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Beschaffung aktuell 11-12.2023

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TITEL » Management

TITEL » Management Böllhoff agiert mit 43 Standorten in 25 Ländern und versorgt Kunden mit Verbindungstechnik sowie entsprechenden Montage- und Logistiklösungen. Bild: Böllhoff »Wir sind überzeugt, dass es für einen modernen Einkauf keine digitale „One fits all“-Technologie um ein ERP-System mehr geben kann. « zung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes. Darüber hinaus gibt es immer wieder vereinzelte „Force Majeure“-Ankündigungen, wie zuletzt für bestimmte Produkte eines großen US-Unternehmens. Wir begegnen diesen Herausforderungen zum einen, indem wir viel kommunizieren und den direkten Dialog zu unseren Geschäftspartnern sowie Verbänden suchen. Darüber hinaus haben wir in unseren Einkaufsabteilungen sowie in der Zusammenarbeit mit kompetenten Abteilungen aus unserer Gruppe, wie etwa unserer Zollabteilung, fachkompetente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, mit denen wir im Austausch mit unseren Lieferanten gute, praxistaugliche Lösungen entwickeln. Zudem werden wir für die Bewältigung dieser Herausforderungen weiter in die Digitalisierung unserer Einkaufsprozesse und -systeme investieren. Wir sind überzeugt, dass es für einen modernen Einkauf keine digitale „One fits all“-Technologie um ein ERP-System mehr geben kann. Daher sind wir in einem engen Austausch mit sehr interessanten Unternehmen aus der Start-Up- Szene, die uns bei fachspezifischen Themenblöcken beraten und digital begleiten. Zu guter Letzt ist die Gewinnung von mehr Transparenz in den Lieferketten eine „lessons learned“ für uns. Das fängt bei ein- zelnen Produktbestandteilen an, geht weiter in die Transparenz in der Produktionskette und den einbezogenen Lohnbehandlern und beinhaltet die Transparenz in der logistischen Lieferkette. Welche Maßnahmen sind notwendig, um trotz globaler Unsicherheiten eine langfristige Lieferkettenstabilität zu gewährleisten? Wenn wir vom Prozess her denken, würde es mit einer guten und belastbaren Kundeninformation und -forecasting beginnen, begleitet mit einer guten Kommunikation auf Augenhöhe. In Zeiten steigender Zinsen ist die Absicherung der Lieferkette durch einen steigenden Bestandsaufbau auf eigenes unternehmerisches Risiko vielleicht die naheliegendste, aus Working Capital Gründen nicht jedoch die wirtschaftlich sinnvolle Lösung. Auch hier bleibe ich bei dem Thema gute Kommunikation, gute Stammdatenpflege, vor dem Hintergrund sinkender Lieferzeiten sowie digitale Möglichkeiten und Dispositionstools, die uns helfen, der Volatilität und der Unsicherheit der Märkte zu begegnen. Welche Kriterien sind für die Auswahl und Bewertung von Lieferanten bei Böllhoff entscheidend? Übergeordnet und rein strategisch betrachtet ist es weiterhin die Triangel zwischen wettbewerbsfähigen Preisen, hoher Produktqualität sowie logistischer Lieferzuverlässigkeit. In unserem Branchenumfeld, in dem wir keine Verwerfungen durch Transformation wie etwa bei der E-Mobility erwarten, bleiben das für mich die wesentlichen Säulen. Daneben bekommt 44 Beschaffung aktuell » 11-12 | 2023

