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karriereführer naturwissenschaften<br />
2010.2011<br />
Naturwissenschaftler in Innovationsbranchen<br />
Wachstum durch<br />
Schlüsseltech<br />
8
Zukunftsträchtig. Nano- und Biotechnologie, Mikrosystemtechnik und<br />
Werkstofftechnologie – sie alle gehören zu <strong>de</strong>n sogenannten Schlüsseltechnologien<br />
und gelten <strong>als</strong> Wachstumsmotor. Denn sie schaffen Innovationen – und<br />
Arbeitsplätze auch für Naturwissenschaftler. Doch <strong>als</strong> klassische Querschnittstechnologien<br />
verlangen sie ganz beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>n Blick über <strong>de</strong>n Tellerrand. Wer<br />
hier Karriere machen will, muss sich nicht nur im eigenen Fach auskennen.<br />
Top-Thema<br />
10<br />
12<br />
14<br />
Entschlüsselt: Innovationsbranchen<br />
ganz oben<br />
Wie Schlüsseltechnologien Deutschland<br />
nach oben bringen.<br />
Kleinste Technik, größte Anfor<strong>de</strong>rungen<br />
Was Naturwissenschaftler für eine Karriere<br />
im Bereich <strong>de</strong>r Nanotechnologie benötigen.<br />
Es wer<strong>de</strong> Licht!<br />
Optische Technologien – Erfin<strong>de</strong>rgeist<br />
gefragt.<br />
nologien<br />
9
karriereführer naturwissenschaften<br />
2010.2011<br />
Top-Thema<br />
Entschlüsselt:<br />
Innovationsbranchen ganz oben<br />
So ein Schlüssel ist eine schöne<br />
Sache. Einfach ins richtige Schloss<br />
stecken, umdrehen – und schon<br />
geht die Tür auf. Genauso sollen<br />
auch die Schlüsseltechnologien<br />
funktionieren. Ob Bio- und Nanotechnologie,<br />
Mikrosystemtechnik<br />
o<strong>de</strong>r Werkstofftechnologie: Sie<br />
sollen <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Wirtschaft<br />
die Tür zu Innovationen öffnen,<br />
die dann zu neuen Produkten,<br />
Märkten und Kun<strong>de</strong>n führen. Für<br />
dieses Vorhaben gesucht:<br />
Naturwissenschaftler.<br />
Von André Boße<br />
Das Bun<strong>de</strong>sministerium für Bildung und<br />
Forschung macht in <strong>de</strong>r aktuellen Bilanz<br />
„Forschung und Innovation für Deutschland“<br />
eine simple Rechnung auf: „Die<br />
Wettbewerbsfähigkeit <strong>de</strong>s Produktionsund<br />
Arbeitsplatzstandortes Deutschland<br />
und damit seine wirtschaftliche<br />
Zukunft in einer wissensbasierten<br />
Gesellschaft hängen entschei<strong>de</strong>nd<br />
davon ab, wie entschlossen die Chancen<br />
von Schlüsseltechnologien genutzt wer<strong>de</strong>n<br />
und ihr Transfer in die wirtschaftliche<br />
Nutzung gelingt.“ Keine Frage:<br />
Das Land benötigt Forscher und ihre<br />
Innovationskraft. Daraus ergeben sich<br />
generell ausgezeichnete Aussichten für<br />
junge Biologen, Chemiker o<strong>de</strong>r Physiker.<br />
Das bestätigt auch Andreas Schambert,<br />
Geschäftsführer <strong>de</strong>r Personalmarketingfirma<br />
T5, die Unternehmen bei <strong>de</strong>r<br />
Suche nach qualifizierten Naturwissenschaftlern<br />
berät: „Dass die Nachfrage<br />
nach naturwissenschaftlichen Hochqualifizierten<br />
weiter zunehmen wird,<br />
