Aufrufe
vor 5 Jahren

Taxi Times - April 2018

  • Text
  • April
  • Uber
  • Taxis
  • Taxigewerbe
  • Mytaxi
  • Kilometer
  • Moia
  • Taxiunternehmer
  • Berlin
  • Deutschland

GASTKOMMENTAR ? ? ?

GASTKOMMENTAR ? ? ? NICHT IMMER IST DIE CHEFIN VERANTWORTLICH Wer pro Konzession gleichzeitig zwei Fahrzeuge einsetzt, handelt wettbewerbswidrig. Aber kann dafür auch der Geschäftsführer persönlich verurteilt werden? Ein Taxiunternehmen wurde abgemahnt, da es – nach einer Betriebsstörung – am 18. August 2016 das Ersatzund das offiziell genehmigte Taxi gleichzeitig im Einsatz hatte. In dem anschließenden Verfahren vor dem Landgericht Frankfurt am Main wurden das Unternehmen und die Geschäftsführerin verurteilt, „es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs ein Kraftfahrzeug zur Durchführung von Taxifahrten gemäß dem PBefG zu betreiben bzw. zu nutzen, das eine Genehmigung führt, die einem anderen im Betrieb befindlichen Taxi zugeordnet ist, mithin zeitgleich zwei Fahrzeuge mit derselben Genehmigungsurkunde für den Verkehr mit Taxen eingesetzt werden ...“. Was eigentlich selbstverständlich klingt, wurde dennoch angefochten. Das betroffene Unternehmen legte beim Oberlandesgericht Frankfurt Berufung ein und hatte hinsichtlich der persönlichen Haftung Erfolg. NACH PBEFG UNZULÄSSIG In der eigentlichen Sache änderte sich am Urteil nichts. Wie die Vorinstanz, so stufte auch das OLG das zeitgleiche Betreiben von zwei Fahrzeugen mit einer einzigen Genehmigungsurkunde als nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 PBefG als unzulässig ein und sah darin eine unlautere geschäftliche Handlung im Sinne von §§ 3, 3a UWG. Den Paragraf 2 Abs. 1 Nr. 4 des PBefG stufte es ebenfalls als Marktverhaltensregelung im Sinne der Aufrechterhaltung der Qualität, Sicherheit oder Unbedenklichkeit der angebotenen Dienstleistung ein. Die Ansicht, dass ein Betrieb sich Zuwiderhandlungen seiner Mitarbeiter gemäß Art. 8 Abs. 2 UWG zurechnen lassen muss, teilte es ebenfalls. Nicht anschließen konnte sich das OLG jedoch in puncto „Haftung des Geschäftsführers“. Diese sah es nur bei eigenem Tun oder Verstößen durch Vorgänge gegeben, über die typischerweise auf Geschäftsführungsebene entschieden wird. Dies sei bei der Einteilung der Fahrzeuge für die Fahrten nicht gegeben. Weiter heißt es, dass die hohen Anforderungen an eine „Beteiligung durch aktives Tun“ nicht bereits dadurch erfüllt werden, dass die Geschäftsführung Kenntnis davon hat, dass unter der von ihr geleiteten Geschäftstätigkeit Wettbewerbsverstöße begangen werden. Anhaltspunkte dafür, dass die Geschäftsführung die Fahrzeuge gezielt zum Einsatz gebracht hatte, sah das Gericht nicht. Einerseits war die Geschäftsführerin am Tag des Verstoßes nicht im Betrieb, andererseits hatte sie die Schichtleiterin darauf hingewiesen, das reparierte Fahrzeug nicht herauszugeben. DAS UNTERNEHMEN »IM GRIFF« Schließlich wies das Gericht darauf hin, dass ein Geschäftsführer dazu verpflichtet ist, Schaden vom Unternehmen abzuwenden. Dies bedeutet jedoch, dass diese Pflicht auch uneingeschränkt gegenüber der Allgemeinheit besteht, z. B. wenn aufgrund einer unzureichenden Organisationsstruktur Rechtsverletzungen wahrscheinlicher sind. Fazit: Abgesehen davon, dass ein Geschäftsführer sein Unternehmen „im Griff“ haben sollte, haftet er nicht zwangsläufig immer auch selber, wenn es zu Rechtsverstößen kommt. Abhängig von der Schwere des Verstoßes und davon, ob nachgewiesen werden kann, dass der Geschäftsführer Weisungen erteilt hat, die gerade diesen Verstoß verhindern sollten, kann es zwar sein, dass das Unternehmen haftet, nicht aber der Geschäftsführer selbst. Urteil des OLG Frankfurt vom 01.02.2018, Az. 6 U 37/17 Dr. Wolf-Henning Hammer, Kanzlei Voigt, www. kanzlei-voigt.de GRAFIK: Raufeld Medien 32 APRIL / MAI 2018 TAXI

