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HINTER DEN KULISSEN<br />

Im Gleichklang<br />

für den Kaisersaal<br />

Es gibt wohl kaum ein Fleckchen Erde in Erfurt, auf dem<br />

mehr Berühmtheiten gastierten als auf den rund 400 Quadratmetern<br />

an der Futterstraße. Dass hier auch europäische<br />

Geschichte geschrieben wurde, davon zeugt ein kleiner<br />

Mann, dessen Anblick schon etliche Besucher erschreckt haben<br />

dürfte — zu echt wirkt der Napoleon im Foyer, auch wenn er aus<br />

Pappmaché besteht.<br />

Napoleon, Zar Alexander I., Goethe, Schiller, Paganini, Clara<br />

Schumann, Liszt — sie alle waren im Kaisersaal oder in dem<br />

Vorgängerbau hinter der herrlichen Renaissancefassade Gäste.<br />

Und hier schrieb die SPD im Jahre 1891 mit ihrem »Erfurter<br />

Programm« deutsche Geschichte.<br />

Die Geschichte, die Thomas Günther (ein<br />

Erfurter) mit seinem Team schreibt, ist<br />

zwar nicht ganz so spektakulär, aber ohne<br />

die 33 Frauen und Männer wäre Erfurt<br />

ohne Zweifel ärmer: »Ich bin Geschäftsführer<br />

der Kaisersaal Gastronomie und<br />

Veranstal tung GmbH — und wie alle meine<br />

Kollegen auch ein Rädchen im Getriebe.«<br />

Hinter dem recht langen Namen der Firma<br />

verbirgt sich ein kleines, durchorganisiertes<br />

Unternehmen: »Wir haben rund 500<br />

Veranstaltungen pro Jahr«, sagt Günther<br />

und blickt dabei die Frau links neben ihm<br />

fragend an.<br />

Sabine Bock denkt kurz nach und nickt. Die Erfurterin ist<br />

zuständig für Eventplanung und -durchführung: »Wir organisieren<br />

von Geburtstagspartys, Tauffeiern über Bälle, Firmentagungen,<br />

Kongresse und Lesungen bis zu Messen so ziemlich<br />

alles.« Dazu noch Musicals, Konzerte, Partys, einen Garten,<br />

sieben Salons und gleich zwei Restaurants (»Luther keller«, »Clara«),<br />

wobei in dem einen ein echter Sternekoch Gäste verzaubert.<br />

Wie geht das mit so einer kleinen Truppe? »Ausschließlich<br />

gemeinsam. Nur Chefsein funktioniert hier nicht. Sicher muss<br />

einer letztlich entscheiden, aber wir haben keine Hierarchien<br />

wie andere Unternehmen«, sagt Günther, der von Anfang an<br />

(1994) dabei ist. Sabine Bock (acht Jahre an Bord): »Jeder von<br />

uns ist für das Ganze verantwortlich, und natürlich vertritt dabei<br />

jeder seine Meinung — auch wenn es mal gegen den Chef geht.<br />

Wir müssen alles gemeinsam entwickeln, sonst schaffen wir es<br />

nicht.« Günther: »Natürlich springt jeder für den anderen ein,<br />

und das gilt auch für mich.«<br />

Günthers Büro liegt in der ersten Etage des recht verwinkelten<br />

Hauses — eingerichtet mit Stahlmöbeln und Laminat. Das<br />

Büro von Sabine Bock liegt im Erdgeschoss, und auch dieser<br />

Raum ist sachlich möbliert.<br />

Der Kaisersaal<br />

lockt<br />

mit hochkarätigen<br />

Veranstaltungen.<br />

»Wir sind eben auch bei der Einrichtung<br />

keine Zweiklassengesellschaft«, sagt sie.<br />

»Wir machen auch privat viel zusammen,<br />

entwickeln in unserer Freizeit Ideen,<br />

besprechen sie mit Kollegen — da guckt<br />

niemand auf die Uhr.«<br />

Eine Uhr zum Arbeitszeitstempeln<br />

sucht man im Kaisersaal vergebens.<br />

Günter hat in der Weihnachtszeit eine<br />

Sieben-Tage-Woche, Sabine Bock geht es<br />

manchmal ähnlich. »Das geht nur, wenn<br />

der Job das Hobby ist«, sagt sie. Und<br />

hat sie Albträume, dass mal etwas nicht<br />

funktioniert, dass Gäste unzufrieden sein<br />

könnten? »Nein, aber ich wache nachts<br />

oft auf und muss die Gedanken dann<br />

aufschreiben.« Und, hat Thomas Günther<br />

Albträume? »Nie. Wenn ich ehrlich bin<br />

auch keinen Stress. Ich kenne unsere<br />

Truppe — wir schaffen das, da mache ich<br />

mir keine Sorgen.«<br />

Und im Moment kreisen die Gedanken<br />

von Bock und Günther um ein Großprojekt,<br />

das in wenigen Wochen starten<br />

soll — die Nutzung des 750 Quadratmeter<br />

großen Gartens hinter dem Kaisersaal<br />

für neue Events. »Wir haben mit der Eiswelt<br />

im Winter begonnen und wir haben<br />

damit einen großen Erfolg. Wo kann man<br />

in Erfurt so stilvoll eislaufen — und das<br />

mitten in der Innenstadt?«, sagt Günther.<br />

»Wir haben uns gedacht, dass unser<br />

Garten viel mehr genutzt werden kann,<br />

nicht nur für Gastronomie, sondern auch<br />

für Veranstaltungen«, sagt Sabine Bock.<br />

»Also planen wir für dieses Jahr Open-<br />

Air- Kino mit Klassikern wie zum Beispiel<br />

›Vom Winde verweht‹ oder in dieser<br />

Richtung. Wir werden mit Kleinkunst<br />

unterhalten, Krimi-Dinner im Garten<br />

machen. Dazu Kinderfeste, Jam-Partys,<br />

Konzerte.« •<br />

Q HENRY KÖHLERT<br />

Mehr zu den Highlights gibt es<br />

unter kaisersaal.de<br />

I CHRISTIAN FISCHER<br />

SWE JOURNAL 01_2017 <strong>47</strong>

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