GOODLIFE_No. 180, Sonderausgabe SOMMER EDITON 2024
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01
N o 180
SOMMER EDITION
Quiet Luxury
Outdoor Living
EDITORIAL
GOODLIFE N O 180
„Sie sind der Mann von Seite 3“, so sprach mich kürzlich eine attraktive
Dame im Bus der Stuttgarter Linie 41 an. „Ihr Heft ist großartig.
Bitte machen Sie weiter so.“ Für einen Moment kam ich mir
wie bei „Versteckte Kamera“ vor. Natürlich habe ich mich gefreut,
doch ich war auch beruhigt, dass Sie meinen Namen nicht parat
hatte. Denn schließlich entsteht unser Magazin in einem Team von
Journalistinnen und Journalisten, die für ihre Sache brennen. Einige,
wie Claudia Simone Hoff, sind ständig auf Achse – für diese Ausgabe
hat sie eine nachhaltig produzierende Outdoor-Möbelfabrik in
Norwegen besucht (ab Seite 50). Kollegin Jasmin Jouhar machte
derweil Südtirol unsicher (Seite 32).
GOOD TO EXPLORE heißt unsere Rubrik, in der wir auf Erkundungstour
gehen. In der letzten Ausgabe war es das Comtat, ein
eher unbekannter Teil der Provence. In dieser Ausgabe wagen wir uns
auf technikaffines Terrain vor und betrachten das Thema Camping.
Die Vorgabe lautete: „Alles, außer Gartenzwerg-Szenarien.“
Unser Autor Markus Hieke kam mit ziemlich abgefahrenen Impressionen
von der Recherche zurück – Glamping – zu bestaunen ab Seite 74.
Für alle, die lieber klassisch im Hotel campieren, gibt es außer der
Destination Südtirol Vorschläge für den Spreewald (ab Seite 62),
Ischia (ab Seite 86), Querétaro (ab Seite 124 – warum gibt es diese
Art von Hotel nicht in Deutschland?) und für Capri (Seite 142).
SOMMER EDITION. Quiet Luxury Outdoor Living ist das Thema
der Ausgabe No. 180. Sie finden dazu Inspirationen und aktuelle Produkte
in unserem Supplement. Auch dieses „Heft im Heft“ ist achtsam
kuratiert. Vieles haben wir von vornherein beiseitegeschoben.
Etwa die unzähligen Herstellerfotos mit Infinity-Pools und gelangweilt
herumsitzenden Models. Szenarien, in denen sich keiner von
uns wiederfindet. Es geht um Authentizität und um GOODLIFE: Um
Storys, wie über die dänische Unternehmerin Mai Pham, die uns am
Herzen liegen. Vor Kopenhagen hat sie die ehemalige Herrenumkleide
eines Strandbads der Architekten-Ikone Arne Jacobsen in ein Day Spa
verwandelt. Gemeinschaft ist wichtig. Oder die Geschichte von Andra
Lauffs-Wegner, deren privates Museum mit irrem Skulpturenpark
zehnjähriges Bestehen feiert. Kunst-Fans können dort Termine für
eine Besichtigung ausmachen, und die Sammlerin lässt es sich nicht
nehmen, persönlich durch „ihre“ Ausstellung zu führen. Für sie sind diese
Begegnungen Glücksmomente, für uns eine Form von leisem Luxus.
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Skulptur „Orange Pole“
INHALT
18
68
74
124
8
N o 180 SOMMER EDITION
3
10
144
EDITORIAL
IMPRESSUM
BEZUGSQUELLEN
+ Heft im Heft: 44 Seiten
OUTDOOR INSPIRATIONEN
12
INTRO
74
GOOD TO EXPLORE
12
SOMMERZAUBER Alles über Zitronen
Glamping sieht anders aus als Camping.
14
SOMMERLOOK Puffärmel und Science Fiction
Schon mal mit einem Rolls Royce zelten
16
SOMMERNACHT Düfte, Sleepwear und Art
gewesen? Einem Porsche? Es wird Zeit
18
SOMMERHIT Partnerlook, Collage und Polo
20
22
SOMMERTAG Drei Lieblingsaccessoires
SOMMER EN ROUTE Wie Stil mobil macht
86
GOOD STORIES
24
SOMMERFRISCHE Retro, Future und Schmuck
88
ISCHIA Ein Hideaway hoch über dem Meer
26
SOMMERSPROSSEN Punkte sind jetzt überall
98
MAILAND Schmale Dachterrasse, üppiges Grün
28
SOMMERSTYLE Unsere fancy Top Five
106
VALDARNO Ein Haus für Sommer-Partys
116
LYON Villa mit exklusivem Outdoor-Setting
30
GOOD GUYS
SOMMER EDITION, unsere Themen
124
SANTIAGO DE QUERÉTARO Vintage-Herberge
32
38
Südtirol: Party-Hotel oder lieber Ruhe-Oase?
Anna Benson kreiert coole Gartengeräte
138
GOOD TIMES
42
Ein Duft für das Fashion-Label Acne Studios
138
In Rom trifft man sich im „Appuntamento“
46
Arne Jacobsen reloaded: Designjuwel im Sand
140
Dinner de luxe mit Blick auf die Akropolis
50
Nachhaltige Outdoor-Möbel aus Norwegen
142
Die heißeste Suite von Capri
56
Politik goes Design: Zahnbürste für Revoluzzer
58
Eine Kunstinstitution wird zehn: das „Kat_A“
62
66
Ab in den Spreewald: die Michelsberger Farm
Ina Carla Cierniak porträtiert die Liebe an sich
146
SIMPLY GOOD
68
Der erste Roof-Top-Bauernhof in Kopenhagen
Textilien und Accessoires wie aus der Kindheit
9
IMPRESSUM
N o 180
SONDERAUSGABE
INTERIOR KULTUR GENUSS REISEN
Redaktion und Anzeigenverwaltung
Mörikestraße 67
70199 Stuttgart
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VERLEGER
CHEFREDAKTION
FEUILLETON LEITUNG
COVER
MITARBEITER DIESER AUSGABE
GRAFISCHE GESTALTUNG
REDAKTION
TEXTREDAKTION
ANZEIGENLEITUNG
HEAD OF SALES LUXURY
REPRÄSENTANZ ITALIEN
REPRÄSENTANZ FRANKREICH
SHOPPING GUIDE UND
ANZEIGENDISPOSITION
ABONNEMENTVERWALTUNG
VERTRIEB
HERSTELLUNG
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VERLAG
Der Nachdruck, auch auszugsweise,
ist nur mit ausdrücklicher Genehmigung
der Redaktion gestattet. Für
eingesandtes Bild- und Textmaterial
wird keine Haftung übernommen.
Christian Peters
christian.peters@goodlifepublishing.com
Dr. Stephan Demmrich (sd)
Tel. +49 711 998826-63
stephan.demmrich@goodlifepublishing.com
Prof. Rainer Groothuis
© Brydie Mack fotografierte den Hut für Lack of Color, Seite 20
Filippo Bamberghi, Helenio Barbetta, Marco Bertolini
Guilaume Grasset, Frank-Oliver Grün (fog),
Simona Heuberger (sh), Markus Hieke (mh), Claudia Simone Hoff (csh)
Jasmin Jouhar (jj), Pepe Molina
Saskia Schweitzer
Anke Gungl (ag)
Tel. +49 711 998826-64
anke.gungl@goodlifepublishing.com
Irmhild Tieck
Ulrike Ehlers
Tel. +49 711 998826-62
ulrike.ehlers@goodlifepublishing.com
Russna Jaswal
Tel. +49 151 45310028
russna.jaswal@goodlifepublishing.com
Studio Villa
Tel. +39 02311622zarch. Ilaria Prato, ilaria@studiovilla.com
Francesco Ravanello, francesco@studiovilla.com
Anke Blagogee-Krüger
Tel. +33 607187417
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Martin Lindner
Tel. +49 711 998826-61
martin.lindner@goodlifepublishing.com
E-Mail: abo@wohndesign.de
MZV GmbH & Co. KG, Unterschleißheim
Thomas Lösch
Evers-Druck GmbH, Meldorf
GOOD LIFE Publishing GmbH
Borselstraße 16c
22765 Hamburg
Abonnementpreis: 6 Ausgaben
p.A. frei Haus: 36,00 Euro
Ausland zzgl. Porto
E-Paper (Einzelausgabe) 6,00 Euro
E-Paper (Jahresabo) 30,00 Euro
© GOOD LIFE Publishing GmbH
ISSN 1664-1760
10
Muyu . collection
designed by Stephane De Winter
@manutti_official
manutti.com
outdoor luxury
SOMMERZAUBER INTRO
SOMMERZAUBER
Zwei Besonderheiten gibt es zu diesem Werk aus den späten 1640er-Jahren festzuhalten. Die Schale mit
den Zitronen hat eine Frau gemalt, Giovanna Garzoni – zu dieser Zeit waren Künstlerinnen eher die Ausnahme.
Zum Zweiten steht das Motiv für einen Trend: ein wachsendes Interesse an Zitrusfrüchten. In der Blütezeit
der Renaissance waren Orangerien, also Gewächshäuser zur Kultivierung exotischer Arten wie diesen,
beim nordeuropäischen Landadel bereits verbreitet. Doch nun setzt ihre systematische Erforschung ein. „Das
technische Instrumentarium war begrenzt, aber die Faszination für Pflanzen – ihr Aussehen, ihre Struktur,
sowie ihr medizinischer und landwirtschaftlicher Wert – wuchs“, schreiben David Lane und Marina Tweed in
einem Kapitel ihres sensationell tollen Buches „The Gourmand‘s Lemon“. Dort erfährt man, dass sich Botaniker,
wie sie seit dem späten 17. Jahrhundert genannt wurden, bei ihrer Arbeit auf ihre Augen verlassen mussten,
Fotos gab es ja noch nicht. „Was bedeutete, dass detaillierte Zeichnungen und Gemälde von Exemplaren
ihnen halfen, Informationen zu sammeln und Hypothesen zu überprüfen. Zitronen standen nicht allein für
Reichtum, sondern waren mit ihren malerischen gelben Farbtönen und glänzenden Blättern auch ein neues
und schönes Motiv.“ Garzoni baut dabei eine kleine Irritation ein: Eine Vespe hat sich auf einer der Früchte
niedergelassen – ein Symbol für Selbstbewusstsein und ein Beweis ihrer Virtuosität als Malerin, manifestiert
in der Transparenz und feinen Darstellung der Flügel. Neu erschienen im Taschen Verlag, siehe auch Seite 144.
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SOMMER LOOK INTRO
2
© Courtesy of Legendary Entertainment
3
1
© Karel Baras
SOMMERLOOK
1 I Erfrischendes Setting. Das Midikleid mit Ballonärmeln entdeckten wir bei Alémais, einem australischen Label. Ein
Credo von Mitbegründerin Lesleigh Jermanus: „Wir haben einen handwerklichen Schwerpunkt. Farben und Texturen sind
vom Umfeld der Kunsthandwerkstätten inspiriert, in denen produziert wird.“ 2 I Was bleibt von den Requisiten eines Kinomeisterwerks
wie „Dune II“ im Gedächtnis? Ein archaisch anmutendes Wrist Device (Foto), das aus einer Kooperation
zwischen Filmrequisiteur Doug Harlocker und der Uhrenmarke Hamilton hervorging. „Inspirierend und herausfordernd
zugleich“, so Vivian Stauffer, Hamilton-CEO. Aus der „Desert Watch“ entstanden zwei limitierte Zeitmesser, modifiziert
für Abenteuer auf der Erde. 3 I Die Designer Godefroy de Virieu und Stefania di Petrillo ließen sich für diese Tischleuchte
von einem Glas der Edel-Manufaktur inspirieren und stellten die Kuppa auf den Kopf. C‘est ça. Cristallerie Saint Louis.
14
g.d. stefano citti a.d. emiliana martinelli
MULTIDOT Brian Sironi
SOMMERNACHT INTRO
1
2
SOMMERNACHT
3
1 I „Ich möchte mit meiner Kunst ausdrücken, was
für mich im Leben besonders wertvoll ist: Momente
des Innehaltens, der Stille und des Friedens“, erklärt
die Künstlerin Ina Carla Cierniak. Mit ihrer Serie „Mother
and Child“ weicht sie erstmals von ihrem sonst
abstrakten Malstil ab. Mehr zu ihr im Heft ab Seite 66.
2 I Wer sich auch zu Hause gern in Schale wirft,
kommt an Mode-Designerin Olivia von Halle nicht
vorbei. Ihre Kollektion aus luxuriösen Seiden-Pyjamas
und eleganten Homewear-Pieces zeigt, wie Frau
auch im Schlaf en vogue sein kann. 3 I Nein, es geht
hier nicht um den Heizkörper und auch nicht um den
lockeren Umgang mit Obst, wie das Bild auf den
ersten Blick vermuten lässt. Die Protagonisten sind
Duftkerzen von Harriet Allure, die in Portugal aus
recyceltem Ton gefertigt werden. Die langjährigen
Freunde Freddy und Alex, die in Deutschland geboren
und aufgewachsen sind und ihre Wurzeln im westafrikanischen
Ghana haben, wollten die Diversität
eines jeden Menschen zum Ausdruck bringen. Jede
Duftkerze ist ein Unikat. Bezugsquellen auf Seite 144.
16
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SOMMERHIT INTRO
1
2
3
SOMMERHIT
1 I Der nächste Sommerschauer kommt, und Petra
Jungebluth tut alles dafür, dass Hund und Halter
geschützt unterwegs sind. Die Mode-Designerin und
Gründerin der Marke Cloud7 arbeitet hier mit dem
Fair-Fashion-Label LangerChen zusammen. Die Kollektion
heißt „Lewis & Lismore“, benannt nach zwei
schottischen Inseln – „führend in der Erfahrung mit regelmäßigem
Niederschlag.“ 2 I „Collagen faszinieren
mich seit der Kindheit“, so Matthias Jung, der schon
im Fotolabor seines Vaters mit Schere und Klebstoff
die ersten fantastischen Gebäude zusammenfügte.
„Im Grund mache ich heute nichts anderes.“
Zum Glück. Wir lieben Deine surrealen Bildwelten.
3 I OAS ist ein Modelabel aus Schweden. Sein Gründer
Oliver Adam Sebastian fokussiert sich auf Swim
Wear und freche Freizeitmode. Uns hat es das „Vista
Girona“-Leinenhemd angetan: Lässig, luftig – Kasten-Ärmel
treffen klassischen Polokragen. Very chic.
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SOMMERTAG INTRO
1
© Brydie Mack
2 3
SOMMERTAG
1 I Mit einem kreativen Ansatz und seinem unverkennbar bodenständigen Charme erfindet das australische
Label Lack of Color die Welt der Hüte neu. Durch die Kombination traditioneller Formen mit modernen
Farben, Texturen und hochwertiger Verarbeitung schafft jedes Stück wahre Stilmomente, die von Nostalgie
durchdrungen sind. Oben das Modell „Oasis“ in der Farbe „Bone“. 2 I Das traditionelle Schweizer Uhrenhaus
Tissot begibt sich mit dieser Neuinterpretation der 1968 erstmals aufgelegten PR516 in seine reiche
Vergangenheit. 3 I Schokolade auf die Augen gibt‘s diesen Sommer bei Monokel Eyewear. Der schwedische
Sonnenbrillen-Hersteller ist für seine schlichten und dennoch modernen Unisex-Modelle aus pflanzlich basiertem
Acetat bekannt. Die Sonder-Editionen in warmem Dunkelbraun sind limitiert. Kaufinfos Seite 144.
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SOMMER TO GO INTRO
1
2
3
SOMMER EN ROUTE
1 I Tragbare Leuchten, das heißt Modelle mit integriertem Akku für kabellosen Einsatz, gibt es wie Sand am Meer. Wir haben gesiebt
und uns in „Bell“ von Tom Dixon verliebt, die in vier Varianten daherkommt. „Die neuen Taupe-, Grau- und Weißtöne sind ein toller Kontrast
zu den Schwarz- und Metalltönen, die unsere Kollektionen lange Zeit dominiert haben“, so der Engländer. 2 I Mismo entstand 2003
mit der Idee, „Reisenden und Stadtbewohnern mehr zeitlose Gepäckvielfalt zu bieten.“ Was für ein Understatement aus Kopenhagen.
Modelle wie die Tote Bag „Haven“ stellen so einiges in den Schatten. 3 I Soap on a Rope, das bietet das Label Claus Porto. Ideal für unterwegs,
denn die Seife am Seil findet in jeder Dusche Platz. Auch als „normales“ Stück, aber immer besonders wie „Musgo Real“: Geranie,
Zistrose und Patchouli auf Basisnoten wie Vetiver, Amber, Eichenmoos, darüber Zitrone, rosa Pfeffer und Grapefruit. Ein Dufterlebnis.
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SOMMERFRISCHE INTRO
1
2
3
© Michelle Mantel
SOMMERFRISCHE
1 I Kunsthandwerk für Handgelenk und Co. bietet das französische Bijouterie-Unternehmen Bangle-Up. Die
Schmuckstücke vereinen Pariser Chic mit einem Hauch Bollywood und lassen sich nach Lust und Laune miteinander
kombinieren. 2 I Das 1968 gegründete Fashion-Brand Esprit zählte insbesondere in den Eighties zu den
Kultlabels der Modeindustrie. Mit der Spring‘24-Kollektion „Reborn Nostalgia“ lanciert das deutsche Unternehmen
eine Capsule-Linie aus kultigen Looks in knalligen Farben, die an die „good old days“ anknüpfen soll.
3 I Ikonischen Möbel-Entwürfen ein zeitgenössisches Make-over zu verpassen, ist das Steckenpferd von Blockbau.
Das süddeutsche Label, das Architekt Kevin Rack 2020 ins Leben rief, steht für verantwortungsbewusstes
Design. Alle Stücke, wie auch der „22.24“-Stuhl aus gebogenem Stahlrohr, werden lokal gefertigt.
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SOMMERSPROSSEN INTRO
1
2
3
© Elisabeth Heltoft
SOMMERSPROSSEN
1 I „Wir sind ja so verschossen, in deine ... “ Brille: Modell „Crosslink Zero“ von Oakley. Entdeckt bei Mister Spex in der Rubrik „Speed
Shades“. 2 I In der letzten Ausgabe von GOODLIFE zum Thema Selfness hatten wir es schon thematisiert: Wer über moderne Tischkultur
spricht oder schreibt, kommt an der Table Ware von angesagten Modelabels nicht vorbei. Viele Dessins sind ausgesprochen
farbenfroh, ein Statement für jede Tafel. Punkte lieferten die Inspiration zu diesem Arrangement bunter Teller in Kombination mit
Tassen aus der Serie „Cubi“. Sie finden es unter dem Thema „Madcap Geometrics“ im Haushaltswarensortiment von La DoubleJ.
3 I Bengt Thornefors war Senior Designer bei Acne Studios sowie YSL und gründete 2016 Magniberg mit Nina Norgren. Seit zwei Jahren
ist er Creative Director von Sahco. Ihm haben wir den subversiv schimmernden Vorhangstoff „Deedee“ im Polka-Dot-Design zu verdanken.
Das Punktemuster erzeugt einen Schatteneffekt auf dem einfarbigen Hintergrund, sodass der Stoff auch wendbar ist.
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STILVOLL LEBEN
Flap
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GOODIES INTRO
1
© Mattheu Lavanchy
SOMMERSTYLES
In der Welt zu Hause sind diese Accessoires und
Möbel für den Sommer. Wir zeigen Tafelkultur
à la française und eine Boden-Couture, die von
den indischen Stufenbrunnen inspiriert ist.
2
1 I Fest im Sattel bleibt Hermès. Das Geschirr „Tressagse
Equestre“ feiert einmal mehr die Ursprünge des
Pariser Luxuslabels, einst Sattlerei. Geflochtene Borten
und Tressen ziehen ihre Bahn über weißes Kaolin-Porzellan
– fein oder dicht gezeichnet, aber immer präzise. Petrolblau
und Leder-Nuancen treffen auf spritzige Farben
wie Zitrone und Minze. 2 I „Safari“ heißt der Klassiker von
Kaare Klint von 1933. Der klappbare Sessel basiert auf
den indischen Roorkhee Chairs des britischen Militärs,
den ersten selbst montierbaren Möbeln. Von Carl Hansen,
in bordeauxrotem Leder.
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3
4
© Ashish Shah
5
3 I Byredo macht tolle Düfte und jetzt auch Schmuck.
Die Halsketten, Armbänder, Ringe und Ohrringe der
Kollektion „Virasaat“ aus Silber oder Gold sind mit Perlen
zu Mustern versetzt, „als wären die Stücke vom
Auf und Ab des Wassers und der Zeit geformt.“ Gefertigt
wird in Italien in aufwendiger Handarbeit.
4 I Flieder ist der jüngste Farbton für die „Aalto“-Vase
von Iittala. Sieben Glasbläser sind insgesamt 30 Stunden
mit der Herstellung jeder Vase beschäftigt. Ihre ikonische
Wellenform, die der finnische Architekt Alvar Aalto 1936
entwarf, setzt Blumen verspielt und kreativ in Szene.
5 I Die Stufenbrunnen in Indien sind UNESCO-Kulturerbe
und waren einst das Herz einer Gemeinschaft – ein sicherer
Hafen, der vor allem Frauen Schutz vor der Hitze bot,
wenn sie Wasser für ihr Dorf holten. In den reich verzierten
und mit Nischen und Pavillons ausgestatteten Bauwerken
konnten die Menschen schwimmen, baden oder
ihre religiösen Rituale pflegen. Ein Treffpunkt, der Menschen
eint – wie ein Teppich, dachte sich die Londoner Designerin
Shalini Misra und ließ sich zu einer fantastischen
Kollektion für CC-Tapis inspirieren. |simona heuberger
29
GOOD GUYS
30
GOOD GUYS
Sommerzeit ist Reisezeit. Aber auch Zeit, zu
lesen, einfach mal innezuhalten oder Neues zu
entdecken. Gute Inspirationen finden Sie hier.
32 I REISE Lieber klein und fein? Oder schön schräg?
Zwei ungleiche Destinationen, ein Ziel: Südtirol
38 I DESIGN Alles begann mit Weihnachtsbäumen.
Jetzt mischt Anna Benson Geräteschuppen auf
42 I BEAUTY Der Duft des Sommers. Wie eine junge
Parfumeurin ein Mode- mit einem Dufthaus liiert
46 I ARCHITEKTUR Abtauchen mit Arne Jacobsen.
Sein Strandbad Bellevue hat ein neues Badehaus
50 I FABRIK Wir waren in Norwegen, wo besondere
Garten- und Straßenmöbel produziert werden
56 I NACHHALTIGKEIT fängt morgens mit unserer
Zahnbürste an. Das zeigt Christoph Laudon
58 I EXPO Große Skulpturen und Installationen
sind die Leidenschaft von Andra Lauffs-Wegner
62 I PROJEKT Im Spreewald vor Berlin wartet die
Michelberger Farm auf Ihre Auszeit vom Alltag
66 I KUNST Ina Carla Cierniak erfindet sich immer
wieder neu und verzaubert uns mit ihren Bildern
68 I GENUSS Über den Dächern von Kopenhagen
haben wir unseren ersten Stadtbauernhof besucht
Wer im Hotel „Amadeus“ nicht brav ist, muss zur Strafe in den Pool
mit Hippo und Krokodil oder wird von der Besitzerin nassgespritzt.
Dann lieber einen Apérol-Spritz unterm Schirm – mehr ab Seite 32.
31
GOOD GUYS REISE
32
LA DOLCE VITA IN SÜDTIROL
Klein und fein oder lieber bunt und schräg? Ein junges Paar führt gleich zwei ungewöhnliche
Häuser: die Pension Leuchtenburg und das Hotel Amadeus. Wir haben beide besucht.
Das wahrscheinlich Wichtigste gleich vorweg: Der
Kaffee ist sehr gut in der Leuchtenburg (diese Seite).
