Namenlos 1/2018
Das Magazin für Beschäftigte der Universitätsmedizin Essen. Ausgabe 1/2018
Das Magazin für Beschäftigte der Universitätsmedizin Essen. Ausgabe 1/2018
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1/<strong>2018</strong><br />
<strong>Namenlos</strong><br />
Wettbewerb: Wie soll dieses Magazin heißen?<br />
Für Beschäftigte der Universitätsmedizin Essen<br />
Seite 5<br />
32 Seiten<br />
wissen, machen, leben<br />
NEU<br />
EINE VON 8.200:<br />
Sahra Schlonsok ist Medizinische<br />
Fachangestellte im<br />
Universitätsklinikum. Ihre<br />
Geschichte: Seite 4.<br />
Zusammenarbeit<br />
AUS 13 MACH EINS<br />
Die Universitätsmedizin setzt auf<br />
eine breite Aufstellung<br />
Medizin-Checks<br />
HAND UND HERZ<br />
Wie das Universitätsklinikum<br />
TUSEM Essen unterstützt<br />
In dieser Ausgabe: Elisabeth Bartek, Sascha Beck, Ulrike Bingel, Rita Bodenmüller-Kroll, Kaid Darwiche, Anne-Kathrin Dathe, Armin de Greiff, Marcel Dudda, Christine<br />
Harrell, Daniel Hülsmann, Thorsten Kaatze, Markus Kamler, Christoph Kleinschnitz, Hannes Klump, Julian Lotz, Peter Lüdike, Anete Matisa, Tienush Rassaf, Klaus Rösen,<br />
Dirk Rustemeyer, Dirk Schadendorf, Claudio Schlegtendal, Sahra Schlonsok, Silke Skottky, Dirk Theegarten, Matthias Totzeck, Markus Wartenberg, Jochen A. Werner
Editorial<br />
Inhalt<br />
Lassen Sie<br />
uns drüber reden!<br />
Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,<br />
liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />
ich freue mich sehr über diese erste Ausgabe<br />
unseres Magazins für alle Beschäftigten der<br />
Universitätsmedizin Essen. Die Printversion<br />
soll nicht bedeuten, dass unser Weg zum<br />
Smart Hospital ins Stocken gerät. Digitalisierung<br />
bedeutet eben nicht, sich schlagartig<br />
von allem Gewohnten zu trennen. Es geht um<br />
Veränderung, einen umfänglichen Wandel<br />
mit dem Ziel, unsere Patienten noch besser<br />
zu versorgen und Ihnen als Beschäftigte immer<br />
bessere Arbeitsbedingungen zu bieten.<br />
Dieser Wandel geht weder per Anweisung<br />
noch von selbst. Die wichtigste Maßnahme<br />
ist eine intensive Kommunikation.<br />
Kommunikation zwischen Belegschaft und<br />
Vorstand, Austausch zwischen Pflege und<br />
Ärzteschaft, Vernetzung von Forschung, Lehre<br />
und Krankenversorgung, Dialog zwischen<br />
Kliniken und Instituten und vieles mehr.<br />
Dieses neue Beschäftigtenmagazin, das<br />
Sie in den Händen halten, wird dabei einen<br />
wichtigen Beitrag leisten. Es wird die Entwicklung<br />
zu einem optimierten Miteinander,<br />
zum fairen Umgang und auch zum Smart<br />
Hospital unterstützen. Es wird Hintergründe<br />
erklären, Fortschritte beschreiben und Menschen<br />
vorstellen, die diese Entwicklung vorantreiben.<br />
Das Magazin soll aber auch unser<br />
Zusammenwachsen als Universitätsmedizin<br />
Essen fördern, es soll Identifikation stiften<br />
und den Dialog anregen. Wir wollen mit diesem<br />
Magazin die zahlreichen Gemeinsamkeiten<br />
betonen, die über alle Kliniken und<br />
Institute hinweg bestehen. Wir wollen spannende<br />
Geschichten aus den Teams aller Häuser<br />
erzählen, voneinander lernen und Interesse<br />
füreinander wecken. Denn auch wenn<br />
unsere Arbeit auf der Station, im OP oder der<br />
Verwaltung stattfindet: Es ist wichtig, das<br />
große Ganze zu erkennen und zu verstehen.<br />
Denn die großen Veränderungsprozesse, die<br />
vor uns liegen, bewältigen wir nur gemeinsam<br />
als Universitätsmedizin Essen.<br />
Dieses erste Vorwort stammt von mir.<br />
Trotzdem soll das neue Magazin kein Organ<br />
des Vorstands sein. Es wird natürlich von<br />
Erfolgen und Fortschritten handeln, auf die<br />
wir alle stolz sein sollen. Aber genauso wird<br />
es um die Herausforderungen des Alltags gehen,<br />
um die kleinen und großen Geschichten<br />
und auch die Zwänge, denen wir alle ausgesetzt<br />
sind.<br />
Lassen Sie uns auf Kommunikation<br />
und Dialog setzen. Wir alle können hier besser<br />
werden. Die meisten Fehler und Probleme<br />
entstehen, weil man nicht miteinander<br />
redet. Und die meisten Lösungen sind die<br />
Folge von gelungener Kommunikation und<br />
Zusammenarbeit.<br />
Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen<br />
unseres Magazins!<br />
Ihr Prof. Dr. Jochen A. Werner<br />
Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender<br />
FOTO: ANDRE ZELCK; ILLUSTRATION: MATTHIAS SEIFFARTH<br />
SEITE 4<br />
Mitmacher<br />
Ohne diese Beschäftigten wäre<br />
das Magazin nicht entstanden<br />
wissen<br />
SEITE 6<br />
Ethik und Adipositas<br />
Nachrichten aus Forschung<br />
und Lehre<br />
SEITE 8<br />
Eins plus zwölf gleich eins<br />
Die Universitätsmedizin setzt auf<br />
Größe – und auf die Chancen, die<br />
in der Zusammenarbeit liegen<br />
SEITE 12<br />
„Wir brauchen Teamgeist<br />
und Lösungsfinder“<br />
Prof. Dr. Jochen A. Werner über<br />
die Universitätsmedizin und den<br />
Wandel zum Smart Hospital<br />
SEITE 14<br />
Wie die Pflege mit der<br />
Zeit geht<br />
Ständige Optimierung in<br />
der Onkologie<br />
SEITE 15<br />
Schmerz, lass nach!<br />
Mein Thema: Prof. Dr. Ulrike Bingel<br />
erforscht die Wirkung von<br />
Placebos<br />
machen<br />
SEITE 16<br />
Neue Geräte und<br />
eine erste OP<br />
Meldungen aus dem<br />
Klinikalltag<br />
SEITE 18<br />
„Wachsen und<br />
intelligent sparen“<br />
Thorsten Kaatze über die Finanzen<br />
der Universitätsmedizin<br />
SEITE 20<br />
Überall Baustellen<br />
Die Universitätsmedizin baut<br />
gerade so viel wie nie zuvor<br />
SEITE 21<br />
Alles aussprechen –<br />
jeden Tag<br />
Teamporträt: das Kompetenzzentrum<br />
für Herzinsuffizienz und<br />
Intensivmedizin<br />
SEITE 22<br />
Vor Allem:<br />
Die Patienten!<br />
Was passiert im neuen Institut<br />
für PatientenErleben?<br />
SCHWERPUNKT<br />
DIE UNIVERSITÄTSMEDIZIN<br />
stellt sich breit auf – und entwickelt<br />
sich zum Smart Hospital<br />
SEITE 8<br />
leben<br />
SEITE 23<br />
Mein Tag<br />
10 Fragen an Elisabeth Bartek aus<br />
der Herzchirurgie Huttrop<br />
SEITE 24<br />
Luftkur und<br />
Lieblingsessen<br />
Bunte Meldungen aus<br />
der Universitätsmedizin<br />
SEITE 26<br />
Endlich wieder atmen<br />
Die Universitätsmedizin im<br />
Spiegel ihrer Patienten. Diesmal:<br />
Ina Micke<br />
SEITE 28<br />
Mit Herz und Hand<br />
Wie das Universitätsklinikum<br />
TUSEM Essen unterstützt<br />
SEITE 30<br />
Gewinnspiel und Service<br />
SEITE 32<br />
Wind und Weite<br />
Mein Ort: Silke Skottky mag den<br />
Tetraeder<br />
2 3
Mitmacher<br />
Das Magazin lebt von Menschen, die etwas bewegen und etwas<br />
zu erzählen haben. Wir stellen die Köpfe hinter den Geschichten vor.<br />
Wie heiße ich?<br />
DAS NEUE BESCHÄFTIGTENMAGAZIN DER<br />
UNIVERSITÄTSMEDIZIN ESSEN BRAUCHT<br />
EINEN NAMEN. HABEN SIE EINE IDEE?<br />
Der beliebteste und am meisten verbreitete Name<br />
von Unternehmensmagazinen in Deutschland<br />
ist „WIR“, dicht gefolgt von Titeln wie „Intern“,<br />
„Dialog“ oder „Team“.<br />
IMPRESSUM<br />
Herausgeber<br />
Universitätsmedizin Essen,<br />
Konzernmarketing und -kommunikation,<br />
Hufelandstraße 55, 45147 Essen<br />
Verantwortlich<br />
Achim Struchholz,<br />
achim.struchholz@uk-essen.de<br />
Redaktionsbeirat<br />
Christine Harrell (Fakultät), Silke Langer<br />
(Universitätsklinikum), Maren Middeldorf<br />
(Ruhrlandklinik), Thorsten Schabelon (Universitätsklinik),<br />
Kathinka Siebke<br />
(St. Josef Krankenhaus)<br />
SILKE SKOTTKY<br />
Leiterin Verwaltung am<br />
Institut für Pathologie<br />
Silke Skottky ist eine „doppelte“<br />
Mitmacherin. Sie ist nicht nur die<br />
erste in unserer Rubrik „Mein Ort“,<br />
sie lieferte der Redaktion auch tollen<br />
Input für unsere Schwerpunktstory. In<br />
Greifswald geboren, kam Silke Skottky<br />
vor über 25 Jahren ins Ruhrgebiet<br />
und fühlt sich „im Pott“ pudelwohl.<br />
So wohl, dass sie sich nicht vorstellen<br />
kann, wieder wegzugehen. Sie mag<br />
die Menschen hier und dass es mitten<br />
in dieser pulsierenden Region so viele<br />
grüne und schöne Erholungsgebiete<br />
gibt. Wohin es sie zieht, wenn sie eine<br />
kleine Auszeit braucht, verrät sie in<br />
dieser Ausgabe auf Seite 32.<br />
SAHRA SCHLONSOK<br />
Medizinische Fachangestellte<br />
und Teamassistentin auf<br />
Station H2 in der Hautklinik<br />
Wer die Station H2 der Hautklinik<br />
betritt, trifft mit einiger Wahrscheinlichkeit<br />
zuerst auf Sahra Schlonsok.<br />
Die 23-Jährige besetzt direkt hinter<br />
der Eingangstür den sogenannten<br />
Stützpunkt – jenen Arbeitsplatz, an<br />
dem alle Fäden der Station zusammenlaufen.<br />
„Ich telefoniere den ganzen<br />
Tag, beantworte Anfragen, zeige neuen<br />
Patienten ihr Zimmer und behalte die<br />
Termine im Blick“, erklärt die Medizinische<br />
Fachangestellte, die nach ihrer<br />
Ausbildung in der Neurochirurgie seit<br />
dreieinhalb Jahren in der Hautklinik<br />
arbeitet. Auch sonst findet man die<br />
gebürtige Essenerin dort, wo was los<br />
ist. „Wenn ich zum Fußball gehe, dann<br />
zum BVB auf die Südtribüne“, sagt<br />
der bekennende Dortmund-Fan. Den<br />
WM-Sommer dagegen werde sie auf<br />
hoher See verbringen: „Im Juni geht<br />
es auf Kreuzfahrt.“ Ziel: das westliche<br />
Mittelmeer. Titelmotiv<br />
DIRK RUSTEMEYER<br />
Leiter Abteilung Planen<br />
und Bauen<br />
Die Abteilung heißt zwar Planen und<br />
Bauen. „Aber im klassischen Sinne<br />
planen wir nicht und wir bauen auch<br />
nicht“, erzählt Architekt Dirk Rustemeyer.<br />
Was er sagen will: Rustemeyer<br />
und sein Team sind als Bauherrenvertreter<br />
für alle Neubauten die steuernde<br />
Schnittstelle zwischen den internen<br />
Nutzern und den externen Architekten<br />
und Fachplanern. Dass er sehr wohl<br />
planen und bauen kann, hat Rustemeyer<br />
unter anderem privat bewiesen.<br />
Gemeinsam mit seiner Frau – ebenfalls<br />
Architektin – hat er sein Haus<br />
aus den 60er Jahren nach eigenen<br />
Vorstellungen umgebaut. Dass sie in<br />
der Kostenplanung blieben, ist seinem<br />
„Baugeheimnis“ geschuldet: „Bauen<br />
ist ein Kompromiss zwischen eigenen<br />
Wünschen und finanziellen Möglichkeiten.“<br />
Wie er auf den Baustellen der<br />
Universitätsmedizin vorankommt,<br />
steht auf Seite 20.<br />
FOTOS: MARCEL KAMPS, JENS PUSSEL, LUTZ ZIMMERMANN<br />
So passend solche Namen für unternehmensinterne<br />
Magazine sein mögen, so beliebig sind<br />
sie auch. Für die Redaktion des neuen Beschäftigtenmagazins<br />
der Universitätsmedizin Essen<br />
kamen sie daher nicht in Frage. Aber wie soll<br />
das neue Magazin nun heißen?<br />
Gesucht wird ein Name,<br />
_ der sympathisch wirkt,<br />
_ alle Beschäftigten<br />
anspricht,<br />
_ leicht verständlich und<br />
gut merkbar ist.<br />
HABEN SIE EINE IDEE?<br />
Dann schicken Sie uns bitte eine E-Mail an: maz@uk-essen.de.<br />
Eine Jury aus den Kommunikationsverantwortlichen der Universitätsmedizin<br />
Essen wird die Vorschläge bewerten und einen Titel<br />
wählen. Unter allen Einsendungen von Ideen verlosen wir einen<br />
