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NK 09_2016

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18 TITELINTERVIEW

18 TITELINTERVIEW Planeten. Sie hatten 400 Millionen Jahre Zeit, um sich zu den perfektesten Tieren unter Wasser zu entwickeln. Haie haben Sinnesorgane, von denen wir immer noch nicht alles wissen. Mit ihren Lorenzinischen Ampullen in der Kopfregion (siehe Foto) können sie elektrische Felder und den Herzschlag ihrer Beutefische spüren. Es macht mich immer wieder sehr traurig, wenn Medien über diese intelligenten Tiere schlecht schreiben. Für die meisten Medien ist eine Hai-Geschichte nur interessant, wenn viel Blut fließt. Wir machen genau andere Filme und Fotos! NK: Im Fernsehen kam neulich ein Film über Hai-Taucher. Diese schwammen allerdings nicht mit den Fischen, sondern waren in einem stabilen Käfig gesichert. Ist es also auch für einen erfahrenen Taucher doch eher angesagt, Haien nur im Käfig zu begegnen? Geräusche man macht, des- te Sicht zu nennen, Nähe zu Beute- mit Haien geschehen, wenn der Hai to uninteressanter wirkt man fischen etc. einen leichten „Testbiss“ macht, der auf einen Hai. Es sind oft Mensch aus Furcht und Schreck die nicht-rhythmischen Tö- Ingolf Winter: Wenn es mal zu ei- das Körperteil aus dem Maul heraus- ne, die wir Menschen kre- nem schlimmen Hai-Unfall kommt, zieht und sich so an den messer- ieren, die einen Hai inte- dann frisst unter normalen Umstän- scharfen Zähnen schwer verletzt. ressieren. Schwimmt der den der Hai auch nicht das Menschen- Überlegt mal: Täglich schwimmen, Hai dann weiter, sollte fleisch, sondern spuckt es aus. Er schnorcheln, baden und tauchen man sich langsam (!) ver- merkt, dass dies nicht seine Nahrung Millionen von Menschen in den Mee- suchen zurückzuziehen, ist. Die meisten schlimmen Unfälle ren der Welt, dem Lebensbereich der aber weiterhin um sich schauen. Kommt der Hai/ Schatten wieder näher, hört man mit der Bewegung wieder auf … Sollte ein Hai sehr nahe kommen, empfehlen wir die Regel „Face-Guide-Push-Move“: sich zum Hai drehen (Face), den Hai an sich vorbeileiten (Guide), den Hai wegdrücken, sollte er direkt auf die Per- VITA Ingolf Winter: Zu- dies mal mit einem Löwen son zuschwimmen (Push) und wenn alles nicht hilft ist es angebracht Dr. Erich Ritter nächst eine Klarstel- – mit einem Stück Zebra sich direkt auf den Hai zu bewegen Er hat an der Universität von Zürich lung: Haie sind keine Fische. Sie bil- zu diesem intelligenten Säugetier (Move). Das Letztere führt immer promoviert im Fachgebiet „Behavioral den eine eigene Spezies. Meine Söh- gehen und ihn füttern! Mit Haien dazu, dass sich ein Hai zurückzieht Ecology“ (Verhaltensökologie) und ist der weltweit einzige professio- ne Michael und ich sind mit allen machen wir genau dies! respektive eine größere Distanz zwi- nelle Spezialist für Hai-Mensch-Interaktion. Als Post-Doktorand arbei- Hai-Arten schon sehr häufig ohne schen sich und uns herstellt. tete er an der Rosenschiel-Schule der Universität Miami. Heute lebt Käfig getaucht. Nur wenn völlig un- NK: Dr. Ritter, auch große Haie kom- er in Pensacola, Florida, und ist mit der Universität von West Florida erfahrene Urlaubstaucher große Weiße men durchaus in die Strandnähe NK: Das heißt also, dass ein Hai verbunden. Seine Feldstudien führt er primär in den Northern Abacos, Haie bewundern möchten, sichert und können damit zu einer Gefahr nicht grundlos und willkürlich oder Bahamas, am „Shark Education & Research Center“ (SERC) durch. man dies mit einem Käfig. Manchmal für die badenden Menschen wer- aus reiner Fresslust einen Menschen Dr. Ritter ist international als führende