Lifestyle. Business. Allgäu. Alpenraum.
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wd | Sommer 2020

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wd WORTWECHSEL Wie schätzen Sie die angepasste Arbeitsweise der Wirtschaftsjunioren ein? Manuel Burkart: „Ich glaube man muss da unterscheiden. Überregional wurden sicherlich sogar Hürden abgebaut. Da sehe ich sogar Vorteile. Wo man ansonsten nicht zu einem Wirtschaftsjunioren-Event nach Hamburg oder Berlin gefahren wäre, kann man sich digital bei interessanten Themen problemlos aufschalten. Auch eine überregionale Mitgliederversammlung wäre dann zeitlich unproblematisch unterzubringen. Regional sieht es da schon anders aus.“ Tobias Sirch: „Regional leben wir vom Netzwerkgedanken. Man trifft sich, tauscht sich aus. Macht Betriebsbesichtigungen. Das alles war oder ist nicht möglich, was die Arbeit erschwert. Informationen vermitteln funktioniert digital, den persönlichen Kontakt ersetzt das aber nicht. Auf Dauer wäre das für eine Institution wie die Wirtschaftsjunioren schwierig.“ Wagen wir noch einen Ausblick. Was bleibt von der Pandemie bei den Unternehmen „hängen“? Manuel Burkart: „Es wird sicher eine Marktveränderung geben. Wer die Chancen ergreift, der kann aber sogar von der Krise profitieren. Egal ob Pandemie oder Wirtschaftskrise: Die Unternehmen, welche innovativ bleiben und auf Veränderungen reagieren, werden bestehen bleiben und sogar gestärkt herausgehen. Auf der Strecke bleiben jene, welche die Veränderungen ignorieren, nicht mitgehen wollen oder können.“ Tobias Sirch: „Das sieht man auch regional. Viele wollen sich entwickeln und sind innovativ, nehmen die Herausforderung an. Andere, wenn auch wenige und oft mit bereits älteren Geschäftsführern, gehen nicht mit. Für sie wird es dann auf Dauer auch schwierig werden, sich zu behaupten.“ Manuel Burkart: „Überregional respektive weltweit finde ich dazu interessant, wie schnell gefühlt gesunde Großkonzerne vermeintlich vor dem Aus stehen. Große Konzerne mit viel Lobby erhalten dann extreme Hilfspakete, während die KMUs (kleinere und mittlere Unternehmen; die Redaktion) auf der Strecke bleiben.“ Tobias Sirch: „Die großen Konzerne sind eben sehr umsatzgetrieben. Das ist auch in der Automobilbranche der große Unterschied. Während die Hersteller Hilfspakete erhalten, geht der Handel leer aus.“ Was wäre abschließend euer Appell an Politik und Wirtschaft? Manuel Burkart: „Der Mittelstand muss fokussiert werden. Hier wird der Umsatz gemacht, hier werden die Steuern erwirtschaftet, hier wird 'gearbeitet'. Das wird aus meiner Sicht oft zu wenig von der Politik gesehen. Wir haben ‚fette‘ Jahre hinter uns. Dass das Wachstum nicht so weitergehen konnte, war bereits vor der Pandemie klar. Ziel sollte es sein, das Ganze auf ein gesundes Niveau einzupendeln.“ Tobias Sirch: „Gleichzeitig ist natürlich jeder und größtenteils seines eigenen Glückes Schmied. Ich wage zu behaupten, dass ausgenommen gewisser Bereiche, wie die Tourismus und Eventbranche, der kleinste Teil der Unternehmen nur von Corona in dieser Notlage ist. Das war vielleicht das Zünglein an der Waage, aber eben nicht ausschließlich. Vielleicht lernen wir aus der Pandemie, nachhaltiger zu wirtschaften. Gesünder zu wirtschaften. Auch der Eingriff der Politik in die Wirtschaft ist nicht immer sinnvoll, da wäre es oftmals sinnvoller wenn die Politik bessere Rahmenbedingungen schafft, wie durch Bürokratieabbau und keine Überregulierungen. Das wäre deutlich hilfreicher als die Mehrwertsteuersenkung um 3%. Da ist in vielen Bereichen der Umstellungsaufwand höher, als den Effekt den sie bringt. Das sind die Wirtschaftsjunioren Die Wirtschaftsjunioren Kempten-Oberallgäu sind ein Netzwerk für junge Unternehmer, Selbständige und Führungskräfte aus der Region. Als Kreisverband mit derzeit 70 