Jahr das Reifenangebot für den deutschen und

europäischen Motorsport mit neuen Produkten erweitern«,

erklärt Alexander Kühn weiter.

Als einer der größten Reifenhersteller mit weltweit

rund 64.000 Mitarbeitern war Goodyear zuletzt in

den internationalen Motorsport zurückgekehrt. Nach

dem Einstieg in die FIA-Langstrecken-Weltmeisterschaft

auf LMP2-Rennwagen wurde das Motorsportengagement

in der European Le Mans Series weiter

ausgebaut. In Großbritannien kehrt Goodyear zudem

als exklusiver Reifenpartner der British Touring Car

Championship zurück.

FOTOS: GOODYEAR

110 www.Motorsport-Magazin.com


0,50 EURO ERSPARNIS PRO HEFT* • KEIN ABO-ZWANG!

NACH ERHALT DER 3. AUSGABE JEDERZEIT KÜNDBAR • VERSAND BEQUEM NACH HAUSE

NOCH VOR DEM ERSTVERKAUFSTAG*

MOTORSPORT FÜR

ZUHAUSE

MIT DEM EASY

POLE-POSITION-ABO

SCHNELLER LESEN

ONLINE BESTELLEN UNTER WWW.MOTORSPORT-MAGAZIN.COM/MAGAZIN/

AUSFÜLLEN + + + AUSSCHNEIDEN + + + ABSCHICKEN + + + PER POST + + + PER FAX + + + PER E-MAIL + + + ANRUFEN

Formular ausfüllen und absenden an: Motorsport-Magazin Abo- und Bestellservice, Postfach 1331, D 53335 Meckenheim

Fax: +49 (0) 2225 - 70 85 399, E-Mail: motorsportmagazin@aboteam.de. Oder rufen Sie uns direkt an: +49 (0) 2225 - 70 85 568

Firma

Name

Vorname

Straße, Hausnummer

PLZ

Ort

Land

Telefon

Fax

E-Mail

Ja, ich möchte alle Vorteile nutzen und bestelle hiermit 3 Ausgaben des Motorsport-

Magazins inkl. Versand für EUR 12,00 in Deutschland (Österreich EUR 15,00, Schweiz SFR 29,70,

sonst. Ausland EUR 16,50 / Luftpost EUR 21,00).

Wenn ich das Motorsport-Magazin nicht weiter lesen möchte, teile ich Ihnen dies nach Erhalt

der dritten Ausgabe mit. Andernfalls erhalte ich im Jahres-Abonnement sechs Ausgaben des

Motorsport-Magazins pro Jahr zum Preis von EUR 24,00 in Deutschland (Österreich EUR 30,00,

Schweiz SFR 59,40 sonst. Ausland EUR 33,00). Das Jahres-Abonnement ist nach Erhalt der

dritten Ausgabe jederzeit kündbar. Bei Kündigung erhalte ich bereits bezahlte Beträge zurück.

Die Zahlung erfolgt per Rechnung.

Beginn Zustellung: mit aktueller Ausgabe mit der nächsten erscheinenden Ausgabe

Die Zahlung erfolgt per Lastschrift von folgendem Konto:

Kontoinhaber: *

Kontonummer: *

Bankleitzahl: *

Name der Bank: *

* Gilt nur für Deutschland. Preise und Zustellung im Ausland können abweichen.


FOTOS: ADAC MOTORSPORT

Auch 2020 gibt der ADAC

im Esports-Bereich Vollgas

ADAC ESPORTS 2020

ÜPPIGE PREISGELDER UND NOCH MEHR ACTION

DIE ADAC GT MASTERS ESPORTS CHAMPIONSHIP WAR 2019 EIN VOLLER ERFOLG FÜR AMBITIONIERTE

SIM-RACER. NÄCHSTES JAHR GEHT ES IN DIE NÄCHSTE RUNDE. BIGGER, BETTER, ADAC ESPORTS!

