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DurchdieSchweiz_deRoulet

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Medaillon meißeln zu lassen, das eine von ihnen hinter<br />

ihrer Schreibmaschine zeigen sollte, und es im Park aufzustellen.<br />

Diese kleine, hinter einem Busch vergessene<br />

Skulptur grüße ich im Vorübergehen.<br />

Wider Willen verlasse ich das Seeufer. Ab dem Botanischen<br />

Garten ist es in privater Hand, nur die Grundstücksbesitzer<br />

haben Zugang zum See. Nachdem ich die Bahnlinie<br />

unterquert habe, geht es bergauf, an den Gittern der<br />

großen Anwesen entlang, die von den Genfer Patriziern<br />

an Botschaften oder Expats mit stattlichem Vermögen<br />

verkauft wurden.<br />

Schon in Pregny wandelt sich die ferne Kulisse. Der<br />

Mont Blanc, von dem ich auf Höhe der letzten Brücke<br />

über dem Genfer Seebecken nur die Spitze sehen konnte,<br />

ragt jetzt im Zentrum des weiten Panoramas der Savoyer<br />

Alpen auf, deren Gipfel ich als Kind namentlich zu nennen<br />

lernte. Ich erreiche einen kleinen Fluss, der die Grenze<br />

des Kantons Genf bildet. Etwa 15 Kilometer folge ich<br />

ihm stromaufwärts, unzählige Mäander entlang, auf<br />

einem Pfad unter Bäumen, die teilweise von Bibern angenagt<br />

wurden. Nach dem Pont de la Bâtie geht es nur noch<br />

am linken Ufer der Versoix weiter. Auf der anderen Seite<br />

liegt Frankreich. Das Flussbett verengt sich immer mehr,<br />

obwohl noch viel fehlt bis zur Quelle im französischen<br />

Jura, oberhalb von Divonne.<br />

Am frühen Abend erreiche ich Chavannes-de-Bogis,<br />

wo ich auf dem Land übernachten werde. Ich hole einen<br />

Text von Annemarie aus meinem Rucksack, um mich auf<br />

den nächsten Tag vorzubereiten, an dem ich in Prangins<br />

durch den Park jener Klinik laufen werde, in der sie die<br />

düstersten Tage ihres kurzen Lebens verbracht hat.<br />

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