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Das innere Feuer entfachen - Geheimwaffe »Innerer Antrieb«.

Wer weiß, warum er wie tickt, ist erfolgreicher im Job und im Umgang mit anderen, meinen die Motivationsexperten Dr. Helmut Fuchs und Petra Sinn.

Wer weiß, warum er wie tickt, ist erfolgreicher im Job
und im Umgang mit anderen, meinen die Motivationsexperten Dr. Helmut Fuchs und Petra Sinn.

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<strong>Das</strong> <strong>innere</strong> <strong>Feuer</strong> <strong>entfachen</strong><br />

<strong>Das</strong> <strong>innere</strong> <strong>Feuer</strong><br />

<strong>entfachen</strong><br />

Dr. Helmut Fuchs/Petra Sinn<br />

<strong>Geheimwaffe</strong> <strong>»Innerer</strong> <strong>Antrieb«</strong><br />

Wer weiß, warum er wie tickt, ist erfolgreicher im Job<br />

und im Umgang mit anderen, meinen die<br />

Motivationsexperten Dr. Helmut Fuchs und Petra Sinn.<br />

Noch vor wenigen Jahrzehnten glich das Leben einer gemütlichen<br />

Wanderschaft – Kindheit, Schulzeit, Ausbildung, Heirat, Familiengründung,<br />

Alter. Mit Muße schlenderte man von einer Lebensstation<br />

zur nächsten. Man wusste, was in der jeweiligen Phase von einem<br />

erwartet wurde und was man selbst vom Leben und von den anderen<br />

erwarten durfte. Wer so durchs Leben ging, hatte die Gewissheit,<br />

»richtig« zu leben. Eine Gewissheit, die uns abhandengekommen ist.<br />

Schließlich verläuft unser Leben längst nicht mehr so geradlinig wie<br />

früher. Wir gehen auf keine vorauszuplanende Wanderschaft mehr,<br />

wir unternehmen Kurztripps. Manchmal packen wir sogar unsere<br />

Koffer, ohne genau zu wissen, wohin die Reise gehen soll. Veränderung<br />

ist zum Hauptmerkmal unseres modernen Lebens geworden.<br />

Auf nichts ist mehr Verlass, ständig sind wir aufs Neue gefordert,<br />

müssen uns neuen Herausforderungen stellen.<br />

Woher dieser grundlegende Wandel rührt und wie wichtig es ist,<br />

sein Selbst noch klarer zu kennen, darum geht es in den folgenden<br />

181


Dr. Helmut Fuchs/Petra Sinn<br />

Ausführungen. Denn: Wer sein Ich kennt, weiß, was ihn antreibt,<br />

kann Konflikte leichter deuten und der Beschleunigung des Lebens<br />

trotzen.<br />

Warum sich unser Leben verändert<br />

Statt eines zusammenhängenden Selbst, wie wir das von jeher kannten,<br />

sprechen Sozialpsychologen wie Kenneth Gergen heute von einem<br />

»multiphrenen Selbst«, also ein Selbst mit vielen geistigen Einheiten.<br />

Jeder investiert auf unterschiedliche Arten in sich oder in verschiedene<br />

Teile seines Selbst und tourt durch eine Welt der Optionen. Weshalb<br />

der Soziologe Zygmunt Bauman auch vom »Selbst als Tourist« spricht.<br />

Früher kannte das Leben äußere Fixpunkte: Laufbahnen zum Beispiel,<br />

in denen man sich allmählich hocharbeitete, Familientraditionen, innerhalb<br />

derer man Rollen und Berufe übernahm, Umgebungen, in denen<br />

man sein Leben lang wirkte. Heute ist das anders. Der Sozialpsychologe<br />

Heiner Keupp macht neun gesellschaftliche Umbrüche für<br />

das neue Identitätsgefühl jedes Einzelnen verantwortlich:<br />

1. Menschen fühlen sich aus einstmals stabilen kulturellen Bezügen<br />

»entbettet«.<br />

2. Vorgegebene Lebensmuster verlieren ihre Selbstverständlichkeit.<br />

3. Erwerbsarbeit wird als Basis der Identität brüchig.<br />

4. Die Vielfalt der Erfahrungen lässt sich nur schwer zu einem Gesamtbild<br />

zusammenfügen.<br />

5. Virtuelle Welten lassen uns zweifeln an dem, was wirklich ist.<br />

6. Alles veraltet so schnell, sodass die Gegenwart schrumpft.<br />

7. Es besteht eine unendliche Fülle an verschiedenen Lebensformen.<br />

8. Die Geschlechtsrollen verändern sich in wachsendem Maße, wie<br />

Bindungen und Verbindlichkeiten zugunsten einer Individualisierung<br />

abnehmen.<br />

9. Nach dem Ende der traditionellen »großen Deutungssysteme«<br />

suchen Menschen individuell nach Sinn.<br />

182


<strong>Geheimwaffe</strong> <strong>»Innerer</strong> <strong>Antrieb«</strong><br />