Gutschein im Wert von 100 Euro für ein Konzert, eine Theateraufführung<br />
o. ä., einzulösen bei der Theaterkasse Essen.<br />
Redaktion und Grafik<br />
Zimmermann Editorial GmbH, Köln<br />
Schriften<br />
Franziska Pro, Organika, TheSans<br />
Bildbearbeitung & Reinzeichnung<br />
purpur GmbH, Köln<br />
Druck<br />
WOESTE DRUCK + VERLAG GmbH & Co. KG,<br />
Essen<br />
Papier<br />
Circle Offset Premium White<br />
Umweltschutz<br />
Das Mitarbeitermagazin wird auf<br />
Recycling-Papier gedruckt, das zu 100<br />
Prozent aus Altpapier hergestellt wird.<br />
Das Papier ist FSC®-zertifiziert und ausgezeichnet<br />
mit dem Blauen Engel und<br />
dem EU-Ecolabel.<br />
Titelfoto: Jens Pussel<br />
Fragen und Anregungen?<br />
@universitaetsmedizinessen<br />
@UniklinikEssen<br />
@ukessen<br />
Universitätsklinikum Essen<br />
www.uk-essen.de<br />
Print<br />
maz@uk-essen.de<br />
kompensiert<br />
Id-Nr. 1871728<br />
www.bvdm-online.de<br />
4<br />
Wollen Sie auch mitmachen? Schreiben Sie an maz@uk-essen.de<br />
5
wissen | Meldungen<br />
Die Forschungsfrage<br />
WAS IST EIGENTLICH ...<br />
EIN ADIPOSITAS-SIMULATOR?<br />
STUDIEN-<br />
TICKER<br />
„ETHISCHES NEULAND“<br />
Fragen an Prof. Dr. Stefan Heinemann, Professor<br />
für Wirtschaftsethik an der FOM Hochschule<br />
und Sprecher der Ethik-Ellipse Smart Hospital,<br />
Universitätsmedizin Essen<br />
Was verbirgt sich hinter der Ethik-Ellipse<br />
Smart Hospital?<br />
Eine Ellipse ist bekanntlich kein Kreis. Und das deutet<br />
schon sprachlich an, dass man bei dem Thema Ethik<br />
und Smart Hospital auch Neuland betritt. Zu der Frage,<br />
welche Potenziale, aber auch moralischen Risiken<br />
eine digital transformierte, institutionelle Medizin hat,<br />
ist ein Dialogprozess notwendig. Und den führen wir<br />
in diesem Gremium, gemeinsam mit Medizinern und<br />
Akteuren weiterer Disziplinen und hausinterner Gremien.<br />
Denn die Medizin verändert sich tiefgreifend.<br />
Um welche Fragen geht es?<br />
Zum Beispiel: Ist alles, was digital machbar ist, auch<br />
ethisch verantwortbar in der Medizin? Welche Rolle<br />
sollten Patienten in der digitalen Medizin spielen? Wie<br />
sollten wir mit digitalen Patientendaten umgehen?<br />
Es wird viele Fragen geben und bei weitem nicht auf<br />
alle eine konsensfähige Antwort. Und doch müssen sie<br />
gestellt werden.<br />
Was bedeutet für Sie der Begriff Smart Hospital?<br />
Ein Smart Hospital schafft die Rahmenbedingungen<br />
für eine nachhaltig innovative, integre und wirtschaftlich<br />
solide spitzenmedizinische Krankenversorgung.<br />
Es gestaltet als Partner der Patienten deren Prävention<br />
und Nachsorge digital innovativ, also individuell und<br />
gleichzeitig skalierbar, und ist ein Ort gelingender Arbeitswelten.<br />
Die Digitalisierung darf dabei kein Selbstzweck<br />
sein, denn sie kann gute und weniger gute<br />
Dinge bewirken. Wir sollten die erste Option wählen.<br />
MEHR<br />
ALS<br />
MAL<br />
Malen<br />
frühgeborene<br />
Kinder<br />
anders als<br />
reifgeborene?<br />
Kritzeln für die Forschung: In der Klinik für Kinderheilkunde<br />
1 untersucht Anne-Kathrin Dathe gerade mit<br />
fünf- und sechsjährigen Probanden, welchen Einfluss<br />
eine frühe Geburt darauf hat, wie Kinder Malen und<br />
Schreiben lernen. Aus früheren Studien wisse man,<br />
dass viele ehemalige Frühchen bei Feinmotorik und<br />
Sehverarbeitung Auffälligkeiten zeigen, sagt die Diplom-Ergotherapeutin.<br />
„Mich interessiert, ob und wie<br />
sich dies auf das Malen und Schreiben auswirkt.“ Im<br />
Rahmen ihrer Doktorarbeit bittet sie dafür noch bis<br />
August 120 Kinder an den Maltisch.<br />
wurden die<br />
Studien von<br />
Prof. Dr. Dirk<br />
Schadendorf,<br />
Direktor der<br />
Klinik für Dermatologie,<br />
laut<br />
Ranking des<br />
renommierten<br />
„Laborjournals“<br />
2017 zitiert.<br />
Damit ist der<br />
Onkologe der<br />
meistzitierte<br />
Krebsforscher<br />
Deutschlands.<br />
370.000<br />
OBJEKTTRÄGER<br />
mit Gewebeschnitten<br />
produziert die Pathologie<br />
des Universitätsklinikums<br />
Essen jedes Jahr.<br />
Aufbewahrt werden sie<br />
20 Jahre.<br />
FOTOS: UNIVERSITÄTSMEDIZIN ESSEN, PRIVAT, UNIVERSITÄT DUISBURG-ESSEN<br />
Um Ärzte von morgen auf den Umgang mit Adipositas-Patienten<br />
vorzubereiten, simulieren die Studierenden zusammen mit<br />
ausgebildeten Simulations-Patienten das Leben in XXL am<br />
eigenen Leibe.<br />
An- und Ausziehen mit Übergewicht ist ganz schön anstrengend, vor allem das Schuheschnüren.<br />
Um das nachzuempfinden, verhilft ein Adipositas-Simulator zu einer Figur,<br />
wie sie Menschen mit einem Body-Mass-Index von 40 haben. Auf Bauch, Rücken und<br />
Oberschenkeln wurden Justin Marsiglia (Foto), Schauspieler und Simulations-Patient am<br />
UK Essen, rund 20 Kilogramm Gewichte angehängt. Darüber kommt ein voluminöser<br />
Ganzkörperanzug aus Schaumstoff plus Kleidung in Übergröße. „Zu erfahren, wie man<br />
sich mit starkem Übergewicht fühlt und wie einem andere gegenübertreten, ruft eine ganz<br />
andere Empathie für Menschen mit Adipositas hervor“, sagt Christine Harrell, Leiterin<br />
Kommunikation und Marketing.<br />
Blutstammzellen aus<br />
dem Labor<br />
Wie könnte man Patienten mit<br />
Bluterkrankungen helfen, die<br />
keinen passenden Stammzellspender<br />
finden? Womöglich irgendwann<br />
mit Stammzellen aus<br />
dem Labor. Dieser medizinischen<br />
Revolution sind Dr. Hannes<br />
Klump und seine Arbeitsgruppe<br />
vom Institut für Transfusionsmedizin<br />
einen Schritt nähergekommen:<br />
Die Forscher ahmten die<br />
natürliche Embryonalentwicklung<br />
in der Zellkulturschale nach<br />
und zeigten, dass ein bestimmtes<br />
„Schalterprotein“ das genetische<br />
Programm für die Bildung<br />
von Blutstammzellen in Zellen<br />
hochfährt. Ließe sich diese Beobachtung<br />
in größerem Maßstab<br />
umsetzen, könnten frühe Blutstammzellen<br />
für jeden Patienten<br />
individuell produziert werden.<br />
Enzym zerstört<br />
Nervenzellen<br />
Warum reagiert das Gehirn so<br />
katastrophal auf Sauerstoffmangel?<br />
Schuld daran ist das Enzym<br />
NOX4 – so das Ergebnis der<br />
Studie, die Prof. Dr. Christoph<br />
Kleinschnitz und sein Team<br />
von der Klinik für Neurologie<br />
zusammen mit Maastrichter<br />
Kollegen veröffentlicht haben.<br />
NOX4 zerstört demnach die Blut-<br />
Hirn-Schranke, die das Gehirn<br />
vor Infektionen schützt, und löst<br />
eine Art Selbstzerstörungsmechanismus<br />
in Nervenzellen aus.<br />
„Wird das Gen jedoch nach dem<br />
Schlaganfall medikamentös gehemmt,<br />
bleibt das Gehirngewebe<br />
intakt“, sagt Kleinschnitz. „Diese<br />
Erkenntnisse eröffnen neue Perspektiven<br />
für die Therapie.“<br />
6 7
wissen | Schwerpunkt<br />
8<br />
ZUR UNIVERSITÄTSMEDIZIN ESSEN<br />
GEHÖREN 13 EINRICHTUNGEN:<br />
_Universitätsklinikum Essen<br />
_Ruhrlandklinik<br />
_St. Josef Krankenhaus Werden<br />
_Herzchirurgie Huttrop<br />
_Westdeutsches Protonentherapiezentrum (WPE)<br />
_Krankenhaus St. Josef Service-Gesellschaft<br />
_Christliches Hospiz Essen-Werden<br />
_Ambulantes Lungenzentrum Essen<br />
_Institut für PatientenErleben<br />
_Westdeutsche Gesellschaft für<br />
Medizinische Organisation<br />
_Westdeutsche Spenderzentrale Essen<br />
_Universitätsklinikum Essen Gebäudeservice-Gesellschaft<br />
_Universitätsklinikum Essen Dienstleistungs-Gesellschaft<br />
ILLUSTRIERT VON<br />
MATTHIAS SEIFARTH<br />
Eins plus<br />
zwölf<br />
gleich eins<br />
Mit Größe und breiter Aufstellung<br />
will die Universitätsmedizin<br />
Essen neue Kraft entfalten.<br />
Eine kurze Besprechung, schnell einige<br />
Präparate einsammeln, dann muss<br />
Prof. Dirk Theegarten auch schon los.<br />
Fast jeden Morgen geht das so. Der Arbeitstag<br />
beginnt in der Pathologie der<br />
Universitätsklinik, dann fährt er zur Ruhrlandklinik<br />
nach Heidhausen und irgendwann am Nachmittag<br />
geht’s wieder zurück in die Uniklinik. Theegarten ist<br />
eine Art Außenposten und ein lebendiges Beispiel<br />
für das Zusammenspiel von Universitätsklinik und<br />
Tochtergesellschaften. Der Pathologe ist Lungenexperte<br />
und steht tagtäglich in der Ruhrlandklinik<br />
auf Abruf für Operateure, die einen Schnellschnitt<br />
benötigen. „Da zählt jede Minute. Wenn wir die Gewebeproben<br />
mit dem Kurier zwischen den Kliniken<br />
hin- und herfahren müssten, würde das viel zu lange<br />
dauern.“ Also fährt Theegarten – morgens hin und<br />
nachmittags zurück.<br />
Theegarten ist ein Paradebeispiel für die Idee<br />
der Universitätsmedizin Essen. Die Universitätsklinik<br />
und ihre insgesamt zwölf Tochter- und Enkelunternehmen<br />
befinden sich im Umbruch – wie die<br />
Medizin insgesamt. „Wir erleben gerade den größten<br />
Innovationssprung in der Geschichte der Medizin“,<br />
prophezeit Prof. Dr. Jochen A. Werner. „Und wo wir<br />
9
wissen | Schwerpunkt<br />
in zehn Jahren stehen, entscheidet sich jetzt.“ Die<br />
Veränderung allein auf die Digitalisierung zu reduzieren,<br />
wird der Situation nicht gerecht. Es geht um<br />
mehr: wachsende Erwartungen der Patienten, Kostendruck,<br />
intensiverer Wettbewerb, regional und lokal,<br />
und nicht zuletzt: die Attraktivität des Arbeitsplatzes.<br />
Mehr als eine Marke<br />
Dass ein „Weiter so“ kein gutes Rezept ist, zeigt sich<br />
allein an der Wettbewerbssituation. Neben den<br />
sechs Landes-Universitätskliniken Aachen, Bonn,<br />
Köln, Düsseldorf, Münster und Essen sorgen zusätzlich<br />
das Bochumer Modell, die Kooperation von<br />
Siegen und Bonn, die Kombination Privatuniversität<br />
Witten-Herdecke/Heliosklinik Wuppertal und die<br />
neue Medizinische Fakultät Bielefeld für Konkurrenz<br />
in Nordrhein-Westfalen. „Wir müssen uns in<br />
diesem Umfeld selbstbewusst behaupten“, so Werner.<br />
An diesem Punkt kommen Menschen wie Dirk<br />
Theegarten ins Spiel. Denn zentraler Faktor sind ein<br />
neues Selbstverständnis und ein neuer Gemeinsinn.<br />
Werner: „Wir alle zusammen, die Uniklinik und die<br />
Tochtergesellschaften, sind die Universitätsmedizin<br />
Essen. Das wollen wir künftig betonen und leben.“<br />
Die Universitätsmedizin Essen soll dabei mehr<br />
sein als eine Marke. Es gilt, Größenvorteile auszuspielen,<br />
die Breite der fachlichen Kompetenz aller<br />
Kliniken und Institute zu nutzen, Synergien zwischen<br />
den Kliniken zu heben und effizient für alle<br />
Einrichtungen gemeinsam zu investieren. Beispiel<br />
Digitalisierung: Eine elektronische Patientenakte<br />
einzuführen oder in eine digitale Anamnese zu<br />
Pro Jahr behandelt<br />
die Universitätsmedizin<br />
Essen über 70.000 Patienten<br />
in 1.700 Betten stationär, mehr<br />
als 300.000 werden ambulant<br />
therapiert. Über 8.200 Beschäftigte<br />
unterschiedlichster Disziplinen<br />
arbeiten in 27 Kliniken und<br />
24 Instituten.<br />
investieren – oder beides zugleich – ist für ein Krankenhaus<br />
allein kaum zu stemmen. Für den Verbund<br />
aus Universitätsklinik und Tochtergesellschaften<br />