Und er kommt, auch das nicht zu verachten, in sehr
schönem Geschirr von Ginori. Kaum, dass die Gäste
vom See oder von einer Wanderung zurückgekehrt
sind und es sich im Hof des alten Hauses bequem
gemacht haben, schaut auch schon Katharina Sparer,
kurz Kat, um die Ecke und fragt, ob es ein Kaffee
sein darf. Oder vielleicht ein Glas Wein von einem der
vielen Weingüter der Umgebung? Die Chefin der Pension
Leuchtenburg direkt am Kalterer See ist nicht nur
Meisterin in der Disziplin „Gästen jeden Wunsch von
den Augen ablesen“ – die 33-jährige Südtirolerin ist
auch gefühlt überall gleichzeitig. Sie bringt frische Badetücher
aufs Zimmer, sie macht nach dem Frühstück
Ordnung in der Küche, sie erklärt den Aufstieg zur Rastenbachklamm
auf der anderen Seite des Sees. „Ich
habe meine Berufung gefunden“, sagt sie im Gespräch
bei einer Tasse Cappuccino. Kat führt gemeinsam mit
ihrem Partner Jan Waldner sogar zwei Häuser: die
Pension Leuchtenburg mit zwölf Zimmern in Klughammer
und das Hotel Amadeus mit 40 Zimmern im
benachbarten Ort Auer. Zwei ganz unterschiedliche
Südtiroler Destinationen: Die Leuchtenburg klein, fein,
aber entspannt. Und das Amadeus bunt, lebendig und
ein bisschen schräg – das zeigt sich auf diesen Seiten.
Haben Sie den Sonnenschirm wiedererkannt? Er ziert den Poolbereich
des Hotels „Amadeus“ (Seite 30-31) und das Ufergrundstück
der Leuchtenburg am Kalterer See, links eines der Gastzimmer.
33
GOOD GUYS REISE
„DAS AMADEUS IST KEIN 08/15-HOTEL,
SONDERN EIN HAUS FÜR MENSCHEN, DIE
ES IM URLAUB LOCKER NEHMEN.“
Zu beiden Häusern sind Kat und Jan eher durch Zufall
gekommen – strategisch geplant war der Einstieg in die
Hotellerie jedenfalls nicht. Zwar ist Kat in der Leuchtenburg
praktisch aufgewachsen, ihre Eltern hatten das
Haus über viele Jahrzehnte gepachtet und als Pension
betrieben, doch übernehmen wollte sie es eigentlich
nicht. Bis ihre Eltern sich zurückzogen und die Tochter
potenzielle Nachfolger durch die Räume des über 500
Jahre alten Gebäudes führte. Da merkte sie: „Ich könnte
das besser, ich kenne den Standort genau, ich weiß, was
man hier machen sollte.“ Also überzeugten sie und Jan
die Eigentümer, ihnen das Haus zu verkaufen und starteten
ohne Eigenkapital, aber mit staatlicher Hilfe für
Jungunternehmen mitten hinein in die Pandemie. Das
alte Gemäuer wurde renoviert und vom Meraner Innenarchitekturstudio
Biquadra zeitgemäß eingerichtet, mit
einem Auge für Farben und Details. Den alten Stall an
der Straße ließen sie sanieren und zu Restaurant und Küche
umwandeln. Ein insgesamt gelungener Umbau, bei
dem der Charme des Alten zum Glück erhalten geblieben
ist. Größtes Plus der Leuchtenburg dürfte aber der Seezugang
sein: Das Haus selbst liegt zwar nicht direkt am
Kalterer See, verfügt aber über eine nur wenige Schritte
entfernte Wiese am Ufer, die den Gästen vorbehalten ist.
Schwimmen, Saunieren, Stand-up-Paddling, einen Aperitivo
auf dem Steg nehmen – schon die Palme mitten
auf dem Rasen sorgt für Urlaubsstimmung.
Das zweite Hotel, das Amadeus in Auer, übernahmen die
beiden jungen Leute eher aus einer Laune heraus – als
sie hörten, dass der Eigentümer nach vielen Jahrzehnten
abgeben wollte. „Wir haben immer versucht, auf das
Universum zu hören“, erzählt Kat lachend. „Wenn eine
Tür aufgeht, gehen wir rein. Es gab wirklich viele Dinge,
die nicht hätten klappen können.“ Das Amadeus haben
sie lediglich gepachtet und einstweilen so belassen, wie
We love retro. „Das Hotel Amadeus ist geschaffen für Paare, Freunde
und Familien, die klassische Standard-Hotels satthaben.“ Oben: Hier
stehen „tanto amore, Aperol, und bella vita““ auf dem Programm.
34
35
GOOD GUYS REISE
© Patrick Schwienbacher
ist: mit Stilmöbeln, Teppichböden und Siebziger-Jahre-
Fliesen im Bad. „Es ist heimelig, charmant, ich habe mich
wohlgefühlt“, so die Südtirolerin. „Ein bisschen Retro,
aber nicht zu kitschig.“ Die Zimmer sind entsprechend
günstiger als in der Leuchtenburg, doch Dolce Vita unter
Südtiroler Sonne kann man auch im Amadeus pflegen:
Es liegt in einem großen, vom Eigentümer liebevoll gepflegten
Garten mit eigenem Pool. Zum Strandbad am
Kalterer See sind es ein paar Minuten auf dem Rad. Auch
das quirlige Bozen ist nur eine kurze Zugfahrt entfernt.
Ein bisschen haben die beiden Jung-Hoteliers mit dem
Amadeus auch den Traum von Kats Vater erfüllt, der sich
immer zwei Hotels gewünscht hatte. Während Kat nun
in der Leuchtenburg die Geschäfte führt, managt Jan
das Amadeus. Die beiden ehemaligen Leistungssportler
– Eishockey! – sind jetzt Teil einer jungen Generation
von Gastronomen und Gastgebern, die seit einigen
Jahren den Tourismus in Südtirol modernisieren. Ein guter
Kaffee gehört da unbedingt dazu. |jasmin jouhar
Katharina Sparer und Jan Waldner sind die Betreiber der beiden
Destinationen. Im Fokus ein Blick aufs Fenster im Leuchtenburg.
36
GOOD GUYS DESIGN
ZU SCHÖN FÜR DEN SCHUPPEN
Auf der Suche nach feinem Gartenwerkzeug fand die Christbaumproduzentin
Anna Benson eine Marktlücke und bietet nun Schaufel & Co. für Ästheten an.
„Ich bin zwischen Weihnachtsbäumen und Blumen
aufgewachsen“, erinnert sich Anna Benson. „Mein Vater
war einer der größten Weihnachtsbaumproduzenten
in Schweden, meine Mutter Gartenbau-Meisterin. Ich
habe mit dem Weihnachtsbaum-Deko-Business begonnen,
weil ich einen großen Bedarf und eine Marktlücke
gesehen habe.“ Potenziale erkennen und nutzen, das ist
seit ihrem 18. Lebensjahr die Spezialität der Schwedin,
die 2017 ihr Label by Benson gründete und mit schlichten
Baumständern und kitschfreier Baumdekoration
an den Start ging. Sehr erfolgreich, wie alles, was die
Designerin, Dozentin und Buchautorin anpackt. Längst
38
hat sie ihr Portfolio mit besonderen Gartengeräten erweitert.
„Die Produkte, die ich wollte, konnte ich nicht
finden. Nirgends. Also habe ich sie selbst geschaffen.“
Modern. Schlicht. Naturverbunden. Hochwertig. Bestes
Beispiel ist Bensons „Gartenschlauch Deluxe Set.“
Es besteht aus einem Naturlatexschlauch, ummantelt
Anna Benson setzt bunten Gartenwerkzeugen eigene Produkte in
Schwarz und Beige entgegen. In der Publikation „Machiavelli für
Frauen“ von Harriet Rubin gelten sie als Farben der Macht. Bei der
zielstrebigen Schwedin war es wohl eher der Wunsch, etwas von
bleibendem Wert zu schaffen, an dem man sich auch nach der Gartenarbeit
erfreut. Ihren Overall (125 Euro) gibt es in sechs Größen.
39
GOOD GUYS XXXXX
„DIE PRODUKTE, DOCH GENAUSO IHRE
INSZENIERUNG IM BILD, HABEN SEHR VIEL
MIT MEINER PERSÖNLICHKEIT ZU TUN.“
von Textil. Das schafft zunächst einmal eine außergewöhnliche
Ästhetik. Darüber hinaus erweist sich die
Kombination als knickfest, ein Unterschied zu herkömmlichen
Produkten. Auch die Farben sind mit Schwarz
und Beige schlicht gehalten und lassen sich ganz homogen
in ihr Umfeld integrieren. Mit Längen von 15 bis
25 Metern bieten die Schläuche große Reichweite. Der
Multifunktions-Sprühkopf ermöglicht zehn Programme
und damit volle Kontrolle über den Wasserfluss – von
sanftem Sprühnebel bis zum kräftigen Strahl.
Auch ihr farblich zum Schlauch passender Overall aus
Leinen, Polyester und Viskose ist gleichermaßen durchdacht.
Flexible Verstärkungen an den Knien und Ellbogen
sowie herausnehmbare Kniepolster und zahlreiche Taschen
zeigen, dass entsprechende Features aus eigenen
Erfahrungen entwickelt werden. „Ich entwerfe Dinge, die
ich mag und wie ich sie mag. Aber immer in der Kombination
aus Design, Alltagstauglichkeit, Qualität und Nachhaltigkeit.
Und ich würde sagen, dass jedes Produkt auf
seine Weise einzigartig ist. Man kann es nirgendwo anders
finden.“ Welche Trends die Schwedin bei der Gartenarbeit
sieht, möchten wir noch gerne wissen. „Die Dinge,
die ich kreiere. Weit weg vom bunten Plastik.“ |sd
Auch die Schubkarre aus Eschenholz und Stahl ist eine Kreation
von Benson – ein zuverlässiges Arbeitsgerät und ein eindeutiges
Lifestyle-Statement. Das gilt gleichermaßen für ihre eckige Kanne
und alle übrigen Gartengeräte. Die Schwedin folgt ihrem Instinkt
und setzt sich dabei für umweltpolitische Themen ein, genauso wie
im Kampf gegen Krebs. „Nun, leider habe auch ich jemanden, der
mir nahestand, durch die Krankheit verloren.“ Gemeinsam mit der
Pink Ribbon und der Prostate Association sammelte sie in Kampagnen
bereits mehr als 400.000 Euro für die Krebsforschung.
40
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GOOD GUYS BEAUTY
DER DUFT DES SOMMERS
Das klingt wie ein Filmtitel. Steht hier allerdings für eine Geschichte über das ganz
neue Fluidum, das Suzy Le Helley für das Dufthaus Editions de Parfums
Frédéric Malle komponiert hat – adressiert an Jonny Johansson, Gründer von Acne Studios.
Der Anfang: „Alles begann mit einem Brief, den ich
Jonny geschickt habe. Für mich ist Acne Studios der
Inbegriff von Fairness in der Mode, die neoklassischen
Formen werden immer wieder neu definiert. Ich nahm
meinen Mut zusammen und drückte meine Bewunderung
aus – fast eine Liebeserklärung. Zu unserer größten
Freude reagierte Jonny mit großer Freude und begeisterte
sich bereits für eine unserer Kreationen“, erzählt
der Parfüm-Editeur Frédéric Malle über den Beginn
seiner Kooperation mit dem schwedischen Modelabel.
Und dessen Gründer sowie Art Director Jonny Johansson
übernimmt: „Ich war auf dem Weg zu einem Termin,
als ich einen sehr eleganten, handgeschriebenen Brief
von Frédéric auf meinem Schreibtisch fand, in dem er
mir ein Treffen vorschlug. Seine Einladung hat mich
berührt, und ich habe sofort zugesagt. Ich interessiere
mich seit Langem für Düfte und ihre Geschichte, zumal
es viele Gemeinsamkeiten zwischen Parfüm und Mode
gibt. Außerdem bin ich leidenschaftlich und inspiriert von
verschiedenen Kunstformen, insbesondere von der Musik,
die ich spiele. Im Verlauf unseres Gesprächs wurde
klar, dass wir viele Gemeinsamkeiten haben und dass es
großartig wäre, zusammenzuarbeiten.“
Die Protagonisten: Editions de Parfum Frédéric Malle
entstand 2000 und folgt dem Wunsch des Franzosen,
„der Parfümerie wieder zu ihrem alten Glanz zu
verhelfen.“ Dafür arbeitet Malle mit sehr unterschiedlichen
Koryphäen zusammen, denen weder finanziell
noch zeitlich Grenzen gesetzt werden. Carte blanche.
42
Durch besondere Rohstoffe avanciert jeder Duft zu einem
Manifest. So entstand – auch in Kooperation mit
Modehäusern – eine Palette von Parfüms mit schillernden
Charakteristika. Die Kollektion umfasst alle
Stile und Geruchsfamilien, vom revolutionierten Klassiker
bis zu Ausflügen in neue olfaktorische Gefilde.
Acne Studios aus Stockholm hat sich seit der Gründung
1996 als Inbegriff multidisziplinärer Kreativität etabliert.
Die Karriere von Johansson begann als Musiker, bevor
er sich als Autodidakt der Mode zuwandte. Seine Mode
hebt sich von Normen ab und ist geprägt durch eine experimentelle
und dennoch praktische Herangehensweise.
Präzise Schnitte, herausragende Details. „Doch das
bedeutet mehr als nur Fashion. Eine progressive Sichtweise,
bei der das Funktionale auf das Eklektische trifft
und unerwartete Effekte erzeugt.“
Elemente zur Herstellung hochmoderner Produkte“, so
Malle. „Die Kleider und Parfüms sind so konzipiert, dass
sie der Zeit trotzen. Ich glaube, wir verkörpern beide einen
gewissen Sinn für traditionellen Luxus, indem wir
Qualität und Substanz unserer Produkte und Inhalte in
den Vordergrund stellen.“ Für Suzy Le Helley, involvierte
Parfümeurin und Kreateurin des neuen Dufts, ist Acne
Studios „eine weitere große Ikone mit einem Universum,
das sehr inspirierend, reichhaltig und schrullig zugleich
ist, immer mit authentischen, starken und begehrenswerten
Vorschlägen.“ Eigentlich ließe sich das so auch
für Malles Label unterschreiben.
Das Procedere: „Wir haben uns im Pariser Café de Flore
getroffen“, so Malle. „Jonny kam mit mehreren, inspirierenden
Ideen, die ihm am Herzen lagen.“ Johansson
Die Gemeinsamkeiten: Für Johansson sind es die Vorliebe
für Klassik und zeitlosen Chic. „Frédéric Malle hat
es geschafft, Klassik und Avantgarde perfekt zu verbinden.“
Nichts wird bei Malle vom Marketing diktiert, Kreativität
steht an erster Stelle. Für den Parfüm-Editeur
ist es besonders „der tiefe Respekt und das Wissen um
die Vergangenheit. Paradoxerweise befähigen uns diese
„Suzy wurde von sehr großen Parfümeuren, Annick Ménardo und
Maurice Roucel, ausgebildet. Sie verfügt über eine sehr gute Technik,
die sie dann mit ihrem Talent zum Ausdruck bringen kann“, sagt
Frédéric Malle über Suzy Le Helley oben. Für den französischen
Editeur hat sie gerade das Parfüm „Acne Studios“ kreiert, linke Seite.
43
GOOD GUYS BEAUTY
legte ihm Bilder von Stockholm vor, aber auch schwedisches
Design der 1930er-Jahre, das eine Art ikonische,
goldene Ära in diesem Bereich darstellt und es schafft
Modernismus mit Klassizismus zu verbinden. „Aber es
gab auch Bilder aus dem Film „Persona“ (1966) von Ingmar
Bergman. Mein Sommerhaus ist das Haus in dem
Bergmann in den 1960er-Jahren lebte. An einem Strand
mit bizarren Felsen und kleinen Kiefern“, sagt Johansson.
„Es vermittelt eine gewisse Resonanz auf diesen Film, einen
sauberen Duft, ein Gefühl der Reinheit.“ All das kann
als eine Art unausgesprochenes Briefing gelten.
Der Duft: „Die Idee von Behaglichkeit war wichtig, ein
Gefühl, das Moschusblüten wiedergeben können. Aber
auch das Licht und die Klarheit, die wir in den Aldehyden
finden. Ich mochte das Konzept eines blumigen Al-
„EINE JAHRESZEIT? SOMMER ... ODER
EHER FRÜHLING. DENN EIGENTLICH GIBT
ES IN SCHWEDEN KEINEN RICHTIGEN
SOMMER. ABER DER FRÜHLING IST TOLL.“
dehyds, aber mit einer frischen, unerwarteten Perspektive“,
so Malle. Und da kommt Le Helley ins Spiel. Perfekt
ausgebildet an der französischen Parfümerieschule ISIP-
CA und der Symrise Parfümerieschule in Deutschland.
Sie steht für kurze, präzise und leicht verständliche Formeln
mit klarer Botschaft. „Ihr Mentor Maurice Roucel
hat sie mir vorgestellt. Die Energie strömte sofort“, sagt
Malle. „Alles, was sie mir präsentierte, war kühn und
markant. Große Talente wie Suzy fördern zu können, ist
berauschend.“ Le Helley entgegnet im Interview: „Für
mich persönlich ist dies meine erste große Solo-Lancierung
und ich bin dankbar für Frédérics Mut und Vertrauen.
Ich hoffe, dass dieser Duft eine neue Generation
ansprechen wird, die mit den großen Klassikern weniger
vertraut und neugierig ist, einen großen blumigen Aldehyd
zu entdecken, der durch ein neues Prisma gesehen
wird.“ Konkreter: Rose und Veilchen verleihen dem Parfüm
einen Hauch von Klassik, die durch Orangenblüte
hervorgehoben wird. Im Herzen des Blumenbouquets
tritt Weihrauch auf. „Er liefert eine mineralische Frische
und verstärkt das Echo der Aldehyde“, weiß Malle. Subtile
Vanille bildet einen markanten Kontrast, dazu Sandelholz.
„Diese sanfte Umarmung erinnert an einen kuscheligen
Mohair-Pullover, dank einer eleganten Note von
weißem Moschus.“ Johansson schwärmt: „Etwas Klares,
mit Rose, mit Pastellfarben. Das Bild von weißen Jeans.
Außerdem ein Gefühl von Sauberkeit, Sicherheit und
Komfort. Der Duft schafft es, den avantgardistischen
Geist und die Klassik einzufangen und zu verbinden. Eine
Brücke zwischen unseren beiden Häusern.“ |sd
Jonny Johansson oben, Gründer von Acne Studios, vergleicht den
gleichnamigen Duft mit „einer tadellos sauberen Jeans, direkt aus
dem Trockner.“ Unten eines der Pinterest-Images für das Parfüm.
44
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GOOD GUYS ARCHITEKTUR
KEEPING TRADITION
So zauberhaft sieht es aus, wenn ein Architektur- und
Designjuwel von Arne Jacobsen wiederbelebt wird: Wo
sich einst die Herren umzogen, entstand ein Badehaus.
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Man hat eine große Verantwortung, wenn es um
die Renovierung eines denkmalgeschützten Arne-
Jacobsen-Gebäudes geht“, antwortet Mai Pham, Eigentümerin
des „Temple Sea“-Spa auf die Frage nach
ihren Gefühlen bei diesem Umbauprojekt. Anfang der
1930er-Jahre hatte Jacobsen nördlich vor Kopenhagen
rund um den heutigen Bellevue-Strand vor Klampenborg
ein Gesamtkunstwerk konzipiert. Eine weiße
Stadt mit der Wohnanlage „Bella Vista“, einem Theater
und einem Strandbad, dessen Rettungstürme zu Ikonen
modernistischer Architektur wurden.
Kürzlich ließ Pham die ehemalige Herrenumkleidekabine
umbauen und verwandelte diese in einen Ort für Yoga,
Wellness und Entspannung am Meer. „Das Gebäude
stand leer und war ohne Funktion. Eine Schande für die
Architektur und das kulturelle Erbe. Die Idee für das Projekt
kam mir, als ich am Bellevue-Strand Yoga im Freien
machte“, so Pham, die eine große Bewunderin dänischen
Designs, der Architektur und des Strandbads aus
den Thirties ist. „Ich konnte der Versuchung nicht widerstehen,
hier ein modernes Badehaus mit Sauna, Café
und Lounge-Bereich zu eröffnen.“ Die Gebäudefassade
und das Dach sind neu. Die ursprünglichen Fensterrahmen
wurden von einem Schmied vor Ort rekonstruiert,
„so wie Jacobsen sie seinerzeit entworfen hatte. Viele
andere Details, wie die alten Kassenluken, Schuhrega-
Bei der Umgestaltung der Umkleide, die zu Jacobsens Bellevue
Strandbad gehört, blieben viele ursprüngliche Details erhalten.
Modernen Komfort bietet der Waschraum mit Vola-Armaturen
und Waschbecken sowie „Zencha“-Spiegeln von Duravit. „Es
gab viele Anforderungen zu erfüllen in Bezug auf die Qualität
und das Innendesign“, erklärt Badehausbetreiberin Mai Pham.
47
GOOD GUYS ARCHITEKTUR
le und die Garderobennummern blieben erhalten, was
nach Abschluss der Renovierung zu einer besonderen,
einzigartigen und historischen Atmosphäre beiträgt.“
Als Architekt ihres Vertrauens wählte die Dänin Leif Hansen.
Sein Büro Leif Hansen Arkitekter ist eine gute Adresse,
wenn es um die Umgestaltung von historischen und
denkmalgeschützten Gebäuden geht. „Es ist meine große
Leidenschaft und die des Designstudios, weshalb wir
diesen besonderen Auftrag ohne Zögern angenommen
haben. Bei dem Gebäude handelt es sich um einen einfachen
Holzbau auf einem Betonfundament, der für Sommeraktivitäten
gedacht war und nun für eine ganzjährige
Nutzung dienen kann, ohne dass Schützenswertes dabei
zerstört wurde.“ So ließ Hansen etwa hinter den sichtbaren
Holzkonstruktionen eine dezente Isolierung in Form
von Thermoglas installieren. Sie hält die Wärme drinnen
und das Wasser draußen. „Alle Elemente, die in das Gebäude
eingefügt wurden, können auch wieder entfernt
werden, und es bleibt danach so stehen, wie es immer
war.“ Aber eigentlich nicht wirklich, denn es befand sich in
einem schlechten Zustand, da es jahrelang leergestanden
hatte. „Es fehlten Fenster und das Holz war von Fäulnis
befallen.“ Nach der Restaurierung ist von außen wieder
alles wie es war. „Das Innere wurde einer neuen Funktion
zugeführt“, so Hansen, und Pham betont: „Ich hatte mich
Die Unternehmerin Mai Pham schwärmt für das Strandbad von
Jacobsen, dessen Rettungstürme über Dänemark hinaus berühmt
sind. Sie beauftrage den Architekten Leif Hansen rechte Seite mit
dem Umbau. Was die Architektur betrifft „haben wir uns auf die
geschlossene Fassade mit dem Fensterband unter der Traufe konzentriert.
Damit das Gebäude funktioniert, baten wir um Erlaubnis,
zwei unsichtbare Türen einzubauen, die tagsüber geöffnet sind.“
48
von vornherein entschieden, das Badehaus mit hochwertigen
Produkten von Marken wie Vola oder Duravit
auszustatten. Bei der großen Anzahl von Gästen, die
uns täglich besuchen, ist es wichtig, dass diese Produkte
eine lange Lebensdauer haben und dem täglichen Gebrauch
sowie der Belastung durch Meerwasser und Salz
standhalten.“ Im Sommer 2024 möchte sich die Unternehmerin
auf die Außenbereiche rund um das Gebäude
konzentrieren. „Es geht darum, die Atmosphäre des Badehauses
zu unterstreichen, möglicherweise mit einem
Garten im Stil von Jacobsen. Er war in der Tat ein leidenschaftlicher
Botaniker und sagte einmal: „Wenn ich ein
zweites Leben bekomme, möchte ich Gärtner werden.“
Spätestens an dieser Stelle sollten sich die Damen und
Herren der Denkmalbehörde freuen, die das Projekt zunächst
blockierten. „Man ist sich dort nicht immer darüber
im Klaren, dass ein Gebäude eine Funktion haben
muss, um zu überleben“, so der Architekt. „In Dänemark
gibt es etwa 7.500 denkmalgeschützte Gebäude, was
im Vergleich zu anderen Ländern nicht sehr viele sind.
