20.02.2013 Aufrufe

Diagnose- und Therapiestrategien beim Mammakarzinom

Diagnose- und Therapiestrategien beim Mammakarzinom

Diagnose- und Therapiestrategien beim Mammakarzinom

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

SENOLOGIE<br />

Risikofaktoren<br />

Als hauptsächliche Risikofaktoren gelten das<br />

Alter <strong>und</strong> eine positive Familienanamnese.<br />

Prädiktoren für das Überleben nach Brustkrebs<br />

sind Alter, Tumorgrading <strong>und</strong> Hormonrezeptoren,<br />

die sehr gut mit den in den<br />

letzten Monaten publizierten <strong>und</strong> zur Zeit<br />

noch experimentellen Genexpressionsanalysen<br />

korrelieren, wo mittels Mikroarraytechnik<br />

<strong>und</strong> molekularem Profiling ein Prognoseprofil<br />

erstellt wird.<br />

Prävention<br />

Bis heute gibt es noch keine etablierte primäre<br />

Prävention ausser der bilateralen Mastektomie<br />

mit konsekutivem Aufbau. In der<br />

sek<strong>und</strong>ären Prävention hat sich die Mammographie<br />

als effektiv erwiesen. Sie bringt<br />

bei Frauen zwischen 50 <strong>und</strong> 70 Jahren eine<br />

Verminderung der Brustkrebs-Mortalität von<br />

25–30%. Die Untersuchung sollte alle 2 Jahre<br />

vorgeschlagen werden.<br />

Diagnostik in der Mammasprechst<strong>und</strong>e<br />

Die Abklärung eines Mammaknotens oder einer<br />

Brusthautveränderung beginnt mit der<br />

Anamnese <strong>und</strong> der detaillierten klinischen<br />

Untersuchung. Danach folgen die sonographische<br />

Untersuchung <strong>und</strong> allenfalls die<br />

Mammographie. Der Ultraschall (Abb. 1) erlaubt<br />

eine präzise Beurteilung der meisten<br />

Läsionen <strong>und</strong> ermöglicht eine gezielte zyto-<br />

Abbildung 1<br />

Coaching der häufigsten malignen Tumor-Erkrankungen bei der Frau<br />

Aktuelle <strong>Diagnose</strong>- <strong>und</strong> <strong>Therapiestrategien</strong><br />

<strong>beim</strong> <strong>Mammakarzinom</strong><br />

Die Therapie <strong>und</strong> auch die Diagnostik des <strong>Mammakarzinom</strong>s haben in den letzten zehn bis zwanzig Jahren einen<br />

erheblichen Wandel erlebt. Die diagnostischen Möglichkeiten sind erweitert <strong>und</strong> verfeinert worden <strong>und</strong> im<br />

therapeutischen Bereich wurden Fortschritte erzielt. Das <strong>Mammakarzinom</strong> bleibt mit ca. 4000 Neuerkrankungen<br />

pro Jahr auch in unserem Land die häufigste maligne Tumorerkrankung bei der Frau. 1600 Frauen sterben<br />

jährlich daran, wobei die Mortalitätsrate seit 1990 um 25% gesenkt werden konnte.<br />

