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Getränke! Technologie & Marketing 2/2021

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Eine Kolumne von Dr.

Eine Kolumne von Dr. BURKHARD SCHÄFER SORGENKIND UND SENKRECHTSTARTER In den Gully statt in die Kehlen Corona wirbelt auch den Getränkemarkt durcheinander. „Ein Königreich für eine gute Marketingidee!“ – dieser Ausruf, angelehnt an den legendären Spruch „Mein Königreich für ein Pferd!“, den William Shakespeare seinem Protagonisten König Richard III. im gleichnamigen Schauspiel in den Mund gelegt hatte, mag manchem Marktstrategen spontan durch den Kopf gehen, wenn eine neue Getränkemarke positioniert oder relauncht werden soll. Akribische Arbeit, ausführliche Analysen, ein hohes Verständnis für das Produkt und blitzgescheite Ideen sind vonnöten, um auf dem Markt bestehen zu können und die bisherigen Kunden langfristig zu binden beziehungsweise neue Konsumenten zu begeistern. Als wäre dies nicht genug, hat Corona die bisherigen Bedingungen stark erschwert und manche alteingesessenen Voraussetzungen komplett auf den Kopf gestellt. 36 | Getränke! 02 | 2021 Ende für „To go“? Was bedeutet dies nun alles in Zahlen? Laut Berechnungen der Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreier Getränke (wafg) ist bei den Bundesbürgern im vergangenen Jahr der Pro-Kopf-Verbrauch an Erfrischungsgetränken tatsächlich um sieben Liter (also auf 114,4 Liter) zurückgegangen. Der weitaus bessere Verkauf an Limonaden, Energy-Drinks, Cola & Co. vom Vorjahr ist 2021 schlussendlich mit den weggefallenen Möglichkeiten des Außer-Haus- Verkaufes gleichsam mit eingebrochen. Geschlossene Gastronomie, weniger Reiseverkehr, keine Konzerte, keine Events – die Liste der Orte ist lang, an denen die Konsumenten sonst „eben noch schnell“ ein weiteres Getränk holen und konsumieren. Und augenscheinlich wurde diese Gewohnheit in den verschiedenen Produktsegmenten generell nicht durch den Verbrauch zuhause in den eigenen vier Wänden ausgeglichen. Tee trendet Demgegenüber stieg in der Teebranche der Verbrauch von Teeprodukten in Drogeriemärkten und im Lebensmittelhandel merklich an. Auch wenn der Tee-Report 2020 des Deutschen Tee- und Kräuterteeverbandes davon spricht, dass es sich bei Tee nicht um ein typisches „Hamster- Produkt“ handele, ist natürlich die Affinität der Konsumenten, daheim lieber einmal mehr eine gemütliche Tasse Tee zu genießen naheliegend – gerade über die kalten Wintermonate hinweg. Natürlich ist auch bei Tee der Bedarf der Gastronomie im selben Maße eingebrochen. Weitere Probleme für den Teehandel bereiten außerdem zusätzlich die Lockdowns in den Ernte ländern, die damit einhergehenden Transporterschwernisse und Lieferverknappungen. Absatzrückgang bei Bier Überall bietet sich ein Jahr nach Beginn der Corona-Krise ein sehr unterschiedliches Bild von Gewinnerund Verlierersparten. Schockierend (nicht nur) für den Bierliebhaber dürften auch die Bilder und Berichte gewirkt haben, die die Vernichtung ganzer Bier-Chargen aufzeigten – wegen abgelaufenen Mindesthaltbarkeitsdatums: In Großbritannien mussten rund 50 Millionen Liter Bier vernichtet werden; die niederländische Brauerei Heineken sieht sich gezwungen, 8.000 Stellen zu streichen. Was vermeldet nun die deutsche Bierbranche? Auch der Deutsche Brauer-Bund gibt kund, dass Bier im Wert von mehreren Millionen seinen Weg durch den Gully- Deckel finden musste, anstatt durch die Kehlen der Konsumenten zu rinnen. Keine offenen Kneipen, kein Karneval im Frühjahr – so findet auch in Deutschland bezüglich des Bierkonsums momentan keine Party, sondern ein Trauerspiel statt. Insgesamt hat die Bierbranche einen Absatzrückgang von 4,1 % zu beklagen und es trifft auch hier besonders die kleinen Brauereien, die ihren Verlust nicht einfach durch Foto: Adobe Stock einen gestiegenen Verkauf im Einzelhandel kompensieren können. So ist es kein Wunder, dass auch hier teilweise die Existenzangst um sich greift. Gerade bei Brauereien, die auf regionale Feste, kleinere Veranstaltungen und dergleichen angewiesen sind, um zu überleben. Folglich zielen die Forderungen des Deutschen Brauer-Bundes auf einen Rückgriff zum alten Steuermodell, das eine Entlastung der kleineren Betriebe mit sich brächte, sowie eine großzügige Unterstützung der Gastronomiebetriebe, die schließlich das Einfallstor zum Bierkonsum außer Haus darstellen. Viele Probleme, viele Fragen – und immer noch keinen völlig klaren Plan für das laufende Jahr. Die Unsicherheit bleibt also nicht nur in weiten Teilen der Bevölkerung, sondern auch in der Getränkebranche bestehen.

