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Centurion Germany Spring 2019

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Der Pool des Miavana,

Der Pool des Miavana, gelegen auf einer Privatinsel vor der nordöstlichen Küste die Antandroy den französischen Kolonialtruppen länger widersetzten als die anderen 17 Volksstämme auf der Insel. Die Antandroy fanden Zuflucht in den Wäldern, bis sie aus ihren Verstecken gehackt wurden. Die Franzosen sind lange schon weg; seit der Rückgabe der politischen Macht an die Madagassen ist ein halbes Jahrhundert vergangen. Dennoch leben koloniale Strukturen fort. Viele hundert Hektar Sisalpflanzen werden hier für den europäischen Markt angebaut, die Farmen sind die größten Arbeitgeber in der Region. Gleichzeitig können Gäste im Mandrare River Camp einen Antandroy-Fremdenführer engagieren, um Spaziergänge in die heiligen Dornenwälder mit ihrem dichten Blätterdach zu unternehmen. Dort sieht man wilde Lemuren, trifft auf Dorfbewohner, die Speere mit Silberspitzen bei sich haben, und kann aufwendige Grabmäler bewundern. Man bekommt eine Vorstellung, wie es vor der Ankunft der Europäer war. Ein Freund von mir sagte einmal, dass alle Geschichten sich letztlich im Kreis drehen, weil es vor der Grundform und dem Wesen des Universums kein Entkommen gibt. Aus diesem Blickwinkel betrachtet war es vielleicht logisch, dass mir im Bemühen, Madagaskar richtig zu verstehen, immer wieder Königin Ranavalona I. einfiel. Ranavalona war die erste Frau als Oberhaupt des Königreichs Imerina. Die zugehörige vorkoloniale Dynastie herrschte von 1540 bis 1897 über Madagaskar. Die selbstbewusste und ehrgeizige Ranavalona war auch so etwas wie ein Eindringling: Nach dem Tod ihres jungen Ehemanns ergriff sie 1828 die Macht. Die Geschichte ihrer 33-jährigen Regentschaft sagt etwas aus über den Zustand ihres Landes vor der europäischen Invasion und auch über die aktuelle Situation von Madagaskar. Ranavalona hielt strikt an ihrem traditionellen Glauben fest; mit christlicher Missionierung wollte sie nichts zu tun haben. Sie verjagte die London Missionary Society und verfolgte Madagassen, die zum christlichen Glauben konvertiert waren. In ihrer Kabary – einer königlichen Proklamation mit mündlicher Übermittlung – drückte sich die Königin 1835 unmissverständlich aus: „Den englischen und französischen Fremden sei gesagt: Es wäre Zeit- und Energieverschwendung, nach den Bräuchen und Ritualen meiner Ahnen zu greifen. Ihr Fremden könnt Eure eigenen Sitten und Gebräuche praktizieren.“ Jeder für sich also. Europas Streben nach der Insel war jedoch übermächtig, und die Kabary wurde – natürlich – ignoriert. Die Königin begegnete dem Druck der Briten und Franzosen mit gleich starker Entschlossenheit. Sie stellte Armeen auf, und wenn diese aufgerieben waren, setzte sie neue Streitkräfte ein. Zwischen den Jahren 1833 und 1839 schrumpfte die Einwohnerschaft Madagaskars von schätzungsweise 5 Millionen auf 2,5 Millionen Menschen. Die Soldaten, Sklaven und Märtyrer der Königin starben en masse. Die Anstrengungen der Königin, den Einfluss der Invasoren zurückzudrängen, löschte die Hälfte der Bevölkerung aus. Ranavalona starb 1861 mit Anfang 80 im Schlaf. Ein Plakat der Franzosen zeigt die Niederlage, die sie den Madagassen 1895 schließlich beibrachten: Ein Soldat steht mit gespreizten Beinen hoch erhoben auf der Insel, über seiner Schulter hängt ein Gewehr mit Bajonett. Er steckt die Flagge der französischen Fremdenlegion in die Hauptstadt, eingezeichnet als „Tananarive“. Die Unabhängigkeit von Frankreich erlangte Madagaskar 1958. Wenig überraschend, ist seitdem nicht alles reibungslos vonstattengegangen. Mit Entschlossenheit wird aber versucht, das Land zu sanieren und auch die Tierwelt zu retten. Oft werden in diesem Zusammenhang Besucher eingeladen, um sich die verbleibenden Schätze der Natur anzusehen. Nicht alles lässt sich heilen, ganz klar. Da aber das Land, die Kultur, die Tierwelt und das Wohlergehen der Menschen untrennbar miteinander verbunden sind, ist damit jedoch ein nötiger Anfang gemacht. Ein größerer Kontrast als der zwischen den Segeltuchzelten von Mandrare und meiner nächsten Station ist nur schwer vorstellbar: Time + Tide Miavana ist ein Ultra-High-End-Resort auf Nosy Anko, einer Privatinsel im Levens-Archipel vor der Nordostküste des Landes. Meine Anreise erfolgte mit einem Hubschrauber des Typs Robinson R66 von der Hafenstadt Antsiranana aus. Von oben sahen wir Delfine, sehr viele Schildkröten und Fischschwärme – es ist fast wie Schnorcheln, nur hoch oben in der Luft. Miavana bedeutet Zusammenbringen. Das funktioniert zum Beispiel so: Man steigt aus dem Hubschrauber aus und – ausgerüstet mit einem kühlen Tuch sowie einer eisgekühlten Mangolimonade – in ein Golfmobil ein, das einen über schattige Wege zum Frühstück in einem Speisepavillon fährt. Beim Essen hat man Ausblick auf den Infinity-Pool vor dem tiefblauen Meer. Die Szenerie wirkt wie aus einem James-Bond-Film, nur dass die Menschen mit den Aviator-Sonnenbrillen hier alle freundlich Salat aus frischen Kräutern, Gemüse und Sonnenblumenkernen im Miavana CENTURION-MAGAZINE.COM 69

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