<strong>Das</strong> sind die Prozesse, die mit Schlagworten wie »Individualisierung«,<br />

»mobile Gesellschaft« oder »Netzwerkgesellschaft« beschrieben<br />

werden. An die Stelle von sozialen Strukturen, die auf Dauer angelegt<br />

sind, treten wandelbare Netzwerke mit flüchtigen sozialen<br />

Beziehungen.<br />

Die »Big Five«-Theorie wird erneuert<br />

Natürlich haben diese Veränderungen auch Einfluss auf die Persönlichkeitspsychologie:<br />

Die als internationaler Durchbruch gefeierte<br />

»Big Five«-Theorie mit ihrem Postulat lebenslang stabiler Fundamente<br />

scheint im Lichte dieser Erkenntnisse hinfällig. Eine neue Perspektive<br />

für das verworrene Puzzle um die Persönlichkeit des Menschen<br />

könnte das visionäre Rahmenmodell »New Big Five« des<br />

US-amerikanischen Persönlichkeitspsychologen Dan McAdams<br />

bringen. Danach können wir uns selbst und unsere Mitmenschen<br />

besser begreifen, wenn wir – so McAdams –<br />

●<br />

●<br />

●<br />

unser evolutionäres Erbe zusammen mit den Bedingungen unserer<br />

Kultur und Umwelt als Rahmenfaktoren beachten (Disposition);<br />

wenn wir uns mit unseren Wesenszügen (»Traits« im Fachjargon),<br />

mit unseren Motiven und Werten als charakteristischen, lebenslang<br />

prägenden Verhaltensdispositionen beschäftigen und<br />

uns sehr viel bewusster als jemals zuvor mit unseren ganz persönlichen<br />

»Life Storys«, unseren Lebenserzählungen, befassen.<br />

Setzen wir uns mit all diesen drei Dingen auseinander, werden wir<br />

uns in unserer Haut wohler fühlen, werden wir lustvoller und beflügelter<br />

arbeiten und mehr Freude am Leben entwickeln. Doch nur<br />

dann, wenn wir unsere Dispositionen und Wesenszüge leben, unsere<br />

Motive und Werte kennen und ebenso kluge wie spannende Lebenserzählungen<br />

und Lösungen finden, die unserem <strong>Das</strong>ein Sinn und<br />

Zweck schenken.<br />

183


Dr. Helmut Fuchs/Petra Sinn<br />

Unsere persönliche Disposition<br />

Als eine Spezies der Jäger und Sammler sicherten unsere Vorfahren<br />

angesichts begrenzter Ressourcen ihr Überleben in kleinen Gruppen<br />

oder auf Verwandtschaft gegründeten »Urhorden«. Diese Gruppen<br />

förderten in einem intensiven sozialen Kontakt die kognitive und<br />

emotionale Entwicklung ihrer Mitglieder ebenso wie die Kooperation<br />

und die Konkurrenz. Der Persönlichkeitspsychologe Robert Hogan<br />

hat im Detail beschrieben, wie die Evolution uns dahin geführt<br />

hat, sowohl mit anderen auszukommen als auch besser als sie zu<br />

sein.<br />

Kooperation als Sozialakzeptanz und Konkurrenz als Sozialstatus<br />

sind mächtige Mandate der Evolution: Alle, die sie nicht annehmen<br />

konnten, wurden zu ihren Opfern – sie konnten nicht<br />

überleben und ihre Gene an die nächste Generation weitergeben.<br />

Diese Zusammenhänge sind so bedeutsam, weil sie in die menschliche<br />

Natur und in unser Genom eingebaut sind. Die natürliche<br />

Auswahl und Selektion hat uns mit einem bestimmten Satz allgemeiner<br />

menschlicher Handlungs- oder Anpassungsleistungen ausgestattet.<br />

<strong>Das</strong> bedeutet: Wie auch immer die individuelle Persönlichkeit<br />

