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Taxi Times Berlin - Dezember 2016

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SICHERHEIT »GELD HER!«

SICHERHEIT »GELD HER!« Es waren nur diese beiden Worte, ausgesprochen in einem Taxi. Sie könnten das Leben von vier Personen grundlegend ändern. Angriffe auf Taxifahrer passieren weltweit in erschreckender Regelmäßigkeit. Die Überfälle auf den Kollegen Thomas vom Juli letzten Jahres und auf Torsten wenige Wochen später (Taxi Times Berlin berichtete) sind allen noch in Erinnerung. Sie wurden mit Messerstichen schwer verletzt, können heute aber wieder Taxi fahren. Es dauerte, aber mittlerweile sind in beiden Fällen die mutmaßlichen Täter gefasst. In Thomas’ Fall waren es zwei Jugendliche. Sie stehen seit dem 21. November vor Gericht. Die Verhandlung war bei Redaktionsschluss noch nicht abgeschlos - sen. Da die beiden noch minderjährig sind, ist die Verhandlung nicht öffentlich. Weniger schlimm endete der Überfall auf einen Kollegen im März. Er hatte drei junge Männer auf der Rückbank. Beim Ausrollen an einer Ampel sagte einer plötzlich: „Geld her!“ Der Kollege trat sofort auf die Bremse, stoppte das Taxi und flüchtete. Die drei Männer flüchteten ebenfalls. Der Fahrer lief zurück zum Wagen und rief die Polizei. Diese konnte die drei Fahrgäste ausfindig machen. Im August ergingen Haftbefehle. Einer sitzt seitdem in Untersuchungshaft, weil er keinen festen Wohnsitz hat. Die beid en anderen bekamen Haftverschonung, sind also bis zum Urteil auf freiem Fuß. Auch dieser Fall wird seit November vor Gericht verhandelt, auch hier wird ein Urteil erst nach Redaktionsschluss gefällt. Dabei steht für die Männer viel auf den Spiel. Die Staatsanwaltschaft hat Anklage wegen räuberischer Erpressung erhoben. Darauf ste - hen bis zu fünf Jahre Haft. Taxi Times Berlin hat den ersten von vier angesetzten Verhandlungstagen im Gerichtssaal ver - folgt. Es ist der Tag, an dem der Kollege als Zeuge gehört wurde. Die Verhandlung beginnt mit einer „Vorleserunde“, wie es die Richterin bezeichnet. Verlesen werden langatmige ärztliche Befunde von Blut- und Reaktionsuntersuchungen, die noch in der Tatnacht bei allen drei Festgenommenen vorgenommen wurden. Sie waren alkoholisiert. Teilweise war auch Kokain im Spiel. Laut Anklage haben sie den Überfall vorab abgesprochen. ALLES WIEDER IM KOPF Danach gibt es eine Verhandlungsunterbrechung. Der Kollege ist als erster Zeuge für 10.30 Uhr geladen. Er taucht schon ein paar Minuten früher auf, und wir können im Gang ein paar Worte mit ihm wechseln. Er fährt seitdem nicht mehr nachts, nur noch Frühschichten, erzählt er uns. Er wirkt unruhig, nervös. „Seit ich diese Vorladung bekommen habe, ist alles wieder im Kopf, was sich damals abgespielt hat“, berichtet er und ringt spürbar um Fassung. Wir sollen unbedingt schreiben, dass bei Taxis rund um den Fahrersitz eine Schutzhaube eingebaut werden sollte. Das wird er später auch der Richterin sagen. Während er uns das alles erzählt, wird er von zwei der drei Angeklagten angesprochen, ob er der Taxifahrer sei, bei denen sie damals mitgefahren seien. Er bestätigt das und will wissen, ob sie seine Fahrgäste gewesen seien. Seit der Tatnacht haben sie sich nicht gesehen. Was sich jetzt vor dem Gerichtssaal ab spielt, dürfte eigentlich gar nicht passieren, denn ein Angeklagter darf auf keinen Fall einen Zeugen beeinflussen. Doch genau das versuchen die beiden jungen Männer: Warum er behaupten würde, sie hätten ihn überfallen wollen, das wäre doch gar nicht der Fall gewesen. Sie seien doch nur geflüchtet, ohne zu zahlen. „Es tut mir leid, wenn wir bei Ihnen die Zeche geprellt haben“, sagt einer von ihnen. „Aber über - fallen haben wir Sie nicht.“ Der Kollege hat das ganz anders wahr - genommen. Er schildert bei der Zeugenvernehmung, wie ihn einer herangewinkt habe und dann plötzlich noch die beiden anderen auftauchten. Warum ihm schon mul mig wurde, als alle drei hinten einstiegen. Dass der direkt hinter ihm Sitzende während der Fahrt auf Arabisch telefonierte. Und wie dieser dann plötzlich „Geld her!“ schrie und er im Rückspiegel eine Bewegung wahrgenommen habe. „Da kam was von hinten“, schildert er. Dann die Vollbrem sung, die Flucht und die Rückkehr zum Taxi, nachdem die drei Angreifer geflüchtet waren. Was genau das für ein Gegenstand war, den er im Rückspiegel wahrgenommen hat, kann er nicht sagen. Die Richterin fragt ihn, ob er Angst gehabt habe. Ja, bestätigt er, und berichtet von dem Überfall auf jenen Kollegen, der mit so vielen Messerstichen lebensgefährlich verletzt wurde. „Daran musste ich sofort denken, als der Mann hinter mir ‚Geld her!‘ rief.“ EIN REINES GEWISSEN Identifizieren könne er die Angeklagten heute, acht Monate nach dem Vorfall, nicht mehr. Es war dunkel und sie saßen alle drei hinten. Am Tag danach hätte er es noch sagen können, aber zu einer Gegenüber - stellung ist es nie gekommen. Mehrmals FOTO: Fotolia/Photographee.eu 26 DEZEMBER / 2016 TAXI

