Musterheft Always on
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Roland Mader<br />
Oliver Scheibenbogen<br />
Roland Mader<br />
Oliver Scheibenbogen<br />
ALWAYS<br />
ON<br />
ON<br />
Verführung und Gefahr<br />
digitaler Medien<br />
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Inhalt<br />
1 Einleitung X<br />
2 Das Internet – Wie alles begann X<br />
3 Spezialthema: Kinder und Jugendliche X<br />
Familie...........................................................................................X<br />
Schule............................................................................................X<br />
4 „The Big Five“: die wichtigsten Nutzungsbereiche X<br />
Online-Gaming – Computerspiele....................................................X<br />
Spielgenres...................................................................................X<br />
MMORPGs...............................................................................X<br />
MOBAs....................................................................................X<br />
Ego- oder First-Pers<strong>on</strong>-Shooter.................................................X<br />
Third-Pers<strong>on</strong>-Shooter: Fortnite..................................................X<br />
Mobile Games – Casual Games...................................................X<br />
Twitch..........................................................................................X<br />
In-Game-Käufe, Lootboxen............................................................X<br />
Pile of Shame................................................................................X<br />
Vorbeugen und behandeln..............................................................X<br />
Fallgeschichte ...............................................................................X<br />
Social Media – Soziale Netzwerke...................................................X<br />
Facebook......................................................................................X<br />
Twitter..........................................................................................X<br />
Instagram.....................................................................................X<br />
Snapchat.......................................................................................X<br />
WhatsApp.....................................................................................X<br />
TikTok...........................................................................................X<br />
Telegram.......................................................................................X<br />
Signal.......................................................................................... X<br />
YouTube....................................................................................... X<br />
Pinterest, WeChat, Weibo, LinkedIn, Reddit, Tumblr......................... X<br />
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„Dr. Google“ und andere Suchmaschinen......................................... X<br />
Smileys, Emotic<strong>on</strong>s & Co............................................................... X<br />
Der Protheus-Effekt...................................................................... X<br />
Social Media und der Schönheitswahn............................................. X<br />
Vorbeugen und behandeln............................................................. X<br />
Fallgeschichte............................................................................... X<br />
Online-Gambling und Online-Betting –<br />
Glücksspiel und Sportwetten..........................................................X<br />
Vorbeugen und behandeln............................................................. X<br />
Fallgeschichte............................................................................... X<br />
Online-Shopping – Kaufen im Internet.............................................X<br />
Vorbeugen und behandeln............................................................. X<br />
Fallgeschichte............................................................................... X<br />
Online Pornography – Pornografie im Internet..................................X<br />
Online-Sexsucht........................................................................... X<br />
Geschichte der Pornografie............................................................ X<br />
Online-Pornos.............................................................................. X<br />
Cybersex als „moderne“ Ausprägung v<strong>on</strong> Sexsucht .......................... X<br />
Dating Apps................................................................................. X<br />
Tinder..................................................................................... X<br />
Vorbeugen und behandeln............................................................. X<br />
Fallgeschichte .............................................................................. X<br />
5 Streaming und Binge-Watching – Fernsehen im Netz X<br />
6 Gesundheitliche Gefahren X<br />
Nomophobie...................................................................................X<br />
Fear of Missing Out (FOMO).............................................................X<br />
Cybermobbing.................................................................................X<br />
Cybergrooming...............................................................................X<br />
Cyberch<strong>on</strong>drie.................................................................................X<br />
Fake News......................................................................................X<br />
Darknet – Die Untiefen des Internets.................................................X<br />
TOR – Der Schlüssel zum Darknet................................................... X<br />
Bitcoin......................................................................................... X<br />
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7 Virtual Reality – Virtuelle Realität X<br />
8 Chatbots und Artificial Intelligence (ChatGPT) –<br />
Künstliche Intelligenz und ihre Anwendung<br />
X<br />
9 Ausblicke in die Zukunft X<br />
Über die politische Dimensi<strong>on</strong> digitaler Technik...................................X<br />
Szenario „Internet global“................................................................X<br />
Szenario „K<strong>on</strong>kurrenz der Kulturen“ .................................................X<br />
Szenarien unvorhersehbarer Ereignisse ..............................................X<br />
ANHANG<br />
X<br />
Selbsttest und Fragebogen ..............................................................X<br />
Weiterführende Literatur..................................................................X<br />
Begriffserklärungen.........................................................................X<br />
