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Taxi Times München - Juni 2016

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INTERVIEW ER WAR EIN

INTERVIEW ER WAR EIN UBER-PARTNER: TIADO HILMERT »WIR WERDEN EINFACH VERHEIZT« Tiado Hilmert wollte als Unternehmer mit Uber erfolgreich sein. Doch schon nach kurzer Zeit kamen dem 37-Jährigen Zweifel. Da er zu oft bei den Münchner Uber-Chefs nachfragte, wurde ihm jetzt gekündigt. TAXI TIMES: Herr Hilmert, warum wollen Sie an die Öffentlichkeit. TIADO HILMERT: Ich habe Erfahrungen mit Uber gemacht, die ich gerne mit an deren teilen möchte. Möglicherweise verhindere ich dadurch, dass es anderen Menschen so ergeht, wie es mir mit Uber ergangen ist. Auch ich habe erlebt, wie Uber mit seinen sogenannten Partnern umspringt. Was sich anfangs als Karrierechance darstellte, entpuppte sich als Draufzahlgeschäft. Da mir schon früh ein Licht aufgegangen ist, dass da einiges nicht stimmen kann, habe ich oft und hartnäckig nachgefragt, wie verschiedene Dinge gemeint sind. Das mit der Einhaltung von Gesetzen zum Beispiel. Oder was aus den vollmundigen Versprechen der Anfangsphase geworden ist. Jetzt habe ich die Quittung für meine Hartnäckigkeit bekommen. Zum 19. Juni hat Uber den Vertrag mit mir gelöst. Mit welcher Begründung? Die Kündigung kam per E-Mail – ohne Unterschrift und ohne Angabe von Gründen. Auf eine weitere Nachfrage, mir doch bitte schriftlich und vor allem auch unterschrieben die Kündigung zukommen zu lassen, erhielt ich dann die Kündigung mit Unterschrift von Uber B. V. aus Amster dam. Ein richtiges Briefpapier mit vorein gedruckten Firmendaten, Steuernummer und so weiter scheint Uber nicht zu besitzen. Weil erneut kein Name angegeben wurde, weiß ich wieder nicht, wer konkret die Kündigung gegen mich ausgesprochen hat. Ein weiteres tolles Beispiel dafür, wie Uber agiert und ganz offensichtlich mög lichst anonym bleiben möchte. So weiß ich nicht, wer mir gekündigt hat. Und kontaktieren kann ich ihn mangels Namen und Telefonnummer auch nicht. Es traut sich eh kaum einer von den Uber-Partnern, was zu sagen. Wenn sich das mit meiner Kün digung unter den Kollegen herumspricht, werden die sicherlich noch weniger dazu Lust haben, etwas an Uber zu kritisieren. Wie sind Sie Uber-Partner geworden? Ich komme eigentlich aus der Versicherungsbranche. Da wird ja das Geschäft wegen der niedrigen Zinsen immer schwieriger. Deshalb habe ich mich nach einem zweiten Standbein umgesehen. Natürlich haben mich das Startgeld und die Verdienstzusagen gelockt. Nachdem ich den Unternehmerschein gemacht habe, wollte ich gleich richtig durchstarten. Des halb habe ich mir drei E-Klassen zugelegt – finanziert natürlich – und auch gleich Fahrer eingestellt, damit es sich für mich auch lohnt, bei Uber einzusteigen. Und hat es sich gelohnt? Ganz und gar nicht. Während des Oktoberfestes lief das Geschäft ja ganz gut. Da konnte ich schon gleich mit zwei Autos durchstarten. Aber nach zwei, drei Monaten habe ich festgestellt, dass die Rechnung irgendwie nicht aufgeht. Vor dem Start hat man mir bei Uber etwas von 35 Euro Umsatz in der Stunde erzählt. Das habe ich mir durchge rechnet, dann mit schlechteren Zahlen noch mal gerechnet und schließlich auch