12.07.2017 Views

Die PERSONALWOCHE

  • No tags were found...

Create successful ePaper yourself

Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.

<strong>Die</strong> wichtigsten Urteile des letzten Monats<br />

AKTUELL · RECHTSSICHER · PRÄZISE<br />

Gesetz beschlossen: Der neue<br />

Beschäftigtendatenschutz kommt auf Sie zu<br />

Der Bundestag hat am 27.4.2017 das DSAnpUG-EU – oder<br />

sperrig ausgedrückt: das Gesetz zur Anpassung des Datenschutzrechts<br />

an die Datenschutz-Grundverordnung – beschlossen.<br />

Damit wird auch der Beschäftigtendatenschutz,<br />

der für Sie als Personalverantwortlichen ein besonders<br />

sensibles Thema darstellt, zum Teil neu geregelt. <strong>Die</strong> Änderungen<br />

treten weitgehend am 25.5.2018 in Kraft.<br />

Sie kommen mit besonders vielen Beschäftigtendaten in<br />

Berührung, darunter auch zahlreiche sensible Informationen.<br />

<strong>Die</strong> Vorschriften zum Schutz dieser Daten sollten Sie<br />

genau kennen. Datenschutzverstöße ziehen Sanktionen<br />

nach sich und werfen ein schlechtes Licht auf Ihr Unternehmen.<br />

<strong>Die</strong> zentrale Regelung zum Beschäftigtendatenschutz wird<br />

künftig der § 26 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). <strong>Die</strong>se<br />

Vorschrift greift den bisherigen § 32 BDSG auf.<br />

Nach § 26 I BSDG dürfen personenbezogene Daten<br />

1. zum Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses verarbeitet<br />

werden,<br />

2. wenn dies zur Ausübung oder Erfüllung der sich aus<br />

Gesetz oder Kollektivvereinbarung (Tarifvertrag, Betriebs-<br />

oder <strong>Die</strong>nstvereinbarung) ergebenden Rechte<br />

und Pflichten<br />

3. der Interessenvertretung der Beschäftigten erforderlich<br />

ist.<br />

§ 26 I BDSG und § 26 V BDSG-E ermächtigen Sie, personenbezogene<br />

Beschäftigtendaten zur Aufdeckung von<br />

Straftaten zu verarbeiten, wenn zu dokumentierende tatsächliche<br />

Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass<br />

die betroffene Person im Beschäftigungsverhältnis eine<br />

Straftat begangen hat. Zusätzlich muss die Verarbeitung<br />

zur Aufdeckung erforderlich sein. Darüber hinaus darf das<br />

schutzwürdige Interesse des Beschäftigten am Ausschluss<br />

der Verarbeitung nicht überwiegen.<br />

Neu ist § 26 II BSDG: Mitarbeiter können in die Verarbeitung<br />

personenbezogener Daten einwilligen. Bei der Einwilligung<br />

kommt es auf deren Freiwilligkeit an.<br />

Für die Beurteilung der Freiwilligkeit gelten<br />

feste Regeln:<br />

<strong>Die</strong> bestehende Abhängigkeit des Mitarbeiters und die<br />

Umstände, unter denen die Einwilligung erteilt worden<br />

ist, werden gegebenenfalls unter die Lupe genommen und<br />

sind zu berücksichtigen. Freiwilligkeit kann auch vorliegen,<br />

wenn für den Beschäftigten ein rechtlicher oder wirtschaftlicher<br />

Vorteil erreicht wird oder Arbeitgeber und Mitarbeiter<br />

gleichgelagerte Interessen verfolgen. <strong>Die</strong> Einwilligung<br />

bedarf der Schriftform, soweit nicht wegen besonderer<br />

Umstände eine andere Form angemessen ist. Sie müssen<br />

die beschäftigte Person über den Zweck der Datenverarbeitung<br />

und über ihr Widerrufsrecht nach Artikel 7 II der<br />

Verordnung (EU) 2016/679 in Textform aufklären.<br />

INHALT<br />

ARBEITSRECHT<br />

Gesetz beschlossen: Der neue Beschäftigtendatenschutz kommt auf Sie zu. .......................................... 1<br />

Neue Freigrenzen: Das bedeutet eine Lohnpfändung für Sie und für Ihr Unternehmen ................................. 2<br />

Einstellung von Mitarbeitern: Wenn Ihr Betriebsrat sich querstellt, brauchen Sie die Zustimmung nicht zu ersetzen. ....... 3<br />

Anzahl der Mitarbeiter im Unternehmensverbund: So entscheiden Sie, ob das Kündigungsschutzgesetz gilt .............. 4<br />

Leiharbeitnehmer: Nutzen Sie die neuen fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit .......................... 4<br />

Eintritt zum 1.7.: Warum Sie in diesem Fall nie den vollen Urlaubsanspruch gewähren müssen ......................... 5<br />

Warum Sie nicht immer gegen tratschende Betriebsräte vorgehen können ........................................... 5<br />

THEMA DES MONATS: BEWERBUNG<br />

<strong>Die</strong> Spreu vom Weizen: Wie Sie Stellenausschreibungen so gestalten, dass sich die Richtigen bewerben ................. 6<br />

Wie Sie im Vorstellungsgespräch herausfinden, ob Ihr Bewerber eine Fehlbesetzung sein könnte ........................7<br />

LOHNSTEUER & SOZIALVERSICHERUNG<br />

Ab 1.1.2018 gibt es im Meldeverfahren eine neue Kennzeichnung für Saisonaushilfen. ................................ 8<br />

Besprechungsergebnis: <strong>Die</strong>se Personengruppe gilt für Azubis ohne Entgelt .......................................... 8<br />

<strong>Die</strong> Personalwoche


Neue<br />

ARBEITSRECHT<br />

Freigrenzen: Das bedeutet eine Lohnpfändung<br />

für Sie und für Ihr Unternehmen<br />

Wird bei einem Ihrer Mitarbeiter das Entgelt gepfändet, ist<br />

Ihr Unternehmen Drittschuldner. Sie sind ab Pfändungsbeginn<br />

dafür verantwortlich, dass die Lohnpfändung richtig<br />

abgewickelt wird.<br />

Im Rahmen einer Lohnpfändung ermittelt Ihr Unternehmen<br />

selbst den Teil des Entgelts, der gepfändet und an den Gläubiger<br />

des Mitarbeiters ausgezahlt wird. <strong>Die</strong> Berechnung erfolgt<br />

nach der sogenannten Nettomethode folgendermaßen:<br />

1. Schritt: Sie ziehen vom Gesamtbruttoeinkommen des<br />

Mitarbeiters die unpfändbaren Bezüge ab. Sachbezüge und<br />

geldwerte Vorteile setzen Sie mit deren Wert an.<br />

2. Schritt: Vom Restbetrag ermitteln Sie die Lohnsteuer<br />

und Sozialversicherungsbeiträge. <strong>Die</strong>se ziehen Sie dann<br />

vom Restbetrag ab.<br />

3. Schritt: Das Ergebnis ist das pfändbare Nettoeinkommen.<br />

Dann berechnen Sie den monatlichen Mindestbetrag, der<br />

dem Schuldner noch zum Leben verbleiben muss. Wenden Sie<br />

hierfür einfach die amtliche Tabelle an (aktuell seit 1.7.2015).<br />

Anhand des pfändbaren Nettoeinkommens (in der linken<br />

Spalte der Tabelle) und der Zahl der Unterhaltsverpflichteten<br />

können Sie ablesen, welcher Betrag gepfändet werden kann.<br />

<strong>Die</strong> Tabelle (die bis zum 30.6.2017 gilt) setzt erst ab einem<br />