das Thema Nachhaltigkeit viel mehr Bedeutung und Gewichtung in unseren Lieferantenbewertungen sowie folgend in den Entscheidungsprozessen. Parallel dazu erheben wir bewusst Soft Facts, die auf das Kommunikations-, Informations- und Antwortverhalten abzielen sowie bewerten, wie agil und flexibel sich der Lieferant in bestimmten Situationen verhält. Wie setzen Sie Nachhaltigkeit und CSR-Anforderungen in der Lieferkette um? Seit über 145 Jahren wirtschaften wir als familiengeführtes Unternehmen. Nachhaltige Orientierung und verantwortliches Handeln ist in unserer Unternehmenskultur seit jeher tief verwurzelt. Wir bekennen uns zu den Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen. Als Unternehmen wollen wir bis 2030 CO 2 -Neutralität in Scope 1 und 2 erreichen. Unsere Nachhaltigkeitsstrategie wird dabei durch drei Handlungsfelder bestimmt: Planet, People und Partnership. In der Umsetzung in der Lieferkette ist unser Code of Conduct als Vertragsbestandteil ein wichtiges Werkzeug, um eine nachhaltige Supply Chain sicherstellen zu können. Der Code of Conduct beinhaltet wichtige Themen rund um Corporate Social Responsibility. Beispielsweise verlangt er von unseren Lieferanten, dass sie Verantwortung für die Sicherheit und Gesundheit ihrer Mitarbeiter übernehmen, aktiv Maßnahmen für den Umweltschutz ergreifen und Korruption im Unternehmen bekämpfen. Darüber hinaus werden sie aufgefordert, ihr Qualitätsmanagementsystem für die Produktion weiterzuentwickeln. Wir schließen mit unseren Lieferanten Qualitätssicherungsvereinbarungen ab, in denen sich unsere Lieferanten verpflichten, alle gesetzlichen Regelungen zu Umwelt-, Gesundheits- und Arbeitsschutz einzuhalten. Wir erwarten hier konkret, dass unsere Lieferanten das Umweltmanagementsystem nach ISO 14001 weiterentwickeln. Und natürlich ist ganz wesentlich die persönliche Inaugenscheinnahme im Rahmen von Audits, auch mit dem Fokus auf Umwelt- und sozialen Kriterien. Ferner überarbeiten wir im Zuge der Einführung des Lieferkettengesetzes unser Risikomanagementsystem, das nunmehr einen größeren Fokus auf die Prävention legt, um allen Anforderungen hinsichtlich der Einhaltung von Menschenrechten in unserer globalen Lieferkette zu genügen. Inwiefern nutzen Sie Daten und Analysen, um Ihre Beschaffungsprozesse zu optimieren? Man kann es nicht oft genug betonen, wie wichtig Daten und wie wichtig die Qualität der Stammdaten für unseren Erfolg sind. Im Grunde bildet die hohe Datenqualität die Grundlage für unsere Lieferantenund Warengruppenstrategie. Mit modernen, toll visualisierten Tools können wir etwa in der Steuerung unseres Tagesgeschäfts unmittelbar Abweichungen erkennen, gleichzeitig lassen sich Massendaten in kürzester Zeit komprimieren, um notwendige Trends zu erkennen, einzugreifen oder Strategien zu entwickeln. Daher spielt ein modernes Beschaffungscontrolling eine erhebliche Rolle in der Effektivität und Effizienz unserer Beschaffungsorganisation. Wie verändert sich derzeit das Anforderungsprofil an Einkäuferinnen und Einkäufer? Ich bin überzeugt, dass die Zeiten einer rein operativen Orientierung als reine Linienfunktion vorbei sind, genauso wie eine ausschließlich kommerzielle und in Teilen reaktive Orientierung. Wir haben zu Beginn über die VUCA-Welt gesprochen. Diese bringt erhebliche Veränderungen an das Anforderungsprofil mit sich. Neben den Elementen des klassischen Kostenmanagements und der stabilen Versorgung erhöhen wir unsere Kompetenz in der Digitalisierung, auch durch die Zusammenarbeit mit externen Geschäftspartnern. Auch das Bewusstsein für die Wertigkeit der Nachhaltigkeit als ein Entscheidungskriterium wird sich deutlich steigern. Die zukünftigen Einkäuferinnen und Einkäufer müssen noch intensiver Netzwerkkompetenz besitzen, sowohl zu unseren Lieferanten als auch zu unseren internen und externen Stakeholdern. Im Gespräch mit Yannick Schwab, Beschaffung aktuell Der Verbindungstechnikspezialist aus Bielefeld führt mehr als 100.000 DINund Normteile als klassische Verbindungs elemente. Bild: Böllhoff Beschaffung aktuell » 11-12 | 2023 45

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