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Rotary Magazin 04/2022

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Rotary Magazin 04/2022

SCHWERPUNKT – ROTARY

SCHWERPUNKT – ROTARY SUISSE LIECHTENSTEIN – APRIL 2022 ROTARIER IM FOKUS KLACK – DAS GENICK GEBR 28 Wie es sich anfühlt, wenn zwei Herzen in der Brust schlagen, weiss Rot. Markus A. Will aus eigener Erfahrung zu sagen. Im wahren Leben top seriös, berät er Unternehmen in Kommunikationsfragen und lehrt als Privatdozent an keiner geringeren Hochschule als jener in St. Gallen. Wenn er sich jedoch an den Schreibtisch setzt und lostippt, geht die Fantasie mit ihm durch. Dann ranken sich Mord und Totschlag um die Eurokrise, dann werden Bitcoins und Co. mit Liebe, Lust und Leidenschaft garniert. Gerade hat Will sein viertes Buch publiziert. Wir haben mit ihm gesprochen. Könnte man sagen, Markus, dass du übers Verbrechen zu Rotary gekommen bist? In gewisser Weise: ja. (lacht) Nachdem ich 2010 mit «Bad Banker» meinen ersten Wirtschaftsthriller veröffentlicht hatte, sprach mich ein Rotarier aus meinem Dorf an und fragte, ob ich nicht einmal einen Vortrag bei ihm im Club halten wollte. Damit war der Anfang gemacht; seit 2012 bin ich nun Mitglied im RC Rorschach-Arbon. Damals ging es um skrupellose Finanzhaie und ihre Gegenspieler, dein jüngstes Werk befasst sich mit Bitcoins und Co. Du scheinst einen Narren an Finanzthemen gefressen zu haben? Absolut! In meinem ersten Buch habe ich die Finanzkrise aufgearbeitet, das zweite («Der Schwur von Piräus») behandelt die Eurokrise. Nummer drei («Die Stunde des Adlers») war ein kurzer Exkurs; es hat mit den übrigen nichts zu tun und skizziert die – aus meiner Sicht – fatale potenzielle Wiedereinführung der D-Mark in Deutschland, über die vor knapp zehn Jahren einmal fabuliert wurde. Mein jüngstes, gerade erschienenes Werk «Die Dark Bankerin» dreht sich um digitales Geld. Bitcoins, Altcoins, Stable oder Smart Coins werden vermehrt kommen, soviel steht fest; sie werden im smarten Internet gebraucht. Aber solange dieses Geld nicht von den Zentralbanken in Umlauf gebracht wird, sollte man vorsichtig damit umgehen. Muss man – wie du – Finanzexperte sein, um deine Bücher zu lesen? Nein, im Gegenteil! Mein Ansatz ist das «Ecotainment», also die Verknüpfung von Wirtschaftsthemen und Unterhaltung. Ich greife aktuelle Topics auf und breche sie so herunter, dass jeder Leser sie versteht. Damit er nach 500, 700 spannenden Seiten nicht nur gut unterhalten wurde, sondern auch etwas dazugelernt hat. Und damit er – ganz praktisch – nächstes Mal nicht mehr auf windige Zertifikate hereinfällt oder beim Gegenwert von 50 000 Dollar Bitcoins kauft. Klar, man könnte das auch durch Fachartikel erklären. Die Journalisten von der NZZ, der FAZ und den anderen seriösen Medien greifen diese Themen ja regelmässig auf, aber damit erreicht man die Masse der Bevölkerung nicht. Für viele normale Bürger ist die Hürde, den Finanzteil der Tageszeitung aufzuschlagen, einfach zu hoch. Zu einem Krimi greifen sie da schon eher. Bei all dem Fachwissen kommt aber auch der Herzschmerz nicht zu kurz? Und ob! Das Entertainment ist neben der Wirtschaft die zweite grosse Säule meiner Bücher. Ohne sex, drugs and rock’n’roll geht’s bei mir nicht! Es gibt immer eine schöne Geschichte, die das Herz füllt. Und die auch tiefer geht. In meinem ersten Buch war die Hauptfigur Carla Bell noch eine junge, unbedarfte Journalistin, die aufgrund ihrer mathematischen Ausbildung strukturierte Finanzprodukte versteht und entsprechend darüber berichtet. Heute – zehn Jahre und zwei Thriller später – ist sie 35 Jahre alt, gestandene Chefredakteurin und kämpft mit den Höhen und Tiefen des Lebens. Der Mann, von dem sie sich trennen wollte, kommt in einer Lawine um. Plötzlich steht sie allein da, zerrissen zwischen Mutterrolle und Karriere. Das ist nicht eitel Sonnenschein und Rosamunde Pilcher, das ist das echte Leben! Und zu all dem gibt’s eine gehörige Portion Verbrechen? Ganz genau. Liebe, Lust und Leidenschaft werden mit einer weiteren, zentralen Zutat erweitert: dem Krimi. Das kann vom Betrug bis hin zu Mord und Totschlag gehen; schliesslich wollen wir ja einen echten Thriller. Da wird einem schon mal – klack – beim gediegenen Dinner das Genick gebrochen. Oder es gibt diese wunderbare Szene, wo eine Frau ihrem langjährigen Geliebten, einem CIA- Führungsoffizier, den 15-Zentimeter- Stiletto-Absatz ins Herz rammt. Er war ihr lästig geworden … Meine Mutter fragt mich immer, wie ich darauf käme, Menschen auf diese Art und Weise umzubrin- Dr. Markus A. Will (Mitglied im RC Rorschach-Arbon) lehrt als Privatdozent an der HSG St. Gallen. Er kennt die Wirtschaft als Unternehmensberater und die spezielle Finanzwelt aus seiner Zeit bei verschiedenen Investmentbanken sowie zuvor als Finanzjournalist bei der Börsen-Zeitung. Wer den Rotarier für einen Vortrag buchen möchte, darf sich gern bei ihm melden. Aktuell plant er einen weiteren Krimi über die wirtschaftlichen Folgen des fürchterlichen Ukraine-Krieg. Arbeitstitel: Das Ende von «Londongrad». (markus.will@goodwill.ch).

