Personal aktuell im öffentlichen Dienst
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Ausgabe 11/2017<br />
PERSONAL <strong>aktuell</strong><br />
<strong>im</strong> <strong>öffentlichen</strong> <strong>Dienst</strong><br />
Wichtige Informationen und Urteile für <strong>Personal</strong>verantwortliche in Ämtern und Behörden<br />
Arbeitsministerin Andrea Nahles<br />
hat endlich den bereits seit langem<br />
versprochenen Gesetzesentwurf für<br />
befristete Teilzeit vorgelegt. Dieser<br />
räumt teilzeitbeschäftigten Mitarbeitern<br />
einen Rückkehranspruch<br />
in Vollzeit ein. Ich hoffe, dass das<br />
Gesetzesvorhaben nicht dem Bundestagswahlkampf<br />
zum Opfer fällt,<br />
sondern alsbald umgesetzt wird.<br />
Denn bisher gilt für viele Beschäftigte<br />
in Deutschland leider <strong>im</strong>mer noch<br />
„einmal Teilzeit, <strong>im</strong>mer Teilzeit“.<br />
Zwar sieht § 11 TVöD/TV-L ausdrücklich<br />
die Möglichkeit vor, die<br />
Teilzeitbeschäftigung bis zu einer<br />
Dauer von 5 Jahren zeitlich zu befristen.<br />
Dies gilt aber ausweislich der<br />
Tarifvorschrift nur dann, wenn der<br />
Beschäftigte mindestens ein minderjähriges<br />
Kind oder einen pflegebedürftigen<br />
sonstigen Angehörigen<br />
tatsächlich betreut oder pflegt.<br />
Aus meiner Sicht darf aber auch die<br />
Geltendmachung des gesetzlichen<br />
Teilzeitanspruchs nach § 8 TzBfG<br />
nicht dazu führen, dass sich der Beschäftigte<br />
in einer Teilzeitfalle wiederfindet,<br />
aus der es für ihn kaum<br />
ein Entrinnen gibt.<br />
Daher mein Appell an die Bundesregierung:<br />
Handeln Sie zügig!<br />
Mit besten Grüßen<br />
Prof. Dr. Boris Hoffmann<br />
Autor<br />
Endlich<br />
Schluss mit der<br />
Teilzeitfalle<br />
Liebe Leserin,<br />
lieber Leser,<br />
Welche Änderungen Sie ab<br />
sofort bzw. ab dem 01.01.2018<br />
<strong>im</strong> Mutterschutzrecht<br />
beachten müssen<br />
Am 30.03.2017 hat der Bundestag das Gesetz zur Neuregelung des<br />
Mutterschutzrechts beschlossen. Ziel des Gesetzes ist es, den bestmöglichen<br />
Gesundheitsschutz für schwangere und stillende Frauen zu gewährleisten.<br />
Die Änderungen auf einen Blick<br />
Längere Schutzfristen (ab sofort)<br />
✓✓4 Monate Kündigungsschutz bei Fehlgeburten nach der<br />
12. Schwangerschaftswoche<br />
✓✓Erweiterung der Schutzfrist auf 12 Wochen nach Geburten von<br />
Kindern mit Behinderung<br />
✓✓Schülerinnen<br />
✓✓Studentinnen<br />
Erweiterung des Mutterschutzes (ab 01.01.2018)<br />
✓✓Freiwilligendienstleistende<br />
✓✓arbeitnehmerähnliche Personen <strong>im</strong> Sinne des EU-Rechts<br />
Hinweis! Zum 01.01.2018 gilt auch für Beamtinnen das gleiche Mutterschutzniveau,<br />
wie es für andere Beschäftigte nach dem MuSchG gilt.<br />
IN DIESER AUSGABE LESEN SIE<br />
Unter welchen Voraussetzungen Sie bei einer beharrlichen Unterschreitung<br />
des zulässigen Gleitzeitsaldos kündigen können................................ Seite 2<br />
Wann eine „Kettenbefristung“ wegen Verstoßes gegen § 242 BGB<br />
rechtsunwirksam ist........................................................... Seite 3<br />
<strong>Dienst</strong>liche Beurteilungen müssen hinreichend <strong>aktuell</strong> sein...................... Seite 4<br />
Wie Sie rechtssicher prüfen, ob die Voraussetzungen einer ordentlichen<br />
verhaltensbedingten Kündigung vorliegen..................................... Seite 5<br />
Was Sie bei einem amtsärztlichen Gutachten berücksichtigen müssen............ Seite 7
Unter welchen Voraussetzungen Sie bei einer<br />
beharrlichen Unterschreitung des zulässigen<br />
Gleitzeitsaldos kündigen können<br />
Flexible Arbeitszeitsysteme steigern häufig die Zufriedenheit Ihrer Mitarbeiter. Leider führen Verstöße gegen die<br />
zu beachtenden Arbeitszeitrichtlinien <strong>im</strong>mer wieder zu Konflikten zwischen den betroffenen Beschäftigten und<br />