von Dr. med. Gustav Beck,<br />

Facharzt FMH für Gynäkologie <strong>und</strong><br />

Geburtshilfe, Schwangerschaftsultraschall (SGUM)<br />

Laserbehandlung der Haut <strong>und</strong> hautnahen Schleimhäute,<br />

4600 Olten<br />

logische/histologische Untersuchung mittels<br />

FNP oder Stanzbiopsie. Die Sensitivität für<br />

die FNP variiert zwischen 65 <strong>und</strong> 95%. Durch<br />

Punktion werden Zysten diagnostiziert <strong>und</strong><br />

gleichzeitig behandelt. In der Brustsprechst<strong>und</strong>e<br />

der Frauenklinik des Kantonsspitals<br />

Olten haben wir zwischen Januar 2000 <strong>und</strong><br />

Dezember 2002 bei 108 Patientinnen eine<br />

sonographisch gesteuerte Stanzbiopsie in<br />

Lokalanästhesie durchgeführt. Die Sensitivität<br />

für eine maligne <strong>Diagnose</strong> inkl. DCIS<br />

betrug 79%, die Spezifität 100%. Das heisst,<br />

dass auch bei unklaren Bef<strong>und</strong>en durch eine<br />

Excisionsbiopsie der Tumor mit genügend<br />

ges<strong>und</strong>em Gewebemantel einer histologischen<br />

Aufarbeitung zugeführt werden sollte.<br />

Chirurgische Therapie<br />

Die Chirurgie des Primärtumors hat sich in<br />

den letzten Jahren erheblich gewandelt.<br />

Zahlreiche randomisierte Studien haben gezeigt,<br />

dass die Überlebenszeit der Patientinnen<br />

nicht von der Art <strong>und</strong> Invasivität des<br />

chirurgischen Eingriffs abhängig ist. Die<br />

brusterhaltende Chirurgie (Abb. 2), d.h.<br />

Abbildung 2<br />

Lumpektomie mit adjuvanter Nachbestrahlung,<br />

ist zur Standardtherapie geworden.<br />

Auch grössere <strong>und</strong> ungünstig gelegene Primärtumore,<br />

können nach neoadjuvanter<br />

Chemotherapie brusterhaltend operiert werden.<br />

Ist eine Mastektomie unumgänglich,<br />

wie z.B. bei multizentrischen Karzinomen,<br />

lässt sich oft durch eine skin sparing- oder<br />

onkoplastische Mastektomie (Abb. 3) ein an-<br />

Abbildung 3<br />

ÄRZTE-INFO 6 JUNI 2003<br />

sprechendes kosmetisches Resultat erzielen.<br />

Im ersten Fall werden Brustarchitektur, Subcutis<br />

<strong>und</strong> viel Haut erhalten, im zweiten Fall<br />

erfolgt ein gleichzeitiger Lappenaufbau (meistens<br />

M. latissimus dorsi) mit Erhaltung des<br />

Areola-Mamillenkomplexes. Bei all diesen<br />

Verfahren ist es wichtig, mit sogenannten –<br />

durch Schnellschnitt belegten – sauberen<br />

Schnitträndern zu arbeiten, um nicht die<br />

Lokalrezidivrate zu erhöhen.<br />

Axilla-Chirurgie / Sentinel-Technik<br />

Auch die Chirurgie der Achselhöhle ist weniger<br />

invasiv geworden. Mit zunehmender<br />

Frequenz werden kleinere Primärtumore in<br />

früheren Stadien diagnostiziert. Dies führt<br />

dazu, dass immer häufiger die Axilla nicht<br />

befallen ist. Um die Morbidität der Axillachirurgie<br />

zu senken, wurde das Sentinelverfahren<br />

entwickelt. Der Sentinel-Lymphknoten<br />

(Pförtner/Wächter-Lymphknoten) ist der<br />

erste Lymphknoten, der das Brustdrüsengewebe<br />

im Gebiet des Primärtumors drainiert<br />

(Abb. 4). Mit grösster Wahrscheinlichkeit<br />

birgt dieser Lymphknoten die ersten Metastasen.<br />

Kann dieser Sentinel-Lymphknoten<br />

identifiziert werden <strong>und</strong> ist er histologisch<br />

Abbildung 4<br />

Abbildung 5<br />

