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IM BLICK Winter 2016

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14 IM BLICK IM INTERVIEW Im Interview Eveline Artmann UNIV.-PROF. MAG. DR. EVELINE ARTMANN Institut für Unternehmensrecht, JKU Linz Foto: © Karl Artmann Im Rahmen des Großkommentars zum ABGB – „Klang-Kommentar“ erscheint die erste umfassende Kommentierung zur GesbR nach dem Reformgesetz 2014. Auf 800 Seiten bearbeiteten Eveline Artmann und Theresa Haglmüller fundiert die alte und neue Gesetzeslage, zeigen Besonderheiten und Neuerungen für die Praxis auf. Verlag Österreich: In welcher Form tritt die GesbR in der Praxis häufig auf? Wen betrifft diese Gesellschaftsform? Gibt es „ungewöhnliche“ Erscheinungsformen, die Ihnen bekannt sind? Artmann: Der Anwendungsbereich der GesbR ist in der Praxis sehr breit. Er reicht vom Betrieb eines Unternehmens über Syndikatsverträge, Emissionskonsortien, Arbeits- oder Bietergemeinschaften, Musikgruppen und Jagdgemeinschaften bis zum Zusammenschluss von Privatpersonen zum gemeinsamen Erwerb einer Almhütte oder zur Pflege von Angehörigen. Insofern betrifft diese Gesellschaftsform grundsätzlich jeden. Besonders bemerkenswert ist, dass in der Vergangenheit von Seiten der Judikatur das Vorliegen einer GesbR zwischen Eheleuten mitunter sehr rasch bejaht wurde, um Defizite des Familienrechts zu kompensieren, etwa in den Fällen, in denen Eheleute gemeinsam ein Wohnhaus errichtet oder ausgebaut oder gemeinsam eine Liegenschaft erworben haben. Nach über 200 Jahren wurden die §§ 1175–1216e des ABGB über die GesbR völlig neu gefasst. Seit 1. Jänner 2015 ist das GesbR-Reformgesetz in Kraft. Was sind die wesentlichen Änderungen und wer ist davon betroffen? Artmann: Die wichtigste Änderung ist sicherlich, dass der Gesetzestext nunmehr wieder mit der Rechtslage in Einklang steht, denn das war bisher

IM INTERVIEW IM BLICK 15 das größte Manko. Teilweise waren die Regelungen mit großer Rechtsunsicherheit belastet und insofern auch sehr streitanfällig. Wesentliche Klarstellungen gab es im Bereich der Vermögensordnung oder zu Geschäftsführung und Vertretung. Erstmals geregelt wurden die Gesellschafternachfolge, also der Eintritt und das Ausscheiden von Gesellschaftern, sowie der Gesellschafterwechsel, der Vermögensübergang bei Gründung einer OG oder KG und auch das Liquidationsrecht. Zudem wurden auch allgemein gültige Prinzipien des Gesellschaftsrechts erstmals kodifiziert wie etwa die Interessenwahrungspflichten und das Gleichbehandlungsgebot oder die actio pro socio. In § 1175 Abs 4 wurde festgehalten, dass die Bestimmungen dieses Hauptstückes auch auf andere Gesellschaften anzuwenden sind, soweit für diese keine besonderen Vorschriften bestehen und die Anwendung dieser Bestimmungen auch unter Berücksichtigung der für die jeweilige Gesellschaft geltenden Grundsätze angemessen ist. Damit wird das GesbR- Recht zur subsidiären Rechtsquelle für alle Gesellschaftsformen, und hier gilt es nun auszuloten, welche der Prinzipien und Institutionen tatsächlich soweit rechtsformübergreifend sind, dass sie auch bei anderen Gesellschaften Anwendung finden. Über die Reform wurde lange diskutiert, ist das Reformgesetz Ihrer Meinung nach gelungen? Welche Punkte standen/stehen vor allem im Zentrum der Kritik? Artmann: