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Taxi Times Berlin - Mai / Juni 2019

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ANTRIEB Laden an den

ANTRIEB Laden an den neuen Stromtankstellen auf dem Euref-Campus und im Parkhaus bald auch E-Taxis? Die Anschaffung eines E-Taxis wird aktuell mit 8.000 Euro und mehr gefördert. TAXI: EISERN UND MODERN Das Taxigewerbe trägt schon immer neue technische Entwicklungen mit – digital und bei den Motorantrieben. Das fing schon mit dem eisernen Gustav an und wird mit E-Taxis seine Fortsetzung finden. Mit einem PBefG-Positionspapier, das als Reaktion auf Verkehrsminister Scheuers Eckpunktepapier herausgegeben wurde (siehe Seite14), hat sich das organisierte Taxigewerbe in Gestalt des Bundesverbands Taxi und Mietwagen, vormals BZP, auch zum Thema E-Taxis geäußert. Unter der Überschrift „Elektro-Taxis auf die Straße bringen“ heißt es im letzten Punkt des Positionspapiers: „Wir wollen Elektro-Taxis und anderen Fahrzeugen mit alternativen Antrieben zum Durchbruch verhelfen. Dafür müssen technische, bürokratische und finanzielle Hindernisse beseitigt werden. Erste Schritte dafür sind: • Elektro-Taxis sollten sich beim Aufladen an öffentlichen Ladeplätzen bereithalten dürfen. • Vorhandene Taxi-Warteplätze müssen schnellstmöglich mit Ladegeräten ausgestattet werden. • Weil Elektro-Taxis aufgrund der Ladezeiten heute noch nicht im Mehrschicht-Betrieb rund um die Uhr gefahren werden können, sollte der Betrieb von zwei Fahrzeugen mit Wechselkennzeichen zugelassen werden. Die Taxi- und Mietwagenbranche steht für die Mobilitätswende bereit. Gemeinsam mit Bund, Ländern und Kommunen wollen wir alternativen Antrieben zum Durchbruch verhelfen und uns an die Spitze dieser Entwicklung setzen.“ WER SAGT HIER, DAS GEWERBE GEHE NICHT MIT DER ZEIT? Taxiunternehmer sind seit jeher modern, nicht nur wegen ihrer Zuverlässigkeit, was der Bundesverband in seiner Kampagne „Verlässlich ist modern“ zu Recht hervorhebt, sondern auch in technischer Hinsicht. Selbst der Eiserne Gustav, der immer als Ausbund der Rückwärtsgewandtheit dargestellt wird, hatte 1928, schon während seiner berühmten Kutschfahrt nach Paris, eine Motorkraftdroschke in der Garage. Es ging ihm bei seiner Reise weniger darum, den Niedergang der Pferdedroschken zu beklagen, als um eine Friedensdemonstration. Zehn Jahre nach dem Weltkrieg reiste er in friedlicher Mission immerhin zum „Erbfeind“ Frankreich. Taxis wurden schon telefonisch vermittelt, als noch kaum jemand ein Telefon hatte. Die Kutscher hielten sich bevorzugt in Kneipen auf, die eins hatten, und ließen sich von dort bestellen. Später kamen die eigenen Rufsäulen und der Betriebsfunk. Taxis wurden schon digital vermittelt, als es noch gar keinen Digitalfunk gab – per Modem aufs eigene Display. Eigener Digitalfunk hielt in Taxis Einzug, als Polizei und Feuerwehr noch mit dem „Dampfradio“ arbeiteten. Mit dem Aufkommen der „digital organizer“ wurde über Handy-Funk vermittelt, später per Smartphone, voll digital, teils vollautomatisch und mittels App. Nichts davon wurde von den neuen Anbietern erfunden, die sich mit ihrer Fortschrittlichkeit dicke tun. Ähnlich ging das mit neuen Antrieben. Der Dieselmotor im Pkw wurde zuerst von Taxiunternehmern angenommen wegen seiner Sparsamkeit. Der Diesel-Pkw galt ja bis vor kurzem noch als umweltfreundlich. In den 90er Jahren bestellten 300 Berliner Taxiunternehmer ein Erdgastaxi, ohne je FOTOS: Wilfried Hochfeld / Taxi Times 32 MAI/JUNI 2019 TAXI