angelegt ist, sie ist immer eine Variante auf diesem<br />

gemeinsamen evolutionären Design. Diese »EPMs« (evolvierte psychologische<br />

Mechanismen) sind die Grundlage der Kernwesenszüge<br />

eines Menschen. Sie, unsere persönliche Disposition, müssen<br />

wir verstehen, damit wir erkennen, warum jeder so ist, wie alle anderen<br />

oder alle Menschen gleich geschaffen sind, bevor wir uns mit<br />

den individuellen Feinheiten befassen können.<br />

Bis zu 20 Basismotive bestimmen uns<br />

Um die persönliche Disposition zu ergründen und in anleitende Impulse<br />

zu übertragen, haben Motivationspsychologen 18 Basismotive<br />

(bei manchen Psychologen sind es auch 16 oder 20) entschlüsselt.<br />

Diese zusammen lassen erkennen, was genau in uns tickt, was uns<br />

antreibt und uns Sinn gibt. Motive, Werte und Ziele stehen dabei in<br />

einem komplexen Wirkungszusammenhang. Wie seinen individu-<br />

184


<strong>Geheimwaffe</strong> <strong>»Innerer</strong> <strong>Antrieb«</strong><br />

ellen Fingerabdruck, so hat auch jeder Mensch sein ganz eigenes und<br />

unverwechselbares Motivprofil, sagt die Wissenschaft. Sich dessen<br />

bewusst zu sein, ist die Voraussetzung für eine erfolgreiche Persönlichkeitsentwicklung.<br />

