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Rotary Magazin 11/2021

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Rotary Magazin 11/2021

THÈME DU MOIS –

THÈME DU MOIS – ROTARY SUISSE LIECHTENSTEIN – NOVEMBRE 2021 endlichen Strand, über den die Gezeiten hinwegbrausen, als eine von Milliarden von Ameisen in einem Riesengekrabbel, ersetzbar und unbedeutend. ÜBERMUT Der dunkle Kontrast der Sterblichkeit bringt die kleinen Freuden zum Glitzern. In der knusprigen Frühlingsluft durch den Wald zu traben, mit der Freundin den guten Untersuchungsbericht zu feiern, den langjährigen Partner zu verblüffen und ein überraschtes Lächeln auf sein Gesicht zu zaubern zelebriert die unendliche Leichtigkeit des Seins. Der Übermut grenzt an Leichtsinn. War dieser Tandemgleitflug wirklich nötig? Er war. Die Tochter hatte ihn ihrer Mutter zum achtzigsten Geburtstag geschenkt, einer Mutter, die einem solchen Geschenk gewachsen war. Kinder laden ein zum Tanz mit den Feen und den Sauriern. Die warmen kleinen Schmuser schmelzen die eisigen Alterszumutungen auf der Stelle weg. Dann kommt das kindliche Staunen über die wundervolle Welt zum Vorschein – auch bei uns. Damit man früher überhaupt durchkam, brauchte es straffe, durchgetaktete Abläufe. Ein prall gefüllter Alltag erlaubte keine Abweichungen von seiner vernünftigen Bewältigung. Heute können wir die Tüchtigkeit an den Nagel hängen und uns den Vorstellungen und Träumen zuwenden. Zwischen A und B muss nicht mehr unbedingt der kürzeste Weg gewählt werden. Sich die Musse des Alters zu gönnen hilft, zu nehmen, was sich anbietet. Jetzt liegt ein Verweilen eher drin, und die Blume am Wegrand hat Zeit, uns zu erfreuen. Dem Druck der Verpflichtung entrinnen, sich als anpassungswilliges Mitglied der Gesellschaft zu inszenieren, regt die Fantasie an. Man darf herumspielen, sich verkleiden und neue Verhaltensweisen ausprobieren. Als schrullige Alte zu provozieren oder die grosse Dame zu geben macht Spass. Eine generöse Dosis Frechheit gibt dem Alter die nötige Würze. Jüngst noch bemüht, ihre widerspenstigen Schäfchen für die gewohnten Familienrituale zusammenzutreiben, streikt die Grossmutter plötzlich und macht sich an Ostern mit einer Freundin für ein Wellnesswochenende aus dem Staub. Der Verführung durch ein E-Bike erlegen, surfen die glücklich Entkommenen auf den grünen Wellen der Landschaft. Die respektable Berufsfrau und die pflichtbewusste Ernährerin haben ausgedient. Niemand ist von uns abhängig. Es kommt nicht mehr darauf an. Die Wonnen des Alleinseins, die Abenteuer der Lektüre, die Musik und das Verreisen in die inneren Ländereien von Fantasien, Erinnerungen und Plänen streifen unergiebige Kontakte ab. Der Ballast sinnlos gewordener Gewohnheiten und Verpflichtungen wird abgeworfen, sodass der farbige Ballon der Lebensfreude in den Himmel schweben kann. Überhaupt noch am Leben zu sein ist ein einziger Triumph. K Rot. Katrin Wiederkehr Hochmann schloss das Studium der Psychologie und der Religionsgeschichte mit der Promotion zur Dr. phil. ab. Als Psychotherapeutin FSP für Einzel- und Paartherapie war sie Referentin, Dozentin und Ausbilderin für personenzentrierte Psychotherapie. Daneben ist sie journalistisch tätig und hat als Sachbuchautorin verschiedene Bücher verfasst. Die Klimakrise verschärft Hunger und Armut Lassen Sie uns gemeinsam Verantwortung übernehmen und die Betroffenen unterstützen Wie Modeste Traoré in Mali, der seinen Beruf als Fischer aufgab, weil der See langsam austrocknet. Heute ist er Bauer und erwirtschaftet trotz Klimawandel genug, um seine Familie zu ernähren. Jetzt für Klimagerechtigkeit spenden oder eine Klima-Aktie zeichnen: caritas.ch/klimagerechtigkeit