aber ist die Rechnung eine andere. Beispiel Kompetenzen:<br />
Ein eigener Lungenpathologe wäre für die<br />
Ruhrlandklinik zu kostspielig. Im Zusammenspiel<br />
mit der Universitätsklinik aber können Schnellschnitte<br />
auch in der Ruhrlandklinik analysiert<br />
werden. Genauso verfahren beide Kliniken in der<br />
Onkologie und Radiologie, auch hier stellt die Universitätsklinik<br />
Experten ab. Umgekehrt arbeiten die<br />
Lungenexperten beider Standorte bei Lungentransplantationen<br />
zusammen.<br />
Auch aktuelle Vorhaben wie das neue Logistikund<br />
Versorgungszentrum, Investitionen in Aus- und<br />
Weiterbildung oder neue Herausforderungen in der<br />
Notfallmedizin kann man in größerem Kontext effizienter<br />
angehen. Das Ganze, also das Wohl der Universitätsmedizin<br />
Essen, soll künftig das Denken und<br />
Handeln bestimmen, nicht die Partikularinteressen<br />
einzelner Kliniken oder Fachbereiche. „Unterm<br />
Strich zählt das Ergebnis der Universitätsmedizin<br />
Essen insgesamt, nicht das der einzelnen Klinik“,<br />
sagt Thorsten Kaatze, unser Kaufmännischer Vorstand.<br />
Entsprechend soll es künftig darum gehen,<br />
wie etwa Patientenströme intelligent über alle Häuser<br />
hinweg gesteuert werden können und so die<br />
Idee des Smart Hospital erlebbar wird.<br />
Voraussetzung für all das ist eine immer engere<br />
Verzahnung, technisch wie menschlich. Technisch<br />
werden zum Beispiel gemeinsame Krankenhausinformationssysteme<br />
oder die elektronische<br />
Patientenakte die Basis legen. „Aber wir läuten auch<br />
einen Kulturwandel ein. Smart Hospital und Digi-<br />
FOTO: MARTIN KAISER<br />
talisierung sind keine technologischen Fragen, die<br />
wir an eine IT-Abteilung delegieren können“, sagt<br />
Jochen Werner. „Wir alle müssen unser Verhalten<br />
ändern und über den Tellerrand hinausblicken.“<br />
Zeit ist in der aktuellen Entwicklung ein begrenztes<br />
Gut. Der Wettbewerb schläft nicht und<br />
die aktuellen Vorhaben sind zahlreich. Noch immer<br />
fehlen eine Erwachsenen-Psychiatrie oder eine Kinder-<br />
und Jugendpsychiatrie im Portfolio, ebenso die<br />
Kiefer-, Mund- und Gesichtschirurgie, die Psychosomatik<br />
und eine Kinderkardiologie. Als Universitätsmedizin,<br />
urteilt Werner, „sind wir inkomplett“.<br />
Die vielen laufenden Bauprojekte zeigen an, dass es<br />
Lücken zu schließen gibt (siehe Seite 20). Eine andere<br />
Baustelle ist die Qualität der Arbeitsplätze. Auch<br />
hier setzt die Idee des Smart Hospital Impulse. „Das<br />
Smart Hospital dient dem Wohl der Patienten und<br />
verbesserten Arbeitsbedingungen. Wenn wir auch<br />
künftig die Besten für uns gewinnen wollen, dann<br />
müssen wir auch ein attraktiver Arbeitgeber sein.“<br />
Die Bauprojekte<br />
zeigen an, dass<br />
es Lücken zu<br />
schließen gilt.<br />
Ein weiterer Differenzierungsfaktor der Universitätsmedizin<br />
Essen könnte das Institut für PatientenErleben<br />
werden (siehe Seite 22). Es ist bislang<br />
beispiellos in seinem Ansatz, klinische Versorgung<br />
komplett aus der Perspektive der Patienten heraus<br />
zu denken. „Wir sind in vielen Bereichen führend<br />
oder vorn mit dabei“, so Werner. „Das gilt auch für<br />
Forschung und Lehre.“ Aber in einigen Feldern gebe<br />
es auch noch viel zu tun. „Klar ist: All die Herausforderungen<br />
stemmt keine unserer Kliniken allein. Zusammen<br />
aber, als Universitätsmedizin Essen, können<br />
wir den entscheidenden Unterschied machen.“<br />
Dirk Theegarten und das Laborpersonal der<br />
Ruhrlandklinik erleben täglich, wie konstruktive<br />
Zusammenarbeit aussehen kann. Und auch zwischenmenschlich<br />
klappt's: Wenn in Heidhausen<br />
gefeiert wird oder ein Betriebsausflug ansteht, bekommt<br />
Theegarten immer eine Einladung.<br />
ARMIN DE GREIFF ist Technischer Direktor der ZIT.<br />
IT FÜR ALLE<br />
Ab Oktober gibt´s nur noch ein System.<br />
DHL Paketverfolgung, Google Maps, Siri. „Wenn das bei<br />
mir privat klappt, warum dann nicht hier?“ Die Antwort:<br />
Wo man zum Beispiel daheim eine Fritz-Box installiert<br />
hat, gibt es in der Universitätsmedizin Essen gut 1.700<br />
Empfangspunkte für das Internet. 1.700 statt eine Stelle,<br />
die mal nicht funktionieren kann. Und wo daheim<br />
mal ein Kind unbedacht eine falsche Mail geöffnet hat,<br />
sind es im Unternehmen über 7.000 Nutzer. Für Armin<br />
de Greiff, den Technischen Direktor der ZIT, ändert das<br />
nichts am Anspruch, dass IT vieles leichter, effizienter<br />
und sicherer machen soll. Die derzeit größten Baustellen<br />
sind die Einführung der elektronischen Patientenakte<br />
und die Harmonisierung der Krankenhausinformationssysteme<br />
(KIS). „Ab Oktober werden wir in allen<br />
Kliniken mit demselben System arbeiten“, freut sich<br />
de Greiff. Damit ist dann die Grundlage gelegt für die<br />
klinikübergreifende Verfügbarkeit und das Nutzen von<br />
Daten. Aber nur, wenn auch überall nach denselben<br />
Vorgaben Daten erhoben und erfasst werden, wird die<br />
Vernetzung wirksam und Vergleichbarkeit hergestellt.<br />
Deshalb soll an allen Standorten ein identisches Merkmal<br />
in der Fieberkurve ein Patientenrisiko beschreiben,<br />
die gleiche Bezeichnung z.B. für eine Röntgenthoraxuntersuchung<br />
verwendet werden und die Dokumentation<br />
der Tumorzentren einheitlichen Standards genügen.<br />
Noch in diesem Jahr wird die Einführung der<br />
elektronischen Patientenakte abgeschlossen sein. Der<br />
Wandel wird unterstützt durch eine Einarbeitung neuer<br />
Beschäftigter noch vor dem ersten Arbeitseinsatz.<br />
Sogenannte EPA-Trainer werden vor Ort notfalls auch<br />
nachts und am Wochenende die Eingewöhnung erleichtern.<br />
Als weiteres Leuchtturmprojekt soll die neue<br />
zentrale Notaufnahme die Möglichkeiten digitalisierter<br />
Prozesse demonstrieren, in dem z.B. Daten aus dem<br />
Rettungswagen noch vor Ankunft der Patienten digital<br />
übermittelt werden. Zukunftsmusik, für die die Noten<br />
schon geschrieben sind.<br />
10<br />
11
wissen | Schwerpunkt<br />
PROF. DR. JOCHEN A.<br />
WERNER sieht Essen an der<br />
Spitze der Bewegung.<br />
„Wir brauchen Teamgeist<br />
und Lösungsfinder“<br />
Prof. Dr. Jochen A. Werner,<br />
Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender,<br />
über die Universitätsmedizin<br />
Essen und den Wandel<br />
zum Smart Hospital<br />
Herr Prof. Werner, wir sollen künftig alle<br />
von der Universitätsmedizin Essen sprechen.<br />
Warum macht das einen Unterschied?<br />
Jochen A. Werner: Das Sprechen allein macht natürlich<br />
keinen Unterschied. Wir wollen vielmehr als Universitätsmedizin<br />
handeln. Das macht den Unterschied.<br />
Was wir derzeit und in den nächsten Jahren erleben,<br />
ist historisch. Einen Wandel wie den aktuellen hat es in<br />
der Medizin noch nicht gegeben. Digitalisierung, Künstliche<br />
Intelligenz und Robotik werden den Klinikalltag<br />
und übrigens auch Forschung und Lehre auf den Kopf<br />
stellen. Unser aller Arbeitsumfeld wird sich tiefgreifend<br />
wandeln. Und diese Umwälzungen sind so grundlegend,<br />
dass sie keine Klinik im Alleingang bewältigen kann.<br />
Wenn wir uns aber alle, die Uniklinik mit all ihren Töchtern,<br />
als Einheit verstehen und die einzelnen Häuser im<br />
Sinne des Ganzen handeln, nämlich der Universitätsmedizin,<br />
dann werden wir hier eine Erfolgsstory schreiben.<br />
Was ist der Schlüssel zum Erfolg?<br />
Werner: Dem Smart Hospital gehört die Zukunft und<br />
diese müssen wir jetzt gestalten. Dabei dürfen wir keine<br />
Zeit verlieren. Wenn wir uns aufhalten mit Klein-Klein-<br />
Denken, mit Konflikten zwischen Medizin und Pflege,<br />
mit Eitelkeiten und Bereichs-Egoismen oder mit Streitigkeiten,<br />
was wo ab- oder zugebucht wird, dann werden<br />
wir abgehängt. Wir müssen uns also schnell als Universitätsmedizin<br />
Essen aufstellen, verstehen und als solche<br />
handeln – gemeinsam für das große Ziel.<br />
Fehlt uns noch die richtige Mentalität für<br />
den Wandel?<br />
Werner: Wir brauchen in jedem Fall eine Veränderung<br />
im Umgang miteinander. Wir müssen verständnisvoller,<br />
kommunikativer und kooperativer werden. Wir haben<br />
zuletzt auf unserem Führungskräftetreffen darüber<br />
Klartext gesprochen. Gewisse Konflikte sind einfach<br />
nicht akzeptabel. Es ist gut und richtig, wenn jeder für<br />
seinen Bereich das Beste anstrebt. Aber das darf nicht<br />
im Gegeneinander geschehen, sondern nur zusammen<br />
für das Ganze. Wenn wir uns gegenseitig auf die Füße<br />
treten, kommen wir nicht vom Fleck. Ich wünsche mir,<br />
dass wir uns alle auf Augenhöhe begegnen. Es gibt in<br />
der Universitätsmedizin keine Guten und Schlechten<br />
und keine Unterscheidung in profitable und unprofitable<br />
Bereiche. Es gibt die Universitätsmedizin Essen, die im<br />
Ganzen in eine neue Zeit aufbricht, und dazu sollen alle<br />
ihren Beitrag leisten.<br />
Aus Management-Perspektive ist das alles<br />
verständlich. Aber die Beschäftigten fragen:<br />
„Was bedeutet das für mich?“<br />
Werner: Das Smart Hospital verfolgt zwei Ziele. Erstens:<br />
bessere Versorgung für und mehr Konzentration auf<br />
den Patienten. Zweitens: bessere Arbeitsbedingungen<br />
für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie werden<br />
durch die Digitalisierung entlastet von patientenfernen<br />
Aufgaben, etwa der Administration. Und haben dadurch<br />
wieder mehr Zeit für die Menschen. Wir investieren in<br />
FOTO: THOMAS X. STOLL<br />
Arbeitsplätze, die dem Stand von Wissen und Technologie<br />
entsprechen, und in Arbeitsprozesse, die es uns ermöglichen,<br />
unserem eigentlichen Anspruch gerecht zu<br />
werden: Spitzenmedizin und Menschlichkeit.<br />
Gibt es konkrete Beispiele, wie Beschäftigte<br />
profitieren?<br />
Werner: Die Transformation des Gesundheitswesens<br />
stellt ganz umfassend neue Anforderungen an Medizin<br />
und Pflege. Deshalb arbeiten wir zum Beispiel am Aufbau<br />
eines modernen Trainingszentrums, um die Qualität<br />
von Aus- und Weiterbildung zu steigern. Es wird<br />
neue Berufsbilder geben wie Digital Health Manager.<br />
Wir werden dafür sorgen, dass diese neuen Berufe bei<br />
uns einen Platz haben. So entstehen neue spannende<br />
Perspektiven. Und natürlich wird auch die elektronische<br />
Patientenakte, die wir im Laufe des Sommers einführen,<br />
ein Meilenstein für Patienten und Beschäftigte. Dazu<br />
kommen mittelfristig die Möglichkeiten der Künstlichen<br />
Intelligenz, aber auch beispielsweise Roboter zur Entlastung<br />
von körperlich schweren Arbeiten – gerade in der<br />
Pflege. Das alles ist keine Zukunftsmusik, sondern wird<br />
in wenigen Jahren zum Klinikalltag gehören.<br />
Sind wir gut gerüstet für den Wandel?<br />
Werner: Wir sind ja schon mittendrin. Schauen Sie sich<br />
nur die zahlreichen Bauprojekte an. Die elektronische<br />
Patientenakte kommt. Wir sind gerade in den Vorbereitungen<br />
für ein digitalisiertes Service- und Informationscenter,<br />
das unsere Erreichbarkeit für Patienten und<br />