Stichwortverzeichnis........................................................................X<br />
Über die Autoren.............................................................................X<br />
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1<br />
Einleitung<br />
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Internet, soziale Netzwerke und Smartph<strong>on</strong>es sind heute weltweit zu zentralen<br />
und rund um die Uhr dominanten Medien geworden. Kaum jemand,<br />
der nicht regelmäßig sein Smartph<strong>on</strong>e benutzt, um Nachrichten auf Social<br />
Media zu checken oder sie zu „posten“, zu „twittern“, schnell etwas zu<br />
„googeln“ oder ein kleines „Game“ zwischendurch zu absolvieren.<br />
Maßgeblich für diese Entwicklung ist allein sch<strong>on</strong> der Umstand, dass wir<br />
das Internet heute in der Tasche tragen und somit immer und überall „<strong>on</strong>line“<br />
sein können. Immer schnelleres Internet und die steigende Nutzung<br />
internetfähiger Geräte bewirkten in den letzten Jahren auch noch eine<br />
massive Zunahme ihres Gebrauchs: 2012 waren 14 % der Deutschen über<br />
mobiles Internet regelmäßig <strong>on</strong>line, 2014 waren es bereits 41 %, 2016<br />
dann 85 % und heute dürften es wohl sch<strong>on</strong> an die 100 % sein. Die Nutzung<br />
ist bei den Jüngeren hier sch<strong>on</strong> länger gesättigt, Zuwächse sehen wir<br />
vor allem bei den Älteren. Sollte gerade die ältere Generati<strong>on</strong> nicht eigentlich<br />
als „Role-Model“, als wichtiges Vorbild, für die Jugend fungieren?<br />
In Südkorea, dem Land mit dem höchsten Anteil v<strong>on</strong> Menschen mit pathologischem<br />
PC-K<strong>on</strong>sum beziehungsweise pathologischer Smartph<strong>on</strong>e-<br />
Nutzung, liegt der Anteil der Smartph<strong>on</strong>e-Süchtigen inzwischen bei<br />
30 %. In Österreich sind, laut einer Innsbrucker Untersuchung v<strong>on</strong> 2018,<br />
4 bis 6 % der Jugendlichen Smartph<strong>on</strong>e-süchtig. Ein:e Erwachsene:r in<br />
Mitteleuropa verbringt heute durchschnittlich dreieinhalb Stunden mit<br />
seinem Smartph<strong>on</strong>e, bei Jugendlichen dürfte dieser Wert oft noch deutlich<br />
höher liegen. Die wachsenden Angebote in der digitalen Welt, wie<br />
beispielsweise immer realitätsnähere Online-Spiele, neue und öfter genutzte<br />
Social Media und mehr ausgefeilte Dating-Apps werden eine weitere<br />
Zunahme der Nutzung bewirken.<br />
Das „Online-Gaming“ ist ein Teilbereich der Internetnutzung und seit<br />
Mai 2019 v<strong>on</strong> der WHO als Krankheit anerkannt, es wird im neuen Klassifikati<strong>on</strong>ssystem<br />
für Erkrankungen, dem sogenannten ICD-11, in der<br />
Gruppe „Verhaltenssüchte“ als „Online-Gaming-Disorder“ geführt. Diese<br />
Verhaltenssüchte werden auch „stoffungebundene Süchte“ genannt, sie<br />
haben erst seit Kurzem und nur teilweise Eingang in Krankheitskataloge<br />
gefunden.<br />
6<br />
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Zu den stoffungebundenen Süchten zählen wir das pathologische Glücksspiel<br />
(Glücksspielsucht), die Internetsucht (Online-Gaming, Social Media<br />
...), das pathologische Kaufen (Kaufsucht) und die Hypersexualität (Sexsucht).<br />
Diese Süchte verlagern sich im selben Umfang in den virtuellen<br />
Bereich, in dem sich auch die Angebote vermehren, um sie auszuleben.<br />
In diesem Buch werden diese – historisch gesehen neuen – krankhaften<br />
Verhaltensweisen vorgestellt und analysiert. Neben den am häufigsten<br />
verwendeten Bereichen werden wir aufzeigen, welchen Einfluss neue Medien<br />
auf Kinder und Jugendliche haben und wie wir uns in Familie und<br />
Schule vor negativen Folgen schützen können. In weiteren Kapiteln unternehmen<br />
wir kurze Abstecher zu technischen Entwicklungen, wie Chat-<br />
Programme und künstlicher Intelligenz, wir wagen schließlich auch einen<br />
Blick in die Zukunft und überlegen, wie sich unsere Welt im digitalen Zeitalter<br />
des 21. Jahrhunderts weiterentwickeln könnte.<br />
„<str<strong>on</strong>g>Always</str<strong>on</strong>g> <strong>on</strong>“ soll keine bloße Floskel sein, s<strong>on</strong>dern unser Leben tagtäglich<br />
und rund um die Uhr auf den Punkt bringen: Sch<strong>on</strong> in der Früh wachen<br />
wir durch den am Smartph<strong>on</strong>e eingestellten Wecker auf – das Gerät ist<br />
meistens gleich am Nachtkästchen angesteckt und die ganze Nacht <strong>on</strong>line.<br />
Man will ja nichts versäumen. Hand aufs Herz: Wer hat noch nie aufs<br />
Handy geschaut, nachdem er in der Nacht mal aufgewacht ist?<br />
Noch vor der Morgentoilette werden die wichtigsten Nachrichten gecheckt,<br />
während des Frühstücks werden dann die B-Nachrichten überflogen<br />
und die wichtigsten News über diverse Informati<strong>on</strong>sseiten eingeholt.<br />
Am Weg in die Arbeit fungiert das Smartph<strong>on</strong>e dann häufig als Musikbox<br />
– Kopfhörer auf, Musik an, Welt aus! Eventuell informieren wir die Welt<br />
via Social Media noch über so wichtige Ereignisse, wie dass es in der Stadt<br />
gerade regnet, was wohl jeder andere in derselben Stadt auch merken<br />
würde, wenn er aus dem Fenster schaut.<br />
In der Arbeit angekommen, liegt das Smartph<strong>on</strong>e fast immer am Arbeitsplatz,<br />
man will natürlich auch hier nichts versäumen und lässt sich durch<br />
aufpoppende Nachrichten im Arbeitsprozess wiederholt stören. Wenn ein<br />
Chef das verbietet, würde er dann überhaupt noch Mitarbeiter:innen fin-<br />
7<br />
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den? In der Mittagspause tauscht man mit Kolleg:innen die besten Fotos<br />
vom Wochenende aus und teilt die neuesten lustigen Videos.<br />
Während Besprechungen und Meetings wird in aller Regel weitergewischt<br />
und getippt. Es gibt ja eh ein Sitzungsprotokoll, wo man später die Inhalte<br />
nachlesen kann. Nach anstrengendem Arbeitstag kommt man endlich<br />
zu Hause an, und was passiert? Man sitzt gemütlich am Sofa und wischt<br />
und wischt … Einer Studie zufolge schauen wir im Durchschnitt 88-mal<br />
am Tag auf unser Smartph<strong>on</strong>e! Wie oft wir nebenbei essen oder trinken,<br />
wurde nicht gefragt, dann das ist ja zur Nebensache geworden.<br />
Gewischt wird nicht nur zu Hause am Sofa oder am Arbeitsplatz, immer<br />
häufiger passiert das auch auf der Toilette. 40 % der Bevölkerung verbringen<br />
ihre Zeit am Klo mit dem Smartph<strong>on</strong>e, dieses ist – neben dem<br />
Toilettenpapier – zum wichtigsten Utensil geworden und hat die Zeitung<br />
als Klolektüre längst abgelöst.<br />
Zahlreiche Smartph<strong>on</strong>es sind auch sch<strong>on</strong> in die Toilette gefallen. Wenn<br />
diese dann zur Reparatur gebracht werden, gibt man meist ein Glas Wasser<br />
an, das versehentlich umgestoßen wurde. Durch die Smartph<strong>on</strong>e-<br />