gilt <strong>als</strong> sicher.“ Schambert nennt zwei<br />
Grün<strong>de</strong>: „Erstens <strong>de</strong>r wirtschaftliche<br />
Strukturwan<strong>de</strong>l hin zu einer forschungsund<br />
wissensintensiven Gesellschaft und<br />
zweitens <strong>de</strong>r durch <strong>de</strong>n <strong>de</strong>mografischen<br />
Wan<strong>de</strong>l bedingte hohe Ersatzbedarf für<br />
die in <strong>de</strong>n Ruhestand gehen<strong>de</strong> Generation<br />
von Fachkräften.“<br />
Fallen die Top-Jobs jungen Naturwissenschaftlern<br />
<strong>de</strong>mnach in <strong>de</strong>n Schoß?<br />
Von wegen. Wer im Sektor <strong>de</strong>r Schlüsseltechnologien<br />
erfolgreich mitspielen<br />
möchte, muss Beson<strong>de</strong>res leisten. Und<br />
zwar gleich auf zwei Ebenen: Erstens<br />
müssen die Fachkenntnisse sitzen –<br />
und zwar auch die von morgen, <strong>de</strong>nn<br />
in Branchen, die so entschei<strong>de</strong>nd von<br />
Innovation geprägt sind, ist ständiger<br />
Wan<strong>de</strong>l systemimmanent. Doch die<br />
naturwissenschaftlichen Kernqualifikationen<br />
alleine reichen nicht mehr aus,<br />
<strong>de</strong>nn das Forscherleben im Elfenbeinturm<br />
gibt es nicht mehr. Statt<strong>de</strong>ssen<br />
gilt zweitens <strong>de</strong>r Dreiklang „Forschung<br />
– Innovation – wirtschaftlicher Erfolg“,<br />
und die Naturwissenschaftler sind an<br />
allen drei Schritten beteiligt.<br />
Daher suchen die Unternehmen<br />
Fachkräfte, die Innovationen auch<br />
umsetzen, vermitteln und verkaufen<br />
können. Gefragt sind personale, soziale<br />
und methodische Kompetenzen, und<br />
Andreas Schambert sagt: „Spätestens<br />
im Bewerbungsgespräch, zu <strong>de</strong>m ja<br />
nur die bereits <strong>als</strong> fachlich passend<br />
eingeschätzten Kandidaten eingela<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n, entschei<strong>de</strong>n vor allem diese<br />
außerfachlichen Schlüsselqualifikationen.“<br />
Genau bei diesen sieht Schambert<br />
bei <strong>de</strong>n naturwissenschaftlichen<br />
Absolventen aber die größten Defizite<br />
– und diese können zur richtigen Karrierebremse<br />
wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Personalexperte<br />
hat festgestellt: „Unternehmen<br />
entschei<strong>de</strong>n sich zugunsten eines weniger<br />
fachlich qualifizierten Bewerbers,<br />
sofern dieser über die Schlüsselqualifikationen<br />
verfügt, die <strong>de</strong>r fachlich bessere<br />
Bewerber eben nicht hat.“<br />
Für je<strong>de</strong>n Arbeitsmarkt gilt: Wo Wachstum<br />
ist, da entstehen Stellen. Und in dieser<br />
Hinsicht sind die Kennzahlen in <strong>de</strong>n<br />
für Naturwissenschaftler relevanten<br />
Schlüsseltechnologien ausgezeichnet:<br />
Die Branche <strong>de</strong>r Mikrosystemtechnik<br />
10
zum Beispiel wuchs in <strong>de</strong>n vergangenen<br />
drei Jahren jeweils um rund 15 Prozent.<br />
Die industrielle Biotechnologie – so<br />
schätzt das Ministerium für Forschung<br />
und Bildung – wird ihren weltweiten<br />
Umsatz in <strong>de</strong>n kommen<strong>de</strong>n zehn<br />
