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<strong>Die</strong> wichtigsten Urteile des letzten Monats<br />
AKTUELL · RECHTSSICHER · PRÄZISE<br />
Gesetz beschlossen: Der neue<br />
Beschäftigtendatenschutz kommt auf Sie zu<br />
Der Bundestag hat am 27.4.2017 das DSAnpUG-EU – oder<br />
sperrig ausgedrückt: das Gesetz zur Anpassung des Datenschutzrechts<br />
an die Datenschutz-Grundverordnung – beschlossen.<br />
Damit wird auch der Beschäftigtendatenschutz,<br />
der für Sie als Personalverantwortlichen ein besonders<br />
sensibles Thema darstellt, zum Teil neu geregelt. <strong>Die</strong> Änderungen<br />
treten weitgehend am 25.5.2018 in Kraft.<br />
Sie kommen mit besonders vielen Beschäftigtendaten in<br />
Berührung, darunter auch zahlreiche sensible Informationen.<br />
<strong>Die</strong> Vorschriften zum Schutz dieser Daten sollten Sie<br />
genau kennen. Datenschutzverstöße ziehen Sanktionen<br />
nach sich und werfen ein schlechtes Licht auf Ihr Unternehmen.<br />
<strong>Die</strong> zentrale Regelung zum Beschäftigtendatenschutz wird<br />
künftig der § 26 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). <strong>Die</strong>se<br />
Vorschrift greift den bisherigen § 32 BDSG auf.<br />
Nach § 26 I BSDG dürfen personenbezogene Daten<br />
1. zum Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses verarbeitet<br />
werden,<br />
2. wenn dies zur Ausübung oder Erfüllung der sich aus<br />
Gesetz oder Kollektivvereinbarung (Tarifvertrag, Betriebs-<br />
oder <strong>Die</strong>nstvereinbarung) ergebenden Rechte<br />
und Pflichten<br />
3. der Interessenvertretung der Beschäftigten erforderlich<br />
ist.<br />
§ 26 I BDSG und § 26 V BDSG-E ermächtigen Sie, personenbezogene<br />
Beschäftigtendaten zur Aufdeckung von<br />
Straftaten zu verarbeiten, wenn zu dokumentierende tatsächliche<br />
Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass<br />
die betroffene Person im Beschäftigungsverhältnis eine<br />
Straftat begangen hat. Zusätzlich muss die Verarbeitung<br />
zur Aufdeckung erforderlich sein. Darüber hinaus darf das<br />
schutzwürdige Interesse des Beschäftigten am Ausschluss<br />
der Verarbeitung nicht überwiegen.<br />
Neu ist § 26 II BSDG: Mitarbeiter können in die Verarbeitung<br />
personenbezogener Daten einwilligen. Bei der Einwilligung<br />
kommt es auf deren Freiwilligkeit an.<br />
Für die Beurteilung der Freiwilligkeit gelten<br />
feste Regeln:<br />
<strong>Die</strong> bestehende Abhängigkeit des Mitarbeiters und die<br />
Umstände, unter denen die Einwilligung erteilt worden<br />
ist, werden gegebenenfalls unter die Lupe genommen und<br />
sind zu berücksichtigen. Freiwilligkeit kann auch vorliegen,<br />
wenn für den Beschäftigten ein rechtlicher oder wirtschaftlicher<br />
Vorteil erreicht wird oder Arbeitgeber und Mitarbeiter<br />
gleichgelagerte Interessen verfolgen. <strong>Die</strong> Einwilligung<br />
bedarf der Schriftform, soweit nicht wegen besonderer<br />
Umstände eine andere Form angemessen ist. Sie müssen<br />
die beschäftigte Person über den Zweck der Datenverarbeitung<br />
und über ihr Widerrufsrecht nach Artikel 7 II der<br />
Verordnung (EU) 2016/679 in Textform aufklären.<br />
INHALT<br />
ARBEITSRECHT<br />
Gesetz beschlossen: Der neue Beschäftigtendatenschutz kommt auf Sie zu. .......................................... 1<br />
Neue Freigrenzen: Das bedeutet eine Lohnpfändung für Sie und für Ihr Unternehmen ................................. 2<br />
Einstellung von Mitarbeitern: Wenn Ihr Betriebsrat sich querstellt, brauchen Sie die Zustimmung nicht zu ersetzen. ....... 3<br />
Anzahl der Mitarbeiter im Unternehmensverbund: So entscheiden Sie, ob das Kündigungsschutzgesetz gilt .............. 4<br />
Leiharbeitnehmer: Nutzen Sie die neuen fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit .......................... 4<br />
Eintritt zum 1.7.: Warum Sie in diesem Fall nie den vollen Urlaubsanspruch gewähren müssen ......................... 5<br />
Warum Sie nicht immer gegen tratschende Betriebsräte vorgehen können ........................................... 5<br />
THEMA DES MONATS: BEWERBUNG<br />
<strong>Die</strong> Spreu vom Weizen: Wie Sie Stellenausschreibungen so gestalten, dass sich die Richtigen bewerben ................. 6<br />
Wie Sie im Vorstellungsgespräch herausfinden, ob Ihr Bewerber eine Fehlbesetzung sein könnte ........................7<br />
LOHNSTEUER & SOZIALVERSICHERUNG<br />
Ab 1.1.2018 gibt es im Meldeverfahren eine neue Kennzeichnung für Saisonaushilfen. ................................ 8<br />
Besprechungsergebnis: <strong>Die</strong>se Personengruppe gilt für Azubis ohne Entgelt .......................................... 8<br />
<strong>Die</strong> Personalwoche
Neue<br />
ARBEITSRECHT<br />
Freigrenzen: Das bedeutet eine Lohnpfändung<br />
für Sie und für Ihr Unternehmen<br />
Wird bei einem Ihrer Mitarbeiter das Entgelt gepfändet, ist<br />
Ihr Unternehmen Drittschuldner. Sie sind ab Pfändungsbeginn<br />
dafür verantwortlich, dass die Lohnpfändung richtig<br />
abgewickelt wird.<br />
Im Rahmen einer Lohnpfändung ermittelt Ihr Unternehmen<br />
selbst den Teil des Entgelts, der gepfändet und an den Gläubiger<br />
