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Taxi Times Berlin - April 2018

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POLITIK

POLITIK 14.3.2018: Bundespräsident Walter Steinmeier (rechts) ernennt Kanzlerin Angela Merkel und ihre 15 Ministerinnen und Minister. Werden sie die Personenbeförderung deregulieren? VORSICHT VOR DEN PLÄNEN DIESER BUNDESREGIERUNG Seit dem 14. März hat Deutschland wieder eine Bundesregierung. Man hat sich viel vorgenommen, unter anderem eine Änderung des PBefG. Das Taxigewerbe muss mit dem Schlimmsten rechnen. Sätze wie „Wir werden das Personenbeförderungsgesetz mit Blick auf neue digitale Mobilitätsangebote modernisieren“ oder „Neue plattformbasierte digitale Mobilitätsangebote brauchen eine rechtssichere Grundlage für ihre Zulassung“ geben eine Ahnung, was am Ende mit den angekündigten Änderungen gemeint sein könnte. Von „geänderten Mobilitätsbedürfnissen“ ist die Rede. Aus dem Papier geht nämlich hervor, dass die einschlägigen Gesetze, die Anbietern wie Uber und Co., aber auch Daimler und Moia bislang Probleme machten, so weit geändert werden sollen, bis diese Geschäftsmodelle legalisiert sein könnten. Diese Modelle werden mit verschiedenen Begriffen umschrieben: „neue, digitale Mobilitätsangebote; neue, plattformbasierte Verkehrsdienstleister; Fahrgemeinschaften (Ride Pooling), geteilte Nutzung“ – der Begriff „shared economy“ wird damit anscheinend umgangen – und sogar: „digital organisierte private Mitfahrgelegenheiten“. Für die Rechtsänderung sind „Öffnung des Rechtsrahmens“, „Modernisierung des Personenbeförderungsgesetzes“ u. ä. die Sprachregelungen. Beabsichtigt ist recht deutlich eine Deregulierung des Marktes. Dabei sollen die Kommunen eine Steuermöglichkeit bekommen, also ihre Genehmigungshürden uneinheitlich abbauen können. Die neue Regierung möchte ausgerechnet dabei angeblich ein „level playing field“ (wortwörtlich) schaffen – ein Begriff, den Uber in den USA selber prägte, und den man auch mit „gleichen Wettbewerbsbedingungen“ hätte übersetzen können – welche Interessengruppen da soufflierten, muss wohl nicht weiter kommentiert werden. BELASTENDE REGELN? Damit ist im Wesentlichen eine Deregulierung des Taxi- und Mietwagenmarktes gemeint, denn das geht aus der Formulierung „regulatorische Entlastung“ hervor, von der „sowohl der Taxi- wie auch der Mietwagenbetrieb profitieren“ soll. Bis hierhin könnte man es so lesen: Es wird sich etwas ändern. Aber was? Eine Ahnung von der Motivation und dem zu erwartenden Ergebnis könnte folgendes Zitat geben: „Neue plattformbasierte digitale Mobilitätsangebote brauchen eine rechtssichere Grundlage für ihre Zulassung.“ Anscheinend ist man sich hier aber bewusst, dass es auch unerwünschte Nebenwirkungen der Deregulierung von Märkten geben kann. Zwar wird erwähnt, dass „gute soziale Rahmenbedingungen“ für die Koalition „zentrale Voraussetzung“ sein sollen, aber auch diese Verantwortung reicht man nach unten an die Gemeinden durch. Die Verantwortung für die Lösung der drohenden Probleme wird auf die „Nahverkehrspläne“ (§ 8 PBefG), und damit auf die schon jetzt oft unterbesetzten Genehmigungsbehörden abgewälzt: „Im Personenbeförderungsgesetz werden wir klarstellen, dass über die Nahverkehrspläne soziale Standards zum Schutz der Beschäftigten sowie qualitative und ökologische Standards auch für eigenwirtschaftliche Verkehre gelten.“ Den „neuen Anbietern“ wird noch in anderer Weise großzügig geholfen. An mehreren Stellen ist sinngemäß von „Big Data“ die Rede. Öffentlich gewonnene „Mobilitätsdaten, Geo- und Wetterdaten“ sollen – mit der Kraft des Steuerzahlers geschürft – in einer „mCloud“ in Zukunft „Startups und Mobilitätsanbietern eine zentrale Plattform bieten“. Die neue Regierung beabsichtigt außerdem die Schaffung einer „digitalen Mobilitätsplattform“, die die Einführung eines bundesweiten e-Tickets ermöglicht. Die Daten von Autos, ÖPNV, E-Bikes, Car- und Ride Sharing sowie Ruftaxen sollen in Echtzeit gesammelt und von allen Verkehrsträgern in einem Informationssystem ausgetauscht werden können. rh FOTOS: Bundesregierung 16 APRIL/ 2018 TAXI