Nutzung verlängert sich übrigens die Aufenthaltsdauer am stillen Örtchen<br />
deutlich: die sogenannte „große Darmentleerung“ dauert im Schnitt<br />
130 Sekunden, aber der zum Lesen vorgebeugte Oberkörper (und das<br />
dadurch bedingte Einknicken des Enddarmes) verzögert sie empfindlich.<br />
„Sitzungsdauern“ v<strong>on</strong> einer halben Stunde sind daher keine Seltenheit<br />
mehr.<br />
Wenn Internet, Smartph<strong>on</strong>e & Co. sogar unsere intimsten Sphären in<br />
solchem Ausmaß dominieren, wen wundert es dann, dass auch die Auswirkungen<br />
dieser Einflüsse krankhafte Züge annehmen, und das immer<br />
öfter? Darum glauben wir, dass das vorliegende Buch wichtig ist, weil es<br />
nicht nur beschreibt, s<strong>on</strong>dern auch allgemein verständlich erklärt, was<br />
man angesichts der alltäglichen Verführungen tun kann und soll, um nicht<br />
in eine Sucht abzudriften oder sich v<strong>on</strong> ihr zu lösen. Wir wünschen Ihnen<br />
eine hilfreiche Lektüre!<br />
…<br />
8<br />
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3<br />
Spezialthema:<br />
Kinder & Jugendliche<br />
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Familie<br />
Jede:r, die/der selbst Kinder hat, weiß, welche Faszinati<strong>on</strong> digitale Medien<br />
auf Kinder ausüben. Dies beginnt sch<strong>on</strong> im Babyalter. Bewegte bunte<br />
Bilder auf Tablet oder Smartph<strong>on</strong>e üben auf Babys und Kleinkinder eine<br />
wahnsinnige Anziehung aus. Dass man dann auch noch durch Berührung,<br />
Wischen und Drücken Einfluss auf das Gezeigte nehmen kann, intensiviert<br />
dies noch. Babys und Kleinkinder sind neugierig, entdecken ständig<br />
ihre Umgebung und erforschen das, was ihnen angeboten wird. Sie lieben<br />
einfache Spielsachen, die durch Schmecken, Riechen, Hören und Fühlen<br />
erkundet werden und brauchen dazu auch Erwachsene, die dies mit<br />
ihnen teilen. Sie brauchen Zuwendung, Anregungen, jemanden der mit<br />
ihnen spricht. Digitale Medien können zwar vorübergehend unterhalten,<br />
können aber natürlich nicht die menschliche Zuwendung geben, die heranwachsende<br />
Kinder benötigen. Natürlich ist es sehr verführerisch, sein<br />
Kind vor das Tablet zu setzen oder ihm sein Smartph<strong>on</strong>e in die Hand zu<br />
geben, um sich dadurch ein wenig kinderfreie Zeit zu verschaffen. Wir<br />
alle kennen jene Kinder, die in Restaurants gebannt vor den Handys<br />
ihrer Eltern sitzen, um den Erwachsenen eine Unterhaltung in Ruhe<br />
zu ermöglichen. Oder wir kennen die Kinderwägen in Restaurants,<br />
aus denen es abends herausleuchtet und so Eltern ungestört essen<br />
lassen. So verführerisch diese Möglichkeit auch ist, so sehr müssen<br />
wir Erwachsenen lernen hier möglichst zu widerstehen und die<br />
Benützung digitaler Medien nur eingeschränkt und bewusst zuzulassen.<br />
Die heutige Elterngenerati<strong>on</strong> hat selbst nie den Umgang<br />
mit diesen neuen Medien erlernt. Niemand hat uns gezeigt,<br />
wie viel Nutzung gesund ist und ab wann<br />
Gefahren drohen. Wir müssen und<br />
mussten uns den Umgang mühsam<br />
selbst aneignen und stoßen dadurch<br />
ständig an unsere eigenen<br />
Grenzen. Der erste und<br />
wichtigste Schritt im Umgang<br />
mit digitalen Medien wäre, den<br />
10<br />
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eigenen Umgang mit Smartph<strong>on</strong>e und Co. selbst bewusst zu hinterfragen<br />
und auch bereit zu sein, vorübergehend darauf zu verzichten. Nur so kann<br />
man das Vorbild sein, welches Kinder beim Heranwachsen als Lernmodell<br />
benötigen. So können wir die Einhaltung v<strong>on</strong> Grenzen vorleben und<br />
einen kompetenten Umgang mit neuen Medien versuchen zu vermitteln.<br />
Der Umgang mit digitalen Medien stellt in der heutigen Kindererziehung<br />
wahrscheinlich einen sehr wichtigen, wenn nicht zentralen, Bereich dar<br />
und muss ganz bewusst und auch vorbereitet vermittelt werden. Natürlich<br />
ist es faszinierend, wie spielerisch und geschickt kleine Kinder mit<br />
Tablet und Smartph<strong>on</strong>e umgehen, doch sollte man das Kind dafür nicht<br />
nur loben und über die Geschicklichkeit stolz sein, s<strong>on</strong>dern man sollte<br />
sch<strong>on</strong> hier beginnen Grenzen zu setzen und vor allem den zeitlichen Zugang<br />
einzuschränken. Bei der Frage, wie lange Kinder in welchem Alter<br />
ein Handy nutzen dürfen, empfiehlt die deutsche Internetseite „Schauhin.info“<br />
die Regulierung der Medienzeit für:<br />
k Kinder bis 5 Jahre: ½ Stunde am Tag<br />
k Kinder v<strong>on</strong> 6 bis 9 Jahren: 1 Stunde am Stück<br />
k Ab 10 Jahren Etablierung eines selbst einteilbarem<br />
Zeitk<strong>on</strong>tingents pro Woche<br />
Die deutsche Bundeszentrale für gesundheitliche Angelegenheiten (BZgA)<br />
ist in ihren Empfehlungen noch etwas strenger:<br />
k Kinder im Alter v<strong>on</strong> 0 bis 3 Jahren: keine Bildschirmmedien nutzen<br />
k Kinder im Alter v<strong>on</strong> 3 bis 6 Jahren: höchstens 30 Minuten täglich<br />
k Kinder im Alter v<strong>on</strong> 6 bis 10 Jahren: höchstens 45 bis 60 Minuten<br />
täglich<br />
Dies schafft Medienkompetenz und hilft beim Erlernen seine Nutzungszeit<br />
auch selbst einzuschränken.<br />
Die Medienzeit gehört genauso reguliert wie das Taschengeld, vor allem<br />
bei vorpubertären Kindern. Wenn die vereinbarte Medienzeit aufgebraucht<br />
ist, benötigt es allerdings auch k<strong>on</strong>sequente Eltern, die notfalls<br />
das Handy für den Rest der Woche auch einziehen. Grundsätzlich ist die<br />
Nutzungszeit digitaler Medien ein wichtiger Risikofaktor für eine eventu-<br />
11<br />
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elle Suchtentwicklung, allerdings kein Abhängigkeitskriterium. Entscheidend<br />
ist immer, wieviel Zeit und Aufmerksamkeit anderen „offline“-Aktivitäten<br />
entgegengebracht wird und/oder ob diese bereits vernachlässigt<br />
werden. Ein wichtiger Schutzfaktor für eine etwaige Suchtentwicklung<br />
ist, das Fördern realer und auch gemeinsamer Aktivitäten. Diese Aktivitäten,<br />
vor allem auch innerhalb der Familie, müssen v<strong>on</strong> den Eltern ganz<br />
bewusst gefördert werden.<br />
Eine wichtige Frage, die sich Eltern stellen, ist, wann bekommt mein Kind<br />
ihr eigenes Handy. Hier lautet die allgemeine pädagogische Empfehlung,<br />
nicht vor dem 9. Lebensjahr. Sollten Kinder sch<strong>on</strong> früher ein Handy benötigen,<br />
weil sie zum Beispiel einen weiten Heimweg v<strong>on</strong> der Schule haben<br />
und sich bei den Eltern telef<strong>on</strong>isch vor den nach Hause gehen melden<br />
sollen, dann empfiehlt sich in diesem Fall ein so genanntes „Dumbph<strong>on</strong>e“<br />
zu benutzen, ein „altes“, nicht internetfähiges Handy. Ein Smartph<strong>on</strong>e<br />