dem Arbeitgeber. Regelmäßig sehen <strong>Dienst</strong>vereinbarungen „gleitende Arbeitszeitregelungen“ vor. Um Ihren Beschäftigten<br />
eine gewisse planerische Freiheit einzuräumen, geben Sie diesen lediglich einen gewissen zeitlichen<br />
Rahmen vor (sogenanntes Zeitsaldo). Innerhalb dieses Rahmens können Ihre Beschäftigten grundsätzlich unter<br />
Berücksichtigung der dienstlichen Belange eigenverantwortlich disponieren. Das LAG Hamburg hatte sich in seiner<br />
Entscheidung vom 20.11.2016, Az.: 5 Sa 19/16, mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die beharrliche Unterschreitung<br />
der zulässigen Zahl von Mindeststunden eine außerordentliche Kündigung (§ 626 BGB) des Arbeitsverhältnisses<br />
rechtfertigen kann.<br />
Der Fall: Der Kläger war tariflich ordentlich unkündbar<br />
(vgl. § 34 Abs. 2 TVöD/TV-L). Die geltende <strong>Dienst</strong>vereinbarung<br />
zur gleitenden Arbeitszeit sah ein max<strong>im</strong>ales<br />
Zeitsaldo von 20 Minus- und 40 Plusstunden vor. Zudem<br />
waren darüber hinausgehende kurzfristige Überschreitungen<br />
des zeitlichen Saldos in Absprache mit dem Vorgesetzten<br />
<strong>im</strong> Einzelfall möglich. Der Kläger wurde wegen<br />
unterschiedlicher Vertragsverstöße, unter anderem wegen<br />
verspäteten <strong>Dienst</strong>antritts bzw. vorzeitiger <strong>Dienst</strong>beendigung<br />
sowie vorzeitigen Verlassens des Arbeitsplatzes, in<br />
der Vergangenheit mehrfach abgemahnt. Trotz diverser<br />
Ermahnungen wies das Gleitzeitsaldo des Klägers zuletzt<br />
insgesamt 59 Minusstunden aus. Eine Abmahnung wegen<br />
der Minusstunden erfolgte allerdings nicht. Die gegen die<br />
daraufhin ausgesprochene außerordentliche Kündigung<br />
erhobene Kündigungsschutzklage hatte letztlich keinen<br />
Erfolg.<br />
Die Entscheidung: Das LAG Hamburg führt in seinen<br />
Entscheidungsgründen aus, dass die Beklagte den Kläger<br />
<strong>im</strong> Vorfeld der außerordentlichen Kündigung bereits<br />
mehrfach „einschlägig“ abgemahnt habe, da alle Abmahnungen<br />
Vertragsverstöße des Klägers gegen dessen<br />
Hauptleistungspflicht beträfen. Zudem sei der Verstoß<br />
gegen die Arbeitspflicht, der zu den steigenden Minussalden<br />
auf dem Arbeitskonto führte, als schwerwiegende<br />
Vertragspflichtverletzung zu qualifizieren. Der Kläger<br />
hätte zudem das Minussaldo durch „einfache“ Mehrarbeit<br />
wieder abbauen können. Zudem sei er hierzu von<br />
der Beklagten auch mehrfach aufgefordert worden. Dementsprechend<br />
sei das Vertrauensverhältnis zwischen den<br />
Vertragsparteien endgültig zerstört. Die ausgesprochene<br />
außerordentliche Kündigung sei damit gerechtfertigt<br />
und entspreche dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Die<br />
Kündigungsschutzklage sei damit abzuweisen.<br />
Fazit für Sie: Der der Entscheidung des LAG Hamburg<br />
zugrunde liegende Kündigungsgrund ist der von der arbeitsgerichtlichen<br />
Rechtsprechung anerkannten Fallgruppe<br />
der sogenannten „beharrlichen Arbeitsverweigerung“<br />
zuzuordnen. Eine Kündigung aus diesem Grund setzt<br />
<strong>im</strong> Hinblick auf das Merkmal der Beharrlichkeit grundsätzlich<br />
eine vorherige Abmahnung voraus. Zwar hat das<br />
LAG Hamburg die Kündigungsschutzklage mit Hinweis<br />
auf die Gleichartigkeit der abgemahnten Pflichtverstöße<br />
abgewiesen. Um sich allerdings keinem unnötigen Prozessrisiko<br />
auszusetzen, rate ich Ihnen, den unzulässigen<br />
Negativsaldo auf dem Arbeitszeitkonto regelmäßig vor<br />
Ausspruch einer Kündigung zunächst abzumahnen. Erfolgt<br />
anschließend keine zeitnahe Reduzierung des Arbeitszeitsaldos,<br />
können Sie das Arbeitsverhältnis unbedenklich<br />
kündigen.<br />
IMPRESSUM<br />
PERSONAL <strong>aktuell</strong> <strong>im</strong> <strong>öffentlichen</strong> <strong>Dienst</strong> (PaöD)<br />
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Seite 2 Viele Vorlagen und Muster sind dort als Download Au s g a bfür e 11/2017 Sie bereitgestellt.