des Mitarbeiters ausgezahlt wird. <strong>Die</strong> Berechnung erfolgt<br />
nach der sogenannten Nettomethode folgendermaßen:<br />
1. Schritt: Sie ziehen vom Gesamtbruttoeinkommen des<br />
Mitarbeiters die unpfändbaren Bezüge ab. Sachbezüge und<br />
geldwerte Vorteile setzen Sie mit deren Wert an.<br />
2. Schritt: Vom Restbetrag ermitteln Sie die Lohnsteuer<br />
und Sozialversicherungsbeiträge. <strong>Die</strong>se ziehen Sie dann<br />
vom Restbetrag ab.<br />
3. Schritt: Das Ergebnis ist das pfändbare Nettoeinkommen.<br />
Dann berechnen Sie den monatlichen Mindestbetrag, der<br />
dem Schuldner noch zum Leben verbleiben muss. Wenden Sie<br />
hierfür einfach die amtliche Tabelle an (aktuell seit 1.7.2015).<br />
Anhand des pfändbaren Nettoeinkommens (in der linken<br />
Spalte der Tabelle) und der Zahl der Unterhaltsverpflichteten<br />
können Sie ablesen, welcher Betrag gepfändet werden kann.<br />
<strong>Die</strong> Tabelle (die bis zum 30.6.2017 gilt) setzt erst ab einem<br />
Nettoentgelt von 1.080 € ein (§ 850c Zivilprozessordnung<br />
(ZPO)). Nettoentgelte darunter sind nicht pfändbar.<br />
ACHTUNG<br />
<strong>Die</strong> neue Tabelle, die ab 1.7.2017 und bis zum<br />
30.6.2019 gilt, setzt ab einem Nettoentgelt von<br />
1.140 € an. Sie können sich die neue Tabelle unter<br />
www.personal-woche.de herunterladen.<br />
Beispiel: Sie ermitteln ein pfändbares Nettoeinkommen<br />
von 1.423,33 € bei einem Mitarbeiter ohne Unterhaltsverpflichtung.<br />
Damit befinden Sie sich in der Zeile „Nettoeinkommen<br />
von 1.420 bis 1.429,99 €“. In der zweiten Spalte<br />
von links (Unterhaltsverpflichtung) steht der pfändbare<br />
Betrag von monatlich 200,34 € (ab 1.7.2017).<br />
Ihr Unternehmen ist zu einer<br />
Drittschuldnererklärung verpflichtet<br />
Zusammen mit dem Pfändungsbeschluss erhalten Sie die<br />
Aufforderung des Gläubigers, nach § 840 ZPO eine sogenannte<br />
Drittschuldnererklärung abzugeben. Dazu ist Ihr<br />
Unternehmen innerhalb einer 14-tägigen Frist ab Zustellung<br />
verpflichtet.<br />
TIPP<br />
Eine Lohnpfändung kann für Sie sehr überraschend<br />
kommen und führt dazu, dass Sie zahlreiche Fakten<br />
zu überprüfen haben. Genügt Ihnen deshalb die<br />
14-tägige Frist nicht, sollten Sie beim Gläubiger eine<br />
Verlängerung beantragen.<br />
ACHTUNG<br />
<strong>Die</strong> Drittschuldnererklärung ist kein Schuldanerkenntnis<br />
Ihres Unternehmens, sondern eine reine<br />
„Wissenserklärung“. Fügen Sie bei Unklarheiten daher<br />
immer den Hinweis an, dass Ihre Erklärung nur eine<br />
Auskunft und kein Anerkenntnis darstellt.<br />
Musterformulierung<br />
„<strong>Die</strong>se Auskunft beinhaltet kein Schuldanerkenntnis. Es<br />
handelt sich hierbei um eine bloße Wissenserklärung.“<br />
Wie Sie die Kosten der Pfändung auf den<br />
Mitarbeiter abwälzen<br />
In der Regel verursacht eine Entgeltpfändung wesentlich<br />
mehr Kosten als die reguläre Entgeltzahlung an den Mitarbeiter.<br />
Ihr Unternehmen darf dem Mitarbeiter, dessen<br />
Lohn gepfändet wird, keine Aufwendungspauschale auferlegen.<br />
<strong>Die</strong>s entschied das Bundesarbeitsgericht in einem Fall, in<br />
dem ein Arbeitgeber seinem Mitarbeiter 3 % der gepfändeten<br />
Summe als Gebühr von seinem Entgelt abzog. Ein<br />
Arbeitgeber sei nicht berechtigt, pauschale Gebühren für<br />
die Bearbeitung von Lohnpfändungen eigenmächtig festzusetzen<br />
(Az. : 1 AZR 578/05).<br />
TIPP<br />
Eine Möglichkeit, zu einer Erstattung der Arbeitsmehrkosten<br />
zu kommen, liegt in einer vom BAG zugelassenen,<br />
einzelarbeitsvertraglichen Regelung.<br />
In diesem Fall dürfen Sie die Gebühr allerdings auf<br />
keinen Fall vom unpfändbaren Teil des Arbeitsentgelts<br />
einbehalten!<br />
Beispiele:<br />
1. Für die Bearbeitung einer Lohnpfändung wird dem Arbeitnehmer<br />
1,5 % der Pfandsumme als Bearbeitungskosten<br />
in Rechnung gestellt.<br />
2. <strong>Die</strong> Kosten, die Ihnen durch eine Pfändung entstehen,<br />
trägt der Arbeitnehmer. <strong>Die</strong> Kosten für jede Pfändung<br />
betragen 15 €, weitere 10 € für jedes durch den Arbeitgeber<br />
zu verfassende Schreiben, sowie 2 € für jede zusätzlich<br />
zur normalen Lohnzahlung durch den Arbeitgeber<br />
zu tätigende Überweisung.<br />
Wann die Pfändung endet<br />
In der Regel ist im Pfändungsbeschluss keine zeitliche Begrenzung<br />
der Pfändung angegeben. Sie endet in diesem<br />
Fall erst nach der völligen Tilgung der Schuld. Zur Schuld<br />
zählen auch die Zinsansprüche des Gläubigers.<br />
2 <strong>Die</strong> Personalwoche
ARBEITSRECHT<br />
Reduzierung der Arbeitszeit: Wann Mitarbeiter<br />
einen Monat Freizeit im Jahr verlangen können<br />
Mitarbeiter haben in Unternehmen ab 16 Mitarbeitern (exklusive<br />
Azubis) Anspruch auf Teilzeit. Ein Urteil des Landesarbeitsgerichts<br />
Berlin-Brandenburg zeigt, dass „Teilzeit“<br />
auch in einer Blockfreistellung von einem Monat pro Jahr<br />
bestehen kann. Verhindern können Sie so etwas nur durch<br />
betriebliche Gründe (23.2.2017, Az. : 5 Sa 1745/16).<br />
Der Fall: Ein Mitarbeiter stellte bei seiner Arbeitgeberin<br />