Nettoentgelt von 1.080 € ein (§ 850c Zivilprozessordnung<br />

(ZPO)). Nettoentgelte darunter sind nicht pfändbar.<br />

ACHTUNG<br />

<strong>Die</strong> neue Tabelle, die ab 1.7.2017 und bis zum<br />

30.6.2019 gilt, setzt ab einem Nettoentgelt von<br />

1.140 € an. Sie können sich die neue Tabelle unter<br />

www.personal-woche.de herunterladen.<br />

Beispiel: Sie ermitteln ein pfändbares Nettoeinkommen<br />

von 1.423,33 € bei einem Mitarbeiter ohne Unterhaltsverpflichtung.<br />

Damit befinden Sie sich in der Zeile „Nettoeinkommen<br />

von 1.420 bis 1.429,99 €“. In der zweiten Spalte<br />

von links (Unterhaltsverpflichtung) steht der pfändbare<br />

Betrag von monatlich 200,34 € (ab 1.7.2017).<br />

Ihr Unternehmen ist zu einer<br />

Drittschuldnererklärung verpflichtet<br />

Zusammen mit dem Pfändungsbeschluss erhalten Sie die<br />

Aufforderung des Gläubigers, nach § 840 ZPO eine sogenannte<br />

Drittschuldnererklärung abzugeben. Dazu ist Ihr<br />

Unternehmen innerhalb einer 14-tägigen Frist ab Zustellung<br />

verpflichtet.<br />

TIPP<br />

Eine Lohnpfändung kann für Sie sehr überraschend<br />

kommen und führt dazu, dass Sie zahlreiche Fakten<br />

zu überprüfen haben. Genügt Ihnen deshalb die<br />

14-tägige Frist nicht, sollten Sie beim Gläubiger eine<br />

Verlängerung beantragen.<br />

ACHTUNG<br />

<strong>Die</strong> Drittschuldnererklärung ist kein Schuldanerkenntnis<br />

Ihres Unternehmens, sondern eine reine<br />

„Wissenserklärung“. Fügen Sie bei Unklarheiten daher<br />

immer den Hinweis an, dass Ihre Erklärung nur eine<br />

Auskunft und kein Anerkenntnis darstellt.<br />

Musterformulierung<br />

„<strong>Die</strong>se Auskunft beinhaltet kein Schuldanerkenntnis. Es<br />

handelt sich hierbei um eine bloße Wissenserklärung.“<br />

Wie Sie die Kosten der Pfändung auf den<br />

Mitarbeiter abwälzen<br />

In der Regel verursacht eine Entgeltpfändung wesentlich<br />

mehr Kosten als die reguläre Entgeltzahlung an den Mitarbeiter.<br />

Ihr Unternehmen darf dem Mitarbeiter, dessen<br />

Lohn gepfändet wird, keine Aufwendungspauschale auferlegen.<br />

<strong>Die</strong>s entschied das Bundesarbeitsgericht in einem Fall, in<br />

dem ein Arbeitgeber seinem Mitarbeiter 3 % der gepfändeten<br />

Summe als Gebühr von seinem Entgelt abzog. Ein<br />

Arbeitgeber sei nicht berechtigt, pauschale Gebühren für<br />

die Bearbeitung von Lohnpfändungen eigenmächtig festzusetzen<br />

(Az. : 1 AZR 578/05).<br />

TIPP<br />

Eine Möglichkeit, zu einer Erstattung der Arbeitsmehrkosten<br />

zu kommen, liegt in einer vom BAG zugelassenen,<br />

einzelarbeitsvertraglichen Regelung.<br />

In diesem Fall dürfen Sie die Gebühr allerdings auf<br />

keinen Fall vom unpfändbaren Teil des Arbeitsentgelts<br />

einbehalten!<br />

Beispiele:<br />

1. Für die Bearbeitung einer Lohnpfändung wird dem Arbeitnehmer<br />

1,5 % der Pfandsumme als Bearbeitungskosten<br />

in Rechnung gestellt.<br />

2. <strong>Die</strong> Kosten, die Ihnen durch eine Pfändung entstehen,<br />

trägt der Arbeitnehmer. <strong>Die</strong> Kosten für jede Pfändung<br />

betragen 15 €, weitere 10 € für jedes durch den Arbeitgeber<br />

zu verfassende Schreiben, sowie 2 € für jede zusätzlich<br />

zur normalen Lohnzahlung durch den Arbeitgeber<br />

zu tätigende Überweisung.<br />

Wann die Pfändung endet<br />

In der Regel ist im Pfändungsbeschluss keine zeitliche Begrenzung<br />

der Pfändung angegeben. Sie endet in diesem<br />

Fall erst nach der völligen Tilgung der Schuld. Zur Schuld<br />

zählen auch die Zinsansprüche des Gläubigers.<br />

2 <strong>Die</strong> Personalwoche


ARBEITSRECHT<br />

Reduzierung der Arbeitszeit: Wann Mitarbeiter<br />

einen Monat Freizeit im Jahr verlangen können<br />

Mitarbeiter haben in Unternehmen ab 16 Mitarbeitern (exklusive<br />

Azubis) Anspruch auf Teilzeit. Ein Urteil des Landesarbeitsgerichts<br />

Berlin-Brandenburg zeigt, dass „Teilzeit“<br />

auch in einer Blockfreistellung von einem Monat pro Jahr<br />

bestehen kann. Verhindern können Sie so etwas nur durch<br />

betriebliche Gründe (23.2.2017, Az. : 5 Sa 1745/16).<br />

Der Fall: Ein Mitarbeiter stellte bei seiner Arbeitgeberin<br />

einen Antrag auf Teilzeit. <strong>Die</strong>se sollte in einem Monat pro<br />