Zuweiser deutlich verbessern und vor allem die Ambulanzen<br />
vom Großteil der telefonischen Tätigkeiten<br />
entlasten wird. Das ist wirklich ein Quantensprung für<br />
uns. Und das sind nur einige Beispiele. Es ist schon viel<br />
auf dem Weg. Wir müssen das alles jetzt mit Dynamik<br />
weiterverfolgen. Und dafür braucht es eine nach vorn<br />
gerichtete, positive Einstellung aller. Für diesen Veränderungsprozess<br />
braucht es Teamgeist und Lösungsfinder.<br />
Keine Bedenkenträger, sondern Zupacker sind gefragt.<br />
Parallel zur Veränderung muss aber auch der<br />
Alltag bewältigt werden.<br />
Werner: Mir ist bewusst, dass das eine immense Herausforderung<br />
ist. Viele Mitarbeiter gehen an ihre Grenzen<br />
und nicht wenige darüber hinaus, die Belastung ist zum<br />
Teil enorm. Alle unsere Anstrengungen Richtung Smart<br />
Hospital sind aber eine Antwort auf die aktuellen Herausforderungen.<br />
Das geht nicht von heute auf morgen,<br />
aber klar ist: Wenn wir den Weg wirklich konsequent<br />
gehen, Prozesse definieren und digitalisieren, über alle<br />
unsere Häuser hinweg unsere Kompetenzen und Stärken<br />
zusammenbringen, Patientenströme sinnvoll organisieren,<br />
dann werden wir auch bei der Arbeitsqualität<br />
einen großen Sprung nach vorne machen.<br />
Was wünschen Sie sich von Beschäftigten und<br />
Führungskräften?<br />
Werner: Dass sie konstruktiv mitmachen und nach Lösungen<br />
suchen statt nur Mängel zu beklagen. Ich weiß,<br />
dass längst noch nicht alles perfekt ist und wir noch<br />
viel Arbeit vor uns haben. Aber wir sind auf dem richtigen<br />
Weg. Ich wünsche mir eine Universitätsmedizin,<br />
die sich ihrer Stärken bewusst ist und sie voll ausspielt.<br />
Das müssen wir allein schon vor dem Hintergrund des<br />
starken Wettbewerbs, in dem wir uns befinden. Ich habe<br />
in meiner Laufbahn ja schon einiges gesehen und kann<br />
vergleichen. Und daher kann ich mit Überzeugung sagen:<br />
Wir brauchen uns vor niemandem zu verstecken!<br />
12 13
wissen | Pflege<br />
Wie die Pflege<br />
Mein Thema<br />
Schmerz, lass nach!<br />
mit der Zeit geht<br />
Neue Diagnosen und Therapien sorgen<br />
in der Onkologie für ständige Optimierung<br />
auch der Pflege<br />
Im Westdeutschen Tumorzentrum (WTZ), in der Abteilung<br />
Entwicklung und Forschung Pflege, arbeitet man<br />
mal wieder gegen die Zeit. So wie eigentlich immer.<br />
In kaum einem medizinischen Fachgebiet vollziehen sich<br />
die Fortschritte in Diagnose und Therapie so schnell wie<br />
in der Onkologie. Und das hat Folgen auch für die Pflege:<br />
„Wir haben es fast alle sechs Monate mit neuen Substanzen<br />
zu tun“, berichtet Rita Bodenmüller-Kroll, Fachkrankenschwester<br />
Onkologie und Pflegeexpertin. „Und jede neue<br />
Substanz bedeutet auch eine Veränderung in der Betreuung.“<br />
Je nachdem, wie sehr sich dann zum Beispiel die Betreuung<br />
der Patienten von der Klinik in den ambulanten<br />
Bereich verschiebt, werden Schulungen für Patienten und<br />
Fortbildungen für Beschäftigte notwendig.<br />
Im WTZ, das NRW-weit als einziges onkologisches<br />
Spitzenzentrum ausgezeichnet ist, sind die Ansprüche besonders<br />
hoch. Zum Beispiel, was die Akademisierung in<br />
der Pflege und den Einsatz der so genannten Advanced<br />
Nurse Practioner betrifft, also der akademisch ausgebildeten<br />
Pflegekräfte. Sie verstärkt und gezielt einzusetzen ist<br />
ausgewiesenes Ziel in der onkologischen Pflege. Bodenmüller-Kroll:<br />
„Wir müssen die akademischen Pflegekräfte<br />
für uns gewinnen und fokussiert in Bereichen mit hochkomplexer<br />
Pflege einsetzen.“ Auch durch die Zertifizierung<br />
nach OnkoZert werden Quoten für fachweitergebildetes<br />
Personal festgelegt. Außerhalb des WTZ sorgen besondere<br />
Strukturen wie ein onkologischer Konsildienst dafür, dass<br />
Fachexperten jederzeit hinzugezogen werden können.<br />
Rita Bodenmüller-Kroll und ihre Kolleginnen und<br />
Kollegen arbeiten derzeit daran, die Unterlagen für das<br />
nächste Audit von OnkoZert fertigzustellen. Acht Prüfer<br />
werden im September volle zwei Tage im WTZ verbringen<br />
und auch den Fachpflegekräften auf die Finger schauen:<br />
Finden Pflegevisiten statt? Werden Expertenstandards im<br />
Bereich Schmerz und Sturz eingehalten? Wie steht es um<br />
die Verabreichung der Medikation? Das alljährliche Audit<br />
von OnkoZert ist Voraussetzung, damit sich das WTZ auch<br />
künftig onkologisches Spitzenzentrum nennen darf. Entsprechend<br />
ernst gehen Bodenmüller-Kroll und ihr Team ans<br />
Werk. Dabei wirken sie längst über die Grenzen des WTZ<br />
hinaus: Mitte letzten Jahres wurde eine Arbeits gruppe mit<br />
Experten der Pflege aus der gesamten<br />
Universitätsmedizin Essen ins Leben<br />
gerufen, um die Qualität der Pflege in<br />
der Onkologie insgesamt in den Blick<br />
zu nehmen.<br />
RITA BODENMÜLLER-KROLL<br />
ist Fachkranken schwester<br />
Onkologie und Pflegeexpertin<br />
im WTZ.<br />
FOTO: DGN/MARKUS TEDESKINO<br />
Erwartungen beeinflussen, wie<br />
Medikamente wirken. Prof. Dr.<br />
Ulrike Bingel nutzt das in ihrer<br />
Arbeit mit Patienten.<br />
Dass Ulrike Bingel wieder in Essen forscht,<br />
„ist ein Glücksfall“, wie die Professorin an<br />
der Klinik für Neurologie des Universitätsklinikums<br />
Essen selbst sagt. Zum einen, weil sich<br />
für die gebürtige Essenerin nach Jahren in Hamburg<br />
und Oxford biografisch ein Kreis geschlossen hat.<br />
Zum anderen, weil seit ihrer Berufung ans Universitätsklinikum<br />
Essen 2013 auch beruflich zusammenfindet,<br />
was zusammengehört. „Es ist eine schöne<br />
Fügung, dass ich nicht nur die Forschungsprofessur<br />
für klinische Neurowissenschaften mit einem<br />
Schwerpunkt auf den Themen Schmerz und Placebo<br />
besetze, sondern auch das Rückenschmerzzentrum<br />
und die Schmerzambulanz leite“, sagt Bingel. Theorie<br />
und Praxis – beim Thema Placebo und Schmerz<br />
greifen sie ideal ineinander.<br />
Warum Pillen oder Spritzen wirken können,<br />
auch wenn sie keinen Wirkstoff enthalten, diese<br />
Frage interessiert Bingel seit Jahren. In mehreren<br />
Studien konnten die 43-Jährige und ihr Team zeigen,<br />
wie sehr die Erwartungshaltung darüber bestimmt,<br />
ob ein Schmerzmittel anschlägt oder nicht. „Positive<br />
Erwartung kann die Wirkung mehr als verdoppeln,<br />
und gegen eine negative Erwartung kommt manchmal<br />
selbst ein potentes Opioid nicht an.“<br />
Bei der Frage, wie Placebos (lat.: „Ich werde gefallen“)<br />
oder Nocebos (lat.: „Ich werde schaden“) die<br />
Wirkung von „echten“ Medikamenten beeinflussen,<br />
leisten die Forschungen der Essener „Arbeitsgruppe<br />
Bingel“ Pionierarbeit. Für eine Studie von 2017<br />
etwa behandelte ihr Team 200 Gesunde mit einer<br />
schmerzlindernden Creme, bevor die betroffenen<br />
Stellen Hitzereizen ausgesetzt wurden. Tatsächlich<br />
„wirkte“ die Creme je nach individueller Erwartung<br />
und vor allem Vorerfahrung anders – ein Fakt, der<br />
auch im Magnetresonanztomografen sichtbar gemacht<br />
werden kann.<br />
PROF. DR. ULRIKE BINGEL ist<br />
W3-Professorin für Klinische Neurowissenschaften,<br />
leitet die Arbeitsgruppe<br />
„Schmerz & Kognition“, das Rückenschmerzzentrum<br />
und die Schmerzambulanz<br />
der Klinik für Neurologie am<br />
Universitätsklinikum Essen.<br />
„Wir Ärzte denken immer, dass es nur um die Zusammensetzung<br />
und Dosis eines Medikaments<br />
geht, das ist es aber nicht nur“, sagt Bingel. Die Erkenntnis,<br />
dass es eben auch auf das „Wie“ der Medikamentengabe<br />
ankommt, kann sie als Leiterin<br />
des Rückenschmerzzentrums und der Schmerzambulanz<br />
direkt praktisch umsetzen. „Wir legen viel<br />
Wert darauf, Patienten die Angst vor einer Behandlung<br />
zu nehmen“, sagt Bingel. Gleichzeitig beobachtet<br />
sie in der Arbeit mit Patienten auch vieles, das<br />
sie wieder mit in die Grundlagenforschung nimmt.<br />
„Zum Beispiel hat mich eine Patientengeschichte<br />
auf die Idee gebracht, dass Medikamente, die nach<br />
etwas schmecken, besser wirken als Pillen ohne Geschmack.“<br />
Ob auch hier der Placebo-Effekt am Werk<br />
ist, untersucht sie gerade in einer neuen Studie.<br />
14<br />
15
machen | Meldungen<br />
WAS MACHT EIGENTLICH ...<br />
EINE TUMOR DOKUMENTARIN?<br />
Anete Matisa ist Koordinatorin der<br />
Tumordokumentare am Universitätsklinikum<br />
Essen.<br />
Frau Matisa, was gehört zu Ihren Aufgaben?<br />
Zum einen dokumentieren wir alle Krebserkrankungen,<br />
die in unseren Kliniken behandelt werden.<br />
Das ist gesetzliche Vorgabe. Wir pflegen Daten zu<br />
Diagnose, Therapie und Krankheitsverlauf in die<br />
hauseigene Datenbank ein. Von dort werden die<br />
Daten zum klinischen Krebsregister geleitet und<br />
anschließend ans Landeskrebsregister NRW übermittelt.<br />
Unsere zweite Aufgabe ist, die wöchentlich<br />
stattfindenden Tumorkonferenzen vorzubereiten<br />
und zusammenzufassen.<br />
Was passiert mit den Daten aus der Datenbank?<br />
Die werden auch für die Klinik intern verwendet,<br />
zum Beispiel für Zertifizierungsvorhaben, Anträge<br />
für Drittmittelausschreibungen und Forschungsarbeit.<br />
Die notwendigen Daten für solche Zwecke<br />
zusammenzustellen zählt auch zu den Aufgaben<br />
der Tumordokumentare.<br />
Was für eine Ausbildung brauchen<br />
Tumordokumentare?<br />
Das Berufsbild der Tumordokumentationsassistenz<br />
ist relativ neu, deshalb gibt es bei uns einige<br />
Quereinsteiger und Quereinsteigerinnen, die eine<br />
Weiterbildung absolviert haben. Der übliche Weg<br />
ist eine zwei- bis dreijährige Ausbildung für Fachangestellte<br />
für Medien- und Informationsdienste oder<br />
zur medizinischen Dokumentationsassistenz.<br />
news-ticker<br />
WTZ KOOPERIERT MIT KÖLN<br />
Die onkologischen Spitzenzentren der Universitätsmedizin<br />
Essen und des Universitätsklinikums Köln arbeiten künftig<br />
eng zusammen. Ende Januar unterzeichneten die beiden<br />
Unternehmen eine Vereinbarung, zusammen das Cancer<br />
Center Cologne Essen (CCCE) zu bilden. Die Partnerschaft<br />
soll Verbesserungen für Patienten bringen und exzellente<br />
Forschung, Lehre und Weiterbildung in der Krebsmedizin<br />
ermöglichen. Bereits heute arbeiten im Westdeutschen<br />
Tumorzentrum (WTZ) mehrere hundert Ärzte und Wissenschaftler<br />
aus fast 40 Kliniken und Instituten der Universitätsmedizin<br />
Essen interdisziplinär zusammen.<br />
NEUE ANGIOGRAFIE-ANLAGE<br />
Die Radiologie des Universitätsklinikums hat kürzlich die<br />
weltweit modernste 2-Ebenen-Angiografie-Anlage installiert.<br />
Das Gerät mit dem Namen „Artis Q“ ist das erste dieser<br />
Art in Essen und steht im Operativen Zentrum II. Die neue<br />
Technik wird vor allem in der Krebstherapie eingesetzt,<br />
speziell bei Patienten mit Leberkrebs. „Artis Q“ erlaubt mit<br />
dem sogenannten Cone Beam CT eine ähnliche Darstellung<br />
der Leber wie ein Computertomograf (CT), aber mit noch<br />
höherer diagnostischer Genauigkeit.<br />
FOTOS: PRIVAT, UNIVERSITÄTSMEDIZIN ESSEN<br />
Einer von 39<br />
