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Jörg Fengler HELFEN MACHT MÜDE: Analyse und Bewältigung ...

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daß dieser Berufsgruppe kaum zu helfen ist, weil sie es vermeiden, Unterstützung aufzusuchen <strong>und</strong><br />

Hilfsangebote anzunehmen.<br />

Kemper (1990) hat zehn Rollen beschrieben, in die Ärzte bei Überlastung flüchten. Der Arzt<br />

♦ vermeidet die Begegnung mit dem Patienten,<br />

♦ entwertet das eigene Tun ("zwecklos"),<br />

♦ erledigt seine Arbeit hastig,<br />

♦ versteckt sich hinter Medikament <strong>und</strong> Instrument,<br />

♦ ist ungeduldig <strong>und</strong> beklagt mangelnde Mitarbeit des Patienten,<br />

♦ verspricht visionär Besserungen,<br />

♦ überschätzt die Heilungschancen,<br />

♦ unterschätzt die Heilungschancen,<br />

♦ tut das Notwendigste, ohne mit dem Patienten zu sprechen,<br />

♦ konstruiert eine schöne Familienszene.<br />

Ein Teil der Spannungen, unter denen Mediziner stehen, zeigt sich in ihren Scherzen. Von Notfallmedizinern<br />

ist mir folgende Witzserie bekannt geworden:<br />

♦ "Wir heißen jetzt nicht mehr Notärzte, sondern Not-Ärzte, also Nicht-Ärzte."<br />

♦ "Zu unserer Gr<strong>und</strong>ausrüstung gehört auch nicht mehr die Trage, sondern Spitzhacke <strong>und</strong> Schaufel."<br />

♦ "Unsere Wagen werden jetzt auch nicht mehr rot gespritzt, sondern schwarz."<br />

Suchtgefährdung<br />

Verschiedentlich sind Einstellung <strong>und</strong> Verhaltensweisen von Ärzten in Fragen der Sucht untersucht worden.<br />

Reimer <strong>und</strong> Freisfeld (1984) konnten nach einer schriftlichen Befragung von Ärzten in Schleswig-Holstein<br />

zeigen, daß diese auf Alkoholkranke unter ihren Patienten überwiegend verurteilend <strong>und</strong> gereizt reagieren<br />

<strong>und</strong> sie mit negativen Werturteilen belegen, sich selbst aber ein untadeliges Verhalten ihnen gegenüber<br />

attestieren. Daß es andererseits in dieser Hinsicht bei Ärzten ein Verleugnungspotential <strong>und</strong> eine Ahnung<br />

von der eigenen Gefährdung geben mag, läßt der folgende Aphorismus erkennen: "Ein Alkoholiker ist<br />

jemand, der mehr trinkt als sein Arzt." Enzmann <strong>und</strong> Kleiber (1989) zitieren eine Reihe angelsächsischer<br />

Untersuchungen über Belastungsfolgen bei Ärzten. Alkoholismus ist bei schottischen Ärzten 2,7mal so<br />

häufig wie bei Männern mit vergleichbarem sozialem Status. Die Wahrscheinlichkeit für<br />

Drogenabhängigkeit ist ca. 30- bis 100mal höher als in der Gesamtbevölkerung der USA. Dies scheint nicht<br />

auf den leichten Zugang zu Drogen zurückzuführen zu sein, weil Zahnärzte <strong>und</strong> Pharmazeuten keine<br />

vergleichbare Prävalenz für erhöhten Drogenkonsum aufweisen. Pearson (1975) dagegen fand bei Ärzten<br />

eine unterdurchschnittliche Rate von Suchtabhängigkeiten. Green et al. (1976) sowie Harris (1986) konnten<br />

bei abhängigen Ärzten, die eine Entziehung durchmachten, eine überdurchschnittliche Heilungsrate<br />

nachweisen.<br />

Partnerschaft<br />

Die Partnerschaft von Ärzten ist ebenfalls mehrfach untersucht worden, weil sich hier verdeckte, gleichsam<br />

der unmittelbaren öffentlichen Kontrolle sich entziehende Prozesse entfalten, die in Hinblick auf die<br />

Belastung von Ärzten um so aussagekräftiger sein mögen. Vincent (1969) stellte zusammen, was in der<br />

Literatur über Probleme in der Beziehung zwischen Ärzten <strong>und</strong> ihren Frauen wiederkehrend berichtet wird:

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