Jahr Freizeit bestehen und dieser Freimonat jeweils am<br />

10.7. eines jeden Jahres beginnen. Tatsächlich hat die Arbeitgeberin<br />

auch eine „Teilzeitordnung“, nach der Personal<br />

auf Antrag und jeweils für ein Kalenderjahr mit der Beklagten<br />

eine Verringerung der vereinbaren kann.<br />

Den Antrag des Mitarbeiters lehnte die Arbeitgeberin jedoch<br />

ab und bot alternativ eine unbefristete Reduzierung<br />

der Arbeitszeit für die Monate Februar und/oder Oktober<br />

an. Sie begründete ihre Ablehnung mit einem entgegenstehenden<br />

Organisationskonzept und der Urlaubszeit, die<br />

sich der Mitarbeiter auf diese Weise rechtsmissbräuchlich<br />

„sichere“.<br />

<strong>Die</strong> Entscheidung: Nach Ansicht des LAG kann der Mitarbeiter<br />

die Teilzeit so wie beantragt verlangen. <strong>Die</strong> Beklagte<br />

habe auch keine dem Teilzeitbegehren entgegenstehenden<br />

betrieblichen Gründe dargelegt. Ein solcher liegt gemäß<br />

§ 8 Abs. 4 Satz 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG)<br />

insbesondere vor, wenn die Umsetzung des Arbeitszeitverlangens<br />

die Organisation, den Arbeitsablauf oder die<br />

Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige<br />

Kosten verursacht.<br />

Teilzeit: Wann Ihre Mitarbeiter einen<br />

Anspruch haben<br />

Beschäftigt Ihr Unternehmen in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer,<br />

ohne Azubis, haben alle Mitarbeiter, die länger als<br />

6 Monate in Ihrem Unternehmen arbeiten, einen Anspruch<br />

auf Reduzierung ihrer Arbeitszeit (§ 8 TzBfG). Ist Ihr Unternehmen<br />

ein Kleinunternehmen mit maximal 15 Mitarbeitern,<br />

haben Beschäftigte keinen Rechtsanspruch auf Teilzeit.<br />

ACHTUNG<br />

Grundsätzlich haben Beschäftigte nicht nur einen Anspruch<br />

auf Teilzeit, sondern auch auf die gewünschte<br />

Verteilung der Arbeitszeit.<br />

Haben Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch auf Teilzeit,<br />

dürfen Sie den Antrag nur ablehnen, wenn betriebliche<br />

Gründe gegen die Reduzierung sprechen.<br />

Betrieblicher Grund<br />

Sie dürfen einen Teilzeitwunsch<br />

immer dann zurückweisen,<br />

wenn er mit<br />

Ihrem – sachlichen und<br />

vernünftigen – Organisationskonzept<br />

kollidiert.<br />

Wesentliche Beeinträchtigung<br />

der Sicherheit im<br />

Betrieb durch die Teilzeit<br />

Unverhältnismäßige Kosten<br />

So setzen Sie die Begründung um<br />

Kommt es zum Rechtsstreit, prüfen die Gerichte Ihr Organisationskonzept sorgfältig nach<br />

einem 3-Stufen-Schema:<br />

1) Welches durchgeführte Organisationskonzept liegt der Arbeitszeitregelung in Ihrem<br />

Unternehmen zugrunde?<br />

2) Steht das Konzept tatsächlich der Arbeitszeitänderung entgegen?<br />

3) Ist das Gewicht der entgegenstehenden Gründe so erheblich, dass die Erfüllung des<br />

Arbeitszeitwunsches zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Organisation oder zu<br />

einer unverhältnismäßigen Belastung führen würde?<br />

<strong>Die</strong>se Punkte sollte Ihre Begründung enthalten!<br />

Achtung: <strong>Die</strong> Gerichte achten streng darauf, ob ein solches Konzept bereits in der Vergangenheit<br />

von Ihnen umgesetzt worden ist oder ob Sie dessen Existenz nur behaupten.<br />

<strong>Die</strong>ser Grund dürfte in der Praxis kaum vorkommen. Dementsprechend existieren hierzu<br />

auch keine aktuellen Urteile.<br />

Wann unverhältnismäßig hohe Kosten vorliegen, ist gesetzlich nicht definiert. Empfehlenswert<br />

ist es daher, dass Sie zuvor eine Kostenaufstellung detailliert ausarbeiten und plausibel<br />

begründen, warum die Ausgaben zu sehr belasten. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat<br />

zu hohe Kosten anerkannt, wenn ein Arbeitgeber gezwungen gewesen wäre, eine Ersatzkraft<br />

einzustellen, die Kosten in Höhe von 70.000 € verursacht hätte (Az. : 9 AZR 409/04).<br />

Impressum Verleger: BWRmed!a, Bonn • Ein Unternehmensbereich der Verlag für die Deutsche Wirtschaft AG • Sitz: Bonn, AG<br />

Bonn, HRB 8165 • Vorstand: Helmut Graf, Guido Ems, Frederik Palm, Bonn • ISSN: 2199-8191 • Herausgeber: Thomas Müller, Bonn<br />

• Verantwortliche Redakteurin: Britta Schwalm, Wertingen • Produktmanagerin: Meike Grimme, Bonn • Satz: SchmelzerMedien<br />

GmbH, Siegen • Druck: Schürrle GmbH & Co. KG, Stuttgart • Postanschrift: Verlag für die Deutsche Wirtschaft AG, Theodor-Heuss-<br />

Str. 2–4, 53095 Bonn • Internet: www.bwrmedia.de • Kundendienst: Telefon: 02 28 / 95 50 120; Telefax: 02 28 / 36 96 480, E-Mail:<br />

Kundendienst@bwr-media.de. © 2017 by BWRmed!a, ein Unternehmensbereich der Verlag für die Deutsche Wirtschaft AG, Bonn<br />

• Bukarest • Johannesburg • London • Manchester • Madrid • Melbourne • Paris • Warschau • „<strong>Die</strong> Personalwoche“ ist unabhängig.<br />

Print<br />

wirkt –<br />

lesen macht<br />

erfolgreich!<br />

Alle Informationen wurden mit Sorgfalt ermittelt und geprüft. Es kann jedoch keine Gewähr übernommen werden, eine Haftung ist ausgeschlossen. Alle<br />

Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise, sind nicht gestattet. Für unverlangt eingesandte Manuskripte wird keine<br />