THÈME DU MOIS – ROTARY SUISSE LIECHTENSTEIN – NOVEMBRE 2021 ROTARISCHER GASTBEITRAG ÜBERSEHEN WIR ERNEUT EINE «ZEITENWENDE»? Es scheint, dass die heutige Welt um 1979 entscheidende Veränderungen und Formungen erfuhr. Als einem Zeitgenossen, der noch das alte Theologie und atheistischem Sozialismus Entscheidungen bei wichtigen techni­ landwirtschaftliche, stark glaubende und zu glauben. Margret Thatcher baute an­ schen und sozialen Problemen. Auf bishe­ in weiten Teilen auch arme Wallis erlebte, derseits in England den Neo-Liberalismus rigem sozialem und moralischem Gebiet schenkte mir kürzlich jemand ein Buch mit aus. In Deutschland erschienen die Grü­ des Zusammenlebens der Menschen fallen dem vielversprechenden Titel «Zeiten­ nen und mit ihnen der ökologische Akti­ alle Schranken: Sexualität wird völlig frei, wende 1979». Das 512 Seiten starke, bril­ vismus. Der Unfall von Harrisburg/USA das Geschlecht wird wählbar, der Mensch lant geschriebene und 2020 erschienene erzeugte die Angst vor der Atomkraft, die wird auch klonbar. Atheismus und Nihilis­ Werk verschlang ich mit grossem Interes­ über Tschernobyl und Fukushima dann mus verbreiten Hoffnungslosigkeit. Die se. Es zeigte mir auf, wie wenig ich 1979 später den Atomausstieg beförderte, den eigentlichen «Lehrer» der Menschheit sind begriff, was in der Welt vor sich ging. Ich die Schweiz und Deutschland vermutlich die elektronischen Medien geworden, vor unterrichtete damals am Oberwalliser etwas übereilt beschlossen – die Schweiz allem das Fernsehen, das sich auf sehr Gymnasium «Kollegium Spiritus Sanctus» in einer Art Nachahmungstrieb. Die Fern­ niedrigem Niveau bewegt, den Massen in Brig, löste manche Probleme und über­ sehserie «Holocaust» erinnerte an die Er­ vermehrt auch Leere, Gewalt und Sinnlo­ nahm im gleichen Jahr berufsbegleitend mordung der Juden und an den leider sigkeit vermittelt. Man übt sie aber in Spiel, die Aufgabe eines kirchlichen Informati­ immer noch gegenwärtigen Antisemitis­ Sport und Spass ein: Alles ist in einer sol­ onsbeauftragten für den deutschsprachi­ mus. Die nach der ersten Ölkrise 1973 nun chen «SSS-Gesellschaft» relativ gewor­ gen Teil des katholischen Wallis. Leider auftretende zweite Ölkrise 1979 spitzte den. Persönliche Verantwortung schwin­ half mir damals der «Heilige Geist» – dies die Bedeutung von «Spiritus Sanctus» – wenig zum Erfassen des Zeitgeistes. Es waren dies 1979 Ereignisse, die bis sich zu und die Forderung nach Alternativenergien und nach der Abkehr von Öl und Kohle begann. Die an Ökologie orientierte Politik erhielt vermehrt Aufschwung und det. Angesichts der allgemeinen militärischen Aufrüstung, die nach einer aus Angst vor dem Atomkrieg nach dem 29 heute nachwirken. Im Iran wurde der ist heute von den meisten politischen Par­ Zweiten Weltkrieg entstandenen Ruhe­ Schah gestürzt: Khomeini proklamierte teien übernommen worden – ein Obliga­ pause wieder zunimmt, ist die Weltlage den Gottesstaat, der antidemokratische torium! kritisch geworden – vor allem