Schließlich bleibt das Motivprofil eines Menschen<br />

im Laufe des Lebens relativ stabil: Neugierige Kinder werden<br />

auch als Jugendliche und Erwachsene offen und interessiert durchs<br />

Leben gehen; lediglich einschneidende Lebenserfahrungen oder<br />

Entwicklungsprozesse können zu Veränderungen führen.<br />

18 Basismotive nach dem Modell der MSA-Motivstrukturanalyse<br />

● Wissen: Wissen, Intellektualität<br />

● Prinzipientreue: Loyalität, Moral, Integrität<br />

● Macht: Führen, Verantwortung übernehmen<br />

● Status: Prestige, Reichtum, Titel<br />

● Ordnung: Stabilität, Klarheit, Organisation<br />

● materielle Sicherheit: Eigentum, Anhäufung von Gütern<br />

● Freiheit: Unabhängigkeit, Selbstbestimmung<br />

● Beziehung: Freundschaft, Humor, Geselligkeit<br />

● Hilfe/Fürsorge: unterstützen, anderen helfen<br />

● Familie: Familienleben, Kinder, Fürsorglichkeit<br />

● Idealismus: Gerechtigkeit, Fairness<br />

● Anerkennung: Akzeptanz, Bestätigung<br />

● Wettkampf: Kampf, Konkurrenz, gewinnen<br />

● Risiko/Stress: Belastbarkeit, Veränderungsbereitschaft<br />

● Essen: Nahrung, speisen mit Genuss<br />

● körperliche Aktivität: Sport, Bewegung, Fitness<br />

● Sinnlichkeit: Schönheit, Design, Sexualität<br />

● Spiritualität: Sinn des Lebens, Glaube<br />

Diese 18 Motive sind im Sinne der MSA-Theorie die Formel, die über<br />

»Erfolg« und »Misserfolg« entscheidet. Sie beeinflussen unsere Arbeit<br />

ebenso wie unsere Beziehung zu Vorgesetzten, Mitarbeitern,<br />

Partnern und Freunden.<br />

185


Dr. Helmut Fuchs/Petra Sinn<br />

Selbsttest: Welche Motive ticken in Ihnen?<br />

Ermitteln Sie durch einfache Rangfolge, welche Motive bei Ihnen<br />

stark und welche weniger stark ausgeprägt sind. Beobachten Sie, ob<br />

Ihre wichtigsten Fundamentalmotive tagtäglich genügend »Futter«<br />

bekommen, also gelebt werden können. Wenn starke Motive längere<br />

Zeit nicht bedient werden, werden Sie unzufrieden und frustriert.<br />

Ihre Zielsetzung sollte sein, die wichtigsten Antriebe tagtäglich genügend<br />

zu pflegen. Falls Sie an einer genauen persönlichen Analyse Ihrer<br />

Motive auf wissenschaftlichem Hintergrund interessiert sind,<br />

wenden Sie sich an die Autoren unter www.helmutfuchs.de oder<br />

www.petrasinn.de.<br />

Bitte nicht von sich auf andere schließen!<br />

Vom Intellekt her ist zwar bekannt, dass Menschen unterschiedliche<br />

Werte und Ziele verfolgen. Jedoch ist es für den Einzelnen unverständlich,<br />

wie es sein kann, dass der andere nicht genau so denkt wie<br />

er selbst. Erschwerend kommt die Annahme hinzu, dass wir unsere<br />

eigenen Werte und Motive für die besten, die vernünftigsten und<br />

edelsten halten und wir meinen, dass diese auch für andere gelten<br />

müssen. Drei Beispiele:<br />

1. Missverstehen: <strong>Das</strong> ist die Konfusion, die entsteht, wenn man<br />

nicht glauben kann, dass sich andere wirklich immer anders verhalten,<br />

dass zum Beispiel der »Workaholic« immer arbeitet und der<br />

»Lonesome Cowboy« gesellige Veranstaltungen meidet. Während<br />

sich beispielsweise Ehrgeizige als erfolgsorientiert, stark und kraftvoll<br />

sehen, verstehen Nichtambitionierte sie als Wichtigtuer, kontrollierend<br />

und einseitig. Letztere schätzen sich selbst als sozial und<br />

menschenorientiert ein, während sie Ehrgeizige als erfolglos und<br />

faul kritisieren.<br />

2. Selbst-Illusion: Damit ist die Selbstverständlichkeit gemeint, mit<br />

der davon ausgegangen wird, dass die eigenen Werte und Motive<br />

auch für andere gelten müssen. Einer Selbst-Illusion unterliegen<br />

nicht ehrgeizige Menschen, wenn sie ehrgeizigen Menschen raten,<br />

186


<strong>Geheimwaffe</strong> <strong>»Innerer</strong> <strong>Antrieb«</strong><br />