Jahren versechsfachen, von heute 50<br />
Milliar<strong>de</strong>n Euro auf 300 Milliar<strong>de</strong>n Euro<br />
im Jahr 2020. Das Fraunhofer Institut<br />
für System- und Innovationsforschung<br />
rechnet für <strong>de</strong>n Biotechnologiestandort<br />
Deutschland bis 2020 mit „erheblichen<br />
Beschäftigungszuwächsen“, und Dr.<br />
Pablo Serrano, Senior Manager bei <strong>de</strong>r<br />
Biotechnologie-Industrie-Organisation<br />
Bio Deutschland, bestätigt, dass laut<br />
<strong>de</strong>r jüngsten Umfrage <strong>de</strong>s Verban<strong>de</strong>s<br />
die Unternehmen in Aussicht stellen,<br />
in neue Arbeitsplätze investieren zu<br />
wollen. „Die Branche ist international<br />
sehr gut aufgestellt. Gemessen an<br />
<strong>de</strong>r Anzahl <strong>de</strong>r Unternehmen belegt<br />
Deutschland <strong>de</strong>n zweiten Platz hinter<br />
<strong>de</strong>n Vereinigten Staaten – in Europa<br />
kommen wir sogar an erster Stelle“,<br />
sagt Serrano und verweist auf die<br />
Grün<strong>de</strong>rmentalität <strong>de</strong>s Biotechnologiesektors<br />
mit alleine 30 neu gegrün<strong>de</strong>ten<br />
Biotech-Firmen im Jahr 2009.<br />
Die Stärken <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Biotechnologiestandortes<br />
sei eine exzellente<br />
Forschungslandschaft, hervorragend<br />
ausgebil<strong>de</strong>te Fachkräfte und beispielhafte<br />
För<strong>de</strong>rprogramme. Doch trotz<br />
<strong>de</strong>r Aufbruchstimmung sei die Branche<br />
nicht krisenresistent. „Mehr <strong>als</strong> 30 Prozent<br />
<strong>de</strong>r Biotechnologieunternehmen<br />
finanzieren ihre Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten<br />
mit Wagniskapital.<br />
Die Investitionen sind allerdings seit<br />
2005 rückläufig“, erläutert Serrano. Not<br />
macht erfin<strong>de</strong>risch, sodass viele Firmen<br />
ihre Geschäftsmo<strong>de</strong>lle <strong>de</strong>m versiegen<strong>de</strong>n<br />
Kapitalfluss anpassen. Serrano: „Die<br />
Unternehmen konzentrieren ihre Forschungs-<br />
und Entwicklungsaktivitäten<br />
auf wenige Projekte und generieren auf<br />
an<strong>de</strong>rem Weg Einnahmen, zum Beispiel<br />
durch Dienstleistungen.“<br />
Was die Schlüsseltechnologien eint,<br />
ist die bemerkenswerte Breite an<br />
Anfor<strong>de</strong>rungen, die ein junger Naturwissenschaftler<br />
zu erfüllen hat. In<br />
<strong>de</strong>n zukunftsweisen<strong>de</strong>n Branchen<br />
verschwin<strong>de</strong>n zunehmend die klaren<br />
Trennlinien zwischen <strong>de</strong>n Naturwissenschaften.<br />
Voran kommt nur, wer interdisziplinär<br />
aufgestellt ist. Jörg Müller,<br />
Leiter <strong>de</strong>s Schulungszentrums für Mikrosystemtechnik<br />
MST Aca<strong>de</strong>my in Dortmund,<br />
gibt ein Beispiel: „Bei einer Firma,<br />
die auf <strong>de</strong>m Gebiet <strong>de</strong>r Mikroelektronik<br />
arbeitet, kann es vorkommen, dass ein<br />
Entwicklungsauftrag für einen biologischen<br />
Sensor hereinkommt. Dann wird<br />
schon erwartet, dass <strong>de</strong>r Entwickler ein<br />