Willem Buys freut sich über sein Deutschlandstipendium.<br />
Kein Wunder: Wer will nicht 300 Euro im Monat zur Finanzierung<br />
seines Studiums einstreichen? Buys ist eines von<br />
39 Talenten, die für besondere Leistungen gefördert werden.<br />
Von dem Geld finanziere er sich eine kleine Wohnung<br />
in Essen und müsse nicht mehr von seinem<br />
Elternhaus in Hagen zur Uni pendeln, sagt Willem<br />
Buys. „Die 300 Euro monatlich bringen eine<br />
Menge“, sagt der 22-Jährige, „vor allem Zeit.“ Im<br />
letzten Jahr arbeitete Buys an seiner Doktorarbeit,<br />
stand täglich im Labor und konnte nicht noch<br />
neben dem Studium einer Arbeit nachgehen. Die<br />
Unterstützung junger medizinischer Talente ist<br />
der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen<br />
(UDE) ein Anliegen. Schon seit seiner<br />
Einführung 2011 beteiligt sich die UDE am Deutschlandstipendium.<br />
„Die Auswahlkriterien werden als<br />
anspruchsvoll eingeordnet“, sagt Buys. „Wir müssen sehr gute Studienleistungen<br />
vorweisen. Entscheidend ist aber auch so etwas wie soziales<br />
Engagement.“ Der junge Medizinstudent leitet beispielsweise ehrenamtlich<br />
Kurse zur Wiederbelebung. Für ihn ist das Stipendium vor allem<br />
eine Wertschätzung: „Ich erhalte für meine Leistung ein Schulterklopfen.<br />
Zudem öffnet es mir auch Türen.“<br />
Pflege wirbt Pflege<br />
Kennen Sie jemanden, der das Pflegeteam der Universitätsmedizin<br />
verstärken könnte? Schon seit Januar profitieren<br />
Beschäftigte des Universitätsklinikums selbst,<br />
wenn sie qualifiziertes Personal aus Familien- oder<br />
Bekanntenkreis für eine Anstellung in der Pflege<br />
begeistern können: Bis zu 1.000 Euro gibt es für<br />
jede erfolgreiche Vermittlung. Die Prämie wird in<br />
zwei Tranchen ausbezahlt; 500 Euro bei Vertragsabschluss,<br />
weitere 500 Euro nach einem Jahr<br />
Betriebszugehörigkeit der geworbenen Person.<br />
Alle Infos zum Verfahren findet man unter:<br />
https://pflegedienst.uk-essen.de/pflegewirbtpflege<br />
Schlüsselmoment<br />
MEINE ERSTE OP<br />
Es gibt Augenblicke, die alles<br />
verändern. Der letzte Schlüsselmoment<br />
für Julian Lotz,<br />
Assistenz arzt am St. Josef Krankenhaus<br />
Werden: die erste selbst<br />
durchgeführte Operation.<br />
Mund aufsperren, Mandel fixieren, ein genauer<br />
Schnitt entlang des Gaumenbogens.<br />
„Die operative Entfernung einer Mandel<br />
ist eine der ersten operativen Eingriffe<br />
der Facharztausbildung zum HNO-Arzt“,<br />
sagt Julian Lotz, Assistenzarzt im St. Josef<br />
Krankenhaus Werden. Und doch – als er<br />
nach mehr als 50 begleiteten Mandel-Operationen<br />
zum ersten Mal selbst das<br />
Messer führt, erscheint ihm die Aufgabe<br />
riesig. Halte ich das Skalpell richtig? Ist<br />
der Schnitt so okay? „Dass mein Oberarzt<br />
mir über die Schulter geguckt hat,<br />
hat mir Sicherheit gegeben“, erzählt der<br />
angehende HNO-Arzt, der sich auf seine<br />
erste OP akribisch vorbereitet hat. „Wenn<br />
mich nachts jemand aufgeweckt hätte,<br />
um mich nach der richtigen Stelle für<br />
den Schnitt zu fragen, hätte ich auf jeden<br />
Fall die Antwort parat gehabt“, meint der<br />
28-Jährige mit einem Lachen. Aber das<br />
erste Mal einen Schnitt an einem lebendigen<br />
Menschen durchzuführen sei dann<br />
doch nochmal etwas anderes, so Lotz.<br />
„Ich fühle mich jetzt ein bisschen mehr als<br />
richtiger Arzt.“<br />
16<br />
17
machen | Interview<br />
„Wachsen und<br />
intelligent sparen“<br />
Thorsten Kaatze, Kaufmännischer<br />
Vorstand, über die Symbiose aus<br />
Spitzenmedizin und Ökonomie<br />
THORSTEN KAATZE sieht die Universitätsmedizin<br />
Essen auf einem guten Weg.<br />
Herr Kaatze, wie gesund ist die Universitätsmedizin<br />
Essen aus finanzieller Sicht?<br />
Thorsten Kaatze: Wir haben den Turnaround fast geschafft.<br />
Seit 2015, als wir kurz vor einem finanziellen<br />
Absturz waren, haben wir viel auf den Weg gebracht,<br />
um auch wieder eine finanziell solide Universitätsmedizin<br />
zu werden. Wir gehen davon aus, dass wir schon<br />
2019 eine schwarze Null schaffen.<br />
Was ist das Grundproblem unserer<br />
finanziellen Ausstattung?<br />
Kaatze: Wir sind ein Maximalversorger. Das heißt,<br />
wir sind die letzte Instanz, also die, die alle Patienten<br />
behandelt. Zudem bieten wir spitzenmedizinische<br />
Behandlungen, die im DRG-System nicht oder nicht<br />
hinreichend abgebildet sind. Das gesamte System ist<br />
generell für Universitätskliniken eher ungerecht. Hinzu<br />
kommt sicher, dass wir in den letzten Jahren kontinuierlich<br />
mehr Personal eingestellt haben, ohne dass<br />
die Refinanzierung gesichert war.<br />
Wie kommt man aus diesem Dilemma<br />
von höchsten Ansprüchen und begrenzten<br />
Finanzmitteln heraus?<br />
Kaatze: Wachsen und intelligent sparen muss das<br />
Motto sein. Und für beides bietet das Smart Hospital<br />
viele Ansatzpunkte. Künftig werden Ärzte und Pflegekräfte<br />
mit dem iPad am Bett der Patienten stehen, sie<br />
werden über alle notwendigen Daten verfügen und<br />
den Patienten am Bett Bilder und Befunde zeigen können.<br />
Unsere Kommunikation im Krankenhaus wird<br />
schneller und präziser sein, die Prozesse insgesamt<br />
vernetzt, effizienter und damit arbeitsentlastend.<br />
Neue technologische und digitale Medizingeräte werden<br />
dazu beitragen, dass wir unser Leistungsangebot<br />
ausbauen können. Und wenn ich von „Wir“ spreche,<br />
meine ich die gesamte Universitätsmedizin.<br />
FOTO: SABINE GROTHUES<br />
... und nicht nur die Universitätsklinik.<br />
Kaatze: Genau. Es gibt ja schon jetzt Beispiele, wie<br />
wir das Motto „wachsen und intelligent sparen“ in<br />
der Universitätsmedizin umsetzen. Im St. Josef Krankenhaus<br />
Werden etwa gibt es freie OP-Saalkapazität.<br />
Wenn wir jetzt die Orthopädie der Universitätsmedizin<br />
am Standort Werden zentralisieren, werden wir nicht<br />
nur attraktiver, sondern auch effizienter. Dann werden<br />
wir diese freie Saalkapazität nutzen können. Das Bettenmanagement<br />
oder die zentrale Notaufnahme sind<br />
andere Beispiele. So gibt es viele Synergiethemen, bei<br />
denen Spitzenmedizin und Ökonomie im besten Sinne<br />
zusammenfinden.<br />
Wie gehen Sie konkret vor?<br />
Kaatze: Wir sind als Universitätsmedizin dem Fortschritt<br />
verpflichtet. Deshalb halten wir daran fest,<br />
frühzeitig Lösungen zu erforschen und zu verfolgen,<br />
von denen wir glauben, dass sie langfristig spitzenmedizinisch<br />
und ökonomisch Sinn machen. Mit dieser<br />
Philosophie waren wir die ersten, die ein PET CT etabliert<br />
haben. Und jetzt zum Beispiel werden wir mit<br />
unserem Neubau Vorreiter in der Nuklearmedizin. Wir<br />
sind uns sicher, dass wir das brauchen und dass sich<br />
diese Einrichtung auch rechnen wird.<br />
Was ja noch längst nicht für alle<br />
technologischen Errungenschaften gilt.<br />
Kaatze: Innovationen sind am Anfang immer teurer.<br />
Sie rechnen sich, wenn sie sich etablieren. Die Möglichkeiten<br />
des DaVinci-Systems zum Beispiel, dem<br />
OP-unterstützenden Roboter, sind für unsere Anwendungsgebiete<br />
noch längst nicht ausreichend bekannt.<br />
Viele Operationen, etwa bei adipösen Patienten, wären<br />
ohne das DaVinci-System nicht möglich.<br />
Wo können wir noch intelligent sparen?<br />
Kaatze: Wir haben derzeit etwa 200 Sonographiegeräte.<br />
Einige davon werden nur wenig genutzt. Aber sie<br />
werden ebenfalls gewartet, und das verursacht Kosten.<br />
Ich nenne das nur als Beispiel. Es gibt viele solcher<br />
Themen, wo wir doppelte Prozesse haben, nicht gut<br />
genutzte Gerätschaften oder unausgelastete Kapazitäten.<br />
Beispiel Bettenmanagement: Wir werden hier<br />
mit neuen Konzepten zunächst bei den Tochtergesellschaften<br />
beginnen, um Betten besser auszulasten.<br />
Wenn wir dort gute Erfahrungen machen, werden wir<br />
diese Erfahrungen dann in der gesamten Universitätsmedizin<br />
nutzen.<br />
Können wir uns das Smart Hospital überhaupt<br />
leisten? Das sind doch enorme Investitionen?<br />
Kaatze: Was ist die Alternative dazu, nicht in die Zukunft<br />
zu investieren? Wir sind fest davon überzeugt,<br />
dass Smart Hospital die Qualität unserer Leistungen<br />
steigern und gleichzeitig die Effizienz und damit auch<br />
die Wirtschaftlichkeit erhöhen wird. Wenn wir das<br />
Konzern-Krankenhausinformationssystem Ende des<br />
Jahres eingeführt haben, werden nicht nur die Daten<br />
über alle Häuser vergleichbar und nutzbar. Die übergreifende<br />
Datenverfügbarkeit steigert die Behandlungsqualität.<br />
Was wiederum Auswirkungen auf den<br />
Personaleinsatz hat.<br />
Kaatze: Viele Tätigkeiten von heute werden sich verändern<br />
oder vielleicht wegfallen. Entsprechend werden<br />
wir den Einsatz des Personals überprüfen. In vielen<br />
Fällen wird das dazu führen, dass wir mehr Zeit für<br />
die Patienten haben, da Dokumentation und Administration<br />
durch wegfallende Doppelerfassung weniger<br />
werden. So schließt sich wieder der Kreis von Effizienz<br />
und Qualität.<br />
Was schauen Sie sich von anderen<br />
Kliniken ab?<br />
Kaatze: Wir schauen natürlich genau hin, was andere<br />
machen, aber nicht nur im klinischen Bereich. Wenn<br />
wir zum Beispiel etwas darüber lernen wollen, wie<br />
man Logistikprozesse verbessert, dann muss man<br />
sich ansehen, wie zum Beispiel Amazon von der Bestellung<br />
bis zur Auslieferung arbeitet.<br />
Was können Beschäftigte tun, um die<br />
Entwicklung mit anzutreiben?<br />
Kaatze: Offen sein für Neues. Wir brauchen Veränderungsbereitschaft<br />
auf allen Ebenen. Wir im Vorstand<br />
entzünden die Fackel für den Weg zum Smart Hospital.<br />
Aber es braucht in der gesamten Universitätsmedizin<br />
Fackelträger, die daran mitarbeiten und die Botschaft<br />
weitertragen. Wer eine gute Idee hat, soll sie<br />
uns gerne mitteilen.<br />
18 19
machen | Bauprojekte<br />
Überall Baustellen<br />
Die Universitätsmedizin baut zurzeit<br />
historisch viel. Warum eigentlich?<br />
Da staunten die Arbeiter auf dem Bau nicht<br />
schlecht. Im Rahmen der Baugrubenerstellung<br />
zum Neubau der Nuklearmedizin<br />
stießen sie kürzlich auf jahrhundertealte Kohleflöze.<br />
„Das Gelände der Universitätsklinik hat eine<br />
hochinteressante Geschichte“, berichtet Klaus Rösen,<br />
Leiter des Dezernats 04 – Bau und Technik. So<br />
weiß Rösen auch von unterirdischen Bachläufen<br />
und begehbaren Tunnels aus der Zeit des Nationalsozialismus<br />
zu berichten. Und auch mit Luftbildern<br />
aus Kriegszeiten als Hinweis auf mögliche Bomben<br />
kennt sich Rösen aus.<br />
Aktuell aber beschäftigt das Dezernat 04 ein<br />
anderer historischer Aspekt: Nie zuvor wurden auf<br />
einen Schlag so umfangreiche Bauvorhaben bewältigt<br />
wie derzeit. Rund 292 Millionen Euro stehen<br />
der Universitätsmedizin Essen aus dem Medizinischen<br />
Modernisierungsprogramm (MedMoP) des<br />
Landes NRW zur Verfügung. Davon sind einige Millionen<br />
bereits für das Rechenzentrum und das neue<br />