ein Worst-Case- Szenario entworfen. Selbst im schlimmsten von mir angenommenen Fall hätte sich das für mich noch gelohnt. Doch die Realität hat etwas anderes gezeigt. Hatten Sie falsch gerechnet? Das nicht. Aber ich konnte nicht ahnen, dass Uber praktisch im Monats rhythmus die Konditionen ver schlechtert. Außerdem war es gar nicht so leicht, mit richtigen Zahlen zu rech nen, denn die von Uber geliefer ten Daten waren gerade anfangs minimal und nicht dazu geeignet, zu erkennen, wie das Geschäft wirklich läuft. Ich kam dann schon im Herbst 2015 nicht mehr auf einen Durchschnittsumsatz von 35 Euro in der Stunde, sondern nur noch so 16 oder 17 Euro. Zu den Stoßzeiten mag das mit den 35 Euro ja hinkommen, aber die sind nur nachts an den Wochen enden. Die Kosten laufen aber die ganze Woche, nicht nur zu den Spitzenzeiten. Vor allem aber muss ich mir diktieren lassen, zu welchen Konditionen ich fahre. Was habe ich schon für eine andere Wahl, wenn die Kos ten weiterlaufen und ich ausschließlich für Uber tätig bin? Die Verschlechterung der Konditionen kam also schrittweise? Richtig. Zuerst wurde das von Uber ständig beworbene Bonussystem angepasst. Plötzlich musste man 1,0 Fahrten erreichen im Stundendurchschnitt, um an einer Stundenaufstockung auf 21 Euro zu parti zipieren. Dann musste ich auch noch die höhere Kommission für UberBLACK- Fahrten akzeptieren, welche von 20 auf 25 Prozent erhöht wurde. Später dann stellte ich fest, dass die Mehrwert steuer auf die Kommission für Uber zusätzlich von mir getragen werden muss. Uber schlägt sich mit der deutschen Mehrwertsteuer nicht rum und überlässt die den Partnern. Umgerechnet komme ich somit auf knapp 30 Prozent Uber- Kommission bei einer UberBLACK-Fahrt. Gutes Geld, was ich dringend bräuchte, um in den Gewinn fahren zu können – mit meinen ganzen Kosten wie Löhne, Lohnnebenkosten, Finanzierungsraten, Bürokosten, Versicherungen, Kfz-Kosten und vielem mehr. 10 JUNI / 2016 TAXI

INTERVIEW „Uber lässt seine Partner im Dunkeln und haut sie übers Ohr.“ Ein ehemaliger Partner warnt vor einer Zusammenarbeit mit Uber. FOTO: Tom Buntrock Das aber war nicht alles. Ein versprochener Startbonus bei jedem konzessionierten Auto in Höhe von 500 Euro wurde plötzlich mit der Begründung gestrichen, dass dieser bei Fahrzeugen, die auch bei UberBLACK eingesetzt werden können, nicht mehr gewährt wird. Egal, wie man zuvor auf Plakaten geworben und was man mir auch in persönlichen Gesprächen immer versprochen hat: Uber hält sich einfach nicht daran. Weiter ging es dann in den nächsten Wochen „häppchenweise“ mit der Verschär fung des Bonussystems, sodass schluss endlich Annahmeraten der Aufträge von mindestens 90 Prozent, eine durchschnittliche Kundenbewertung des Fahrers von mindestens 4,7 Sternen und mindestens 1,4 Fahrten pro Stunde im Schnitt erreicht werden müssen, um einen Zusatzbonus zu erreichen, der dann einen Mindestumsatz von 21 Euro garantiert. Das ist aber sinnlos, denn mit 1,4 Fahrten in der Stunde erreiche ich fast immer 21 Euro Umsatz, sodass mir der Bonus nichts nützt. In Zeiten, in denen wir Uber-Partner das Bonussystem dringend benötigen würden, nämlich für die gesamte restliche Zeit und nicht nur in den 70 umsatzstärksten Stunden der Woche, ist