Bio-Grundwissen besitzt und auf diesem<br />
Wissen aufbauen kann, in<strong>de</strong>m er weiß,<br />
wo er die fehlen<strong>de</strong>n Informationen<br />
erwerben kann.“ Carsten Roller, Karriereexperte<br />
beim <strong>de</strong>utschen Biologenverband<br />
VBIO, rät in diesem Zusammenhang<br />
zu einer „Grundausbildung mit<br />
fundierten Kenntnissen in allen Naturwissenschaften“<br />
und empfiehlt allen<br />
Naturwissenschaftlern eine Promotion,<br />
„<strong>de</strong>monstriert diese doch die Fähigkeit,<br />
sich intensiv mit einem wissenschaftlichen<br />
Thema auseinan<strong>de</strong>rzusetzen.“<br />
Keine Frage: Die Schlüsseltechnologien<br />
sind Querschnittstechnologien. Sie<br />
kümmern sich nicht mehr um die alten<br />
Abgrenzungen zwischen <strong>de</strong>n Naturwissenschaften<br />
– und verlangen von <strong>de</strong>n<br />
Fachkräften ebenfalls <strong>de</strong>n Blick weit über<br />
<strong>de</strong>n Tellerrand hinaus. Wer <strong>als</strong> naturwissenschaftlicher<br />
Absolvent in einer dieser<br />
Innovationsbranchen Karriere machen<br />
möchte, kommt <strong>als</strong>o mit einem einzigen<br />
Schlüssel nicht aus – und benötigt statt<strong>de</strong>ssen<br />
ein ganzes Schlüsselbund.<br />
Schlüssel-Links<br />
www.hightech-strategie.<strong>de</strong><br />
Einführung in das Thema Schlüsseltechnologien<br />
<strong>de</strong>s Ministeriums für Forschung<br />
und Bildung mit unter an<strong>de</strong>rem aktuellen<br />
Zahlen, Studien und Nachrichten sowie<br />
Publikationen zum Download<br />
www.mikrosystemtechnik-training.<strong>de</strong><br />
Homepage <strong>de</strong>r MST Aca<strong>de</strong>my, <strong>de</strong>m Schulungszentrum<br />
für Mikro- und Nanotechnologie<br />
in Dortmund mit Weiterbildungsangeboten<br />
www.t5-futures.<strong>de</strong><br />
Internetseite <strong>de</strong>s T5-Career-Gateway<br />
mit speziellen Angeboten für Naturwissenschaftler;<br />
die Homepage bietet einen<br />
E-Stellenmarkt, Termine für Job-Börsen<br />
und Job-Messen sowie ein A-Z potenzieller<br />
Arbeitgeber mit Unternehmensprofilen<br />
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karriereführer naturwissenschaften<br />
2010.2011<br />
Top-Thema<br />
Kleinste Technik,<br />
größte Anfor<strong>de</strong>rungen<br />
Wer <strong>als</strong> Naturwissenschaftler in <strong>de</strong>r<br />
Nanotechnologie Fuß fassen möchte,<br />
muss seine Kun<strong>de</strong>n kennen. Diese<br />
sitzen in aller Welt und haben die<br />
verschie<strong>de</strong>nsten Ansprüche.<br />
Von André Boße<br />
Das Ministerium für Forschung und<br />
Bildung wirbt <strong>de</strong>rzeit in großer Form<br />
für die kleinste Technologie. Durch<br />
Deutschland rollt <strong>de</strong>r sogenannte<br />
Nano-Truck und bringt Interessierten<br />
die Möglichkeiten <strong>de</strong>r Nanotechnologie<br />
näher. Auch eine Nano-Map mit<br />
einer Übersicht <strong>de</strong>r Unternehmen<br />
dieser Branche sowie eine Nano-Bildungslandschaft<br />
hat das Ministerium<br />
gestaltet. Der Grund für diese Anstrengungen,<br />
