Aufrufe
vor 4 Jahren

mav 06.2019

Titelgeschichte

Titelgeschichte ■■■■■■ Seit der Begriff „Industrie 4.0“ 2011 in die Welt gesetzt wurde, beschäftigt das Thema die Produktionsunternehmen. Auch die Hersteller von Werkzeugmaschinen sehen sich mit der Herausforderung konfrontiert, eigene Industrie-4.0-Strategien zu entwickeln. So vielfältig die Plattformkonzepte und Zukunftsvisionen sind, so schwer ist die Frage, wie viel man in den Aufbau von IT-Infrastruktur und -Knowhow investieren will und welche Services man auf dieser Basis anbieten möchte, die der Kunde tatsächlich nutzt und die einen kontinuierlichen Rückfluss, also zusätzliches Geschäft, versprechen. Vor dieser Herausforderung stand auch der traditionsreiche Drehmaschinenhersteller Index, als er 2015 einen „Masterplan IT“ aufstellte. Am Anfang stand die Frage: Was bedeutet Industrie 4.0 für Index? Die Antwort gibt Werner Bothe. Aus über 20-jähriger Tätigkeit für Index kennt er die internen Prozesse aus dem Effeff und weiß zudem, wie die Branche tickt. Seit Mitte 2017 treibt er als Leiter Digitalisierung die Entwicklung voran. „Wir wollen neben den Maschinenprodukten ein nachhaltiges Geschäftsmodell aufbauen, das ist für uns der zentrale Punkt“, so Bothe. Der Auslöser sei von der Geschäftsleitung gekommen, „und die steht hinter uns wie eine Eins!“ Der Plan: Bis 2025 soll ein tragfähiges digitales Geschäftsmodell aufgebaut werden, um neben dem konjunkturgetriebenen Einmalumsatz, zusätzlich einen kontinuierlichen Ertragsfluss durch z. B. Monatsmieten zu erzielen. Die Überlegungen mündeten schließlich in der Idee, eine Index-Welt im Internet zu schaffen, die eine ganzheitliche digitale Unterstützung der Kundenprozesse durch eine vom Hersteller betriebene Plattform ermöglicht – die iXworld war geboren. Positive Resonanz im Markt Auf der Hausausstellung im vergangenen Jahr wurde das Konzept erstmals einer breiteren Öffentlichkeit präsentiert und die Resonanz war sehr positiv. Zur AMB in Stuttgart waren dann bereits erste Maschinen- Apps zu sehen. Wie rasch die Entwicklung voranschreitet, davon konnten sich schließlich die Besucher des Open House im April Wachsende Zahl von Apps Index baut die Zahl der verfügbaren Apps für die iX4.0-Plattform kontinuierlich aus. Hier ein Überblick über die aktuell verfügbaren Services: Maschinenmanagement · Maschinenverwaltung (Verwaltung des gesamten Maschinenparks) · Online Document (Dokumentation überall ver - fügbar) · Service Management (Überblick über anstehende Wartungen und deren Durchführung) · Spare Part Finder (Stücklisten/3D-Modelle zur Ersatzteilidentifikation) Performance Status Monitor (Überblick über MDE/BDE-Daten · Alarm Messenger (Benachrichtigung bei Erreichung von kritischen Zuständen) Alarm History (Anzeige der Alarme pro Maschine) · Crash Sensor (Anzeige von Kollisionen an der Maschine) · Job Manager (Verwaltung von Fertigungsaufträgen) Condition Monitoring · Spindle Check (Überwachung der Spindeln an der Maschine) · Drive Check (Überwachung der Achsen an der Maschine) · Temp Check (Überwachung der Temperatur ver - läufe) · Level Check (Überblick über die Füllstände an der Maschine) Auf einen Blick: iX4.0 liefert eine stets aktuelle Übersicht über alle installierten Maschinen und deren Betriebszustand. Bild: Index 2019 überzeugen, wo Index bereits eine ansehnliche Zahl marktreifer Services anbieten konnte. Im Kern bündelt die iXworld die folgenden vier Bereiche: · iX4.0 umfasst alles, was Maschinenverwaltung, IoT-Anbindung und die dazugehörigen Services betrifft. · iXservices stellt die Verbindung zum Service über einen Ticket Manager bereit. · iXplore bietet Informationen und Dokumentationen zu den Index-Produkten. · iXshop ist die Weiterentwicklung des 2009 eingeführten Infoshops und soll Zug um Zug zu einem Online-Beschaffungsportal wachsen, auf dem Kunden letztendlich alles kaufen können, was sie beim Betrieb einer Index-Maschine benötigen. 8 Juni 2019