nicht befallen, kann von einer axillären<br />

Lymphonodektomie abgesehen werden. Die<br />

Identifikation des Sentinel wird gemäss Protokoll<br />

der Schweizerischen Multizenterstudie<br />

mit der kombinierten Methode mit Radio-Isotopengabe<br />

am Vortag der Operation<br />

(Abb. 5) <strong>und</strong> Blaugabe unmittelbar zu Beginn<br />

der Operation durchgeführt. Intraoperativ<br />

wird der Sentinel mit der Gammasonde<br />

(Abb. 6) <strong>und</strong> mit dem Farbstoff optisch identifiziert<br />

(Abb. 7). Nach einer Validierungsphase<br />

mit 15 Patientinnen – in welcher wir<br />

eine maximale Lokalisationsrate ohne falsch<br />

negative Sentinel aufwiesen – haben wir die<br />

Methode definitiv eingeführt.<br />

Abbildung 6<br />

Abbildung 7<br />

Adjuvante Radiotherapie<br />

Die adjuvante Nachbestrahlung ist fester Bestandteil<br />

der brusterhaltenden Primärtherapie<br />

des <strong>Mammakarzinom</strong>s. Damit kann das<br />

Lokalrezidivrisiko langfristig auf deutlich unter<br />

10% gesenkt werden. Neuere Studien zeigen,<br />

dass auch Frauen nach Mastektomie<br />

<strong>und</strong> Befall von mehr als vier Lymphknoten<br />

von einer zusätzlichen Strahlentherapie profitieren<br />

<strong>und</strong> zwar sowohl in Bezug auf das Lokalrezidiv-Risiko<br />

als auch auf den Faktor Gesamtüberlebenszeit.<br />

Adjuvante medikamentöse<br />

Therapie<br />

Die Wahl des adjuvanten Therapieverfahrens<br />

richtet sich nach der individuellen Risikosituation<br />

der Patientin, der Hormonsensitivität<br />

des Tumors <strong>und</strong> des Menopausenstatus’.<br />

Es wird geschätzt, dass mit der systemischen<br />

Behandlung bei einem Drittel der<br />

Patientinnen in allen Stadien einen Rückfall<br />

verhindert <strong>und</strong> die Mortalität um ca. 25% ge-


senkt wird. Zur Anwendung kommen neben<br />

der klassischen Chemotherapie mit CMF <strong>und</strong><br />

Anthracyclinen Tamoxifen die laparoskopische<br />

Ovarektomie, LH–RH Agonisten, Toremifen<br />

<strong>und</strong> Aromatase-Inhibitoren, letztere<br />

Gen-Polymorphismen als<br />

Schlüssel zur Individualisierung<br />

der HRT?<br />

Zur Zeit wird ein Gen-Test kommerziell angeboten,<br />

der 18 ausgewählte Genpolymorphismen<br />

erfasst. Durch die Fortschritte in der<br />

Charakterisierung von Mutationen <strong>und</strong><br />

Polymorphismen der menschlichen Gene<br />

können Aussagen über die klinische Bedeutung<br />

der Veränderung des menschlichen Genoms<br />

gemacht werden. Die genetische Disposition<br />

im Bereich der Metabolisierung von<br />

Sexualsteroiden beinflussen die Produktion,<br />

Bioverfügbarkeit <strong>und</strong> den Abbau von Oestradiol<br />

<strong>und</strong> verwandter Steroide. Die Existenz<br />

dieser Polymorphismen soll die Abschätzung<br />

des individuellen Risikos im Hinblick auf<br />

die Entwicklung eines Mammacarzinoms,<br />

Thrombosen, Osteoporose <strong>und</strong> vielleicht<br />

Schwangerschaftskomplikationen ermöglichen.<br />

Das Fehlen solcher Gen-Polymorphismen<br />

würde den Schluss erlauben, dass<br />

kein besonderes Risiko bei der HRT zu erwarten<br />

ist.<br />

Die Genpolymorphismen<br />

Polymorphismus bedeutet Vielgestaltigkeit.<br />

Unter einem genetischen Polymorphismus<br />

versteht man Aenderungen in der Nukleotidsequenz<br />

