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elaphe 3 2020

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Titelthema: Marokko - herpetologisches Traumziel vor Europas Toren

Titelthema in der

Titelthema in der Kosmetikindustrie als Rohstoff begehrt, ist der Preis 2013 auf dem Weltmarkt auf über 80 €/l gestiegen (Popp et al. 2013). Die vielen Arganbäume (Argania spinosa) der Umgebung, aus deren Samen das Öl in einem aufwendigen Prozess gewonnen wird, werden jetzt mehr oder weniger intensiv bewirtschaftet. Sämtliche ebenen Flächen auf der Talsohle außerhalb der Stadt sind inzwischen parzelliert und so gereinigt, dass die olivengroßen Früchte leicht eingesammelt werden können. Da aber viele Tiere auf reich strukturierte Mikrohabitate angewiesen sind, musste ich etwas weiter laufen als nur bis zum Ortsschild. Gleich am Beginn der Felsen wurde ich aber schon fündig. Die fünf Gecko-Arten Quedenfeldtia moerens, den Südlichen Atlas-Taggecko, habe ich das erste Mal im November 1989 auf scheinbar deckungslosen Felsinseln auf der Ebene gleich hinter dem Campingplatz „Trois Palmiers“ gefunden und damals für junge Vertreter der Hochland-Art Q. trachyblepharus gehalten, die ich im Jahr zuvor bei einer Wanderung vom Oberlauf des Ourika nach Oukaimeden beobachtet hatte. Erst nachdem ich einige Jahre später die Arbeit von Arnold (1990) in die Hände bekam, war mir klar, was ich damals fotografiert hatte. Auf den ersten Blick war aber kein Gecko zu entdecken. Bei einem Rundgang durch die Felsen wurde mir schnell klar, dass es kein Gecko bei den aktuellen Temperaturen nötig hatte, sich in der Sonne zu präsentieren. Ganz im Gegenteil, im direkten Sonnenlicht saßen die Tiere jetzt im August nur in den ersten Minuten nach Sonnenaufgang. Zum Aufwärmen war aber auch das nicht nötig, die Oberfläche der Felsen war trotz der Nacht abkühlung auf etwa 22–25 °C Lufttemperatur noch handwarm. Der dunkle Granit speichert die Wärme erstaunlich gut. Die jetzt von den Taggeckos genutzten Felsen mussten groß genug sein, um im gesamten Tagesverlauf schattige Stellen zu bieten. Adulte Männchen der Tafraout-Population von Saurodactylus elmoudenii können unglaublich bunt wirken Tarentola mauritanica, der Mauergecko, ist damals wie heute der Kulturfolger der Region. Tatsächlich habe ich die Art beide Male nur an oder in unmittelbarer Nähe von künstlichen Bauten gefunden. Egal ob im Klo des Campingplatzes, an der Wand des Restaurants oder an Haufen von Bauschutt, überall gab es mindestens einen, meist mehrere Mauergeckos. Nach herkömmlicher Auffassung lebt in dieser Gegend Marokkos die 1984 von Joger beschriebene Unterart Tarentola mauritanica juliae. Neuere genetische Untersuchungen haben aber gezeigt, dass eine Abtrennung sowohl dieser Unterart als auch der 1999 von Geniez et al. beschriebenen T. m. pallida wohl nicht aufrechtzuerhalten ist, sondern es sich lediglich um Ökomorphen des Mauergeckos handelt und alle Tiere westlich und südlich einer Linie im Mittleren Atlas einer gemeinsamen Klade angehören (Rato et al. 2010). Ähnlich diffus ist die Artklärung beim zweiten Tarentola-Vertreter der Umgebung von Tafraout. 1989 fand ich schon wenige Meter hinter dem Campingplatz während des Tages unter Steinen die ersten Tiere. Später war ich Im August saßen die Tiere ausschließlich in den Spalten zwischen großen Felsen der Meinung, Tarentola boehmei, den Oued-Draa-Gecko, gefunden zu haben. Jetzt im August saßen die Tiere ausschließlich in den Spalten zwischen großen Felsen und befanden sich nur früh morgens nahe genug an den Ausgängen, dass ich sie fotografieren konnte. Zu allen anderen Tageszeiten, auch nachts, sah ich sie lediglich einige Meter tief zwischen dem Gestein im Taschenlampenlicht weghuschen. Inzwischen habe ich von verschiedenen Leuten, die sich mit dieser Gattung beschäftigen, erfahren, dass im südlichen Marokko wohl noch mehrere unbeschriebene Ta- Viele Tiere haben regenerierte Schwänze, der Feinddruck scheint also hoch zu sein 28