Schon aus diesem Grund kümmern wir uns gut um den
Bestand.“ Sanierungen folgen einer strikten Regel: „Es
geht darum, die Architektur und ihren Zweck zu verstehen.
Dazu gehören Archivstudien, Vermessungen, Aufzeichnungen
vor Ort. Sie definieren in der Folge die Erhaltungswerte,
auf denen unsere Vorschläge basieren.“ |sd
49
GOOD GUYS FABRIK
„UNSER ZIEL WAR ES, DIE NACHHALTIGSTE
FABRIK DER WELT ZU BAUEN, EINGEBETTET IN
DIE NATUR.“ ELISABETH PREUS VESTRE
50
© Fotos Einar Aslaksen
THINK BIG
Vestre produziert designaffine Outdoor-Möbel in einer nachhaltigen Fabrik. Mitten im Wald. Wir
sind nach Norwegen gefahren, um die Firmeninhaberin und die Architektin zu treffen.
Die besten (Liebes-)Geschichten schreibt manchmal
das Leben selbst. An einem verregneten Wintermorgen
fährt Elisabeth Preus Vestre in einem Tesla vor,
neben ihr sitzt Viktoria Millentrup. Wir sind auf dem
Weg nach Magnor – einem kleinen Ort in den norwegischen
Wäldern, rund zwei Autostunden entfernt von
Oslo. Dort eröffnete der 1947 gegründete Outdoor-Möbelhersteller
Vestre vor zwei Jahren eine nachhaltige
Fabrik, entworfen vom dänischen Architekturbüro BIG.
Hier kommt Viktoria Millentrup ins Spiel. Die deutsche
Architektin arbeitete bereits einige Jahre freiberuflich
für das Kopenhagener Office, als dessen Inhaber Bjarke
Ingels ihr anbot, die Projektleitung für den Bau der
Fabrik zu übernehmen – mit gerade einmal 29 Jahren.
Angst vor der Aufgabe habe sie nicht gehabt, erzählt
Millentrup, im Gegenteil. Sie wusste um ihre Chance,
denn viele ihrer Kollegen nehmen zwar regelmäßig an
Architekturwettbewerben teil, bekommen aber nur
selten die Möglichkeit, etwas zu bauen.
Vestre ist ein Familienunternehmen, das Elisabeth
Preus Vestre und ihrem Sohn Jan Christian Vestre
gehört. Die beiden Eigentümer treffen ihre Entscheidungen
selbst, weshalb es bei diesem Projekt auch
keinen Architekturwettbewerb gab. Bereits vor einigen
Jahren hatte sich Vestre ein Stahlwerk im schwedischen
Torsby bauen lassen – von der norwegischen
Architekturkonkurrenz Snøhetta. Nun sollte es ein Architekturbüro
aus dem Ausland sein, erzählt Elisabeth
Preus Vestre. Dabei sei die Wahl auf BIG nicht nur aus
ästhetischen Gründen gefallen, sondern eingebettet
in eine ganzheitliche Marketingstrategie. „Wir sind ein
internationales Unternehmen, was sich auch an der
Architektur zeigen sollte“, erklärt die 73-Jährige, die im
Osloer Büro von Vestre als Kreativberaterin arbeitet.
Ihr Sohn Jan Christian Vestre hat sich aus dem operativen
Geschäft zurückgezogen, nachdem er nach dem Tod
seines Vaters bereits als 25-Jähriger das Unternehmen
übernommen und zu einem führenden norwegischen
(Design-)Hersteller aufgebaut hatte. Zeitgleich war der
Die Fabrik des norwegischen Outdoormöbel-Herstellers Vestre liegt
inmitten eines Kiefernwaldes unweit von Magnor. Im Mittelpunkt der
Architektur von BIG steht das Atrium mit Rundglasfenstern.
51
GOOD GUYS FABRIK
© Fotos Einar Aslaksen
inzwischen 37-Jährige auch immer (partei-)politisch aktiv,
begleitete beispielsweise den Wiederaufbau der nach
einem verheerenden Attentat verwüsteten Insel Utøya
und ist seit 2021 norwegischer Wirtschaftsminister. Er
habe seinem Nachfolger Bjørn Fjellstad ein gesundes
Unternehmen hinterlassen, sagt Elisabeth Preus Vestre.
Und in der Tat: In den letzten Jahren ist die Markenbekanntheit
von Vestre merklich gestiegen – durch Messeauftritte
wie auf der Stockholm Furniture Fair, aber auch
durch Zusammenarbeit mit namhaften Designern wie
Andreas Engesvik, Jonas Stokke und Daniel Rybakken,
dessen Bank Ypsilon gerade den Scandinavian Design
Award erhalten hat. Insbesondere die Nachfrage in den
USA wachse derzeit stark, erzählt die Unternehmerin.
Dass auch der heimische Markt ziemlich lukrativ sein
muss, bemerken wir, als wir in Oslo an jeder Ecke Loungemöbel,
Pflanzkübel, Fahrradständer und Mülleimer von
Vestre entdecken – in auffälligen Farben wie Rosa, Gelb
und Rot, kombiniert mit Holz für die Sitzflächen.
Die Fabrik „The Plus“ in Magnor fügt sich mit ihrer Holzkonstruktion
fließend in die waldige Umgebung ein. „Es
wurden nur so viele Bäume wie unbedingt nötig gefällt“,
erzählt Millentrup, als wir die seitlich der Fassade entlanglaufende
Treppe erklimmen. Durch große Fensterflächen
schaut man den Arbeitern in den Produktionshallen
zu. Jan Christian Vestre habe sich eine transparente Architektur
gewünscht, sagt die Architektin. Und schreckte
auch nicht vor den höheren Kosten gestalterischer
Extravaganzen zurück. Die Fenster des Atriums, von dem
aus sich das Gebäude auf dem Grundriss eines Kreuzes
entwickelt, sind beispielsweise abgerundet und das große
elektrische Tor ist ebenfalls mit Glasflächen versehen.
Immer wieder tauchen Anwohner und Besucher vor den
Fenstern auf, spähen ins Innere oder erklimmen die Treppe
zur Dachterrasse und rutschen über eine riesige Out-
Das nachhaltig zertifizierte Gebäude ist umgeben von einem
wirtschaftlich genutzten Wald, den man auf Wanderwegen
erkunden kann, begleitet vonVestre-Möbeln. Das Farbschema im
Inneren wurde von Note Design Studio aus Stockholm entwickelt.
52
© Nicolas Tourrenc
53
GOOD GUYS FABRIK
„THE PLUS IST AUCH EINE DESTINATION
– UM ZU SEHEN, WIE MAN EINE FABRIK
NACHHALTIG BAUT UND BETREIBT.“
door-Rutsche wieder nach unten. In Norwegen herrscht
wie fast überall in Skandinavien das Jedermannsrecht:
So darf jeder ein Grundstück betreten, unabhängig von
den Besitzverhältnissen. Sie hätten schließlich nichts zu
verbergen, sagt Elisabeth Preus Vestre, die sichtlich stolz
ist auf das nachhaltige, BREEAM-zertifizierte Gebäude.
Farben spielen nicht nur bei den Möbelentwürfen von
Vestre eine wichtige Rolle, sondern auch in den Innenräumen
der Fabrik, wo sie schön mit den freiliegenden Holzbalken
harmonieren.
Das Farbkonzept für die Bodengestaltung und die Maschinen
stammt vom schwedischen Note Design Studio,
wobei die vier verschiedenen Gebäudeteile mit Lager,
Lackiererei, Holzbearbeitung und Montage sich farblich
voneinander unterscheiden. Einige Hersteller hätten zuerst
keine Maschinen und Werkzeuge in eher ungewöhnlichen
Farben wie Rosa lackieren wollen, erzählt Millentrup
lachend. Aber sie bekam, was sie sich vorgestellt hatte:
eine lichtdurchflutete Fabrik, von der aus Möbel wie Bloc,
Munch und Stoop ihre Reise in alle Welt antreten. Die
Geschichte hatte übrigens nicht nur ein gestalterisches
Happy End. Die Architektin und Jan Christian Vestre sind
ein Paar geworden und Viktoria Millentrup baut in Oslo
eine neue Dependance von BIG. |claudia simone hoff
Projektleiterin Viktoria Millentrup und Bjarke Ingels vom dänischen
Architekturbüro BIG bei der Arbeit. Das Munch Museum
in Oslo ist mit Möbeln der Serie „Munch“ von Andreas Engesvik
und Jonas Stokke ausgestattet, die Farbe ins Interieur bringen.
© Nicolas Tourrenc
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factor.partners
Seit 70 Jahren produziert unser
Familienunternehmen im westfälischen
Rheda-Wiedenbrück nun
Polstermöbel. Sieben Jahrzehnte,
in denen wir Lieblingsplätze schaffen,
an denen man sich zuhause fühlt.
Die können die unterschiedlichsten
Formen annehmen. Und doch haben
sie alle eins gemein: Sie sind außergewöhnlich
bequem, eigenständig
und zeitlos sowie nachhaltig mit höchstem
Handwerkskönnen, aus besten
Materialien und mit viel Liebe gefertigt.
Polstermöbel sind für uns eben nicht
einfach eine Sitzgelegenheit, sondern
eine Herzensangelegenheit.
Conseta 1964
Sinus 1973
Dass Conseta nach 60 Jahren noch so gut in Form ist, liegt an ihrer zeitlosen
Schlichtheit und Modernität. Als erstes Elementsofaprogramm auf dem Markt zählt
dieser Klassiker zu den Meilensteinen der jüngeren Designgeschichte.
Trio 1973
Shrimp 2011
Jalis 2010
COR.DE/geburtstagspreis
GOOD GUYS NACHHALTIGKEIT
© Christopher Große-Cossmann
ZAHNHYGIENE ALS STATEMENT
Nach wie vor verschließen zu viele Menschen ihre Augen vor den Auswirkungen des
Klimawandels. Hydrophil-Mitbegründer Christoph Laudon bezieht klar Position.
„Wir von Hydrophil sind schon immer laut. Wir haben
eine klare Meinung und zu der stehen wir – zurecht,
wie ich finde“, erklärt Christoph Laudon, Mitbegründer
von Hydrophil, eine nachhaltige Konsumgütermarke
der Eco Group, die sich durch die kontinuierliche Entwicklung
von Produktinnovationen auszeichnet. Eine
Fahrradtour im Jahr 2013 mit anschließendem Ausklang
in einer Kneipe brachte Laudon und seine beiden
Mitbegründer Wanja Weskott und Sebastian Bensmann
auf die Idee, ein nachhaltiges Vollsortiment für
das Badezimmer zu entwickeln. „Alles fing dann mit
unseren Zahnbürsten-Klassikern aus Bambus an und
nimmt seitdem weiter seinen Lauf.“
Pünktlich zum Start in 2024 präsentierten die Hamburger
Bambus-Zahnbürsten-Pioniere ihre Mundhygiene-
und Körperpflege-Produkte sowie Badezimmer-Accessoires
in neuem Look: wild, disruptiv und
direkt. Mit dem Claim „Stop dirty, start clean“ positionieren
sie sich klar als Verbündete im Kampf für
Klimagerechtigkeit, der schon im alltäglichen Konsumverhalten
beginnt. „Der Großteil der Menschen
nimmt die nachhaltigen Alternativen im Drogerie-
oder Supermarktregal nicht wirklich wahr. Eben
diese Menschen wollen wir erreichen. Veränderung
kann nur angestoßen und mit vereinten Kräften umgesetzt
werden, wenn uns bestimmte Sachverhalte
bewusst sind. Leider können sich nur wenige Marken
und Firmen gegen die klassischen Großunternehmen
durchsetzen. Uns ist bewusst, dass wir mit unserer
Bambus-Zahnbürste nicht die Welt retten, aber wir
machen sie damit immerhin etwas besser.“
Egal, ob der Onlineauftritt oder einige Aktionen gegen
rechts, die Hydrophil in der Vergangenheit gestartet
hat: das Label möchte aufrütteln. „Gerade diese
56
laute, provokante Tonalität behalten wir in unserem
neuen Look bei und unterstreichen diesen durch eine
ausdrucksstarke Farbgebung. Gleichzeitig wollen wir
aber auch keinen Schnickschnack – weder unsere
Produkte noch deren Verpackung beinhalten deshalb
überflüssige Features oder Informationen. Alles hat
einen Sinn und Zweck, alles ist an seinem Platz, was
wiederum zu maximaler Effizienz hinsichtlich Design
und Praktikabilität führt.“
Wer sich für ein Hydrophil-Produkt entscheidet,
„macht keine Kompromisse in Sachen Funktionalität
und trifft trotzdem eine nachhaltige Entscheidung“,
erklärt Laudon, dem Authentizität und Transparenz
in der Produktion und Zielsetzung enorm wichtig sind.
„Niemand ist perfekt. Wir auch nicht! Und das nimmt
gleichzeitig auch den Druck von den Kunden und
Kundinnen.“ Für die Zukunft erhofft er sich vor allem,
„dass nachhaltige Optionen, egal ob in Sachen Hygiene-Artikel
oder auch Lebensmittel, für alle Menschen
auf der ganzen Welt, unabhängig von der Bevölkerungsschicht,
zugänglich werden. Dazu braucht es
ein neues Bewusstsein und Mut – ganz viel Mut. Vor
allem Großkonzerne und die Politik sitzen hier am längeren
Hebel und könnten die Klimakatastrophe in eine
andere Richtung lenken. Manchmal braucht es einen
großen Vorreiter bzw. eine große Vorreiterin, um die
Lawine ins Rollen zu bringt“, schließt er.
|ag
Linke Seite: Hydrophil-Mitbegründer Christoph Laudon. Das
Unternehmen spendet zehn Prozent seiner Gewinne an weltweite
Trinkwasserprojekte von Viva con Agua de Sankt Pauli e. V. Die
Bambus-Zahnbürsten oben sind in drei unterschiedlichen Härtegraden
und verschiedenen Farb-Kombinationen erhältlich.
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GOOD GUYS EXPO
KUNST IST EIN TEIL MEINES LEBENS
„Sie ist für mich eine enorme Bereicherung. Mich fasziniert die Idee, diese Erfahrungen und
gewonnenen Erkenntnisse mit anderen Menschen zu teilen“, sagt Andra Lauffs-Wegner.
Vor zehn Jahren hat sie ihre Sammlung öffentlich gemacht. Jetzt ist es Zeit, das zu feiern.
Was macht der Seelöwe hinter Andra Lauffs-Wegner?
„Er war Teil meiner letzten Ausstellung. Häufig suche
ich den Dialog zweier Kunstpositionen. In diesem
Fall sind es Katja Novitskova, eine Estländerin und Jose
Dávila aus Mexiko.“ Ihr Seelöwe besteht größtenteils aus
digital bedrucktem Aluminium und misst stattliche 150
x 250 Zentimeter. Dávilas Pfeilbogen hat eine Gesamtlänge
von 220. „Novitskova beschäftigt sich mit ökologischen
Themen oder Bereichen, die sich mit der Interaktion
von Mensch und Maschine befassen. Der schlafende
Seelöwe sieht zunächst einmal niedlich aus, bei näherem
Hinschauen ist das Setting alles andere als süß – weil er
vom Aussterben bedroht ist und wahrscheinlich gar nicht
schläft, sondern schon tot ist. Der rote Pfeil steht für die
wachsende Erderwärmung.“
Die Sammlerin aus dem Rheinland liebt große Skulpturen
wie diese, Installationen und Fotografie. So sehr,
dass sie vor zehn Jahren ihr „KAT_A“ eröffnet hat. Das
steht für „Kunst am Turm“, ein Forum für zeitgenössische
Kunst, das in einem Gebäude-Ensemble namens
58
„Haus Hedwig“ rund um den historischen Turm in Bad
Honnef beheimatet ist. Lauffs-Wegner spricht lieber
von Galerie. „Ich zeige hier Arbeiten aus meiner Sammlung.
Zum Komplex gehört auch ein wunderschöner
großer Park mit altem Baumbestand, wirklich einfach
ein Traum.“ Hier finden jene Skulpturen Platz, deren
Ausmaß die Größe normaler Räume sprengen würde,
etwa der abgebildete Glaspavillon des amerikanischen
Bildhauers Dan Graham oder eine sechs Meter hohe
Plastik von Andreas Schmitten. Werke wie diese begeis-
tern Lauffs-Wegner. „Hätte ich ein Faible für Ölmalerei.
würde sich das hier alles deutlich einfacher handhaben
lassen. Aber es würde mir keinen Spaß machen.“
Einmal jährlich erscheint ein Katalog zu den von ihr kura-
Andra Lauffs-Wegner hat eine raumfüllende Leidenschaft. Große
Skulpturen wie hier „Pattern of Activation (Sea Lion)“, eine Arbeit
von Katja Novitskova von 2015. Links ein Pavillon von Dan Graham.
59
GOOD GUYS EXPO
tierten Ausstellungen. Nach zehn Jahren ist es nun für die
Kunst-Enthusiastin an der Zeit, Bilanz zu ziehen und ihre
Ausstellungsinstitution weiter in die Zukunft zu führen.
Aus diesem Anlass erscheint ein Bestandskatalog über
ihre Sammlung im Verlag der Buchhandlung Walter und
Franz König in Köln. Er präsentiert rund 250 heterogene
Werke, die Eigenschaften wie ihre Aktualität, thematische
Relevanz, ästhetische Qualität und bisweilen ein
humorvolles Augenzwinkern gemeinsam haben. Bereits
als Studentin von BWL und Kunstgeschichte kaufte sie
ihre ersten Arbeiten, darunter eine Grafik von Robert
Rauschenberg und eine Skulptur von George Segal. Die
Eltern, Helga und Walther Lauffs, bauten zu dieser Zeit
eine hochkarätige Kollektion mit Werken der Pop-Art, der
1960er- und 1970er-Jahre, der Arte Povera und des Minimalismus
auf. „Das war seit den Sechzigerjahren zusammen
mit dem damaligen Direktor des Krefelder Kunstmuseums.
Wir sind immer auf die Biennale gefahren,
haben Künstler und Galerien besucht. So lernte ich sehr
60
© Alles Fotos Sabrina Rothe
früh die Kunst kennen“, erzählt Lauffs-Wegner. Nach wie
vor kauft sie „relativ spontan und aus dem Bauch heraus.
Erst im Nachhinein beschäftige ich mich mit den Positionen.“
Das dann aber mit kunstwissenschaftlicher Akribie.
Diese Begeisterung erlebt man bei ihren Ausstellungen,
durch die sie ausschließlich persönlich führt. „Ich habe
allerdings keine festen Öffnungszeiten. Man muss sich
übers Internet anmelden. Es hat den Vorteil, dass Besucher
dann wirklich kommen wollen. Jeder dieser Termine
ist angenehm und anregend.“ Kunst lebt vom Dialog. |sd
Erst seit der Öffnung ihrer Sammlung für ein breites Publikum
steht Lauffs-Wegner Platz für große Skulpturen zur Verfügung. Sie
verteilen sich im Park um die klassizistische Villa, die ihre Galerie
„KAT_A“ beherbergt. Von links: Im Garten kommen die Kunst-
Positionen, hier „Love“ von Robert Indiana, super zur Geltung. Die
Uhr ist von Alisja Kwade aus Berlin. Oben ein Objekt von Andreas
Schmitten und eine der „Modified Social Benches“ von Jeppe Hein.
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GOOD GUYS XXXXX
LANDPARTIE UNTERM SATTELDACH
Für reizüberflutete Großstadtmenschen ist dieser Ort eine ideale Medizin – mit unverhoffter
Sofortwirkung, wie sich nach einer Nacht auf der Michelberger Farm im Spreewald zeigt.
Endlich Wochenende! Wer Berlin-Mitte nach gut
eineinhalb Stunden Bahn- oder Autofahrt gen Südosten
hinter sich lässt, den Hof der Michelberger Farm betritt
und dann mit den Füßen den warmen Backsteinboden
der neuen alten Scheune berührt, spürt sie unmittelbar:
die erdende Kraft dieses Ortes. Ein Korb mit Pantoffeln
fordert freundlich zum Ablegen des Straßenschuhwerks
auf. Willkommen zu Hause. Doch der Reihe nach. Hinter
der Herberge am Rand des Biosphärenreservats Spreewald
steckt ein umtriebiges Paar: Nadine und Tom Michelberger,
die vor 15 Jahren das Michelberger in Berlin
schufen – ein Hotel, ein Wohnzimmer, einen Magneten
62
GOOD GUYS PROJEKT
für Foodies, Naturweinliebhaber und Freunde der guten
Musik. Direkt an der pulsierenden Hauptschlagader zwischen
Benz-Arena und Oberbaumbrücke, die die Bezirke
Friedrichshain und Kreuzberg verbindet. Hier bringen sie
Menschen zusammen, Freunde, Familie und solche, die
es werden wollen. Frei von aufgesetzter Etikette. „Für
unser Konzept gab es damals keine Referenz“, erinnert
sich Nadine Michelberger. Heute würde man Boutique-
Hotel sagen, doch auch das wird der Sache nicht gerecht.
Nebenher betreiben die Michelbergers das Restaurant
Ora in Kreuzberg, eine Spirituosenmanufaktur, eine eigene
Marke für Kokosnusswasser und nun also auch eine
„lönnebergaeske“ Farm irgendwo in Brandenburg.
„Das Essen und die Herkunft unserer Zutaten standen
für uns immer im Fokus“, sagt Nadine Michelberger.
Heißt: Bio-Niveau und nachvollziehbare Bezugsquellen.
So schien es konsequent, eines Tages auch Selbstgeerntetes
aufzutischen. Das Paar kaufte einen alten
Bauernhof mit einem Stück Land. Zunächst wurde das
Erdreich aufwendig regeneriert, dann, im Herbst 2019,
Blickfang ist ein um 45 Grad eingedrehter Backsteinkubus, der weit
über die tief hinunter gezogene Dachschräge herausragt und im
Innern den Treppenaufgang, Schränke und einen Kamin beherbergt.
63
GOOD GUYS PROJEKT
nach den sogenannten syntropischen Landwirtschaftsmethoden
des Schweizer Agronomen Ernst Götsch mit
15.000 Pflanzen zu einem Nahrungswald bepflanzt.
Die Ernte gelangt inzwischen zum kleineren Teil in die
Berliner Küchen, zum Großteil auf die lange Tafel der
Michelberger Farm, an der die Gäste gemeinsam speisen,
sich zwanglos kennenlernen.
Sogar eigenen Honig liefert der Garten. Zugekauft werden
Fleisch- und Milchprodukte, Eier und Gemüse aus
einem streng limitierten Umkreis – auch um die Direktvermarktung
qualitativer Produkte der Region zu stärken,
wie Nadine Michelberger betont. Nun zur Scheune:
Ein Vorgängerbau am selben Fleck musste der schlechten
Substanz wegen weichen, weitere Häuser des Hofes
wurden und werden noch restauriert. Für den Neubau
des Haupthauses engagierten die Michelbergers den
dänischen Architekten Sigurd Larsen, der hier genau das
richtige Gespür für die Balance aus Beisammensein und
innerer Einkehr bewies. Lange Glasfronten zu beiden
Seiten fangen das Hofgeschehen ein. Unter der hohen
Dachschräge gibt es Platz in acht wirklich kompakten
Schlafzimmern, die sich zwei Bäder teilen, und einem
geräumigeren Loft mit eigenem Bad. Mit ihrer Farm
bleiben die Michelbergers sich und ihrem Team treu
– und setzen ein neues Exempel: Wie sich Stadt- und
Landgemeinschaft besser, schöner vereinen lässt. |mh
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Morgens von der aufgehenden Sonne geweckt werden, dem Nebel beim Entschwinden zuschauen und sich vom im Wind wiegenden
Grün des Waldgartens hypnotisiert fühlen: Auf nichts anderes ist die architektonische Klarheit der im positiven Sinne spartanischen
„Cozy“-Rooms linkes Bild ausgerichtet. Ein offener Luftraum Mitte verbindet Erdgeschoss und Schlafboden, der Gang ist mit Tischen
und Stühlen ausgestattet und kann zum Lesen oder fokussierten Arbeiten genutzt werden. Rechts: Die im Garten systematisch in Zeilen
arrangierten Mischkulturen sollen einander beleben und miteinander interagieren. „Ziel ist die Regeneration der landwirtschaftlichen
Fläche, die Förderung der Biodiversität und die Entwicklung eines funktionierenden Ökosystems“, heißt es auf der Website der Farm.