Gewähr übernommen.<br />

<strong>Die</strong> Personalwoche 3


ARBEITSRECHT<br />

<br />

Anzahl der Mitarbeiter im Unternehmensverbund: So<br />

entscheiden Sie, ob das Kündigungsschutzgesetz gilt<br />

Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) findet keine Anwendung,<br />

wenn in einem Betrieb dauerhaft 10 oder weniger Mitarbeiter<br />

tätig sind. In der Praxis bereitet die Frage, wann diese<br />

Grenze überschritten wird, immer wieder Schwierigkeiten.<br />

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein urteilte<br />

Anfang des Jahres, welche Grenze anzusetzen ist, wenn ein<br />

Kleinbetrieb mit 6 Mitarbeitern Teil eines Unternehmensverbunds<br />

mit mehreren hundert Mitarbeitern ist (Urteil vom<br />

12.1.2017, Az. : 5 Sa 208/16, veröffentlicht am 4.5.2017).<br />

Der Fall: Einem Mitarbeiter wurde von seiner Arbeitgeberin,<br />

die insgesamt 6 Arbeitnehmer beschäftigte, gekündigt.<br />

<strong>Die</strong>ser erhob Kündigungsschutzklage. Da die Arbeitgeberin<br />

in eine Konzernstruktur eingebunden sei, beschäftige<br />

sie weit mehr als 10 Mitarbeiter. Das KSchG finde Anwendung<br />

und führe dazu, dass die Entlassung unwirksam sei.<br />

Der Mitarbeiter scheiterte jedoch, denn die Kündigung war<br />

rechtswirksam.<br />

<strong>Die</strong> Entscheidung: Zwar arbeite die Arbeitgeberin des<br />

Klägers innerhalb einer Konzernstruktur. <strong>Die</strong>s genüge aber<br />

nicht für die Zusammenrechnung der Mitarbeiter. Hierfür<br />

müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:<br />

1. Es muss sich um einen gemeinsamen Betrieb handeln.<br />

2. <strong>Die</strong>s setzt voraus, dass sich 2 oder mehrere Unternehmen<br />

zur gemeinsamen Führung eines Betriebes – zumindest<br />

konkludent – rechtlich verbunden haben, sodass<br />

der Kern der Arbeitgeberfunktionen im sozialen<br />

und personellen Bereich von derselben institutionellen<br />

Leitung ausgeübt wird.<br />

Fazit: Teil einer Unternehmensgruppe oder nicht: Solange<br />

Ihr Betrieb über eine eigenständige Verwaltungsstruktur<br />

verfügt, zählen allein die Beschäftigten dieses Standorts.<br />

So zählen Mitarbeiter bei der Anwendung<br />

des Kündigungsschutzgesetzes<br />

Mitarbeiter mit wöchentlichen<br />

Arbeitszeiten von …<br />

bis zu 20 Stunden 0,5<br />

mehr als 20 bis zu 30 Stunden 0,75<br />

von mehr als 30 Stunden 1<br />

ACHTUNG<br />

zählen mit einem<br />

Kopfanteil von<br />

Grundsätzlich gilt im Kleinbetrieb: Von beiden Seiten<br />

kann unter Beachtung der Kündigungsfristen<br />

wirksam gekündigt werden. Obwohl das KSchG<br />

nicht, gilt sind folgende Grenzen zu beachten:<br />

1. <strong>Die</strong> Kündigung darf nicht auf sachfremden, also<br />

willkürlichen Motiven beruhen.<br />

2. Kein Verstoß gegen die guten Sitten,<br />

3. Ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme.<br />

Leiharbeitnehmer: Nutzen Sie die neuen fachlichen<br />

Weisungen der Bundesagentur für Arbeit<br />

Am 1.4.2017 sind die neuen Regelungen im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz<br />

(AÜG) in Kraft getreten. <strong>Die</strong> Bundesagentur<br />

für Arbeit (BA) hat hierzu fachliche Weisungen<br />

verabschiedet, die für Klarstellung sorgen.<br />

<strong>Die</strong> Weisungen der BA enthalten wichtige Vorgaben und<br />

Orientierungshilfen rund um die neuen Regeln für die<br />

Leiharbeit. Dabei sind vor allem die Konstellationen interessant,<br />

die gerade nicht zu einer Arbeitnehmerüberlassung<br />

führen:<br />

Arbeitnehmerüberlassung liegt nicht vor, wenn Auszubildende<br />

Dritten zu Ausbildungszwecken überlassen werden.<br />

Entsendet ein Unternehmen, das technische Produktionsanlagen,<br />

Einrichtungen etc. herstellt und errichtet, eigenes<br />

Stammpersonal zu einem Betreiber derartiger Anlagen, Einrichtungen<br />

etc., um typische Instandhaltungs-, Inbetriebnahme<br />

– und andere Arbeiten oder Ingenieurleistungen<br />

daran durchzuführen, ist in der Regel nicht von einer Arbeitnehmerüberlassung<br />

