04.03.2013 Views

Archivum Lithuanicum 14 (2012) (59 MB) - University of Illinois at ...

Archivum Lithuanicum 14 (2012) (59 MB) - University of Illinois at ...

Archivum Lithuanicum 14 (2012) (59 MB) - University of Illinois at ...

SHOW MORE
SHOW LESS

Create successful ePaper yourself

Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.

letztlich eher auf der gedanklichen ebene als der von Wortformen wirkt: „synonymia<br />

is ultim<strong>at</strong>ely a figure <strong>of</strong> reading as much as a figure <strong>of</strong> speech or thought. it occurs<br />

when a reader decides to interpret a sequence <strong>of</strong> words or phrases as a self-iter<strong>at</strong>ion“ 48 .<br />

das stilmittel als solches war n<strong>at</strong>ürlich bereits in der antiken rhetorik bekannt 49 –<br />

altern<strong>at</strong>ivtermini zu ‘synonymia’ sind ‘interpret<strong>at</strong>io’ oder ‘paraphrasis’ 50 –, und auch<br />

die mittelalterliche rhetorik machte regen Gebrauch von der stilfigur, wie pizzorusso<br />

51 mit reichhaltigem m<strong>at</strong>erial aus l<strong>at</strong>einischen texten des 8.–11. jahrhunderts aufzeigen<br />

kann. die blütezeit der synonymie war aber das zeitalter der renaissance,<br />

bevor sie im 17. jahrhundert zu einem merkmal schlechten stils herabsank und mit<br />

monotoner Wiederholung (tautologie), redundanz (pleonasmus) und lang<strong>at</strong>migkeit<br />

(makrologie) assoziiert wurde. 52 das aufkommen der synonymie als vorherrschendes<br />

stilmittel im 16. jahrhundert verknüpft adamson mit der zentralen stellung der<br />

rhetorik in der humanistischen bildung und im schulunterricht der renaissancezeit 53<br />

und führt ihre dominanz letztlich auf das maßgebliche lehrbuch dieser zeit zurück,<br />

erasmus von rotterdams De duplici copia verborum ac rerum commentarii duo, meist<br />

einfach De copia genannt. 54 erasmus schöpfte zwar aus den bis dahin populärsten<br />

48 adamson 2007, 17.<br />

49 vgl. lausberg 1960, 329–332, §§ 649–656.<br />

lausbergs bestimmung der ‘synonymia’<br />

als rhetorikfigur macht auch deutlich,<br />

dass (lexikalische) synonymie in der linguistik<br />

viel enger gefasst wird als in der<br />

rhetorik: „die synonymität der gebrauchten<br />

Wörter zeigt also durchaus nicht eine<br />

völlige (semantisch überflüssige) deckung<br />

der Wortinhalte, sondern schließt semantische<br />

unterschiede ein, deren betonung<br />

vom sprecher gewollt sein kann und die<br />

sich (in allen Wiederholungsweisen) fast<br />

immer in der absicht der ausdruckssteigerung<br />

[…] äußern, die sich in der rolle<br />

von synonymen auch der tropen […] wegen<br />

deren affektsteigernder Wirkung bedient.<br />

der semantische unterschied der<br />

synonyme kann in überbietender Weise<br />

auch selbst so gesteigert werden, daß er<br />

zur aufzählenden Koordin<strong>at</strong>ion oder zum<br />

(gewollten) Gegens<strong>at</strong>z oder zur (gewollten)<br />

chaotischen beziehungslosigkeit<br />

wird“ (lausberg 1960, 331, § 651). dies<br />

zeigt, dass die stilfigur ‘synonymie’ nicht<br />

nur (lexikalische) bedeutungsgleichheit<br />

(2.3.1.) umfasst, sondern im Gegens<strong>at</strong>z zur<br />

linguistischen synonymie auch auf bezeichnungsäquivalenz<br />

(2.3.2.) und ebenso<br />

problemlos auf die oben diskutierten bedeutungs-<br />

und bezeichnungsbesonderheiten<br />

(2.3.3.) angewendet werden kann.<br />

50 sonnino 1968, 116–117.<br />

51 pizzorusso 1957, 7–29.<br />

52 adamson 2007, 18.<br />

53 vgl. Kennedy 1999.<br />

54 der volle titel der erstedition von 1512 –<br />

das buch wurde schon zu lebzeiten des<br />

erasmus wenigstens dreimal revidiert<br />

und erweitert (sloane 1991, 113) – lautet<br />

D. Erasmi Roterodami de duplici Copia rerum<br />

ac verborum commentarii duo. De r<strong>at</strong>ione studii<br />

& instituendi pueros commentarii totidem.<br />

De puero Iesu Concio scholastica: & Quaedam<br />

carmina ad eamdem rem pertinentia. Venundantur<br />

in aedibus Ascensianis (nach King,<br />

rix 1963, [2], vgl. dazu Green, murphy<br />

2006, 185–188 mit bibliotheksnachweisen<br />

sämtlicher auflagen und nachdrucke).<br />

zur bedeutung als rhetoriklehrbuch sind<br />

auch bauer (1986, 121–123) und Callahan<br />

(1978, 103) zu vergleichen. bereits 1536,<br />

dem todesjahr des erasmus, waren mindestens<br />

85 editionen erschienen (aufstellung<br />

bei rix 1946, 605–611), im gesamten<br />

16. jahrhundert gut 150 (rix 1946, 605–<br />

615; King, rix 1963, [2]). das lehrbuch<br />

wurde seinerseits zum Gegenstand von<br />

Kommentaren und redaktionen, zahlreiche<br />

Kapitel fanden eingang in rhetoriken<br />

anderer Gelehrter und lehrer der renaissancezeit<br />

(King, rix 1963, [6]–[7]; bauer<br />

1986, 121–122 mit anm. 7).<br />

29 u n t e r s u c h u n g e n z u D a u k š a s<br />

Postille – i. Doppelungen

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!