GASTKOMMENTAR Während einer ÖPNV- Fachmesse in Karlsruhe bot moovel einen kostenlosen On-Demand-Service an. ALLES KOSTENLOS, ODER WAS? Klamme Kommunen und (inter-)nationale Großkonzerne bilden beim Ride-Sharing zunehmend gefährliche Partnerschaften. Dabei verbietet eigentlich schon §1 des PBefG die Genehmigung. FOTO: moovel Dass das klassische Taxigewerbe zunehmend Wettbewerber erhält und immer „neue Verkehrsangebote“ auftauchen, ist mittlerweile an der Tagesordnung und nicht neu. Neu ist aber, dass der Druck auf das Gewerbe nicht von „kleinen Start-up-Unternehmen“ kommt, sondern direkt von nationalen und internationalen Großkonzernen, die offensichtlich gezielt den Markt der Personenbeförderung neu ordnen wollen. Mehr als bedenklich ist dabei, dass diese Mitbewerber sich um bestehende Gesetze wenig scheren und mit zunehmender Unterstützung der jeweiligen Genehmigungsbehörden und ÖPNV-Unternehmen die individuelle Personenbeförderung zu einer experimentellen Spielwiese machen, bei der nicht nur das angestammte Gewerbe, sondern letztlich der einzelne Kunde auf der Strecke bleibt, wenn am Ende dieser Entwicklung neue Monopole im Markt der Personenbeförderung entstanden sind. KOSTENLOSES RIDESHARING Bestes Beispiel für diesen Trend sind die Bemühungen der Daimler-Tochter moovel am Rande der Verkehrsmesse IT-Trans in der Baden-Metropole Karlsruhe, als man vor einigen Wochen „Ridesharing“ in Zusammenarbeit mit dem örtlichen Verkehrsverbund testete. Weil der Dienst kostenlos angeboten wurde, hielt sich die Karlsruher Genehmigungsbehörde für nicht zuständig und sah keine Veranlassung, eine Genehmigung auszusprechen bzw. zu versagen. Allerdings heißt „kostenlos“ nicht automatisch genehmigungsfrei, was im allgemeinen Jubelgeheul solcher (rechtswidriger) Aktionen gerne untergeht. Der Anwendungsbereich des noch geltenden Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) ist in Paragraf 1 umschrieben und stellt die entgeltliche oder geschäftsmäßige Personenbeförderung unter den Genehmigungsvorbehalt des Gesetzes, wobei sich die Entgeltlichkeit oder Geschäftsmäßigkeit aus der Interessenlage des Verantwortlichen ergibt. Dass es moovel und Konsorten bei solchen Angeboten nicht um Menschenfreundlichkeit geht, sondern einzig um die Eroberung des Mobilitätsmarktes, wird niemand ernstlich bestreiten wollen. Zu Recht ist insoweit die Frage zu stellen, ob der Gesetzgeber solche Marketingstrategien über § 1 Abs. 2 des PBefG tatsächlich von der Genehmigungspflicht ausnehmen wollte. Denn im Grunde handelt es sich um die Marktverdrängung des angestammten Gewerbes, das – zumindest nach der Vorstellung des Gesetzgebers – erster Ansprechpartner der ÖPNV-Verantwortlichen sein sollte und war. Gerade in Zeiten klammer öffentlicher Haushalte will man so offensichtlich den zuschussträchtigen ÖPNV auf Privatunternehmen verlagern, was die Großen der Branche klug erkannt haben und in diese Lücke mit ihren Fahrangeboten vorstoßen. TAXI ALS 1. ANSPRECHPARTNER Wenn dies überhaupt noch zu verhindern sein sollte, dann nur durch eine kluge Verbandsarbeit aufseiten der Genossenschaften des Taxigewerbes, die darauf zielt, durch entsprechend attraktive Angebote wieder erster Ansprechpartner der Entscheidungsträger im ÖPNV zu sein und hierfür auch entsprechende Strategien zu entwickeln. Dies sind die Verbände und die Vertreter des Gewerbes auch ihren Mitgliedern schuldig. Das alles wird, wie die Aktivitäten der Großen, nicht „kostenlos“ sein, aber im Sinne des Gewerbes notwendig. au Axel Ulmer ist ausgebildeter Volljurist mit Schwerpunkt Verwaltungsrecht/PBefG und fungiert als Unternehmensberater für die Ulmer Consulting UG in Kaiserslautern. TAXI APRIL / MAI 2018 33

TaxiTimes D-A-CH