sollten Kinder nicht vor dem 12. Lebensjahr erhalten. Hier kann man dav<strong>on</strong><br />
ausgehen, dass sie, mit der Unterstützung der Eltern, bereits Gefahren<br />
im Internet erkennen und einschätzen können. Verwehren wird<br />
man den Kindern ein eigenes Smartph<strong>on</strong>e nur schwer können. Zu groß<br />
ist der Druck unter den Schulkamerad:innen auch dabei zu sein, <strong>on</strong>line<br />
zu sein. Auch die resolutesten Eltern scheitern in aller Regel früher als<br />
geplant an den ständig wiederkehrenden Wünschen und Forderungen der<br />
eigenen Kinder. Nachdem mittlerweile auch Lerninhalte in den Schulen<br />
über WhatsApp-Gruppen weitergegeben werden, kann man seinen Kindern<br />
Smartph<strong>on</strong>es kaum verbieten. Das wiederholte Thematisieren und<br />
Reflektieren eines achtsamen Umgangs mit den neuen Medien ist hier<br />
entscheidend. Wenn Kinder bereits die Pubertät erreicht haben, wird ein<br />
Reglementieren der Nutzung immer schwieriger. Was bis dahin nicht an<br />
Medienschulung erreicht wurde, wird dann immer schwieriger umzusetzen<br />
sein. Jedoch sollten auch mit älteren Kindern die möglichen Gefahren<br />
der Nutzung immer wieder besprochen werden. Hier geht es dann vor<br />
allem um Themen wie Cybermobbing, Erkennen v<strong>on</strong> Fake News, Cybergrooming<br />
und andere Gefahren, die in einem späteren Kapitel (s. S. XX)<br />
noch behandelt werden.<br />
12<br />
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Über den Umgang mit dem Smartph<strong>on</strong>e innerhalb der Familie ist es<br />
wichtig, klare Regeln aufzustellen, wie zum Beispiel folgende:<br />
k Handyfreie Z<strong>on</strong>en schaffen! Zum Beispiel kein Handy am Tisch<br />
beim gemeinsamen Essen. Oder auch kein Handy im Kinderzimmer<br />
an das Ladegerät stecken.<br />
k Handyfreie Zeiten schaffen! Zum Beispiel keine Nutzung nach 21 Uhr<br />
(je nach Alter der Kinder). Oder erst nach Erledigung der Hausaufgaben<br />
oder anderer wichtigen Aktivitäten.<br />
k Keine Handynutzung während eines gemeinsamen Gesprächs! Hier<br />
gilt es zu lernen, dass das gemeinsame Gespräch immer wertvoller ist<br />
als das Virtuelle.<br />
k „Digital Detox“! Auch einmal den Versuch wagen, als Familie die<br />
Handys beim S<strong>on</strong>ntagsausflug zu Hause zu lassen, um abends zu erkennen,<br />
dass man in aller Regel keine wichtigen Dinge verpasst, wenn<br />
man einmal nicht <strong>on</strong>line ist.<br />
Über die Wichtigkeit des gemeinsamen Familienessens ohne bes<strong>on</strong>dere<br />
Ablenkungen gibt es bereits viele Untersuchungen. Eine amerikanische<br />
Forschergruppe beobachtete 55 Familien mit kleinen Kindern<br />
beim gemeinsamen Essen in einem Fast-Food-Restaurant. Bei<br />
40 dieser 55 Familien hatten die Eltern während des Essens ihr Handy<br />
in der Hand und schenkten ihren Kindern keine oder nur geringe Aufmerksamkeit.<br />
Dies hatte zur Folge, dass die Kinder während des Essens immer<br />
unruhiger und lauter wurden, was dann wiederum die Eltern unruhiger<br />
und lauter werden ließ. Schließlich endeten diese Familienessen bei allen<br />
beobachteten Familien in einem Familienstreit, ohne dass sich die Eltern<br />
bewusst wurden, dass sie selbst der Auslöser für die Eskalati<strong>on</strong> waren. Gerade<br />
die direkte Kommunikati<strong>on</strong> mit Kindern während eines Familienessens<br />
ist entscheidend für eine gesunde Entwicklung. Kinder fordern unsere<br />
Aufmerksamkeit und es liegt in der Aufgabe der Eltern, ihnen diese auch<br />
zu geben. Eltern in den USA verbringen täglich 9 Stunden und 22 Minuten<br />
mit digitalen Medien, dav<strong>on</strong> 7 Stunden und 43 Minuten ausschließlich in<br />
der Freizeit. Diese Nutzungszeit ist umso höher, je geringer der Bildungsstatus<br />
ist.<br />
13<br />
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Umso älter Kinder werden, umso geringer wird der Einfluss der Eltern auf<br />
die Nutzung neuer Medien. Kinder bzw. Jugendliche ziehen sich gerne in<br />
ihr Zimmer zurück und lassen ihre Eltern nur ungern an dem teilhaben, was<br />
in ihrer virtuellen Welt stattfindet. Gerade deshalb ist es für Eltern v<strong>on</strong> bes<strong>on</strong>derer<br />
Bedeutung, mit den Kindern in K<strong>on</strong>takt zu bleiben, sich immer<br />
für das zu interessieren, was Kinder und Jugendliche <strong>on</strong>line so treiben und<br />
auch immer wieder, im gemeinsamen Gespräch, die besuchten Inhalte zu<br />
reflektieren und auch kritisch zu betrachten. Auch bei den jungen Gamern,<br />
die oft stundenlang in ihrem Zimmer vor dem Computer verschwinden, ist<br />
es entscheidend im Gespräch zu bleiben und sich für das zu interessieren,<br />
was sie spielen. Den Mut zu haben, sich dazuzusetzen und sich ein Spiel erklären<br />
zu lassen, anstatt ständige Drohungen auszusprechen, den Computer<br />
wegzusperren oder das Modem abzuschalten, ist als präventive Maßnahme<br />
entscheidend.<br />
Das Internet ist Teil unseres Lebens geworden, auch des Familienlebens<br />
und deshalb ist es unumgänglich, diese Entwicklung zu akzeptieren, aber<br />
kritisch damit umzugehen und die Medien in unseren (Familien-)Alltag<br />
zu integrieren. Gleichzeitig müssen die realen Aktivitäten gefördert werden,<br />
da eine soziale Entwicklung nur im wirklichen Leben gelernt werden<br />
kann. Sozialverhalten lernt man durch den Umgang mit anderen, unter<br />
gelegentlicher Anleitung v<strong>on</strong> Erwachsenen. Am Bildschirm kann man Einfühlungsvermögen<br />
nicht wirklich üben.<br />
…<br />
14<br />
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4<br />
„The Big Five“:<br />
die wichtigsten<br />
Nutzungsbereiche<br />
15<br />
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Gerade bei neuen Süchten, wie der Internet- bzw. Onlinesucht, finden sich<br />
zahlreiche unterschiedliche Begriffe zur Beschreibung ein und desselben<br />
Phänomens. Das ist deswegen nicht verwunderlich, weil in der Wissenschaft<br />
Annahmen und Beschreibungen so lange Gültigkeit haben, bis sie –<br />
zumeist v<strong>on</strong> anderen Forscher:inen – widerlegt werden. In diesem Zusammenhang<br />
spricht man v<strong>on</strong> Falsifikati<strong>on</strong>, vom Verwerfen einer Hypothese,<br />
im Unterschied zur Verifikati<strong>on</strong>, der Bestätigung der Hypothese.<br />
Bis dato ist noch nicht hinlänglich bekannt, wie mit den durch neue Technologien<br />
entstehenden Problemen im Erleben und Verhalten des Menschen<br />
umzugehen ist. So meint Internet- bzw. Onlinesucht, strenggenommen,<br />
eine Abhängigkeit vom Internet oder dem „Online-Gehen“<br />
selbst. Das Suchtmittel, so impliziert der Begriff, ist das Internet. Das ist<br />
jedoch nicht korrekt, weil das Internet ja nur Mittel zum Zweck ist, um<br />
dort zu spielen, zu kommunizieren oder anderen Verhaltensweisen nachzugehen.<br />
In Analogie dazu würde niemand auf die Idee kommen, eine<br />