einen Antrag auf Teilzeit. <strong>Die</strong>se sollte in einem Monat pro<br />
Jahr Freizeit bestehen und dieser Freimonat jeweils am<br />
10.7. eines jeden Jahres beginnen. Tatsächlich hat die Arbeitgeberin<br />
auch eine „Teilzeitordnung“, nach der Personal<br />
auf Antrag und jeweils für ein Kalenderjahr mit der Beklagten<br />
eine Verringerung der vereinbaren kann.<br />
Den Antrag des Mitarbeiters lehnte die Arbeitgeberin jedoch<br />
ab und bot alternativ eine unbefristete Reduzierung<br />
der Arbeitszeit für die Monate Februar und/oder Oktober<br />
an. Sie begründete ihre Ablehnung mit einem entgegenstehenden<br />
Organisationskonzept und der Urlaubszeit, die<br />
sich der Mitarbeiter auf diese Weise rechtsmissbräuchlich<br />
„sichere“.<br />
<strong>Die</strong> Entscheidung: Nach Ansicht des LAG kann der Mitarbeiter<br />
die Teilzeit so wie beantragt verlangen. <strong>Die</strong> Beklagte<br />
habe auch keine dem Teilzeitbegehren entgegenstehenden<br />
betrieblichen Gründe dargelegt. Ein solcher liegt gemäß<br />
§ 8 Abs. 4 Satz 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG)<br />
insbesondere vor, wenn die Umsetzung des Arbeitszeitverlangens<br />
die Organisation, den Arbeitsablauf oder die<br />
Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige<br />
Kosten verursacht.<br />
Teilzeit: Wann Ihre Mitarbeiter einen<br />
Anspruch haben<br />
Beschäftigt Ihr Unternehmen in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer,<br />
ohne Azubis, haben alle Mitarbeiter, die länger als<br />
6 Monate in Ihrem Unternehmen arbeiten, einen Anspruch<br />
auf Reduzierung ihrer Arbeitszeit (§ 8 TzBfG). Ist Ihr Unternehmen<br />
ein Kleinunternehmen mit maximal 15 Mitarbeitern,<br />
haben Beschäftigte keinen Rechtsanspruch auf Teilzeit.<br />
ACHTUNG<br />
Grundsätzlich haben Beschäftigte nicht nur einen Anspruch<br />
auf Teilzeit, sondern auch auf die gewünschte<br />
Verteilung der Arbeitszeit.<br />
Haben Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch auf Teilzeit,<br />
dürfen Sie den Antrag nur ablehnen, wenn betriebliche<br />
Gründe gegen die Reduzierung sprechen.<br />
Betrieblicher Grund<br />
Sie dürfen einen Teilzeitwunsch<br />
immer dann zurückweisen,<br />
wenn er mit<br />
Ihrem – sachlichen und<br />
vernünftigen – Organisationskonzept<br />
kollidiert.<br />
Wesentliche Beeinträchtigung<br />
der Sicherheit im<br />
Betrieb durch die Teilzeit<br />
Unverhältnismäßige Kosten<br />
So setzen Sie die Begründung um<br />
Kommt es zum Rechtsstreit, prüfen die Gerichte Ihr Organisationskonzept sorgfältig nach<br />
einem 3-Stufen-Schema:<br />
1) Welches durchgeführte Organisationskonzept liegt der Arbeitszeitregelung in Ihrem<br />
Unternehmen zugrunde?<br />
2) Steht das Konzept tatsächlich der Arbeitszeitänderung entgegen?<br />
3) Ist das Gewicht der entgegenstehenden Gründe so erheblich, dass die Erfüllung des<br />
Arbeitszeitwunsches zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Organisation oder zu<br />
einer unverhältnismäßigen Belastung führen würde?<br />
<strong>Die</strong>se Punkte sollte Ihre Begründung enthalten!<br />
Achtung: <strong>Die</strong> Gerichte achten streng darauf, ob ein solches Konzept bereits in der Vergangenheit<br />
von Ihnen umgesetzt worden ist oder ob Sie dessen Existenz nur behaupten.<br />
<strong>Die</strong>ser Grund dürfte in der Praxis kaum vorkommen. Dementsprechend existieren hierzu<br />
auch keine aktuellen Urteile.<br />
Wann unverhältnismäßig hohe Kosten vorliegen, ist gesetzlich nicht definiert. Empfehlenswert<br />
ist es daher, dass Sie zuvor eine Kostenaufstellung detailliert ausarbeiten und plausibel<br />
begründen, warum die Ausgaben zu sehr belasten. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat<br />
zu hohe Kosten anerkannt, wenn ein Arbeitgeber gezwungen gewesen wäre, eine Ersatzkraft<br />
einzustellen, die Kosten in Höhe von 70.000 € verursacht hätte (Az. : 9 AZR 409/04).<br />
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<strong>Die</strong> Personalwoche 3
ARBEITSRECHT<br />
<br />
Anzahl der Mitarbeiter im Unternehmensverbund: So<br />
entscheiden Sie, ob das Kündigungsschutzgesetz gilt<br />
Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) findet keine Anwendung,<br />
wenn in einem Betrieb dauerhaft 10 oder weniger Mitarbeiter<br />
tätig sind. In der Praxis bereitet die Frage, wann diese<br />
Grenze überschritten wird, immer wieder Schwierigkeiten.<br />
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein urteilte<br />
Anfang des Jahres, welche Grenze anzusetzen ist, wenn ein<br />
Kleinbetrieb mit 6 Mitarbeitern Teil eines Unternehmensverbunds<br />
mit mehreren hundert Mitarbeitern ist (Urteil vom<br />
12.1.2017, Az. : 5 Sa 208/16, veröffentlicht am 4.5.2017).<br />
Der Fall: Einem Mitarbeiter wurde von seiner Arbeitgeberin,<br />
die insgesamt 6 Arbeitnehmer beschäftigte, gekündigt.<br />
<strong>Die</strong>ser erhob Kündigungsschutzklage. Da die Arbeitgeberin<br />
in eine Konzernstruktur eingebunden sei, beschäftige<br />
sie weit mehr als 10 Mitarbeiter. Das KSchG finde Anwendung<br />
und führe dazu, dass die Entlassung unwirksam sei.<br />