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MIXED MEDIA LIFESTYLE
Farbe, Tiefe und Spontaneität prägen die Bilder von Ina Carla Cierniak,
die sich seit Jahren immer wieder neu erfindet.
Die künstlerische Karriere der Hamburgerin begann
bereits mit 14 Jahren, als sie in ihrer Heimatstadt
Heidelberg anfing, Graffiti zu sprayen. „Zehn
Jahre lang ging ich dieser Leidenschaft intensiv nach
und bemalte sogenannte »Halls of Fame« (legale
Wände) von New York bis Sydney. Street Art beeinflusst
und inspiriert mich auch heute noch“, erzählt
die Künstlerin, inzwischen mit eigenem Atelier in
Hamburg. „Wenn ich zurückschaue, denke ich, dass
mich jede meiner beruflichen Etappen inspiriert hat.
Ich habe unter anderem 15 Jahre lang selbstständig
als Make-up Artistin gearbeitet und bin dadurch viel
gereist. Unterschiedliche Kulturen, Farben und Lichtstimmungen
haben mich stark geprägt. Der Umgang
66
GOOD GUYS KUNST
mit Farben beim Graffito, die Herangehensweise an
Projekte während meines Modedesignstudiums oder
auch meine Zeit bei MTV Germany in München haben
mich Dinge gelehrt, die mir heute noch in unterschiedlichen
Bereichen meines Daseins als Künstlerin zugute
kommen. Ich denke, das alles fließt zusammen und
macht meinen Stil aus.“
Ihre Vorgehensweise beim Malen ist sehr intuitiv. „Ich
male die Bilder, die zu mir kommen und vor meinem
inneren Auge entstehen.“ So auch das Werk auf dieser
Seite oben. Für Cierniak „ein Sommerbild, geradezu
der Inbegriff des Sommers. Es erinnert mich an die
unbeschwerte Zeit in den warmen Monaten. Der Sommer
und die Sonne sind für mich absolute Glücksbringer.
Symbole für Leichtigkeit und Laisser-faire. Alles
fühlt sich leichter an, auch die Kreativität. Ich liebe es,
wenn alles grün ist und die Blumen leuchten, wenn das
Sonnenlicht durch die Blätter der Bäume blinzelt und
auf dem Wasser glitzert.“ Aktuell entstehen in ihrem
Atelier neue Werke für ihre nächste Einzelausstellung
in der Hamburger Trader Gallery. Die Vernissage findet
am 2. Mai 2024 statt.
|ag
Künstlerin Ina Carla Cierniak linke Seite mag es gerne bunt. An
ihren Kunstwerken und deren Geschichte findet sie besonders
schön, dass sie damit Menschen berührt und Liebe weitergibt.
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GOOD GUYS KULINARIK
SOLIDARISCHE LANDWIRTSCHAFT
Über den Dächern von Kopenhagen haben drei Naturfreunde 2014 die erste Dach-Farm
Dänemarks geschaffen. Was sich seither getan hat, durften wir aus erster Hand erfahren.
Dass die skandinavischen Länder im Gegensatz
zu anderen europäischen Staaten in vielerlei Hinsicht
eine Vorreiterrolle einnehmen, ist mittlerweile kein Geheimnis
mehr. Und doch sind wir immer wieder aufs
Neue überrascht. Themen, die sich gerade erst bei uns
etablieren, stehen in Schweden, Finnland und in Dänemark
schon lange auf der Tagesordnung.
Farm in New York entstand im Kopenhagener Stadtteil
Østerbro eine 600 Quadratmeter große Farm,
die als gemeinschaftsgetragene Landwirtschaft
(Community Supported Agriculture) organisiert ist.
Auf dem Dach einer ehemaligen Industriehalle legten
Skaarup und sein Team zwei große Felder mit biolo-
Eine dieser Ideen mit Pioniercharakter ist das Urban-Farming-Projekt
„ØsterGRO“, das Landschaftsarchitekt
Kristian Skaarup 2014 gemeinsam mit Livia
Urban Swart Haaland und Sofie Brincker ins Leben
rief. Nach dem Vorbild der berühmten Brooklyn Grange
Das Restaurant Gro Spiseri ist Teil des Urban-Farming-Projektes
ØsterGRO oben. Rechte Seite von links: Cecilia ist Assistant
Restaurant Managerin, Emmi leitet das Restaurant, Diana und
Joaquin kümmern sich als Head- und Sous-Chef um die Küche.
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69
GOOD GUYS KULINARIK
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„WIR MÖCHTEN DEN MENSCHEN BEWUSST
MACHEN, WIE WICHTIG ES IST, SAISONAL
UND PFLANZENBASIERT ZU ESSEN.“
gisch angebautem Obst und Gemüse an. Auch Hühner,
Bienen und Kaninchen gehören zur urbanen Farm.
„Es war gar nicht so einfach, eine passende Location
zu finden, deren Dach tragfähig genug für das Vorhaben
war“, erzählt uns Jeanette Koustrup, die sich
um die Kommunikation des Projektes kümmert. „Die
Stadtverwaltung war sehr angetan von unserer Idee
und brachte uns schließlich mit Jac Nellemann, dem
ehemaligen dänischen Autorennfahrer, zusammen. Er
besaß eine Industriehalle, auf deren Dach früher Auto-Auktionen
stattfanden. Es erfüllte daher die statischen
Voraussetzungen.“
„Die Idee war, dass Menschen aus dem Viertel den
urbanen Garten gemeinsam nutzen sollen. Wir wollen
ihnen die Lebensmittelproduktion näherbringen
und die Stadt ein bisschen grüner machen. Das ist ein
sehr großes Vorhaben.“ Heute können wöchentlich 40
Mitglieder ihre Gemüsekiste persönlich auf dem Dach
entgegennehmen.
Um noch mehr Menschen auf das Projekt aufmerksam
zu machen, eröffnete das Team 2017 das Restaurant
Gro Spiseri in einem der Gewächshäuser. „Wir starteten
mit ein paar Pop-ups und wechselnden Köchen.
Das Konzept kam gut an und wir beschlossen, daraus
ein festes Angebot zu machen.“ Eine lange Tafel bietet
Platz für 25 Personen. „Es ist wie ein Gemeinschaftsessen:
man sitzt dicht nebeneinander und jeder bekommt
das gleiche Menü. Währenddessen erfahren
die Gäste die ganze Geschichte dieser Farm und warum
wir das tun. Es ist wirklich eine tolle Erfahrung.
Vor allem zu beobachten, wie Locals und Touristen
miteinander ins Gespräch kommen“, erklärt Koustrup
und ergänzt: „Wir Dänen sind es nicht gewöhnt, mit
Fremden an einem Tisch zu sitzen. Wir sind nicht aufgeschlossen.
Höflich ja, aber wir fühlen uns nicht wohl
dabei. Doch spätestens nach 20 Minuten ist das Eis
gebrochen und sie sprechen über Gott und die Welt.“
Jeden Abend zaubert die moldawische Chefköchin Diana
ein Fünf-Gänge-Menü aus saisonalen Produkten.
Im Gro Spiseri essen die Gäste an einer langen Tafel. Das Menü
besteht aus fünf Gängen, die aus saisonalen Zutaten zusammengestellt
werden. Ist das für einen Gang vorgesehene Gemüse noch
nicht erntereif, wird kurzfristig umdisponiert.
71
GOOD GUYS KULINARIK
Anders als von vielen Gästen erwartet, stammen nur
wenige Zutaten aus dem Garten der Dach-Farm, sondern
von umliegenden Biobauernhöfen. „Man müsste
eine Fläche von 12 bis 15 Fußballfeldern bewirtschaften,
um unsere Gäste das ganze Jahr über verköstigen
zu können. Andernfalls wäre unser Garten an einem
Abend leergefegt. Wir nutzen den Honig unserer
Bienen, die Kräuter, und folgen den Jahreszeiten im
Garten, wenn es um den Speiseplan geht. Was auch
immer Sie auf Ihrem Teller finden, können Sie dennoch
im Garten sehen.“
Das Team möchte Menschen dafür sensibilisieren, wie
viel Arbeit, Zeit und Geduld der Lebensmittelanbau in
Anspruch nimmt und wie wichtig es ist, sich saisonal
zu ernähren. „Wir beginnen immer recht früh mit der
„JEDE JAHRESZEIT BIETET SO VIELE
TOLLE LEBENSMITTEL. MAN MUSS KEINE
ERDBEEREN IM FEBRUAR ESSEN.“
Menüzusammenstellung. Wenn das Gemüse, mit dem
wir geplant haben, noch nicht erntereif ist, nehmen
wir etwas anderes und ändern das Menü. Außerdem
verschwenden wir keine Lebensmittel. Wir versuchen,
alles zu verwenden. Das erfordert Kreativität.“
Jeden Dienstag ist das Restaurant geschlossen. „Es
ist unser Freiwilligentag. Jeder in der Stadt kann kommen
und einen schönen Tag im Garten verbringen und
etwas über die ökologische Landwirtschaft lernen.“
Dank der Unterstützung der Stadtverwaltung bietet
die Farm auch Unterricht für Kindergärten und Schulen
an. „Etwa 50 Kindergärten besuchen uns in den
Sommermonaten. Die Kinder können die Hühner und
die Kaninchen füttern. Sie lernen, warum wir überhaupt
Hühner haben und wie die Bienen Honig produzieren.
Aber am wunderbarsten ist es, die Kinder zu
beobachten, wenn sie das Gemüse probieren. Viele
sagen beispielsweise, dass sie keine Karotten mögen.
Aber wenn sie dann unsere Möhren hier probieren,
sind sie total überrascht davon, dass sie ganz anders
schmecken als die aus dem Supermarkt. Genau aus
diesem Grund lieben wir alle, was wir tun.“ |ag
„Viele Menschen denken nicht darüber nach, dass es sehr viel Mühe
kostet, Gemüse anzubauen. Sie denken auch nicht darüber nach,
woher die Erdbeeren kommen, die sie schon im Februar und nicht
erst im Sommer im Supermarkt kaufen können“, erklärt Jeanette
Koustrup, Communication Manager des Gro Spiseri.
72
ENTDECKEN SIE SOHO, SCHIEBEWÄNDE. DESIGN GIUSEPPE BAVUSO
GOOD TO EXPLORE MOBILITÄT
74
GOOD
TO EXPLORE
Gibt es etwas Verlockenderes als die Idee,
die Welt vollkommen autark zu bereisen? Am
komfortabelsten gelingen Road- und Offroadtrips
mit diesen fahrbaren Unterkünften.
76 I GLAAAMPING Unser Autor Markus Hieke hat
sich auf eine Gedankenreise begeben und ist dabei ein
paar der erstaunlichsten Camping-Vehikel begegnet.
Nein, hier handelt es sich weder um die Kajüte einer Yacht noch um
das Interior eines historischen Flugzeugs. Die US-Marke Bowlus baut
Camping-Anhänger auf Fünf-Sterne-Niveau: außen im spiegelnden
Retro-Look, innen holzvertäfelt. Mehr auf Seite 78.
75
GOOD TO EXPLORE MOBILITÄT
AUF ABWEGEN
Home Is Where The Heart Is. Das hat so nicht nur Elvis ganz wunderbar treffend
besungen. Es spiegelt sich auch im Vanlife-Boom, der den krisengeplagten Menschen
gerade die ultimative Freiheit prophezeit. Aber bitte mit Stil!
Redaktionskonferenzen sind normalerweise nicht
für die Öffentlichkeit bestimmt. Aber nehmen wir mal
an, unser Büro würde sich – warum auch nicht – in einem
Wohnwagen befinden. Und Sie säßen bequem davor,
mit einem Getränk in der Hand und freiem Blick auf die
Natur. Dann hätten Sie das Briefing zu diesem Beitrag
belauschen können. Für Teile des Teams ist Camping-Urlaub
zwar schwer vorstellbar, doch früh stand fest: „In
der Entdecker-Strecke soll es ums Glamping gehen. Um
Campingmobile, nur visionärer“, meinte der Chefredakteur.
Und fuhr fort: „Die Auswahl sollte so sein, dass sogar
ich damit verreisen würde. Bloß nix mit Gartenzäunchen
oder Rasenteppich.“ Also dann, los geht’s.
Ein guter Einstieg könnte jener achtstöckige Camper-Van
(rechte Seite) sein, den das spanische Ulises
Design Studio in seinem Projekt „Kinetic Kingdoms“ mithilfe
des KI-Tools Midjourney entwickelt hat. In der Serie
aus retro-futuristischen Mobilen treffen Kleinbusse wie
das Airstream Motorhome aus den US-Achtzigern auf
bobbelige Wohntürme. Freilich wäre so ein Konstrukt
schwierig zu fahren. Das Projekt reflektiert aber gut,
wie die Hinwendung zur unberührten Natur, zu den
Great Outdoors und ihrem Versprechen von einsamer
Weite derzeit Konjunktur hat, während sich materielle
Ansprüche gleichzeitig ins Absurde hochschaukeln. Ricardo
Orts, Gründer des Designstudios, will genau darauf
hinaus – und Denkanstöße liefern, wie ein nomadischer
Lebensstil zugleich aufregender und nachhaltiger
sein könnte. Und obendrein unsere Verbundenheit mit
der Welt und den Menschen um uns herum stärkt.
Zum Glück sieht heute selbst das nomadische Leben
moderner aus als bei unseren Urahnen. Das Wichtigste:
Dank Starlink ist das Satelliteninternet immer mit
dabei, egal wo. Solarpanels und starke Akkus sorgen
dafür, dass uns der Saft nie ausgeht. Alles andere sind
im Grunde pure Luxusdetails: im „Terra Firma“ der
US-amerikanischen Marke Bowlus (Seite 78) beispielsweise
die Komplettverkleidung des Interiors mit Holz.
Komfort verheißt das Duschbad mit Teakholzboden
und -sitzbank, die Küche mit ihren matten Aluminium-Oberflächen
ist überdurchschnittlich geräumig
und für vierbeinige Passagiere gibt es eine Fressnapfschublade
unter der Couch. Ein Alleinstellungsmerkmal
von Bowlus ist der Einstieg am Kopfende des streamline-optimierten
Anhängers. Für das Fotoshooting fuhr
das Team ins kalifornische Yukka Valley – im Sommer
klettert das Thermometer dort gerne über 35 Grad
Celsius. Gut, dass es da eine Klimaanlage gibt, die 16
Stunden bis zum Nachladen durchhält.
Eine futuristischere Interpretation liefert das Start-up
Pebble, ebenfalls aus den USA, mit dem „Pebble Flow“
(Seite 83). Sein Raumvolumen wirkt enorm, auch dank
großzügiger Panoramafenster. Wirklich praktisch ist die
„Magic Hitch“-Funktion, die es ermöglicht, den Anhänger
anhand eines eingebauten Antriebs ferngesteuert
auf Position zu rotieren oder punktgenau auf die Anhängerkupplung
des Automobils zu manövrieren. Hat
er sein Etappenziel erreicht, tariert er sich selbstständig
am Untergrund aus. Offroad-Fans mögen darüber
schmunzeln. Doch auch für sie gibt‘s Spielzeuge, die
mehr umfassen als man von einem Campinggefährt
zunächst erwartet. So lässt sich der „EXP-7“ von Bruder
(Seite 81) dank hydraulischer Radaufhängungen von
keiner Unebenheit irritieren. In seiner Statur eher ein
Panzer, erweist er sich dabei durchaus als fürsorgliches
Pop-up-Zuhause – sogar eine Waschmaschine befindet
sich an Bord. Wer es kompakter mag, verreist im Citroën
„Type Holidays“ (Seite 82) oder dem Hymer „Venture S“
(Seite 84), asketische Poser wahlweise im Rolls-Royce
Cullinan oder im Porsche „911-Dakar“ (Seite 80/81) mit
Dachzelt. Romantiker entscheiden sich für den „P19
Shorty“ von Polydrops (Seite 79) oder für „Bruno“ von
Kuckoo (Seite 80). Für wen das alles nichts ist – sehen
Sie selbst. Und nicht vergessen: Freiheit ist der größte
Luxus, den es gibt. Nutzen wir sie!
|mh
HOCHSTAPLER Mit den „Kinetic Kingdoms“ schuf das
Ulises Design Studio eine Serie aus surrealen Wohnmobilen.
Die Synthese aus Achtzigerjahre-Motorhomes und
Space-Age-Architektur entspringt der KI-Software Midjourney.
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© Ulises Studio
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GOOD TO EXPLORE MOBILITÄT
INMITTEN DER EINÖDE Der Wohnanhänger „Terra Firma“ von Bowlus verheißt hierfür höchsten Komfort. Das Luxusgefährt gibt es zum stolzen Einstiegspreis von
285.000 Dollar. An Bord sind dafür Küche, Ess- und Wohnbereich mit Bodenheizung, WC und Duschbad sowie eine Schlafkoje, optional im Kingsize-Format. Neben Luftund
Wasserfiltern sichern starke Akkus die Autarkie. Seine aufpolierte Aluminiumhülle lässt die über acht Meter lange Streamline-Kapsel optisch nahezu verschwinden.
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GOOD TO EXPLORE XXXXXXXXX
DER MINIMALIST UNTER DEN CAMPING-ANHÄNGERN
Seine optimierte Aerodynamik macht den 290 Kilogramm leichten
„P19 Shorty“ von Polydrops aus L.A. zum ultimativen Kompagnon
für E-Fahrzeug-Abenteurer. Wer unter Camping die Besinnung
aufs absolut Überlebensnötige versteht und keinerlei klaustrophobische
Neigungen verspürt, entdeckt in der tropfenförmigen
Schlafgelegenheit auf zwei Rädern das größte Zuhause der Welt.
Denn der eigentliche, unbegrenzte Raum eröffnet sich außerhalb
des Winzlings – welcher dank wirkungsvoller Isolierung übrigens
zu jeder Saison nutzbar ist. Im puristisch gehaltenen Interieur gibt
es am Fußende der 140 mal 200 Zentimeter großen Liegefläche
passablen Stauraum, einen ausklappbaren Tisch und Steckdosen.
Ein Dachfenster flutet den Innenraum mit Tageslicht, bei Nacht
verschafft es Sternstunden. Heckseitig lässt sich als Zusatzpaket
eine Outdoor-Küche ergänzen: praktisch, falls gerade kein American
Diner in der Nähe ist.
79
GOOD TO EXPLORE MOBILITÄT
CAMPING IST KEINE FRAGE DES REISEBUDGETS, SONDERN DES MINDSETS Eindrücklich beweist das die maßgeschneiderte Offroadversion der Rolls-Royce-
Ikone „Cullinan“ oben, die die bayrische Tuning-Schmiede Delta4x4 so im Auftrag eines liquiden Kunden Realität werden ließ. Knapp 360.000 Euro kostet das SUV in der
Basisausführung. Ein Umbau zum Geländewagen mit größerer Bodenfreiheit, Frontbügel, Schnorchel-System für das Durchfahren von Wassergräben und Dachträger mit
umfangreichem Expeditionsequipment wie Sandblechen, Schaufeln, Wasserkanister, Boxen und Dachzelt ist für schlappe 150.000 Euro zu haben. Weitaus bescheidener
zeigt sich dagegen der clever durchdachte Miniwohnwagen „Bruno“ unten von Kuckoo Camper aus der Nähe von Stuttgart, den es – zum Vergleich – ab 19.490 Euro gibt.
80
FIT FÜRS OUTBACK Aus Brisbane an der Ostküste
Australiens stammt diese gigantische Reisemaschine:
der „EXP-7“ von Bruder oben. Mit 2,7 Tonnen Leergewicht
sollte man ein wirklich starkes Zugpferd davorspannen.
Dafür hält der familientaugliche Anhänger
dann aber auch echt alles bereit, was man abseits
der Straßen so braucht: hydraulische Radaufhängungen,
Solardach, Markise, 10kWh-Stromspeicher,
280-Liter-Wassertank, Dusche, WC, Outdoorküche
und sogar eine Waschmaschine.
DER PORSCHE UNTER DEN ZELTEN Was ein
wenig widersprüchlich wirkt, ist mit dem passenden
Originalzubehör von Porsche tatsächlich machbar: ein
911er mit Dachzelt. Etwa links in der 911-Dakar-
Ausführung im Rallye-Design – einer Hommage an
das Paris-Dakar-Siegerfahrzeug aus dem Jahr 1984.
Dieses Allrad-Modell rockt jedes Gelände, mit fünf
Zentimetern mehr Bodenfreiheit als der Carrera-Bruder
sowie zusätzlich serienmäßigem Liftsystem.
81
GOOD TO EXPLORE MOBILITÄT
VANLIFE AUF FRANZÖSISCH In Frankreich ist er legendär, der Wellblechkastenwagen Citroën Typ H aus dem Jahr
1947. Anlässlich seines 70. Jubiläums hatte ihm zuerst die Umbaumanufaktur Caselani aus Italien eine Reinterpretation
geschenkt. Seit diesem Jahr bietet Citroën den Wagen als serienmäßiges Wohnmobil im Retro-Look an. Unter der Haut
des „Type Holidays“ Foto oben steckt ein auf Basis des italienischen Karosserieentwurfs umgeformter SpaceTourer des
französischen Autobauers. Citroën hat ihn um ein Aufstelldach mit Bett, praktischen Stauraum sowie eine kompakte
Küchenzeile mit Kochfeld, Spüle und Kühlschrank ergänzt. Mit seiner herausnehmbaren Schlaf-Sitz-Rückbank, drehbaren
Vordersitzen und wegklappbaren Tischen bietet der Van für bis zu vier Personen Platz.
EIN WOHNWAGEN WIE AUS DER ZUKUNFT Die entgegengesetzte Richtung zum oben gezeigten Van schlägt das
US-amerikanische Start-up Pebble mit seinem Debüt-Wohnwagen „Pebble Flow“ Fotos rechte Seite ein. Dass der Fokus
auf Innovation und Performance liegt, erkennt man sofort, denn: Das Modell orientiert sich grundsätzlich an der
Typologie konventioneller Anhänger, wirkt aber insgesamt sleeker – etwa weil seine Kontur konsequent auf
Aerodynamik ausgelegt ist, aber auch dank der umlaufenden, schwarz getönten Panoramafenster. Das Interieur
beeindruckt mit einem wirklich angenehmen Wohn- und Beleuchtungskonzept. Einen coolen Effekt bietet die schaltbare
Glaswand, die das Bad auf Knopfdruck versteckt. Und klappt man das Bett (im Handumdrehen) weg, präsentiert sich
dahinter ein praktischer Schreibtisch. Bis zu sieben Tage unabhängig im Grünen parken? Mit 45kWH-Batterie und
integrierten Solarpanels soll das kein Problem sein.
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GOOD TO EXPLORE MOBILITÄT
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NA BITTE, WER SAGT’S DENN! Mit dem Hymer „Venture S“ linke Seite ist nun also auch eine der eher angestaubten Traditions-Camper-
Marken auf den Designtrichter gekommen. Das Offroad-Wohnmobil der Oberschwaben ist wie gemacht für romantische bis abenteuerlustige
Reisen zu zweit – am liebsten fernab der Zivilisation, versteht sich. Damit sich die Zeit dabei so kommod wie möglich gestaltet, ließ Hymer
sich einiges einfallen: eine Heckklappe mit Panoramafenster zum Beispiel, die, wenn geöffnet, den Innenraum um ein Sonnendeck erweitert.
Oder das pneumatische Aufstelldach mit behaglichem Lichtband. In das Mobiliar ist platzsparend der Treppenaufstieg integriert. Die Einbauküche
punktet in zeitgemäßem Anthrazit, mit Fliesenspiegel und bambusverkleideten Wänden. Chapeau!