Alkoholabhängigkeit als Flaschensucht oder Gläsersucht zu bezeichnen.<br />
Außerdem werden unter der Bezeichnung Internet- und Onlinesucht viele<br />
unterschiedliche Phänomene unter einem Begriff subsummiert. Für die<br />
Behandlung, aber auch die Präventi<strong>on</strong>, ist jedoch eine genaue Kenntnis der<br />
tatsächlich im Internet durchgeführten Tätigkeiten und Verhaltensweisen<br />
unumgänglich: Eine Computerspielsucht weist eine andere Dynamik auf<br />
als ein ebenso <strong>on</strong>line vermitteltes, problematisches Glücksspielverhalten.<br />
Daher geht man zunehmend dazu über, alle Erscheinungsformen unter<br />
dem Begriff der Internetgebrauchsstörung (Internet Use Disorder, kurz<br />
IUD) zusammenzufassen und eine weitere Unterteilung in unterschiedliche<br />
behandlungsrelevante Störungsbilder vorzunehmen.<br />
Die Verhaltensweisen mit dem derzeit höchsten Risiko einer Suchtentwicklung<br />
– „The Big Five“ – sind die (Computer-)spielsucht (Gaming Disorder),<br />
die Glücksspielsucht, zu der auch das pathologische Sportwetten<br />
gehört (Gambling Disorder), das pathologische Kaufen, zumeist mit einem<br />
starken Drang zum Horten (Buying-Shopping Disorder), die Online- oder<br />
Cybersexsucht (Pornography Use Disorder) und die Internet Communicati<strong>on</strong><br />
bzw. Social Network Use Disorder, die Abhängigkeit v<strong>on</strong> Sozialen<br />
Medien.<br />
16<br />
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„The Big Five“<br />
Gaming Gambling Buying-<br />
Shopping<br />
Pornography<br />
Use<br />
Internet<br />
Communicati<strong>on</strong><br />
Für Präventi<strong>on</strong> und Behandlung ist noch eine weitere Unterscheidung des<br />
oben genannten Verhaltens notwendig, weil das Internet entweder mobil<br />
oder nicht-mobil (stati<strong>on</strong>är) genutzt werden kann. Eine Abhängigkeit v<strong>on</strong><br />
Sozialen Medien ohne mobiles Internet (in Form v<strong>on</strong> Smartph<strong>on</strong>es) ist<br />
kaum vorstellbar, auf der anderen Seite werden viele Spiele derzeit noch<br />
am PC oder auf der Spielk<strong>on</strong>sole, aber ohne (mobilem) Internet genutzt.<br />
Auch das Gerät, das für den Zugang ins Internet benützt wird, spielt in<br />
der Entstehung und Aufrechterhaltung v<strong>on</strong> Suchterkrankungen eine Rolle.<br />
Diesbezüglich wird gerne v<strong>on</strong> Smartph<strong>on</strong>esucht gesprochen, wobei<br />
auch hier wieder gilt: Nicht das Smartph<strong>on</strong>e ist das Suchtmittel, s<strong>on</strong>dern<br />
die verwendete Applikati<strong>on</strong> (Software).<br />
Während der COVID-19-Pandemie hat die Häufigkeit der Internetsucht<br />
zugenommen. In einer Untersuchung an Studierenden der Johannes Gutenberg-Universität<br />
in Mainz lag die Prävalenz im Jahr 2019, also vor<br />
Beginn der Pandemie, bei 3,9 %, aber bereits 2020 lag sie bei 7,8 %,<br />
also doppelt so hoch. Die Forscher:innen fanden ferner heraus, dass vor<br />
der Pandemie eher junge Männer betroffen waren, dass sich jedoch während<br />
der Pandemie die Geschlechterunterschiede zunehmend ausglichen.<br />
Währende Videospiele eher v<strong>on</strong> Männern präferiert werden, bevorzugen<br />
Frauen soziale Netzwerke und Applikati<strong>on</strong>en zur Kommunikati<strong>on</strong>. Durch<br />
die Pandemie entstand ein starkes Bedürfnis – trotz der verordneten<br />
Lockdowns – mit anderen in Verbindung zu bleiben. So ist erklärbar, dass<br />
die Nutzung v<strong>on</strong> Sozialen Medien durch Frauen stark zugenommen hat.<br />
Neben der Linderung v<strong>on</strong> depressiven Symptomen und Gefühlen der Einsamkeit<br />
war es eine Verringerung v<strong>on</strong> Angstgefühlen, die während der<br />
Pandemie vermehrt zu Aktivitäten im Internet führte.<br />
17<br />
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Studierende sind aufgrund ihres Alters eine bes<strong>on</strong>ders gefährdete Gruppe<br />
für die Entwicklung einer Internetsucht. Während die Prävalenz für Internetsucht<br />
in der Allgemeinbevölkerung im Alter v<strong>on</strong> 14–64 Jahren rund<br />
1 % beträgt, ist diese bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter<br />
v<strong>on</strong> 14–24 Jahren um das 2–2,5-fache erhöht.<br />
An Online-Angeboten werden v<strong>on</strong> Studierenden am häufigsten Videooder<br />
Streaming Portale genutzt, gefolgt v<strong>on</strong> Chats und Online-Communities.<br />
Die Inanspruchnahme dieser Dienste ist während der CO-<br />
VID-19-Pandemie ebenfalls stark angestiegen. Es nahmen ferner das<br />
Online-Shopping und die Informati<strong>on</strong>srecherche mittels Internet zu. Dier<br />
Auswertung v<strong>on</strong> Fragebögen v<strong>on</strong> 17.600 deutschen Schüler:innen im Alter<br />
v<strong>on</strong> 15 bis 19 Jahren zeigte ein exzessives Spielverhalten am Computer<br />
bei rund 10 % der Teilnehmer:innen und ein abhängiges Spielverhalten<br />
bei 1,5 %, wobei fast zehnmal so viele Jungen wie Mädchen dav<strong>on</strong> betroffen<br />
waren.<br />
Eine Metaanalyse aus 2021 v<strong>on</strong> 63 Studien in 32 Ländern ergab eine Prävalenzrate<br />
für Social-Media-Sucht (Facebook, Instagram und Co.) v<strong>on</strong><br />
rund 5 % für sehr schwere, 13 % für schwere und 25 % für moderate bis<br />
schwere Abhängigkeitserkrankungen. Inkludiert waren Studien aus den<br />
Regi<strong>on</strong>en Nordamerika, Europa, Asien, Afrika und Lateinamerika. Untersuchungen<br />
aus Afrika, gefolgt v<strong>on</strong> jenen aus asiatischen Ländern, wiesen<br />
die höchste Prävalenzraten für Social-Media-Sucht auf. Interessanterweise<br />
war die Prävalenz in Ländern mit eher kollektivistischer Kultur mit<br />
31 % mehr als doppelt so hoch wie in individualistisch geprägten Ländern<br />
(14%). In individualistischen Kulturen, in denen das Kind im Mittelpunkt<br />
der Familie steht und wo in der Erziehung auf die Entfaltung der Individualität<br />
und der Aut<strong>on</strong>omie viel Wert gelegt wird, dürfte das Risiko für<br />
die Entwicklung einer Social-Media-Sucht dementsprechend geringer<br />
ausfallen.<br />
Risikofaktoren für die Entstehung einer Internetsucht ähneln jenen anderer<br />
Suchterkrankungen. So sind bei Betroffenen häufig hohe Werte an<br />
Neurotizismus zu beobachten, ferner hohe Impulsivität sowie eine starke<br />
Neigung zum „Novelty Seeking“. Unter dem psychologischen K<strong>on</strong>-<br />
18<br />
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zept des Neurotizismus versteht man ein Persönlichkeitsmerkmal, dem<br />
oft die Eigenschaften ängstlich, launisch, empfindlich, depressiv, reizbar<br />
und labil zugeschrieben werden. Hingegen beschreibt das K<strong>on</strong>strukt<br />
„Novelty Seeking“ Pers<strong>on</strong>en mit starkem explorativem Verhalten und<br />
dem Bedürfnis, sich immer neuen Reizen zuzuwenden, aber auch impulsiv<br />