auch, weil und menschenverachtende islamistische 1979 begann also wirklich eine neue die grossen Staaten in Asien, in Südame­ Fundamentalismus setzte sich fest und Zeit. Der Philosoph Peter Sloterdijk be­ rika usw. durch verbrecherische Diktato­ fordert uns noch heute heraus. Anderseits zeichnet 1979 gar als «Schlüsseldatum des ren beherrscht werden. Man arbeitet an besuchte Papst Johannes Paul II. erstmals 20. Jahrhunderts». Wir merkten es damals «kleinen einsetzbaren Atomwaffen» und Polen und leitete damit den Niedergang leider wenig bis kaum. Heute stellen wir am «Krieg im Weltraum». Die westliche des östlichen Sozialismus ein. Unter Deng dies mit Betroffenheit fest. Welche Folge­ Luxusgesellschaft übersieht hingegen die Xiaoping driftete China in eine kapitalisti­ rungen ziehen wir daraus? Sind wir uns der an Hunger, Krieg, Krankheit und Unter­ sche Wirtschaft, die es mit Erfolg betreibt wichtigen Ereignisse unserer turbulenten drückung leidende andere Hälfte der und dabei demokratische Bestrebungen Zeit bewusst? Wir erleben eine Epoche des Menschheit. Das ist schlimm und unent­ niederwürgt. Die Globalisierung begann. unbestrittenen technischen, digitalen, me­ schuldbar! Die Sowjets marschierten nach Afghanis­ dizinischen und biologischen Fortschritts. Das Gesamtbild der Erde änderte sich. tan, das zu einem Dauerproblem wurde. Die Art der Entwicklung neuer Impfstoffe Das durch den Menschen veränderte Kli­ Der Westen unterstützte damals dort die war einmalig. Sie wird auch für die Zukunft ma und die durch ihn veränderte Natur gefürchteten Taliban, die der Welt noch bedeutsam sein! Die Weltraumfahrt ge­ führen uns dies täglich vor Augen. Wahr­ weiter Probleme bieten werden. Aus Viet­ winnt an Bedeutung: Ständige For­ lich, wir stehen erneut in einer Wendezeit. nam flohen die Menschen (Boat People) schungsstationen auf dem Mond und die Übersehen wir sie nicht! Wohin wird sich und kamen teils nach Europa. Flüchtlings­ Fahrt der ersten Menschen zum Mars wer­ die Welt schliesslich bewegen? Vermutlich wellen kamen dann weitere auf; sie rissen den vorbereitet. Die astronomische For­ wäre es angezeigt, gründlicher darüber seither nicht ab. Die Revolution gegen schung ist mit der Untersuchung von Exo­ nachzudenken – obwohl wir gegen viele Somoza in Nicaragua löste weltweit Soli­ planeten und Gravitationswellen in ganz der grossen Veränderungen weitgehend darität aus und wollte in ganz Südamerika neue wissenschaftliche Bereiche eingetre­ machtlos sind. Uns ist es aber in rotari­ einen neuen Sozialismus schaffen. Religi­ ten. Zu all dem gesellen sich die digitale schem Sinne aufgetragen, im kleinen Um­ on, etwa die katholische Befreiungstheo­ Revolution und die Errungenschaften der feld Verantwortung zu übernehmen. Ver­ logie in Südamerika, wurden politisch. Man begann, an eine Vereinbarkeit von künstlichen Intelligenz. Algorithmen bestimmen in unserer Welt immer mehr die weigern wir sie nicht! K PDG Alois Grichting

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