Der Mitarbeiter scheiterte jedoch, denn die Kündigung war<br />
rechtswirksam.<br />
<strong>Die</strong> Entscheidung: Zwar arbeite die Arbeitgeberin des<br />
Klägers innerhalb einer Konzernstruktur. <strong>Die</strong>s genüge aber<br />
nicht für die Zusammenrechnung der Mitarbeiter. Hierfür<br />
müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:<br />
1. Es muss sich um einen gemeinsamen Betrieb handeln.<br />
2. <strong>Die</strong>s setzt voraus, dass sich 2 oder mehrere Unternehmen<br />
zur gemeinsamen Führung eines Betriebes – zumindest<br />
konkludent – rechtlich verbunden haben, sodass<br />
der Kern der Arbeitgeberfunktionen im sozialen<br />
und personellen Bereich von derselben institutionellen<br />
Leitung ausgeübt wird.<br />
Fazit: Teil einer Unternehmensgruppe oder nicht: Solange<br />
Ihr Betrieb über eine eigenständige Verwaltungsstruktur<br />
verfügt, zählen allein die Beschäftigten dieses Standorts.<br />
So zählen Mitarbeiter bei der Anwendung<br />
des Kündigungsschutzgesetzes<br />
Mitarbeiter mit wöchentlichen<br />
Arbeitszeiten von …<br />
bis zu 20 Stunden 0,5<br />
mehr als 20 bis zu 30 Stunden 0,75<br />
von mehr als 30 Stunden 1<br />
ACHTUNG<br />
zählen mit einem<br />
Kopfanteil von<br />
Grundsätzlich gilt im Kleinbetrieb: Von beiden Seiten<br />
kann unter Beachtung der Kündigungsfristen<br />
wirksam gekündigt werden. Obwohl das KSchG<br />
nicht, gilt sind folgende Grenzen zu beachten:<br />
1. <strong>Die</strong> Kündigung darf nicht auf sachfremden, also<br />
willkürlichen Motiven beruhen.<br />
2. Kein Verstoß gegen die guten Sitten,<br />
3. Ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme.<br />
Leiharbeitnehmer: Nutzen Sie die neuen fachlichen<br />
Weisungen der Bundesagentur für Arbeit<br />
Am 1.4.2017 sind die neuen Regelungen im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz<br />
(AÜG) in Kraft getreten. <strong>Die</strong> Bundesagentur<br />
für Arbeit (BA) hat hierzu fachliche Weisungen<br />
verabschiedet, die für Klarstellung sorgen.<br />
<strong>Die</strong> Weisungen der BA enthalten wichtige Vorgaben und<br />
Orientierungshilfen rund um die neuen Regeln für die<br />
Leiharbeit. Dabei sind vor allem die Konstellationen interessant,<br />
die gerade nicht zu einer Arbeitnehmerüberlassung<br />
führen:<br />
Arbeitnehmerüberlassung liegt nicht vor, wenn Auszubildende<br />
Dritten zu Ausbildungszwecken überlassen werden.<br />
Entsendet ein Unternehmen, das technische Produktionsanlagen,<br />
Einrichtungen etc. herstellt und errichtet, eigenes<br />
Stammpersonal zu einem Betreiber derartiger Anlagen, Einrichtungen<br />
etc., um typische Instandhaltungs-, Inbetriebnahme<br />
– und andere Arbeiten oder Ingenieurleistungen<br />
daran durchzuführen, ist in der Regel nicht von einer Arbeitnehmerüberlassung<br />
auszugehen (Personalgestellung<br />
als Folgeleistung), wenn das entsendende Unternehmen<br />
das Unternehmerrisiko trägt und seine unternehmerische<br />
Dispositionsfreiheit gewährleistet ist. Wird als Nebenleistung<br />
eines Kauf- oder Mietvertrages über Anlagen, Geräte,<br />
etc. damit verbundenes Personal überlassen (z. B. Spezialbaumaschinen<br />
mit Fahrer), ist in aller Regel nicht von einer<br />
Arbeitnehmerüberlassung auszugehen.<br />
ACHTUNG<br />
Neu ist auch die maximale Überlassungshöchstdauer<br />
eines Leiharbeitnehmers von 18 Monaten.<br />
Für die Berechnung der Überlassungshöchstdauer<br />
brauchen Sie nur die ab dem 1.4.2017 zurückgelegten<br />
Einsatzzeiten heranzuziehen. <strong>Die</strong> Rechtsfolgen<br />
bei einem Verstoß (Ordnungswidrigkeit,<br />
Vermutung der Arbeitsvermittlung mit der Folge<br />
der Einstellung) können daher nicht vor dem<br />
1.10.2018 eintreten.<br />
Für die Bestimmung der Überlassungsdauer ist die vertragliche<br />
Vereinbarung der Überlassung zwischen Verleiher<br />
und Entleiher maßgeblich. Auf die arbeitszeitliche Ausgestaltung<br />
der Tätigkeit des Leiharbeitnehmers im Betrieb<br />
des Entleihers kommt es dagegen nicht an.<br />
4 <strong>Die</strong> Personalwoche
ARBEITSRECHT<br />
Eintritt zum 1.7.: Warum Sie in diesem Fall nie den<br />
vollen Urlaubsanspruch gewähren müssen<br />
<br />
Der 1.7. ist für Sie als Personalverantwortlichen im Hinblick<br />
auf neue Mitarbeiter ein bedeutender Stichtag, der darüber<br />
entscheidet, wie viel Urlaub Ihre Mitarbeiter im aktuellen<br />
Jahr erhalten.<br />
Den vollen Urlaubsanspruch erhält ein Beschäftigter erst<br />
nach einer Wartezeit von 6 Monaten. Mitarbeiter, deren Beschäftigung<br />
am 1.7. eines Jahres oder später beginnt, erreichen<br />
diese Wartezeit nie.<br />
TIPP<br />
Führen Sie gerade Bewerbungsverfahren durch<br />
oder verhandeln Sie mit Neuzugängen über deren<br />
Start, sollten Sie den Starttermin möglichst auf<br />
den 1.7. oder später legen. Damit kann Ihr Unternehmen<br />
eine ganze Menge Urlaub einsparen.<br />
Stichtag 1.7.: So rechnen Sie richtig<br />
Wer vor dem 1.7. eines Jahres im Unternehmen beginnt und<br />
mindestens bis einschließlich des Jahresendes bleibt, erhält<br />
den gesamten Jahresurlaub für das laufende Jahr. Wer<br />