SICHERHEIT betont der Kollege, dass er niemanden verdächtigen gefordert haben könnte, schon mal ihren will, der es nicht gewesen ist. Anteil an den Fahrtkosten bereitzuhalten. „Ich will ein reines Gewissen haben.“ Der Kollege reagiert empört. Er sei „fassungslos“ Doch trotz fehlender Identifikation zweifelt über diese Fragen, gibt er zu niemand im Saal daran, dass hier die Protokoll, und will keine eindeutige Antwort drei echten Täter auf der Anklagebank sitzen. geben. „Da bin ich jetzt zu verwirrt.“ Vermutlich haben Spurenauswertungen „Das hat ihn natürlich gekränkt“, es eindeutig bewiesen. „Dafür spricht, interpretiert nach der Vernehmung der dass erst nach einigen Monaten Haftbefehle erfahrene Gerichtsreporter die Unsicherheit erlassen wurden und dass seitdem einer des Kollegen. Es sei eine beliebte der drei auch eingesperrt ist“, vermutet ein Verfahrensweise der Verteidiger in Strafrechtsprozessen, Gerichtsreporter der „Berliner Morgenpost“, die Zeugen als unglaub- der den Prozess ebenfalls verfolgt. würdig darzustellen. „Es wird nicht leicht Auch die drei Verteidiger stellen das für die Richterin, die Tat zu beurteilen.“ offen sichtlich nicht infrage. Ihre Strategie ist Es kam immerhin zu keinem Raub und statt dessen, den Tatbestand der räuberischen zu keinem körperlichen Angriff. Es war Erpressung zu widerlegen. Der eine nur die verbale Bedrohung „Geld her!“. Vertei diger will vom Fahrer eine Erklärung, Doch der Schrecken, der damit beim Kollegen warum er vor Gericht sage, er habe die Polizei ausgelöst wurde, ist bis heute im erst gerufen, nachdem er wieder zum Kopf wie ein Film, der immer wieder Taxi zurückgekehrt sei, während er in der abläuft. Und für die drei Tatbeteiligten Tat nacht zu Protokoll gegeben habe, die Polizei kann es bis zu fünf Jahre Haft bedeuten. schon während seines Davonlaufens Vor dem Gerichtsgebäude begegnen gerufen zu haben. Der zweite lässt sich noch sich die zwei Angeklagten und der Taxifahrer einmal bestätigen, dass der Kollege sofort an noch einmal. Einer der beiden ent- den überfallenen Kollegen von damals schuldigt sich per Handschlag. Der gedacht habe, und die dritte Verteidigerin Kollege nimmt die Entschuldigung an. will gar wissen, ob es nicht auch möglich Vielleicht hilft es ihm, mit dem Vorfall gewesen sei, dass der Angeklagte mit „Geld abschließen zu können, unabhängig vom 2016-09_dot-taxi.qxp_Anzeige her!“ ein fach nur seine 210x148 beiden D 17.08.16 Mitfahrer 17:32 auf- Seite Ausgang 1 des Verfahrens. jh ÜBERFALLSCHUTZKAMERA Der Bericht auf dieser Seite zeigt wieder einmal, dass Datenschützer nicht länger die Nutzung einer Kamera im Taxi verbieten dürfen. In Bremen ist eine solche Kamera im Einsatz; dort sind die Überfälle seitdem drastisch zurückgegangen bzw. nahezu vollständig aufgeklärt worden. Eine endgültige Sicherheit gibt es trotzdem nicht. Vor Kurzem wurde ein Bremer Kollege überfallen und schwer verletzt. Seine Kamera war vor einigen Wochen ausgefallen, eine Reparatur wurde seitdem nicht durchgeführt. Das rächt sich jetzt. Der Täter konnte noch nicht gefasst werden. Gute Nachrichten dagegen aus Niedersachsen. Die dortige Datenschutzbehörde hat den Einbau einer Überfall schutzkamera genehmigt, die zwar keine Videoaufzeichnungen, dafür aber einzelne Fotos macht. Sie werden in allen Taxis der Hannoveraner Taxizentrale von Hallo Taxi 3811 installiert. Wie das technisch funktioniert und ob es auch auf Berlin übertragbar ist, berichten wir in der Dezember-Ausgabe der Taxi Times DACH. Sichern Sie sich jetzt Ihre .taxi-Adresse! NEU! In der Kürze liegt die Würze! pfeffer.taxi Seit 2015 gibt es die Möglichkeit, Domain-Adressen mit der Endung .taxi zu erwerben. Sichern Sie sich jetzt Ihre Wunschadresse* unter www.registrieren.taxi: • muster.taxi • 12345.taxi salz.taxi Wunschadresse sichern, so lange sie noch zu haben ist: www.registrieren.taxi *Die neue .taxi-Adresse kann auf eine bestehende Web-Adresse umgeleitet werden.

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