Welche 2 Stränge Sie seit dem 01.01.2017 bei der<br />
Eingruppierung von Beschäftigten beachten müssen<br />
Das Eingruppierungsrecht hat sich <strong>im</strong> Hinblick auf die bis zum 31.12.2016 geltende Rechtslage an einigen Stellen<br />
verändert. Hier gilt es für Sie, besonders aufzupassen. Zum 01.01.2017 wurden die Eingruppierungsmöglichkeiten<br />
für Beschäftigte <strong>im</strong> Büro-, Buchhalterei- sonstigen Innendienst und <strong>im</strong> Außendienst sowie <strong>im</strong> Kassen- und<br />
Rechnungswesen erweitert. In der Entgeltordnung TVöD-VKA sind nun erstmalig Tätigkeitsmerkmale mit Ausbildungsbezug<br />
vorgesehen (Fallgruppe 1). Darüber hinaus ist wie bisher eine Eingruppierung anhand von Tätigkeitsmerkmalen<br />
möglich, die keinen entsprechenden Ausbildungsbezug aufweisen (Fallgruppe 2).<br />
Beide Fallgruppen stehen selbstständig nebeneinander.<br />
Seit dem 01.01.2017 gelten folgende Grundsätze:<br />
Diese Beschäftigten sind in die Entgeltgruppe 5 eingruppiert:<br />
Fallgruppe 1: Beschäftigte mit erfolgreich abgeschlossener<br />
Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf<br />
mit einer Ausbildungsdauer von mindestens 3 Jahren und<br />
entsprechender Tätigkeit (diese Eingruppierungsmöglichkeit<br />
ist neu!)<br />
Fallgruppe 2: Beschäftigte, deren Tätigkeit gründliche<br />
Fachkenntnisse erfordert (gründliche Fachkenntnisse<br />
erfordern nähere Kenntnisse von Rechtsvorschriften oder<br />
näheres kaufmännisches oder technisches Fachwissen<br />
usw. des Aufgabenkreises)<br />
Hinweis! Anerkannte Ausbildungsberufe sind nach der<br />
Protokollerklärung Nr. 5 Satz 1 Entgeltordnung TVöD-<br />
VKA nur solche, die auf der Grundlage des Berufsbildungsgesetzes<br />
bzw. der Handwerksordnung geregelt sind.<br />
Folgende Beschäftigte sind in die Entgeltgruppe 9b eingruppiert:<br />
Fallgruppe 1: Beschäftigte mit abgeschlossener Hochschulbildung<br />
und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige<br />
Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten<br />
und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben<br />
(diese Eingruppierungsmöglichkeit ist neu!)<br />
Fallgruppe 2: Beschäftigte, deren Tätigkeit gründliche,<br />
umfassende Fachkenntnisse und selbstständige Leistungen<br />
erfordert (gründliche, umfassende Fachkenntnisse<br />
bedeuten gegenüber den in der Entgeltgruppen 6 bis<br />
9a geforderten gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen<br />
eine Steigerung der Tiefe und Breite nach).<br />
Hinweis! Ein abgeschlossenes Hochschulstudium liegt<br />
nach der Protokollerklärung Nr. 4 Entgeltordnung TVöD-<br />
VKA vor, wenn von einer Hochschule ein Diplomgrad<br />
mit dem Zusatz „Fachhochschule“ oder ein Bachelorgrad<br />
verliehen wurde. Der Studiengang muss als Zulassungsvoraussetzung<br />
mindestens das Zeugnis der Hochschulreife<br />
und eine Regelstudienzeit von 6 Semestern vorgeschrieben<br />
haben. Er muss zudem ordnungsgemäß akkreditiert<br />
worden sein.<br />
Zusätzliche Ausbildungs- und Prüfungspflicht<br />
Soweit Ihre Mitarbeiter über keine einschlägige Vorbildung<br />
(Ausbildung oder Hochschulstudium) verfügen,<br />
kommt nur eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 5,<br />
Fallgruppe 2 oder in die Entgeltgruppe 9, Fallgruppe 2 in<br />
Betracht.<br />
Dies setzt in den Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern,<br />
Berlin, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz,<br />
Saarland und Schleswig-Holstein nach der Vorbemerkung<br />
Nr. 7 Abs. 2 Satz 1 Entgeltordnung TVöD-VKA<br />
allerdings zusätzlich voraus, dass Ihre Mitarbeiter einen<br />
Verwaltungslehrgang erfolgreich absolviert haben.<br />
Danach müssen Ihre Mitarbeiter für eine entsprechende<br />
Eingruppierung folgende Prüfungen erfolgreich abgeschlossen<br />
haben:<br />
• für eine Eingruppierung in die Entgeltgruppen 5 bis<br />
9a den Verwaltungslehrgang 1 und<br />
• für eine Eingruppierung in die Entgeltgruppen 9b bis<br />
12 den Verwaltungslehrgang 2.<br />
Soweit Sie Rentner weiterbeschäftigen wollen, müssen Sie<br />
ab dem 01.07.2017 die zum Teil neuen Hinzuverdienstgrenzen<br />
beachten.<br />
Für die Vollrente (§ 34 Abs. 2 SGB VI) gilt weiterhin der<br />
Grenzbetrag von 450 € monatlich. Allerdings gilt er ab<br />
dem 01.07.2017 als Jahres-Hinzuverdienstgrenze. Diese<br />
beträgt damit insgesamt 6.300 € <strong>im</strong> Jahr. Der Höchsthinzuverdienst<br />