Zu Beginn demonstrierten die Wiener Kollegen noch im Konvoi, später mischten sich immer mehr Privatwagen unter die Taxen. In Hamburg hatten die Taxifahrer klare Botschaften auf ihre Taxis geklebt. DEMONSTRATIVE EINIGKEIT Von Hamburg bis Istanbul haben in den letzten Wochen Taxikollegen protestiert. Die Wut richtet sich gegen Uber und konzerngesteuerte Ride-Sharing-Anbieter. FOTOS: Taxi Times An zwei aufeinanderfolgenden Tagen fanden Wien und Hamburg unabhängig voneinander große Taxidemos statt. Den Anfang machten 1.200 Wiener Kollegen. Veranstalter war der Global Taxiverein, aufgerufen und eingeladen wurde über Facebook, in Whats-App-Gruppen und über Handzettel. Teilgenommen haben neben Taxiunternehmern auch zahlreiche Fahrer, mehrheitlich türkischer Herkunft. Mit konkreten Forderungen hielt sich die Gruppe allerdings zurück. Nur vereinzelt und auf Eigeninitiative waren ein paar Plakate zu sehen, auf denen gegen Uber protestiert wurde. Leider verpuffte die Wirkung der Demofahrt, weil die Polizei einen geschlossenen Zug ohne Unterbrechung untersagte und die Kollegen so an jeder roten Ampel warten mussten. Der Zug wurde dadurch unnötig in die Länge gezogen und vermischte sich mit etlichen Privatautos. Am Zielpunkt musste dann sogar die geplante Schlusskundgebung abgesagt werden. Besser machten es einen Tag später rund 300 Hamburger Kollegen. Hier waren – anders als in Wien – auch die Verbände und Taxizentralen mit im Boot. Dieser Protest hatte eine klare politische Botschaft, die sich an die Hamburger Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation und gegen die Volkswagen-Tochter Moia richtete. Moia hat in Hamburg rund 1.000 Mietwagenkonzessionen beantragt, mit denen per Sondergenehmigung sogenannte Ride- Sharing-Dienste angeboten werden sollen. Christian Brüggmann, 1. Vorsitzender der Hamburger Taxenunion, forderte die Behörde während der Schlusskundgebung auf, den Antrag nur für 100 Fahrzeuge zu genehmigen. „Wir haben überhaupt nichts gegen einen fairen Wettbewerb. Wenn allerdings zu den rund 3.000 Taxis in der Stadt bis zu 1.000 Fahrzeuge eines neuen Anbieters zugelassen werden, der keine Pflichten hat, dann ist die Existenz der Hamburger Taxi-Unternehmer bedroht. Das dürfen wir nicht zulassen.“ Proteste gab es auch in anderen europäischen Großstädten. In Athen demonstrierten Anfang März hunderte von Taxifahrern gegen die „Invasion“ von Uber und Beat, einer Taxi-App, die mittlerweile zum Daimler-Konzern gehört. In Istanbul hat eine Gewerkschaft Klage gegen Uber eingereicht. Dutzende Taxifahrer versammelten sich an jenem Tag hupend vor dem Gerichtsgebäude. In Berlin hatte eine Facebook-Gruppe eine Taxidemo für den 21. März angemeldet, diese aber wieder abgesagt. jh, prh ZOLL KONTROLLIERT IN GANZ DEUTSCHLAND Am 2. März rückten bundesweit insgesamt 2.500 Zollbeamte aus und kontrollierten Taxifahrer und Betriebe. Unmittelbar wurden in 21 Fällen Ermittlungsverfahren gegen Arbeitgeber und -nehmer eingeleitet. Hier fanden die Kontrolleure Hinweise auf Unterschreitungen des Mindestlohns sowie gegen sozialversicherungsrechtliche Meldepflichten und das Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen. Auch in Berlin wurde kontrolliert. „Insgesamt 124 Beschäftige der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) des Hauptzollamtes Berlin (dazu kamen 100 Bedienstete anderer Behörden) führten an 31 Standorten in Berlin Kontrollen nach dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz durch“, bestätigte der Zoll gegenüber Taxi Times. „Dabei wurden 284 Personenbefragungen durchgeführt und 231 Firmen erfasst. Die Anzahl der Sachverhalte, die weitere Prüfungen durch die FKS erfordern, beläuft sich auf 101; davon 84 Anhaltspunkte für mögliche Mindestlohnverstöße.“ jh TAXI APRIL / 2018 17

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