die das Ministerium in <strong>de</strong>r<br />
Nano-Initiative 2010 bün<strong>de</strong>lt, liegt auf<br />
<strong>de</strong>r Hand: Die Welt <strong>de</strong>s Kleinsten soll<br />
<strong>de</strong>r großen Wirtschaft beim Wachstum<br />
helfen. „Das Marktpotenzial für<br />
nanotechnologische Produkte wird<br />
für 2015 weltweit auf über eine Billion<br />
Euro prognostiziert“, heißt es im<br />
Ministerium – und die <strong>de</strong>rzeit rund 740<br />
Unternehmen, die sich in Deutschland<br />
mit <strong>de</strong>r Entwicklung, Anwendung und<br />
<strong>de</strong>m Vertrieb nanotechnologischer<br />
Produkte befassen und 50.000 industrielle<br />
Arbeitsplätze bieten, sollen ein<br />
möglichst großes Stück vom Kuchen<br />
abgekommen. Die Politik investiert<br />
dafür auch För<strong>de</strong>rmittel: 370 Millionen<br />
Euro sind es <strong>de</strong>rzeit, kein an<strong>de</strong>res Land<br />
in Europa gibt so viel.<br />
Doch wenn man sich in einer <strong>de</strong>r<br />
rund 370 Firmen umhört, die man <strong>als</strong><br />
Nanotechnologie-Kernunternehmen<br />
bezeichnen kann, stößt man auf<br />
ein Problem, das mit För<strong>de</strong>rmitteln<br />
zunächst einmal nicht zu lösen ist. „Für<br />
die JPK Instruments <strong>als</strong> wachsen<strong>de</strong>s<br />
Unternehmen im wissenschaftlichen<br />
Gerätebau für die Nanotechnologie in<br />
Life Science ist es äußerst schwierig,<br />
Fachkräfte beson<strong>de</strong>rs für die Position<br />
<strong>de</strong>s Applications Scientist zu rekrutieren“,<br />
sagt Dr. Heiko Haschke, Head of<br />
Applications & Customer Support bei<br />
JPK Instruments. Das Unternehmen<br />
aus Berlin ist einer <strong>de</strong>r führen<strong>de</strong>n Hersteller<br />
von Nanoanalytik-Instrumenten,<br />
insbeson<strong>de</strong>re von rasterkraftmikroskopischen<br />
Systemen. Genutzt<br />
wer<strong>de</strong>n diese von <strong>de</strong>r wachsen<strong>de</strong>n<br />
Life-Science-Branche; die Instrumente<br />
sind konsequent auf die jeweiligen<br />
Ansprüche <strong>de</strong>r Bio-, Medizin- und<br />
Pharmawissenschaften zugeschnitten.<br />
JPK Instruments sucht Absolventen,<br />
die „hoch spezielles Technologie- und<br />
Fachwissen mit sozialen und ökonomischen<br />
Komponenten <strong>de</strong>r Tätigkeiten<br />
zusammenführen können“ – und die<br />
seien nicht leicht zu fin<strong>de</strong>n. Vielen<br />
Bewerbern fehle es zu<strong>de</strong>m an Interdisziplinarität<br />
und Internationalität. Die<br />
Folge: Ein mangeln<strong>de</strong>s Verständnis für<br />
die Kun<strong>de</strong>n.<br />
Exzellentes Fachwissen ist nicht alles –<br />
und wer die Universität zwar fachlich<br />
bestens ausgebil<strong>de</strong>t verlässt, aber die<br />
30 schon überschritten und bislang<br />
kaum Erfahrungen in <strong>de</strong>r Wirtschaft<br />
gesammelt hat, wird es schwer haben,<br />
in einem innovativen Unternehmen<br />
<strong>de</strong>r Nanotechnologie Fuß zu fassen.<br />
Da, so Haschke, hätten internationale<br />
Bewerber oft mehr zu bieten. Wer <strong>als</strong><br />
Absolvent für diese Anfor<strong>de</strong>rungen<br />