Vom Sorgenkind zum Senkrechtstarter Doch es gibt auch erfreuliche Entwicklungen in der Getränkebranche und dazu gehört das Wieder erstarken einer Marke aus dem Sektor der Erfrischungsgetränke, die durch unpassende Marketingschachzüge erst ihren Niedergang erleben musste und ausgerechnet 2020 wieder zu besseren Gefilden schreiten konnte: Bionade. Die Bio-Limonade punktet nun auch dieses Jahr mit neuen, leckeren Sorten: „Himbeer- Pflaume“, „Mate-Pur“ und „Mate-Pfirsich“ sowie „Holunder“ sollen 2021 den posi tiven Trend stützen. Unter dem Slogan „Bionade – Weil ehrlich gut“ ist der Senkrechtstarter (der zwischendurch zum Sorgenkind wurde) wieder voll dabei und überzeugt mit Konzeption und Inhalt. Auch wenn Bionade nicht gleich ein Königreich für eine gute Marketingstrategie aufbringen musste, so war eine Markt- Neuorientierung doch dringend vonnöten und der Erfolg zeigt, was damit alles erreicht werden kann. Als Teil der Initiative Bio-Landbau Rhön gewinnen die Macher alle Aromen, Extrakte und Säfte zu 100 % aus kontrolliert biologischem Landbau. Bei der Initiative Bio-Landbau Rhön handelt es sich um einen Zusammenschluss von zertifizierten Bio-Landwirten, wobei 100 % Ernte-Abnahme zu fairen Preisen garantiert wird. Und da Bionade sich noch viel mehr für die Natur einsetzen möchte, engagiert sich der Getränkehersteller ebenfalls mit dem Projekt „Vielfalt 2030“. Hierbei setzen sich Bionade und die Biodiversity Foun dation für den Artenschutz ein. Ange sichts der immer weiter schrumpfenden Arten vielfalt ein wichtiges Umweltziel. Schließlich weiß die Biodiversity Founda tion nicht ohne Grund: „Ohne Artenvielfalt keine Zukunft“. Während Schottergärten immer öfter zu sehen sind, setzt sich Bionade innerhalb der Initia tive „Vielfalt 2030“ für mehr Grünflächen in unserer Um gebung ein. Mit dem Slogan „ Jeder begrünte Quadratmeter zählt“ möchten die Getränke hersteller wieder mehr Insektenparadiese auferstehen lassen. Ziel ist es, bis zum Jahr 2030 17 Millionen Quadratmeter als blühend-buntes Insektenparadies zurückgewonnen zu haben – zum Vorteil für Mensch und Umwelt. Gesucht sind bunte Wildblumenwiesen vor der Haustür, an Vereinsheimen und/oder auf Verkehrsinseln. Überall dort, wo das Leben wieder förmlich mehr Blüte treiben kann. Im Gegenzug ist die Vorstellung, dass der Mensch der Zukunft seine Pflanzenblüten alle selbst durch künstliche Verfahren bestäuben muss, da die Insekten komplett ausgerottet sind, schließlich eine Dystopie, die vermieden werden sollte. Die ersten 100 Teilnehmer der Aktion bekommen von Bionade ein kleines Insekten hotel aus Pappe samt Wildblumensamen – eine schöne Idee. Vom Moorhuhn lernen Bei all den schwierigen und niederschmetternden Nachrichten aus der Getränkebranche in letzter Zeit, lässt solch eine positive Entwicklung mit ihren innovativen Ideen wieder hoffen und zeigt: Ja, es gibt auch in dieser kritischen Phase den Schwenk zu mehr Wachstum und zu einer mutmachenden Zukunft. Gerade die überraschenden Einfälle haben ja auch in der Getränkebranche immer wieder für Furore und Aufmerksamkeit gesorgt und diese Feststellung erinnert an eine Werbeaktion von Johnny Walker, die vor etwas mehr als 20 Jahren durch Teile der Bevölkerung zog und bei dem ebenfalls in grünen Landschaften Tierisches im Mittelpunkt stand: Moorhühner. Als das Internet angetreten war, seinen Siegeszug immer weiter auszubauen und die Gamer-Welt sich langsam positionierte, hatte der schottische Whiskeyhersteller die geniale Foto: Bionade GmbH Idee, durch das niederländische Unternehmen Witan – im Auftrag der Phenomedia – dieses Werbespiel für seine Marke entwickeln zu lassen. Und bald darauf klebten viele Neu- Internet-User förmlich am Bildschirm fest und begaben sich auf Moorhuhnjagd. Wie populär sich solch ein Werbespiel entwickeln konnte, zeigt sich daran, dass der Duden den Begriff „Moorhuhnjagd“ dann tatsächlich in seine Reihen aufnahm. Hierbei wurde aus der Verbindung von schottischer Whiskey- Tradition mit neuesten Medien ein starker Werbe-Pakt. Was bleibt nun an Aussicht auf die weitere Entwicklung im zweiten Corona-Jahr? Zum einen die Hoffnung, dass durch ein schnelleres und beherztes Durchimpfen der Bevölkerung so bald wie möglich wieder die günstigeren Bedingungen für die Gastronomie und die Eventwirtschaft geschaffen werden, damit die Ein bußen in diesen Bereichen für dieses Jahr geringer werden und auch die schwer getroffenen Branchenzweige ein Licht am Ende des Tunnels sehen. Zum anderen der Blick über den eigenen Tellerrand Richtung Zukunft und dies kann ruhig unter verschiedenen Perspektiven geschehen, etwa: was ist originell, was kreativ genug, um die Kaufkraft wieder anzukurbeln? Und: Was ist für uns alle in der Zukunft so wichtig, dass wir es nicht nur im Wohle mit unseren Firmenkräften fördern, sondern damit im Gegeneffekt auch die Käufer für das Getränk „abholen“ und begeistern können? Dr. B. Sch. Getränke! 02 | 2021 | 37

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