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Taxi Times München Februar 2017

Ausgabe 01-2017

TITELTHEMA 23:56 01:30

TITELTHEMA 23:56 01:30 – 03:10 Gegen Mitternacht wurde bei der Wiedereröffnung des Showtime „nasal Kokain konsumiert“. Das Filmcasino in der Ludwigstraße – die letzte Station vor der Schicksalsfahrt. stellte sich Ikbal Ö. selbst der Polizei. Aus den Medien hatte er erfahren, dass das Opfer mit schwersten Kopfverletzungen im Koma lag. Dem Angeklagten war egal, ob sein Opfer stirbt oder nicht. Er überließ es zufällig vorbeikommenden Passanten, die Rettungskräfte zu verständigen. Er nahm den Tod seines Opfers billigend in Kauf, sagt der Vorsitzende Richter bei der Urteilsbegründung. Er handelte aus niedrigen Beweggründen, denn es ging ihm darum, die Reinigungspauschale nicht zu zahlen, obwohl er wusste, dass die Forderung berechtigt war. Er unternahm nichts, um dem Verletzten zu helfen. Deshalb spricht der Richter auch nicht von schwerer Körperverletzung – wie es die Verteidigung beantragt hatte –, sondern von versuchtem Mord. Als der Angeklagte das hört, muss er hörbar ausatmen. Als würde ihm erst jetzt die Schwere seiner Schuld bewusst. Seine Mutter beginnt zu weinen. Das Urteil: sechs Jahre Haft. Für versuchten Mord in Tateinheit mit schwerer Körperverletzung. Der Streit um den an sich lächerlichen Betrag von 50 Euro hätte den Taxifahrer beinahe das Leben gekostet, sagt Richter Höhne. Er habe den Fahrer für seine Forderung abstrafen wollen. Zugunsten des Angeklagten sei zu werten, dass er sich der Polizei gestellt hat – ohne das wäre die Aufklärung der Tat wahrscheinlich unmöglich gewesen –, dass er ein vollständiges Geständnis abgelegt hat, dass er bereits Zahlungen an das Opfer geleistet hat, dass er mehrfach und glaubhaft bei dem Geschädigten um Entschuldigung gebeten hat und – vor allem – dass der seine Entschuldigung auch angenommen hat. ZWEI WOCHEN KOMA So ein gelungener Täter-Opfer-Ausgleich sei selten, sagt der Richter. 30 000 Euro wurden schon gezahlt, weitere 10 000 Euro sollen im Februar folgen. Vor allem habe der Beklagte gezeigt, dass er bereit ist, für seine Tat Verantwortung zu übernehmen. Von Anfang an habe er bei seinem Opfer um Entschuldigung gebeten, zuerst schrift- Verkehrsmedizinisches Untersuchungszentrum Medex Plus GmbH – Betriebsärztlicher Dienst Dr. med G. Kirchhoff Alle Untersuchungen zum Ersterwerb oder zur Verlängerung von Führerscheinen für Fahrgast- und Personenbeförderung (Taxi/Mietwagen), Lastwagen (Klasse C) und Omnibusse (Klasse D) Unsere Untersuchungszeiten: Ridlerstr. 8 (Erdgeschoss) 80339 München Montag, Mittwoch und Freitag 8:00 Uhr bis 13:00 Uhr Bitte telefonisch voranmelden! Tel: 089 / 509 144 Fax. 089 / 506 094 E-Mail: info@zemba.de FOTOS: Tom Buntrock medico_advertisement.indd 1 21.07.14 13:22 8 FEBRUAR / 2017 TAXI

TITELTHEMA 03:21 Der Tatort: Hier fiel der Schläger über sein Opfer her, das er anschließend bewusstlos seinem Schicksal überließ. Deshalb spricht der Richter von versuchtem Mord. lich aus der Untersuchungshaft, dann persönlich im Gerichtssaal. Sein Opfer wird lebenslang an den Folgen zu tragen haben. Die schwerste unter den zahlreichen Verletzungen ist das Schädel- Hirn-Trauma. Mehrere Operationen waren notwendig, um ihm das Leben zu retten. Blutungen im Gehirn hätten es ihn fast gekostet. Zwei Wochen lag er im Koma. Bis heute leidet der Taxifahrer, der diesen Beruf wahrscheinlich nie wieder ausüben wird, unter Schwindel und Kopfschmerzen, monatelang kamen Doppelbilder dazu. Er meidet Menschenansammlungen, traut sich nicht zu verreisen und kann seinen Hobbys – Fahrradfahren und Schlittschuhlaufen – nicht mehr nachkommen. Sein Leben hat sich durch die Tat grundlegend geändert. Trotzdem will er seinem Peiniger die Chancen auf einen Neustart nicht verbauen. So wollte es das Schicksal, dass er zum Zünglein an der Waage wurde. Das Urteil birgt eine echte Chance in sich. Denn für die nächsten zwei Jahre wird sich Ikbal Ö. in einer geschlossenen Entziehungseinrichtung seiner Sucht stellen müssen. Gelingt ihm das, dann könnte er die Suchtklinik als freier Mann verlassen. Unter Anrechnung der Untersuchungshaft hätte er dann die Hälfte der sechs Jahre verbüßt und die Reststrafe könnte dann zur Bewährung ausgesetzt werden. Welche Chance ihm da geboten wird, versteht Ikbal Ö. erst im Gerichtssaal. Nach der Urteilsverkündung berät er sich mit seinem Verteidiger im Beisein seiner Mutter. Er nimmt sein Urteil an, verzichtet auf Rechtsmittel. Die Staatsanwaltschaft, die acht Jahre Haft gefordert hatte, verzichtet ebenfalls. Doch es ist der Rechtsmittelverzicht des Nebenklägers, der es dem Verurteilten ermöglicht, schon wenige Tage später eine Therapie zu beginnen. Vielleicht ein Start in ein neues Leben. Der Prozess ist endlich vorbei. Jozsef N. hat die Urteilsverkündung wortlos verfolgt. Er verlässt den Gerichtssaal mit schlurfenden Schritten. Ihm bietet das Urteil keine zweite Chance. Sein Leben wird überschattet bleiben von den Folgen der Tat. Dass er verzeihen konnte, ist vielleicht die größte Tat des heutigen Tages. Auch wenn nicht er an diesem 14. Dezember 2016 im Mittelpunkt stand, sondern der Täter. tb Dr. J. Cichon Unfallschadenregulierung Fahrerlaubnisrecht Erbrecht M. Werther* Fachanwalt Verkehrsrecht Zivilrecht Dr. Cichon & Partner* Rechtsanwaltskanzlei S. v. Kummer* Fachanwalt Familienrecht Sozialrecht Tätigkeitsschwerpunkte J. Buchberger* Fachanwalt Strafrecht Bußgeldsachen N. Nöker Fachanwalt Arbeitsrecht Verwaltungsrecht A. Friedmann Fachgebiet Gewährleistungsrecht Reiserecht M. Wunderlich- Serban Fachanwalt Mietrecht Privatinsolvenzen Johann-von-Werth-Straße 1, 80639 München, Tel. 089-13 99 46-0, Fax 089-16 59 51 u cichon2014.indd 1 04.12.14 09:37 TAXI FEBRUAR / 2017 9

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