nur einen Tag nach dem 30.6. eintritt, bekommt pro vollem<br />
Beschäftigungsmonat 1/12 des Jahresurlaubs.<br />
Beispiel: Ihr Unternehmen gewährt einen Jahresurlaub<br />
von 24 Tagen. Ein Beschäftigter, der zum 1.6.2017 beginnt,<br />
erhält deshalb für 2017 diesen gesamten Jahresurlaub.<br />
Ein Mitarbeiter, der seine Tätigkeit dagegen erst zum<br />
1.7.2017 antritt, bekommt für jeden der 6 Monate Unternehmenszugehörigkeit<br />
jeweils 1/12 : 24 : 12 x 6 = 12 Tage<br />
Urlaub, also ganze 12 Tage weniger.<br />
Achtung: Arbeitgeberwechsel!<br />
In der Regel beginnen neue Mitarbeiter irgendwann im<br />
Laufe eines Jahres in Ihrem Unternehmen und händigen<br />
Ihnen eine Bescheinigung ihres ehemaligen Arbeitgebers<br />
über den bereits genommenen Urlaub aus.<br />
Sie müssen den bescheinigten Urlaub dann auf den Urlaub<br />
in Ihrem Unternehmen korrekt anrechnen. Das bedeutet:<br />
Den beim alten Arbeitgeber bereits erteilten Urlaub ziehen<br />
Sie vom Urlaubsanspruch in Ihrem Unternehmen ab.<br />
ACHTUNG<br />
Beschäftigte, die weniger als einen Monat am Stück<br />
in Ihrem Unternehmen arbeiten, haben gar keinen<br />
Anspruch auf Urlaub.<br />
Warum Sie nicht immer gegen tratschende<br />
Betriebsräte vorgehen können<br />
Mitglieder des Betriebsrats haben Geheimhaltungspflichten.<br />
<strong>Die</strong>se betreffen echte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse.<br />
Kann ein Betriebsrat weitere vertrauliche Informationen<br />
nicht für sich behalten, ist das sehr ärgerlich,<br />
aber nicht unbedingt ein Grund zum Ausschluss aus dem<br />
Betriebsrat, wie ein Beschluss des Landesarbeitsgerichts<br />
(LAG) Hessen zeigt (vom 20.3.2017, Az. : 16 TaBV 12/17).<br />
Der Fall: <strong>Die</strong> Geschäftsleitung eines Unternehmens unterrichtete<br />
ihren Betriebsratsvorsitzenden im Beisein des Betriebsratsmitglieds<br />
A über die Einstellung einer Produktlinie<br />
und die folgliche Schließung von 3 Abteilungen. Betriebsrat<br />
A fuhr daraufhin Betriebsrat B, um ihn hierüber zu informieren.<br />
A bat B, die Angelegenheit auf Wunsch des Arbeitgebers<br />
absolut vertraulich zu behandeln. Betriebsrat B hingegen<br />
informierte die Gewerkschaft. <strong>Die</strong> Arbeitnehmervertretung<br />
und der Arbeitgeber beantragten den Ausschluss von B aus<br />
dem Betriebsrat, scheiterten jedoch vor dem LAG.<br />
<strong>Die</strong> Entscheidung: Nach § 23 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz<br />
(BetrVG) können Arbeitgeber und Betriebsrat den<br />
Ausschluss eines Mitglieds aus dem Betriebsrat wegen<br />
grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten beantragen.<br />
Der Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen<br />
kann auch eine grobe Pflichtverletzung sein. Allerdings<br />
zählt nach ein geplanter Stellenabbau nicht dazu. Das gilt<br />
ab dem Zeitpunkt, zu dem ein Arbeitgeber seinen Betriebsrat<br />
darüber informieren muss. Betriebsrat B sei auch berechtigt<br />
gewesen, Rat bei der Gewerkschaft einzuholen.<br />
ACHTUNG<br />
Auch bei einer Weitergabe dieser Informationen an<br />
Mitarbeiter wären Sie hier machtlos gewesen.<br />
Hier muss geschwiegen werden<br />
Nur wenn es um echte Betriebsgeheimnisse geht, müssen<br />
Betriebsrat und Mitarbeiter schweigen. Arbeitsrechtlich ist<br />
ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis jede Tatsache, die<br />
½½<br />
im Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb steht,<br />
½½<br />
nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt ist,<br />
½½<br />
nach Ihrem Willen sowie im Rahmen eines berechtigten<br />
wirtschaftlichen Interesses geheim gehalten<br />
werden soll.<br />
Als Betriebsgeheimnis werden beispielsweise die folgenden<br />
Informationen betrachtet: Bilanzen, Kunden- und<br />
Preislisten, technisches Know-how ohne Rücksicht auf Patentfähigkeit<br />
oder <strong>Die</strong>nsterfindungen des Arbeitnehmers.<br />
<strong>Die</strong> Personalwoche 5
<strong>Die</strong><br />
THEMA DES MONATS: BEWERBUNG<br />
Spreu vom Weizen: Wie Sie Stellenausschreibungen<br />
so gestalten, dass sich die Richtigen bewerben<br />
Für die Einstellung und das Onboarding, also die Integration<br />
eines Mitarbeiters, gibt Ihr Unternehmen je nach Position<br />
bis zu mehreren 10.000 € aus. Verlässt Sie der Mitarbeiter<br />
in den ersten Monaten gleich wieder, waren diese<br />
Ausgaben Fehlinvestitionen. Besonders ärgerlich ist das,<br />
wenn die Ursache der gescheiterten Integration z. B. in den<br />
mangelnden Fähigkeiten des Neuzugangs liegen. Möglicherweise<br />
müssen Sie sich dann fragen lassen: „Warum<br />
haben Sie das nicht früher bemerkt?“ Deshalb sollten Sie<br />
alle sinnvollen Filter des Bewerbungsverfahrens nutzen,<br />
um die Spreu vom Weizen zu trennen. Das beginnt bereits<br />
bei der Stellenausschreibung.<br />
„Masse statt Klasse“ sollte auch im Angesicht des Fachkräftemangels<br />
für Ihre Anforderungsprofile keine Option<br />
sein. Mit Stellenausschreibungen, die Ihnen eine Flut an<br />
Bewerbungen bescheren, finden Sie den Richtigen kaum.<br />
Im Gegenteil: Müssen Sie mehrere hundert Mappen durcharbeiten,<br />
