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KEM Konstruktion 07-08.2023

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TRENDS » Perspektiven

TRENDS » Perspektiven » Connected mobile Machines & Mobility (CMM) / IAA IM INTERVIEW Gregory Ouillon, CTO EMEA, New Relic Inc. Wandel der Automobilindustrie hin zur Datenindustrie „Software- und IT-Dienste fordern ein neues Maß an Monitoring“ Der Wandel der Automobilindustrie hin zur Datenindustrie ist nicht mehr aufzuhalten und wird die Art, wie Hersteller und Zulieferer arbeiten, nachhaltig verändern. Denn mehr Daten bedeuten mehr Risiko für teure Produktionsausfälle, Hackerangriffe und Datenlecks. Damit wird die lückenlose Echtzeit-Überwachung von IT-Infrastrukturen ein immer wichtigerer Faktor. Im Gespräch mit KEM Konstruktion erklärt Gregory Ouillon, CTO EMEA bei New Relic, welche Rolle Observability-Lösungen dabei spielen. Interview: Johannes Gillar, stellvertretender Chefredakteur KEM Konstruktion »Software verändert das klassische Automobil in Richtung dessen, was wir heute ‚Software Defined Vehicle‘ nennen.« Gregory Ouillon, CTO EMEA bei New Relic, Inc., San Francisco KEM Konstruktion: Sie sagen, die Automobilindustrie ist auf dem Weg zur Datenindustrie. Können Sie das etwas detaillierter erklären? Gregory Ouillon: Die Automobilindustrie befindet sich in der Tat in einem gewaltigen Wandel. Software verändert das klassische Automobil in Richtung dessen, was wir heute „Software Defined Vehicle” nennen. Es wird erwartet, dass Fahrzeuge in den nächsten 10 Jahren mit Hunderten von Millionen Zeilen Softwarecode arbeiten werden. Die vier wichtigsten Triebkräfte hierfür sind autonomes Fahren, Konnektivität, Elektrifizierung und Shared Mobility (ACES) – sie alle basieren auf modernster Software. Moderne Fahrzeuge nutzen neue funktionale, zonale und zentrale Architekturen, die eine leistungsstarke und sichere Datenverarbeitung für alle Bereiche des Fahrzeugs bieten, sei es ADAS (Advanced Driver Assistance System) und autonomes Fahren, Antriebs- strang und Energiemanagement oder Cockpit und Infotainment. Damit verbunden ist eine weitere Revolution, nämlich die der Mobilitätsdienste. Die Fahrer:innen erwarten, dass sie über ihr Mobiltelefon mit immer mehr wichtigen Funktionen ihres Fahrzeugs interagieren können, zum Beispiel Öffnen des Fahrzeugs, Heizung, Infotainment; sie erwarten auch innovative und nahtlose Interaktionen zwischen dem Fahrzeug und seiner Umgebung, etwa mit Straßendiensten, Verkehr, Wartung und Instandhaltung, beim Tanken und Aufladen, Einkaufen oder in Notfällen. Alle diese Dienste werden von einem komplexen und vernetzten Software-Ökosystem gesteuert. Immer mehr Fahrzeuge werden durch On-Demandoder All-inclusive-Mobilitätsabonnements und Leasingmodelle auf Abruf zur Verfügung stehen, was einen reibungslosen Ablauf vom Abschluss des Abonnements über die Nutzung bis zur Rückgabe des Fahrzeugs erfordert. Bild: New Relic Dies eröffnet auch neue Möglichkeiten dafür, die Software von Fahrzeugen aufrüstbar zu machen und sie zu einem zentralen Punkt für die Monetarisierung von Dienstleistungen rund um das Mobilitätserlebnis zu machen. So ist es zum Beispiel schon heute möglich, direkt vom Cockpit aus ein ADAS-Upgrade für einen Tesla zu kaufen, genauso aber auch sein Abendessen zu bestellen. Software eröffnet eine völlig neue Welt der Dienstleistungsinnovation, und die Herausforderung, für die Branchenakteure besteht darin, diese kritischen Wertpunkte in einer softwaregesteuerten Wertschöpfungskette zu erfassen, um ihren Marktanteil zu halten und auszubauen und ihre Einnahmequellen neu zu gestalten. Im Hinblick auf die Produktion werden Industrie-4.0-Software und Digital Twins entscheidende Wettbewerbsvorteile in neuen Fertigungs- und Lieferkettenprozessen bringen, etwa in den neuen Gigafabriken für Batterien, die ein völlig neues Maß an Agilität und Optimierung benötigen, um die von der Branche geforderten Größenordnungen und Kostenpunkte zu erreichen. KEM Konstruktion: Sie sehen das IT- Monitoring als Wettbewerbsfaktor für Automobilhersteller und deren Zulieferer. Können Sie das näher erläutern? Ouillon: Die Softwareumgebung für Hersteller und OEMs wird immer komplexer, fragmentierter und unbeständiger. Immer mehr Fahrzeugfunktionen und Mobili- 54 KEM Konstruktion » 07-08 | 2023