iX4.0 – Produktion im Blick Herzstück des Ganzen ist iX4.0, denn darüber werden Maschinenzustands-, Prozessund betriebswirtschaftliche Daten ausgetauscht. Damit eine sichere und transparente Verbindung zwischen den Prozessen bei Index und denen des Kunden darstellbar ist, war zunächst die Plattformfrage im eigenen Haus zu klären. Die Esslinger nahmen einige der aktuell propagierten IoT-Cloud-Plattformen unter die Lupe, die sich in puncto Branchenfokus, Reife- und Integrationsgrad Weg geht aus meiner Sicht eindeutig in Richtung Cloud.“ Natürlich steht die Sicherheit an erster Stelle, aber mit SAP habe man einen sehr kompetenten Partner mit im Boot. Richtig interessant wird es dann mit IoT- Anbindung. Erst dadurch werden aktuelle Maschinen- und Betriebsdaten in der Cloud verfügbar und ermöglichen eine Vielzahl zusätzlicher Services. „Eigentlich beginnt man damit, Betriebsdaten von der Maschine zu erfassen und zu analysieren“, so Bothe. „Man macht ein Monitoring der Maschinendaten. Läuft die Maschine, läuft sie nicht? So sieht man auf einen Blick, ob sie sich im grünen oder roten Zustand befindet. Man sieht auch, ob ein Crash gefahren wurde: In diesem Fall gibt es eine Push-Meldung in Form eines Symbols in der Anzeige, das dieses dem Anwender verdeutlicht. Oder, wenn eine Wartung fällig ist, wird ein Warndreieck gezeigt, sodass der Planer die notwendige Stillstandszeit einplanen kann.“ Edgecomputer als Gateway in die Cloud Im Detail: Für jede seiner Maschinen kann der Kunde die wichtigsten Informationen abbrufen. Bild: Index unterschieden. Am Ende ist man bei SAP gelandet. Das bedeutete einiges an Vorarbeit, die bei Index konsequent auf Basis des Masterplans umgesetzt wurde: 2016 wurde SAP ERP eingeführt, 2017 folgte das CRM, aktuell wird die PLM-Software der Walldorfer implementiert. „Wir haben bald ein Backbone, das weltweit vollständig integriert ist“, freut sich Bothe. „Die Index-Prozesse basieren auf einer sehr homogenen Landschaft. Und die iXworld, die die Verbindung zu den Kundenprozessen schafft, ist ebenfalls integriert.“ Über das in der Cloud laufende Asset Intelligence Network (AIN) von SAP lässt sich der komplette Maschinenbestand des Kunden verwalten. Das betrifft die ausgelieferten Maschinen samt Dokumentation, Wartungsplänen und Ersatzteilübersichten. „Der Kunde, der Index-Maschinen betreibt, sieht immer nur seine eigenen“, so Bothe. „Er kann, wenn er will, zusätzliche Maschinen aufnehmen oder kann sogar sein gesamtes Equipment darin verwalten – auch Maschinen und Anlagen anderer Anbieter. Diese Asset-Verwaltung in der Cloud ist ein wunderschönes Konstrukt, auf das wir aufsetzen. Damit können wir eine Maschinenverwaltung pro Kunde darstellen. Jeder sieht nur das, was er benötigt – kunden-, maschinen- und rollenspezifisch.“ Um diese Möglichkeiten zu nutzen, bietet Index zwei Implementierungsstufen an: eine ohne IoT-Anbindung und eine mit IoT-Anbindung. „Wenn ich meine Maschine nicht anbinden möchte, aber den Nutzen der Maschinenverwaltung gerne ausschöpfen möchte – also Online-Dokumentation, Wartung, etc. –, dann kann ich das tun“, erklärt Bothe. „Das heißt z. B., ich gebe einmal pro Woche den Stand der Betriebsstunden ein, dann kann ich eine Wartungsplanung machen und eine Liste erzeugen, die mir sagt, was ich in der nächsten Woche alles zu tun habe. Dahinter liegen die konkreten Dokumente, die beschreiben, was im Einzelnen an Wartungstätigkeiten zu tun ist. So kann ich schon auf dieser Stufe eine komplette Dokumentation und ein Wartungsmanagement mit iX4.0 realisieren, ohne die Maschine an die Cloud anbinden zu müssen.“ Gespeichert werden die Daten in der SAP Cloud. „Andere machen auch On-Premise- Lösungen“, erläutert Bothe. „Wir glauben, dass es nicht die Zukunft sein wird, On-Premise-Lösungen parallel zu betreiben. Der Die Gretchenfrage lautet nun: Wie aufwendig ist es, die Maschinen ins Netz zu bringen? Index liefert seit circa drei Jahren jede neue Maschine mit einem Edgecomputer als Gateway für den Teleservice aus, der den sicheren Aufbau von Internetverbindungen gewährleistet. Im Schaltschrank integriert, stellt der Edgecomputer eine sichere virtuelle Tunnelverbindung von der Maschine in die Cloud her. Der Edgecomputer sammelt die erfassten Daten (aus der Steuerung sowie zusätzlichen Sensoren), führt gegebenenfalls eine Vorverarbeitung durch und liefert sie anforderungsgenau an die Verarbeitungssoftware in der Cloud. Welche Daten übertragen werden, entscheidet der Kunde durch die Auswahl der genutzten Apps. Auf Basis des OPC-UA-Protokolls lassen sich auch ältere Maschinen mit allen bei Index eingesetzten Steuerungen zurück bis etwa 2012 mit der Cloud verbinden. Lediglich die Nachrüstung mit einem Edgecomputer kann erforderlich sein. Um noch ältere Index- und Traub-Maschinen sowie Fremdfabrikate in die digitale Plattform zu integrieren, hat Index einen IoT-Connector auf Raspberry-Pi-Basis entwickelt, der sich einfach im Schaltschrank platzieren lässt, dort die Signale aufnimmt und im OPC-UA- Format ausgibt. Juni 2019 9

MAV