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medizin&technik 01.2020

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■ [ MESSE ]

■ [ MESSE ] ENTSCHEIDUNGEN DORT TREFFEN, WO DAS WISSEN IST Gute Führungskräfte | Von einer „Gestaltungshierarchie“ und einem guten Wissensnetzwerk profitieren Chefs wie auch Mitarbeiter in einzelnen Abteilungen und im ganzen Unternehmen, sagt Uwe Jant, Vorstand (COO) von Rolf Schulz HR Consultants aus Baden-Baden. Er hat sich auf das Training von Führungskräften spezialisiert. gründung zum Geschäftsführer geworden. Ist das problematisch? Wir kennen das von vielen erfolgreichen Selfmademen. Die rutschen quasi in ihre Führungsrolle hinein, leben sie „aus dem Bauch heraus“ und führen das Unternehmen anfangs meist sehr erfolgreich in familiären Strukturen. Aber, wenn das Unternehmen wächst, Uwe Jant ist Vorstand (COO) der Rolf Schulz HR Consultants AG aus Baden-Baden IHR STICHWORT ■ ■ ■ ■ Karriere Nachwuchs Führungskräfte Fortbildung (Bild: Rolf Schulz Consulting) ■ Herr Jant, welche Rolle spielen Führungskräfte heute für die wirtschaftliche Entwicklung eines Unternehmens? Eine entscheidende, wenn nicht die entscheidende Rolle. Insbesondere Führungskräfte, die das operative Geschäft steuern und verantworten, sind gemeinsam mit ihren Mitarbeitern maßgeblich für den Erfolg eines Unternehmens. Was nun nicht heißen soll, dass Führungskräfte anderer Ebenen weniger wichtig sind. Doch die Führungsspanne, die Erwartung der Mitarbeiter an die Fach-, Führungs- und Sozialkompetenz sowie die „Sandwichposition“ machen die operative Steuerung sehr komplex. ■ In vielen KMU ist der Forscher, der Entwickler des Produkts, mit der Firmen- Der Geschäftsführer kann nicht alles wissen, um alles entscheiden zu können passen diese familiären Strukturen nicht mehr – und dann kommt ein Leistungsabfall, der sich zum wirtschaftlichen Risiko auswachsen kann. Das Problem sehen wir übrigens auch in einigen bereits sehr großen Konzernen. ■ Was empfehlen Sie diesen Unter - nehmen? Zum einen klar abgegrenzte Aufgabenverteilungen, die zum Beispiel in einem Organigramm für jeden Mitarbeiter ersichtlich sind. Das klingt banal, doch erleben wir immer wieder in Trainings, dass zu Beginn die Führungskräfte sagen: „Ist doch alles klar, wir wissen, was wir zu tun haben“. Wenn wir dann gemeinsam bestimmte Kriterien analysieren – merken sie schnell: So viel ist gar nicht klar. Es geht im Grunde um vier Punkte: Erstens, die Rolle oder Identität, die ich in dem Unternehmen einnehme, zweitens die eigene Einstellung, die eigenen Werte. Da geht es darum, was einen antreibt, motiviert. Drittens, was sind die eigenen Fähigkeiten und Potenziale. Und viertens, wie ist das eige- 26 medizin&technik 01/2020

ne Verhalten, wie ist man als Vorbild? Sind diese Punkte für einen selbst geklärt, geht es darum, was die anderen – vom Kunden über den Mitarbeiter bis hin zum Vorgesetzten – von einem erwarten. Stimmen in den Punkten „Rolle“, „Werte“ und „Erwartungen“ die eigenen Vorstellungen mit denen der anderen oder des Unternehmens nicht überein, ergibt sich ein „Gap“ eine Lücke. Je größer diese ist, desto schlechter wird die Führung: es gibt Missverständnisse, Aufgaben werden nicht erledigt und so weiter. ■ Welche Fragen sollte sich ein Mitarbeiter stellen, der Interesse hat, in eine Führungsposition zu wechseln? Viele denken, sie müssten da besonders „chefmäßig“ auftreten können, aber die wichtigste Fähigkeit ist die der Refle - xion. Wenn ich dazu in der Lage bin, kann ich durch Weiterbildung und Training eventuelle Schwächen ausgleichen und viel erreichen. Darüber hinaus sollte der Mitarbeiter genau auf die Rahmenbedingungen schauen. Aufgaben, Verantwortungen und Befugnisse der Funktion ‚Führungskraft‘ müssen glasklar erkennbar sein. Dass sich diese im Laufe der Zeit gegebenenfalls verändern, ist natürlich. Umso wichtiger ist es, immer wieder die eigene Rolle als Führungskraft zu reflektieren. Neben Fachkompetenz erhalten Führungs- und Sozialkompetenz einen immer größeren Stellenwert. Insbesondere die Mitarbeiter erwarten immer häufiger einen Coach und Sparringspartner als Führungskraft, weniger die Fachkraft. ■ Führungspersönlichkeiten des „alten Schlags“ entscheiden alles selbst. Was ist heute gefragt? Zum einen: Emotionalität ist prinzipiell in Ordnung – derjenige muss sich nur darüber im Klaren sein, was er damit bei seinen Mitarbeitern auslöst, beziehungsweise, welche Mitarbeiter dann gerne für ihn arbeiten und welche gegebenenfalls das Unternehmen verlassen. Das gibt es kein richtig oder falsch. „Alles-selbst-entscheiden-wollen“ ist unserer Erfahrung nach in modernen Unternehmen eher bremsend. Der Geschäftsführer kann nicht alles wissen, um alles entscheiden zu können. Es macht daher Sinn, dass Entscheidungen dort stattfinden, wo das entsprechende Wissen ist. Wir sprechen hier von einer „Gestaltungshierarchie“: Der Geschäftsführer entscheidet selbstverständlich über die strategische Ausrichtung des Unternehmens. Operative Entscheidungen werden jedoch von der operativen Führungsebene getroffen. ■ Damit verändert sich auch die Verantwortung der Mitarbeiter, oder? Natürlich. Als Wissensträger sind sie Teilentscheider. Aber sie können sich in diese Rolle hineinentwickeln, durch Fortbildungen gefördert werden – wenn die Führungsebene das will. Da sind wir wieder beim Punkt „Werte“ und „Einstellungen“ der Chefs: Welche Mitarbeiter wollen diese haben? ■ Kann ich dann sagen: Ich bekomme als Führungsperson die Mitarbeiter, die ich verdiene? (Lacht) Ich würde eher sagen: Ich bekomme die Mitarbeiter, die ich entwickle – idealerweise. Anke Biester Wissenschaftsjournalistin aus Aichstetten Mehr zum Thema auf der Medtec Live Uwe Jant wird am 2. April auf der Nürnberger Medizintechnik-Fachmesse Medtec Live beim Messe- Forum (Halle 10.0) um 10:30 Uhr tiefergehend über „Führungskräfte heute und morgen“ informieren – in einem von vier Vorträgen zu „Karriere und Nachwuchs“. Insgesamt decken die Messe-Foren vom 31. März bis 2. April eine große Vielzahl von Themen ab. www.medteclive.com/de/events 01/2020 medizin&technik 27

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