Das Reformgesetz ist im Großen und Ganzen gelungen. Insbesondere wurde die strittige Frage der Vermögensordnung klar geregelt und der Verweis auf die Bestimmungen über das Miteigentum im Hinblick auf die Verwaltung durch klarere Regelungen ersetzt. Freilich gibt es manche Wermutstropfen, zumal die doch sehr weitgehende Übernahme der Regelungen des UGB, die auf den Betrieb eines Unternehmens zugeschnitten sind, nicht auf alle Erscheinungsformen passt. Zu denken ist hier etwa an die Kündigung der Gesellschaft, die zum Schluss eines Geschäftsjahres erfolgen muss, den es etwa bei einem Syndikatsvertrag oder auch einer GesbR im Familienverband nicht gibt. Ebenso erscheint die Notwendigkeit der Klage zur Abberufung eines Geschäftsführers bei Gesellschaften im Familienverband unpassend. Dazu kommt, dass diese Regelungen zwar gesellschaftsvertraglich abgeändert werden können. In all jenen Fällen, in denen sich die Gesellschafter aber der Gründung der GesbR gar nicht bewusst sind, wie etwa im Familien- oder Freizeitbereich, hilft das freilich wenig, weil dann naturgemäß keine abweichende Regelung getroffen wurde. Ist es schon abschätzbar, wie sich die Reform auf die Praxis auswirken wird? Man hört, dass Syndikatsverträge durch die GesbR bedroht sind. Gibt es dazu schon erste Erfahrungswerte? Artmann: Für die Praxis bringt die Reform sicher ein Stück mehr Rechtssicherheit, auch wenn derzeit mit Blick auf die relativ großzügigen Übergangsregelungen eine gewisse Dualität von altem und neuem Recht besteht. Die Problematik bei den Syndikatsverträgen ist bzw war das weitgehend zwingende Kündigungsrecht, das den Bedürfnissen der Praxis entgegengestanden ist. Denn die Verabredung hinsichtlich der Ausübung von Stimmrechten, über die Bestellung von Organmitgliedern, über die Unternehmensführung und ähnliches mehr macht wenig Sinn, wenn der Vertrag jederzeit wieder aufgekündigt werden kann. Insofern wurde mit dem Abschlussprüfungsrechts-Änderungsgesetz (APRÄG) 2016 auch schon eine erste „Reparatur“ vorgenommen. Ob die zur Gänze geglückt ist, darüber gibt die Kommentierung Auskunft. Der neue Band behandelt erstmals eingehend und umfassend das gesamte Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GesbR), das durch das GesbR-RG (BGBl 2014/83) eine gänzliche Neuregelung erfahren hat. Der neue Gesetzestext bedarf einer ausführlichen Analyse und kritischen Würdigung, um den Besonderheiten der GesbR Rechnung zu tragen. Beides wird hier auf hohem wissenschaftlichem Niveau geleistet. Neben einem kompakten Überblick zur bisherigen Rechtslage und einer Darstellung der Übergangsbestimmung bietet das Werk der Leserschaft fundierte Antworten auf alte und neue Fragen zur GesbR. Deren Bedeutung erschließt sich ua aus ihrem vielfältigen Anwendungsbereich, ihrer Konzeption als echte Auffanggesellschaft und aus dem gesetzgeberischen Verständnis des 27. Hauptstücks als Quelle eines „Allgemeinen Teils des Gesellschaftsrechts“. Bearbeiterinnen: Univ.-Prof. Mag. Dr. Eveline Artmann Univ.-Ass. Mag. Theresa Haglmüller, MA Fenyves/Kerschner/Vonkilch(Hrsg) Großkommentar zum ABGB – Klang Kommentar §§ 1175–1216e ABGB, GesbR Kommentar, 3. Auflage ca 800 Seiten, gebunden ISBN 978-3-7046-7387-9 Erscheinungsdatum: 22.12.2016 im Abo/zur Fortsetzung € 193,80 ohne Fortsetzung ca € 228,–