Autorität und als Pionier im liegt es auch an Regierungen, die den. Was kann ein im Umgang mit angreift. Was sind die hauptsächli- Bereich der Hai-Mensch-Interaktion anerkannt. Er entwickelte das einen Käfig vorschreiben. Eine kleine Haien unerfahrener Schwimmer, chen Gründe für Hai-Unfälle? erste Interaktions-Konzept überhaupt, ADORE-SANE. Es ermöglicht Geschichte über eine faszinierend außer einem Gebet sprechen, sonst Dr. Erich Ritter: Kein Hai beißt grund- Wassersportlern, sicher mit Haien jedweder Spezies und in unter- Begegnung meines Sohnes Michael noch tun? los. Entgegen gängiger Ansicht müs- schiedlichen Umweltbedingungen/-szenarien zu interagieren. Er unter- mit einem fünf Meter großem Tiger- Dr. Erich Ritter: Das Wichtigste ist, sen immer mehrere Faktoren zusam- richtet Taucher, Schnorchler, Rettungsschwimmer etc. darin, wie sie hai: Dieser wurde mit Fischstücken dass man sofort mit der momenta- menkommen, damit es zu einem mit Haien sinnvoll und sicher interagieren können, worauf zu achten angefüttert und glaubte, die silberne nen Bewegung aufhört (plantschen, Unfall kommen kann. Neben dem ist, wenn sie ins Wasser gehen und – ganz besonders wichtig – wie Tauchflosse von Michael sei auch vorwärtsschwimmen …), wenn man Kreieren von – für den Hai – attrak- sie sich wohl und sicher in der Gegenwart von Haien fühlen. essbar. Es schwamm ganz dicht zu einen Hai sieht oder auch nur einen tiven Geräuschen sind es vorwie- Dr. Ritter sammelt seit mehr als 35 Jahren Daten von unterschiedli- Michael, öffnete das Maul und wollte Schatten (und dann lediglich vor- gend Umwelteinflüsse oder Regio- chen Hai-Spezies in aller Welt, speziell von denen, die in Unfälle mit in die Flosse beißen. Michael schob beugend handelt), sich in eine verti- nen, die die Unfallwahrscheinlichkeit Menschen verwickelt waren. Neben einigen Riffhai-Arten liegt sein ihn mit der freien Hand zur Seite. Der kale Position begibt und sich lang- erhöhen (da Haie in solchen Regio- Fokus auf Bullenhaien, Zitronenhaien und Weißhaien. Hai verstand dies sofort und starte- sam mit dem Hai um die eigene nen dann häufiger sind), beispiels- Er ist oft zu Gast in diversen TV-Sendungen, sowohl im deutschspra- te nie mehr einen solchen Versuch. Achse dreht, wobei man die Beine weise Sandbänke, Kanäle, Abwas- chigen Raum als auch in USA und dem Rest der Welt. Wir waren noch knapp eine Stunde hängen lassen und sich nur mit den serrohre, Ohrenrobben-Kolonien, Eng- mit ihm im Wasser! Versuchen Sie Armen bewegen sollte. Je weniger pässe … aber dann ist auch schlech- 09.2016

TITELINTERVIEW 19 leidliche Erfahrungen mit den ge- Dr. Erich Ritter: In meinem Beruf halten), wird die wohl größte ökolo- wie wichtig für uns Taucher an den fürchteten Zähnen eines Hais Be- lässt es sich nicht vermeiden, dass gische Zeitbombe hochgehen. Zwar Tauchplätzen ein gesunder Hai-Be- kanntschaft machen müssen? man auch mal gebissen wird, wobei hat man begonnen, Haie hier und stand ist und dass wir dies stark be- Ingolf Winter: Vor zwei Jahren schnor- diese Schnapper meist harmlos sind. da zu schützen, Fangquoten herun- rücksichtigen bei der Urlaubsziel- chelten wir mit etwa 25 karibischen Das geschieht dann, wenn wir her- tergesetzt etc., doch wird nur ein Auswahl. Die Welt muss erkennen, Riffhaien und Schwarzspitzenhoch- ausfinden müssen oder wollen, wie weltweites und permanentes Fang- dass für uns nur ein lebender Hai ein seehaien in sehr flachem Was ser. weit man mit einem Hai unter ge- verbot aller Haie noch einen Um- guter Hai ist. Die Länder, für die Ein- Immer wieder wurden vom Boot wissen Situationen gehen kann, be- schwung bringen können. nahmen