auszugehen (Personalgestellung<br />

als Folgeleistung), wenn das entsendende Unternehmen<br />

das Unternehmerrisiko trägt und seine unternehmerische<br />

Dispositionsfreiheit gewährleistet ist. Wird als Nebenleistung<br />

eines Kauf- oder Mietvertrages über Anlagen, Geräte,<br />

etc. damit verbundenes Personal überlassen (z. B. Spezialbaumaschinen<br />

mit Fahrer), ist in aller Regel nicht von einer<br />

Arbeitnehmerüberlassung auszugehen.<br />

ACHTUNG<br />

Neu ist auch die maximale Überlassungshöchstdauer<br />

eines Leiharbeitnehmers von 18 Monaten.<br />

Für die Berechnung der Überlassungshöchstdauer<br />

brauchen Sie nur die ab dem 1.4.2017 zurückgelegten<br />

Einsatzzeiten heranzuziehen. <strong>Die</strong> Rechtsfolgen<br />

bei einem Verstoß (Ordnungswidrigkeit,<br />

Vermutung der Arbeitsvermittlung mit der Folge<br />

der Einstellung) können daher nicht vor dem<br />

1.10.2018 eintreten.<br />

Für die Bestimmung der Überlassungsdauer ist die vertragliche<br />

Vereinbarung der Überlassung zwischen Verleiher<br />

und Entleiher maßgeblich. Auf die arbeitszeitliche Ausgestaltung<br />

der Tätigkeit des Leiharbeitnehmers im Betrieb<br />

des Entleihers kommt es dagegen nicht an.<br />

4 <strong>Die</strong> Personalwoche


ARBEITSRECHT<br />

Eintritt zum 1.7.: Warum Sie in diesem Fall nie den<br />

vollen Urlaubsanspruch gewähren müssen<br />

<br />

Der 1.7. ist für Sie als Personalverantwortlichen im Hinblick<br />

auf neue Mitarbeiter ein bedeutender Stichtag, der darüber<br />

entscheidet, wie viel Urlaub Ihre Mitarbeiter im aktuellen<br />

Jahr erhalten.<br />

Den vollen Urlaubsanspruch erhält ein Beschäftigter erst<br />

nach einer Wartezeit von 6 Monaten. Mitarbeiter, deren Beschäftigung<br />

am 1.7. eines Jahres oder später beginnt, erreichen<br />

diese Wartezeit nie.<br />

TIPP<br />

Führen Sie gerade Bewerbungsverfahren durch<br />

oder verhandeln Sie mit Neuzugängen über deren<br />

Start, sollten Sie den Starttermin möglichst auf<br />

den 1.7. oder später legen. Damit kann Ihr Unternehmen<br />

eine ganze Menge Urlaub einsparen.<br />

Stichtag 1.7.: So rechnen Sie richtig<br />

Wer vor dem 1.7. eines Jahres im Unternehmen beginnt und<br />

mindestens bis einschließlich des Jahresendes bleibt, erhält<br />

den gesamten Jahresurlaub für das laufende Jahr. Wer<br />

nur einen Tag nach dem 30.6. eintritt, bekommt pro vollem<br />

Beschäftigungsmonat 1/12 des Jahresurlaubs.<br />

Beispiel: Ihr Unternehmen gewährt einen Jahresurlaub<br />

von 24 Tagen. Ein Beschäftigter, der zum 1.6.2017 beginnt,<br />

erhält deshalb für 2017 diesen gesamten Jahresurlaub.<br />

Ein Mitarbeiter, der seine Tätigkeit dagegen erst zum<br />

1.7.2017 antritt, bekommt für jeden der 6 Monate Unternehmenszugehörigkeit<br />

jeweils 1/12 : 24 : 12 x 6 = 12 Tage<br />

Urlaub, also ganze 12 Tage weniger.<br />

Achtung: Arbeitgeberwechsel!<br />

In der Regel beginnen neue Mitarbeiter irgendwann im<br />

Laufe eines Jahres in Ihrem Unternehmen und händigen<br />

Ihnen eine Bescheinigung ihres ehemaligen Arbeitgebers<br />

über den bereits genommenen Urlaub aus.<br />

Sie müssen den bescheinigten Urlaub dann auf den Urlaub<br />

in Ihrem Unternehmen korrekt anrechnen. Das bedeutet:<br />

Den beim alten Arbeitgeber bereits erteilten Urlaub ziehen<br />

Sie vom Urlaubsanspruch in Ihrem Unternehmen ab.<br />

ACHTUNG<br />

Beschäftigte, die weniger als einen Monat am Stück<br />

in Ihrem Unternehmen arbeiten, haben gar keinen<br />

Anspruch auf Urlaub.<br />

Warum Sie nicht immer gegen tratschende<br />

Betriebsräte vorgehen können<br />

Mitglieder des Betriebsrats haben Geheimhaltungspflichten.<br />

<strong>Die</strong>se betreffen echte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse.<br />

Kann ein Betriebsrat weitere vertrauliche Informationen<br />

nicht für sich behalten, ist das sehr ärgerlich,<br />

aber nicht unbedingt ein Grund zum Ausschluss aus dem<br />

Betriebsrat, wie ein Beschluss des Landesarbeitsgerichts<br />

(LAG) Hessen zeigt (vom 20.3.2017, Az. : 16 TaBV 12/17).<br />

Der Fall: <strong>Die</strong> Geschäftsleitung eines Unternehmens unterrichtete<br />

ihren Betriebsratsvorsitzenden im Beisein des Betriebsratsmitglieds<br />

A über die Einstellung einer Produktlinie<br />

und die folgliche Schließung von 3 Abteilungen. Betriebsrat<br />

A fuhr daraufhin Betriebsrat B, um ihn hierüber zu informieren.<br />

A bat B, die Angelegenheit auf Wunsch des Arbeitgebers<br />

absolut vertraulich zu behandeln. Betriebsrat B hingegen<br />

informierte die Gewerkschaft. <strong>Die</strong> Arbeitnehmervertretung<br />

und der Arbeitgeber beantragten den Ausschluss von B aus<br />

dem Betriebsrat, scheiterten jedoch vor dem LAG.<br />

<strong>Die</strong> Entscheidung: Nach § 23 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz<br />