POP-UP AUF DEM STAND-UP Nun haben Sie die Qual der Wahl. Sollte wider Erwarten keines der vorangegangenen Beispiele in
Ihnen Entdecker-Emotionen wecken: Vielleicht wäre die „Bajao Cabin“ oben etwas für Sie – ein Zelt, konfektioniert fürs Stand-up-
Paddle-Board. Zusammengerollt wird es auf das Brett geschnürt, während man seelenfroh auf dem Wasser davonpaddelt. Nachts
dient das Board als stabiles und trockenes Fundament, und das immerhin drei Meter lange Zelt mit seinem fix aufgepusteten Luftgestänge
als Schlafstatt für erschöpfte Kapitäne. Gut vertaut gelingt das sogar auf dem Wasser. „Kleinste Superyacht der Welt“, nennt
Gründer Christoph Mantz sie passenderweise. Wir sagen: Bis bald in der Wildnis.
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GOOD STORIES
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GOOD
STORIES
Summertime and the living is easy. Wie Sie
in Stimmung kommen? Mit unserer Playlist
von Seite 3 und diesen fünf ungewöhnlichen
Geschichten aus Europa und Übersee.
88 I ISCHIA Das Eiland wurde zur schönsten Insel der
Welt gekürt. Wir zeigen ihr charmantestes Hotel
98 I MAILAND Wer wird denn traurig sein, wenn die
Dachterrasse ein Handtuchformat hat? Wow ...
106 I VALDARNO Ein cooler Pool ist die eine Sache.
Hier stellt ihn ein Wellnesskeller in den Schatten
114 I LYON Wie sieht der Look von heute für eine historische
Villa aus? Claude Cartier gibt die Antwort
124 I QUERÉTARO Schon wieder Mexiko? Und erneut
super stylish. Hier läuft nicht nur das Bier
So möchten wir den Sommer verbringen! In einem Wolkenkuckucksheim
hoch über dem Meer. Das „Albergo del Monastero“ ist ein ganz
besonderer Ort, der Gäste aus der ganzen Welt willkommen heißt.
Viele Zimmer haben eine eigene Terrasse, dazu auch ab Seite 88.
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GOOD STORY ISCHIA
Normalen Besuchern des Kastells bleibt das Hotel verschlossen.
Wer den Eingangsbereich durchschreitet ist überrascht: Bücher,
Kunst, Deko-und ausgewählte Einrichtungsobjekte schaffen eine
Behaglichkeit, in der man sich sofort zu Hause fühlt.
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REFUGIUM
Erbe verpflichtet. Im Verlauf eines kompletten Jahrhunderts gab eine süditalienische Familie
diesem geschichtsträchtigen Areal einen großen Teil seiner einstigen Grandezza zurück.
Willkommen im Castello Aragonese, einem ganz besonderen Ort auf der Trauminsel Ischia.
FOTOS: FILIPPO BAMBERGHI TEXT: STEPHAN DEMMRICH
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GOOD STORY ISCHIA
Ein Eimer Wasser, ein Laken und Kerzen für die
Nacht waren das Equipment, das Reisende erhielten,
die in den 1970er-Jahren in diesem ehemaligen Kloster
übernachten wollten. Anna Cristina Mattera ist amüsiert:
„Doch diese etwas naive und ausgesprochen karge
Vorstellung von Gastfreundschaft war der Ausgangspunkt
für die Gründung unseres Hotels.“ Ihre Familie
besitzt eines der Wahrzeichen der Insel Ischia, die neben
Capri und Procida im Golf von Neapel liegt. Über eine
230 Meter lange Brücke im Nordosten des gleichnamigen
Hauptorts Ischia erreichen Reisende das Castello
Aragonese – Adresse des Albergo del Monastero. Die
imposante Anlage thront auf einem steilen Felshügel,
der von den Wellen im Golf von Neapel umspielt wird. An
manchen Herbst- und Wintertagen sind sie ziemlich rau,
legen den kompletten Fährverkehr lahm und haben die
einstigen Sandstrände der Umgebung längst abgetragen.
Und auch der Renaissance-Architektur der impo-
santen Festung hoch oben auf dem Vulkanfelsen scheinen
Teile ihrer Geschichte abhanden gekommen zu sein.
Schon 474 v. Chr. errichtete Hieron I. von Syrakus hier
eine erste Festung. Die strategische Bedeutung des
Rundumblicks war enorm.
1423 belagerte und eroberte Alfons von Aragonien die
Burg, die in der nachfolgenden Ära unter der umsichtigen
Führung von Costanza d‘Avalos und Vittoria Colonna
ihre größte Pracht entfaltete. In der Kathedrale der
Burg fand 1509 die Hochzeit von Vittoria Colonna mit
Ferrante d‘Avalos, Markgraf von Pescara, statt. Vittoria
etablierte einen literarischen Zirkel, und es ist überliefert,
„UNSERE MUTTER LEBT SEIT SECHS
JAHRZEHNTEN HIER UND IST AUFGRUND
IHRER HERKUNFT EINE CASTELLANA.“
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Anna Cristina Mattera und ihr Partner hüten die Tradition. Mit
großer Liebe zum Detail haben sie eine Burgruine in ein veritables
Hideaway verwandelt, zu dem auch eine Galerie, verwunschene
Gärten, Restaurant und Cafe gehören, auch erreichbar per Fahrstuhl.
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GOOD STORY ISCHIA
92
dass Michelangelo sie mehrmals porträtierte. In ihrer
Nachfolge verwandelte Beatrice Quadra, die Witwe von
Muzio D‘Avalos, das Kastell 1575 in ein Kloster. „Kontemplation,
Stille, Gebet, Keuschheit und Armut prägten das
gesamte Leben der Nonnen in diesen Mauern“, so Mattera,
deren Großvater, der Anwalt Nicolo Ernesto 1912 die
Reste des aragonesischen Baus erwarb. 25.000 Lire für 25
Jahrhunderte verlassene Geschichte: Festung, Gefängnis,
Kloster, Kirchen und Gärten – alles lag in Trümmern.
Noch heute wirkt der Komplex aus bestimmten Perspektiven
wie eine gigantische Ruine und wie ein märchenhafter
Ort zugleich. An einigen Stellen steigt der
Blick durch ein zerstörtes Barockgewölbe direkt in
den Himmel, an anderen durchquert man einen verführerisch
duftenden Kräutergarten. Wer sich dort
auf einem Spaziergang über die schmalen Steinstufen
zwischen den verschiedenen Ebenen bewegt, der
übersieht leicht Hotel und Wohnhaus der Matteras,
die hier seit mehr als sechs Jahrzehnten leben.
„Ein großes Privileg“, findet die Hotelbetreiberin, „denn
die unvergleichliche Schönheit des Ortes, das Gefühl der
Zugehörigkeit zur Geschichte und der Zauber, die Jahrhunderte
zu durchlaufen, sind etwas Besonderes, aber
auch eine große Verantwortung, ein Schicksal, das man
auf den Schultern trägt und von dem man sich nicht
befreien kann.“ Schon in den Sechzigerjahren bot die
Familie geführte Besichtigungen an. Die Einnahmen finanzierten
erste Restaurierungsarbeiten und schließlich
Wo 1509 Vittoria Colonna den Markgrafen von Pescara ehelichte,
erinnert nur der Stuck an die ehemalige Pracht. Heute geht es im
Castello Aragonese oben rechts ruhiger zu. Aus dem späteren Kloster
entstand ein Hotel. Linke Seite: Gemälde von Leonardo Cremonini.
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einen Aufzug durchs Vulkangestein hoch auf die Burg.
Er veränderte alles. Die Anlage war fortan leicht zu erreichen
und notwendige Materialien und Vorräte konnten
leichter transportiert werden. Mehr Besucher. Mehr
Einnahmen. Mehr Investitionen.
Die Kultur kam Mattera zufolge von allein. „Unser Vater
war Künstler und seine Freundschaften mit Persönlichkeiten
wie Leonardo Cremonini, Elio Washimps und Palma
Bucarelli führten Ende der 1970er-Jahre zu Ausstellungen
und kulturellen Veranstaltungen.“ Das Hauptinteresse
liegt bis heute auf zeitgenössischer Kunst – speziell ortsspezifischen
Werken und Installationen. Seit mehr als 20
Jahren findet Ende Juni das Ischia Film Festival statt.
Logischerweise ist das komplette Hotel mit Gemälden,
Installationen und Skulpturen aus heutiger Zeit ausstaffiert.
Mattera lässt Namen wie Daniele Papuli, Antonino
Sciortino und Arcangelo Esposito fallen. „Unsere Kunden
suchen nach einem schönen Ort, einzigartig in Bezug auf
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GOOD STORY ISCHIA
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GOOD STORY ISCHIA
„Wir haben lange gebraucht, um unsere Küche zu definieren“, so Anna Cristina Mattera, die seit mehr als zehn Jahren mit Michelangelo
Iacono zusammenarbeitet. „Der Chefkoch stammt aus den Bergen von Ischia, einer Region, die authentisch geblieben und deren Küche
noch mit den Traditionen einer Insel bäuerlicher Prägung verbunden ist.“ Für seine Gerichte verwendet Iacono Kräuter aus dem
hauseigenen Garten Seite 84. Kein Kommentar: die Restaurantterrasse rechte Seite. Wer hier diniert und absteigt, genießt die Aussicht.
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GOOD STORY ISCHIA
Lage und Geschichte. Aber vor allem suchen sie etwas
Echtes und Einmaliges. Viele von ihnen verbringen den
Tag an unseren Tischen oder auf den Terrassen der Zimmer
und lassen sich von der Meeresbrise und dem Gesang
der Möwen verwöhnen.“ Das Kloster hat seine alte Fassade
und viele seiner ursprünglichen Ausstattungsdetails
wie die Kalkpavillongewölbe aus dem 16. Jahrhundert
bewahrt, die in den meisten der 19 Zimmer und zwei Suiten
zu finden sind. In jedem Jahr widmet sich die Familie
neuen Restaurierungsarbeiten, die natürlich während
der Wintermonate stattfinden. Inzwischen werden die
Wein- und Gemüsegärten durch Regenwasser versorgt,
das in den restaurierten Zisternen aufbewahrt wird. Es
reicht selbst für die Neugestaltung des ehemaligen Klostergartens
mit einheimischen Pflanzen, „die wahrscheinlich
schon vor langer Zeit hier kultiviert wurden.“ ☐
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GOOD STORY MAILAND
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GOOD STORY MILANO
ZU HAUSE
So sieht es aus, wenn ein Fotograf seine eigene Wohnung vor
die Linse bringt. Wir lieben den Mix aus Alt und Neu, das virtuose
Arrangement der Kunst und die sommerliche Stimmung.
FOTOS: MARCO BERTOLINI STYLING: FABIO SAPIENZIA TEXT: BERTOLINI/ SD
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GOOD STORY MILANO
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GOOD STORY MILANO
Das nennt man einen himmlischen Einstieg: Marco
Bertolini hielt auf einem Spaziergang durch Mailand
plötzlich inne, als er wunderschönen Gesang und dazu
eine Harfe spielen hörte. Ja, eine Harfe. Musik kann
beflügeln, und so kreisten die Gedanken des Fotografen
um ein neues Setting: Wie schön wäre es doch, von
Klängen wie diesen geweckt zu werden. Einige Monate
später stellte ihm seine Freundin Marta einen Immobilienmakler
vor, und es war reiner Zufall, dass die
erste Wohnungsbesichtigung gegenüber dem Conservatorio
Giuseppi Verdi stattfand – einer der ältesten
und renommiertesten Musikschulen Italiens. Es war
genau dort, wo Bertolini von Canzone und Harfenmusik
damals verzaubert worden war und stehenblieb.
Wir alle kennen das: Liebe auf den ersten Blick. Bertolini
war hin und weg. Vor allem von der – zwar etwas
schmalen – Terrasse, die sich über die komplette Länge
Apartments erstreckt. Der Grundriss ein regelmäßiges
Rechteck, von Nordwesten her durchflutet von
weichem, dezentem Licht. „Doch abgesehen vom Außenbereich
war die Wohnung nicht wirklich attraktiv
mit ihren eher kleinen, unregelmäßig proportionierten
Räumen.“ Aber wie heißt es bei Verkaufsgesprächen
immer so treffend: Ihr Potenzial war groß.
„Ich habe alles aufgemischt! Die Küche befand sich
dort, wo heute das Badezimmer liegt. Das Schlafzimmer
ist jetzt meine Küche. Außerdem war da noch ein
begehbarer Schrankraum mit einem Schminktisch und
einem riesigen Schminkspiegel, sowie ein weiteres Bad,
das an der Stelle des heutigen Schlafzimmers lag“, erzählt
Bertolini über sein Renovierungsprojekt und die
Neugestaltung der Innenräume.
„Ich habe die meisten Wände abreißen lassen, um einen
großzügigen Raum ohne Grenzen zu generieren.
Mit Licht, viel Licht, und natürlich jeder Menge Grün.
Das Schwierigste war, die Fenster zur Terrasse durch
Glastüren zu ersetzen. Keine leichte Aufgabe, wenn
man das in einem Gebäude mit einem ausgeprägten
Charakter aus den 1930er-Jahren in Angriff nimmt.
„Auch deshalb habe ich alles gradlinig und eher rational
gehalten. Beim Betrachten der umliegenden Gebäude
war mir sofort klar, dass nur Materialien aus der
Zeit des italienischen Rationalismus infrage kommen:
unpolierter Travertin-Marmor für den Boden der Terrasse,
viel Weiß und Glas, etwas Messing und natürlich
ein Holzfußboden. All das durfte weder zu romantisch
noch zu feminin wirken, sondern total rational.“ Zunächst
wurden fast alle Innenwände entfernt, genauso
wie alte Einbauten und abgewohnte Materialien.
„Im Anschluss daran haben wir die Fensteröffnungen
aufgebrochen um die Glastüren einzusetzen. Danach
wurden innen und außen die Böden erneuert und neue
Rohre und Leitungen verlegt. Eine wirkliche Herausfor-
Marco Bertolini verbringt viel Zeit damit, sich um seine Pflanzen
zu kümmern. Immer wieder müssen einige ausgetauscht werden,
weil sie dem Stadtklima nicht trotzen. „Es ist ein ständiges
Ausprobieren und Lernen“, so der Fotograf, der seine Mahlzeiten
gerne auf der Terrasse einnimmt. Die Gläser und der Tisch sind
vintage und aus Frankreich. Die Keramikschalen stammen aus
Portugal. Dazu Regie-Stühle von Unopiù sowie ein indonesisches
Tablett aus Walnussholz. Vintage: Klappstuhl und Kelim, links.
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GOOD STORY MILANO
derung“, so Bertolini. „Der Bauleiter konnte nicht mehr
schlafen, als es darum ging, die Glastüren und die drei
Meter langen Bodenplatten aus Stein via Schwerkran
in die oberste Etage hochzuhieven.“ Die ersten Platten,
die geliefert wurden, waren zu stark poliert und
spiegelten fast. „Ich konnte den Anblick nicht ertragen.
Sie erinnerten mich an eine Schule oder ein Polizeirevier
aus den 1980er-Jahren.“
Inzwischen ist alles perfekt und Bertolini genießt mit seinem
Lebenspartner die besondere Lage ihres Domizils
mitten in Mailand sowie den harmonischen Dialog zwischen
Innen- und Außenraum. „Das Apartment ist nicht
gerade riesig, hat aber sehr viel Atmosphäre und fühlt
„DER BAUUNTERNEHMER HATTE EIN PAAR
SCHLAFLOSE NÄCHTE, ALS ES DARUM
GING, DIE GLASTÜREN UND TRAVERTIN-
PLATTEN NACH OBEN ZU BEFÖRDERN.“
sich luftig und leicht an.“ Für die schlichte Inneneinrichtung
wählte der Fotograf natürliche Materialien aus, die
mit dem Outdoor-Bereich und dessen wildem Grün harmonieren.
„Mir gefällt, dass die Pflanzen nicht perfekt
und zurechtgestutzt wirken.“ Auch hier sind Einfachheit
und Understatement der Schlüssel. Einige Ahornbäume,
dazu mediterrane Arten wie Myrrhe und seltene Pflanzen
aus ausgewählten Gärtnereien bilden den Mix, der
vor einfachen grünen und breitblättrigen Sträuchern gedeiht
– fast wie eine Art grüne Leinwand.
Im Wohnbereich wählte Bertolini ungeschliffenes helles
Ahornholz als Bodenbelag und setzte schlichte Türen in
Raumhöhe ein. Dazu helles Weiß und sogar Stuckmarmor
für die Wände. Die Möbel wechseln regelmäßig,
doch die Basis sind Hölzer, Neutraltöne, Weiß und Brauntöne
mit Akzenten aus Messing und Gold. „Weiß, Braun
und Grün sind die perfekte Kombination. Zeitlos, frisch
und gleichzeitig sehr elegant. Aber gemütlich. Nicht umsonst
stehen diese Farben auch für die amerikanische
und brasilianische Modernismus-Bewegung.“
Zu den Möbeln und Accessoires im Wohnbereich gehören
handgeknüpfte Teppiche, von Bertolini in Mailand,
aber auch in Marokko erworben. Dazu moderne Klassiker
wie die Kjaerholm-Sessel oder ein Anderson-Esstisch
Die Vitrine im Küchenbereich oben stammt aus dem 19. Jahrhundert.
Rechts: Das Lowboard in Weiß ist eine Maßanfertigung, darüber zwei
bemalte Glasbilder aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Auf dem Tisch
Leuchter aus Marokko. Dazu Design-Ikonen moderner Formgebung:
Die Sessel mit Geflecht entwarf Poul Kjaerholm für Fritz Hansen.
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GOOD STORY MILANO
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GOOD STORY MILANO
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GOOD STORY MILANO
in Kombination mit Vintage-Stühlen von Fritz Hansen,
die Bertolini bei Modernity Stockholm entdeckte. Stühle
aus norditalienischem Holz und solche mit Wiener Geflecht
sind die perfekte Ergänzung.
Die beiden schwarz-goldenen Hinterglasbilder im Goldrahmen
aus der Mitte des 18. Jahrhunderts stammen
aus der Londoner Lacy Gallery. Zwei kleine verspiegelte
Tische aus Messing von Tom Dixon stehen neben
einem englischen Vintage-Sessel aus braunem Leder,
erworben bei Rossana Orlandi. Ferner gibt es einen
Vintage-Klapptisch aus Frankreich und ein Molteni-Sofa
nach Vorgaben von Vincent van Duysen, an anderer
Stelle zwei Arbeiten mit Blattgold und Bleistift von
Alexandre Prowalinski, außerdem ein Ölgemälde von
Julian Arnaud – der Einrichtungsfan entdeckte es bei
der Modern Shapes Gallery Antwerpen. Seine Kombinationen
wirken harmonisch und sophisticated. Laute
Töne vermisst man hier mehr als gern. Im Schlafzimmer
platzierte Bertolini ein Maxalto-Bett mit Polsterhaupt
– Altmeister Antonio Citterio brachte es in Form – und
Leuchten von Flos und Nemo. Vor dem Bett spendet ein
tibetanischer Seidenteppich extravaganten Komfort.
Kleine Keramik- und Goldskulpturen von Roberta Colombo
sind raffinierte Details. Im Bad finden sich türkische
Leinenhandtücher mit schwarzen Stickereien. Sie
kommen schon morgens zum Einsatz, nach dem Spiel
der Harfe und den klaren Gesängen.
☐
Alles auf Maß: Das gilt für die Dusche genauso wie für den Einbauspiegel.
Die Sanitärkeramik lieferte Catalano, Armaturen von Cea.
Ein Vintage-Tisch und Berberteppich setzen Akzente. Wandleuchten
von Artemide, die Türklinken sind im Programm bei Olivari.
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GOOD STORY VALDARNO
ZEITSPRUNG
Sanfte Hügel, malerische Dörfer, Schluchten, aufragender Fels am Horizont. Dennoch fesselt
hier das Interieur den Blick. Der Look katapultiert uns zurück in die Eighties und ist bei genauer
Betrachtung doch so zeitgemäß. Er trägt die Handschrift von Timothee Studio aus Florenz.
FOTOS: HELENIO BARBETTA TEXT: STEPHAN DEMMRICH
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GOOD STORY XXXXXXXX
Kronleuchter von Giopato & Coombes, darunter ein Fiam-Tisch
und „Golem“-Stühle von Vico Magistretti. Ein Konzept von
Timothee Studio linke Seite: Niccolò Antonielli links, Andrea
Mascagni sitzend und Cosimo Bonciani.
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GOOD STORY XXXXXXXXX
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GOOD STORY VALDARNO
„Wir sind drei Freunde aus der Kindheit“, erzählt
Cosimo Bonciani und erinnert sich. „Als wir unser Studium
beendet hatten, begannen wir, hauptsächlich in
der Toskana zu arbeiten. Obwohl wir noch sehr jung
waren, erregten bereits die ersten Projekte das Interesse
der italienischen und wenig später auch der internationalen
Presse.“ Zusammen mit Niccolò Antonielli
und Andrea Mascagni hatte der Architekt 2018 das
Studio Timothee gegründet – „ein Full-Service-Architektur-
und Designstudio, das Bereiche wie Wohnen,
Einzelhandel, Gewerbebauten, Möbel- und Lichtdesign
abdeckt.“ Ein Senkrechtstarter trotz des etwas
schrägen Namens, der an ein Shampoo denken lässt,
das in den Achtzigern seine Hochzeit hatte. Doch
weichgespült ist gerade bei den Entwürfen aus dem
Büro mal gar nichts. Wie sich auf den Seiten hier zeigt,
steht das Office für Statements – sei es in England,
Ruanda, Spanien, Japan oder hier Italien. „Derzeit arbeiten
wir in einem schönen Atelier aus dem 19. Jahrhundert
in Räumen, die wir ganz in Rosa gestrichen
haben.“ Wir, das ist ein Team aus sechs Personen, allesamt
noch unter 35. Es gibt keine festen Wirkungsbereiche,
was den kreativen Teil betrifft. Aber schon eine
gewisse Aufteilung: „Antonielli hat einen Abschluss in
„EINE INNENEINRICHTUNG IST WIE EIN
SINFONIEORCHESTER. JEDES OBJEKT
HAT EINE PRÄZISE UND WICHTIGE ROLLE.“
Architektur und kümmert sich um die Baustellen und
Bürokratie. Mascagni ist Industriedesigner und für
Maßlösungen, Materialien und Produktentwicklung
zuständig – ferner für die Kontakte zu unseren Auftraggebern
und die Organisation im Atelier. Ich selbst
beschäftige mich mit Designgeschichte und aktuellen
Tendenzen. Mit Kunst, Social Media Management und
der kommerziellen Seite.“
Erstaunlicherweise zeigt die Homepage des Trios nur
ein einziges Foto mit dem Schriftzug des Büros. Ein
Statement, genauso wie dieses Haus im Valdarno.
Detail eines der Schlafzimmer mit Textilien von Dedar. Linke
Seite: Die Wendeltreppe und der geschwungene Schrank sind aus
gewachstem Eisen. An der Wand eine Arbeit von Nicolás Denino
aus dem Jahr 2022. Deckenleuchte „Eclipse“ von Folio.
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GOOD STORY VALDARNO
Wir befinden uns in der Ortschaft Castelfranco di Sopra
in den Hügeln des oberen Valdarno, auf halbem Weg
zwischen Arezzo und Florenz. An der antiken Strada
dei Sette Ponti gelegen, zwischen Arno und den Hängen
des Pratomagno, gilt der Ort als eines der schönsten
Dörfer Italiens. „Von den Panorama-Fenstern aus
kann man das gesamte Valdarno-Tal bis hin zu den
Chianti-Hügeln überblicken. Einige der Sehenswürdigkeiten
der Gegend liegen in Sichtweite dieses Hauses,
etwa die Badia di San Salvatore a Soffena aus dem
11. Jahrhundert oder die Silhouette der Gemeinde Loro
Ciuffenna sowie die Berge von Vallambrosa.“
Alles gut und schön, aber wirklich ins Staunen geraten
Gäste beim Durchqueren der Innenräume – rund 800
Quadratmeter, die Timothee plante, modernisierte und
einrichtete. „Der anspruchsvollste Part war sicherlich,
einen Dialog zwischen der Architektur und dem Interieur
herzustellen. Der erste Eindruck sollte modern und
zeitgemäß sein, aber auf den zweiten Blick wird man
genauso die zeitlosen Formen der Architektur und die
Materialien wahrnehmen.“ Ein Balance-Akt. „Wir haben
uns auf die Suche nach zeitgenössischen Objekten
und modernen Stücken gemacht. Wir wollten eine Brücke
durch die Zeit schlagen, damit sich Architektur und
Einrichtung auf halbem Weg treffen. Außerdem durfte
nichts von den eigentlichen Protagonisten dieses Projektes
ablenken: dem Himmel und der Landschaft.“
So entstanden drei Etagen mit komplett unterschiedlichen
Stimmungen und Funktionen. Da wäre zunächst
der ebenerdig gelegene Wellnessbereich mit angrenzendem
Weinkeller – der Traum eines jeden Bauherrn.