der DANN, die in Abhängigkeit<br />

von der Art <strong>und</strong> Lokalisation im Genom zu<br />

einer Abschwächung oder Verstärkung der<br />

entsprechenden Genexpression beziehungsweise<br />

der Funktion des exprimierten Proteins<br />

führen kann. Genetische Polymorphismen<br />

kommen im humanen Genom sehr häufig<br />

vor (1 pro 1000 Nukleotide) <strong>und</strong> haben a<br />

priori keine pathologische Bedeutung. Im<br />

Gegensatz zu einigen Mutationen, die ein-<br />

zwei noch unter Studienbedingungen. Abschliessend<br />

ist hervorzuheben, dass die erfolgreiche<br />

<strong>und</strong> schonende Therapie des<br />

<strong>Mammakarzinom</strong>s von einer kohärenten Behandlungskette<br />

von Spezialisten abhängig<br />

deutig für bestimmte Krankheiten (z.B. Sichelzellanämie)<br />

verantwortlich sind, haben<br />

die meisten genetischen Polymorphismen<br />

keine klinische Relevanz <strong>und</strong> bedingen nur<br />

die Vielfältigkeit des individuellen Phänotyps.<br />

So sind beispielsweise die verschiedenen<br />

Blutgruppen oder die Augenfarbe das Ergebnis<br />

solcher Polymorphismen. Finden sich<br />

solche Veränderungen in regulatorischen<br />

oder kodierenden Genabschnitten, kann das<br />

Genprodukt (z.B. Enzym) eine verstärkte<br />

oder verringerte Aktivität haben. Dieser<br />

Mangel kann aber durchaus durch weitere<br />

Polymorphismen oder durch kompensatorische<br />

Gegenregulation innerhalb des betroffenen<br />

biologischen Systems ausgeglichen<br />

werden.<br />

Man kann nicht unbedingt einem isolierten<br />

Polymorphismus unmittelbar einen Krankheitswert<br />

<strong>beim</strong>essen oder ihn als potentielles<br />

Risiko einstufen. Der Interpretation solcher<br />

Bef<strong>und</strong>e scheint Zurückhaltung angemessen<br />

zu sein.<br />

Der Test<br />

Vorläufig wird der Gen-Test («FemSensor»)<br />

nur von der Firma GenoSense-Diagnostics in<br />

Wien durchgeführt. Als Probenmaterial kann<br />

man Blut oder einen Abstrich der M<strong>und</strong>schleimhaut<br />

einschicken. Der Test wird in<br />

Wien durchgeführt, analysiert <strong>und</strong> interpretiert.<br />

Der Test ist (noch) nicht Pflichtleistung<br />

der Krankenkassen <strong>und</strong> muss selbst bezahlt<br />

werden. Der Test kostet zwischen Fr. 700.–<br />

<strong>und</strong> 900.–.<br />

Durchgeführte Genanalyse<br />

Insgesamt werden 18 Genpolymorphismen<br />

getestet. Inwieweit die Auswahl willkürlich<br />

ist oder ob es den aktuellen Stand der Möglichkeiten<br />

entspricht, ist schwierig zu interpretieren<br />

(siehe Kasten).<br />

Neben den Gen-Polymorphismen, welche<br />

den Steroidabbau regeln, wurden auch andere<br />

Polymorphismen aufgenommen, die für<br />

die Beratung <strong>und</strong> Indikationsstellung im Zusammenhang<br />

mit der HRT von Interesse <strong>und</strong><br />

Bedeutung sein können.<br />

Anschliessend ein Beispiel einer Beurteilung<br />

aus dem Repertoir des Gentestes FemSensor:<br />

Polimorphysmus von Catechol-O-Methyltransferase<br />

(COMT).<br />

«Die 2-, 4- <strong>und</strong> 16a-Metaboliten des Estrons<br />

<strong>und</strong> Estradiols sind teils estrogen (protektiv),<br />

teils karzinogen. Da sie durch die Catechol-<br />

ÄRZTE-INFO 7 JUNI 2003<br />