(BetrVG) können Arbeitgeber und Betriebsrat den<br />

Ausschluss eines Mitglieds aus dem Betriebsrat wegen<br />

grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten beantragen.<br />

Der Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen<br />

kann auch eine grobe Pflichtverletzung sein. Allerdings<br />

zählt nach ein geplanter Stellenabbau nicht dazu. Das gilt<br />

ab dem Zeitpunkt, zu dem ein Arbeitgeber seinen Betriebsrat<br />

darüber informieren muss. Betriebsrat B sei auch berechtigt<br />

gewesen, Rat bei der Gewerkschaft einzuholen.<br />

ACHTUNG<br />

Auch bei einer Weitergabe dieser Informationen an<br />

Mitarbeiter wären Sie hier machtlos gewesen.<br />

Hier muss geschwiegen werden<br />

Nur wenn es um echte Betriebsgeheimnisse geht, müssen<br />

Betriebsrat und Mitarbeiter schweigen. Arbeitsrechtlich ist<br />

ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis jede Tatsache, die<br />

½½<br />

im Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb steht,<br />

½½<br />

nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt ist,<br />

½½<br />

nach Ihrem Willen sowie im Rahmen eines berechtigten<br />

wirtschaftlichen Interesses geheim gehalten<br />

werden soll.<br />

Als Betriebsgeheimnis werden beispielsweise die folgenden<br />

Informationen betrachtet: Bilanzen, Kunden- und<br />

Preislisten, technisches Know-how ohne Rücksicht auf Patentfähigkeit<br />

oder <strong>Die</strong>nsterfindungen des Arbeitnehmers.<br />

<strong>Die</strong> Personalwoche 5


<strong>Die</strong><br />

THEMA DES MONATS: BEWERBUNG<br />

Spreu vom Weizen: Wie Sie Stellenausschreibungen<br />

so gestalten, dass sich die Richtigen bewerben<br />

Für die Einstellung und das Onboarding, also die Integration<br />

eines Mitarbeiters, gibt Ihr Unternehmen je nach Position<br />

bis zu mehreren 10.000 € aus. Verlässt Sie der Mitarbeiter<br />

in den ersten Monaten gleich wieder, waren diese<br />

Ausgaben Fehlinvestitionen. Besonders ärgerlich ist das,<br />

wenn die Ursache der gescheiterten Integration z. B. in den<br />

mangelnden Fähigkeiten des Neuzugangs liegen. Möglicherweise<br />

müssen Sie sich dann fragen lassen: „Warum<br />

haben Sie das nicht früher bemerkt?“ Deshalb sollten Sie<br />

alle sinnvollen Filter des Bewerbungsverfahrens nutzen,<br />

um die Spreu vom Weizen zu trennen. Das beginnt bereits<br />

bei der Stellenausschreibung.<br />

„Masse statt Klasse“ sollte auch im Angesicht des Fachkräftemangels<br />

für Ihre Anforderungsprofile keine Option<br />

sein. Mit Stellenausschreibungen, die Ihnen eine Flut an<br />

Bewerbungen bescheren, finden Sie den Richtigen kaum.<br />

Im Gegenteil: Müssen Sie mehrere hundert Mappen durcharbeiten,<br />

verlieren Sie schnell den Überblick. <strong>Die</strong> geeigneten<br />

Kandidaten gehen möglicherweise unter.<br />

Was braucht Ihr Unternehmen?<br />

Klären Sie im Vorfeld sehr detailliert ab, welche Fähigkeiten,<br />

Kompetenzen und Einstellungen der Neuzugang mitbringen<br />

muss. Bevor Sie das Anforderungsprofil formulieren, müssen<br />

Sie selbst genau wissen, was ein Bewerber mitbringen soll.<br />

Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass Personalverantwortliche<br />

dazu neigen, ihr Ebenbild einzustellen. Indem Sie sich<br />

ein detailliertes Bewerberprofil erstellen, vermeiden Sie diese<br />

Art der unbewussten Steuerung.<br />

Hilfreich sind dabei auch folgende Vorgehensweisen:<br />

1. Befragen Sie den bisherigen Stelleninhaber.<br />

2. Überlegen Sie, was der bisherige Stelleninhaber sehr<br />

gut gemacht hat und wo der Neue noch besseres leisten<br />

könnte.<br />

3. Überlegen Sie über den aktuellen Status hinaus: Was<br />

könnte ein Bewerber mitbringen, um die Abteilung das<br />

Team noch weiterzuentwickeln?<br />

Große Sorgfalt für die fachlichen<br />

Anforderungen<br />

<strong>Die</strong> fachlichen Qualifikationen gehören in jede Stellenausschreibung.<br />