aus der Tauchtouristik le- kleine Fischstücke ins Wasser ge- vor er sich wehrt – wir können fest- bensnotwendig sind, müssen erken- worfen, damit mein Sohn und ich die halten, dass man mit diesen Tieren NK: Welche Aufgabe hat der Hai nen, dass lebende Haie langfristig Haie ganz dicht vor die Kamera be- sehr weit gehen kann, was auch für im Naturkreislauf und wie sähen mehr Geld ins Land bringen als der kamen (siehe Foto). Selbst in dieser Bullenhaie, Tiger- oder sogar Weiße die Meere ohne Haie aus? Verkauf ihrer Flossen! Kinder lieben Extremsituation hatte keiner dieser Haie gilt. Es ist dieses Grenzen- und Dr. Erich Ritter: Es gibt Modelle, die Haie, finden Haie spannend und toll Burschen einen Beißversuch unter- Umstände-Kennenlernen, das sich eine Endzeitsituation vorhersagen, wie Dinosaurier! Wir müssen früh nommen. Beim ganz normalen Tau- dann in den entsprechenden Regeln wenn man die Haie von der Spitze beginnen, der nächsten Generation chen weltweit gibt es immer wieder und Empfehlungen manifestiert. Un- eliminiert. Die gängige Meinung ist, den Hai so zu präsentieren, dass er Begegnungen mit den großen Raub- ser Motto ist, dass es keine gefährli- dass alles (Nahrungsketten, Nah- genauso seinen Stellenwert in un- tieren der Meere. Dabei werden chen Haie gibt, nur gefährliche Situ- rungsnetze …) zusammenfallen wür- serer Welt bekommt wie ein Delfin. Menschen immer wieder fasziniert ationen. Und diese Situation werden de und die Konsumenten der ver- immer (!) von uns Menschen kreiert, schiedenen Stufen verschwinden Dr. Erich Ritter: Jeder kann seinen bewusst, unbewusst oder von drit- würden. Was das schlussendlich be- Beitrag leisten. Man muss nicht in ten Personen ausgelöst. wirken wird, muss dahingestellt blei- einer Organisation tätig sein oder ben, aber bedenken wir, dass (je nach denken, dass man alleine ja eh nichts NK: Das kann doch nur be- Quelle) zwischen 60 und 80 Prozent machen kann (das Letztere ist le- deuten, dass sich ein im unseres Sauerstoffs vom Phytoplank- diglich eine Ausrede, nichts tun zu Umgang mit Großfischen ton, der untersten Nahrungsstufe, müssen), sondern jeder kann auf- unerfahrener Schnorch- produziert wird. Somit ist es sehr ge- stehen und seinen Beitrag leisten. ler oder Surfer nicht in fährlich, diese Dinge einfach „laufen Eine der wichtigsten Dinge ist, dass deren Nähe begeben zu lassen“, denn ein solcher Zerfall man mithilft das falsche Image der sollte. Gibt es spezielle wird sich auch auf jener Ebene be- Haie zu bekämpfen. Und das beginnt Tauchschulen, in denen merkbar machen. im Freundeskreis, im Tauchclub und Begegnungen mit Haien eben überall, wo es sich ergibt, dass gelernt und geübt wer- Ingolf Winter: Im Klartext: man über Haie reden Haie. Die Frage muss doch den können? Es gibt viele Fisch- kann. Wer lauten: Warum geschehen Dr. Erich Ritter: Wenn man die arten, die sich jährlich nur so wenige Unfälle Regeln kennt und versteht wor- nur von mit Haien? Wenn die Haie wirk- auf zu achten ist, wenn man sich an lich an uns Menschen als Nahrungs- einem bestimmten Ort aufhält (Ufer- quelle interessiert wären, sähe dies nähe, offenes Wasser, Kanal, Steg …), sicherlich ganz anders aus! sein von der Kraft und Schnelligkeit wird es zu keinen Unfällen kommen. der Haie und verwundert sein, wie Die einzige Schule, die es dafür NK: Nun sind Sie ja beide erfahrene scheu und vorsichtig der Hai dem gibt, ist unsere SharkSchool, die Hai-Taucher. Haben Sie trotzdem Menschen begegnet. wir vor rund 20 Jahren mit der Absicht gründeten, unsere Erfahrungen, Forschungsergebnisse etc. an die breite Öffentlichkeit zu bringen. Je besser die Allgemeinheit Haie