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2010-3 REISE und PREISE

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EL SALVADOR DIE

EL SALVADOR DIE REPORTAGE Vom Guerillero zum Dschungel-Guide Kriegsgeschichten, erzählt von Ex-Guerilleros, Zehn-Meter-Sprünge in tiefe Dschungelflüsse, Ritte auf Weltklassewellen und Vulkanbesteigungen, all das kann man in El Salvador erleben. Seit Ende des Bürgerkriegs hatte das Land vor allem mit sich selbst zu tun. Nur langsam öffnet sich der mittelamerikanische Staat für den Tourismus VON DR. JUTTA ULMER Wir wandern nun schon seit zwei Stunden durch das waldreiche Bergland Morazans. Rafael kennt hier jeden kleinen Pfad und kann über jeden Hügel etwas berichten. Er erzählt von blutigen Gefechten gegen das Militär, von toten compañerosund provisorischen Guerilla-Hospitälern im Wald, in denen die Verwundeten mit einfachsten Instrumenten operiert wurden. »Wir waren Bauern, Arbeiter, Studenten und Ärzte; Frauen und Männer; Christen und Linke. Damals kämpften wir mit Waffen für eine bessere Gesellschaft. Gemeinsam träumten wir von einem El Salvador, in dem alle Zugang zu Trinkwasser, Bildung und den Diensten des Gesundheitswesens haben.« Das war während des zwölfjährigen Bürgerkriegs. Ungleiche Landverteilung, Ar - mut und Menschenrechtsverletzungen hatten 1980 in dem mittelamerikanischen Land zu einem Krieg zwischen Guerilla-Bewegung FMLN und Regierung geführt. Die schlimms - ten Kämpfe fanden hier, im Norden Morazans, statt. Perquín war ein wichtiger Stützpunkt der FMLN, der sich Rafael Anfang der 1980er Jahre anschloss. Heute gehört Perquín zur Ruta de Paz, zur Friedensroute, und ist in El Salvador ein Reise- Muss. Nach dem Krieg wurde die Tourismusorganisation PRODETUR gegründet und ehemalige Guerilleros zu Touristenführern ausgebildet. Das Gebiet um Perquín ist wunderschön. Angeboten werden Wanderungen durch Kaffeefelder, Ausflüge zu Wasserfällen und ein Besuch des Revolutionsmuseums. Zu sehen gibt es alte Maschinenpistolen, Funkgeräte, den Trichter einer 500 Pfund schweren Bombe und ein Guerilla-Camp. In Rafaels Erzählungen bleibt El Salvadors Geschichte wach, ob im Museum oder auf unserer Wanderung. Wanderung durch ehemaliges Kriegsgebiet Nach dem schweißtreibenden Anstieg hoch zum Cerro Pericón schlendern wir nun durch einen Kiefernwald hinunter zum Río Sapo. Mit Brennholz beladene Männer kommen uns grüßend entgegen. Frauen balancieren auf ihren Köpfen bunte Wasserkrüge nach Hause. Vor einer Wellblechhütte spielen Kinder Fangen. Ein paar Mädchen waschen im Fluss die Wäsche. Elektrizität, Schulbildung und medizinische 52 REISE & PREISE 3/2010

Der von Asche bedeckte Kegel des Vulkans Izalco – einer von 25 feuerspeienden Bergen El Salvadors Wanderung mit Guide durch den Nationalpark El Imposible (ganz links). Fischer beim Flicken seiner Netze in Garita Palmera (2. v. l.). Kinder beim Holen von Brennholz (3. v. l.). Warten auf das »Abseiling« am Río Guayapa (links) Versorgung sind auch nach Kriegsende in El Salvador keine Selbstverständlichkeit. Zwar brachte der Friedensvertrag, der 1992 von Guerilla und Regierung unterschrieben wurde, Demokratie, ökonomische Reformen und eine zivile Polizei. Viele Menschen leben aber nach wie vor in Armut. Wie auch Rafael, der als Kriegsversehrter eine sehr geringe Rente erhält. Nach fünfstündigem Fußmarsch erreichen wir das Ziel unserer Wanderung. Es ist El Mozote, wo die Silhouette einer Familie aus schwarzem Eisen an das grausamste Massaker des Bürgerkriegs erinnert. Während einer Operation zur Guerilla-Bekämpfung zerstörten 1981 Regierungssoldaten alle Häuser des Ortes und töteten seine 767 Bewohner. Die Namen der Opfer sind in Holztafeln eingraviert. Es waren ausnahmslos unbewaffnete Zivilisten, darunter viele Babys und Kinder. Mit dem Bus fahren wir zurück nach Perquín, wo wir uns von Rafael verabschieden. Er bittet uns, allen von Morazans touristischen Möglichkeiten zu erzählen. Es kommen nämlich so wenige Reisende hierher, dass es unmöglich ist, von ihnen zu leben. Insgesamt sind die Besucherzahlen El Salvadors gering, obwohl das kleine Land richtig viel zu bieten hat. Besteigung eines aktiven Vulkans Gerade mal so groß wie Hessen, kann El Salvador mit 25 Vulkanen trumpfen. Drei von ihnen findet man im Nationalpark Los Volcanes: den grünen Cerro Verde, den kahlen Izalco und den aktiven Santa Ana. Täglich um elf Uhr werden Touren auf den Vulkan Santa Ana angeboten. Zwei Polizisten begleiten uns zum Schutz vor Dieben. Der Aufstieg ist ziemlich einfach und dauert nur zwei Stunden. Agaven mit riesigen Blütenständen säumen unseren Weg. Immer wieder müssen wir erkaltete Lavafelder überqueren. Der Vulkan schlief über 100 Jahre fest, bis er 2005 unerwartet ausbrach. Seither befindet sich in seinem Krater eine giftgrüne Lagune. Vom Gipfel hat man einen fantastischen Blick hinüber zum perfekten Kegel des Vulkans Izalco und hinunter zum Lago de Coatepeque. Erst auf den zweiten Blick fällt uns auf, wie weit in El Salvador die Abholzung vorangeschritten ist. Der Bürgerkrieg und massiver Raubbau ließen viel zu viele Bäume verschwinden. Es gibt nur noch wenige ‘ REISE & PREISE 3/2010 53

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