gerüstet ist, hat dann aber gute Aussichten,<br />
von einem weiter wachsen<strong>de</strong>n<br />
Markt zu profitieren.<br />
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karriereführer naturwissenschaften<br />
2010.2011<br />
Top-Thema<br />
Es wer<strong>de</strong><br />
Licht!<br />
Farbe, Geschwindigkeit, Energieverbrauch:<br />
Dieses Trio macht die<br />
Forschung und Entwicklung von optischen<br />
Technologien heute zu einem<br />
zukunftsträchtigen Berufsfeld –<br />
beson<strong>de</strong>rs für Naturwissenschaftler.<br />
Von Petra Engelke<br />
Zunächst scheint das Thema ein<br />
alter Hut zu sein: Seit Jahrhun<strong>de</strong>rten<br />
beschäftigen sich Naturwissenschaftler<br />
mit Licht. Mit <strong>de</strong>ssen Farbe experimentierte<br />
Isaac Newton, Galileo Galilei<br />
interessierte sich für seine Geschwindigkeit.<br />
Was Physiker heute über<br />
kohärentes Licht wissen, nutzen die<br />
Hersteller von Lasertechnologien, um<br />
etwa Präzisionsinstrumente zu entwickeln<br />
– sie sind in <strong>de</strong>r Maschinenhalle<br />
eines Autobauers ebenso gefragt wie<br />
im Operationssaal eines Krankenhauses.<br />
In vielen Gebieten <strong>de</strong>r Lasertechnik<br />
ist Deutschland bereits Marktführer.<br />
Von Naturwissenschaftlern vieler<br />
Disziplinen zusammengetragenes<br />
Wissen über inkohärentes Licht fließt<br />
in die Photovoltaik – und natürlich in<br />
Leuchten. Hier sind es beson<strong>de</strong>rs LED<br />
und OLED, <strong>de</strong>nen eine leuchten<strong>de</strong><br />
Zukunft vorausgesagt wird.<br />
Wer sich im Studium mit chemischen<br />
und optischen Aspekten von LED auseinan<strong>de</strong>rgesetzt<br />
hat, kann sich in einem<br />
entsprechen<strong>de</strong>n Unternehmen beispielsweise<br />
mit <strong>de</strong>r Verbesserung <strong>de</strong>r<br />
Weißqualität unentbehrlich machen.<br />
Die Glühlampe mag zwar aus energiepolitischen<br />
Grün<strong>de</strong>n ausgedient haben.<br />
Aber man vermisst doch ihr warmes<br />
Licht. Deshalb konkurrieren Unternehmen<br />
darum, <strong>de</strong>n energiesparen<strong>de</strong>n<br />
Alternativen – etwa Kompaktleuchtstofflampen<br />
o<strong>de</strong>r LED – die angenehmste<br />
Farbe zu geben.<br />
Licht ist ein Hoffnungsträger. Darauf ist<br />
auch die Bun<strong>de</strong>sregierung aufmerksam<br />
gewor<strong>de</strong>n: Das Bun<strong>de</strong>sministerium<br />
für Bildung und Forschung legte das<br />
För<strong>de</strong>rprogramm „Optische Technologien“<br />
auf, unterstützt seither<br />
gezielt spezielle Anliegen wie etwa die<br />
Forschung und Entwicklung von LED-<br />
Technik für die Allgemeinbeleuchtung<br />
und finanziert einzelne Projekte. Auch<br />
die Industrie engagiert sich: „Light<br />
Alliance“ heißt eine Initiative von<br />
Herstellern optischer Technologien<br />
und <strong>de</strong>m Hightech-Industrieverband<br />
Spectaris, die verschie<strong>de</strong>ne Anwendungsmöglichkeiten<br />
vorstellt – von<br />
<strong>de</strong>r UV-Lampe, die Wasser entkeimen<br />
kann, bis zum Messgerät, das die Süße<br />