versteht und eben begreift, dass sie die harmlosesten Großraubtiere auf unserer Erde darstel- VITA len (hinsichtlich Anzahl Unfälle zu Gesamtdichte der Tiere), dann Ingolf Winter Ob beruflich, privat oder Hobby: Was Ingolf Winter (62) anpackt, macht er mit äußerster Intensität und höchstem Engagement. Sein Leben ist geprägt von seinem Mut, seiner unerschöpflichen Kreativität und der wird man auch bereit sein, diese Tiere zu schützen. Etwas, das bisher nur gering geschieht, da Menschen generell nicht schützen, wovor sie sich fürchten. diesem hohen Wertschätzung für Menschen und für die Natur. Sein Werdegang: Studium der Wirtschaftswissenschaften, Zeitsoldat, Fallschirmspringer mit über tausend Absprüngen, Spezialausbildung zum Einzelkämpfer, Journalist, Fotograf, Ha-Ra-Reinigungssysteme-Generalvertreter, Gründer der proWIN GmbH und Aufbau des proWIN- Direktvertriebs mit heute 130 Mio. Euro Jahresumsatz. Ingolf Winter ist begeisterter und mehrfach ausgezeichneter Tierund Unterwasserfotograf sowie Unterwasserfilmer. Veröffentlichte Bücher: „Tauchparadiese der Welt“ und „Taucherparadies Rotes Meer“ Mit der Stiftung proWIN pro nature unterstützt seine Firma verschiedene Projekte im Tier- und Naturschutz sowohl national als auch international. Gerade kürzlich hat die Stiftung die Patenschaft für 100 Baby-Elefanten in Kenia übernommen, deren Mütter von Wilderern getötet wurden. Ein Herzensprojekt ist natürlich der Haischutz, die nächste Expedition führt zu den Tigerhaien der Bahamas. Großes soziales Engagement durch proWIN und ihre Stiftung, die in den letzten vier Jahren mit circa vier Millionen Euro hilfsbedürftige Kinder unterstützte. NK: Kommen wir noch einmal zurück auf das Abschlachten der Haie. Wie ist weltweit gesehen der Hai-Bestand zurückgegangen und besteht die Gefahr, dass dieser relativ bald komplett ausgerottet ist? Dr. Erich Ritter: Einige Hai-Arten sind vom Aussterben bedroht und haben bereits den Stand der biologischen Ausrottung erreicht, bedeutend, dass, auch wenn es noch Vertreter dieser Art gibt, nicht mehr genügend Männchen und Weibchen vorhanden sind, die es garantieren könnten, dass die Population(en) noch gerettet werden könnte(n). Wenn es dazu kommen sollte, dass die häufigsten Arten unter das Limit geraten, wo sie ihre Aufgabe in den verschiedenen Sauerstoff erzeugendem Plankton ernähren. Wenn es keine Haie mehr gibt, welche diese Fischarten kontrollieren, wird es immer weniger Phytoplankton geben und somit immer weniger Sauerstoff für die Menschheit. Somit kann man sagen: Stirbt der Hai, stirbt der Mensch! NK: Sie beide engagieren sich für den internationalen Schutz der Haie. Was kann man selber als Verbraucher für die Erhaltung der Haie tun? Ingolf Winter: Sich von diesen wunderbaren Tieren unter Wasser begeistern lassen und mit ganz vielen Menschen darüber sprechen. In weitergehen möchte, kann von unserem Office kostenfrei einen über 200 Folien langen Vortrag anfordern, den er oder sie dann in Tauchclubs etc. halten kann. Diese Aufklärung muss aber auch im breiteren Rahmen geschehen. Und so etwas kann nur geschehen, wenn es Organisa tionen wie proWin pro nature gibt, die mit ihren Filmen zeigen, wie mit Haien interagiert werden kann, und durch ihre finanzielle Unterstützung helfen, dass die Forschung der Hai-Mensch- Interaktion weitergehen kann, was schlussendlich das Ziel hat Haie besser verstehen zu können und somit den Schutz dieser Tiere zu verbes- Nahrungsketten noch erfolgreich aus- Tauchregionen immer wieder mit sern. führen können (und diese in Balance den Veranstaltern darüber reden, www.prowin.net

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