kann damit künftig sowohl in 12 als auch in<br />
einem Monat überschritten werden.<br />
Bei einer Teilrente ist die Hinzuverdienstgrenze ab dem<br />
01.07.2017 abhängig von der Rentenhöhe und dem höchsten<br />
Verdienst der letzten 15 Jahren (sogenannter „Hinzuverdienstdeckel“).<br />
Besser verdienende Mitarbeiter können<br />
später nach Renteneintritt auch mehr hinzuverdienen.<br />
Au s g a b e 11/2017 Seite 3
Wann eine „Kettenbefristung“ wegen Verstoßes<br />
gegen § 242 BGB rechtsunwirksam ist<br />
Die Rechtsprechung fordert von Ihnen, dass Sie bei der Befristung von Arbeitsverträgen nicht nur die Vorgaben<br />
des § 14 TzBfG beachten. Vielmehr müssen Sie auch in jedem Einzelfall prüfen, ob die Befristung nach den Grundsätzen<br />
des institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) rechtsunwirksam ist.<br />
Der Fall: Der Kläger wurde in der Zeit vom 15.10.2007<br />
bis 07.02.2014 an einem städtischen Gymnasium als Vertretungslehrer<br />
<strong>im</strong> Fach Sport beschäftigt. Er wurde während<br />
dieser Zeit in unterschiedlichen befristeten Arbeitsverhältnissen<br />
tätig. Befristungsgrund war regelmäßig<br />
die „Vertretung“ anderer Lehrer. Der klagende Lehrer<br />
reichte am 22.11.2013 und damit vor Ablauf der letzten<br />
Befristung be<strong>im</strong> zuständigen Arbeitsgericht Klage ein.<br />
Im weiteren arbeitsgerichtlichen Verfahren hat er die<br />
Auffassung vertreten, dass zum einen der Sachgrund der<br />
Vertretung <strong>im</strong> Ergebnis gar nicht vorliege. Zum anderen<br />
sei <strong>im</strong> Hinblick auf die Vielzahl der befristeten Arbeitsverträge<br />
davon auszugehen, dass der Arbeitgeber rechtsmissbräuchlich<br />
gehandelt habe. Dementsprechend sei die<br />
letzte Befristung unwirksam, sodass er auf Dauer unbefristet<br />
weiterbeschäftigt werden müsse. Das BAG hat in<br />
seiner Entscheidung vom 26.10.2016, Az.: 7 AZR 135/15,<br />
den Befristungskontrollantrag des Lehrers abschließend<br />
und rechtskräftig abgelehnt. Die Entscheidungsgründe<br />
des BAG sind auf alle vergleichbaren Fallkonstellationen<br />
und damit auch auf den Bereich der allgemeinen Verwaltung<br />
übertragbar.<br />
Das Urteil: Das BAG führte zunächst aus, dass der Lehrer<br />
die 3-wöchige Frist des § 17 Satz 2 TzBfG in Verbindung<br />
mit § 7 Halbsatz 1 KSchG gewahrt habe. Es sei<br />
nämlich zulässig, eine Entfristungsklage bereits vor Ablauf<br />
der eigentlichen Befristung des Arbeitsvertrags zu<br />
erheben.<br />
Sachgrund für Vertretung liegt vor<br />
Zudem sei die letzte Befristung durch den Sachgrund der<br />
Vertretung <strong>im</strong> Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 TzBfG<br />
gerechtfertigt. Der Grund für die Befristung liege in den<br />
Vertretungsfällen darin, dass der Arbeitgeber bereits zu<br />
einem vorübergehend ausfallenden Mitarbeiter in einem<br />
Rechtsverhältnis stehe und mit der Rückkehr dieses Mitarbeiters<br />
regelmäßig zu rechnen sei. Damit bestehe für die<br />
Wahrnehmung der an sich dem ausfallenden Mitarbeiter<br />
obliegenden Arbeitsaufgaben durch eine Vertretungskraft<br />
von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis<br />
(BAG, Urteil vom 24.08.2016, Az.: 7 AZR 41/15). Da<br />
der Lehrer aufgrund des zeitlichen Ausfalls einer Mitarbeiterin<br />
befristet eingestellt worden sei, sei die Befristung<br />
des Arbeitsvertrags nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG<br />
gerechtfertigt.<br />
Befristung verstößt nicht gegen das Verbot des<br />
Rechtsmissbrauchs<br />
Darüber hinaus verstoße die Befristung des Arbeitsvertrags<br />
auch nicht gegen das grundsätzliche Verbot des<br />
Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB). Bei „Vertretungsfällen“<br />
der vorliegenden Art sei in diesem Zusammenhang insbesondere<br />
zu prüfen, ob die Verlängerung aufeinanderfolgender<br />
befristeter Arbeitsverträge der Deckung eines<br />
zeitweiligen Bedarfs dient oder ob mit den verschiedenen<br />
befristeten Verträgen nicht tatsächlich ein dauerhafter<br />
Vertretungsbedarf des Arbeitgebers gedeckt werden soll.<br />
Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Arbeitgerbers<br />
liege insoweit nicht vor, da die Gesamtdauer der befristeten<br />
Arbeitsverhältnisse sich nur auf gut 6 Jahre belaufe.<br />
Zudem habe der Arbeitgeber <strong>im</strong> Ergebnis die Befristungen<br />
lediglich 15-mal verlängert.<br />
Fazit für Sie: Beträgt einer der Werte des § 14 Abs. 2<br />
