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wd | Frühjahr 2019

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Stopfbock, starker Max

Stopfbock, starker Max und Indian Clipper Die kleinen oberbayerischen Landbrauereien erleben eine Renaissance. Das wachsende Interesse an Regionalität und neue Craft Beer Trends beleben das Geschäft. Manchmal schreibt der Zufall die besten Geschichten. So erging es vor drei Jahren der Weißbierbrauerei Karg in Murnau, als US-Präsident Barack Obama beim G7-Gipfel eine bayerische Brotzeit serviert bekam und das Weißbierglas 72 mit dem Karg-Logo werbewirksam in die Kamera hielt. Die kleine Brauerei Karg im Untermarkt in Murnau, die sich ganz auf ihre fünf Weißbiersorten spezialisiert hat und als Lieferant des G7- Hotels Schloss Elmau zu der Ehre kam, schafft damit einen eindrucksvollen Beweis, dass die kleinen Traditionsbetriebe wieder mehr gefragt sind. Lange Zeit hat es so ausgesehen, dass das Geschäft mit dem Bier immer mehr von großen Konzernen dominiert wird. Doch gerade in den ländlichen Regionen Altbayerns leben die alteingesessenen Bierbrauer wieder auf. Das hat viel damit zu tun, dass die Nachfrage nach regionalen und authentischen Produkten immer stärker wird, aber auch damit, dass die Brauer mit neuen Ideen die Kundschaft zurück gewinnen. Die kleinen Traditionsbrauereien, die in ihrer Region stark verwurzelt sind, die aber auch mit ihren Produkten erstaunliche Erfolge haben, sind nicht immer leicht zu finden. Das erste Ziel dieser Brauereitour quer durch Oberbayern versteckt sich in einem Wald unweit von Dorfen eine halbe Autostunde östlich von München. Einige Kurven auf der Landstraße nördlich von Schwindkirchen sind es, bis man beim Bräu z`Loh im winzigen Weiler Loh angekommen ist. Ein schlichtes Brauereigebäude und daneben steht das Gasthaus.

GENUSS Brauereichef Nikolaus Lohmeier sitzt im Büro und freut sich auf den Feierabend. „Jeden Tag fang ich um vier Uhr früh an, weil zur Zeit alle unser Bier haben wollen und so viele Feste in der Gegend sind.“ Hier wird ganz traditionell gebraut – helles Export, Dunkles, Märzen. Bock und Kirtabier, dazu Weißbier und leichte Biere. Drinnen gibt es einen stilvollen Degustationsraum und eine außergewöhnliche Sammlung mit historischen Bierflaschen und anderen geschichtsträchtigen Bier-Pretiosen. Dass der versteckte Familienbetrieb auch Heimat des unlängst verstorbenen bayerischen Schriftstellers und allseits bekannten Traditionalisten Georg Lohmeier ist, passt ebenfalls zu diesem bajuwarischen Kleinod. Dass Bierbrauer auch kreative Köpfe sein können, das dokumentiert Wolfgang Unertl in Mühldorf am Inn. Die alteingesessene Brauerei mitten im Zentrum der 18.000 Einwohner Stadt. Unertl ist für seine Weißbiere fast genauso bekannt wie die Verwandtschaft im nahen Haag. Einen Namen gemacht hat er sich auch mit unkonventionellen Produkten und Arbeitstechniken. Seine Bio-Dinkel Weiße wird mit Biodinkelmalz gebraut und gehört zum Repertoire zahlreicher Sternerestaurants in München und am Tegernsee. „Das Bio-Dinkel läuft immer besser. Damit haben wir Zuwächse von bis zu 70 Prozent gehabt,“ sagt der Wolfgang. Das verkauft sich auch gut in Berlin und Hamburg und sogar bis nach Großbritannien. Besondere Biere sind ganz offensichtlich gefragt. Zu Weihnachten hat er sein Luis Bockbier in 0,75 Liter Champagnerflasche aufgelegt. Die 1800 Flaschen zum Stückpreis von 14 Euro waren im Nu verkauft. An der Qualität hat das Wasser aus dem eigenen artesischen Brunnen wohl einen Anteil, möglicherweise aber auch der Sinn des Chefs für spirituelle Harmonie. Denn nachts lässt Unertl in der Brauerei klassische Musik laufen, damit das Bier besser gedeiht. Verkosten kann man die Biere ebenso wie ein neues alkoholfreies Erfrischungsgetränk auf Getreidebasis mit dem netten Wortspiel FitamInn nebenan in der „Köstlichen Kiste“, dem hauseigenen Feinkostladen. Ganz andere Erlebnisse bietet die Schlossbrauerei Stein eine halbe Autostunde weiter südlich. Zu der bedeutenden Höhlenburg gehört neben einem Internat auch noch die Schlossbrauerei, wo seit dem 15. Jahrhundert Bier ausgeschenkt wird. Neben dem klassischen Sortiment gibt es noch die Heinz vom Stein Bio-Biere. Und beim Heinz handelt es sich nicht etwa um einen Bier- Ökologen, sondern um einen legendären Raubritter. Dazu können sich die Gäste neben einer Brauereiführung mit Verkostung im Bräustüberl auch noch eine Tour durch die Höhlenburg auf den Spuren des Raubritters gönnen. Nicht nur in diesem Schloss, sondern ganz generell hatte die Obrigkeit in bayerischen Landen früher ein sehr inniges Verhältnis zum Bier, was nicht nur mit dem Konsum, sondern auch mit dem Geldverdienen zu tun hatte. Die bayerischen Herzöge aus dem Hause Wittelsbacher genossen fast 200 Jahre lang bis 1798 gute Einkünfte durch das Weißbiermonopol. In diese Zeit fallen auch die Anfänge der Klosterbrauerei Baumburg bei Altenmarkt an der Alz. Dem Weg hinauf zu der einstigen Augustiner-Chorherren-Kloster lohnt sich nicht nur wegen der Brauerei samt Bräustüberl, sondern auch wegen der nostalgischen Atmosphäre rund um die alte Stiftskirche. In der Brauerei wird Tradition mit Innovation geschickt kombiniert. „Wir produzieren viele Rohstoffe selbst, die Gerste wächst auf den Wiesen hinter der Brauerei, und wir haben eine eigene Stromerzeugung mit Wasserkraft“, sagt der Geschäftsführer Dominik Tapper. Neben den Klassikern Export und Weißbier gibt es auch Kreationen wie den Stopfbock und den Weizeneisbock. Letzterer entsteht, indem das Bockbier eingefroren wird, dann wird Wasser entfernt. Mit zehn Prozent Alkohol ein sehr intensives Geschmackserlebnis. Das gilt auch für 73