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EPP 11.2022

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» BAUGRUPPENFERTIGUNG Lote, Flussmittel und Pasten für Rework- und Reparaturlötungen Verantwortungsbewusstes Metallmanagement Laut einer aktuellen Umfrage (Eurobarometer 04/2022) würden nahezu 80 % der Menschen in Europa ihre Elektrogeräte lieber reparieren lassen, als neue Geräte kaufen zu müssen, weil sich, laut Aussage des Servicetechnikers, eine Reparatur nicht mehr „lohnt“. Seit dem 01.03.2021 gelten, dank EU-Ökodesign- Richtlinie, für Haushalts- und Konsumentengeräte strengere Vorgaben, die eine Reparatur vereinfachen und somit für Verbraucherinnen und Verbraucher attraktiver machen sollen. KURZ & BÜNDIG Trotz eines hohen Automatisierungsgrades mit geringsten Fehlerquoten ist Rework in der Serienfertigung ein gesetzter Prozessschritt. Die Auswahl des richtigen Lötmittels ist hierbei genauso wichtig wie beim Maschinenlöten. So werden z. B. Hersteller verpflichtet, Geräte so zu konzipieren, dass Reparaturen mit handelsüblichen Werkzeugen durchgeführt werden können, ohne dass das Gehäuse dabei beschädigt werden muss. Ersatzteile müssen leicht erhältlich, langfristig verfügbar und kurzfristig lieferbar sein. Zudem muss „fachlich kompetenten Reparateuren“ der freie Zugang zu entsprechenden Reparatur-Anleitungen vom Hersteller gewährt werden. Das Europaparlament hat das „Recht auf Reparatur“ als Priorität für 2022 festgelegt. Somit werden auch neue Geschäftsfelder geschaffen bzw. alte reaktiviert: Reparaturwerkstätten für weiße und braune Ware, die dann wieder die Voraussetzungen vorfinden werden, Elektrogeräte fachgerecht zu reparieren. Der Austausch von Bauteilen auf der Leiterplatte wird wieder als sinnvoller erachtet als der Austausch einer ganzen elektronischen Einheit. Auch in der elektronischen Baugruppenfertigung sind Nachlötarbeiten, trotz eines hohen Automatisierungsgrades, mit geringsten Fehlerquoten nach wie vor unvermeidlich. Elektronisch defekte Bauteile werden erst nach dem Lötprozess detektiert und müssen ausgetauscht werden. Ein weiterer Grund für manuelle Lötungen sind Bauteile, die aufgrund ihrer Bauform, des Layouts der Leiterplatte oder einfach aus ökonomischen Gründen nicht automatisch verlötet werden können. Die richtige Auswahl von Lot und Flussmittel ist beim Handlöten genauso wichtig wie beim Maschinenlöten. Je nach Anforderung können sowohl Lotdrähte mit Flussmittelseele (Röhrenlote), Lötpasten mit und ohne Metallpulveranteil bzw. Reparaturflussmittel in Kombination mit (Mini)- Tauchlötbädern zum Einsatz kommen. Mit der Auswahl der geeigneten Lötmittel wollen wir uns im Folgenden befassen. Auswahl der Weichlotlegierung Röhrenlote (Weichlötdrähte mit Flussmittelfüllung) werden in verschiedenen metallischen Legierungen und Flussmitteltypen in diversen Durchmessern angeboten. Bei der Auswahl des passenden Lötdrahtes stellen sich dem Anwender grundlegende Fragen wie: Welche Legierung soll eingesetzt werden, welcher Flussmitteltyp ist für die Anwendung sinnvoll, welcher Flussmittelanteil ist erforderlich oder welcher Lötdrahtdurchmesser ist passend? RoHS-konforme Baugruppen müssen, bis auf wenige Ausnahmefälle, bleifrei gelötet werden. Dies gilt selbstverständlich auch für, bei einer Reparatur, anfallenden Lötarbeiten. Die gängigen bleifreien Legierungen für den Handlötprozess decken sich mit denen für Schwall- und Reflowlötprozesse. Die in der Baugruppenfertigung eingesetzten Weichlote sind in u.a. in der Norm ISO 9453 aufgeführt. Auch die DIN EN 61190–1–3 beschreibt in ihren Teilen 1 bis 3, die Anforderungen an Verbindungsmaterialien für Baugruppen der Elektronik. Sicherlich ist es sinnvoll, die Lotlegierung zu verwenden, die man auch im vorgeschalteten Lötprozess verwendet hat. Also Sn100Ni+, wie auch in der Welle? Aber im Reflowprozess kam SAC387 oder SAC405 zum Einsatz! Muss jetzt von Lötstelle zu Lötstelle der Lötdraht gewechselt werden? Oder kann man bleifreie Lote unbedenklich untereinander mischen, also beispielsweise eine SAC305-Lötstelle mit Sn99,3Cu0,7 nachlöten? Dies ist natürlich in erster Linie von internen und externen Vorgaben der Ferti- 32 EPP » 11 | 2022