ANTRIEB eins gesehen zu haben. Viele betreiben bis heute Erdgastaxis. Die Konjunktur der Hybridautos, meist von Toyota, ging anfangs einzig und allein vom Taxigewerbe aus. Beide umweltfreundlichen Technologien sind in wirtschaftlich vertretbarer Form verfügbar. Die Hybridtaxis brauchten nicht mal eine Anschub-Finanzierung. Die Taxiunternehmer sind von selbst drauf gekommen. WER SAGT, TAXIUNTERNEHMER SEIEN NICHT OFFEN FÜR NEUES? Als die ersten Elektroautos aufkamen, die wie richtige Autos aussahen und nicht mehr Behelfsvehikel à la Twizzy waren, wurden sie sofort von Taxiunternehmern ausprobiert – und unter den gegebenen Umständen für wenig tauglich befunden. Technische Innovationen wurden vom Taxigewerbe immer schnell aufgegriffen, wenn nicht vorangetrieben (der Rufsäulen-Pieper z. B. war eine Auftragsentwicklung des Taxigewerbes), wenn das wirtschaftlich sinnvoll war. Das Taxigewerbe in Gestalt des Bundesverbands Taxi macht aktuell Vorschläge, wie man Elektrotaxis wirtschaftlich einsetzbar machen kann. Wenn sich Clever Shuttle, Berlkönig, Moia & Co. heute als Protagonisten einer klimaschonenden Verkehrswende ausgeben, so ist das nur die halbe Wahrheit. Es spricht sich langsam herum, dass sie mehr Straßenverkehr verursachen statt weniger. Mit ihrem zusätzlichen Angebot bringen sie eben auch mehr Autos auf die Straße, mit denen Leute mitfahren, die eh kein Auto haben und sonst die Busse und Bahnen nutzen würden. Wenn diese neuen Anbieter elektrisch fahren, was bisher weitgehend nur angekündigt wird, so können sie das nur, solange sie die dafür anfallenden zusätzlichen Kosten nicht selbst erwirtschaften müssen. Das Geld dafür kommt von einem Kapitalmarkt, der gerade mit realer Wirtschaft nur noch wenig zu tun hat, oder von ihren Partnern und Inhabern aus der Autoindustrie – wenn sie ihre Fahrzeuge nicht gleich von denen geschenkt kriegen. Im Grunde machen die alle nichts anderes als wir. Sie setzen Fahrer in Autos und lassen die Leute befördern. Wie das eigenwirtschaftlich geht, also ohne staatliche Subventionen oder Finanzspritzen von Dritten, wissen wir als Taxiunternehmer ganz genau. Wer behauptet, er könne das billiger, soll dann auch gleich offenlegen, woher das fehlende Geld wirklich kommt. Sharing verbilligt die Fahrt für den einzelnen Kunden. Das geht im Taxi schon immer. Dazu braucht man nicht mal ein Smartphone. Wenn sich vier Jugendliche auf dem Weg zur Disco ein Taxi teilen, kann das billiger sein, als wenn jeder ein BVG-Ticket kauft. Um das rauszukriegen, braucht es keine neuen „Versuche“ nach Experimentierklausel. Das kann auch jede Taxizentrale organisieren, wenn sich partout keine vier Freunde auf persönlichem Weg finden können. Taxi ist das geborene Vehikel der Verkehrswende. Ein Taxi kann -zig persönliche Pkw ersetzen. Alles, was sich in der individuellen Personenbeförderung organisatorisch optimieren lässt, geht prinzipiell mit Taxis. Dazu muss man nichts neu erfinden. Wenn die Taxis sich auch noch mit weniger oder gar keinen Emissionen bewegen ließen, wäre viel gewonnen. Wenn dazu noch ein paar Voraussetzungen geschaffen werden, machen wir das. WENN DAS GELD STIMMT, SIND SCHLAUE UNTERNEHMER DABEI Zurzeit gibt es zwei verschiedene Fördermöglichkeiten für die Umstellung auf Elektromobilität, eine vom Land Berlin, eine vom Bund, in Höhe von je 4000 Euro pro Fahrzeug. Sie sind kombinierbar, bringen zusammen also 8000 Euro, erfordern aber unterschiedliche bürokratische Schritte. Näheres erfährt man bei der Berliner Agentur für Elektromobilität eMO (www. emo-berlin.de). Zusätzlich finanziell gefördert werden Beratung dazu und eine eigene Ladestation (Wallbox), nicht zu vergessen die „Umtauschprämien“ einiger Autohersteller. Unter diesen Umständen könnte sich für einen Alleinfahrer mit der Möglichkeit für eine eigene Wallbox ein Elektrotaxi schon jetzt rechnen. Die Verkehrswende steht und fällt mit dem Verzicht vieler Menschen auf das eigene Auto. Einfach alle existierenden Autos mit Verbrennungsmotor durch E-Autos zu ersetzen, würde am Verkehrsinfarkt nichts ändern. Deshalb ist ein Endlich verfügbar: ein deutscher Elektro-Bus massiver Ausbau des ÖPNV erforderlich. Das Taxi ist Bestandteil des ÖPNV, indem es ihn ergänzt und verdichtet. Mehr Taxis wären dafür erst mal nicht erforderlich. Das Taxigewerbe hat noch Kapazitäten frei. Sobald sich die Elektrifizierung des Verkehrs für uns eigenwirtschaftlich darstellen lässt, sind wir dabei. Die Autoindustrie gibt sich alle Mühe. Alle großen Hersteller treiben ein Elektrifizierungsprogramm ihres Angebots voran. Ein namhafter deutscher Hersteller soll sogar schon seine Grundlagenforschung am Verbrennungsmotor eingestellt haben. Allerdings versuchen dieselben Hersteller, sich als Mobilitätsanbieter zu etablieren und uns damit unser Geschäft abspenstig zu machen. Wir können Mobilität. Die Auto-Fritzen und ihre Helfer müssen das noch lernen. Von wem? Von uns! Einstweilen wird eine Menge Unsinn zum Thema geredet. Hilfreich wäre, wenn sich das organisierte Taxigewerbe mit ein paar Fakten in die Diskussion einbringen würde. Nicht nur in die Politik – da klappt das schon ganz gut, sondern auch in die Beeinflussung der öffentlichen Meinung. wh TAXI MAI/JUNI 2019 33

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