weniger zu arbeiten. Sie realisieren nicht, dass ehrgeizige Menschen<br />

das, was sie tun, genießen.<br />

3. Werte-Tyrannei: <strong>Das</strong> ist der ungute Versuch, andere mehr oder<br />

minder nachdrücklich zu überzeugen. Ob Vorgesetzte die Arbeitsweise<br />

ihrer Mitarbeiter oder die Teammitglieder den Arbeitsstil des<br />

Kollegen nicht akzeptieren oder Lebenspartner sich den Alltag<br />

schwer machen: Früher oder später endet dieser Versuch im Eklat.<br />

Solche Missverständnisse sind jedoch immer eine Medaille mit zwei<br />

Seiten. Wenn also Menschen mit gänzlich unterschiedlich ausgeprägten<br />

Lebensmotiven – etwa Neugierige mit weniger Wissensdurstigen,<br />

Statusbewusste mit Statusgleichgültigen – in einem Team<br />

zusammentreffen, sind Verständnisschwierigkeiten vorprogrammiert.<br />

So ergab in einem konkreten Fall die Analyse eines Leitungsteams,<br />

dass alle Partner – bis auf einen – überwiegend das Motiv<br />

hatten, flexibel zu handeln, also den Wunsch, Entscheidungen weniger<br />

strukturiert und geplant zu treffen. Weiterhin waren beim einzelnen<br />

Partner zusätzlich die Antriebe »kämpferisch« und »führend«<br />

stärker ausgeprägt. Somit erfolgte die Kommunikation dieses Teammitglieds<br />

meist »dominant-bestimmend«, was zu Reibereien führte.<br />

Die Erkenntnisse über die eigene Motivstruktur und die Motivstruktur<br />

innerhalb des Teams lieferte einen Erklärungsansatz für das bisherige<br />

Kommunikations- und Entscheidungsverhalten.<br />

In der Praxis prallen die verschiedenen Motive häufig ungebremst<br />

aufeinander. Ein Vorgesetzter mit einem ausgeprägt positiven<br />

Selbstbild wird gegenüber seinen Mitarbeitern selbstsicher auftreten.<br />

Mitglieder seines Verkaufsteams, denen es an Selbstvertrauen mangelt,<br />

wird er unbestimmt und unsicher empfinden. Im Umkehrschluss<br />

bedeutet es für den Vertriebsmitarbeiter, dass er den Vorgesetzten<br />

als tendenziell eingebildet, kalt oder glatt wahrnimmt.<br />

187


Dr. Helmut Fuchs/Petra Sinn<br />

Beispiele für motivbasierte Eigen- und Fremdwahrnehmung<br />

Basismotiv<br />

Ausprägung<br />

des<br />

stärkeren<br />

Antriebs<br />

Eigenwahrnehmung:<br />

denkt über<br />

sich ...<br />

Fremdwahrnehmung:<br />

denkt über den<br />

gegensätzlich<br />

anderen ...<br />

Anerkennung<br />

der<br />

Unsichere<br />

jämmerlich,<br />

Versager,<br />

Heulsuse,<br />

Mimose, unreif<br />

eingebildet, kalt,<br />

glatt<br />

der<br />

Selbstbewusste<br />

selbstbewusst,<br />

selbstsicher,<br />

positives<br />

Selbstbild<br />

unbestimmt,<br />

unsicher, Mangel an<br />

Selbstvertrauen<br />

Wettkampf<br />

der<br />

Kämpfer<br />

Gewinner,<br />

wettbewerbsfähig,<br />

aggressiv<br />

Verlierer, unbestimmt,<br />

passiv,<br />

»Weichei«<br />

der<br />

Kooperative<br />

nett, verzeihend,<br />

kooperativ, friedliebend,<br />

Konflikt<br />

vermeidend<br />

aggressiv, zornig,<br />

will immer<br />

gewinnen,<br />

»Wettbewerbshai«<br />

Risiko/<br />

Stress<br />

der Robuste<br />

mutig, wagemutig,<br />

tapfer, kühn,<br />

selbstsicher,<br />

unerschütterlich<br />

furchtsam, feige,<br />

neurotisch,<br />

»Bedenkenträger«,<br />

überängstlich<br />

der Stressempfindliche<br />

vorsichtig, klug,<br />

selbstsicher<br />

leichtsinnig,<br />

tollkühn, gedankenlos<br />

Praxistipp: Bei der Kommunikation mit Mitarbeitern, bei denen zum<br />

Beispiel das Basismotiv »Anerkennung« stark ausgeprägt ist, sollten<br />

Sie darauf achten,<br />

188


<strong>Geheimwaffe</strong> <strong>»Innerer</strong> <strong>Antrieb«</strong><br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

keine negative Kritik vor anderen zu üben,<br />

»Hinweise« immer mit positiven Anerkennungssignalen zu verknüpfen,<br />

Mitarbeiter zu unterstützen und zu ermutigen,<br />

keine Diskussion über Verantwortlichkeiten zu führen,<br />

sehr genau zu registrieren, welche Themen für den Mitarbeiter<br />

von Bedeutung sind, bei denen er eine größere Sicherheit hat.<br />

Da unterschiedliche Denk- und Verhaltensweisen weitverbreitet sind,<br />

sollte jeder für sich prüfen, wie sehr er andere Motive und Werte<br />

wirklich erkennt und toleriert. Denn: Unterschiedliche Motivationsprofile<br />

belasten auf Dauer alle Beziehungen. Es ist daher sinnvoll, die<br />

Kompatibilität und wechselseitige »Verträglichkeit« von existenziell<br />

wichtigen Motiven zu klären. Zumindest sollte jeder prüfen, inwieweit<br />

er ein abweichendes Motivprofil tolerieren kann.<br />

Die eigene Lebensgeschichte nicht vergessen!<br />

Wie wir gesehen haben, ist Identität in komplexen post- oder spätmodernen<br />

Zeiten ein herausforderndes Unterfangen für den Einzelnen<br />

geworden: Wie schafft oder erzeugt das »Patchwork-Selbst«, das<br />

»multiphrene Ich«, das in mehrere oder viele Ichs oder Selbsts aufgeteilt<br />

und gespalten ist, ein halbwegs einheitliches und überdauerndes<br />

Gefühl, selbst zu sein?<br />

Eine Antwort liefert die Neurobiologie. Für den Hirnforscher<br />

Gerhard Roth gibt es zwar keine Befunde auf ein einheitliches Ich<br />

oder Ich-Bewusstsein im Gehirn. Die fest im abendländischen Denken<br />

verwurzelte Vorstellung, wir hätten ein Ich, das den Kern unserer<br />

Person ausmacht und für unser Handeln verantwortlich ist, hält<br />

Roth für eine Selbsttäuschung des Geistes. Sie ist allerdings notwendig,<br />

damit das Gehirn seine komplexen Aufgaben bewältigen kann.<br />

<strong>Das</strong> Identitätsgefühl resultiert für den Hirnforscher aus der Arbeit<br />

des sogenannten »autobiografischen Gedächtnisses«, dem »autobiografischen<br />

Ich«: Es schafft die emotionale Gewissheit, »dass ich derjenige<br />

bin, der ich gestern war, und dass ich eine Kontinuität in meinen<br />

verschiedenen Empfindungen erlebe«. Eine elementare Rolle<br />

189


Dr. Helmut Fuchs/Petra Sinn<br />

übernimmt dabei das Sprechen über sich selbst und die Reflexion<br />

der eigenen Lebensgestaltung.<br />

Ein sehr alltagspraktisches Modell zur Reflexion der eigenen Lebenspositionierung<br />