„Er ist völlig anders, als alles andere. Hier unten geht es
um eine sensorische Erfahrung. Die schwarzen Wände
helfen dabei, die Raumwahrnehmung aufzuheben und
in einer Stimmung totaler Entspannung einzutreten.
Kanadisches Zedernholz dient dazu, sowohl den Tastsinn
als auch die Nase zu stimulieren. Das Holz fühlt
sich einfach gut an und sein Duft ist charakteristisch,
während das satinierte Messing das Auge anspricht
und ein Gefühl des Wohlbefindens vermittelt, auch
Timothee Studio entwickelte die komplette Spa-Einrichtung,
über der Bar eine Leuchte von Vibia. Sauna-Technik von Treesse,
der Jacuzzi ist von Spezzoni Saune. Hier im Untergeschoss ließen
die Architekten großformatiges Steinzeug verlegen.
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visuell als Lichtpunkt. Im Weinkeller kommt es als Einfassung
einer alten Holzplatte für den zentralen Tisch
zur Geltung. „Es handelt sich um ein aufgearbeitetes
Mahagoni-Brett, das wir im Lager von Marcello Mori,
dem Schreiner unseres Vertrauens entdeckten“, so
Bonciani. Der Architekt ergänzt: „Ein besonderer Mann,
für uns eine sehr wichtige Figur, ein Mentor, mit dem
wir von Anfang an zusammengearbeitet haben und
der alle Möbel für dieses Projekt herstellte. Rund 90
Prozent im Inneren sind auf Maß gefertigt.“
Ihre Maßanfertigungen sind ganz auf der Höhe der Zeit
und das vor allem, weil sie viel persönlicher wirken als
Produkte aus bestehenden Programmen. Trotzdem atmet
das Interieur den Spirit der Eighties. Für den Autor
dieser Geschichte ein Flashback, für die Italiener alles
andere als das. Bonciani lacht los: „Du hast uns ertappt!
Zeitgemäß war die Wahl des Kunden. Der Eigentümer
des Hauses zieht es vor, anonym zu bleiben.“ Deswegen
gibt es auch keine Außenansichten der Villa. „Sein Briefing
war von Anfang an ganz klar. Der Einsatz von Design-Ikonen
dagegen war unsere Entscheidung. Unsere
Kreativität führt uns immer zu bestimmten historischen
Perioden. Die Elemente, die Zitate und die Farben sind
ganz klar aus den 1980er-Jahren. Wir haben uns für
dieses Jahrzehnt entschieden, weil wir eine Kontrastebene
zwischen dieser minimalistischen Architektur und
einem Design, das Freude macht, schaffen wollten. Und
die 1980er-Jahre sind zweifellos die lustigste Zeit in der
Geschichte des Designs.“
Eine Meinung, die in Italien weit verbreitet ist. Es muss
wohl an meinem Alter liegen, dass ich frühere und spätere
Epochen wesentlich mehr schätze. Bei Timothee
beeindruckt mich die Virtuosität der Komposition an
sich. Die Herangehensweise des Trios? „Farben und
zeitgemäße Materialien abstimmen und auf dieser
Basis Elemente wie historische Möbel und moderne
Kunst, Deko-Objekte und wichtige Stücke aus der Mitte
des Jahrhunderts kombinieren. Unsere Entwürfe
sollen eine Atmosphäre schaffen, an die man sich erin-
Die „Zig-Zag“-Stühle entwarf einst Gerrit Rietveld. Das Florentiner
Architekturbüro, das die kompletten Einbauten konzipierte,
kombinierte dazu einen Tisch auf Maß mit Mahagoni-Top, darüber
eine Leuchte von Artemide. Rechte Seite: Blick auf den Pool mit
einer Veranda nach Vorgaben von Timothee Studio, Ermini Adone.
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GOOD STORY VALDARNO
nert. Dazu mischen wir verschiedene Epochen. Alt und
neu. Vintage und Kontemporäres.“ Ständige Recherchen
sind eine Konstante in der Arbeit. Viele der Möbel
und Accessoires stammen aus dem Antiquitäten- und
Vintage-Handel, andere von Auktionen und Messen.
„Eine gute Einrichtung ist wie ein Sinfonieorchester.
Jedes Objekt hat eine präzise und tragende Rolle, alles
muss perfekt aufeinander abgestimmt sein. Formen,
Farben und Materialien müssen im Kontrast zueinanderstehen,
aber niemals im Widerspruch.“ Hier im
Valdarno ging es darum, eine Einheit von Architektur
und Einrichtung zu entwickeln. Gibt es ein Patentrezept,
damit ein Haus nie altmodisch wirkt? „Wenn die
Bewohner es lieben, wird es nie alt werden. Das ist der
beste Aspekt an unserer Arbeit. Es geht darum, einen
Look für unsere Kunden zu kreieren und zu fertigen, als
handele es sich um einen Maßanzug. Ein schönes Kleidungsstück
aus hochwertigem Stoff, das dazu noch
gut gemacht ist, kommt niemals in die Tage.“ ☐
Das achteckige Waschbecken ist von Antonio Lupi, das Bett in
einem der Schlafzimmer ein Timothee-Entwurf. Leuchte von
Flos. Linke Seite: Die Kamin-Ecke aus Corten-Stahl und Balken
aus einer alten Scheune komplettiert ein Sofa von Edra.
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NOW & THEN
Dank des stilsicheren Gespürs zweier Architektur- und
Interieur-Profis erhielt dieses historische Anwesen in der Nähe
von Lyon eine zeitgenössische Aura.
FOTOS: GUILLAUME GRASSET
TEXT: MARZIA NICOLINI / ANKE GUNGL
„Von Anfang an habe ich immer nach meinem
Instinkt gehandelt und bin meinen persönlichen und
beruflichen Wünschen gefolgt“, steigt Claude Cartier
in unser Gespräch ein. Eine Lebensphilosophie, die
aufgegangen zu sein scheint. Seit über 40 Jahren ist
die französische Innenarchitektin, die sich selbst lieber
als Dekorateurin bezeichnet, eine feste Größe, wenn
es um die Gestaltung aparter Innenräume geht. Mit
ihrem Showroom „Claude Cartier Décoration“ und
ihrem Innenarchitekturbüro „Claude Cartier Studio“
in Lyon lebt sie ihre Leidenschaft für zeitgenössisches
Design aus. „Ich mag Brands mit einer bewusst vielfältigen
stilistischen DNA wie Moroso, Baxter oder
La Chance.“ 2018 eröffnete sie mit der Inside Gallery
einen Ort, an dem sie die Kreationen mutiger und
anspruchsvoller Editeure wie Christophe Delcourt
präsentiert. „Anstatt einen zweiten Showroom zu
eröffnen, habe ich einen Ort geschaffen, an dem ich
mir alle sechs Monate ein neues Pop-up-Szenario mit
einem Möbel- und einem Textilhersteller sowie einem
Gastkünstler ausdenke. Das ist eine Möglichkeit, unsere
Handschrift zu zeigen, indem wir jedes Mal die
Geschichte komplett ändern“, sagt die Interieur-Expertin,
deren Handschrift immer klar ersichtlich ist.
„Jedes Projekt berücksichtigt den Ort, den architektonischen
Kontext, die Persönlichkeit des Kunden und
seine Wünsche. Davon ausgehend erstellen wir ein
Szenario, wählen Materialien, Farben, Möbel usw.
Unser Ziel ist es, den Kunden so weit wie möglich zu
begleiten, ihn aus seiner Komfortzone herauszuholen
und gleichzeitig seine Wünsche zu respektieren.“
Für dieses Projekt, die Neugestaltung einer Villa aus
dem frühen 20. Jahrhundert vor den Toren Lyons,
wandte sich Cartier an den ortsansässigen Architekten
William Wilmotte. Das Eigentümerpaar, das hier
nicht namentlich genannt werden möchte, wünschte
sich einen modernen Twist für sein Zuhause. „Ein wichtiger
Ausgangspunkt war der Park, der noch stärker
mit den Innenräumen der Villa verbunden werden sollte,
um einen fließenden Übergang zwischen innen und
außen zu schaffen. Ebenso der blaue Himmel. Diese
poetische Inspiration hatte starke Auswirkungen auf
die Wahl der Materialien und Farben. Jedes Projekt
ist anders, also ist es natürlich auch das Design, aber
wir gehen gerne von einem Ort, einer Aussicht, einem
Kunstwerk oder natürlich von unseren aktuellen Favoriten
(oder denen der Kunden) aus. Wir spielen auch
Linke Seite: Das „Giro“-Sofa von Vincent van Duysen für Kettal
ergänzt Interior Designerin Claude Cartier links mit zwei „Pacha“-
Sesseln von Gubi. Den „Shade“-Teppich lieferte Nanimarquina.
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mit Farben, um den verschiedenen Lebensräumen Dynamik
zu verleihen“, erklärt die Dekorateurin, und Wilmotte
ergänzt: „Wir entschieden uns, den ursprünglichen
stilistischen Kontext einzubeziehen und das Erbe
des Gebäudes zu respektieren und aufzuwerten. Ein
harmonisches Zusammenspiel zwischen Architektur
und Natur.“
Wilmotte ließ die Fassade neu streichen, um einen
besonderen mineralischen Effekt zu erzielen. Der
Dachstuhl wurde umgebaut, die Treppen aufgewertet.
Maßgefertigte Einrichtung wie die Küche aus
grauem Eichenholz trägt dazu bei, die strukturellen
„WIR SCHAFFEN ZEITLOSE ERLEBNISSE
MIT EINEM TWIST. HIER GEHT
ES UM REINHEIT UND ELEGANZ.“
Konturen des Hauses im Einklang mit dem Alltag der
Eigentümer neu zu definieren. Wilmotte: „Eine echte
Herausforderung, die nur durch die Kooperation mit
unseren außergewöhnlichen Handwerkern wie der Firma
Saga Agencement und dem Landschaftsarchitekten
Michel Müller möglich war.“ Neue, größere Fenster
lassen mehr Licht ins Innere und schaffen einen stär-
Linke Seite: Pool-Time mit dem „Tropique“-Ensemble von Gubi. Diese Seite: Die Küche konzipierte Architekt William Wilmotte auf Maß und
greift damit das Thema „Natur“ wieder auf, das sich durch den gesamten Entwurf zieht. Die Obstschale „Anita“ stammt von Imperfettolab.
Im Wintergarten daneben dominiert der 4,5 Meter lange „Ybu“-Esstisch von Delcourt Collection. Passend dazu: die „Gent“-Stühle von Gubi.
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keren Bezug zur Natur. Die bestehende Innentreppe
im Eingangsbereich wurde mit einem Geländer aus
schwarz gebeiztem Holz erweitert, wodurch ein modernes
und doch klassisches Ambiente entstand. „Bei
diesem Projekt ist der wunderschöne Eingangsbereich
das Herzstück des Hauses. Er öffnet den Zugang zu
allen Räumen im Erdgeschoss ebenso wie zur oberen
Etage. In diesem Raum mussten wir mit dem Bestand
– dem historischen Mosaik und den Zierleisten
– arbeiten, also wählten wir ein leichtes und sanftes
Himmelblau, um optisch Übergänge zu den anderen
Räumen wie etwa dem Wohnzimmer zu schaffen.
Diese Farbkomposition hat eine Stärke und Zartheit,
die die Wünsche der Eigentümer widerspiegelt. Der
«Taglio»-Sessel von Rodolphe Parente und die Hängeleuchte
aus der Kunstgalerie von Armel Soyer fügen
sich wunderbar in die Szenerie“, so Cartier, die gezielt
ausgewählte Designstücke mit einer starken und gewagten
Persönlichkeit platzierte, um in allen Räumen
der Villa einen präzisen ästhetischen Schwerpunkt zu
setzen. „Auch die skulpturale gelbe »Golosa«-Leuchte
von Rodolphe Parente Architecture Design im Entree
ist ein Beispiel dafür. Sie ist in einer limitierten Auflage
aus strukturiertem, lackiertem Holz erschienen. Wir
legen viel Wert darauf, dass sich die einzelnen Räume
ergänzen, eine Symbiose ergeben. Ich mag es, wenn
jeder Raum durch denselben roten Faden gekennzeichnet
ist. Das erleichtert die Lesbarkeit. Viele Kun-
Diese Seite: Blick vom Entree mit originalen Zementmosaikfliesen und Hängeleuchte „Zephyr V“ von Olga Engel ins Wohnzimmer. Auffallend:
der „Asmara“-Teppich von CC-Tapis. Farbtupfer im sonst eher naturgehaltenen Wohnbereich setzen die Coffee Table „Cookie“
und „Peanut“ (Uchronia) vor dem „Pacific“-Sofa, das Patricia Urquiola für Moroso gestaltete. Daneben: Martin Parrs Fotografie „Galway
Races, County Galways, Irland, 1996“. Rechte Seite: Daybed „Five to Nine“ von Tacchini und Hängeleuchte von Giopato & Coombes.
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den sagen über meine Arbeit, dass nichts dem Zufall
überlassen wird. Das ist sicher richtig. Wir denken die
Dinge gerne bis zum Ende, gehen Risiken ein und achten
auf jedes Detail.“
Ihr Faible für einen mutigen Stilmix zeigt sich ebenso
im Wohnzimmer, wo sie die klassische Architektur mit
modernen Elementen wie dem dicken „Asmara“-Teppich
von Faye Toogood für CC-Tapis aufbricht, oder
im Badezimmer mit den Vasen von Pierre Casenove.
„Diese gekonnte Mischung aus Strenge und Fantasie
ist unser Markenzeichen, zusammen mit der Farbe
natürlich. Die künstlerische Dimension ist wesentlich,
um die Geschichte eines Ortes zu vervollständigen“,
unterstreicht Claude Cartier. „Jedes Element trägt zu
dieser Geschichte bei. Und wenn die Kulisse aus gebürsteter
Eiche, Samt, Marmor, Keramik und mundgeblasenem
Glas besteht, dann ist das Ergebnis natürlich
ein Hauch von Luxus.“
Das Gleichgewicht zwischen geradlinigen und geschwungenen
Formen bringt frischen Wind in den
strengen Grundriss und schafft ein sehr persönliches
Wohnambiente. Besonders bemerkbar macht sich
dieser Aspekt auf der großzügigen Veranda, die mit
ihrem offenen Blick auf den Park das gesamte Umgestaltungsprojekt
gut zusammenfasst: Die perfekte
Symbiose aus Architektur und Natur.
□
Linke Seite: Der Handlauf der Treppe wurde überarbeitet. Links davon sorgt die „Muguet“-Stehleuchte von Olga Engel aus Biskuitporzellan
und geschlagenem Eisen für angenehmes Licht, Galerie Armel Soyer. Im Obergeschoss diese Seite befinden sich die Rückzugsräume.
Das Bad mit Vasen von Pierre Casenove und „Reversível“-Sessel von Tacchini zeigt sich ganz sophisticated. Im Schlafzimmer werden die
textilen Hautschmeichler wie das mit Samt von Pierre Frey bezogene Betthaupt zu Protagonisten. Sessel „Julep Island“: Tacchini.
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GOOD STORY SANTIAGO DE QUERÉTARO
COOLE PATINA
Mitten im zentralmexikanischen Santiago de Querétaro beweist
eine Privatbrauerei, dass gehobene Bierkultur, Hotellerie,
Kulinarik und Gemeinschaft mühelos Hand in Hand gehen.
FOTOS: PEPE MOLINA TEXT: ANKE GUNGL
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Hércules ist nicht nur der Name dieser Brauerei,
sondern auch des Viertels in der zentralmexikanischen
Großstadt Santiago de Querétaro. Das
Gebäude entstand Mitte des 16. Jahrhunderts als
Getreidemühle, bevor es 1846 als Textilfabrik
umgenutzt wurde. Seit 2011 wird hier Bier gebraut.
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GOOD STORY SANTIAGO DE QUERÉTARO
Ein Streifzug durch die kopfsteingepflasterten
Straßen von Santiago de Querétaro ist wie eine historische
Reise durch deren koloniale Vergangenheit.
Etwa drei Autostunden von Mexiko-Stadt entfernt,
im zentralmexikanischen Bundesstaat Querétaro,
vermischt sich das Vermächtnis der indigenen Völker
mit den kulturellen Einflüssen der spanischen Eroberer.
Kein Wunder, dass die UNESCO die malerische Altstadt
mit den originalgetreuen Häusern und Kirchen
aus dem 16. bis 19. Jahrhundert, den gepflegten Parks
und den belebten Plazas 1996 zum Weltkulturerbe
erklärte. Wirtschaftlich gesehen profitieren viele der
knapp 1,5 Millionen Einwohner von der boomenden
Automobil-, Luft- und Raumfahrt-Industrie, die den
Standort vor einigen Jahren für sich entdeckt hat.
Nicht zuletzt dank des eigenen Flughafens und des
gut ausgebauten Autobahnnetzes.
„WIR WOLLTEN DIE VERGANGENHEIT
NICHT AUSLÖSCHEN, SONDERN DIE
ZUKUNFT NACHHALTIG GESTALTEN.“
Das Areal, das wir Ihnen hier und heute vorstellen,
blickt auf eine lange Geschichte zurück, die mit der
Gründung einer Mühle durch Diego de Tapia 1592 begann.
Im selben Komplex rief der spanische Industrielle
Cayetano Rubio 1846 die Textilfabrik „El Hércules“ ins
Leben, aus der das gleichnamige Arbeiter-Viertel mit
seiner bis heute tief verwurzelten Identität hervorging.
Das Unternehmen beschäftigte in seiner Blütezeit
rund zehn Prozent der Bevölkerung von Querétaro. Als
die Brüder Luis und Carlos González sich 2011 mit ihrer
Brauerei „Compañía Cervecera Hércules“ in einem
kleinen Teil der alten Fabrik niederließen, war das ursprünglich
florierende Geschäft mit den edlen Textilien
schon nicht mehr rentabel. Sie räumten 2019 endgültig
zu Gunsten des Hopfens das Feld.
Mittlerweile beansprucht die Compañía Cervecera
Hércules den Großteil des mehr als 40.000 Quadratmeter
großen Areals. „Für die Gäste gibt es viel
zu entdecken. In den ehemaligen Lagerräumen, Arbeiterunterkünften
und Produktionshallen befinden
sich Geschäfte, die von handwerklichen Kleinstproduzenten
betrieben werden, sowie die Ateliers lokaler
Kreativstudios wie El Urdido von Patricia Hirschfeld
und mein Architekturbüro González Muchow Arquitectura
(Goma)“, erzählt Carlos Gonzáles. 2023 eröffnete
das „Hércules Hotel“, das er gemeinsam mit
Hirschfeld umgestaltete, und mit dem ein weiterer Teil
des weitläufigen Areals neu bespielt wird. Es umfasst
ein Spa, einen Eventbereich mit Swimmingpool und
Volleyballfeld, zwei Restaurants und ein Gästehaus
mit 40 Zimmern inklusive eigenem Olivenhain, was
zusammen eher an ein toskanisches Weingut erinnert
als an die ehemalige Residenz eines großindustriellen
Mühlenbesitzers aus dem 16. Jahrhundert. Den zentralen
Innenhof dominiert die Marmorstatue des griechischen
Halbgottes Herkules, ein Relikt aus dem 19.
Jahrhundert und Namensgeber, das wie viele weitere
originale Details zum Inventar gehört.
„Wir wollten damit die Wurzeln von »El Hércules« mit
der Zukunft in Einklang bringen. Wir gingen durch die
Räume und stellten fest, dass jedes Zimmers bereits
eine Seele besaß. Wir mussten lediglich die Möbel
finden, die am besten dazu passten“, sagt Hirschfeld,
die als Fotografin arbeitet und mit diesem Hotel ihr
erstes Interior-Projekt realisierte. „Wir nahmen Kontakt
zu Antiquitätenhändlern und Restauratoren auf
und stießen schnell auf die richtigen Möbel. Es schien,
als hätten diese selbst entschieden, wo sie stehen
sollten“, schließt sie. So finden sich in den Gästezimmern
Design-Schätze aus den 1930er-Jahren bis in
die Midcentury-Moderne. Darunter Stücke des amerikanischen
Architekten Michael van Beuren, der 1937
nach Mexiko immigrierte und dort bald darauf sein
Möbelunternehmen Domus gründete. Kennern dürfte
ebenfalls die unverkennbare Handschrift des mexikanischen
Modernisten Eugenio Escudero und des italienischen
Architekten und Designers Gio Ponti ins Auge
fallen, die einen Hauch von Glamour verströmen.
„Die größte Herausforderung bestand darin, eine ruhige
Oase in einem städtischen Gebiet zu schaffen,
ohne ihr zu viel von unserem Design aufzudrängen.
Wir haben die jahrhundertealten Steinmauern und
Wände bewusst kahl belassen, teilweise mit der abgeplatzten
Farbe. Wir wollten, dass man sich das
Leben während des goldenen Zeitalters der industriellen
Revolution in Mexiko vorstellen kann“, ergänzt
Gonzáles. Die Wände sind in blassen Pastelltönen gehalten,
kräftige Farben werden sparsam eingesetzt.
Viele Bereiche wirken bewusst unfertig und verleihen
dem Haus eine würdevolle Ausstrahlung. „Wenn man
in einem der Zimmer sitzt, hat man das Gefühl, dass
die Stadt da draußen gar nicht existiert.“
⇨
Rechte Seite & 124/125: Der Pool-Bereich ist vom goldenen Zeitalter
der Bucht von Acapulco inspiriert. Was einst als Produktionsstätte
diente, ist heute eine Oase des Wohlbefindens. Hier finden ebenfalls
regelmäßig Konzerte von Kultbands und andere Events statt.
128
GOOD STORY XXXXXXXX
129
GOOD STORY SANTIAGO DE QUERÉTARO
Ganz oben: Das 2023 eröffnete „Hércules Hotel“ vereint kolonialen Charme mit der Midcentury-Moderne. Es entstand aufgrund der
hohen Nachfrage der Brauereibesucher, die von weit außerhalb kamen und nach einer passenden Unterkunft suchten. Darunter: Im
Arbeiterviertel Hércules in Santiago de Querétaro gelegen, ist die Brauerei „Compañía Cervecera Hércules“ nicht nur ein Ort, an dem
Bier gebraut wird, sondern auch eine lebendige Chronik des historischen Erbes und der (lokalen) Gemeinschaft. Braumeister Josh
Brengle im Bild stammt ursprünglich aus den USA und zog 2016 nach Mexiko. Rechte Seite: Das Innendesign des Hotels gleicht einer
sorgfältig konzipierten Kulisse. Die klassischen Holzmöbel aus den Fifties im Hauptrestaurant fügen sich ganz natürlich in die industriell
anmutende Szenerie aus Ziegelsteindecken, freiliegenden Stahlträgern und kahlen Wänden mit Patina ein.
130
GOOD STORY XXXXXXXX
131
GOOD STORY SANTIAGO DE QUERÉTARO
132
133
GOOD STORY SANTIAGO DE QUERÉTARO
„WIR FÜHLTEN UNS DAFÜR VERANT-
WORTLICH, DEM BESTEHENDEN
GEBÄUDE EINE ZWEITE CHANCE ZU
GEBEN UND NEUES ZU INTEGRIEREN.“
Hirschfeld und Gonzáles war es wichtig, neue Elemente
harmonisch und subtil in den Bestand zu integrieren.