GMP-Labor in der Strahlenklinik verbaut.<br />
Bereits gebaut wird an der Erweiterung der<br />
HNO- und Augenklinik. Der Rohbau des Erweiterungsbaus<br />
steht, der Innenausbau läuft. „Die Belastung<br />
für Patienten und Beschäftigte wird leider<br />
noch einige Zeit andauern“, berichtet Dirk Rustemeyer,<br />
der innerhalb des Dezernats die Abteilung<br />
Planen und Bauen leitet. Denn wenn der neue Anbau<br />
fertig ist, wird im weiteren Bestand renoviert.<br />
Für die übrigen Vorhaben sind die Pläne gemacht.<br />
Die zuständigen Beamten im Bau- und Wissenschaftsministerium<br />
in Nordrhein-Westfalen sind<br />
nun am Zug, damit – möglichst noch <strong>2018</strong> – die Baumaschinen<br />
für Kinderklinik, Pathologie/Rechtsmedizin<br />
und Nuklearmedizin angeworfen werden können.<br />
Mit allen drei Vorhaben würde man gerne lieber<br />
heute als morgen beginnen. In der Kinderklinik sind<br />
die Räumlichkeiten nicht mehr auf dem modernsten<br />
Stand, die Rechtsmedizin ist derzeit in die Ruhrlandklinik<br />
ausgelagert und in der Nuklearmedizin und<br />
Radiochemie drängt die Zeit, da Ende 2019 die Betriebsgenehmigung<br />
für die Bereiche ausläuft.<br />
Die Zeit ist aber auch aus einem anderen<br />
Grund ein knappes Gut: Die Gelder des Landes müssen<br />
binnen fünf Jahren verbaut werden. Für das Dezernat<br />
04 eine enorme Herausforderung, zumal Medizinbauten<br />
zu den komplexesten Baumaßnahmen<br />
überhaupt zählen. Hinzu kommen aktuelle Engpässe<br />
bei Planern und ausführenden Firmen.<br />
Aber Rösen und Rustemeyer sind guter Dinge.<br />
Die Kohleflöze jedenfalls sind schon mal entsorgt.<br />
Aktuelle Projekte: HNO- und Augenklinik (o.), Nuklearmedizin<br />
(l. Mitte), Pathologie (l. u.) und Kinderklinik (r.).<br />
FOTOS: UNIVERSITÄTSMEDIZIN ESSEN<br />
Teamportrait<br />
Teamleistung: Dr. Peter Lüdike (2. v. r.) und sein Team treffen sich jeden Morgen zur Besprechung.<br />
ZENTRUM FÜR HERZINSUFFIZIENZ UND INTENSIVMEDIZIN<br />
Alles aussprechen –<br />
jeden Tag<br />
F<br />
reitagmorgen, 7.30 Uhr, Heart Failure Unit,<br />
Klinik für Kardiologie und Angiologie. Es ist<br />
die allmorgendliche Zusammenkunft des<br />
Teams für Herzinsuffizienz und Intensivmedizin.<br />
Aber heute ist Dr. Peter Lüdike, der Bereichsleiter,<br />
etwas gelöster als sonst. Grund: Zwei Tage liegen<br />
hinter dem Team, an denen Ärzten und Pflegekräften<br />
genau auf die Finger geschaut wurde. „Wir haben's<br />
geschafft“, kann Lüdike nun verkünden. Die<br />
Fachgesellschaft für Kardiologie und Herzchirurgie<br />
wird den Bereich als überregionales Herzinsuffizienzzentrum<br />
zertifizieren – ein im gesamten Ruhrgebiet<br />
bislang einzigartiges Qualitätssiegel. Die<br />
Zertifizierung ist das Ergebnis von jahrelangem<br />
Teamwork. Neue Prozesse wurden definiert, Pflegekräfte<br />
durchliefen spezielle Schulungen, es musste<br />
in neue Technik und eine neue Station investiert<br />
werden, um internationalen Spitzenstandards zu<br />
genügen. Dass es jetzt geklappt hat, darauf können<br />
alle hier stolz sein, die auf der Intensivstation, in<br />
der Schwerpunktambulanz oder der Heart Failure<br />
Unit (Station Herz 6) arbeiten: Teamleitung, Assistenzärzte,<br />
Pflegkräfte, Oberarzt, Stationsleitung.<br />
Umgang auf Augenhöhe, keine Konflikte gären lassen,<br />
alles aussprechen – das sind die gelebten Regeln<br />
des Teams. „Anders geht es nicht“, sagt Lüdike.<br />
Denn Herzinsuffizienz ist ein Thema von stetig<br />
wachsender Bedeutung. Es ist eine der häufigsten<br />
Ursache für die Aufnahme im Krankenhaus und es<br />
„Teamwork und Interdisziplinarität<br />
sind ungemein wichtig.“<br />
ist die häufigste Todesursache. Der demografische<br />
Wandel sorgt dafür, dass es zudem einer der am<br />
stärksten wachsenden Teilbereiche der Medizin<br />
ist. „Und einer, bei dem Teamwork und Interdisziplinarität<br />
ungemein wichtig sind“, erklärt der Bereichsleiter.<br />
Aber wie bildet man ein Team und wie<br />
schafft man einen gemeinsamen Spirit, wenn sich<br />
nie mal alle zusammen abseits der Klinik treffen<br />
können? Es gelingt unter anderem in gemeinsamen<br />
Fortbildungen. Und an Weihnachten, berichten<br />
die Kolleginnen und Kollegen, wird einfach etwas<br />
länger gefeiert – so, dass Spät- und Nachtdienst im<br />
Wechsel mit dabei sind.<br />
20<br />
21
machen | Institut für PatientenErleben<br />
Mein Tag<br />
Die Universitätsmedizin Essen<br />
hat deutschlandweit das erste<br />
Institut für PatientenErleben<br />
gegründet.<br />
22<br />
Vor allem:<br />
Die Patienten!<br />
Das ältere Ehepaar kam langsam, fast schleichend<br />
den Gang herunter zur Patientenaufnahme.<br />
Links trug der Mann eine Tasche,<br />
am rechten Arm hatte sich seine Frau untergehakt.<br />
Wer Patient und wer Begleitung war, ließ sich nicht<br />
ausmachen. Die Mitarbeiterin am Tresen hatte dann<br />
offenbar einige Probleme mit den Formularen. Es<br />
dauerte fast eine halbe Stunde, bis der Drucker alle<br />
ausgespuckt hatte. Die älteren Herrschaften sollten<br />
schließlich, immer noch im Stehen, eines nach dem<br />
anderen ausfüllen.<br />
Markus Wartenberg hat die Geschichte schon<br />
x-mal erzählt. Der Leiter des gerade erst gegründeten<br />
Instituts für PatientenErleben der Universitätsmedizin<br />
Essen hat sie selbst erlebt. „Arbeitsprozesse,<br />
Kommunikation, Empathie – in dieser Szene<br />
steckt fast alles, worum es beim Patientenerleben<br />
geht“, erklärt Wartenberg, der auch Vizedirektor des<br />
WTZ ist. Wenn er sich kurzfasst, erklärt er es so: „Im<br />
Gesundheitswesen werden Patienten noch zu oft<br />
nur als Behandlungsfälle gesehen.“<br />
Im digitalen Zeitalter bleibt das nicht ohne<br />
Folgen. Denn wie Reisende auf Tripadvisor ihre Erfahrungen<br />
preisgeben, so geschieht das auch im Gesundheitswesen<br />
mehr und mehr. Wartenberg: „Wer<br />
wissen will, wo diese Entwicklung hinführt, der<br />
schaue nach Amerika.“ Dort ist das Bewerten von<br />
Ärzten und Kliniken längst so verbreitet, wie hierzulande<br />
an Restaurants und Hotels Noten verteilt<br />
werden. Und wie es beim Essen und beim Reisen<br />
in der Bewertung um mehr geht als um Essen und<br />
Reisen, so zählt auch in der Klinik nicht nur die Behandlung.<br />
Das Erlebnis der Patienten fängt schon<br />
bei der Information über die Klinik an: Wie sieht die<br />
Website aus, wie die Broschüren, wie ist die Klinik<br />
ansprechbar? Weiter geht es mit der Parkplatzsuche,<br />
Räumlichkeiten und Prozessen in der Aufnahme,<br />
der Hygiene, der Patientenkommunikation, dem<br />
Krankenzimmer. Wie schmeckt das Essen, wie wird<br />
die Medikation erläutert, wie verlaufen Entlassung<br />
und Nachsorge? „Das Patientenerlebnis ist ein permanenter<br />
Prozess“, erklärt Markus Wartenberg.<br />
Seine Mission: das Erlebnis zu verbessern und die<br />
Patienten in den Mittelpunkt allen Tuns und Denkens<br />
zu stellen.<br />
FOTOS: SABINE GROTHUES, PRIVAT<br />
Wartenberg und sein Team haben dafür ein Konzept<br />
entwickelt, das alle Bereiche einer Klinik umfasst.<br />
„Vor allem: Die Patienten“ ist der leitende Gedanke.<br />
„Die DNA des Unternehmens muss darauf ausgerichtet<br />
sein“, erklärt Wartenberg. Der Weg dorthin,<br />
das ist ihm klar, ist lang. Im April fand ein erster<br />
Workshop mit Vertretern aus allen Kliniken und Instituten<br />
der Universitätsmedizin statt. Ziel: Problemfelder<br />
und Hürden identifizieren. Schritt für Schritt<br />
soll es nun weitergehen. Wartenbergs Traum: dass<br />
sämtliche Prozesse von dem Patienten her gedacht<br />
werden und dass alle Beschäftigte Trainings durchlaufen,<br />
um die Vision einer patientenorientierten<br />
Universitätsmedizin zu leben. Die Entwicklung hin<br />
zum Smart Hospital hält Wartenberg in diesem<br />
Zusammenhang für einen Segen. Kommunikation<br />
werde erleichtert und mehr „Qualitätszeit“ für die<br />
Patienten möglich. So wie die Geschichte mit den<br />
älteren Herrschaften ausging, so wünscht es sich<br />
Wartenberg. Eine weitere Mitarbeiterin sah das<br />
Ehepaar stehend die Formulare ausfüllen, führte sie<br />
in einen ruhigen Raum und kümmerte sich. „So sollte<br />
es sein!“<br />
MARKUS WARTENBERG<br />
blickt auf die Klinik durch<br />
die Brille der Patienten.<br />
Was macht positives Patientenerleben<br />
in einem Krebszentrum<br />
aus (Auszug)?*<br />
1. Verständliche Kommunikation<br />
2. Respekt/Mitgefühl/<br />
Zuwendung<br />
3. Zeitnahe Ergebnisse der<br />
Nachsorge<br />
4. Patientengerechte Information<br />
/ Berichte<br />
5. Unterstützung - über die reine<br />
Behandlung hinaus<br />
6. Sinnvolle Abläufe / Akzeptable<br />
Wartezeiten<br />
7. Information bzgl. Klinischer<br />
Studien<br />
* Fokusgruppe mit Langzeit-Patienten<br />
Womit starten Sie<br />
Ihren Tag?<br />
Mit einem kleinen Frühstück<br />
und meinem Lieblingssender<br />
im Radio, 1 Live. Den<br />
ersten Kaffee trinke ich erst<br />
auf der Arbeit.<br />
Bahn, Auto oder Rad:<br />
Wie kommen Sie zur<br />
Arbeit?<br />
Mit dem Auto.<br />
Was beschäftigt Sie<br />
gerade besonders?<br />
Aktuell der Umbau, wir erweitern<br />
gerade die Herzchirurgie.<br />
Auf die neuen Räume<br />
freue ich mich sehr. Es gibt<br />
zum Beispiel eine Lounge<br />
für die Patientenaufnahme<br />
und neue Patientenzimmer.<br />
Warum lieben Sie Ihre<br />
Arbeit?<br />
Weil sie so abwechslungsreich<br />
ist. Wir machen hier<br />
alles von der Aufnahme<br />
über die OP-Anmeldung und<br />
das Sekretariat bis hin zur<br />
Entlassung. Elektive Patienten<br />
– Patienten also, bei<br />
denen der Operationstermin<br />
planbar ist – werden von<br />
uns telefonisch über ihren<br />
Termin informiert. Sie haben<br />
die Möglichkeit, vorab<br />
Fragen zu stellen, und bekommen<br />
auch einen ersten<br />
Eindruck von unserer Klinik.<br />
Diesen persönlichen Kontakt<br />
schätze ich sehr. Hier<br />
behandeln wir Menschen<br />
und keine Fallnummern.<br />
Mittagspause. Wo essen<br />
Sie – und was am liebsten?<br />
In unserem Aufenthaltsraum.<br />
Am liebsten was<br />
Leichtes, Butterbrot oder<br />
Salat.<br />
10 Fragen an<br />
ELISABETH BARTEK (47),<br />
SEKRETARIAT, VERWALTUNG UND<br />
PATIENTENMANAGEMENT IN DER<br />
HERZCHIRURGIE HUTTROP<br />
Was muss ein Arbeitstag<br />
haben, damit es ein guter<br />
Tag wird?<br />
Ich muss merken, dass unsere<br />
Patienten zufrieden sind.<br />
Dieses Feedback bekommt<br />
man zum Beispiel durch die<br />
Patientenmeinungsbögen<br />
oder persönliche Gespräche.<br />
Mich macht das glücklich,<br />
wenn Patienten sich bei uns<br />
wohlfühlen.<br />
Kaffee oder Tee?<br />
Kaffee.<br />
Schalke oder Dortmund?<br />
Keins von beidem. Fußballfan<br />
bin ich nur, wenn<br />
Deutschland spielt – bei der<br />
WM zum Beispiel.<br />
Ihre Strategie gegen<br />
Stress?<br />
Mal den Schreibtisch<br />
verlassen, kurz rausgehen,<br />
sich die Beine vertreten.<br />
Mein Motto: ruhig bleiben<br />
und einen Schritt nach dem<br />
anderen machen.<br />
Feierabend. Und jetzt?<br />
In der Regel gehe ich abends<br />