Satz 1 TzBfG, also die 2-jährige Gesamtbefristungsdauer<br />
oder die 3-malige Verlängerungsmöglichkeit, mehr als<br />
das 4fache oder übersteigen beide Werte das 3fache, müssen<br />
Sie <strong>im</strong> Einzelfall prüfen, ob das Arbeitsgericht Ihnen<br />
ein rechtsmissbräuchliches Verhalten vorwerfen kann.<br />
Damit besteht in den folgenden Fallkonstellationen für<br />
Sie eine gesteigerte Prüfpflicht:<br />
Fallkonstellationen Ja Nein<br />
Die Gesamtdauer der einzelnen befristeten<br />
Arbeitsverträge beträgt mehr als 8<br />
Jahre.<br />
Sie wollen die Befristung des Arbeitsvertrags<br />
zum 13. Mal verlängern.<br />
Die Gesamtdauer der befristeten Arbeitsverträge<br />
beträgt mehr als 6 Jahre, und Sie wollen<br />
die Befristung zum 10. Mal verlängern.<br />
Bei der Best<strong>im</strong>mung der Schwelle eines institutionellen<br />
Rechtsmissbrauchs müssen Sie <strong>im</strong> Rahmen einer Einzelfallprüfung<br />
<strong>im</strong>mer folgende Gesichtspunkte berücksichtigen:<br />
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Seite 4 Au s g a b e 11/2017
Checkliste: Rechtsmissbrauchskontrolle<br />
Prüfungspunkte<br />
Zeitliche Grenzen des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG<br />
(Gesamtdauer der sachgrundlosen Befristung<br />
beträgt 2 Jahre; innerhalb dieser Zeit kann die<br />
Befristung 3-mal verlängert werden) werden<br />
alternativ oder kumulativ mehrfach überschritten<br />
(BAG, Urteil vom 18.03.2015, Az.: 7<br />
AZR 115/13).<br />
Gesamtdauer der befristeten Arbeitsverträge<br />
(BAG, Urteil vom 26.10.2016, Az.: 7 AZR 135/15)<br />
Anzahl der einzelnen Vertragsverlängerungen<br />
(BAG, a. a. O.)<br />
Beschäftigung auf demselben Arbeitsplatz<br />
(BAG, Urteil vom 19.02.2014, Az.: 7 AZR<br />
260/12)<br />
Beschäftigung mit denselben oder wechselnden<br />
Arbeitsaufgaben (BAG, a. a. O.)<br />
Laufzeit der Verträge bleibt hinter Vertretungsbedarf<br />
zurück, ohne dass ein berechtigtes<br />
Interesse des Arbeitgebers erkennbar<br />
ist (BAG Urteil vom 18.07.2012, Az.: 7 AZR<br />
443/09).<br />
Art der Vertretung – mittelbare Vertretung<br />
und Zuordnungsvertretung sprechen eher<br />
für einen Rechtsmissbrauch als unmittelbare<br />
Vertretung (BAG, Urteil vom 07.10.2015, Az.: 7<br />
AZR 944/13).<br />
Anzahl und Dauer der Unterbrechungen zwischen<br />
den befristeten Arbeitsverträgen (BAG,<br />
Urteil vom 10.07.2013, Az.: 7 AZR 761/11)<br />
Notizen<br />
Überschreiten Sie die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG genannten<br />
Grenzen alternativ oder kumulativ in besonders gravierendem<br />
Ausmaß, müssen Sie sich den Vorwurf des<br />
rechtsmissbräuchlichen Verhaltens grundsätzlich gefallen<br />
lassen. Nach der Rechtsprechung des BAG liegen diese<br />
Voraussetzungen vor, wenn<br />
• durch die befristeten Verträge einer der Werte des § 14<br />
Abs. 2 Satz 1 TzBfG um mehr als das 5fache überschritten<br />
wird oder<br />
• beide Werte des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG mehr als das<br />
jeweils 4fache betragen (BAG, Urteil vom 29.04.2015,<br />
Az.: 7 AZR 310/13).<br />
Damit handeln Sie in folgenden Fallkonstellationen regelmäßig<br />
rechtsmissbräuchlich:<br />
Checkliste: Fälle des Rechtsmissbrauchs<br />
Fallkonstellationen Ja Nein<br />
Die Gesamtdauer der Arbeitsverhältnisse<br />
überschreitet 10 Jahre.<br />
Sie haben mit Ihrem Mitarbeiter mehr als<br />
15 Vertragsverlängerungen vereinbart.<br />
Es liegen mehr als 12 Vertragsverlängerungen<br />
bei einer Gesamtdauer von mehr als 8<br />
Jahren vor.<br />
Die Tabellen finden Sie auch zum Sofort-<br />
Download unter www.personal-öd.de<br />
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<strong>Dienst</strong>liche Beurteilungen müssen hinreichend <strong>aktuell</strong> sein<br />
Damit Sie dienstliche Beurteilungen für eine Auswahlentscheidung heranziehen können, müssen die zu vergleichenden<br />
dienstlichen Beurteilungen hinreichend <strong>aktuell</strong> sein (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 09.08.2016,<br />
Az.: 2 BvR 1287/16).<br />
Es besteht in der Rechtsprechung Einigkeit, dass eine Regelbeurteilung<br />
so lange für eine Auswahlentscheidung<br />
<strong>aktuell</strong> ist, wie der Regelbeurteilungszeitraum reicht. Als<br />
angemessener Regelbeurteilungszeitraum wird grundsätzlich<br />
ein 3-Jahres-Zeitraum angesehen (BVerwG, Beschluss<br />