SCHWERPUNKT – ROTARY SUISSE LIECHTENSTEIN – APRIL 2022 OCHEN Die Hauptfigur Carla Bell trat bereits im ersten Thriller von Markus A. Will («Bad Banker») auf. Sie begegnete dem Leser in «Der Schwur von Piräus» und spielt auch im aktuellen Werk, «Die Dark Bankerin», die zentrale Rolle. Diesmal steht sie als Londoner Starjournalistin einer gewissen Iris Hubot gegenüber, die das Fintech «Alt – & Bitcoin Technology» gegründet hat und mit diesem den Londoner Finanzmarkt zum Beben bringt. Iris revolutioniert mit ihrem Unternehmen nicht nur den Euro-Coin-Markt, sondern entwickelt ein perfides System der digitalen Geldwäsche für die italienische Mafia. Was aber auch Carla nicht ahnt: Iris ist kein Mensch, sondern ein humanoider Roboter … Wenngleich Carla seit Wills erstem Buch omnipräsent ist, hat doch jedes eine in sich abgeschlossene Handlung. DIE DARKBANKERIN gen. Ich beruhige sie dann. Das ist alles Fantasie – die sich mit dem, was man einmal gelesen oder im Fernsehen gesehen hat, mischt. Woher nimmst du deine Inspiration? Hast du Erfahrung mit Verbrechen? Zum Glück nicht! (lacht) Ich bin davor gefeit und habe nie auch nur im Ansatz mit einem Richter auf der einen oder anderen Seite zu tun gehabt. Allerdings habe ich in meinem Berufsleben – ich war ja lange als Journalist bei der Börsen-Zeitung und später als Kommunikationsdirektor für zwei Investmentbanken in Frankfurt und London tätig – hautnah miterlebt, wie sich manch ein Wirtschaftsführer auf unrühmliche Art und Weise aus seinem Job hinauskatapultiert hat. In 30 Jahren Berufsleben kommen da einige Cases zusammen. Oft waren Persönlichkeiten involviert – ich sage extra «Persönlichkeiten», denen man das überhaupt nicht zugetraut hätte. Die man dann überführt und wegen Betrugs verurteilt hat. Da sass ich dann manchmal abends bei einer Flasche Rotwein zuhause und sagte zu meiner Frau: «Das hätte ich jetzt echt nicht gedacht.» Wie wird man zum Verbrecher? Wie man dazukommt, ein Kapitalverbrechen zu begehen, wie man Auftragskiller wird oder warum man spontan jemanden um die Ecke bringt, kann ich nicht sagen. Das beruht in meinen Büchern alles auf purer Fantasie. Bei der anderen Art von Verbrechen, den Wirtschaftsdelikten, sehe ich drei Arten von Muster. Das eine ist die nichtkontrollierbare Egozentrik. Leute, die an eine bestimmte Position gekommen sind, glauben dann, dass es neben Jesus noch jemanden gibt, der übers Wasser laufen kann – nämlich sie. Das zweite ist zweifellos die Gier. Das gilt selbst auch für Milliardäre. Man sieht es ja gerade an der Jagd auf die Jachten der Oligarchen. Eine grösser als die andere. Muster Nummer drei betrifft die Organisation, in der man sich bewegt. Wenn das nicht saubere checks & balances – neudeutsch: Corporate Governance – hat, dann kann man da so reinrutschen. Man tut ein bisschen was zur Seite, keiner merkt’s. Darum nimmt man nächstes Mal mehr – und plötzlich steckt man bis zum Halse drin. Sind Männer anfälliger dafür, Verbrecher zu werden? Ich bin der festen Überzeugung, dass Männlein und Weiblein sich in dieser Hinsicht nicht substanziell unterscheiden. Gut, Frauen sind vernünftiger und überlegter, auch in der Geldanlage. Aber wenn Rot. Markus A. Will jemand erst einmal den Rubikon überschritten hat, dann spielt das Geschlecht keine Rolle. Der Umstand, dass die meisten Wirtschaftsverbrechen von Männern begangen werden, hat damit zu tun, dass es in diesen Höhen immer noch überwiegend Männer gibt. Ob das in 20 Jahren anders sein wird, kann ich nicht beurteilen. In meinen Büchern achte ich jedenfalls darauf, dass es auf beiden Geschlechterseiten gute wie auch schlechte Menschen gibt. Lieber Markus, wir danken dir für das ebenso lehrreiche wie unterhaltsame Gespräch. K vma | A vma 29

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