gung abhängig wie z. B. der IPC J-STD-001. Aber was genau entsteht denn bei der Mischung von Zinn-Kupfer und Zinn-Silber-Kupfer? Richtig, Zinn- Silber-Kupfer. „Kein klar definierter Zustand“ könnte die Meinung sein. Aber das Lot aus der Welle bzw. dem Reflowprozess ist spätestens nach eben diesen Lötprozessen nicht mehr in der definierten Original-Zusammensetzung auf der Leiterplatte vorhanden. Je nach Leiterplattenfinish wurde die Lotlegierung bereits mit Zinn-Kupfer-Nickel (HAL-Bleifrei), Nickel-Gold (ENIG), Silber (chem. Ag) oder Kupfer (OSP) mehr oder weniger stark „verunreinigt“. Oder man entscheidet sich für das Lot mit der niedrigsten Schmelztemperatur (SAC387), um Baugruppe und Lötkolben zu schonen. Betrachten wir dazu die Empfehlungen der Hersteller von Lötstationen an, so wird für bleifreie Lote eine Lötkolbentemperatur von 350 – 380° C empfohlen (unabhängig von der Lotlegierung). Bleifreie Lote sind aufgrund ihrer Zusammensetzung und der erforderlichen erhöhten Löttemperaturen wesentlich aggressiver gegenüber gängigen Grundwerkstoffen und Anlagenteilen in der Elektronikfertigung. Dies hat auch zur Folge, dass Lötspitzen schneller ablegiert werden und im schlimmsten Fall innerhalb weniger Tage unbrauchbar werden. Neben den Standard-Lotlegierungen werden daher seit der „Bleifrei-Umstellung“ bevorzugt Lote mit sogenannten Mikrodotierungen angewendet. Diese Dotierungen sind Legierungszusätze wie zudem Nickel oder Germanium. Insbesondere Nickel dient dem Schutz der Lötspitzen und verlängert deren Standzeit merklich. Auch der Abtrag der Substrat-Metallisierung ist bei silberarmen oder-freien Lotlegierungen mit Nickeldotierung wesentlich geringer. Daher sind z.B. Legierungen wie Sn100Ni+, SN100 -403 C oder Sn99Ag+ trotz ihres höheren Schmelzpunktes für Nachlötungen bestens geeignet. Auswahl des Flussmittels Grundsätzlich sind alle Flussmittel gleichen Typs (unterschiedlicher Hersteller) miteinander mischbar. Das zur Nacharbeit verwendete Flussmittel muss mit den in den automatischen Lötprozessen verwendeten Flussmitteln kompatibel sein. In der Baugruppenfertigung sind hauptsächlich Flussmittel der Klassifizierungen ROL0, ROL1, REL0 oder REL1 in Verwendung. Dies sind halogenfrei bzw. halogenarm aktivierte Flussmittel auf natürlicher (RO) bzw. synthetischer (RE) Harzbasis deren Rückstände als No-Clean bezeichnet werden. Neben der internationalen IPC-Norm ist die ISO 9454.1 eine weitere Norm für Weichlötflussmittel, die sich aber nicht ausschließlich mit dem Einsatzbereich Elektronikfertigung befasst. Ein weiterer maßgeblicher Unterschied der beiden Normen liegt in der Klassifizierung. Während die IPC-J-STD-006 die Flussmittel nach ihrer Aktivierung, bzw. nach der Wirkung der Flussmittelrückstände einstuft, orientiert sich die ISO 9454–1 an den Hauptbestandteilen des Flussmittels. Bild: Felder SMD-Lötpaste in verschiedensten Gebinden Performanceprobleme? Unsere wärmeleitfähigen Vergussmassen sind mehr als nur ein Lückenfüller. Leistungsprobleme Volle Potentialausschöpfung DIE KISLING-LÖSUNG: BOCKSTARKE WÄRMELEITFÄHIGE VERGUSSMASSEN FÜR EIN OPTIMIERTES WÄRMEMANAGEMENT Erfahren Sie hier mehr: Besuchen Sie uns auf der electronica: Halle B3, Stand 114 www.kisling.com EPP » 11 | 2022 33

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