vom 24.05.2011, Az.: 1 WB 59.10; OVG Münster,<br />
Beschluss vom 07.11.2013, Az.: 6 B 1035/13).<br />
Auf Bundesebene hat der Gesetzgeber diesen 3-Jahres-Zeitraum<br />
verbindlich in § 22 Abs. 1 Satz 2 Bundesbeamtengesetz<br />
festgeschrieben.<br />
Müssen Sie in einem Auswahlverfahren Regel- mit Anlassbeurteilungen<br />
vergleichen, so müssen Sie auf zweierlei<br />
achten:<br />
1. Regel- und Anlassbeurteilungen müssen zumindest<br />
zu gewissen Teilen denselben Beurteilungszeitraum<br />
abdecken. Ausreichend ist regelmäßig ein Überschneidungszeitraum<br />
von einem Jahr (OVG Bremen, Beschluss<br />
vom 19.02.1999, Az.: 2 B 11/19).<br />
2. Die Enddaten der jeweiligen Beurteilungszeiträume<br />
sollten nicht mehr als ein Jahr auseinanderliegen (OVG<br />
Lüneburg, Beschluss vom 18.02.2016, Az.: 5 ME 2/16).<br />
Au s g a b e 11/2017 Seite 5
Wie Sie rechtssicher prüfen, ob die Voraussetzungen einer<br />
ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung vorliegen<br />
Soweit Ihr Mitarbeiter auch ordentlich kündbar ist, nutzen Sie die Vorgaben des BAG, um rechtsicher die Rechtmäßigkeit<br />
einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung zu überprüfen. Das BAG geht hier in 4 Schritten vor:<br />
1. Die steuerbare Vertragspflichtverletzung<br />
Sie müssen <strong>im</strong> ersten Schritt zunächst eine steuerbare<br />
Vertragspflichtverletzung Ihres Mitarbeiters nachweisen.<br />
In Betracht kommen hier Verstöße gegen die Hauptleistungspflicht,<br />
etwa Schlechtleistungen oder Verspätungen,<br />
sowie Verletzungen von arbeits- und tarifvertraglichen<br />
Nebenpflichten. In diesem Kontext müssen Sie insbesondere<br />
die Pflicht Ihres Mitarbeiters zur Rücksichtnahme<br />
(§ 241 Abs. 2 BGB) in den Blick nehmen. Ihr Mitarbeiter<br />
verstößt etwa in folgenden Fällen gegen das Rücksichtsnahmegebot:<br />
Beleidigungen, Mobbing, Vermögenstraftaten<br />
zu Ihren Lasten.<br />
Die steuerbare Vertragspflichtverletzung<br />
Fallgruppen<br />
Hauptleistungspflicht<br />
Nebenpflichten<br />
− Schlechtleitung<br />
− Verspätungen<br />
− Pausenzeiten<br />
− Arbeitsverweigerung<br />
arbeitsvertragliche<br />
Verstöße gegen betriebliche Ordnung<br />
− Alkohol- oder Rauchverbot<br />
− Kleidungsvorschriften<br />
tarifvertragliche<br />
− Verschwiegenheitspflicht<br />
− keine Annahme von Geschenken<br />
− Anzeigepflicht bei NT<br />
− Bekenntnis zum Grundgesetz<br />
Rücksichtnahmegebot: $ 241 Abs. 2 BGB<br />
− Vermögensstraftaten zu Lasten des AG<br />
− Beleidigungen<br />
− außerdienstliche Straftaten<br />
2. Das Prognoseprinzip<br />
Im 2. Prüfungsschritt müssen Sie beachten, dass für eine<br />
verhaltensbedingte Kündigung das Prognoseprinzip gilt.<br />
Die von Ihrem Mitarbeiter begangene steuerbare Pflichtverletzung<br />
muss sich daher auch zukünftig auf das Arbeitsverhältnis<br />
belastend auswirken.<br />
Tipp! Aufgrund des zu beachtenden Prognoseprinzips<br />
müssen Sie Vertragsverstöße Ihrer Mitarbeiter zunächst<br />
regelmäßig abmahnen. Verletzt Ihr Mitarbeiter trotz ausgesprochener<br />
Abmahnung erneut und in gleicher Weise<br />
arbeitsvertragliche Pflichten, so gilt das Arbeitsverhältnis<br />
auch zukünftig als hinreichend belastet.<br />
Sie müssen eine Abmahnung hinreichend konkret formulieren.<br />
Hierbei müssen Sie<br />
• das konkrete Fehlverhalten benennen,<br />
• das gebotene Verhalten aufzeigen und<br />
• Ihren Mitarbeiter darauf hinweisen, dass ein erneutes<br />
Fehlverhalten nicht toleriert werden wird.<br />
Beispiel eines Abmahnungsschreibens<br />
Sehr geehrter Herr …,<br />
am 13.04.2017 haben Sie ausweislich des Zeiterfassungssystems<br />
Ihre Arbeit erst um 9:15 Uhr aufgenommen (einen<br />
entsprechenden Ausdruck habe ich dieser Abmahnung als<br />
Anlage beigefügt).<br />
Entsprechend der gültigen und Ihnen am 01.02.2016 bekannt<br />
gemachten <strong>Dienst</strong>vereinbarung zur gleitenden Arbeitszeit<br />
vom 13.05.2014 hätten Sie Ihre Arbeit jedoch vertragsgemäß<br />
spätestens um 9 Uhr aufnehmen müssen. Damit<br />
haben Sie Ihre Arbeit 15 Minuten zu spät aufgenommen. Sie<br />
haben damit gegen Ihre Pflicht, Ihre Arbeit innerhalb des<br />
in der <strong>Dienst</strong>vereinbarung vorgegebenen Gleitzeitrahmens<br />
täglich von 6 bis 9 Uhr aufzunehmen, verstoßen.<br />
Ich mahne Sie daher wegen dieses Arbeitszeitverstoßes hiermit<br />
ab.<br />
Ich weise Sie darauf hin, dass ich <strong>im</strong> Wiederholungsfall weitere<br />