Anstatt die industrielle Vergangenheit des Geländes
zu eliminieren, nutzt der Entwurf für das Hotel
Hércules die ästhetischen und letztlich nachhaltigen
Vorteile, die sich aus der historischen Substanz und
Infrastruktur des bestehenden Standorts ergeben.
„Bauen im Bestand ermöglicht nicht nur ein einzigartiges
Design, das tief mit dem Ort verwurzelt ist,
sondern zeigt auch, dass neu nicht immer gleichbedeutend
mit gut ist. Wir wollten die Geschichte des
Gebäudes hervorheben und dem Raum dennoch eine
neue Nutzung zuordnen.“
So fand etwa die ehemalige Kardierhalle ihre neue
Bestimmung im Open-Air-Bereich „Buenavista“, wo
sich am Pool und auf der Terrasse leckere Snacks und
Bier in entspannter Atmosphäre genießen lassen. Das
Spa hingegen fand seinen Platz zwischen schweren
Maschinen, die an die mehr als 200 Jahre andauernde
Verarbeitung von Garnen, Fasern und Co. erinnern
(rechte Seite). Ana Holschneider, die Ehefrau des
Brauerei-Mitbegründers Luis Gonzáles, führt dieses
Erbe mit ihrem Textilbrand Caralarga fort, dessen Atelier
sich ebenfalls auf dem Gelände befindet. Zu ihrem
Portfolio zählen Schmuck, Bekleidung, Accessoires und
Einrichtungsgegenstände, die sie aus Fabrikabfällen
herstellt. Letztere schmücken unter anderem die
Räumlichkeiten des Hotels.
Das Herzstück des Areals ist und bleibt die Brauerei
mit dem weitläufigen Biergarten. Die Compañía Cervecera
Hércules ist eine unabhängige Privatbrauerei,
die sich nichts Geringeres auf die Fahnen geschrieben
hat, als die besten Biere des Landes zu brauen. So
ließen es sich die Gebrüder Gonzáles nicht nehmen,
mit Josh Brengle einen echten Brau-Profi an Land
zu ziehen. Seit 2016 ist der aus Florida stammende
Amerikaner an Bord. „Wir stellen pro Jahr zwischen
70 und 80 Sorten her und lassen uns von der lokalen
Landwirtschaft und unseren kulinarischen Einflüssen
hier in Mexiko inspirieren“, erzählt der Braumeister. So
entstehen neben den traditionellen Lagerbieren britische
Session Ales, Real Ales und mehrere Biere mit
spontaner Gärung, darunter ein mexikanisches Porter
mit schwarzem Mais und ein Hibiskusbier. „Wir versuchen
aber generell, uns am klassischen Biergeschmack
zu orientieren“, sagt Brengle lachend. „Wir brauen eine
Menge traditioneller europäischer Biersorten wie Lagerbiere,
Pale Ales und Saisons.“
Die Bierkultur in Mexiko reicht zurück bis ins Jahr 1845,
als der Schweizer Bernhard Bolgard und der aus Bayern
stammende Friedrich Herzog in Mexiko-Stadt
unabhängig voneinander mit dem Brauen begannen.
Heute zählt Mexiko zu den größten Bierproduzenten
weltweit. Vor allem Craft-Bier wird immer beliebter,
und unabhängige Brauereien gibt es in vielen Teilen
des Landes, allerdings sehr regional geprägt. „Die
Bierkultur in Monterrey ist beispielsweise ganz anders
als etwa in Chiapas. In unserem Teil des Landes öffnen
sich die Menschen mehr und mehr für neue Stile. Wir
planen, unser Portfolio in den kommenden Jahren auf
35 Biere zu minimieren, dafür qualitativ noch hochwertiger
zu werden“, stellt Brengle klar, für den natürliche
Zutaten und Rohstoffe sowie handwerkliche
Braukunst im Vordergrund stehen. „Wir orientieren
uns so nah wie möglich an Authentizität und Ursprung
eines jeden Stils. Selbst wenn wir Neues ausprobieren,
achten wir darauf, dass die Basis erkennbar bleibt.“
Zu einem zünftigen Bier gehören natürlich auch kulinarische
Leckerbissen, die in den beiden Restaurants
des Hotels und im Biergarten serviert werden. Das
Konzept aus Alt und Neu macht selbst vor der Kulinarik
keinen Halt. „Wie bei unseren Bieren legen wir
genauso bei unseren Speisen Wert auf mexikanische
Küche nach traditionellen Rezepten ebenso wie auf
neu interpretierte Klassiker, die sich hervorragend mit
unserem Bier kombinieren lassen“, erklärt Gonzáles.
Im hoteleigenen Biergarten, unter Bäumen und Sonnensegeln,
kommen bis zu 700 Gäste in den Genuß
von mexikanisch und deutsch inspirierten Gerichten,
serviert in einer einzigartigen Atmosphäre. Die
Fläche unter freiem Himmel wird regelmäßig für
Open-Air-Filmvorführungen und andere große Events
genutzt, darunter ein gemeinsames Essen für ehemalige
Textilfabrikarbeiter und ihre Familien, die das Hotel
vor der Eröffnung besichtigen konnten. „Wir veranstalten
wöchentlich Konzerte mit mexikanischen und
internationalen Nischenbands und DJs, die wie wir
Vinyl-Schallplatten und Retro lieben.“
□
Rechte Seite: Wo einst Garne gesponnen und zu Textilien verarbeitet
wurden, stehen heute Relax-Liegen für die Spa-Besucher
bereit. Im Hydrotherapie-Bereich vorherige Doppelseite laden
Pool, Dampfbad und Sauna zum Entspannen ein.
134
GOOD STORY XXXXXXXX
135
GOOD STORY SANTIAGO DE QUERÉTARO
136
Die Sanierung von Hércules lag in der Hand von Gonzalez Muchow
Arquitectura (GOMA), die Umgestaltung und Einrichtung der
40 Hotelzimmer übernahm El Urdido. Kein Raum gleicht dem
anderen, bis auf den Retro-Charme, der an das „Goldene Zeitalter“
erinnert. Relikte dieser Ära wie Telefone mit Wahlscheibe oder
Radios aus den Fifties kombiniert der ortsansässige Innenarchitekt
mit handgefertigten Designstücken von Caralarga. Die Textilmanufaktur,
die sich ebenfalls auf dem Hércules-Gelände befindet, führt
das historische Erbe der ehemaligen Textilfabrik fort.
137
GOOD TIMES RESTAURANT
GOOD TIMES
Ob Happy Hour fürs Auge in der römischen Metropole oder
Fine Dining in Athen – die Speisen im „Sense“ sind jede Sünde wert –
der Sommer wird so umwerfend, wie die Sixties auf Capri.
EIN NEUER HOTSPOT IN ROM ist das
Concept-Restaurant „Appuntamento“
Ins Deutsche übersetzt bedeutet der Name „Verabredung“.
Das Konzept von Giorgia Dennerlein, Frontfrau
von Loto AD Projekt, nähert sich der römischen Gastro-
Szene mit ihrer klaren Idee: „Es soll ein Treffpunkt für
formelle und informelle Anlässe sein“, so die Architektin
(siehe auch Seite 132), „geschaffen für ein anspruchsvolles
Publikum, das Eklektizismus mag.“ Gelegen im
Jugendstil-Viertel Prati, hat man dabei eher das Gefühl,
in London oder Paris als in Rom zu sein. In der unmittelbaren
Umgebung befinden sich vor allem Büros
und Privatwohnungen. „Ich hatte das Bedürfnis, einen
Ort innerhalb eines Ortes zu entwickeln, inspiriert von
den Reisen und Vorlieben der Betreiberin Iole Pizzi.“
Farben, Dekore und stilistische Zitate verdichten sich
Dennerlein zufolge zu einer Art Schatzkiste, deren
kosmopolitisches Innenleben alle anspricht, die das Lokal
betreten. „Vintage-Elemente, Art déco, Exotik und
138
Pariser Look vermischen sich mit orientalischen und
nordalpinen Akzenten. So entsteht eine bezaubernde
Harmonie.“ Das Appuntamento ist ein Restaurant und
gleichzeitig ein Garten, ein Bistro und eine Lounge. „Ein
Atelier der Wunder.“
Amarantrot, Grün und Pastellrosa schaffen eine feminine
Atmosphäre, durch die eine zeitgemäße Frische
strömt – getragen von Details wie den bequemen Gubi-Sofas
und Bonacina-Sesseln. Perfekt dazu ist der
„Teppich“ aus Majolikafliesen ausgewählt, eingerahmt
von einem römischen „Seminato“-Boden, beides von
Fioranese. Große Flügelfenster schaffen eine Verbindung
in den Außenraum. „Ein Wintergarten, in dem
die Gäste die römischen Temperaturen und das natürliche
Licht, das von überallher ins Innere fällt, genießen
können.“ Innen tauchen die Messingleuchten
„Plié“ von Il Fanale und Modelle aus Glas von Flos den
Raum in sanftes Licht, das die vergoldeten Deckenkompartimente
reflektieren. Ein gewagter Kontrast zu den
majestätischen Vögeln und exotischen Blumen auf einem
Hintergrund aus Blattsilber (rechts).
|sd
139
MOUSSAKA WAR GESTERN Ein Chef
stellt die griechische Küche auf den Kopf
Die Szenerie könnte nicht geschichtsträchtiger sein.
Von der Dachterrasse des luxuriösen Design-Hotels
AthensWas öffnet sich der Blick auf die Akropolis, in
dessen Genuss die Gäste des „Sense“ kommen. Das
Fine-Dining-Restaurant kombiniert diese spektakuläre
Aussicht mit modernen, griechisch inspirierten Gerichten.
„Jeder Koch auf der Welt würde Ihnen sagen,
dass dieser Anblick als Kulisse schwer zu überbieten
ist“, sagt Küchenchef Alexandros Charalabopoulos. Er
ist bekannt für seine köstlichen und innovativen Gerichte,
die von Kindheitserinnerungen und den Qualitätsprodukten
Griechenlands inspiriert sind. „Wir verwenden
ausschließlich biologische Produkte aus der
Region. Nicht, weil es gerade einem Trend entspricht,
lokal und saisonal zu denken, sondern weil es für die
Gerichte und die starken Aromen unabdingbar ist“,
berichtet Charalabopoulos, der sein Handwerk seit
mehr als 15 Jahren ausübt. Das Ambiente ist elegant
und unaufdringlich, die mit einem Michelin-Teller empfohlene
Küche dagegen sehr inspiriert. Die Degusta-
140
GOOD TIMES RESTAURANT
tionsmenüs und weitere Köstlichkeiten wie pochierter
Zackenbarsch mit Seeigel-Zitronen-Sauce oder Spanferkel
mit Artischocken und Wildkräutern sollen verführen
und alle Sinne ansprechen. „Es geht auch um
Geschichte, Erinnerungen und das Gefühl von Heimat
und Gastfreundschaft. Deshalb servieren wir zu all
unseren Menüs frisches, hausgemachtes Sauerteigbrot
mit nativem Olivenöl, das wir selbst herstellen.“
Vom frühen Abend bis in die späte Nacht verwöhnen
die erfahrenen Mixologen zudem mit ausgefallenen
sowie klassischen Cocktails.
|ag
141
GOOD TIMES HOTEL
BIG BUBBLES, entdeckt auf Capri:
die Art Suite des „Punta Tragara “
Einfach ganz großes Kino, wie die Architektin Giorgia
Dennerlein die Art Suite, Teil des des Luxushotels „Punta
Tragara“, inszeniert. „Durch die Rundbogen scheint
das Meer vor Capri in die Suite einzudringen und Wände
wie Möbel mit seiner eigenen Farbe und Bewegung zu
formen.“ Der Onyxboden erhielt Intarsien aus blauem
Achat. Die Wände ziert eine Bouclé-Reliefpapier-Ta-
pete von Arte. Dazu „Bubble Chairs“ von Eero Aarnio
aus den Sixties. Alles perfekt aufeinander abgestimmt.
Ein weiteres Highlight ist die blaue Wanne von Antonio
Lupi: „Ein Boot in der Schwebe zwischen drinnen und
draußen“, so Dennerlein, die auch die Dachterrasse darüber
gestaltete. Dort empfangen Möbel von Dedon,
Baxter und Vondom Gäste zum Sundowner – auf Majolikafliesen
der Kollektion „Blu Ponti“ von Francesco de
Maio ... James-Bond-Lookalike, liebe Giorgia. |sd
142
Einfach machen.
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• Dass die Zeiten verwirrend sind, muss ich vermutlich
nicht betonen. Aber ich will erzählen, wie
sich diese Verwirrung auf unseren Schwerpunkt
ausgewirkt hat. Die schlechte Stimmung und die
multiplen Krisen haben auch uns aufs Gemüt
geschlagen, und wir haben überlegt, was man dagegensetzen
kann. Unsere Antwort: Engagement.
Und zwar dort, wohin wir vor lauter Homeoffice
und Videokonferenzen kaum noch kommen: vor
der Tür. Dort warten nicht nur echte Menschen,
sondern auch gute Gelegenheiten. Und beides
hilft gegen das Gefühl, ohnmächtig und ausgeliefert
zu sein.
Nur den übergeordneten Begriff haben wir
nicht gleich gefunden und den Schwerpunkt
deshalb „Nähe“ genannt – eine Entscheidung mit
Folgen. Nähe, so stellten wir fest, ist ein Begriff,
der Assoziationen auslöst. Und weil wir gern
hin- und herdenken, waren wir schnell beim
Thema Einsamkeit, bei der Frage, was sie in der
Single-Nation Japan oder im (vermeintlich) familienorientierten
Griechenland bewirkt. Oder bei
Menschen, die sich Nähe wünschen, sie aber nur
schwer finden, weil sie nicht hier geboren sind.
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GOODLIFE BEZUGSQUELLEN
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B Bajao www.bajao-sup.com, Bangle-up bangle-up.com, Blockbau www.blockbau-design.de, Bowlus bowlus.com, Bruder
bruderx.com, By Benson www.bybenson.com, Byredo www.byredo.com C Carl Hansen www.carlhansen.com, CC-Tapis
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D Dedar www.dedar.it, Duravit www.duravit.de E Eco Operations / Hydrophil www.group.eco, Effegibi www.effe.it,
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G Giopato & Coombes www.giopatocoombes.com, Gro Spiseri www.grospiseri.dk, Gubi www.gubi.dk H Hamilton
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Hotel Hércules www.hotelhercules.com, Hymer www.hymer.com I Iittala www.iittala.com, Il Monastero / Castello Aragonese
www.ilmonasteroischia.com, Imperfettolab www.imperfettolab.com, Ina Cierniak www.inacierniak.de K Kat_A / Kunst am Turm
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Mismo www.mismo.dk, Mister Spex www.misterspex.de, Monokel Eyewear monokel-eyewear.com, Moroso www.moroso.it N
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V Vestre www.vestre.com, Vola de.vola.com
OUTDOOR INSPIRATIONEN
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O Opinion Ciatti www.opinionciatti.com P Pinto www.pintoparis.com, Platek www.platek.eu, Potocco www.potocco.it
R Refin www.refin-fliesen.de, Royal Botania www.royalbotania.com S Scab www.scabdesign.com, Space Copenhagen
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Sollten Sie noch auf der Suche nach einer speziellen Adresse für eines der vorgestellten Produkte sein, schreiben Sie
uns einfach eine E-Mail an info@wohndesign.de. Weitere Infos zu Ihren Ansprechpartnern finden Sie im Internet unter
www.wohndesign.de.
Unsere Buchempfehlung von Seite 12:
„The Gourmand‘s Lemon. A Collection of Stories and Recipes“
erschienen bei Taschen.
144
SIMPLY GOOD SULA
Nadja Stäubli ist die Frau hinter dem Schweizer
Textilunternehmen Sula mit dem Hang zu Muster und
Knallfarbe. Rechts die aktuelle Outdoor-Kollektion,
darunter Teppich „Goa“ und Handtuch „Madness“.
BUNTE AUSSICHTEN
Wenn Nadja Stäubli an die Sommer ihrer Kindheit zurückdenkt, erinnert sie sich gerne
an „das Zirpen der Grillen in der flirrenden Hitze, ein Rasenmäher-Geräusch irgendwo
in der Ferne und den Duft von Barbecue.“ Heute verbringt die Designerin und Gründerin
des Labels Sula die heißen Tage am liebsten entspannt am See oder mit ihren Kids im
Park. Immer im Gepäck: ihre selbstkreierten Outdoor-Textilien. „Meine Lieblingsstücke
wechseln ständig. Momentan nutze ich am liebsten unser Hammam-Handtuch »Hydra».
Im Frühjahr werde ich wieder den Outdoor-Teppich »Goa« auspacken, für gemütliche
Stunden im Freien“, erzählt Stäubli, die Kunst und Fotografie studierte und daraus viel
Inspiration für ihre Kollektionen zieht. „Wie auch in der Mode und der Musik lege ich mich
nicht auf einen Stil fest. Ich mag die Abwechslung. Generell kreiere ich kontrastreiche,
starke Dessins, die sich zeitlos mit allen Designrichtungen und Einrichtungsstilen kombinieren
lassen. In unseren Produktentwürfen werden Qualität, Funktion und Design gleichermaßen
vereint. Wir vermischen dabei zeitgenössische Kultur mit historischem Handwerk.“
Mit Studio Sula Services möchte Stäubli verstärkt im Projekt- und B2B-Geschäft
mitmischen. „Unsere Teppichkollektionen sind so einzigartig und hochwertig gewebt,
dass sie sich perfekt für öffentliche Räume eignen.“
|ag
Die nächste Ausgabe von GOODLIFE mit dem Thema „Global – Local“ erscheint am 31. Mai 2024.
146
Das gute Licht.
bega.com /zuhause
DOSSIER XXXXXXXXX
OUTDOOR
INSPIRATION
kuratiert
von
GOODLIFE
2024
1
DOSSIER OUTDOOR INSPIRATIONEN
2
SOMMER
SZENARIEN
Es liegt was in der Luft. Diese Saison wird
anders. Erwachsener. Realistischer. Unsere
Looks stammen mitten aus dem Leben.
4 I COOL AM POOL Ein Exkurs über Fliesen, Licht,
Teppiche, Stein und ein Relax-Szenario
8 I TRENDS Neue Farben, Muster, Mini-Küche und
ein Maxi-Turngerät, um nur einiges zu nennen
16 I OUTDOOR FABRICS Ganz schön bunt hier, was?
Anderseits wieder sehr naturverbunden
20 I LOOKS Kennen Sie schon Haus Otto? Und dann
wären da noch das Gartenfest und die Holzbank
28 I LEUCHTEN Lampe mit Textilschirm, kabellose
Modelle und skulpturale Formen sind die Themen
32 I DESIGN Noch mehr Neuheiten und Bewährtes.
Glamour, Pflanztöpfe und bequeme Produkte
Links: Von der Natur inspiriert. Der Boden dieser Villa besteht
aus Feinsteinzeug. Die Struktur von „Orobica“ interpretiert das
Gestein, das in der Ortschaft Gré an den Berghängen des Monte
Clemo, am Ufer des Iseo-Sees abgebaut wird. refin-fliesen.de
3
DOSSIER OUTDOOR INSPIRATIONEN
1
COOL AM POOL Na spring schon! 1 I „Eden“ heißt eine Kollektion aus Keramik-Mosaik-Fliesen, die es in 18
verschiedenen Farben gibt. Ihr Muster ist voll retro, die Herstellungstechnik ganz auf der Höhe der Zeit. Das Material
wird trocken gepresst. Die hohe Brenntemperatur schafft außergewöhnliche Eigenschaften. Appiani/Bardelli Group.
2 I Teppiche sind das perfekte dekorative Element, um Ihren Garten aufzuwerten. Die von Deanna Comellini für G.T.
DESIGN entworfenen Teppiche sind aus Hochleistungsgarnen gefertigt und verbinden Funktionalität und Ästhetik.
3 I So sieht Summer Feeling in Belgien aus. Zu den Sofas „Kobo“ gesellen sich die Poufs „Touch“, Manutti. manutti.com
4
2
3
5
DOSSIER OUTDOOR INSPIRATIONEN
4 I Schwimmbäder sind der perfekte Ort, um Sonnenaufgänge oder -untergänge zu bewundern.
Die italienische Linea Light Group hat besondere Beleuchtungslösungen, um Stimmungen zu
zaubern. Wenn‘s dunkel wird: etwa der LED-Lightstrip „Rubber 3D Protection“, der im Randbereich
eines Pools installiert werden kann. linealight.com 5 I Eine Natursteinwand wirkt Wunder.
Bei Antolini stehen dafür über 1.300 Natursteine zur Verfügung. Besondere Effekte lassen sich
mit einer integrierten Beleuchtung erzielen. Dabei geht es weniger um ultimativen Luxus als um
die Schönheit natürlicher und authentischer Materialien. antolini.com
4
6
DOSSIER XXXXXXXXX
5
7
DOSSIER OUTDOOR INSPIRATION
© Andrea Ferrari
Ein Seilgeflechtsessel ist die Neuheit von Stephan Veit für Potoccos Kollektion „Cut“. „Diese Kollektion zeichnet sich
durch ihren eleganten Minimalismus aus und bestand zunächst aus einer Bergère-Lounge mit einem passenden Hocker“,
so der Designer. „Eine vollständig gepolsterte Version in Leder oder Stoff wurde für den Innenbereich konzipiert und später
das gleiche Design zu einem handgewebten Muster vereinfacht, das für den Außenbereich geeignet ist.“ potocco.it
8
„Wabi Sabi“ heißt die neue Stoffkollektion von Amy Williams
für die amerikanische Textilfirma Perennials. Sie
folgt der Idee, dass Objekte durch tägliche Abnutzung im
Leben an Charakter gewinnen. Die Kanadierin und Chefdesignerin
ist erklärter Japan-Fan. „Mein Mann ist öfter
in Japan und ich habe ihn begleitet. Ich liebe das Handwerk
dort und die Traditionen. Die Art und Weise ein Geschenk
einzuwickeln, doch genauso das Thema Zeit. Sich
Zeit nehmen, um herunterzukommen. Beispielsweise für
ein Bad. Die Liebe und den Respekt vor der Natur und
den Dingen. Einige dieser Qualitäten sind in die Kollektion
eingeflossen.“ Die Stoffe tragen Namen wie „Arigato“
(Foto oben links) – eine neue Jacquard-Qualität, die von
der traditionellen japanischen „Shashiko“, eine besondere
Handarbeits- und Reparaturtechnik, inspiriert ist und
verblüffende Ähnlichkeit mit Handstickereien aufweist.
Oder „Kikko“, ein mehrfarbiges, kleinformatiges Muster
mit achteckigen Formen, ein bekanntes japanisches
Glückssymbol. „Es ist wichtig, eine gute
Geschichte hinter den Produkten zu haben“, so
Williams, deren Charme sofort jeder erliegt.
Der Designerin zufolge interessieren sich die
Fans ihrer Textilien, die auf den Möbeln der Partnermarke
Sutherland zu finden sind, für Stücke
mit Story. Das gilt ebenfalls für die passenden
Teppiche. „Sie lieben es, Besuch zu empfangen
und dann vielleicht über das Design oder die
Farben zu sprechen.“ Die Palette ist eher gedeckt
und auf keinen Fall laut. Wir sehen viel
Nude-Colors, dazu verwaschene Himbeer-Töne,
Safran und Maulbeerblau. Neben Japan ist
Mode eine Inspirationsquelle. „Ich mag das alte
Chanel. Die Bouclés. Aber auch Sheila Hicks
und Yayoi Kusama.“ perennialsfabrics.com
9
DOSSIER OUTDOOR INSPIRATIONEN
Was haben eine Outdoor-Küche und eine Retro-Muckibude gemein? Sie tragen die Handschrift
von Ethimo, dessen authentische Design-Objekte das Leben im Freien ein Stückchen schöner machen.