wurde von dem Arzt und Psychotherapeuten<br />

Nossrat Peseschkian im Rahmen seiner Salutogenese-Studien entwickelt.<br />

Die Salutogenese untersucht, warum und wie Menschen gesund<br />

bleiben – im Unterschied zur Pathogenese: Sie beschäftigt sich<br />

damit, warum Menschen krank werden bzw. wie Krankheit verhindert<br />

oder in Gesundheit umgewandelt werden kann.<br />

Heutzutage hat der moderne Mensch oft das Gefühl, dass ihm<br />

bei der aufgewendeten Zeit für Privat- und Berufsleben die Frage<br />

nach dem Sinn und die persönliche Gesundheit aus der Balance geraten<br />

sind. Da die einzelnen Bereiche aber in wechselseitiger Abhängigkeit<br />

stehen, wird eine einseitige zeitliche Betonung eines Lebensbereichs<br />

zwangsläufig zur Vernachlässigung des anderen führen.<br />

In seinen Untersuchungen zu den gesundheitlichen Wechselwirkungen<br />

von Psyche, Körper und sozialem Umfeld betonte Peseschkian<br />

immer wieder die Notwendigkeit, die eigene Lebensgeschichte<br />

aufzuschreiben und darin allen vier Bereichen genügend Zeit und<br />

Aufmerksamkeit zu schenken. Peseschkians vier Bereiche sind:<br />

1. Arbeit und Leistung: Dieser Bereich bezieht sich auf unsere berufliche<br />

Tätigkeit und alle Themen, die sich um Gehalt, Wohlstand,<br />

Vermögensaufbau und Karriere drehen.<br />

2. Kontakt und Beziehungen: <strong>Das</strong> umfasst alle Menschen, mit denen<br />

wir in Kontakt stehen, denen wir Zuwendung schenken und die<br />

uns etwas bedeuten. Vorrangig Familie, Freunde und Bekannte, aber<br />

auch Nachbarn, Sportkameraden und Zufallsbekanntschaften.<br />

3. Gesundheit und Körper: Dieser Bereich deckt das gesamte<br />

Spektrum der Ernährung, der Entspannung, der Erholung, des Körpertrainings<br />

und der Fitness ab. Alle Themenbereiche, die uns helfen,<br />

körperlich gesund und belastbar zu bleiben.<br />

4. Sinn und Zukunft: Dieser von uns meist sträflich vernachlässig te<br />

Bereich berührt das größere Ganze und umfasst die Bedeutung von<br />

Transzendenz und Spiritualität. Die Fragen nach dem Sinn des Lebens,<br />

nach einer zuverlässigen Glaubensorientierung in der Religion,<br />

190


<strong>Geheimwaffe</strong> <strong>»Innerer</strong> <strong>Antrieb«</strong><br />