verlieren Sie schnell den Überblick. <strong>Die</strong> geeigneten<br />
Kandidaten gehen möglicherweise unter.<br />
Was braucht Ihr Unternehmen?<br />
Klären Sie im Vorfeld sehr detailliert ab, welche Fähigkeiten,<br />
Kompetenzen und Einstellungen der Neuzugang mitbringen<br />
muss. Bevor Sie das Anforderungsprofil formulieren, müssen<br />
Sie selbst genau wissen, was ein Bewerber mitbringen soll.<br />
Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass Personalverantwortliche<br />
dazu neigen, ihr Ebenbild einzustellen. Indem Sie sich<br />
ein detailliertes Bewerberprofil erstellen, vermeiden Sie diese<br />
Art der unbewussten Steuerung.<br />
Hilfreich sind dabei auch folgende Vorgehensweisen:<br />
1. Befragen Sie den bisherigen Stelleninhaber.<br />
2. Überlegen Sie, was der bisherige Stelleninhaber sehr<br />
gut gemacht hat und wo der Neue noch besseres leisten<br />
könnte.<br />
3. Überlegen Sie über den aktuellen Status hinaus: Was<br />
könnte ein Bewerber mitbringen, um die Abteilung das<br />
Team noch weiterzuentwickeln?<br />
Große Sorgfalt für die fachlichen<br />
Anforderungen<br />
<strong>Die</strong> fachlichen Qualifikationen gehören in jede Stellenausschreibung.<br />
Sie sind für Kandidaten die Voraussetzung, um<br />
es überhaupt in die engere Auswahl zu schaffen. Vor der<br />
Suche sollten Sie sich deshalb sorgfältig überlegen, welche<br />
Kenntnisse der Bewerber sofort benötigt. Formulieren<br />
Sie Ihr Gesuch hier unmissverständlich. Schreiben Sie ruhig<br />
auch Qualifikationen hinein, die notfalls auch noch später<br />
im Rahmen von Fortbildungen erworben werden können.<br />
Schwieriger: <strong>Die</strong> zwischenmenschliche Seite<br />
Fachliche Lücken können gefüllt werden, Charaktereigenschaften<br />
sind dagegen in der Regel gefestigt. <strong>Die</strong> Frage, ob ein<br />
zukünftiger Mitarbeiter persönlich ins Team passt, ist deshalb<br />
schwieriger zu beantworten. Über das Stellengesuch/die Karriereseite<br />
können Sie das in der Regel nur in Ansätzen lösen.<br />
Formulieren Sie aber auch hier bereits Anforderungen (sogenannte<br />
Soft Skills). Um eine entsprechende Stellenausschreibung<br />
zu erarbeiten und geeignete Bewerber im Hinblick auf<br />
ihre Soft Skills zu prüfen, müssen Sie zunächst analysieren,<br />
welche Art von Mensch für die Stelle ideal wäre. Erarbeiten<br />
Sie deshalb nicht nur ein fachliches Soll-Profil, sondern vielmehr<br />
eines in Bezug auf die Verhaltenspräferenzen.<br />
Stellen Sie sich dabei folgende Fragen<br />
½½<br />
Welche Schlüsseleigenschaften werden für die Tätigkeit<br />
benötigt?<br />
½½<br />
Welche Werte sind wichtig?<br />
½½<br />
Welche sozialen Kompetenzen sind besonders wichtig<br />
für die zukünftige Position?<br />
½½<br />
Welche Motivation sollte den Bewerber in Ihr Unternehmen<br />
führen? Wie kann es gelingen, eine Beziehungsebene<br />
aufzubauen?<br />
Ob der Bewerber die formulierten Anforderungen tatsächlich<br />
erfüllt, können Sie letztendlich aber erst im Bewerbungsgespräch<br />
beurteilen.<br />
Haben Sie Ihr Unternehmen richtig<br />
dargestellt?<br />
Weniger unliebsame Überraschungen bei Bewerbern erleben<br />
Sie außerdem, wenn Sie Ihr Unternehmen von vornherein<br />
in der Ausschreibung klar positionieren. In den Recruiting-Trends<br />
2016 der Universität Bamberg geben die<br />
befragten Stellensuchenden an, dass Unternehmen bei der<br />
Unternehmenspräsentation in Stellenanzeigen vor allem<br />
inhaltliche Fehler machen („Big Failure“). Hier wurden folgende<br />
Aspekte genannt:<br />
• Unehrlichkeit • Oberflächlichkeit • übertriebene Aussagen<br />
• schlechte Ansprachen bei XING • generell falsche<br />
Aussagen.<br />
Auch hier gilt: Präsentieren Sie Ihr Unternehmen unehrlich,<br />
übertrieben oder ganz ohne Aussagekraft, locken Sie<br />
die falschen Bewerber an.<br />
Ziel sollte es im Rahmen der Unternehmenspräsentation<br />
nicht sein, maximal viele Stellensuchende zu motivieren.<br />
Formulieren Sie Unternehmens- und Stellenbeschreibungen<br />
möglichst so, dass sich nur die Bewerber angesprochen<br />
fühlen, die Sie tatsächlich gerne einstellen möchten.<br />
Unternehmen und Aufgaben müssen authentisch dargestellt<br />
werden. Der Mitarbeiter soll nach seinem Eintritt keine<br />
unliebsamen Überraschungen erleben.<br />
ACHTUNG<br />
Suchen Sie über die unternehmenseigene Karriereseite,<br />
gelten dieselben Kriterien wie für externe<br />
Stellengesuche. Zusätzlich müssen Sie darauf achten,<br />
dass die Informationen stets auf dem aktuellen<br />
Stand sind. Schließlich sollten Sie die Ausschreibung<br />
nicht überladen. Jobsuchende nehmen nur<br />
begrenzt Informationen auf.<br />
6 <strong>Die</strong> Personalwoche
THEMA DES MONATS: BEWERBUNG<br />
Wie Sie im Vorstellungsgespräch herausfinden,<br />
ob Ihr Bewerber eine Fehlbesetzung sein könnte<br />
Ist das die oder der Richtige für unser Unternehmen?<br />
Vorstellungsgespräche sind die wichtigste Station in Bewerbungsverfahren,<br />
um eine Antwort auf diese Frage zu<br />
finden. Das ist nicht einfach, denn zunächst werden Ihnen<br />
nur die Schokoladenseiten präsentiert. Ob Sie es mit einer<br />