arbeitsrechtliche Schritte bis zur Kündigung einleiten werde.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
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Hinweis! Eine Abmahnung kann <strong>im</strong> Einzelfall entbehrlich<br />
sein. Sie müssen das Fehlverhalten Ihres Mitarbeiters<br />
insbesondere dann nicht abmahnen, wenn<br />
• Sie eine Verhaltensänderung Ihres Mitarbeiters zukünftig<br />
nicht erwarten können, etwa weil Ihr Mitarbeiter<br />
völlig uneinsichtig ist, oder<br />
• die Pflichtverletzung derart schwerwiegend ist (z. B.<br />
Vermögensstraftaten zu Ihren Lasten), dass Sie das Arbeitsverhältnis<br />
nach § 626 BGB außerordentlich kündigen<br />
können.<br />
3. Das mildere Mittel<br />
Im 3. Schritt müssen Sie prüfen, ob Sie die Beendigung<br />
des Arbeitsverhältnisses durch ein „milderes Mittel“ umgehen<br />
können. Sie müssen Ihrem Mitarbeiter insbesondere<br />
<strong>im</strong> Wege des Ihnen zustehenden Direktionsrechts<br />
(§§ 6 Abs. 2, 106 Satz 1 GewO) anderweitige Tätigkeiten<br />
übertragen. Dies gilt insbesondere dann, wenn mit der<br />
Übertragung dieser Tätigkeiten zukünftig keine weiteren<br />
Pflichtverletzungen zu erwarten sind.<br />
Fallbeispiel: Ihr Mitarbeiter, der sich jahrelang <strong>im</strong> <strong>Personal</strong>amt<br />
bewährt hat, wurde auf eigenen Wunsch in Ihr<br />
Bauamt umgesetzt. Die dort erbrachten Leistungen Ihres<br />
Mitarbeiters sind derart fehlerhaft, dass Sie – nachdem<br />
Sie <strong>im</strong> Vorfeld bereits erfolglos entsprechende Mitarbeitergespräche<br />
geführt haben – das gezeigte Verhalten ordnungsgemäß<br />
abmahnen. Trotz der geführten Gespräche<br />
und der ausgesprochenen Abmahnung ist die Arbeit Ihres<br />
Mitarbeiters weiterhin durch viele haarstäubende Fehler<br />
gekennzeichnet. Auf Nachfrage gibt Ihr Mitarbeiter zu,<br />
dass er mit der Arbeit <strong>im</strong> Bauamt fachlich überfordert sei.<br />
Mit einer Besserung seiner Arbeitsergebnisse sei damit<br />
zukünftig nicht zu rechnen.<br />
Sie können das Arbeitsverhältnis zunächst nicht ordentlich<br />
kündigen. Vielmehr sind Sie verpflichtet, eine Beendigung<br />
des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung „aktiv“<br />
zu vermeiden, indem Sie Ihren Mitarbeiter wieder in das<br />
<strong>Personal</strong>amt (rück)umsetzen und ihm dort entsprechende<br />
Tätigkeiten übertragen.<br />
4. Die Interessenabwägung<br />
Im 4. Schritt müssen Sie eine Interessenabwägung vornehmen.<br />
Hierbei müssen Sie die Vorgaben der Rechtsprechung<br />
des BAG beachten (vgl. etwa BAG, Urteil vom<br />
10.06.2010, Az.: 2 AZR 541/09, sogenannte „Emmely-Entscheidung“).<br />
Danach müssen Sie <strong>im</strong> Rahmen der Interessenabwägung<br />
insbesondere folgende Parameter berücksichtigen:<br />
Dauer der Betriebszugehörigkeit, Alter und<br />
Unterhaltsverpflichtungen Ihres Mitarbeiters, Schwere<br />
der Pflichtverletzungen. Zudem: besteht eine ungestörte<br />
Vertrauensbeziehung oder ist das Arbeitsverhältnis bereits<br />
durch Vorfälle in der Vergangenheit belastet?<br />
Damit ergibt sich für Sie folgender Prüfungsaufbau in<br />
4 Schritten:<br />
Die verhaltensbedingte Kündigung<br />
Tatbestandsvoraussetzungen<br />
❶<br />
steuerbare<br />
Vertragspflichtverletzungen<br />
➋<br />
negative Prognose<br />
➌<br />
Verhältnismäßigkeit<br />
betroffen sein können<br />
positive Beeinflussung<br />
des Verhaltens<br />
anderweitige Beschäftigung<br />
die Hauptleistungspflicht<br />
Androhung von Folgen<br />
für Bestand des AV<br />
Weisungsrecht<br />
oder<br />
in der Regel<br />
oder<br />
Arbeits- oder tarifvertragliche<br />
Nebenpflichten<br />
Abmahnung<br />
Anderungskündigung<br />
➍<br />
Interessenabwägung<br />
Schwere der Pflichtverletzung<br />
Alter, Betriebszugehörigkeitsdauer,<br />
Unterhaltsverpflichtungen<br />
Tipp: in der<br />
Regel pro AG<br />
Au s g a b e 11/2017 Seite 7
Sie können einem Bewerber <strong>im</strong> Rahmen eines strukturierten<br />
Auswahlgesprächs weiterhin Fachfragen stellen<br />
Leserfrage: „Auf einer Schulung wurde uns mitgeteilt, dass<br />
es nicht mehr möglich sein soll, das Bewerberfeld – soweit<br />
dieses zumindest auch für Beamte geöffnet ist – durch ein<br />
zwingendes Anforderungsprofil <strong>im</strong> Vorfeld einzugrenzen.<br />
Damit soll es auch unzulässig sein, von einem Bewerber <strong>im</strong><br />
Rahmen eines Anforderungsprofils konkrete Fachkenntnisse<br />