nach den Werten und Tugenden unseres Lebens werden meist erst<br />

sehr spät gestellt und zu lange aus dem Leben ausgeklammert.<br />

Selbsttest: Wie halten Sie es mit der Gesundheitsvorsorge?<br />

Mithilfe der nachstehenden Selbsteinschätzung erhalten Sie einen<br />

Überblick, wieweit Sie Peseschkians vier Bereiche bereits beherzigen.<br />

Markieren Sie jeweils die Antwort, die für Sie zutrifft. Die entsprechende<br />

Auswertung finden Sie am Ende der Tabelle.<br />

Berufliche Leistung –<br />

»Zeitfresser«<br />

Termine bereite ich immer<br />

vor, plane ich und halte sie<br />

auch ein.<br />

In Besprechungen notiere ich<br />

sauber die Stichpunkte mit.<br />

Vorausschauende Tagesplanung<br />

ist mir immer wichtig.<br />

Zeitplanung und Prioritätensetzung<br />

sind für mich Pflicht.<br />

Ich betreibe ein gutes<br />

Telefonmanagement.<br />

Ich delegiere grundsätzlich<br />

unwichtige Aufgaben.<br />

Ich schiebe nichts auf,<br />

erledige alles sofort oder<br />

terminiere.<br />

Ich betreibe ein gut funktionierendes<br />

Störmanagement.<br />

Übersicht und Ordnung an<br />

meinem Arbeitsplatz lassen<br />

mich alles schnell und sicher<br />

finden.<br />

A B C<br />

fast immer häufig fast nie<br />

fast immer häufig fast nie<br />

fast immer häufig fast nie<br />

fast immer häufig fast nie<br />

fast immer häufig fast nie<br />

fast immer häufig fast nie<br />

fast immer häufig fast nie<br />

fast immer häufig fast nie<br />

fast immer häufig fast nie<br />

191


Dr. Helmut Fuchs/Petra Sinn<br />

Ich habe genügend Selbstdisziplin<br />

und Eigenverantwortung,<br />

meine geplanten<br />

Aktivitäten konsequent zu<br />

erledigen.<br />

Körperliche Gesundheit –<br />

»Warnsignale«<br />

Schlafen Sie gesund und<br />

ausreichend?<br />

fast immer häufig fast nie<br />

A B C<br />

fast immer häufig nein<br />

Bewegen Sie sich regelmäßig? ja manchmal nein<br />

Wie oft haben Sie während<br />

der letzten Woche mehrere<br />

Fernsehsendungen hintereinander<br />

gesehen?<br />

an<br />

maximal<br />

3 Tagen<br />

3–5 Tage<br />

an mehr<br />

als 5 Tagen<br />

Sind Sie derzeit auf Medikamente<br />

wie Kreislaufmittel<br />

oder Kopfschmerztabletten<br />

angewiesen?<br />

Nehmen Sie sich genügend<br />

Zeit für das Frühstück?<br />

Kauen Sie gründlich, bevor<br />

Sie einen Bissen hinunterschlucken?<br />

Können Sie sich am Arbeitsplatz<br />

genügend bewegen?<br />

Nehmen Sie an den wichtigen<br />

ärztlichen Untersuchungen<br />

teil?<br />

Können Sie schnell und gut<br />

entspannen?<br />

Reservieren Sie sich regelmäßig<br />

Zeit für »aktive Ruhe«<br />

(Entspannung, Hobbys,<br />

Sport usw.)?<br />

nein manchmal fast täglich<br />

immer manchmal nie<br />

ja manchmal nein<br />

häufig<br />

gelegentlich<br />

selten<br />

ja selten nie<br />

ja manchmal nein<br />

ja manchmal nein<br />

192


<strong>Geheimwaffe</strong> <strong>»Innerer</strong> <strong>Antrieb«</strong><br />