Entscheidungen zu treffen. Diese Pers<strong>on</strong>en verlieren auch schnell ihre<br />
Beherrschung und vermeiden Frustrati<strong>on</strong>en jeglicher Art, sofern das nur<br />
irgendwie möglich ist. Das Internet wird dann verstärkt genutzt, um negativen<br />
Emoti<strong>on</strong>en zu entkommen.<br />
…<br />
Social Media – Soziale Netzwerke<br />
Soziale Netzwerke oder englisch „Social Media“ sind digitale Plattformen,<br />
die zur Kommunikati<strong>on</strong>, zur Vernetzung und zum Teilen v<strong>on</strong> Inhalten<br />
im Internet dienen. Sie wurden in den letzten Jahren so stark in unsere<br />
Gesellschaft und unseren Alltag integriert, dass ein Leben ohne sie kaum<br />
mehr vorstellbar erscheint. Vor allem bei jungen Menschen spielen digitale<br />
Medien und Social Media eine zentrale Rolle. Eine „Userin“ beschreibt<br />
diese „Generati<strong>on</strong> Social Media“ im folgenden Posting eindrucksvoll:<br />
„Ich habe nie gelernt, ohne das Internet zu leben. Meine Sozialisati<strong>on</strong> wurde<br />
maßgeblich v<strong>on</strong> Internetbekanntschaften beeinflusst, meinen Musikund<br />
Filmgeschmack verdanke ich Online-Communities der frühen 2000er.<br />
Ich lese seit Jahren Blogs oder Tweets v<strong>on</strong> Menschen, die ich noch nie gesehen<br />
habe und fühle mich ihnen trotzdem so verbunden, als würden wir uns<br />
persönlich kennen. Ohne das Internet wäre ich ein anderer Mensch. Das<br />
Internet ist Teil meiner Lebenswelt, in der ich nicht zwischen dem echten<br />
und dem virtuellen Leben unterscheide.“<br />
Wenn wir uns bewusst machen, in welcher Welt Kinder v<strong>on</strong> heute aufwachsen,<br />
sollte deutlich werden, dass wir die digitalen Entwicklungen<br />
kritisch hinterfragen und darüber nachdenken müssen, wie wir unsere<br />
19<br />
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Kinder beim Umgang mit den neuen Medien unterstützen können. Dabei<br />
geht es weder um eine ablehnende Haltung, etwa in Form eines „Handy-<br />
Verbots“, noch um eine stillschweigende Akzeptanz v<strong>on</strong> allem und jedem,<br />
was am Markt gerade angeboten wird. Es sind vielmehr Antworten<br />
auf zahlreiche Fragen zu finden, die sich für frühere Generati<strong>on</strong>en noch<br />
nicht gestellt haben: Wie können junge Menschen dafür begeistert werden,<br />
ihre Freizeit (und nicht selten halbe Nächte) anders zu verbringen als<br />
vor einem Bildschirm? Denken die Erziehungsberechtigten auch darüber<br />
nach, welches Vorbild sie abgeben, wenn sie selbst ständig am Smartph<strong>on</strong>e<br />
„herumwischen“. Das vorliegende Buch setzt sich mit zahlreichen<br />
Fragen auseinander, die sich aus den Beobachtungen und Erfahrungen<br />
beim Gebrauch und Missbrauch neuer Medien, neuer Kommunikati<strong>on</strong>sund<br />
Unterhaltungsformen ergeben, und es versucht Antworten zu geben<br />
für Eltern, Lehrer:innen und alle Menschen, die selbst auf der Suche nach<br />
dem Sinn der globalen Vernetzung sind.<br />
Aber sehen wir uns zunächst einmal die Fakten an: Social Media, um die<br />
es in diesem Kapitel geht, werden vor allem v<strong>on</strong> jungen Menschen zeitintensiv<br />
genützt: So verbringt ein Smartph<strong>on</strong>e-User in Deutschland 1½<br />
Stunden am Tag auf Social Media, in manchen Ländern wie den Philippinen<br />
oder Nigeria sind es über 4 Stunden täglich.<br />
Bei der Nutzung stehen nicht nur die K<strong>on</strong>takte mit (realen oder<br />
virtuellen) Freunden im Mittelpunkt, s<strong>on</strong>dern es geht darum,<br />
sich über andere zu informieren, das „Hineinschauen in das<br />
Leben anderer“ – diese Form der Neugier ist eine zentrale<br />
Motivati<strong>on</strong> zum Verwenden v<strong>on</strong> Netzwerken im Internet.<br />
Wo s<strong>on</strong>st hat man die Möglichkeit, in Sekundenschnelle<br />
etwas über seine Idole und Stars zu<br />
lesen und Fotos, auch aus ihrem privaten<br />
Leben, zu sehen.<br />
Das suggeriert ein Gefühl der Nähe, als<br />
ob man mit seinen Idolen wirklich verbunden<br />
oder befreundet wäre. Um diesen<br />
Effekt zu nutzen, machen sich viele<br />
20<br />
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User:innen ganz bewusst selbst zu Stars oder Sternchen, indem sie durch<br />
intensives Posten und oft aggressives „Sammeln“ v<strong>on</strong> Freundschaftszusagen<br />
selbst zu den sogenannten „Influencer:innen“ oder „YouTuber:innen“<br />
werden. Je mehr Medienpräsenz sie durch ihre Aktivität schaffen,<br />
umso eher werden sie v<strong>on</strong> Unternehmen für „Product-Placement“ verwendet<br />
und verdienen nicht selten viel Geld damit, was wiederum zu noch<br />
mehr Zulauf und Bewunderung bei anderen Social-Media-User:innen<br />
führt. Eine intensive Nutzung sozialer Netzwerke kann aber auch negative<br />
Gefühle hervorrufen, etwa wenn andere immer als besser, erfolgreicher<br />
und schöner empfunden werden als man selbst.<br />
Oft versuchen die Betroffenen, diesen negativen Gefühlen durch eine<br />
noch intensivere Nutzungs- und Verweildauer entgegenzusteuern und<br />
schlittern oft, ohne es zu merken, in ein suchtartiges Verhalten.<br />
Derzeit wird Social-Media-Sucht unter Verwendung bekannter Abhängigkeitskriterien,<br />
wie folgt beschrieben.<br />
Merkmale v<strong>on</strong> Social Media Sucht<br />
k K<strong>on</strong>trollverlust, Nutzung immer häufiger und oft gegen den eigenen<br />
Willen<br />
k Negative Auswirkung auf schulische oder berufliche Leistungen<br />
k Häufige K<strong>on</strong>flikte mit wichtigen Bezugspers<strong>on</strong>en<br />
k Sozialer Rückzug<br />
k Häufig Lügen und Vorgeben, weniger Zeit mit Social Media zu<br />
verbringen, als dies der Fall ist<br />
k Die Nutzung wird als immer weniger befriedigend empfunden<br />
k Eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit führt zu Entzugserscheinungen<br />
k Versuche, die Nutzung einzuschränken, scheitern<br />
k Körperliche K<strong>on</strong>sequenzen wie Schlafmangel, Übergewicht ...<br />
Wenn man die Dauer, den Beginn und das Ende der Nutzung v<strong>on</strong> sozialen<br />
Netzwerken immer weniger selbst bestimmen kann und die K<strong>on</strong>trolle<br />
21<br />
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darüber verliert, dann ist das eine Form v<strong>on</strong> Sucht. Trotz negativer K<strong>on</strong>sequenzen,<br />
wie schlechte schulische Leistungen oder K<strong>on</strong>flikte mit Eltern<br />
oder Freunden, kann die Nutzung dann nicht mehr eingeschränkt werden.<br />
In der Folge wird über die Dauer der Nutzung gelogen, ein Problem im<br />
Umgang damit wird negiert oder bagatellisiert.<br />
Und wenn man – aus welchen Gründen auch immer – die sozialen Netzwerke<br />
nicht nutzen kann, treten psychische Entzugserscheinungen wie<br />
Unruhe, Angst oder Schlafstörungen auf.<br />
Abgesehen v<strong>on</strong> der Gefahr einer möglichen Suchtentwicklung beeinflussen<br />