TEXT: HARIS DURAKOVIC

Race it like Max! Sim-Racing ist spätestens seit den Erfolgen von Max Verstappen

und Lando Norris in der virtuellen Welt auch auf dem Radar etablierter Rennserien

angekommen. Motorsport-Enthusiasten weltweit können am Simulator zeigen, ob

sie es wie die Profis draufhaben, Grenzen ausloten und an der Ideallinie arbeiten,

um das »letzte Tausendstel« herauszuholen. Das einzige Risiko, das die Sim-Racer

im Gegensatz zu ihren Vorbildern eingehen, ist ein hoher Puls. Eigene Ligen und

große Live-Events mit zahlreichen prominenten Vertretern aus dem realen Motorsport

machen es für die Sim-Racer möglich, sich mit den besten ihrer Zunft zu

messen.

Seit vergangenem Jahr mischt auch der ADAC im virtuellen Motorsport mit,

und das durchaus erfolgreich. Die ADAC GT Masters eSports Championship

fand in ihrem ersten Jahr großen Zulauf. Eine weitere Saison ist also Ehrensache.

Die Veranstalter haben sämtliche Erkenntnisse aus dem Vorjahr in ein

neues Konzept einfließen lassen. Plattform werden erneut die Rennsimulatoren

von Partner RaceRoom sein. Ganz getreu dem Motto: Never change a winning

team!

Die Anzahl der Startplätze wurde auf 24 Sim-Racer aufgestockt, genauso wie die

Anzahl der Veranstaltungen. In acht Rennen und bei fünf Live-Events kämpfen die

Teilnehmer um Geld- und Sachpreise im Gesamtwert von 80.000 Euro. Ein besonderes

Schmankerl für GT-Fans: Auch 2020 stehen die Sportwagen im Originaldesign

des ADAC GT Masters zur Auswahl. Eine eigene Lackierung ist aber auch

möglich.

Vier der fünf Live-Events werden vor Ort an den Rennstrecken im Rahmen der ADAC

GT Masters-Rennwochenenden abgehalten. In der Motorsport Arena Oschersleben,

am Hockenheimring, am Nürburgring und beim Saisonfinale am Sachsenring mit

Doppellauf wird virtuell Rad an Rad gekämpft. Eine weitere Live-Veranstaltung

findet außerhalb des ADAC GT Masters statt, zwei weitere Online-Rennen kommen

außerdem hinzu.

Die 24 Startplätze werden anhand der Online-Qualifying-Events vergeben. Für Infos

zur Teilnahme und weiteren Informationen rund um die ADAC GT Masters eSports

Championship 2020 lohnt sich ein Besuch auf adac.de/esports.

112 www.Motorsport-Magazin.com


TICKETVORVERKAUF

HOCH

3

MOTORSPORT-FANS AUFGEPASST! Bereits jetzt sind Tickets für drei

der beliebtesten Events im nationalen Motorsport erhältlich. Der Ticket-Vorverkauf

zur ADAC Rallye Deutschland (15.-18.10.2020) und zum deutschen

MotoGP-Lauf auf dem Sachsenring (19.-21.06.) laufen bereits auf

Hochtouren. Außerdem sind Tickets für alle sieben Events des ADAC GT

Masters ab sofort erhältlich. Der frühe Vogel fängt dabei den Wurm: Fans

können für einen bestimmten Zeitraum von Frühbucher-Rabatten profitieren.

ADAC MOTORSPORTLER

DES JAHRES 2019

Eine knappe Kiste ist es geworden, aber im vierten

und letzten Wahlgang stach Dennis Ullrich bei der

Wahl zum ADAC Motorsportler des Jahres DTM-Dominator

René Rast aus. Der fünffache ADAC MX Masters-

Champion ist eine Konstante im nationalen Motocross

und auch international respektiert. Als ADAC Motorsportler

des Jahres reiht sich Ullrich nun in illustre Gesellschaft

mit Motorsport-Größen wie DTM-Dominator

René Rast ein.

ADAC JUNIOR MOTORSPORTLER

DES JAHRES 2019

Er setzte der ADAC TCR Germany 2019 den Stempel

auf: Max Hesse gewann nach dem Rookie-

Titel 2018 in diesem Jahr die Fahrermeisterschaft.

Der 18-Jährige setzte sich dabei gegen wesentlich

erfahrenere Piloten durch. Als frisch gebackener

ADAC Junior Motorsportler tritt Hesse die

Nachfolge seines berühmten Vorgängers Mick

Schumacher an.

www.Motorsport-Magazin.com 113


MOTORSPORT-MAGAZIN.COM

DAS HEFT SCHON AUSGELESEN? AB ZU UNSEREN VIDEOS!