Sie sind für Kandidaten die Voraussetzung, um<br />

es überhaupt in die engere Auswahl zu schaffen. Vor der<br />

Suche sollten Sie sich deshalb sorgfältig überlegen, welche<br />

Kenntnisse der Bewerber sofort benötigt. Formulieren<br />

Sie Ihr Gesuch hier unmissverständlich. Schreiben Sie ruhig<br />

auch Qualifikationen hinein, die notfalls auch noch später<br />

im Rahmen von Fortbildungen erworben werden können.<br />

Schwieriger: <strong>Die</strong> zwischenmenschliche Seite<br />

Fachliche Lücken können gefüllt werden, Charaktereigenschaften<br />

sind dagegen in der Regel gefestigt. <strong>Die</strong> Frage, ob ein<br />

zukünftiger Mitarbeiter persönlich ins Team passt, ist deshalb<br />

schwieriger zu beantworten. Über das Stellengesuch/die Karriereseite<br />

können Sie das in der Regel nur in Ansätzen lösen.<br />

Formulieren Sie aber auch hier bereits Anforderungen (sogenannte<br />

Soft Skills). Um eine entsprechende Stellenausschreibung<br />

zu erarbeiten und geeignete Bewerber im Hinblick auf<br />

ihre Soft Skills zu prüfen, müssen Sie zunächst analysieren,<br />

welche Art von Mensch für die Stelle ideal wäre. Erarbeiten<br />

Sie deshalb nicht nur ein fachliches Soll-Profil, sondern vielmehr<br />

eines in Bezug auf die Verhaltenspräferenzen.<br />

Stellen Sie sich dabei folgende Fragen<br />

½½<br />

Welche Schlüsseleigenschaften werden für die Tätigkeit<br />

benötigt?<br />

½½<br />

Welche Werte sind wichtig?<br />

½½<br />

Welche sozialen Kompetenzen sind besonders wichtig<br />

für die zukünftige Position?<br />

½½<br />

Welche Motivation sollte den Bewerber in Ihr Unternehmen<br />

führen? Wie kann es gelingen, eine Beziehungsebene<br />

aufzubauen?<br />

Ob der Bewerber die formulierten Anforderungen tatsächlich<br />

erfüllt, können Sie letztendlich aber erst im Bewerbungsgespräch<br />

beurteilen.<br />

Haben Sie Ihr Unternehmen richtig<br />

dargestellt?<br />

Weniger unliebsame Überraschungen bei Bewerbern erleben<br />

Sie außerdem, wenn Sie Ihr Unternehmen von vornherein<br />

in der Ausschreibung klar positionieren. In den Recruiting-Trends<br />

2016 der Universität Bamberg geben die<br />

befragten Stellensuchenden an, dass Unternehmen bei der<br />

Unternehmenspräsentation in Stellenanzeigen vor allem<br />

inhaltliche Fehler machen („Big Failure“). Hier wurden folgende<br />

Aspekte genannt:<br />

• Unehrlichkeit • Oberflächlichkeit • übertriebene Aussagen<br />

• schlechte Ansprachen bei XING • generell falsche<br />

Aussagen.<br />

Auch hier gilt: Präsentieren Sie Ihr Unternehmen unehrlich,<br />

übertrieben oder ganz ohne Aussagekraft, locken Sie<br />

die falschen Bewerber an.<br />

Ziel sollte es im Rahmen der Unternehmenspräsentation<br />

nicht sein, maximal viele Stellensuchende zu motivieren.<br />

Formulieren Sie Unternehmens- und Stellenbeschreibungen<br />

möglichst so, dass sich nur die Bewerber angesprochen<br />

fühlen, die Sie tatsächlich gerne einstellen möchten.<br />

Unternehmen und Aufgaben müssen authentisch dargestellt<br />

werden. Der Mitarbeiter soll nach seinem Eintritt keine<br />

unliebsamen Überraschungen erleben.<br />

ACHTUNG<br />

Suchen Sie über die unternehmenseigene Karriereseite,<br />

gelten dieselben Kriterien wie für externe<br />

Stellengesuche. Zusätzlich müssen Sie darauf achten,<br />

dass die Informationen stets auf dem aktuellen<br />

Stand sind. Schließlich sollten Sie die Ausschreibung<br />

nicht überladen. Jobsuchende nehmen nur<br />

begrenzt Informationen auf.<br />

6 <strong>Die</strong> Personalwoche


THEMA DES MONATS: BEWERBUNG<br />

Wie Sie im Vorstellungsgespräch herausfinden,<br />

ob Ihr Bewerber eine Fehlbesetzung sein könnte<br />

Ist das die oder der Richtige für unser Unternehmen?<br />

Vorstellungsgespräche sind die wichtigste Station in Bewerbungsverfahren,<br />

um eine Antwort auf diese Frage zu<br />

finden. Das ist nicht einfach, denn zunächst werden Ihnen<br />

nur die Schokoladenseiten präsentiert. Ob Sie es mit einer<br />

potenziellen Fehlbesetzung zu tun haben, finden Sie am<br />

besten anhand einer durchgeplanten Interview-Struktur<br />

heraus.<br />

Hand aufs Herz: Führen Sie Vorstellungsgespräche eher intuitiv?<br />

Das hat sicher Vorteile, denn auch das Bauchgefühl<br />

spielt bei Einstellungen eine wichtige Rolle. Sich vor allem<br />

darauf zu verlassen maximiert aber andererseits das Risiko,<br />

Fehlentscheidungen zu treffen. Ziel eines Vorstellungsgesprächs<br />

sollte nicht nur ein „gutes Gefühl“ im Hinblick<br />

auf die getroffene Entscheidung sein. Bemühen Sie sich<br />

gleichzeitig um eine objektive Beurteilung. <strong>Die</strong>se finden<br />

Sie, indem Sie sich im Vorfeld ein festes Gerüst schaffen,<br />

das Sie durch das Gespräch leitet.<br />

ACHTUNG<br />

Gehen Sie eher unvorbereitet in Personalgespräche<br />

mit Bewerbern, die Ihnen sympathisch sind, laufen<br />

Sie Gefahr, unbewusst nach Hinweisen zu suchen,<br />

die Ihre Erwartungen bestätigen. Möglicherweise<br />

versäumen Sie es dann, dem Kandidaten in allen<br />

relevanten Punkten auf den Zahn zu fühlen. <strong>Die</strong><br />

Gefahr der Fehlbesetzung steigt.<br />

Tragen Sie alle wichtigen Fragen zusammen<br />

In den eingeschickten Unterlagen geben Bewerber vor allem<br />

die Informationen Preis, die sie von ihrer besten Seite<br />

zeigen. Im Vorstellungsgespräch finden Sie nun heraus, ob<br />

Ihr Gesprächspartner wirklich ins Unternehmen passt. Erarbeiten<br />

Sie dazu Fragen anhand von Auswahlkriterien, die<br />

nach dem Gespräch objektiv bewertet werden können:<br />

1. <strong>Die</strong> fachliche Qualifikation<br />

Ob ein Bewerber der angestrebten Stelle fachlich gewachsen<br />

ist, können Sie strukturiert abklären. Hier geht es um<br />

die Qualifikation und damit in erster Linie um nachweisbare<br />

Fakten (Hard Skills). <strong>Die</strong> meisten Informationen erhalten<br />

Sie bereits mit den Unterlagen, Widersprüche und Unklarheiten<br />

lassen sich durch gezieltes Nachfragen im Vorstellungsgespräch<br />

rasch ausräumen. Möchten Sie sich im Hinblick<br />

auf die Qualifikation etwas vorbereiten, haben Sie die<br />

Möglichkeit, sich vor einem Vorstellungsgespräch weitere<br />

Informationen über den Bewerber zu beschaffen.<br />

2. <strong>Die</strong> Soft Skills<br />

Schwieriger als die fachlichen Fakten sind die persönlichen<br />

Eigenschaften des Kandidaten zu klären: Ist der<br />

Bewerber motiviert, offen für Neues, hat er eine schnelle<br />

Auffassungsgabe? Antworten auf diese Fragen erhalten Sie<br />

selten aus dem Bewerbungsschreiben. Sie sind aber andererseits<br />

besonders wichtig für Sie, denn Charaktereigenschaften<br />

lassen sich nur schwer verändern.<br />

<strong>Die</strong>se Fragen sollten immer in den Katalog<br />

Welchen Fragenkatalog Sie entwickeln und wie das konkrete<br />

Gesprächsgerüst aussieht, überlegen Sie sich anhand<br />

der zu besetzenden Stelle. Beginnen Sie aber jedes Auswahlgespräch<br />

mit einem kurzen Smalltalk („Haben Sie gut<br />

hergefunden?“), um der Situation die Spannung zu nehmen.<br />

Anschließend soll der der Bewerber nochmals kurz<br />

seinen Werdegang schildern. Es folgen gezielte Fragen<br />

zum Lebenslauf, um mehr persönliche Informationen zu<br />

gewinnen.<br />

Beispiel: Warum haben Sie in den vergangenen 5 Jahre<br />

4-mal den Arbeitgeber gewechselt? Anhaltspunkte für die<br />

persönlichen Fähigkeiten des Kandidaten finden Sie stellenweise<br />

ebenfalls im Lebenslauf oder unter im Vorfeld<br />

gesammelten Informationen.<br />

Beispiele: Fragen Sie nach den bisher größten Herausforderungen,<br />

schwierigen Entscheidungen, wichtigen Projekten<br />

etc. lassen Sie sich hier nicht mit Phrasen abspeisen.<br />

Teilt Ihnen der Bewerber beispielsweise mit, er sei besonders<br />

hartnäckig an eine Sache herangegangen, fragen Sie<br />

ihn, wie sich diese Hartnäckigkeit konkret gezeigt hat.<br />

Hilfreiche Beratung im Vorfeld<br />

Bevor Sie die Vorstellungsgespräche mit den Kandidaten<br />

führen, die es in die engere Auswahl geschafft haben, sollten<br />

Sie mit allen Beteiligten folgende Punkte besprechen:<br />

Wer nimmt teil?<br />

Generell sollte jeder Kandidat mindestens der Personalabteilung,<br />

dem Fachvorgesetzten und – außer bei einfacheren<br />

Tätigkeiten – der Unternehmensleitung vorgestellt werden.<br />

TIPP<br />

Wenn Sie im Team auftreten, sollten Teilnehmer,<br />

die gerade keine Fragen stellen, den Bewerber<br />

sorgfältig beobachten.<br />

Wer stellt welche Fragen?<br />

<strong>Die</strong> Gesprächsteilnehmer auf Arbeitgeberseite sollten keinesfalls<br />

unkoordiniert durcheinanderfragen weil sie nicht<br />

wissen, wer welche Frage als Nächstes stellen sollte. Klären<br />

Sie diesen Punkt vorher. Das hilft Ihnen auch zurück<br />

auf die Spur, wenn eloquente Bewerber versuchen, das Gespräch<br />

an sich reißen.<br />

Soll ein Berater hinzugezogen werden?<br />

Hat kein Mitglied der Führungsetage Erfahrung in der<br />

Durchführung von Vorstellungsgesprächen oder geht es<br />

um eine besonders bedeutsame Tätigkeit, bietet sich das<br />

Hinzuziehen eines externen Experten an. <strong>Die</strong>ser kann gezielt<br />

