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2012-2 REISE und PREISE

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INDIEN DIE REPORTAGE Die

INDIEN DIE REPORTAGE Die hellen Fassaden der Kolonialbauten von Old Goa inmitten üppig grüner Vegeation Auf dem »Hippiemarkt« von Anjuna Goas dritter Frühling Ab den späten 1960ern wurden Goas Strände zum Sehnsuchtsziel für die Jugend des Westens, die nach Sex, Drugs und Erleuchtung suchte. Als die Zeit der Blumenkinder vorüber war, erlebte der kleinste indische Bundesstaat ein Comeback als Hochburg der Goa-Trance-Partys. Nun steht die frühere portugiesische Provinz vor einem dritten Frühling. VON ELKE HOMBURG 8 REISE & PREISE 2/2012

Ausgelassene einheimische Urlauber am Strand von Candolim Der Goa-Klassiker: unterwegs mit der »Enfield« Das Dampfross aus der Kolonialzeit schnaufte durch den Regenwald. Sehr gemächlich. Eine halbe Ewigkeit waren wir von Bombay bis Goa unterwegs. So blieb Zeit, sich auf die Tropen einzustimmen. Endstation Sehnsucht: der Bahnhof von Vasco da Gama. Dann weiter mit dem Bus und die letzten Kilometer zu Fuß bis Vagator Beach. Meine erste Begegnung mit Goa. Dreißig Jahre später bin ich bequem mit dem Flieger eingeschwebt und muss keinen Schritt laufen. Entspannt schaukle ich im Ambassador- Taxi von Felix de Sousa über die Dörfer. Portugiesische Häuser, weiße Kirchen, Reisfelder, Kokoshaine – alles wie früher. Bis auf die Satellitenschüsseln auf den Dächern und unzählige knatternde Motorräder auf den Straßen. Bis 1961 war Goa eine portugiesische Enklave an der Westküste Indiens und Schaltzentrale von Portugiesisch-Indien. Und bis heute ist Indiens kleinster Bundesstaat eigenwillig. In Felix’ Taxi baumelt Jesus am Innenspiegel. Wie 27 Prozent der Goaner ist er Katholik – und Patriot. Die Veränderungen im goanischen Sozialgefüge behagen ihm gar nicht. »Meine Brüder leben in London, meine Schwester in Dubai – zu viele gut ausgebildete Goaner lassen sich vom Geld ins Ausland locken. Und zu uns kommen Arbeiter aus Gujarat und Karnataka, die sich nicht integrieren«, schimpft er. Ein Migrantenproblem à la Goa. Und eigentlich ein Luxusproblem: Schließlich ist Multi-Kulti-Goa der wohlhabendste indische Bundesstaat mit guter medizinischer Versorgung und hohem Bildungsniveau. Doch Felix schimpft immer noch, als er mich in Vagator Beach absetzt. Vagator ist etwas aus der Mode gekommen Damals war Vagator ein verschlafener Fischerort und bei einem Fischer mieteten wir uns für wenig Geld ein. Ein Haus aus der Kolonialzeit, das bessere Zeiten gesehen hatte, und ein riesiges Zimmer mit Heiligenbildern und Postern von John Lennon und John Travolta an türkisfarbenen Wänden. Nur Möbel gab es nicht. Abends rollten wir eine Reisstrohmatte auf dem Boden aus, das Wasser zum Zähneputzen kam aus dem Brunnen, ein Wasserfall diente als Dusche und Schweine ersetzten in der Open- Air-Toilette die Spülung. Ein buntes Travellervölkchen traf in Vagator auf Anhänger von Bhagwan Shree Rajneesh, die eine Verschnaufpause vom Ashram-Alltag in Poona brauchten. Tagsüber röstete man am Strand, abends traf man sich im einzigen Restaurant zu Fisch und Mango-Lassi. Und manchmal kreiste eine Flasche mit Kokosfanny, der wie Melissengeist schmeckte, oder ein Joint. Die Tage in Goa waren Urlaub vom Travelleralltag in Indien und eine einzige große Party. ‘ Der Strand von Agonda im Süden Goas ist eines der neu entdeckten Refugien der Travellerszene REISE & PREISE 2/2012 9

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