zu fordern. Wenn das st<strong>im</strong>men sollte, ist es uns dann<br />
auch untersagt, Fachfragen in einem strukturierten Auswahlgespräch<br />
zu stellen?“<br />
Antwort von Prof. Dr. Boris Hoffmann: Die von Ihnen<br />
aufgeworfene Problematik ist mir bekannt. Hier stellt sich<br />
die Frage, ob für Ihre Auswahlentscheidung die Aufgaben,<br />
die auf dem konkret zu besetzenden <strong>Dienst</strong>posten zu erledigen<br />
sind, tatsächlich relevant sind. Diese Frage werden<br />
die meisten mit einem überzeugenden Ja beantworten.<br />
Die Wahrheit sieht jedoch differenzierter aus. Zunächst<br />
müssen Sie wissen, dass Sie <strong>im</strong>mer dann die „strengeren“<br />
Vorgaben des BVerwG beachten müssen, wenn Sie das Bewerberfeld<br />
(auch) für Beamte öffnen.<br />
Einengung des Bewerberfeldes durch ein fakultatives<br />
Anforderungsprofil ist nicht erlaubt<br />
Das BVerwG hat bereits in seiner Entscheidung vom<br />
20.06.2013, Az.: 2 VR 1.13, festgestellt, dass Bezugspunkt<br />
einer Auswahlentscheidung nach Art. 33 Abs. 2 GG nicht<br />
die Funktionsbeschreibung des konkreten <strong>Dienst</strong>postens,<br />
sondern das vom Beamten angestrebte Statusamt ist. Damit<br />
ist die Einengung des Bewerberfeldes durch ein zwingendes<br />
Anforderungsprofil, welches spezifisch dienstpostenbezogene<br />
Kriterien beinhaltet, mit Art. 33 Abs. 2 GG<br />
nicht vereinbar. Das BVerwG verweist zur Begründung<br />
seiner Auffassung auf das Laufbahnprinzip. Danach kann<br />
ein Beamter aufgrund seiner laufbahnrechtlichen Befähigung<br />
jedenfalls diejenigen <strong>Dienst</strong>posten ausfüllen, die<br />
seinem Statusamt entsprechen oder dem nächsthöheren<br />
Statusamt zugeordnet sind. Damit können Sie von Ihren<br />
Beamten grundsätzlich erwarten, dass diese sich in die<br />
Aufgaben entsprechender <strong>Dienst</strong>posten einarbeiten können.<br />
Damit können Sie zukünftig die Bewerberauswahl<br />
grundsätzlich nicht mehr durch sogenannte fakultative<br />
Anforderungsprofile steuern.<br />
Wechsel der Blickrichtung <strong>im</strong> laufenden<br />
Auswahlverfahren<br />
Sie müssen die Aufgaben des zu besetzenden <strong>Dienst</strong>postens<br />
allerdings nicht <strong>im</strong> gesamten Auswahlverfahren<br />
außen vor lassen. Vielmehr kann der Bezugspunkt Ihrer<br />
Auswahlentscheidung wechseln, je nachdem, in welchem<br />
Teil Ihres Auswahlverfahrens Sie sich befinden. Damit<br />
kann sowohl das Amt <strong>im</strong> statusrechtlichen Sinn als auch<br />
das Amt <strong>im</strong> konkret-funktionellen Sinn, d. h. die konkret<br />
auf dem zu besetzenden <strong>Dienst</strong>posten zu erledigenden<br />
Aufgaben, maßgebend für Ihre Auswahlentscheidung<br />
sein. Danach gilt nach der Rechtsprechung des OVG Lüneburg<br />
(Beschluss vom 01.12.2016, Az.: 5 ME 153/16) und<br />
des OVG Bremen (Beschluss vom 22.09.2016, Az.: 2 B<br />
123/16) Folgendes:<br />
1. Maßstab für das Anforderungsprofil ist das statusrechtliche<br />
Amt.<br />
2. Bezugspunkt für den vorzunehmenden Vergleich der<br />
Gesamturteile der vorliegenden dienstlichen Beurteilungen<br />
ist das jeweilige Statusamt.<br />
3. Die <strong>im</strong> Falle eines „Leistungsgleichstands“ vorzunehmende<br />
Binnendifferenzierung/Ausschärfung der<br />
dienstlichen Beurteilung ist ebenfalls statusamtsbezogen.<br />
4. Können Sie sodann <strong>im</strong>mer noch keinen Leistungsvorsprung<br />
eines Bewerbers feststellen, können Sie <strong>im</strong> weiteren<br />
Verlauf des Auswahlverfahrens auf das Amt <strong>im</strong><br />
konkret-funktionellen Sinne abstellen.<br />
Ihre Frage ist damit wie folgt zu beantworten: Strukturierte<br />
Auswahlgespräche sind – soweit das Bewerberfeld<br />
(auch) für Beamte eröffnet ist – erst dann zulässig, wenn<br />
Sie anhand der vorliegenden dienstlichen Beurteilungen<br />
einen Leistungsvorsprung eines Bewerbers nicht feststellen<br />
können. Im Rahmen eines dann zulässigen Auswahlgesprächs<br />
sind Bezugspunkt für Ihre Auswahlentscheidung<br />
die auf dem zu besetzenden freien <strong>Dienst</strong>posten<br />
konkret zu erledigenden Aufgaben. Fachfragen sind damit<br />
in diesem Stadium des Auswahlverfahrens „erstmalig“<br />
zulässig.<br />
IN DER NÄCHSTEN AUSGABE LESEN SIE UNTER ANDEREM<br />
• Wie Sie dienstliche Beurteilungen in einem Auswahlverfahren rechtssicher miteinander vergleichen<br />
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