aktiven und rund 75 Fördermitgliedern sind die jungen Entscheider aus der Region eingebunden in eine bundesweite Organisation mit mehr als 10.000 Unternehmern und Führungskräften unter 40 bzw. 45 Jahren. Mit dem wirtschaftspolitischen und gesellschaftlichen Engagement übernehmen die Wirtschaftsjunioren Verantwortung für die Zukunft und geben der jungen Wirtschaft in der Region eine Stimme. "Gleichzeitig ist natürlich jeder und größtenteils seines eigenen Glückes Schmied. Ich wage zu behaupten, dass der kleinere Teil der Unternehmen nur aufgrund von Corona in Notlage ist." Tobias Sirch "Es wird sicher eine Marktveränderung geben. Wer die Chancen ergreift, der kann aber sogar von der Krise profitieren." Manuel Burkart 114

Corona-Gastro-Talk mit… CLAUDIO PARRINELLO Der Allgäuer-Top-Gastronom Claudio Parrinello war und ist ebenfalls von den Einschränkungen durch die Corona-Pandemie betroffen. wd-Chefredakteur Marcel Reiser traf sich mit Claudio zum kurzen „Corona-Talk“ nach dem Motto: 10 Fragen – 10 Antworten. Claudio, wie hast du die Zeit des Shutdowns erlebt? Claudio: „Ich denke, wir müssen alle froh sein, in einer solchen Zeit in Deutschland leben zu dürfen. Natürlich war die Zeit auch für uns hart. Mit den Kurzarbeit-Regelungen und der gewährten Soforthilfe wurde aber auch uns sehr geholfen.“ Wie hast du die Zeit des Shutdowns überbrückt? Claudio: „Wir konnten auf die Unterstützung einiger großer Firmenpartner setzen, haben sehr viele Essen ‚to go‘ verkauft und auch die Sozialbau als Verpächter ist uns sehr entgegengekommen. Wir sind gut über die Runden gekommen.“ Wie hast du die Personalsituation bei so vielen Angestellten geregelt? Claudio: „Bei uns wurde keiner der Angestellten gekündigt. Gleich mit der ersten Lockerung haben wir gemeinsam einen Plan ausgearbeitet, um alle aus der 100% Kurzarbeit herauszuholen. Auch als Dankeschön, dass sie jede Situation in der Vergangenheit mitgetragen haben.“ Bis wann hoffst du auf Normalität in deinen Gastronomie-Betrieben? Claudio: „Ich glaube nicht dieses Jahr. Natürlich hofft man auf eine frühere Rückkehr zur Normalität. Ohne Festwoche, After- Festwochenparty, Stadtfest und viele Caterings fallen für uns wichtige Events aus.“ Wie richtest du dich aus? Claudio: „Wer mich kennt, weiß, dass wir immer neue Ideen entwickeln und am Puls der Zeit bleiben wollen. So wird es auch in dieser Extremsituation sein. Es gibt bereits Konzepte und es werden auch neue Dinge kommen. Man darf gespannt sein.“ Was erwartet einen aktuell bei einem Besuch bei Claudio Parrinello? Claudio: „So viel Normalität wie möglich. Auch wenn das mit den aktuellen Hygienevorschriften und den eingeschränkten Öffnungszeiten schwer ist. Wir versuchen, dass sich jeder wohlfühlt. Wir laufen aktuell etwa auf 70% von normal, worüber ich bereits froh bin.“ Wie kam deine Familie mit der Situation klar? Claudio: „Wie immer haben meine Frau und meine Tochter mir den Rücken frei gehalten. Wir halten seit 21 Jahren in guten und schlechten Zeiten zusammen.“ Geht es für euch trotz allem in den Urlaub dieses Jahr? Claudio: „Ja, das lassen wir uns nicht nehmen. Vor allem auch, weil es für mich trotz Corona keine Auszeit gab. Ich war neun Wochen täglich hier und habe gearbeitet.“ Was hat dich in der Corona-Zeit am Meisten beeindruckt? Claudio: „Die Solidarität und Unterstützung von außen. Gäste, Freunde, die Medien – über den engsten Kreis hinaus haben wir Support erfahren. Sei es einfach durch eine SMS, oder durch den Kauf von Gutscheinen, ‚to go‘-Gerichten und dem Kauf meiner Gourmetlinie. Danke dafür.“ Dein Appell an die Gastronomen im Allgäu? Claudio: „Es gibt ein Leben nach Corona. Spart nicht – schon gar nicht an der Qualität. Arbeitet mit vollem Personal, es wird das Vertrauen zurückgeben.“ Danke für den Talk. questions asked by MARCEL REISER 115