Catalogue 218 - Harteveld Rare Books Ltd.
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Abb.<br />
siehe<br />
Umschlag<br />
innen<br />
MANUSCRITS<br />
1. Appenzell. - Osterschrift.- Prob- oder Examensschrift<br />
des Mathias Mayer im Nageldach, (Appenzeller Vorderland<br />
- Appenzell a/Rd.) 1811, 41.5x51.5 cm (Blatt) / 55x<br />
68 (Rahmen), Aquarell, Tuschfeder mit brauner Tinte auf<br />
Papier, der Text verziert mit goldgehöhten kalligraph.<br />
Initialen u. Titelzeilen in Zierschrift, reich ausgemalt mit<br />
floralen Ornamenten, urspr. gefaltet, im breiten Goldrahmen<br />
unter Glas. HRB 89892 3000.-<br />
Diese Schreibprobe zeigt die schönste Handschrift des Schülers<br />
Mathias Mayer „auf das osterliche Examen 1811“. Die frommen<br />
Zeilen sind teilweise in deutscher Kurrentschrift und teilweise<br />
in lateinischer Schrift geschrieben und mit schönen Initialen<br />
sowie Blumenranken verziert. In der Mittelgirlande prangt die<br />
Nummer 1, welche Mathias als den besten Schüler seiner Klasse<br />
auszeichnet. An der Schlussfeier am Ostermontag trugen die<br />
Schüler meist ihre Proben in einer Prozession zur Kirche mit<br />
den besten Schülern an der Spitze. Die sogenannten Prob- oder<br />
Examensschriften, später auch Osterschriften genannt, waren<br />
v.a. im Kanton Appenzell der Gradmesser für die schulische<br />
Leistung der Schüler. Dieses wichtige Zeugnis der Volksbildung<br />
war das ganze 18. Jh. und noch bis in die 1830er Jahre der wichtigste<br />
Moment im ganzen Schuljahr für die Schüler und ihren<br />
Lehrer. Denn auf Ostern mussten die Schüler unter Anleitung<br />
des Lehrers eine möglichst schöne Probe ihres Schreibkönnens<br />
ablegen. Danach ergänzte ein vom Lehrer beauftragter Maler<br />
die kalligraphischen Initialen. Der Pfarrer, Schulvorsteher,<br />
Gemeinderäte etc. begutachteten am Freitag vor Palmsonntag<br />
die Proben im Rathaus und vergaben eine Rangnummer. Der<br />
Schüler mit der letzten Nummer sah sich dem Spott und Hohn<br />
seiner Mitschüler ausgesetzt und wurde als „die Sau“ bezeichnet.<br />
Diese Schreibprobe war so wichtig, dass Eltern ihre Kinder mit<br />
Vorteil zu dem Lehrer schickten, dessen Schüler die schönsten<br />
Probschriften hervorbrachten. Zur Zeit der Privatschulen und<br />
der freien Lehrerwahl, war dies natürlich auch für die Lehrer<br />
bedeutsam und so manch einer richtete den ganzen Lehrplan<br />
auf diese Schreibübung aus. Mit Beginn der modernen Pädagogik<br />
und der Schulreformen um 1830 verschwand der Brauch<br />
allmählich. T. Fuchs, Ostern als Höhepunkt im Schuljahr, in:<br />
Appenzeller Zeitung, 9.4.2009.<br />
2. Berner Handschrift. Der loplichen und von Künigen<br />
und Keyseren hochgefryetenn Statt Bern in Üchtlandt alt<br />
und nüw Satzungen unnd Ordnungen ernüwert im 1602<br />
Jar, harnach aber Anno 1607 inn etlichenn Articklen<br />
geenderet und gemeeret worden. 1611, in-8vo, 903 S. +<br />
10 w. Bl., schöne deutsche Kanzleischrift in schwarzer<br />
Tinte, kalligraph. verzierte Kapiteltitelbl. in roter Tinte,<br />
ohne Korrekturen, am Rand durchgehend leicht gebräunt,<br />
ansonsten sehr frisch, hs. Besitzervermerk Innenseite<br />
d. Vorderdeck. mit Jahrzahl 1841, reich blindgeprägter.<br />
Schweinsldr.-Einbd. d. Z. aus Bern über Holzdeckeln, mit<br />
Rollbandornamentik (allegor. Darstellungen v. Tugenden),<br />
Rücken auf 3 Bünde, Blauschnitt, 2 Messingschliessen,<br />
schönes Exemplar. HRB 93350 4500.-<br />
Prachtvolle und sehr gut erhaltene Handschrift der Gesetzessammlung<br />
(Satzungsbuch) der Stadt und Republik Bern zu<br />
Beginn des 17. Jh. Die kalligraphische Aufbereitung des Textes<br />
und der aufwendige Einband weisen auf einen vermögenden<br />
Auftraggeber und Besitzer hin (Berner Ratsherr?). Den eigentlichen<br />
Artikeln geht voraus: ein summarisches Inhaltsverzeichnis,<br />
ein alphabetisches Sachregister, der Text der Berner Handfeste<br />