Walken oder ich fahre<br />
Mountainbike, zum Beispiel<br />
am Baldeneysee. Außerdem<br />
treffe ich gerne Freunde<br />
oder lese ein gutes Buch.<br />
23
leben | Meldungen<br />
FRÜHLINGSREZEPT ZUM NACHKOCHEN:<br />
Spargel-gröstl<br />
Zeitreise<br />
1911<br />
Zeichnen<br />
für kleine<br />
Patienten<br />
WARUM BRAUCHT ES ...<br />
CLOWNS AUF REZEPT?<br />
Eckart von Hirschhausen, Schirmherr des<br />
Forschungspreises für Kinderheilkunde der<br />
Stiftung Universitätsmedizin, über Humor<br />
im Krankenhaus<br />
Wie haben Sie für sich entdeckt, dass Lachen<br />
heilen kann?<br />
Ich war 1997 als Zauberer auf einer Tour durch<br />
Krankenhäuser. Dabei traf ich einen Jungen mit<br />
„selektivem Mutismus“, einer seelischen Störung,<br />
bei der Kinder aufhören zu sprechen. Wie die anderen<br />
Kinder auch wurde er involviert in die Zauberei<br />
und machte mit, der Junge „vergaß“ einfach seine<br />
Störung. Seitdem nehme ich die Rolle von Humor,<br />
Musik oder Kunst in ihrer Bedeutung für die Heilung<br />
sehr viel ernster.<br />
Wie schaffen Sie es, Humor in den Krankenhausalltag<br />
zu bringen?<br />
Meine Stiftung HUMOR HILFT HEILEN möchte mehr<br />
Menschlichkeit in die Medizin bringen. Wir fördern<br />
unter anderem therapeutische Clownsvisiten in<br />
Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen, führen<br />
Humor-Workshops durch und erforschen den therapeutischen<br />
Nutzen von Humor wissenschaftlich.<br />
Warum tun gerade Clowns den Patienten gut?<br />
Die Klinik-Clowns improvisieren sensibel mit der Situation.<br />
Das kann mal kurz, mal lang sein, mit Musik<br />
oder still mit Seifenblasen oder interaktiv mit einem<br />
Zaubertrick. Wenn diese Momente der Begegnung<br />
und der Leichtigkeit gelingen, ist es magisch und<br />
alle drum herum spüren das. Zusammen lachen bewirkt,<br />
dass der Schmerz nachlässt. Deshalb sollte im<br />
Krankenhaus niemand lange alleine sein und jeder<br />
etwas zu lachen bekommen.<br />
Zutaten (für 4 Personen):<br />
300 g weißer Spargel<br />
300 g grüner Spargel<br />
300 g festkochende<br />
Kartoffeln<br />
10 Basilikumblätter<br />
1 Knoblauchzehe<br />
Olivenöl<br />
Butterschmalz<br />
Salz und Pfeffer<br />
GIRLS' AND BOYS' DAY<br />
Zubereitung:<br />
Die Kartoffeln mit Schale bissfest<br />
kochen und auskühlen lassen.<br />
Den Spargel schälen und in gleich<br />
große Stücke schneiden. Die ausgekühlten<br />
Kartoffeln in Scheiben<br />
schneiden und in einer Pfanne mit<br />
Butterschmalz goldgelb ausbacken.<br />
Den Spargel ebenfalls in<br />
einer Pfanne mit etwas Olivenöl<br />
garen, so dass er noch bissfest<br />
ist. Die Kartoffelscheiben zum<br />
Spargel geben und mit Salz, Pfeffer<br />
und etwas Knoblauch würzen.<br />
Zum Schluss fein geschnittene Basilikumblätter<br />
zum Spargel-Gröstl<br />
geben. Guten Appetit.<br />
Daniel Hülsmann, Casino-Küchenchef<br />
im Universitätsklinikums<br />
Nach seiner Ausbildung zum Koch<br />
im Essener Zwei-Sterne-Restaurant<br />
Résidence und Wanderjahren im<br />
Ausland, unter anderem bei Sternekoch<br />
Herbert Hintner im italienischen<br />
Appiano, ließ sich der 32-Jährige<br />
zum Betriebswirt ausbilden.<br />
2012 wechselte er nach Essen.<br />
109 Mädchen und Jungen zwischen<br />
12 und 16 Jahren haben<br />
am diesjährigen „Girls' und<br />
Boys' Day“ teilgenommen. So<br />
wie Katharina Müser (15, l.).<br />
„Es ist toll, was man alles<br />
gezeigt bekommt“, sagt die<br />
Schülerin. „An einem künstlichen<br />
Arm habe ich Blut abnehmen<br />
gelernt: Nadeln sichern,<br />
den Arm stauen und die Vene<br />
finden. Es gibt immer etwas zu<br />
entdecken – genau mein Ding!“<br />
FOTOS: SCHWEIZERISCHES NATIONALMUSEUM, CARSTEN WALZ/IGR, UNIVERSITÄTSMEDIZIN ESSEN, PRIVAT; ILLUSTRATION: GALYNA2010<br />
Ein Blick in die Geschichte<br />
der Universitätsmedizin Essen.<br />
Diesmal: Luftbad für<br />
Lungenkranke<br />
Auf solchen Liegen „badeten“<br />
die Patienten im Freien.<br />
Das Universitätsklinikum war in der<br />
Behandlung seiner Patienten von<br />
Beginn an weit vorn. Schon 1911, zwei<br />
Jahre nach der Eröffnung der damaligen<br />
Städtischen Krankenanstalten,<br />
führt ihr Ärztlicher Direktor Prof. Dr.<br />
Julius Grober eine Therapie ein, die<br />
um die Jahrhundertwende schwer<br />
in Mode ist: Er lässt im Mühlbachtal,<br />
am südlichen Rand des Klinikgeländes,<br />
ein Luft- und Sonnenbad<br />
mit Turngeräten einrichten. Bei der<br />
sogenannten Freiluft-Liegekur lagen<br />
Patienten mehrere Stunden lang auf<br />
Liegestühlen im Freien. Die abhärtende<br />
Klimatherapie sollte vor allem bei<br />
Tuberkulose helfen. Thomas Mann<br />
setzte der Luftkur in seinem Roman<br />
„Der Zauberberg“ 1924 ein Denkmal.<br />
Vor einigen Tagen erschien das Sachbuch „Meine Kinderklinik Essen“.<br />
Wie ist es entstanden? Illustrator Frank Robyn-Fuhrmeister erzählt von<br />
seiner Arbeit. „Eigentlich ist es gar nicht üblich, dass ich das Gebäude<br />
oder die Räumlichkeiten, die ich illustriere, besuche. Aber in der Kinderklinik<br />
Essen war ich wirklich vor Ort. Beschäftigte haben mich herumgeführt<br />
und mir die Stationen gezeigt. Ich habe Ärzte, Pflegepersonal und<br />
viele kleine Patienten kennengelernt. Auch Abläufe und Gerätschaften<br />
wurden erklärt. Die ganze Zeit habe ich Notizen gemacht und Fotos –<br />
aus den verschiedensten Blickwinkeln, um später aus unterschiedlichen<br />
Perspektiven zeichnen zu können. Danach habe ich mit dem Zeichnen<br />
begonnen, zuerst mit groben Skizzen. Diese wurden hin- und hergeschickt<br />
und immer wieder korrigiert, bis alles seine Richtigkeit hatte. Danach habe<br />
ich die Bilder koloriert. Der größte Teil meiner Arbeit läuft<br />
digital, wobei ich das Ergebnis so aussehen lasse, als sei<br />
es analog entstanden – wie mit dem Bleistift gezeichnet.“<br />
1.000 Exemplare des Buchs „Meine Kinderklinik der<br />
Universitätsmedizin Essen“ (J.P. Bachem Verlag) gehen<br />
an die kleinen Patienten. Weitere Exemplare können<br />
über das Universitätsklinikum bezogen werden.<br />
WAS MACHT EIGENTLICH ...<br />
CLAUDIO SCHLEGTENDAL PRIVAT?<br />
„Alles steht und fällt mit dem Wetter“, sagt Claudio Schlegtendal, Senior<br />
Consultant am St. Josef Krankenhaus in Werden. „Die Sonne muss scheinen,<br />
sonst war die ganze Arbeit nur die Hälfte wert.“ Der Aufwand für<br />
den passionierten Rallye-Piloten ist – wie in jedem Jahr – kaum zu<br />
beziffern. Sieben Monate tüftelte er an der Planung für eines der wichtigsten<br />
Ereignisse im Essener Veranstaltungsjahr: der 15. Auflage der<br />
„Tour de Rü“. 134 Oldtimer-Rennwagen und rund 300 Teilnehmer waren<br />
diesmal angemeldet. Jeden Meter der Strecke, die Jahr für Jahr anders<br />
verläuft, ist Schlegtendal persönlich abgefahren, Navigationssysteme<br />
sind dabei tabu. Wie er das Ganze neben seiner Arbeit hinkriegt? „Drei<br />
Stunden Schlaf reichen mir völlig aus – wie bei Einstein“, sagt er mit<br />
einem Lächeln. Ans Aufhören<br />
denkt der Chirurg noch lange<br />
nicht. „Nach jeder Tour de Rü<br />
bitten mich die Teilnehmer, noch<br />
ein Jahr dranzuhängen, weil es so<br />
schön war."<br />
24 25
leben | Blick zurück<br />
INA MICKE<br />
lebt seit ihrer Erkrankung<br />
bewusster.<br />
Endlich wieder<br />
atmen<br />
Wie denken und sprechen Patienten<br />
über die Universitätsmedizin<br />
Essen? Wir fragen nach. Folge 1:<br />
Ina Micke, die lange um jeden<br />
Atemzug kämpfen musste.<br />
Dieser mobile Sauerstofftank ist Ina<br />
Mickes Lebensversicherung – falls der<br />
eigene Atem nicht reicht.<br />
Das Zimmer ihres Sohnes oben unterm Dach<br />
besucht Ina Micke nur selten. „Zu viele<br />
Treppen“, sagt die zweifache Mutter und<br />
zwinkert mit den Augen: „Aber ich glaube, ein bisschen<br />
Privatsphäre ist ihm auch ganz recht.“<br />
Treppen steigen, Wasserkästen tragen, einkaufen<br />
gehen – was für gesunde Menschen normal ist,<br />
ist für die 51-Jährige eine Herkulesaufgabe. Schon<br />
als Kind liegt das lebenslustige Mädchen regelmäßig<br />
mit Lungenentzündung im Krankenhaus. Auch<br />
wenn sie gerade keine Infektion hat, machen die<br />
Bronchien Probleme: Nach der Geburt ihres zweiten<br />
Sohnes bekommt sie immer schlechter Luft. 2005<br />
erhält die gelernte Krankenschwester die schockierende<br />
Diagnose: Lungenemphysem – „der Mittellappen<br />
im rechten Lungenflügel war schon komplett<br />
hinüber“.<br />
Randvoll mit Luft<br />
Das Lungenemphysem ist eine chronisch fortschreitende<br />
Lungenerkrankung, bei der sich die Lungenbläschen<br />
extrem erweitern und die darin enthaltene<br />
Atemluft stauen. „Das fühlt sich an, als würde man<br />
keine Luft mehr bekommen, obwohl die Lunge eigentlich<br />
randvoll mit Luft ist“, erzählt Micke.<br />
FOTOS: BOZICA BABIC<br />
Als sie 2005 auf Empfehlung einer Freundin in die<br />
Essener Ruhrlandklinik kommt und dort einen Teil<br />
der kaputten Lungenbläschen operativ entfernen<br />
lässt, geht es ihr schnell besser. „Die Operation und<br />
die Nachversorgung verliefen absolut reibungslos.<br />
Kurz danach ging es mir so gut, dass ich wieder als<br />
Endoskopie-Fachschwester arbeiten konnte. Ich<br />
hatte meinen Beruf ja wegen der Krankheit aufgegeben.“<br />
Warten auf den Anruf<br />
Als sie sich 2012 einen schweren Infekt einfängt, ist<br />
die Atemnot mit einem Mal wieder da. Mickes Lungenfacharzt<br />
an der Ruhrlandklinik handelt sofort.<br />
Er überweist seine Patientin direkt an Prof. Markus<br />
Kamler vom Universitätsklinikum. „Es ging darum,<br />
möglichst schnell alle Vorkehrungen für eine Lungentransplantation<br />
zu treffen. Ich stand mit dem<br />
Rücken zur Wand. Aber ich habe mich in der Unimedizin<br />
immer sicher gefühlt.“<br />
Als der Leiter der Interventionellen Bronchologie<br />
PD Dr. Kaid Darwiche ihr bei einer der regelmäßigen<br />
Kontrolluntersuchungen an der Ruhrlandklinik<br />
von einer neuen Behandlungsmethode erzählt,<br />
zögert die erfahrene Krankenschwester nicht lange:<br />
„Inzwischen<br />
schaffe ich sogar<br />
20 Minuten auf<br />
dem Heimtrainer.“<br />
Nach zwei Jahren auf der Transplantationsliste lässt<br />
sich Micke 2015 vier winzig kleine Ventile minimalinvasiv<br />
in die Lunge einsetzen. Darwiche: „Die<br />
Ventile sorgen dafür, dass der überblähte Lungenabschnitt<br />
entlüftet wird und beim Einatmen keine<br />
neue Luft eindringt – für Patienten, die von der operativen<br />
Verkleinerung ihres Lungenvolumens nicht<br />
profitieren können, eine große Chance.“<br />
Tatsächlich hat Ina Micke mit dem Eingriff viel<br />
Lebensqualität zurückgewonnen: „Meine ehemaligen<br />
Kolleginnen kommen wieder zum Frühstück<br />
vorbei und ich schaffe inzwischen sogar 20 Minuten<br />
auf dem Heimtrainer.“ Ihr Sohn habe aber trotzdem<br />
keine Besuche im Dachgeschoss zu befürchten:<br />
„Wenn was ist, rufe ich einfach. Genug Luft dafür<br />
habe ich ja jetzt wieder!“<br />
26 27
leben | TUSEM Essen<br />
„Beim Handball<br />
werden Muskulatur<br />
und Gelenke enorm<br />
belastet.“<br />
Harter Zweikampf:<br />