soziale Medien auch die soziale und psychische Entwicklung heranwachsender<br />
Menschen. Positive Gefühle erlebt man vor allem im wirklichen<br />
Leben. Der direkte K<strong>on</strong>takt ist für eine gesunde soziale Entwicklung<br />
entscheidend. Nur wenn man jemandem in die Augen blickt, kann man<br />
Gefühle erkennen und darauf reagieren. Empathie kann im Netz nicht erlernt<br />
werden.<br />
Menschen orientieren sich heute viel weniger an „festen“ Gruppen, wie<br />
das früher etwa im dörflichen Leben der Fall war, s<strong>on</strong>dern sie nehmen an<br />
einer Vielzahl v<strong>on</strong> digitalen Netzwerken teil. Die meisten Social-Media-<br />
Nutzer verwenden vier bis sechs verschiedene Plattformen im Internet,<br />
um eine Vielzahl unterschiedlicher K<strong>on</strong>takte zu ermöglichen.<br />
Laut Robin Dunbar (1998) kann unser Gehirn höchstens 150 Pers<strong>on</strong>en<br />
unterscheiden und mit ihnen in irgendeiner Form v<strong>on</strong> Beziehung stehen.<br />
Auf Social Media wird ein Vielfaches dav<strong>on</strong> angestrebt, dieses Überangebot<br />
an K<strong>on</strong>takten überfordert und erzeugt Stress.<br />
Der Fokus bei diesen zahlreichen K<strong>on</strong>takten liegt auch nicht in erster Linie<br />
an den geteilten Inhalten, s<strong>on</strong>dern vor allem am Gefühl „dabei zu sein“,<br />
Teil einer Gruppe sein zu können und sich dadurch aufgewertet und beachtet<br />
zu fühlen. Die im Netz gepflegten Beziehungen erscheinen oft<br />
unverbindlicher als K<strong>on</strong>takte v<strong>on</strong> Angesicht zu Angesicht, und das führt<br />
nicht selten dazu, dass reale, wichtige Beziehungen zunehmend vernachlässigt<br />
werden. Es geht schneller, jemandem zum Geburtstag über eine<br />
Kurznachricht zu gratulieren, als ihn anzurufen oder persönlich zu treffen.<br />
Vor allem bei schüchternen, sozial-ängstlichen Pers<strong>on</strong>en kann dies<br />
22<br />
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ein zunehmendes Abdriften in den virtuellen Raum begünstigen, was in<br />
der Folge die sozialen Ängste im realen Leben nochmals verstärkt.<br />
Um Social Media besser verstehen zu können werden im Folgenden die<br />
wichtigsten Vertreter digitaler Netzwerke vorgestellt.<br />
…<br />
Vorbeugen und behandeln<br />
Durch die meist tägliche und oft zeitintensive Nutzung sozialer<br />
Netzwerke können manche Menschen auch in eine Social-Media-<br />
Abhängigkeit geraten. Das heißt, sie nutzen diese Medien mehr<br />
als ihnen guttut. Sie bekommen durch das ständige Betrachten der<br />
Profile anderer Menschen zunehmend negative Gefühle wie Neid,<br />
Unruhe und auch depressive Verstimmungen. Trotzdem fällt es<br />
ihnen schwer aufzuhören oder die Nutzung einzuschränken. Sie haben<br />
Angst etwas zu verpassen. Und sch<strong>on</strong> wieder gehen sie <strong>on</strong>line.<br />
Auf Social Media völlig zu verzichten, ist in unserer Gesellschaft<br />
fast undenkbar. Viel zu viel Kommunikati<strong>on</strong> und Informati<strong>on</strong> läuft<br />
heute über diese Kanäle. Sogar in den Schulen werden Schulaufgaben<br />
über WhatsApp-Gruppen v<strong>on</strong> den Lehrer:innen verteilt, Veranstaltungsankündigungen<br />
und Einladungen zu Partys werden auf<br />
Facebook gepostet und natürlich will man auch nicht die aktuellen<br />
Urlaubsfotos der Freundin auf Instagram verpassen. Es gilt also,<br />
wieder einen achtsamen, k<strong>on</strong>trollierten Umgang mit Social Media<br />
zu finden. Bei einer bereits bestehenden Abhängigkeit hat es sich<br />
jedoch bewährt, zumindest vorübergehend auf die meisten Social-<br />
Media-Kanäle zu verzichten. Das heißt, eine „Cool-Down-Phase“<br />
einzubauen. Hierfür sollte man analysieren, welche Plattformen in<br />
der letzten Zeit am intensivsten genutzt wurden, um diese dann<br />
auch stillzulegen oder zu löschen. Eine Plattform, wie z.B. Signal<br />
oder WhatsApp, könnte man sich behalten, um auch weiterhin<br />
über Social Media erreichbar zu bleiben. Man wird sich dann selbst<br />
wundern, wie viel Zeit man auf einmal wieder zur Verfügung hat,<br />
die dann aber auch bewusst genutzt werden sollte. So kann man<br />
23<br />
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wieder Freundinnen und Freunde treffen, man kann wieder ins Fitnesscenter<br />
gehen oder auch gemütlich auf dem Sofa ein Buch lesen.<br />
Durch verstärkte (soziale) Aktivitäten im realen Leben kann das<br />
Digitale wieder an Wichtigkeit und Attraktivität verlieren.<br />
Bei dieser (vorübergehenden) Abstinenz v<strong>on</strong> Social Media ist die<br />
größte Herausforderung, das Ertragen der „FOMO“, der „Fear of<br />
Missing Out“, also der Angst Wichtiges zu verpassen, wenn man<br />
nicht <strong>on</strong>line ist. Um diese Angst zu überwinden, ist es hilfreich,<br />
sch<strong>on</strong> bevor man auf Social Media verzichtet, seine wichtigsten<br />
Freunde über sein Vorhaben zu informieren und mit ihnen auch<br />
gleich reale Aktivitäten zu planen. Durch das Mitteilen wird das<br />
Vorhaben verbindlicher und die Chance steigt, damit auch erfolgreich<br />
zu sein. Gleichzeitig bekommt man meist auch Zuspruch<br />
und Aufmunterung v<strong>on</strong> seinen Freund:innen und kann so auch der<br />
digitalen Verlockung besser widerstehen. Vor allem in den ersten<br />
Tagen des Verzichts sollten reale Aktivitäten mit den wichtigsten<br />
Bezugspers<strong>on</strong>en organisiert werden. Dies lenkt zum einen ab und<br />
zum anderen sieht man wieder, wie erfüllend die wirkliche Welt sein<br />
kann. In aller Regel verschwindet FOMO nach relativ kurzer Zeit<br />
und die Betroffenen berichten, dass sie (wieder) Entspannung und<br />
tiefe Freude erleben können. In vielen Fällen verschwindet dann<br />
auch der Wunsch nach einem Wiedereinstieg in soziale Netzwerke.<br />
Falls dieser Wunsch doch besteht, oft auch wegen beruflicher<br />
Notwendigkeiten, kann wieder schrittweise beg<strong>on</strong>nen werden, die<br />
früheren sozialen Medien zu nutzen. Wichtig ist, dies behutsam<br />
und k<strong>on</strong>trolliert zu tun. Bewährt hat sich vorerst die Online-Zeit zu<br />
beschränken. Studien haben gezeigt, dass eine Nutzungsdauer v<strong>on</strong><br />
Social Media unter 30 Minuten am Tag zu keinen negativen Folgen<br />
führt. Wichtig ist es also, die Zeit, die für Social Media verwendet<br />
wird, nicht auszudehnen und dies auch immer wieder selbst zu<br />
k<strong>on</strong>trollieren. Viele Smartph<strong>on</strong>es haben bei den Einstellungen die<br />
Möglichkeit genau zu zeigen, welche Bereiche wie lange genutzt<br />
wurden. Beim Wiedereinstieg sollte man sich auch überlegen, ob<br />
man mehrere soziale Netzwerke benötigt, oder ob nicht ein oder<br />
24<br />
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zwei auch genügen könnten. Auch sollte man Push-Nachrichten<br />
deaktivieren. Wenn man ständig Mitteilungen bekommt, dass<br />