Die Automobilindustrie verändert sich rapide zu einem hoch-performanten, zuverlässigen und sicheren Mobility-Ökosystem. Und dieses Ökosystem benötigt eine end-to-end Observability. Bild: New Relic Full-Stack Observability New Relic ist ein in den USA ansässiges Web- Tracking- und Analyseunternehmen. Die Cloudbasierte Software des Unternehmens ermöglicht es Websites und mobilen Apps, Benutzerinteraktionen und die Software- und Hardwareleistung von Dienstbetreibern zu verfolgen. Full-Stack Observability liefert Engineering- Teams eine datengestützte Sicht auf sämtliche Phasen des Software-Lifecycle – vom Konzept bis zur Umsetzung. New Relic One ist die einzige Plattform, die ausnahmslos alle Telemetriedaten erfasst: Metrics, Events, Logs und Traces. Im Verbund mit umfassenden Analyse-Tools führt sie dabei in kürzester Zeit von der Situationsanalyse zur genauen Problemursache. tätsdienste werden durch die Echtzeit-Interaktion von Hunderten von Software- Komponenten bereitgestellt, und zwar nicht nur im Fahrzeug selbst, sondern auch in der Cloud, auf den Mobilgeräten der Fahrer:innen und mit einer Vielzahl von Drittanbietern und -partnern, wodurch Driver-to-Cloud und Car-to-Cloud zu einem integralen Bestandteil der Fahrzeugarchitektur werden. Um innovativ zu sein und neue Dienste und Funktionen anbieten zu können, die mit dem Wettbewerb Schritt halten, wird die Software im Auto auch Over The Air (OTA) über das heimische WLAN aktualisiert werden, wahrscheinlich mehrmals pro Monat und nicht wie heute alle zwei Jahre beim Service über die Autohäuser. Das Risiko von Bugs, Ausfällen, Fehlern oder Leistungsproblemen steigt also exponentiell an, so wie es auch in anderen Branchen zugenommen hat, die bereits vor der Automobilindustrie auf Cloud- und Microservicebasierte Architekturen umgestiegen sind. Autofahrer:innen erwarten von ihren Auto- und Mobilitätsdiensten in erster Linie, dass sie zuverlässig und sicher sind. Um mit dieser Komplexität kontrolliert und wettbewerbsfähig umzugehen und trotzdem immer schneller innovativ zu sein, gehen die Akteure der Branche heute dazu über, große Softwareeinheiten zu bilden, die für die End-to-End- Architektur und -Entwicklung zuständig sind und moderne DevOps-Praktiken anwenden. Diese Teams benötigen ein neues Maß an Monitoring, um sicherzustellen, dass alle Softwareund IT-Dienste über die gesamte Dienstleistungskette hinweg reibungslos funktionieren – im Auto, in der Cloud, auf mobilen Geräten und bei Drittanbietern. Wir nennen diese durchgängige End-to-End-Überwachung „Observability“. Observability ist für moderne Software-Teams unverzichtbar geworden. Sie hilft ihnen, die Qualität und Leistung ihrer Software während des gesamten Entwicklungs-, Test- und Validierungszyklus zu überprüfen. Sie hilft ihnen aber auch, Millionen von Fahrzeugen und globale Cloud-Dienste in Echtzeit zu überwachen, um den Zustand ihrer neuen Software-Implementierungen zu validieren und proaktiv jedes Problem zu erkennen und dessen Auswirkungen auf den/ die Kund:in zu verstehen und es so schnell wie möglich zu beheben. Der zweite wichtige Faktor sind Produktion und Lieferkette. Jede Unterbrechung der Produktion oder der Lieferkette kann schwerwiegende Auswirkungen auf das Endergebnis und die Kund:innen-Zufriedenheit haben. Im Kontext von Gigafabriken und drohenden Problemen mit Materialengpässen müssen Hersteller sicherstellen, dass ihre Produktionslinien und Lieferketten mit einem sehr hohen Maß an Betriebszeit, Zuverlässigkeit und Leistung arbeiten. Monitoring und Observability sind entscheidend für das Funktionieren der stark digitalisierten Prozesse in Automobilwerken. KEM Konstruktion » 07-08 | 2023 55

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