auf die Körpersprache der Bewerber achten und Ihnen<br />

wertvolle Tipps für Ihr eigenes Verhalten geben.<br />

<strong>Die</strong> Personalwoche 7


LOHNSTEUER & SOZIALVERSICHERUNG<br />

Ab 1.1.2018 gibt es im Meldeverfahren eine neue<br />

Kennzeichnung für Saisonaushilfen<br />

Saisonaushilfen aus anderen Ländern bleiben oft nach<br />

dem Recht ihres Heimatlandes versichert. In einigen Fällen<br />

müssen sie aber in Deutschland krankenversichert werden<br />

und fallen evtl. unter die Anschlussversicherung. Da die<br />

Klärung in solchen Fällen nicht immer einfach ist, wird zum<br />

1.1.2018 eine neue Kennzeichnung eingeführt.<br />

Seit 2013 gibt es in der gesetzlichen Krankenversicherung<br />

die sogenannte Anschlussversicherung. <strong>Die</strong>se greift<br />

nahtlos nach einer bestehenden Versicherungspflicht. Das<br />

neue Kennzeichen wird eingeführt, da bei Saisonaushilfen<br />

nicht erkennbar ist, ob sie nach der Beschäftigung in ihr<br />

Heimatland zurückkehren oder hierbleiben und unter die<br />

Anschlussversicherung fallen.<br />

Neues Kennzeichen<br />

Geben Sie zukünftig an, dass der betreffende Mitarbeiter<br />

als Saisonkraft vorübergehend in Deutschland tätig ist,<br />

kann die Krankenversicherung die Versicherungspflicht bereits<br />

während der Beschäftigung klären. Ab 1.1.2018 gilt:<br />

½½<br />

Sie geben in der Anmeldung an, ob es sich bei dem<br />

Mitarbeiter um einen Saisonarbeitnehmer handelt.<br />

½½<br />

Das Kennzeichen „Saisonarbeitnehmer“ ist nur bei gesetzlich<br />

krankenversicherten Beschäftigten erforderlich.<br />

½½<br />

Bei Meldungen für geringfügig oder kurzfristig Beschäftigte<br />

sowie für Beschäftigte, die ausschließlich<br />

in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert sind<br />

(Personengruppe 190), ist keine Angabe nötig.<br />

½½<br />

<strong>Die</strong> Krankenkassen sind nach einer Meldung mit dem<br />

Kennzeichen „Saisonarbeitnehmer“ verpflichtet, den<br />

Arbeitnehmer über sein Beitrittsrecht zur gesetzlichen<br />

Krankenversicherung aufzuklären.<br />

½½<br />

Der Saisonarbeitnehmer kann bis zu 3 Monate nach<br />

dem Ende der Beschäftigung freiwillig zur Krankenversicherung<br />

beitreten, falls er in Deutschland bleibt.<br />

ACHTUNG<br />

Es wird eine konkrete Definition eingeführt: „Ein Saisonarbeitnehmer<br />

ist, wer vorübergehend für eine versicherungspflichtige<br />

Beschäftigung bis zu 8 Monate<br />

nach Deutschland gekommen ist, um einen jahreszeitlich<br />

bedingten jährlich wiederkehrenden erhöhten<br />

Arbeitskräftebedarf des Arbeitgebers abzudecken.“<br />

Weitere Informationen im Juni<br />

<strong>Die</strong> nähere Ausgestaltung der neuen Meldepflicht soll in<br />

der nächsten Besprechung der Spitzenorganisationen der<br />

Sozialversicherung zu Fragen des gemeinsamen Meldeverfahrens<br />

am 28.6.2017 beschlossen werden.<br />

ACHTUNG<br />

Sobald es Neuigkeiten gibt, erfahren Sie davon<br />

umgehend in Ihrer aktuellen Ausgabe der „Personalwoche“.<br />

Besprechungsergebnis: <strong>Die</strong>se Personengruppe<br />

gilt für Azubis ohne Entgelt<br />

In einigen Fällen erhalten Auszubildende kein Entgelt, beispielsweise<br />

Praktikanten, bei denen die Ausbildung im Vordergrund<br />

steht. Da bei der Entgeltabrechnung teilweise große<br />

Unsicherheit herrschte, welche Personengruppe (PGR)<br />

gilt, wurde diese Frage in einer Besprechung der Spitzenverbände<br />

der Sozialversicherungsträger (8.3.2017) geklärt.<br />

Auszubildende unterliegen der Versicherungspflicht in<br />

der Renten- und Arbeitslosenversicherung, unabhängig<br />

davon, ob sie eine Ausbildungsvergütung erhalten. Wird<br />

dem Auszubildenden keine Ausbildungsvergütung gezahlt,<br />

berechnen Sie die Beiträge von einem beitragspflichtigen<br />

Entgelt in Höhe von 1 % der Bezugsgröße.<br />

ACHTUNG<br />

<strong>Die</strong> monatl. Bezugsgröße als Grundlage Ihrer Berechnung<br />

in diesen Fällen beträgt in 2017 2.975 €.<br />

Ihr Unternehmen hat die Beiträge in solchen Fällen in voller<br />

Höhe zu tragen (§ 20 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch<br />

(SGB) IV).<br />

Keine Beiträge aus der Beschäftigung<br />

In der Kranken- und Pflegeversicherung sind Azubis nur<br />

versicherungspflichtig, wenn sie eine Vergütung erhalten.<br />

Es besteht dagegen Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr.<br />

10 SGB V. Der Auszubildende hat dann die gesamten Beiträge<br />

zur Krankenversicherung zu tragen. Sie müssen der<br />

Krankenkasse Beginn und Ende einer solchen Ausbildung<br />

mit einem Papiervordruck anzeigen (§ 6 der Studentenkrankenversicherungs-Meldeverordnung<br />

(SKV-MV)).<br />

Wie melden?<br />

Verwendet wurden bisher<br />

½½<br />

PGR 102 (Auszubildende ohne besondere Merkmale)<br />

½½<br />

PGR 121 (Auszubildende, deren Arbeitsentgelt die<br />

Geringverdienergrenze nicht übersteigt).<br />

PGR 102 ist die Richtige<br />

<strong>Die</strong> Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger haben<br />

sich nun darauf geeinigt, dass in diesen Fällen immer die<br />

PGR 102 angegeben werden soll.<br />

8 <strong>Die</strong> Personalwoche

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!