Formel 1: Rekordjäger Lewis Hamilton

www.motorsport-magazin.com/goto/MSM7001

MotoGP: Saison-Analyse 2019

www.motorsport-magazin.com/goto/MSM7002

FOTO: LAT IMAGES, DTM, SOPHIA FLÖRSCH

DTM: Strecken-Safari in Fuji!

www.motorsport-magazin.com/goto/MSM7003

Formel 3: Sophia Flörsch im Interview

www.motorsport-magazin.com/goto/MSM7004

IMPRESSUM

VERLAG & REDAKTION

adrivo GmbH

Landsberger Strasse 394

D-81241München

Handelsregisternr.: HRB180601

UID: DE 815 069 751

Tel.: +49 (0)89 18 96 592 60

Fax: +49 (0)89 18 96 592 61

info@motorsport-magazin.com

www.adrivo-media.com

LESERBRIEFE

leserbriefe@motorsport-magazin.com

FORTSETZUNG DES IMPRESSUMS UNTER

www.motorsport-magazin.com/

impressum.html

Die adrivo GmbH ist nicht verantwortlich für die inhaltliche Richtigkeit

der Anzeigen und übernimmt keinerlei Verantwortung

für in Anzeigen dargestellte Produkte und Dienstleistungen.

Die Veröffentlichung von Anzeigen setzt nicht die Billigung der

angebotenen Produkte und Serviceleistungen durch die adrivo

GmbH voraus.

CHEFREDAKTEUR (V.I.S.D.P.)

Stephan Heublein (Verantwortlich für

redaktionellen Inhalt)

CREATIVE DIRECTOR

Klaus Seele

RESSORTLEITER

Michael Höller (Motorrad)

Christian Menath (Formel 1)

Robert Seiwert (Automobil)

REDAKTION

Florian Becker, Haris Durakovic, Tobias

Ebner, Jonas Fehling, Daniel Geradtz,

Marco Hillitzer, Annika Kläsener, Florian

Niedermair, Michael Resl, Sophie Riga,

Marion Rott, Philipp Schajer, Manuel

Schulz, Manuel Sperl, Markus Steinrisser,

Stephan Vornbäumen, Mike Wiedel,

Markus Zörweg

BILDAGENTUREN

adrivo / Motorsport-Magazin.com

Motorsport Images / Sutton Images

OBJEKTLEITUNG

Mike Wiedel

Tel.: +49 (0)89 18 96 592 60

ANZEIGENLEITUNG

Manuel Sperl

(Verantwortlich für Anzeigenteil)

Katrin Dökel-Mayrhofer

Tel.: +49 (0)89 18 96 592 70

DRUCK

Dierichs Druck + Media

VERTRIEB

DPV Vertriebsservice GmbH

Nachdruck, Übersetzung und Auszüge nur mit Genehmigung

unter ausführlicher Quellenangabe gestattet. Copyright

für Inhalt und Gestaltung – falls nicht aus-drücklich

anders vermerkt – by adrivo GmbH. Gezeichnete Artikel

decken sich nicht unbedingt mit der Meinung der Redaktion.

Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos, Dias,

Bücher sowie Satz- und Druckfehler wird nicht gehaftet. Im

Falle höherer Gewalt oder bei Störung des Arbeitsfriedens

besteht kein Anspruch auf Lieferung oder Entschädigung.

Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe in gekürzter Form

zu veröffentlichen.

ABO-SERVICE

Motorsport-Magazin Abo- und

Bestellservice

Postfach 1331

D 53335 Meckenheim

Tel.: +49 (0)2225–70 85 568

Fax: +49 (0)2225–70 85 399

motorsportmagazin@aboteam.de

ONLINE-ABO

www.motorsport-magazin.com/

magazin/

DIE NÄCHSTE AUSGABE

ERSCHEINT AM

12.03.2020

www.facebook.com/motorsportmagazin/

www.twitter.com/MSM_Online

114 www.Motorsport-Magazin.com



MARC MÁRQUEZ.

TISSOT T-RACE MARC MÁRQUEZ

LIMITED EDITION 2019.

MIT DEM MARC MARQUEZ LOGO

BEDRUCKTER GLASGEHÄUSEBODEN.

#ThisIsYourTime

TISSOTWATCHES.COM

TISSOT, INNOVATORS BY TRADITION

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!