Titelthema Entdeckt! Der einzige Fächerfingergecko, der außerhalb der tiefen Felsspalten gesichtet wurde Hinter der Tafraout-Population des Oued Draa-Mauergeckos verbirgt sich möglichweise eine eigene Art rentola-Formen existieren und diese Population eine davon sein könnte. Ich möchte diese attraktiven Tiere deshalb zur Zeit vorsichtshalber als Tarentola cf. boehmei bezeichnen. Genaueres wird wohl nur eine erneute Tour zeigen, bei der Tiere tatsächlich vermessen werden und womöglich auch noch Gewebeproben oder gar Belegexemplare mitgebracht weden können. Ptyodactylus oudrii, der Marokkanische oder Oudris Fächerfingergecko, war die Art, von der mir noch Bilder fehlten. Auf der ersten Marokko-Tour war ich froh, als ich die Tiere in einer Gruppe Felsen auf halber Strecke zwischen dem Campingplatz in Zagora und den beiden Bergen dahinter entdeckte, hatte ich doch erst wenige Monate vorher die Revision von Heimes (1987) gelesen und wollte diese kleinste Fächerfinger-Art unbedingt lebendig sehen. Der Versuch eines Fotos endete erfolglos, als ich den Abend vor dem Versteck der Tiere verbrachte und auf deren Erscheinen nach Einbruch der Dunkelheit wartete. Kurz nach Sonnenuntergang kam eine komplett verschleierte Frau mit einigen Ziegen vorbei. Wohl einen Augenblick zu spät grüßte ich sie höflich – sie war schon fast an mir vorbei gegangen. Erschrocken drehte sie sich, blickte in Richtung der Steine, zwischen denen ich saß – und rannte laut schreiend und wild mit Armen fuchtelnd davon! Dieses Theater veranlasste auch die Geckos, die gerade am Eingang der Felsspalten erschienen waren, ganz schnell zu verschwinden. Auch ich habe es dann vorgezogen, mich zurückzuziehen und die nächsten Tage diese Stelle zu meiden. Aufgrund des spektakulären Abgangs der armen Frau befürchtete ich insgeheim, dort von einer Gruppe aufgebrachter Berber aufgetan zu werden, die den bösen Wüstengeist aus dieser Welt jagen wollen. Etwa sechzehn Monate später konnte ich die Geckos in Tafraout entdecken – allerdings immer nur auf der Flucht vor mir vom morgendlichen Sonnenbad in die unerreichbare Tiefe der Felsspalten. Auch jetzt im August saßen sie in den Felsspalten. Mit der Taschenlampe konnte ich sie zu jeder Tages- und Nachtzeit metertief zwischen dem Gestein entdecken, unfotografierbar tief. Erschwerend kam hinzu, dass die Tiere bei den herrschenden Temperaturen die Felsspalten auch nicht zur Thermoregulation verlassen mussten. Die mindestens schon den zweiten Monat in Folge ganztägig besonnten Felsen stellen unglaubliche Wärmespeicher dar. Wenn ich morgens kurz vor Sonnenaufgang die Spalten absuchte, fühlte sich das an, wie den Kopf in einen Ofen zu stecken. Erst am vorletzten Morgen hatte ich das Glück, gleich zwei unterschiedliche Tiere fotografieren zu können. Zuerst fand ich morgens im Dunkeln auf dem Klo ein frisch geschlüpftes Jungtier – womit ein Hinweis erbracht ist, dass es sich nicht um einen Kulturflüchter zu handeln scheint, Die ganztägig besonnten Felsen stellen unglaubliche Wärmespeicher dar sondern dass die Tiere bei entsprechenden Versteckmöglichkeiten durchaus in der direkten Nähe des Menschen vorkommen können. Dann konnte ich knappe zwei Stunden später auch noch ein junges Männchen außerhalb des Verstecks an einem Felsen überraschen. Ob das damit zusammenhing, dass der Tag vorher der einzige während meines Aufenthaltes in Tafraout war, an dem weniger als 40 °C Lufttemperatur erreicht wurden? Die Sonne kam den ganzen Tag über nicht gegen die geschlossene Wolkendecke an, und es wurde „lediglich“ 37 °C warm. Hatte Heimes 1987 die Eigenständigkeit von Ptyodactylus oudrii innerhalb der Gattung vor allem aufgrund morphometrischer Untersuchungen und durch Elektrophorese bestätigt, so haben Biologen die marokkanischen Tiere 29

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