<strong>Harteveld</strong> <strong>Rare</strong> <strong>Books</strong> <strong>Ltd</strong>., CH-1700 Fribourg 3<br />
von 1<strong>218</strong> (erstes Stadtrecht) in einer deutschen Fassung, der<br />
Einleitungstext der Sammlung von 1539, sowie die Eide der Gerichtsherren,<br />
des Grossweibels, des Gerichtsschreibers und der<br />
Gerichtsweibel. Die eigentlichen Satzungen beginnen mit einem<br />
hauptsächlich zivilrechtlichen Teil, der u.a. auch die Verfahren<br />
der Rechtssprechung behandeln (Appelatzen, Gandthandlungen,<br />
vonn Gältstagen, der Frouwen recht Inn erben, Ordungen und<br />
Satzungen der Büwen halb, usw.) Der zweite Teil ist dann den<br />
Fräffeln (Frevel) und ihrer Bestrafung gewidmet. Für den Einband<br />
siehe: Lindt, Berner Einbände, S. 87.<br />
3. Emmental. - 2 handschriftliche Rechnungs- und<br />
Notizbüchlein eines Viehhändlers aus dem Emmental,<br />
1785-1822 / 1818-1840, in-8vo, 65 Bl. + 25 w. Bl.; 43<br />
Bl., beide in grosszügiger deutscher Kurrentschrift, das<br />
ältere Büchlein mit Tinte geschrieben und etwas grösser,<br />
das jüngere mit Tinte und Bleistift, guter Zustand, Orig.<br />
Ganzledereinbd. über Holzdeckeln mit einfacher Blindprägung<br />
u. Messingschliesse; Orig. Halbledereinbd. mit<br />
Ecken u. Messingschliesse, beide abgegriffen und mit<br />
einigen Wurmspuren, feste Bände in gutem Zustand.<br />
HRB 92215 550.-<br />
Diese Originalbüchlein stellten die Buchhaltung ihres anonymen<br />
Besitzers dar. In dieser reichen historischen Quelle wurden<br />
Einnahmen und Ausgaben mit Datum, Name und Ort genau<br />
festgehalten. Im ersten Büchlein (1785-1822) verkauft und<br />
kauft, bzw verleiht er vor allem Kühe und Pferde, sowie ,Füli’<br />
und Stiere. Daneben gibt oder streckt er Geldsummen vor, bzw.<br />
kassiert Zahlungen ein, war also wohl auch Kreditgeber (jüdischer<br />
Viehhändler und Geldverleiher?). Seltener finden sich hier<br />
auch Einträge zu andern Ausgaben wie z.B. dem Verkauf eines<br />
Käseleibes oder wenn er eine Kuhhaut zum Gerben bringt. War<br />
ein Geschäft abgeschlossen, wurde dies beim Eintrag vermerkt<br />
(“Es ist zalt“). Bei Geldgeschäften weist er jeweils darauf hin<br />
, dass er eine „Geschrift“ als Beleg erhalten hat. Im jüngeren<br />
Büchlein für die erste H. des 19. Jh. (vielleicht vom Sohn weitergeführt)<br />
geht es vornehmlich um Einnahmen wie Hauszinsen<br />
und die Zahlung von Lohnkosten für Knechte und Angestellte.<br />
Die Orte und Namen weisen ins Emmental (Blabach, Signau,<br />
Sumiswald, Eggiwil, Schüpbach etc.) aber er war auch im Berner<br />
Oberland (Erlenbach im Simmental, Adelboden) aktiv. Die<br />
Einträge zeugen vom einfachen Bildungsstand des Schreibers,<br />
der eine, selbst für das 18. Jh., eigenwillige Rechtschreibung und<br />
eine stark mundartlich geprägte Sprache benutzt. Kostproben:<br />
„d(en) 10t Abrell 1786 hab ich dem Dafit Ängel Ein Kälbli vehr<br />
kauftt führ 30 Kr. (Kronen) und hats auf obegem dato an dei hant<br />
genomen“ / „den 28t Brachet 1820 hab ich däm knächt Petter<br />
Wärmuth Gält gäben mit 1 Kr. 15 bz (Batz)...“.<br />
4. Bern. - Handgeschriebene Pergamenturkunde eines<br />
Kaufbriefes aus dem Jahr 1601 zwischen dem Ehepaar<br />
Götschi-Galdi und Heinrich Kolen. 32x64 cm, 45x76<br />
(Rahmen), Pergamentblatt, ursprünglich gefaltet u. mit<br />
angehängtem Siegel (fehlt), in schöner deutscher Kanzleischrift<br />
der Zeit geschrieben, kleine Fehlstelle und Einriss<br />
am unteren Rand (berührt nicht den Text), unter Glas im<br />
Goldrahmen, hinten mittig freigelassen für Dorsualnotiz<br />
(Zus.fassung d. Inhalts), guter Zustand. HRB 92262 750.-<br />
Bartholome Götschin (Goetschi), Tuchscherrer, und seine Frau<br />
Elisabeth Galdi (Galli) von Bern verkaufen Heinrich Kolen dem<br />
Älteren, Bürger von Bern, 2 „Dinkelgültinnen mit Kleinottern“,<br />
Einnahmen an Dinkel, Hühnern und Eiern, (vor allem insg. 3<br />
Mütt Dinkel) gegen 300 Berner Pfund, bezahlt in Silberkronen