Beziehungspflege –<br />

Kontaktbereich<br />

Sinn – Ziele und Wertvorstellungen<br />

Haben Sie lebensbestimmende<br />

Werte?<br />

Überprüfen Sie regelmäßig Ihr<br />

Verhalten an Wertvorstellungen?<br />

A B C<br />

sehr<br />

wichtig<br />

bedingt<br />

unwichtig<br />

sehr viel weniger kaum<br />

sehr<br />

Wie wichtig sind Ihnen<br />

soziale Kontakte?<br />

Wie intensiv verbringen Sie<br />

Zeit mit Ihrem Lebenspartner?<br />

Wie wichtig ist der Kontakt<br />

zu Ihren Eltern/Geschwis tern?<br />

Nehmen Sie sich Zeit für Ihre<br />

Verwandten?<br />

Pflegen Sie bewusst Beziehungen<br />

zu Freunden?<br />

Haben Sie gerne Gäste zu<br />

Hause?<br />

Wie lange bleiben Sie<br />

gewöhnlich auf Festen und<br />

Feiern?<br />

Engagieren Sie sich in Klubs,<br />

Parteien oder Vereinen?<br />

Haben Sie Kontakt zu<br />

anderen Kulturkreisen?<br />

Wie schnell machen Sie sich<br />

ein Bild von anderen<br />

Menschen?<br />

gelegentlich<br />

unwichtig<br />

viel etwas wenig<br />

ja<br />

ja<br />

sehr lange<br />

hin und<br />

wieder<br />

unregelmäßig<br />

unterschiedlich<br />

selten<br />

nein<br />

eher kurz<br />

ja, intensiv weniger gar nicht<br />

ja manchmal selten<br />

sehr<br />

schnell<br />

es dauert<br />

etwas<br />

relativ<br />

langsam<br />

A B C<br />

fast immer häufig fast nie<br />

fast immer häufig fast nie<br />

193


Dr. Helmut Fuchs/Petra Sinn<br />

Nehmen Sie sich täglich Zeit,<br />

um zu meditieren?<br />

Machen Sie sich konstruktive<br />

Gedanken über die Zukunft?<br />

Engagieren Sie sich für Fragen<br />

nach dem Sinn des Lebens?<br />

Sind Sie mit Ihrem momentanen<br />

Leben zufrieden?<br />

Haben Sie langfristige Ziele in<br />

allen vier Lebensbereichen?<br />

Haben Sie diese Ziele<br />

schriftlich fixiert?<br />

Überprüfen Sie regelmäßig<br />

Ihre langfristigen Ziele?<br />

Sprechen Sie mit Ihrer<br />

Familie, Ihren Freunden und/<br />

oder anderen Menschen über<br />

Sinnfragen?<br />

fast immer häufig fast nie<br />

fast immer häufig fast nie<br />

fast immer häufig fast nie<br />

fast immer häufig fast nie<br />

fast immer häufig fast nie<br />

fast immer häufig fast nie<br />

fast immer häufig fast nie<br />

fast immer häufig fast nie<br />

Auswertung der Selbsteinschätzung: Geben Sie sich für jede A-Antwort<br />

einen Punkt, für jede B-Antwort 0,5 Punkte und für jede C-<br />

Antwort 0 Punkte. Addieren Sie die Punktzahl für jeden Bereich.<br />

Übertragen Sie Ihre Werte in die folgende Grafik und verbinden<br />

Sie die Punkte miteinander. So erhalten Sie ein Bild davon, wie gut<br />

Sie derzeit Ihre vier Lebensbereiche ausgeglichen haben und welche<br />

Lebensbereiche dringend stärker bedient werden müssen.<br />

194


<strong>Geheimwaffe</strong> <strong>»Innerer</strong> <strong>Antrieb«</strong><br />

Gesundheit<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

6<br />

7<br />

8<br />

10<br />

9<br />

Leistung<br />

Sinn<br />

9<br />

10<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

6<br />

7<br />

8<br />

9<br />

10<br />

Kontakt<br />

Zusammenfassung<br />

Mehr denn je braucht der moderne Mensch Rituale, Grenzen und<br />

auch Tabus, um sich aus der orientierungslosen Lebensführung zu<br />

befreien. Seine Motive kennen und sein Leben dementsprechend in<br />

die Hand zu nehmen, ist unabdingbar. Ratgeber wie dieses Buch und<br />

die ermutigenden Skizzen prominenter Autoren ersetzen aber nicht<br />

das Tun. Eine alte Volksweisheit sagt: »Suchst du eine hilfreiche<br />

Hand, findest du sie am Ende deines Armes.« Oder wie sagte Dante:<br />

»Der eine wartet, bis die Zeit sich wandelt, der andere packt sie an<br />

und handelt!« Wir sagen: »Wenn nicht jetzt – wann dann!« – also:<br />

Packen Sie’s an!<br />

195


Dr. Helmut Fuchs/Petra Sinn<br />

Buchtipps<br />

Asendorpf, Jens B.: Psychologie der Persönlichkeit, Berlin: Springer, 4., überarb. u. akt.<br />

Aufl. 2007<br />

Fuchs, Helmut; Huber, Andreas: Die 16 Lebensmotive. Was uns wirklich antreibt, München:<br />

dtv 2002<br />

Fuchs, Helmut; Huber, Andreas: Selfness. Nehmen Sie Ihr Leben in die Hand, München:<br />

dtv 2007<br />

McAdams, Dan: The Redemptive Self. Stories Americans live, Oxford: Oxford University<br />

Press 2006<br />

Roth, Gerhard: Fühlen, Denken, Handeln. Wie das Gehirn unser Verhalten steuert, Berlin:<br />

Suhrkamp, 5., vollst. überarb. Aufl. 2010<br />

Links<br />

Helmut Fuchs: www.helmutfuchs.de<br />

Dan McAdams und das Foley Center: www.sesp.northwestern.edu/foley/<br />

John D. Mayer: www.thepersonalitysystem.org<br />

Brent Roberts: www.psych.uiuc.edu/~broberts/<br />

Dr. Helmut Fuchs, geb. 1951, ist Gründungspräsident<br />

und Verwaltungsrat der European<br />

Academy for Training and Development EATD<br />

AG und Inhaber und Cheftrainer der TAM-Trainer-Akademie-München.<br />

Er arbeitet in<br />

Deutschland, der Schweiz, Österreich und<br />

Spanien. 1998 wurde er für seine Trainingsseminare<br />

mit dem Deutschen Trainingspreis in<br />

Gold ausgezeichnet und erhielt 2000 das<br />

Deutsche Trainingspreis Excellence Certification.<br />

Dr. Fuchs hält regelmäßig Vorträge und<br />

Seminare zu den Themen Teammotivation,<br />

Leistungsentwicklung und Persönlichkeit und<br />

ist Autor zahlreicher Bücher, Kassettenprogramme<br />

und Hunderter von Fachartikeln.<br />

www.helmutfuchs.de<br />

196


<strong>Geheimwaffe</strong> <strong>»Innerer</strong> <strong>Antrieb«</strong><br />

Petra Sinn, geb. 1964,<br />

diplomierte TAM-Management-<br />

Trainerin und zertifizierte<br />

BDVT-Trainerin und Beraterin,<br />

hat sich als Motivationscoach<br />

und High- Ropes-Trainerin<br />

ausbilden lassen und arbeitet im<br />

Schwerpunkt Bildungsmanagement<br />

und Personalentwicklung<br />

bei der Trainer-Akademie-<br />

München.<br />

www.petrasinn.de<br />

197

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