wieder jemand etwas gepostet hat, ist man deutlich stärker und<br />
häufiger verleitet, auf Social Media zu gehen. Außerdem verführen<br />
diese Nachrichten zu Multitasking. Man sitzt beim Essen oder bei<br />
der Arbeit, erhält eine Mitteilung und sch<strong>on</strong> ist man versucht alles<br />
gleichzeitig zu tun. Multitasking ist aber für unser Hirn sehr belastend,<br />
weil das ständige Umschalten in kurzer Zeit Stress erzeugt.<br />
Besser ist es, sich bewusst Zeit zu nehmen für das Lesen neuer<br />
Nachrichten. Ganz entscheidend ist auch, dass die offline-Aktivitäten,<br />
die man wiederaufgenommen hat, auch weiter regelmäßig<br />
betrieben werden, um nicht wieder in alte Suchtmuster zurückzufallen.<br />
Wenn man es nicht schafft, selbst sein Medienverhalten zu<br />
ändern, sollte man professi<strong>on</strong>elle Hilfe aufsuchen. Unter therapeutischer<br />
Begleitung kann eine Veränderung des Nutzungsverhaltens<br />
oft viel einfacher und auch nachhaltiger erreicht werden.<br />
Tipps:<br />
k Höchstens 30 Minuten für Social Media pro Tag<br />
k K<strong>on</strong>trolle der Nutzungsdauer in den Einstellungen<br />
k Push-Nachrichten deaktivieren<br />
k Auf Multitasking verzichten<br />
k Offline-Aktivitäten fördern<br />
k Handyfreie Z<strong>on</strong>en (Schlafzimmer)<br />
k Handyfreie Zeiten (z.B. 22:00 bis 6:00)<br />
k Das Handy auch mal zu Hause lassen<br />
25<br />
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Auszug aus den Begriffserklärungen<br />
Augmented Reality: „Erweiterte Realität“; das Zusammenspiel v<strong>on</strong> digitalem<br />
und analogem Leben<br />
Binge-Watching: engl. „binge“ = „Gelage“, auch Komaglotzen oder Serienmarath<strong>on</strong><br />
genannt; das Schauen v<strong>on</strong> mehreren Folgen einer Fernsehserie am Stück<br />
Broken-Home-Erfahrung: Der Begriff beschreibt eine unvollständige Familie<br />
bzw. die Abwesenheit eines Elternteils als Folge v<strong>on</strong> Ehescheidung, Tod, Getrenntleben<br />
oder s<strong>on</strong>stigen Umständen.<br />
Casual Games: ein Modewort für einfache Computerspiele, die sich durch eine<br />
bes<strong>on</strong>ders leichte Zugänglichkeit, intuitive Eingabemethoden und schnelle<br />
Erfolgserlebnisse auszeichnen<br />
Chasing: Begriff aus dem Glücksspiel; Es handelt sich dabei um den Versuch,<br />
einen etwaigen Verlust durch das Setzen noch höherer Geldbeträge wieder<br />
auszugleichen.<br />
Co-Viewing: Ein Spieler filmt sich beim Spielen selbst, streamt dies live im<br />
Internet und hofft so Zuseher zu gewinnen. Umso erfolgreicher und bekannter<br />
ein Spieler ist, desto mehr Zuseher bekommt er.<br />
Cybergrooming: gezielte Manipulati<strong>on</strong> Minderjähriger oder junger Volljähriger<br />
über das Internet; Das Opfer wird in eine Falle gelockt, um Straftaten wie<br />
sexuell motivierte Übergriffe bis hin zur Vergewaltigung zu begehen.<br />
Cyberch<strong>on</strong>drie: eine Form der Hypoch<strong>on</strong>drie, die durch Informati<strong>on</strong>en aus<br />
dem Internet ausgelöst wird<br />
Dumbph<strong>on</strong>e: ein altes, nicht internetfähiges Handy<br />
Fear of Missing Out (FOMO): die Angst, Informati<strong>on</strong>en, Ereignisse, Erfahrungen<br />
oder Entscheidungen, die das eigene Leben verbessern könnten, zu<br />
verpassen<br />
Internet Use Disorder: Internetgebrauchsstörung; diese kann zu einer Internet-<br />
oder Onlinesucht führen, Bezeichnung für das Phänomen, das Internet<br />
übermäßig, das heißt gesundheitsgefährdend, zu nutzen<br />
MMORPGs (Massively Multiplayer Online Role-Playing Games): Online-Rollenspiele,<br />
die üblicherweise in einer riesigen Fantasywelt stattfinden; Beispiele<br />
sind „World of Warcraft“ oder „Final Fantasy“<br />
26<br />
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MOBA (Multiplayer Battle Arena): Online Game, bekanntester Vertreter ist<br />
„League of Legends“. Hier treten meist zwei Teams in einer Fantasywelt, genannt<br />
Arena, gegeneinander an. Jeder steuert hier einen Helden, der im Laufe<br />
des Spiels k<strong>on</strong>tinuierlich verbessert wird und so zu mehr Erfolg führt. Auch<br />
hier wird mit anderen Spielern gemeinsam im Team gekämpft.<br />
Nomophobie (No-Mobile-Ph<strong>on</strong>e-Phobia): die Angst ohne Handy nicht erreichbar<br />
zu sein und vor allem selbst keine Möglichkeit zu haben, an der digitalen<br />
Welt teilzunehmen<br />
Novelty Seeking: „Suche nach Neuheit“; Verhaltenstendenz v<strong>on</strong> Pers<strong>on</strong>en,<br />
sich immer neuen Reizen zuzuwenden, aber auch impulsiv Entscheidungen zu<br />
treffen<br />
Pain of Paying: Bei jedem Kaufakt entsteht ein sogenannter „Schmerz des Bezahlens“,<br />
der mit höheren Preisen stetig wächst. Der zu bezahlende Gegenwert<br />
eines Produkts wird als Verlust v<strong>on</strong> eigenem Vermögen erlebt und wird<br />
daher als „psychischer Schmerz“ empfunden.<br />
Pile of Shame: „Stapel der Schande“; die Menge an gekauften aber noch nicht<br />
k<strong>on</strong>sumierten Medien, insbes<strong>on</strong>dere v<strong>on</strong> Videospielen, Filmen und Musik<br />
Protheus-Effekt: dieser besagt, dass optische Eigenschaften des ▶ Avatars unser<br />
Verhalten maßgeblich beeinflussen. So wird jungen, attraktiven Avatare in<br />
der virtuellen Welt beispielsweise freundlicher und empathischer begegnet als<br />
älteren oder Avataren, die nicht den Schönheitsidealen der Gesellschaft entsprechen.<br />
Selfie Dysmorphia: ein Phänomen, bei dem der eigene Körper bzw. das Gesicht<br />
so umgestaltet wird (durch plastische Chirurgie), dass das Erscheinungsbild<br />
dem gefilterten Selfie möglichst nahe kommt<br />
Sensati<strong>on</strong> Seeking: Persönlichkeitsmerkmal, das durch die Verhaltenstendenz<br />
charakterisiert ist, abwechslungsreiche, neue, komplexe und intensive Eindrücke<br />
(sensati<strong>on</strong> englisch = Sinneseindruck, Empfindung), Erlebnisse und<br />
Erfahrungen zu machen und Situati<strong>on</strong>en aufzusuchen und hierfür oft Herausforderungen<br />
oder Risiken auf sich zu nehmen.<br />
27<br />
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Gerade die ungeheuren Möglichkeiten und das vielfältige<br />
Angebot des Internets sorgen dafür, dass sich<br />
so mancher darin verirrt oder verliert.<br />
Das Buch dient als Wegbegleiter, zeigt mögliche<br />
Gefahren und Verführungen der digitalen Medien<br />
auf, gibt Hilfestellungen für einen kompetenten und<br />
sorgsamen Umgang für Eltern, Jugendliche und alle,<br />
die im Netzt aktiv sind.<br />
Nicht ein Verbot oder andere restriktive Maßnahmen<br />
können die Antwort auf die Herausforderungen<br />
des 21. Jahrhunderts sein, im Mittelpunkt muss die<br />
Stärkung der Fähigkeiten und Fertigkeiten aller<br />
Nutzer:innen liegen.<br />
ISBN 978-3-99002-163-7<br />
9HSNJTA*acbgdh+<br />
28 facultas.at<br />
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