eines Weins bestimmt.<br />
Einen Scheinwerfer richtet die „Light<br />
Alliance“ auch auf Karrierechancen.<br />
„Wer Physik, Maschinenbau o<strong>de</strong>r Elektro-<br />
und Informationstechnik studiert,<br />
kann eine Vertiefungsrichtung einschlagen,<br />
die <strong>de</strong>n Weg in die optischen Technologien<br />
ebnet“, sagt etwa Rainer Küchler,<br />
Diplom-Physiker und Geschäftsführer<br />
von Heraeus Noblelight. „Je nach<br />
Schwerpunkt stehen mikrooptische<br />
Systeme, optische Informations- und<br />
Kommunikationstechnik, Lasertechnologie<br />
o<strong>de</strong>r Life Science im Vor<strong>de</strong>rgrund.“<br />
An<strong>de</strong>re Experten <strong>de</strong>r „Light Alliance“<br />
sehen das ähnlich. So konstatiert Stephan<br />
Bannierink, Dipl.-Ing. Chemie und<br />
Leiter Entwicklung bei Jüke: „Optische<br />
Technologien bieten nicht nur technischen<br />
Ingenieuren berufliche Chancen,<br />
son<strong>de</strong>rn auch Naturwissenschaftlern<br />
wie Chemikern o<strong>de</strong>r Biologen. Ihr Einsatzgebiet<br />
liegt häufig an <strong>de</strong>r Schnittstelle<br />
zwischen <strong>de</strong>m Kun<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>n<br />
Geräten.“<br />
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karriereführer naturwissenschaften<br />
2010.2011<br />
Ein Grund für das gestiegene Interesse<br />
ist <strong>de</strong>r Wunsch nach Energieeffizienz.<br />
Abgesehen von Umweltschutzaspekten<br />
ist dies auch eine Geldfrage: Einen<br />
immensen Teil <strong>de</strong>r Stromkosten kann<br />
sparen, wer veraltete Beleuchtungsanlagen<br />
durch Lampen mit mo<strong>de</strong>rneren<br />
Reflektoren und energiesparen<strong>de</strong>n<br />
Leuchtsystemen austauscht. Das ist<br />
nicht nur für Großraumbüros und<br />
Industriehallen interessant, son<strong>de</strong>rn<br />
auch für Filmstudios, die mitten im<br />
Nirgendwo Generatoren für Nachtaufnahmen<br />
aufstellen müssen, und für<br />
Handyhersteller auf <strong>de</strong>r Suche nach<br />
einer Display-Beleuchtung, die <strong>de</strong>n<br />
Akku nicht so sehr belastet. Und für<br />
Kommunen – die müssen schließlich<br />
für die Straßenbeleuchtung sorgen.<br />
Seit <strong>de</strong>m Frühjahr 2009 existieren<br />
zu<strong>de</strong>m neue EU-Standards für Energieeffizienz<br />
bei Leuchtstofflampen,<br />
Vorschaltgeräten und Leuchten. Es<br />
gibt bei solchen Gesetzesvorgaben<br />
zwar immer Übergangszeiten; langsam,<br />
stufenweise bis 2016 wer<strong>de</strong>n<br />
sich die Anfor<strong>de</strong>rungen verschärfen.<br />
Aber die Hersteller arbeiten auf Hochtouren<br />
daran, die Min<strong>de</strong>ststandards<br />
jetzt schon zu unterbieten. Das macht<br />
Lichttechnologie zu einem attraktiven<br />
Karrierefeld: Wer sich mit energiesparen<strong>de</strong>r<br />
Lichttechnik früh genug einen<br />
Namen macht, kann später eine Vorreiterposition<br />
ausnutzen. Davor stehen<br />
ehrgeizige Ziele. So peilt man etwa bei<br />
Osram eine Energieeinsparung von 60<br />
Prozent bei Produkten und Systemen<br />