das Bonussystem seit Januar 2016 sogar komplett weggefallen. Das aber war für mich als Neustarter essenziell wichtig und unter anderem der ausschlaggebende Grund, mit Uber zusammenzuarbeiten. Zwischenzeitlich hat man, ohne mit den Uber-Partnern zu spre chen, einfach entschieden, den Fahr preis um 20 Prozent zu reduzieren – mit der Begründung, dass der Dieselpreis gesunken ist, und das wolle man an die Kunden weitergeben. Wir Partner sollten uns jedoch keine Sorgen machen. Uber trägt die Differenz zum ursprünglichen Fahrtpreis, was sie dann auch zwei Monate taten. Inzwischen wurde diese Unterstüt zung sang- und klanglos einfach einge stellt. Daran, dass wir da rüber informiert wurden, kann ich mich nicht erinnern. Konkret fragte ich mehrmals bei der Münchener Uber-Geschäftsführung per E-Mail nach. Eine Antwort bekam ich bis heute nicht. »Für mich sieht das nach einer Anleitung aus, wie man gegen ein Gesetz verstößt.« Was werfen Sie Uber konkret vor? Uber umgeht ganz klar die Rückkehrpflicht. Mit Ansage sogar. Per E-Mail wurden nach ersten Vorwürfen in der Presse alle Unternehmer offiziell informiert, wie sie sich zu verhalten hätten. In den Schulungen wurde uns das aber ganz anders beigebracht. Zeugen gibt es dafür genug. Wir sollten uns möglichst in der Stadtmitte und rund um den Hauptbahnhof aufhalten und auf Aufträge warten. Ganz toll wäre es auch am Karolinenplatz. Da könnten wir gleichzeitig Schwabing und die Innenstadt abdecken. Von einer Rückkehr zum Betriebssitz kann da keine Rede mehr sein. Für mich sieht das nach einer Anleitung aus, wie man gegen ein Gesetz verstößt. Dann wurde uns gesagt, wir sollten unbedingt einen Betriebssitz außerhalb der Stadt wählen. Damit könnten wir uns um die Ortskundeprüfung drücken. Viele Uber-Partner haben sich dann in Unterföhring einen Betriebssitz zugelegt, auch wenn sie eigentlich in München sitzen. Und natürlich auch in München fahren. Bei mir war es Grünwald. Da gab es einen Briefkasten und einen Parkplatz und auch einen Büroraum, den man hätte mit benutzen können. Ich habe meine Miete bezahlt. Gewesen bin ich da nie. Außerdem glaube ich, dass viele Uber- Partner eigentlich Scheinselbstständige sind und keine freien Unternehmer. Wenn du dich auf Uber einlässt, dann hast du keine Zeit, dir nebenbei noch einen eigenen Kundenstamm aufzubauen. Und ich bin der Meinung, dass wir für unsere Fahrzeuge eigentlich geeichte Wegstreckenzähler brauchen. Der Fahrpreis wird ja vom Computer nach GPS-Daten ermittelt. Und mir ist nicht bekannt, dass da irgendwas geeicht wäre. Inzwischen geht das Gerücht um, dass Uber-Partner, die an der Unternehmerprüfung scheitern, sich bei anderen Unternehmern Lizenzen leihen können. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das gesetzeskonform ist. Wie geht es jetzt für Sie weiter? Als ich von der Kündigung erfahren habe, musste ich natürlich auch meine Fahrer entlassen. Mein Büro in Grün wald, meinen Betriebssitz also, habe ich auch gekündigt. Die Finanzierungen für die drei Autos laufen natürlich wei ter. Das sind pro Fahrzeug ungefähr 620 Euro im Monat. Ich muss jetzt versuchen, die Fahrzeuge irgendwie abzustoßen. Die u TAXI JUNI / 2016 11

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