potenziellen Fehlbesetzung zu tun haben, finden Sie am<br />
besten anhand einer durchgeplanten Interview-Struktur<br />
heraus.<br />
Hand aufs Herz: Führen Sie Vorstellungsgespräche eher intuitiv?<br />
Das hat sicher Vorteile, denn auch das Bauchgefühl<br />
spielt bei Einstellungen eine wichtige Rolle. Sich vor allem<br />
darauf zu verlassen maximiert aber andererseits das Risiko,<br />
Fehlentscheidungen zu treffen. Ziel eines Vorstellungsgesprächs<br />
sollte nicht nur ein „gutes Gefühl“ im Hinblick<br />
auf die getroffene Entscheidung sein. Bemühen Sie sich<br />
gleichzeitig um eine objektive Beurteilung. <strong>Die</strong>se finden<br />
Sie, indem Sie sich im Vorfeld ein festes Gerüst schaffen,<br />
das Sie durch das Gespräch leitet.<br />
ACHTUNG<br />
Gehen Sie eher unvorbereitet in Personalgespräche<br />
mit Bewerbern, die Ihnen sympathisch sind, laufen<br />
Sie Gefahr, unbewusst nach Hinweisen zu suchen,<br />
die Ihre Erwartungen bestätigen. Möglicherweise<br />
versäumen Sie es dann, dem Kandidaten in allen<br />
relevanten Punkten auf den Zahn zu fühlen. <strong>Die</strong><br />
Gefahr der Fehlbesetzung steigt.<br />
Tragen Sie alle wichtigen Fragen zusammen<br />
In den eingeschickten Unterlagen geben Bewerber vor allem<br />
die Informationen Preis, die sie von ihrer besten Seite<br />
zeigen. Im Vorstellungsgespräch finden Sie nun heraus, ob<br />
Ihr Gesprächspartner wirklich ins Unternehmen passt. Erarbeiten<br />
Sie dazu Fragen anhand von Auswahlkriterien, die<br />
nach dem Gespräch objektiv bewertet werden können:<br />
1. <strong>Die</strong> fachliche Qualifikation<br />
Ob ein Bewerber der angestrebten Stelle fachlich gewachsen<br />
ist, können Sie strukturiert abklären. Hier geht es um<br />
die Qualifikation und damit in erster Linie um nachweisbare<br />
Fakten (Hard Skills). <strong>Die</strong> meisten Informationen erhalten<br />
Sie bereits mit den Unterlagen, Widersprüche und Unklarheiten<br />
lassen sich durch gezieltes Nachfragen im Vorstellungsgespräch<br />
rasch ausräumen. Möchten Sie sich im Hinblick<br />
auf die Qualifikation etwas vorbereiten, haben Sie die<br />
Möglichkeit, sich vor einem Vorstellungsgespräch weitere<br />
Informationen über den Bewerber zu beschaffen.<br />
2. <strong>Die</strong> Soft Skills<br />
Schwieriger als die fachlichen Fakten sind die persönlichen<br />
Eigenschaften des Kandidaten zu klären: Ist der<br />
Bewerber motiviert, offen für Neues, hat er eine schnelle<br />
Auffassungsgabe? Antworten auf diese Fragen erhalten Sie<br />
selten aus dem Bewerbungsschreiben. Sie sind aber andererseits<br />
besonders wichtig für Sie, denn Charaktereigenschaften<br />
lassen sich nur schwer verändern.<br />
<strong>Die</strong>se Fragen sollten immer in den Katalog<br />
Welchen Fragenkatalog Sie entwickeln und wie das konkrete<br />
Gesprächsgerüst aussieht, überlegen Sie sich anhand<br />
der zu besetzenden Stelle. Beginnen Sie aber jedes Auswahlgespräch<br />
mit einem kurzen Smalltalk („Haben Sie gut<br />
hergefunden?“), um der Situation die Spannung zu nehmen.<br />
Anschließend soll der der Bewerber nochmals kurz<br />
seinen Werdegang schildern. Es folgen gezielte Fragen<br />
zum Lebenslauf, um mehr persönliche Informationen zu<br />
gewinnen.<br />
Beispiel: Warum haben Sie in den vergangenen 5 Jahre<br />
4-mal den Arbeitgeber gewechselt? Anhaltspunkte für die<br />
persönlichen Fähigkeiten des Kandidaten finden Sie stellenweise<br />
ebenfalls im Lebenslauf oder unter im Vorfeld<br />
gesammelten Informationen.<br />
Beispiele: Fragen Sie nach den bisher größten Herausforderungen,<br />
schwierigen Entscheidungen, wichtigen Projekten<br />
etc. lassen Sie sich hier nicht mit Phrasen abspeisen.<br />
Teilt Ihnen der Bewerber beispielsweise mit, er sei besonders<br />
hartnäckig an eine Sache herangegangen, fragen Sie<br />
ihn, wie sich diese Hartnäckigkeit konkret gezeigt hat.<br />
Hilfreiche Beratung im Vorfeld<br />
Bevor Sie die Vorstellungsgespräche mit den Kandidaten<br />
führen, die es in die engere Auswahl geschafft haben, sollten<br />
Sie mit allen Beteiligten folgende Punkte besprechen:<br />
Wer nimmt teil?<br />
Generell sollte jeder Kandidat mindestens der Personalabteilung,<br />
dem Fachvorgesetzten und – außer bei einfacheren<br />
Tätigkeiten – der Unternehmensleitung vorgestellt werden.<br />
TIPP<br />
Wenn Sie im Team auftreten, sollten Teilnehmer,<br />
die gerade keine Fragen stellen, den Bewerber<br />
sorgfältig beobachten.<br />
Wer stellt welche Fragen?<br />
<strong>Die</strong> Gesprächsteilnehmer auf Arbeitgeberseite sollten keinesfalls<br />
unkoordiniert durcheinanderfragen weil sie nicht<br />
wissen, wer welche Frage als Nächstes stellen sollte. Klären<br />
Sie diesen Punkt vorher. Das hilft Ihnen auch zurück<br />
auf die Spur, wenn eloquente Bewerber versuchen, das Gespräch<br />
an sich reißen.<br />
Soll ein Berater hinzugezogen werden?<br />
Hat kein Mitglied der Führungsetage Erfahrung in der<br />
Durchführung von Vorstellungsgesprächen oder geht es<br />
um eine besonders bedeutsame Tätigkeit, bietet sich das<br />
Hinzuziehen eines externen Experten an. <strong>Die</strong>ser kann gezielt<br />