an. „Schaffen können wir dies durch<br />
<strong>de</strong>n Einsatz neuer Technologien wie<br />
LED und OLED“, konstatiert Ingo Müller<br />
aus <strong>de</strong>r Human Resources-Abteilung<br />
von Osram. „Wir investieren <strong>de</strong>shalb<br />
heute bereits 50 Prozent unserer<br />
Entwicklungsaufwendungen in diese<br />
Technologien.“<br />
Um da hinzukommen, brauchen entsprechen<strong>de</strong><br />
Unternehmen nicht nur<br />
Ingenieure: 14 von <strong>de</strong>n 25 Absolventen,<br />
die bei Osram Opto Semiconductors<br />
pro Jahr eingestellt wer<strong>de</strong>n, sind Naturwissenschaftler.<br />
Wer sich bewirbt,<br />
sollte natürlich Lei<strong>de</strong>nschaft für Licht<br />
und eine ständig wache Neugier mitbringen,<br />
aber auch Nachhaltigkeit und<br />
Umweltbewusstsein sollten wirkliche<br />
Herzensthemen sein, so Ingo Müller:<br />
„Berufseinsteiger bei Osram haben die<br />
Möglichkeit individuell einen großen<br />
Beitrag zur Energieeinsparung und<br />
damit zum Klimaschutz zu leisten. Wer<br />
uns zeigt, dass er das will, ist für uns<br />
mehr <strong>als</strong> interessant.“<br />
Zum Beispiel die OLED-Technologie:<br />
Organische Leuchtdio<strong>de</strong>n (organic light<br />
emitting dio<strong>de</strong>) bestehen im Gegensatz<br />
zu <strong>de</strong>n LED aus organischen, halbleiten<strong>de</strong>n<br />
Materialien. Hinter dieser Eigenschaft<br />
verbergen sich viele Herausfor<strong>de</strong>rungen<br />
für Naturwissenschaftler.<br />
OLED ist ein sehr interdisziplinäres Feld.<br />
Beteiligt sind Chemie, insbeson<strong>de</strong>re<br />
Organische Chemie, Materialwissenschaften,<br />
Physik – mit Fachbereichen<br />
wie Halbleiter, Festkörper, Angewandte<br />
Physik, Optik – und Elektrotechnik. In<br />
weiteren Fel<strong>de</strong>rn sind Informatik und<br />
Mathematik an <strong>de</strong>r Simulation und<br />
<strong>de</strong>ren Programmierung beteiligt sowie<br />
Maschinenbauer bei <strong>de</strong>r Equipmententwicklung.<br />
Man muss nicht unbedingt ein Daniel<br />
Düsentrieb sein, um in <strong>de</strong>r optischen<br />
Technologie Karriere zu machen. Aber<br />
ein gewisser Erfin<strong>de</strong>rgeist hält wach.<br />
Man braucht die Neugier<strong>de</strong> und <strong>de</strong>n<br />
Tatendrang, völlig neue Produktwelten<br />
zu erschließen.<br />
Link-Tipps<br />
Die „Light Alliance“ zeigt konkrete und<br />
ungewöhnliche Beispiele, wozu man<br />
Lichttechnologien einsetzen kann – da<br />
fin<strong>de</strong>n sich Hinweise, welche Firmen die<br />
spannendsten Fel<strong>de</strong>r bearbeiten.<br />
www.lightalliance.<strong>de</strong><br />
Das Bun<strong>de</strong>sministerium für Bildung und<br />
Forschung informiert auf speziellen Websites<br />
über För<strong>de</strong>rprogramme in Hightech-<br />
Fel<strong>de</strong>rn – mit einem Extrabereich für<br />
optische Technologien. Dort fin<strong>de</strong>n sich<br />
die vielversprechen<strong>de</strong>n Trends <strong>de</strong>r Branche.<br />
www.bmbf.<strong>de</strong>/<strong>de</strong>/3591.php<br />
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