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information & gesundheit

information & gesundheit Kein Randproblem in der Gesellschaft: Sucht und Selbstverantwortung DAS AUSSCHLEICHEN VON ABHÄNGIGKEIT HERVORRUFENDEN MEDIKAMENTEN Prof. Franz W. Strohmer med. Journalist Man muss einfach von der Tatsache ausgehen, dass es nur einen einzigen Menschen auf dieser Welt gibt, dessen Empfindungen, Körperlichkeit und Reaktionen auf bestimmte Impulse genauso sind, wie sie sich ihm selbst zeigen. Der Mensch ist also in seiner Gesamtheit einmalig. Deshalb bewirken auch Fremdstoffe (Medikamente) eine Veränderung dieser Gesamtheit hin zu einer uniformen Gesamtheit, die man auch als normenangepaßt bezeichnen könnte. Medikamente sind Steuerfaktoren, die in die individuellen Steuermechanismen des Menschen eingreifen und eine bessere Befindlichkeit bewirken oder bewirken sollten. Medikamente erzeugen einen Sättigungsspiegel im Blut, von dem die Wirkung wesentlich abhängig ist. Ein plötzlicher Anstieg wird auch zu Beklemmungen und Bedrückung oder anderen unerwünschten Nebenwirkungen führen können, ein rascher Abfall ebenso (Entzugserscheinung). Medikamente werden vom Körper unterschiedlich schnell angenommen, also zur Wirkung gebracht, aber auch unterschiedlich schnell abgebaut. Man spricht von Halbwertszeiten der Medikamente. (Halbwertszeit ist jene Zeitspanne, in welcher die Konzentration eines Medikamentes im Körper auf ihren halben Wert absinkt). Kurze Halbwertszeiten bedeuten einen raschen Abbau und Nachlassen der Wirkung, also eine Intensivierung der Entzugserscheinungen, die früher beginnen. Medikamente mit langen Halbwertszeiten werden langsamer abgebaut. Die Entzugserscheinungen werden später wahrgenommen. Entzugserscheinungen können so heftig sein, dass sie nahezu unerträglich sind. Was muss man zum Beispiel beim Absetzen von Psychopharmaka (Substanzen, die bestimmte Stoffwechselvorgänge im Gehirn beeinflussen und dadurch die Stimmungslage eines Menschen verändern) beachten: Den allgemeinen Gesundheitszustand der betreffenden Person (Anamnese = Krankheitsvorgeschichte, Status = derzeitiges Krankheitsbild), die Art des eingenommenen Medikamentes, die Dauer der Einnahme des Medikamentes, die Dosierung des Medikamentes (Konzentration und Art der Verabreichung), Nebenwirkungen während der Einnahme oder Wechselwirkungen mit anderen verabreichten Medikamenten, Unterstützung beim Entzug durch fachlich versierte Personen und anderen Bezugspersonen, eine begleitende Psychotherapie, um dramatische Persönlichkeitskrisen zu minimieren, bzw. zu verhindern. Fotos:© pixabay.com 38 | DEZEMBER 2018

information & gesundheit DER WEG DES ENTZUGES Der beste Weg ist das im Titel genannte „Ausschleichen des Medikamentes," das heißt die schrittweise Verringerung der Tagesdosis. Das plötzliche Absetzen oder eines in Kombination genommenen, wird nur dann erfolgreich sein, wenn die betreffende Person besonders willensstark ist und das Medikament nur kurzfristig und in niedriger Dosierung eingenommen wurde. Das „Ausschleichen“ (die sogenannte 10 % Formel): Stufe 1: Verringern Sie die Tagesdosis um 10 Prozent oder lassen sie das Medikament einen Tag weg. Einnahme jeden zweiten Tag. Fortsetzung dieser Dosierung bis Sie sicher sind, dass keine wesentlichen Entzugserscheinungen mehr auftreten. Stufe 2: Nehmen Sie das Medikament nur mehr jeden zweiten Tag und setzen Sie die Tagesdosis auf die Hälfte herab. Setzen Sie die Einnahme so lange fort bis Sie keine wesentlichen Entzugserscheinungen mehr wahrnehmen. Eher ein bisschen länger. Stufe 3: Nehmen Sie das Medikament in der halben Tagesdosis nur mehr jeden dritten Tag etwa drei Wochen. Versuchen Sie das Medikament in der Folge wegzulassen. Sollten dann noch Entzugserscheinungen spürbar werden, wiederholen Sie den Zyklus der Stufe 3 einmalig. Wenn Sie das Medikament zu verschiedenen Tageszeiten eingenommen haben, verringern Sie zuerst die Morgendosis und zuletzt die Abenddosis. Lassen Sie in jedem Falle den Arzt entscheiden, wann eventuell ein anderes Medikament als Ersatz eingesetzt werden kann oder soll. 39 | DEZEMBER 2018