Mit „Phil“ (oben links) stellt das italienische Familienunternehmen in diesem Jahr erstmals
eine kompakte Küche für Balkon und Terrasse vor. Drei Module entstanden gemeinsam mit dem
in Mailand ansässigen Designer Gordon Guillaumier. Ihr zylindrisches Erscheinungsbild ist gewohnt
zeitlos, die Einbauten wie Spüle, Induktionskochfeld und Grill sehr ausgeklügelt. Damit die (mediterranen)
Köstlichkeiten nicht direkt auf die Hüften schlagen, liefert Ethimo das Freiluft-Gym „Out-
Fit“ (oben rechts) auf Wunsch direkt mit. Ausgestattet ist es mit Boxsack und klassischer Bank aus
Leder, Gymnastikringen aus Holz sowie Gummiband und Matte.
ethimo.com
10
DOSSIER XXXXXXXXX
Outdoor-Lösungen „Made in Italy“ Ein cleverer Mix aus technischen Details sowie flexiblen,
funktionalen und fröhlichen Einrichtungsaccessoires: Willkommen im Kosmos von
S-Cab. Das lässige Sitzmöbel „Dress Code“ hat es uns angetan: Es verknüpft ästhetische
Elemente aus der Haute Couture mit traditionellem italienischem Handwerk. Zum Gestell
aus Metall mit farblich abgestimmter Armlehne aus FSC-zertifiziertem Iroko-Holz
kombiniert S-Cab unterschiedlich texturierte Fashion-Stoffe.
scabdesign.com
11
DOSSIER OUTDOOR INSPIRATIONEN
Wo Licht ist, ist auch Schatten Das interdisziplinär arbeitende Design-Studio Space Copenhagen liebt das Spiel mit
Gegensätzen: Seine Entwürfe sind mal klassisch-modern, mal skulptural-minimal. Mit der „Thorvald“-Kollektion für das
dänische Brand &Tradition interpretieren sie die Wechselwirkung von Licht und Schatten neu. Stuhl und Bistrotisch sind
eine Hommage an Bertel Thorvaldsen, Dänemarks angesehensten neoklassizistischen Bildhauer. andtradition.com
12
© Nils Körner
© Peter Oliver Wolff
Endlich mal so richtig abhängen Für die beiden
Produkt-Designerinnen Lisa Ertel und
Anne-Sophie Oberkrome alias Studio Œ aus
Berlin gibt es im Sommer nichts Schöneres,
als „morgens auf dem Weg zum Studio einen
Abstecher ins Freibad zu machen, für ein paar
Bahnen und einen Pott Kaffee. Im Park nebenan
Boule zu spielen, bis es stockdunkel ist – und
laue Nächte vor Neuköllns Spätis.“ Ihre Hängematte
aus der „Silo“-Collection entstand aus
dem Designprojekt „Farm“ nach einem mehrtägigen
Aufenthalt auf einem Ökohof am Bodensee.
Sie ist mit Spelzen gefüllt, den Schalen
von Getreidekörnern.
studio-oe.com
13
DOSSIER OUTDOOR INSPIRATIONEN
© Louise Carrasco
Sneaker-Fans aufgepasst, hier kommt euer Stauraum-Traum. „Piapolo“ ist ein raffiniertes Möbel mit vielen Funktionen:
Hocker, Beistelltisch und Container, in den so einiges hineinpasst. Vielleicht keine Schuhe in Größe 46, aber viele Utensilien.
Es sieht auf der Terrasse und auf dem Balkon genauso gut aus wie neben dem Bett oder der Couch. Tristan Lohner,
der schon die Leuchten „Balad“ und „Aplò“ entwarf, tüftelte vier Jahre an der Form, bevor sie bei Fermob in Produktion
ging. „Dieses Möbel ist ein wahres Chamäleon und findet überall seinen Platz.“ Der Entwurf übernimmt die Codes
der französischen Lifestyle-Marke: Heiterkeit, Funktionalität, mega Farben, und das alles ist bezahlbar. fermob.com
14
Inspiriert von Le Corbusiers Cabanon fängt diese Heimsauna den Spirit der urspünglichen Wellness-Tradition aus Finnland
ein. Dafür arbeitete Rodolfo Dordoni (links im Foto) mit Michele Angelini für Effe zusammen. 1987 als Effegibi gegründet,
avancierte die italienische Marke sehr schnell zum führenden Hersteller für finnische Schwitzbuden und machte es sich zur
Aufgabe, schöne Saunaprodukte für den häuslichen Bereich zu gestalten, einem Möbelstück vergleichbar. Im Rahmen ihrer
internationalen Firmenexpansion entstand 2019 der Name Effe. Die Außenwände der „Cabanon“-Heimsauna sind aus
Aluminium und in drei Farben (Moos, Ziegel, Beton) erhältlich. Ein Fenster verbindet Innen- und Außenraum. effe.it
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OUTDOOR FABRICS Was wäre der Sommer ohne die passenden Hautschmeichler? Halb so bunt, stimulierend,
verführerisch ... Neueste Technologien machen die textilen Accessoires nicht nur zu ästhetischen, sondern
auch zu verlässlichen Begleitern. 1 I Gehen wie auf Wolken? Apelt liefert dafür gleich ein ganzes Kissen-Sortiment mit
unterschiedlichen Motiven – schadstoffgeprüft nach Ökotex Standard 100 und Made in Germany. Dank des hochwertigen
Digitaldrucks bleiben die Farben dauerhaft brillant. 2 I Das Schweizer Familienunternehmen Création Baumann
mischt seit 130 Jahren in der Textilbranche mit und gilt sogar als Pionier auf diesem Gebiet. Die halbtransparenten
„Outdoor Portland“-Stoffe aus Melange-Garnen sind wasser-, schmutz- und schimmelabweisend und in 13 Farben erhältlich.
Was will man mehr?! 3 I Das französische Luxushaus Élitis entführt uns in diesem Jahr nach Los Angeles und
widmet seine Kreationen den schönsten Stadtteilen der kalifornischen Metropole. Der Baumwoll-Jute-Mix „Venice
Beach“ in Jacquard-Design mit Patchwork-Effekt besticht durch eine trendige und kräftige Farbpalette.
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4 I Der „Re-Rug“-Teppich ist das Produkt einer Initiative von Nanimarquina, um Abfall und CO2-Emissionen
zu reduzieren. Das spanische Label sammelt die Wollreste seiner Lieferanten und verarbeitet
sie zu neuen Garnen. In jedem Re-Rug steckt ein Kilogramm wiederaufbereitete Wolle pro Quadratmeter.
5 I Das norwegische Designunternehmen Heymat weiß, welchen Widrigkeiten Fußmatten
standhalten müssen. Das hochwertige Sortiment besteht seit 2020 zu 100 Prozent aus recyceltem
PET. 6 I Die Kollektion „Nomadic Journeys; Weaving together the Past and Future“ erzählt „Geschichten
von Freiheit und Reisen an entlegene Orte. Dieser Entdeckungsdrang verbindet bis heute
alle Generationen der Familie Fischbacher“, sagt Creative Director Camilla Fischbacher.
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Outdoor-Ikone neu aufgelegt Nach der erfolgreichen Einführung der Sitzmöbel-Kollektion „Ria“ vor einigen Jahren legt
die italienische Möbelschmiede Fast nun die gepolsterte Variante „Ria Soft“ nach. Dank einer Vielzahl an Materialien,
Farben und Stoffvarianten machen die Sofas, Sessel und das Daybed drinnen und draußen eine gute Figur. fastspa.com
Kulinarik für die Augen Französische Backware mal anders liefert Kenneth Cobonpue mit seinem Outdoor-Sofa
„Croissant“ (im Bild in der Farbe „Whitewash“). Das Stahlgestell mit einem Geflecht aus natürlichen Abaca-Fasern
ist besonders widerstandsfähig gegenüber Hitze, Regen, UV-Strahlung und Kälte.
kennethcobonpue.com
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© Julia Sang Nguyen © Nils Körner
Spielerische Interpretation „Im Sommer fahren
wir am liebsten mit Freunden raus in die Natur.
Diesen Sommer planen wir ein spannendes Projekt
in Aschau, Bayern. In der Natur, zwischen
Bergen und Wiesen werden wir zusammen mit
anderen Künstlern, Künstlerinnen und Möbel-Labels
ein neues Ausstellungsformat entwickeln,
Datum folgt“, erzählen uns die Industriedesigner
Nils Körner und Patrick Henry Nagel von Haus
Otto. Als Teil des Designprojekts „Farm“ (siehe
auch Seite 13) ist ihr „Traktor“-Chair von der
Typologie des gleichnamigen Gefährts und der
Funktionalität von Shaker-Möbeln aus den späten
1800er-Jahren inspiriert. hausotto.com
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Eine Sitzschale wie gewachsen, obwohl sie aus recyceltem Polypropylen besteht. Im Kunststoff des
Lounge-Sessels „Adell“ zeichnen sich feine, konzentrische Linien ab, die an Wachstumsringe eines
Baumes erinnern. Das Design-Team Lievore + Altherr Désile Park hat sich von der Natur aber nicht
nur inspirieren lassen. Zusammen mit Hersteller Arper konzipierte es ein durch und durch nachhaltiges
Möbel. Bezüge sind aus überwiegend recyceltem Kunststoff erhältlich. Und nach einem hoffentlich
langen Leben ist alles zerlegbar, um es erneut der Wiederverwertung zuzuführen. arper.com
© Andrea Signigaglia
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Nicht nur für Ikea-Möbel bietet sich die neue Stoff-Kollektion von Bemz an. Das Stockholmer Label
ist zwar auf Bezüge für Ängby, Ektorp, Söderhamn & Co. spezialisiert, fertigt aber auch andere Kissen
auf Bestellung an. Die sechs neuen Stoffe der Outdoor-Kollektion „Terrazzo“ haben jedes Mitnahmemöbel-Image
abgestreift. Zehn Farben – von gedeckten Naturtönen bis zu kräftigem Rot
und Blau – setzen Stühle und Sofas in Szene. Dabei kommt auch die Haptik der aus nachhaltigen
Fasern hergestellten Garne nicht zu kurz. Der „Outdoor Tweed“ etwa (Bild) soll sich fast wie Leinen
anfühlen, aber wasserabweisend sein und sich besser für den Außeneinsatz eignen. bemz.com
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Minimalismus pur und komfortable Kissen zeichnen dieses Outdoor-Ensemble von Meridiani aus.
Im Vordergrund lädt das dick gepolsterte Lounge-Bed „Claud Open Air“ mit seinem verstellbaren
Kopfteil zum Mittagsschlaf ein. Der Lounge-Sessel „Zoe Wood Open Air“ aus Metall mit Seilbespannung
und Armlehnen aus Irokoholz, lässt Stunden hinter einem guten Buch wie im Flug vergehen.
Dazu passt perfekt der runde Beistelltisch „Cone Open Air“, dessen Tischplatte aus wetterfestem
Irokoholz auf einer konischen Basis aus Beton ruht. Alle drei hat Meridianis Art Director und Designer
Andrea Parisio gestaltet – kein Wunder passen sie so gut zusammen.
meridiani.it
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Wenn schon Klappstuhl, dann so einer wie der „Con.fort“ von Opinion Ciatti. Die Erfinder des „unsichtbaren“ Bücherregals
„Ptolomeo“ haben sich der ebenso zweckmäßigen wie undankbaren Möbelgattung angenommen und eine
zeitgemäße Version kreiert. Optisch wie von der Transportierbarkeit her ein Leichtgewicht: Nur 3,5 Kilogramm bringt
die Konstruktion aus Aluminium und Edelstahl auf die Waage. Da ist draußen eine Tafel für viele Gäste im Handumdrehen
aufgebaut.
opinionciatti.com
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Dänische Handwerkskunst trifft auf isländischen Minimalismus. „Timbur“ (isländisch
für Holz) ist Namensgeber und Basis für den leichten und doch robusten Entwurf von
Gudmundur Ludvik für Carl Hansen & Son. Die Bank vereint eine klare Ästhetik mit
solider Verarbeitung. Ludvik hat alle Details auf ein Minimum reduziert und wagt den
Grenzgang zwischen Schlichtheit und Exklusivität. Das Ergebnis strahlt Gelassenheit
und Power aus. Der Isländer arbeitete zunächst als Schreiner, bevor er über ein Bildhauerei-Studium
an der isländischen Kunstakademie zum Design kam. carlhansen.com
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Glamour für Ihr Grün. „Die Kollektion Veronica
ist eine Glanzleistung und basiert auf einer
intensiven Auseinandersetzung mit dem Material
Polycarbonat“, erklärt der Designer Jacopo
Foggini (Foto links) und geht ins Detail:
„Wir haben dafür die Textur unseres Loungesessels
Gina verdichtet, um mehr Volumen zu
erreichen. Dabei haben wir mit einer noch nie
dagewesenen Stärke des Polycarbonats experimentiert,
um größere Oberflächen, etwa für
den rechteckigen Coffee Table zu schaffen.“
Jedes dieser Objekte ist von Hand gefertigt und
fällt daher immer ein wenig anders aus – streng
genommen sind es Einzelstücke. Die Struktur
der Sitzschale des Sessels ist mit einer Fadenstickerei
vergleichbar – nur in einer anderen Dimension,
wie das Foto links nahelegt. Es zeigt
den Italiener mit seinem Lieblingsmaterial. „Es
fühlt sich angenehm an und kreiert diese besondere
Ästhetik und Funktionalität. Ein Spiel mit
Flächen und Hohlräumen.“
edra.it
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LÄNGER HELL ist es mit diesen Outdoor-Leuchten auf jeden Fall. Und in der Dunkelheit sehen sie fast noch
besser aus. 1 I Der Schirm von Contardis Laterne „Clara“ erinnert an „Wiener Geflecht“ auf Caféhaus-Stühlen. Er
besteht aber aus regenfestem Harz. Ein aufladbarer Akku spendet bis zu acht Stunden Licht. 2 I „In The Sun Table“
aus der Cordless Collection von DCWéditions lässt Windlichter mit Kerzen alt aussehen. Wiederaufladbar für bis zu 19
Stunden Stimmung bei Tisch. 3 I Wir springen nicht durch jeden Reifen, den man uns hinhält, aber „O“ von Artemide
sorgte schon in der ersten Ausführung 2018 für helle Begeisterung. Mittlerweile in drei Durchmessern von 45 bis 150
Zentimetern erhältlich. 4 I Klassiker zum Mitnehmen: Louis Poulsen hat seine Tischleuchte PH2/1 mobil gemacht. Der
Entwurf von Poul Henningsen ist als akkubetriebene „PH 2/1 Portable“ in Chrom oder metallisiertem Messing zu haben.
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5 I Textile Lampenschirme sind selten im Freien. Das macht
„Jaima“ von Marset zu einem Hingucker. Die mannshohe
Bodenlampe mit Schwenkfuß aus Spanien wäre aber
auch sonst kaum zu übersehen gewesen. Für gute Lichtqualität
ist der Schirm innen immer weiß, die Außenseite
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hat wahlweise eine graue, blaue, beige oder grüne Farbe.
6 I Die Bezeichnung Stableuchte ist eine glatte Untertreibung
für das Multitalent „Esagono“ von Platek. Ihr
wetterfester, sechseckiger Aluminium-Korpus bringt das
LED-Licht überallhin, wo es gebraucht wird. Wahlweise
mit Akku für netzunabhängigen Betrieb oder als fest installierbare
Wand-, Decken- und Poller-Leuchte. 7 I „Moony“
von Karman lässt den Mond aufgehen – als mattweiße
Kugel auf einem flexiblen Metallrohr. So kann sich jeder
das Licht hinbiegen, wie es seiner Stimmung entspricht.
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It‘ s showtime Die Redaktion von GOODLIFE steht Computergrafiken
eher kritisch gegenüber. Wir arbeiten lieber
mit authentischem, echtem Bildmaterial. Bei Diabla
machen wir allerdings seit Jahren eine Ausnahme. Das
Tochterunternehmen der spanischen Möbelmarke Gandia
Blasco liefert zu jeder Kollektion fantasievolle Szenarien
mit einem Augenzwinkern.
In diesem Jahr inszeniert Diabla seine Neu-Kreationen
vor den Kulissen legendärer Filmtheater. Das Kings Theatre
in Brooklyn, New York, ist einer dieser ikonischen
Hotspots. Es wurde 1929 als Kino und Veranstaltungsort
in pompösem Design eröffnet. Die spektakuläre Architektur
des Theaters dient als Bühne für die „Sail“-Puffs
von Héctor Serrano, deren Stoff-Dessin von den Figuren
der italienischen Commedia dell‘Arte, Pierrot und Arlecchino,
inspiriert ist.
diablaoutdoor.com
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In Würde altern, das kann die Neuheit von Fritz
Hansen, denn das Teakholz der Serie „Tradition“
erhält mit den Jahren eine silbergraue Patina.
„Formal geht der Entwurf auf das traditionelle
Design von Spindelmöbeln zurück, insbesondere
Mid-Century-Stuhlentwürfe“, erläutert der involvierte
Designer Povl B. Eskildsen (rechts). „Er
orientiert sich an der dänischen Designtradition
– funktional und visuell attraktiv. Auch die Art
und Weise, wie wir im Möbeldesign persönliche
Räume für Ruhe und Entspannung kreieren, fand
im Entwurfsprozess ihren Niederschlag.“ Die Serie
umfasst einen Loungesessel, Eck-, End- und
Abstandsmodul, einen Pouf und zwei Tische,
die eine fast unbegrenzte Anzahl an Kombinationsmöglichkeiten
bieten. fritzhansen.com
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Die Qual der Wahl fällt leicht, wenn man sich
zwischen zwei Optionen erst gar nicht entscheiden
muss. So möchten wir Ihnen als Leserin und
Leser zum einen die neuen Pflanzgefäße (oben)
im Messing-Look von Royal Botania vorstellen.
Es gibt sie in rund und eckig mit einem Durchmesser
von bis zu zwei Metern. Sie verfügen
über ein ausgeklügeltes Drainage-System aus
Edelstahl und einen tiefen Isolierrand. Viel leichter
als gedacht schaffen sie es auch in Innenräume,
wo sie einen Hauch zeitloser Eleganz versprühen.
Links: Eines unserer Lieblingsmöbel in
dieser Saison ist auch der Lounger aus der Kollektion
„Strappy“, den es mit einer Bespannung
aus gewebten Batyline-Fasern gibt, die wie patentgestrickt
aussieht. royalbotania.com
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@mykonossocial
© Federico Cedrone
Wenn Sie rotsehen, muss das gar nichts Schlechtes bedeuten. Vor allem, wenn es die Entwürfe von Piero Lissoni
für Knoll International kleidet. Die Kollektion besteht aus Sofas, Sesseln, Beistelltischen (oben allerdings
Saarinen-Tische in Kombination) und Hockern. Allen gemeinsam ist die klare, lineare Formensprache. knoll.com
Damit Ihnen nicht schon beim Frühstück im Garten die Butter zerläuft, ist ein Sonnenschirm eine schicke Anschaffung.
Diese hier auf Mykonos stammen von einem wahren Spezialisten, der aus dem Profibereich kommt und sogar
Yachten ausstattet. Die Qualität ist dementsprechend: Im Einsatz in der Ägäis sind „Ocean Master“ von tuuci.com
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Zu Lebzeiten galt Alberto Pinto als einer der top five Interior Decorator weltweit. Sein fantasievoller Eklektizismus
setzte Maßstäbe, sein Design bezauberte die Reichen und Schönen der Welt. Geblieben ist das Pariser Büro, aus
dem so erstaunliche Entwürfe wie „Lodge“ stammen. Die Liege greift den Minimalismus des 20. Jahrhunderts
auf, jedoch mit zusätzlicher Raffinesse. Ob für ein Loft, den Wintergarten oder die Terrasse. pintoparis.com
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Funktional, vielseitig UND schön Nicht jedes Möbel hat das Glück, mit all diesen Attributen gesegnet
zu sein. Christian Seisenberger und sein Team beweisen seit der Gründung von Janua im Jahr 2005
ein Händchen für echtes Design. Hier stehen Werte im Vordergrund, die sich in jedem Stück der bayerischen
Möbelmanufaktur manifestieren. So auch im Outdoor-Table „Basket® x BigGreenEgg“, den das
Designduo Birgit Hoffmann und Christoph Kahleyss in Kooperation mit Big Green Egg kreierte. Der 360
Grad drehbare Einsatz wurde speziell für deren famoses grünes Grill-Ei konzipiert. Alternativ stehen
Drehteller „Lazy Susan“, ein Weinkühler oder eine Etagere zur Wahl.
janua-moebel.de
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Nam „Sitzen re wie lam auf harchiliquam Wolken“ Nach re nus diesem vollenihicid Credo entwickelte qui aut hil die ipientumquam Berliner Designerin sitati Hanne ut qui Willmann
eos quam, den „Nana“-Stuhl soluptur, vero für das core deutsche corem Familienunternehmen es volorentore magnam, Freifrau. con Die nonesecea erste (Indoor-) cusa
rem
Version seceperios des ea geradlinigen que que Sitzmöbels nes reium, ohne venis Schnörkel accullupta wurde quidiorest, 2021 lanciert. ilist enia Heute am besteht acea nos das
softe dolorem Ensemble quaeper aus ibeaquasped Stühlen, Sesseln, quae Poufs perionsequia und einem plab Sofa. ipsum Ein quia Teil davon porerume kann ipsani nun auch con
für consequ entspannte aecaUt Stunden moluptati unter consedi freiem tecerum Himmel genutzt aspis ent werden. veles corruptate Darunter die voluptaerum beiden hier dolugebildeten
esequae. Sessel Dolum „Love qui Seat“ officti und re „Love re sDe Seat volorro Petite“ cusandem mit oder ent ohne ulpa Pouf. volo Übrigens: is dolorro Den ese
ab-
isquat „Leyasol- plaudae Armchair“ laut auf aut der alitass linken itiur? Seite gibt es ebenfalls hier:
freifrau.com
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„Wie drinnen – nur draußen“ lautet der Slogan,
mit dem Traditionshersteller Kettler sein modulares
Sitzprogramm „Gentle“ einführt. Mit
ihm lassen sich komplette Sitzlandschaften im
Garten arrangieren. Optional gibt es Lounge-
Sessel und Coffee Table. Die Gestelle sind aus
Aluminium. Sitz- und Rückenpolster haben
einen Bezug aus strapazierfähigem Sunbrella-Stoff
mit Vliesfüllung. Er zeichnet sich aus
durch hohe UV-Beständigkeit (Hersteller Kettler
gewährt 5 Jahre Garantie auf Farb- und
Festigkeitsverlust, Abrieb, Pilling) und leichte
Reinigung. Typisch für kettler-garden.com
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Ganz einfach und gerade deshalb ein Objekt der Stunde ist der Sunlounger „San“ der belgischen Outdoor-Marke
Manutti: „Es gibt doch nichts Schöneres, als die Füße hochzunehmen und ein Nickerchen
auf einer gemütlichen Sonnenliege zu genießen. Ob im Schatten eines alten, knorrigen Olivenbaums,
unter einem Schatten spendenden Sonnenschirm oder inmitten einer blühenden Wiese. Ob am Pool,
auf der Terrasse oder an einem lauschigen Plätzchen im Garten.“ Uns gefällt die Multifunktionalität von
„San“. Ohne Polster könnte er in Innenräumen auch einer Stereoanlage Platz bieten. manutti.com
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Zurück an den Pool, unserem Ausgangspunkt, und zu einer Kollektion, die Ludovica und Roberto
Palomba für Talenti entworfen haben. „Der Wunsch nach Leichtigkeit wird mit den schwebenden
Elementen von «Venice» wahr.“ Die Inspiration lieferte die Lagunenstadt. Neben opulenten
Sofas und Sesseln gibt es auch Liegen – und wo möchte man seine freie Zeit lieber verbringen?
Die Polster tragen den warmen Farbton eines Sonnenuntergangs. de.talentispa.com
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Monica Armani schafft Design, das charmant
und clever herüberkommt. Mit „Tesa O‘“ für
die Nobelmarke B&B Italia definiert sie das
Thema Sonnenschirm neu. Ihr Objekt verfügt
über einen 110 cm eine große Stoffbespannung,
der an einem Aluminiummast mit
360-Grad-Drehgelenk befestigt ist und damit
jede Ausrichtung gen Sonne ermöglicht. Der
Betonfuß bietet Stabilität. bebitalia.com
MEDITERRANEO
RECYCLABLE INDOOR/OUTDOOR CARPET COLLECTION
DESIGNED BY MATTEO THUN & ANTONIO RODRIGUEZ