auf die Körpersprache der Bewerber achten und Ihnen<br />
wertvolle Tipps für Ihr eigenes Verhalten geben.<br />
<strong>Die</strong> Personalwoche 7
LOHNSTEUER & SOZIALVERSICHERUNG<br />
Ab 1.1.2018 gibt es im Meldeverfahren eine neue<br />
Kennzeichnung für Saisonaushilfen<br />
Saisonaushilfen aus anderen Ländern bleiben oft nach<br />
dem Recht ihres Heimatlandes versichert. In einigen Fällen<br />
müssen sie aber in Deutschland krankenversichert werden<br />
und fallen evtl. unter die Anschlussversicherung. Da die<br />
Klärung in solchen Fällen nicht immer einfach ist, wird zum<br />
1.1.2018 eine neue Kennzeichnung eingeführt.<br />
Seit 2013 gibt es in der gesetzlichen Krankenversicherung<br />
die sogenannte Anschlussversicherung. <strong>Die</strong>se greift<br />
nahtlos nach einer bestehenden Versicherungspflicht. Das<br />
neue Kennzeichen wird eingeführt, da bei Saisonaushilfen<br />
nicht erkennbar ist, ob sie nach der Beschäftigung in ihr<br />
Heimatland zurückkehren oder hierbleiben und unter die<br />
Anschlussversicherung fallen.<br />
Neues Kennzeichen<br />
Geben Sie zukünftig an, dass der betreffende Mitarbeiter<br />
als Saisonkraft vorübergehend in Deutschland tätig ist,<br />
kann die Krankenversicherung die Versicherungspflicht bereits<br />
während der Beschäftigung klären. Ab 1.1.2018 gilt:<br />
½½<br />
Sie geben in der Anmeldung an, ob es sich bei dem<br />
Mitarbeiter um einen Saisonarbeitnehmer handelt.<br />
½½<br />
Das Kennzeichen „Saisonarbeitnehmer“ ist nur bei gesetzlich<br />
krankenversicherten Beschäftigten erforderlich.<br />
½½<br />
Bei Meldungen für geringfügig oder kurzfristig Beschäftigte<br />
sowie für Beschäftigte, die ausschließlich<br />
in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert sind<br />
(Personengruppe 190), ist keine Angabe nötig.<br />
½½<br />
<strong>Die</strong> Krankenkassen sind nach einer Meldung mit dem<br />
Kennzeichen „Saisonarbeitnehmer“ verpflichtet, den<br />
Arbeitnehmer über sein Beitrittsrecht zur gesetzlichen<br />
Krankenversicherung aufzuklären.<br />
½½<br />
Der Saisonarbeitnehmer kann bis zu 3 Monate nach<br />
dem Ende der Beschäftigung freiwillig zur Krankenversicherung<br />
beitreten, falls er in Deutschland bleibt.<br />
ACHTUNG<br />
Es wird eine konkrete Definition eingeführt: „Ein Saisonarbeitnehmer<br />
ist, wer vorübergehend für eine versicherungspflichtige<br />
Beschäftigung bis zu 8 Monate<br />
nach Deutschland gekommen ist, um einen jahreszeitlich<br />
bedingten jährlich wiederkehrenden erhöhten<br />
Arbeitskräftebedarf des Arbeitgebers abzudecken.“<br />
Weitere Informationen im Juni<br />
<strong>Die</strong> nähere Ausgestaltung der neuen Meldepflicht soll in<br />
der nächsten Besprechung der Spitzenorganisationen der<br />
Sozialversicherung zu Fragen des gemeinsamen Meldeverfahrens<br />
am 28.6.2017 beschlossen werden.<br />
ACHTUNG<br />
Sobald es Neuigkeiten gibt, erfahren Sie davon<br />
umgehend in Ihrer aktuellen Ausgabe der „Personalwoche“.<br />
Besprechungsergebnis: <strong>Die</strong>se Personengruppe<br />
gilt für Azubis ohne Entgelt<br />
In einigen Fällen erhalten Auszubildende kein Entgelt, beispielsweise<br />
Praktikanten, bei denen die Ausbildung im Vordergrund<br />
steht. Da bei der Entgeltabrechnung teilweise große<br />
Unsicherheit herrschte, welche Personengruppe (PGR)<br />
gilt, wurde diese Frage in einer Besprechung der Spitzenverbände<br />
der Sozialversicherungsträger (8.3.2017) geklärt.<br />
Auszubildende unterliegen der Versicherungspflicht in<br />
der Renten- und Arbeitslosenversicherung, unabhängig<br />
davon, ob sie eine Ausbildungsvergütung erhalten. Wird<br />
dem Auszubildenden keine Ausbildungsvergütung gezahlt,<br />
berechnen Sie die Beiträge von einem beitragspflichtigen<br />
Entgelt in Höhe von 1 % der Bezugsgröße.<br />
ACHTUNG<br />
<strong>Die</strong> monatl. Bezugsgröße als Grundlage Ihrer Berechnung<br />
in diesen Fällen beträgt in 2017 2.975 €.<br />
Ihr Unternehmen hat die Beiträge in solchen Fällen in voller<br />
Höhe zu tragen (§ 20 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch<br />
(SGB) IV).<br />
Keine Beiträge aus der Beschäftigung<br />
In der Kranken- und Pflegeversicherung sind Azubis nur<br />
versicherungspflichtig, wenn sie eine Vergütung erhalten.<br />
Es besteht dagegen Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr.<br />
10 SGB V. Der Auszubildende hat dann die gesamten Beiträge<br />
zur Krankenversicherung zu tragen. Sie müssen der<br />
Krankenkasse Beginn und Ende einer solchen Ausbildung<br />
mit einem Papiervordruck anzeigen (§ 6 der Studentenkrankenversicherungs-Meldeverordnung<br />
(SKV-MV)).<br />
Wie melden?<br />
Verwendet wurden bisher<br />
½½<br />
PGR 102 (Auszubildende ohne besondere Merkmale)<br />
½½<br />
PGR 121 (Auszubildende, deren Arbeitsentgelt die<br />
Geringverdienergrenze nicht übersteigt).<br />
PGR 102 ist die Richtige<br />
<strong>Die</strong> Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger haben<br />
sich nun darauf geeinigt, dass in diesen Fällen immer die<br />
PGR 102 angegeben werden soll.<br />
8 <strong>Die</strong> Personalwoche