TUSEM spielt aktuell<br />
in der 2. Bundesliga<br />
Mit Herz und Hand<br />
Seit dieser Saison ist das Universitätsklinikum<br />
Essen Kooperationspartner<br />
des Handballvereins<br />
TUSEM Essen. Verletzt sich ein<br />
Spieler, beginnt hier der medizinische<br />
Tempogegenstoß.<br />
Plötzlicher Herztod. Es war ein Schock, der<br />
den italienischen Fußball am 4. März erschütterte.<br />
Das Herz von Davide Astori,<br />
dem Kapitän des italienischen Fußball-Erstligisten<br />
AC Florenz, hörte in einem Hotelzimmer plötzlich<br />
auf zu schlagen. Gerade mal 31 Jahre alt wurde der<br />
mehrmalige italienische Nationalspieler. „Solch tragische<br />
Ereignisse hat es in der Vergangenheit immer<br />
wieder gegeben“, sagt Prof. Dr. Tienush Rassaf. Ein<br />
Kammerflimmern könne aus heiterem Himmel auftreten,<br />
so der Direktor der Klinik für Kardiologie und<br />
Angiologie. „Allerdings helfen frühzeitige Untersuchungen<br />
dabei, Risikofaktoren zu erkennen.“ Und<br />
vorzubeugen.<br />
Aufwändige Checks<br />
Gerade bei Leistungssportlern ist eine solche Vorsorge<br />
extrem wichtig. Deshalb haben der Deutsche<br />
Handballbund und die Handball-Bundesliga vor<br />
zwei Jahren allgemein- und sportmedizinische Untersuchungen<br />
zur Voraussetzung gemacht: Ohne<br />
einen umfassenden Medizin-Check bekommt kein<br />
Profi mehr eine Spielberechtigung. Beim Turn- und<br />
Sportverein Essen-Margarethenhöhe (TUSEM) ist<br />
seit der aktuellen Saison das Universitätsklinikum<br />
FOTOS: REINER WORM (L.), FRANK PREUSS, UNIVERSITÄTSMEDIZIN ESSEN<br />
Essen für diese Prüfungen zuständig. „Zu Beginn der<br />
Spielzeit haben wir den gesamten Kader von TUSEM<br />
Essen einem intensiven Check unterzogen“, sagt PD<br />
Dr. Matthias Totzeck, Oberarzt im Team von Rassaf.<br />
Die zentrale Frage ist immer: Wie gesund ist das<br />
Herz? „Selbst junge Menschen können vom plötzlichen<br />
Herztod betroffen sein“, sagt Totzeck. Für das<br />
Phänomen gebe es verschiedene Ursachen, die man<br />
durch die Checks erkennen könne: zum einen eine<br />
angeborene Verdickung des Herzmuskels oder Kanalerkrankungen,<br />
zum anderen eine Verengung der<br />
Herzadern.<br />
Die Medizin-Checks sind aufwändig, besonders<br />
im kardiologischen Bereich. Sie dauern – vom<br />
Erstgespräch über Ruhe-EKG, Blutbild und die Ultraschalluntersuchung<br />
bis zum Belastungs-EKG<br />
– gut zwei Stunden. Dagegen ist die sportmedizinische<br />
Untersuchung, die in der Klinik für Orthopädie<br />
und Unfallchirurgie stattfindet, mit rund<br />
30 Minuten deutlich kürzer. Weil der TUSEM eine<br />
sehr junge Mannschaft habe – das Durchschnittsalter<br />
liegt aktuell bei knapp 22,5 Jahren –, hätten die<br />
Spieler auch medizinisch eine gute Ausgangsposition,<br />
meint Prof. Dr. Marcel Dudda: „Bei jüngeren<br />
Menschen sind zum Beispiel die Bänder, die beim<br />
Handball stark beansprucht werden, belastbarer als<br />
bei älteren.“ Insbesondere die Schulter-, Knie- und<br />
Sprunggelenke nehmen Dudda und sein Team unter<br />
die Lupe. „Handball ist ein extrem schneller Sport,<br />
bei dem Muskulatur und Gelenke enorm belastet<br />
werden“, so der Leiter der Unfallchirurgie. Da sei<br />
es wichtig, mögliche Instabilitäten oder muskuläre<br />
Dysbalancen frühzeitig zu erkennen.<br />
Schnelle Eingreiftruppe<br />
Betreut werden die Handballer grundsätzlich von<br />
einem Netzwerk niedergelassener Ärzte und von einem<br />
Physiotherapeuten, der sowohl beim Training<br />
als auch beim Spiel immer dabei ist. Doch wenn ein<br />
Spieler zum Beispiel mit dem Fuß umknickt und<br />
nicht klar ist, ob die Bänder gerissen sind, kann er<br />
direkt im Universitätsklinikum untersucht werden –<br />
PROF. DR. MARCEL DUDDA<br />
„Frühzeitige Untersuchungen<br />
helfen<br />
dabei, Risikofaktoren<br />
zu erkennen.“<br />
PROF. DR. TIENUSH RASSAF<br />
24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr. Das komme gar<br />
nicht so selten vor, sagt Dr. Sascha Beck, Oberarzt<br />
der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie: „Die<br />
Spieler betreiben zwar durch entsprechendes Krafttraining<br />
effektive Prophylaxe. Aber wenn jemand<br />
beim Tempogegenstoß mit hoher Geschwindigkeit<br />
unglücklich fällt, kommt es schnell zu Brüchen des<br />
Ellenbogens oder anderen schweren Verletzungen.“<br />
Man biete dem Club „sozusagen eine Fast Lane in<br />
der Notaufnahme“ und könne „in kürzester Zeit Diagnosen<br />
auf Basis von Röntgen- oder MRT-Aufnahmen<br />
gewährleisten“, ergänzt sein Kollege Totzeck.<br />
So wisse der Trainer schnell Bescheid, ob die Verletzung<br />
einen Einsatz des Spielers verhindert oder er<br />
mit ihm planen kann.<br />
Einen Fall wie den von Davide Astori möchte<br />
in Essen niemand erleben. Bei den Handballern<br />
des TUSEM sorgen die Ärzte der Universitätsmedizin<br />
dafür. „Doch Vorsicht ist für jeden ab dem 35.<br />
Lebensjahr geboten“, sagt Rassaf. Wer einen Marathonlauf<br />
plane, sollte unbedingt vorher eine Ärztin<br />
oder einen Arzt aufsuchen und sich auf Risiken prüfen<br />
lassen.<br />
28<br />
29
leben | Service<br />
Termin-ticker<br />
Gewinnspiel<br />
Beschäftigte<br />
trainieren<br />
günstiger<br />
Ob Universitätsklinikum,<br />
Ruhrlandklinik, Herzzentrum<br />
Huttrop oder St. Josef Krankenhaus:<br />
Alle Beschäftigten<br />
der Universitätsmedizin Essen<br />
können die Angebote der<br />
Physiotherapie des Universitätsklinikums<br />
zu vergünstigten<br />
Konditionen nutzen. Zum<br />
Beispiel die Fitnessfläche: Für<br />
20 Euro im Monat können Beschäftigte<br />
hier nachmittags<br />
an allen Geräten und im Freihantelbereich<br />
trainieren (mo.<br />
und di. 16–19 Uhr, mi. 15–17 Uhr,<br />
do. 15–20 Uhr, fr. 13–17 Uhr).<br />
Trainer sind in dieser Zeit<br />
immer vor Ort. Auch Kurse<br />
wie Yoga (12 x 90 Minuten,<br />
135 Euro) oder Pilates (110 Euro)<br />
gibt es zum rabattierten Preis.<br />
Gänzlich kostenlos für Beschäftigte<br />
ist die Rückenschule.<br />
Alle Angebote finden im<br />
Operativen Zentrum 1 statt.<br />
Infos und Anmeldungen<br />
unter: 0201 723-3201.<br />
210.000<br />
mal täglich wird die Universitätsklinik Essen per<br />
Spam-, Virus- oder Phishingmail angegriffen.<br />
Bis zu<br />
DIE UNIVERSITÄTSMEDIZIN<br />
AUF INSTAGRAM<br />
Auf Facebook und Twitter ist die Universitätsmedizin<br />
schon länger aktiv, seit Mitte März nun auch<br />
auf Instagram. Unter @universitaetsmedizinessen<br />
kann man dort regelmäßig Fotos und Videos aus<br />
dem Alltag der Beschäftigten finden. So wie dieses:<br />
In diesem Video-Clip erklärt Prof. Dr. Markus Kamler,<br />
der Leiter der Thorakalen Organtransplantation<br />
am Westdeutschen Herz- und Gefäßzentrum, wie<br />
ein Kunstherz arbeitet.<br />
www.instagram.com/universitaetsmedizinessen<br />
KRITIK?<br />
IDEEN?<br />
Der beste Schutz: Anwender, die mit Blick auf<br />
Absender, Betreff und Anhänge kritisch sind.<br />
ANREGUNGEN?<br />
Für die<br />
tägliche Versorgung der<br />
Patienten einerseits und die Entwicklung<br />
hin zum Smart Hospital andererseits<br />
braucht es das Engagement und Wissen aller<br />
Beschäftigten. Haben Sie Ideen oder Anregungen,<br />
wie die Universitätsmedizin Essen besser werden<br />
kann? Dann schreiben Sie an:<br />
Fragen@Vorstand-im-Dialog.de<br />
FOTOS: UNIVERSITÄTSMEDIZIN ESSEN, PICASA<br />
Ausgewählte Veranstaltungen<br />
der Bildungsakademie<br />
Bildungsakademie<br />
Fort- und<br />
Weiterbildungsprogramm <strong>2018</strong><br />
Einführungstage für neue<br />
Beschäftigte<br />
An den ersten drei Werktagen<br />
jedes Monats werden alle neuen<br />
Beschäftigten geschult. Die Veranstaltung<br />
gilt als Arbeitszeit und ist<br />
für alle Berufsgruppen verbindlich.<br />
Nächste Termine: 2. bis 4. Mai; 1., 4.<br />
und 5. Juni.<br />
Gespräche mit Patienten<br />
und Angehörigen in Krisensituationen<br />
Wie keine andere Berufsgruppe<br />
haben es Pflegende und Ärzte<br />
mit Menschen in existentiellen<br />
Lebenssituationen zu tun. Das<br />
Seminar zeigt Wege für eine unterstützende<br />
Gesprächsführung.<br />
Termin: 14. Mai, 9 bis 16 Uhr.<br />
Change-Management<br />
Immer wieder gilt es, sich bei Veränderungen<br />
neu zu orientieren.<br />
In diesem Seminar erlernen die<br />
Teilnehmenden Methoden, mit<br />
denen sich Umstellungen besser<br />
bewältigen lassen. Nächster Termin:<br />
29. August, 9 bis 16 Uhr.<br />
Infos zur Anmeldung sowie das<br />
gesamte Fort- und Weiterbildungsprogramm<br />
der Bildungsakademie<br />
gibt es im Internet unter<br />
www.uk-essen.de/bildungsakademie.<br />
Die Lösungen finden Sie in den Geschichten<br />
in diesem Heft.<br />
Mit welchem Gerät lässt sich die Wirkung<br />
eines Placebos sichtbar machen?<br />
2 3<br />
7<br />
Welche damals modische Lungentherapie führten<br />
die Essener Städtischen Krankenanstalten 1911 ein?<br />
13<br />
Wie heißt das Konstrukt aus 210 Tonnen Stahl, auf das<br />
Mitarbeiterin Silke Skottky regelmäßig klettert?<br />
Wie nennt man einen Konter im Handball?<br />
Welche Abteilung des Universitätsklinikums ist wegen der<br />
Bauarbeiten aktuell ausgelagert in die Ruhrlandklinik?<br />
LÖSUNG:<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13<br />
Wissen Sie die Lösung?<br />
Dann schicken Sie eine E-Mail mit dem<br />
Lösungswort an maz@uk-essen.de.<br />
Unter allen richtigen Einsendungen<br />
verlosen wir zwei Karten für das<br />
Stück „Dat Schönste“ von Dr. Ludger<br />
Stratmann in Stratmanns Theater im<br />
Europahaus (Kennedyplatz 7, Essen).<br />
Einsendeschluss ist der 25. Mai <strong>2018</strong>.<br />
Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />
5<br />
11 12<br />
9<br />
6<br />
4<br />
10<br />
„DAT SCHÖNSTE“<br />
Nach zwei Jahrzehnten exzellenter Hausbesuche<br />
auf den Kleinkunstbühnen Deutschlands<br />
gibt Dr. Ludger Stratmann mit seinem Programm<br />
„Dat Schönste“ ein<br />
Best-of seiner Programme.<br />
Wir verlosen 1 x 2 Karten für<br />
eine Vorstellung.<br />
1<br />
-<br />
8<br />
30<br />
31
Mein ort<br />
TETRAEDER<br />
Beschäftigte der Universitätsmedizin verraten, an welchem Platz<br />
sie sich besonders wohlfühlen. Diesmal: Silke Skottky, 49, Leiterin<br />
Verwaltung am Institut für Pathologie am Uniklinikum Essen.<br />
FOTO: MARCEL KAMPS<br />
Wind und Weite<br />
„Mittendrin und doch losgelöst – so fühle ich mich, wenn ich die<br />
Halde erklommen habe. Rund eine halbe Stunde laufe ich über die<br />
verschlungenen Wege bis zum Tetraeder auf der Hügelspitze. Dort<br />
kann man weiter durch das Stahlkonstrukt klettern. Teils auf im<br />
Wind schwankenden Hängebrücken und Podesten. Die Konzentration<br />
auf jeden Schritt und der weite Blick über das Ruhrgebiet<br />
haben fast etwas Meditatives. Der Alltag mit seinen kleinen und<br />
großen Problemen rückt in weite Ferne. Einmal tief durchatmen<br />
und dann habe ich wieder Energie und Lust auf das wuselige<br />
Ruhrgebiet mit seinen direkten und herzlichen Menschen.“<br />
Tetraeder auf der<br />
Halde Beckstraße,<br />
Prosperstraße 299–301,<br />
46238 Bottrop