ist. Es sind die präzise Diagnostik <strong>und</strong> die dadurch<br />

ermöglichte auf die Patientin zugeschnittene<br />

präoperative Planung, die schliesslich<br />

zur onkologisch korrekten <strong>und</strong> ästhetisch<br />

optimalen Therapie führen.<br />

Gen-Polymorphismen <strong>und</strong> Assoziation zum Brustkrebs-Risiko<br />

O-Methyltransferase (COMT) inaktiviert<br />

werden, kann eine Veringerung der Enzymaktivität<br />

aufgr<strong>und</strong> einer Punktmutation eine<br />

erhöhte Langzeitbelastung bedeuten. Deshalb<br />

niedrigste Estrogendosen anwenden,<br />

kein Alkohol (erhöht Estradiolspiegel). Anwendung<br />

von Estronsulfatasehemmern (z.B.<br />

Tibolon) <strong>und</strong> Sulfotransferaseinduktoren<br />

(z.B. Progesteron) wird empfohlen. Auch<br />

Nortestosteron-Derivate reduzieren Estrogenspiegel<br />

im Gewebe.»<br />

Ein Kommentar des kritischen «Zürcher Gesprächskreises»<br />

dazu lautet:<br />

«16a-Hydroxyprogesteron <strong>und</strong> 16a Hydroxyestradiol<br />

haben erhebliche estrogene Wirkung,<br />

doch wird die 16a Hydroxygruppe<br />

nicht mit der Catechol-O-Methyltransferase<br />

(COMT) methyliert. Die Inaktivierung der<br />

16a Hydroxy-Estrogene, aber auch der Catecholestrogene<br />

erfolgt zu einem grossen Teil<br />

durch Konjugation zu Glucurroniden <strong>und</strong><br />

Sulfaten.»<br />

Ein Zusammenhang zwischen COMT-Polimorphismen<br />

<strong>und</strong> Mammacarcinom ist bis<br />

jetzt noch nicht belegt. Kleine Studien mit<br />

Literatur<br />

Literatur <strong>beim</strong> Verfasser.<br />

Individualisierung der Beratung<br />

selektierten Kollektiven zeigen wiedersprüchliche<br />

Resultate (Dunning AM 1999,<br />

Bergmann-Jungström M. 2001 ), in den meisten<br />

Fällen jedoch keinen Einfluss. Niemand<br />

hat bei dieser Punktmutation erhöhte Estrogenspiegel<br />

gemessen.<br />

Konklusion<br />

SENOLOGIE<br />

Der Impact der WHI-Studie führt dazu, dass man noch mehr als früher die HRT individualisiert. Heute geht es nicht mehr darum, niemandem die<br />

Hormonersatztherapie vorzuenthalten, sondern es muss bei jeder einzelnen Patientin der Nutzen <strong>und</strong> Nachteil einer allfälligen Therapie abgewogen<br />

werden. Das Ziel ist es, supraphysiologische Oestrogentherapien zu vermeiden, um ja nicht einen möglichen Tumor,Thrombosen oder Herzkreislauferkrankungen<br />

zu begünstigen. Bis anhin wurde mittels Anamnese (Alter, Familienanamnese, Parität, Alter bei Menarche, Alter bei der<br />

ersten Geburt, vorangegangene Brustpathologie) eine Risikoanalyse durchgeführt. So kann gegebenenfalls ein objektivierter Risikowert errechnet<br />

werden (Gail 1989). Eine weitere Ergänzung zur geforderten Individualisierung besteht in der Bestimmung einer Vielzahl genetischer Marker,<br />

den sogenannten Gen-Polymorphismen.<br />

von Dr. med. Peter Scott,<br />

Facharzt FMH für Gynäkologie <strong>und</strong><br />

Geburtshilfe, Schwangerschaftsultraschall (SGUM),<br />

4632 Trimbach<br />

Catechol-O-Methyltransferase (COMT) metabolisierte Estrogen im Gewebe<br />

17-beta-Steroiddehydrogenase Typ I (HSDI) metabolisiert E3 zu E2<br />

Cytochtom P450 1A1 (CYP1A1) Abbau von Estradiol<br />

Cytochtom P450 1B1 (CYP1B1) aktiviert Procarzinogene<br />

Cytochtom P450 17-a Hydroxylase (CYP17) Steroidbiosynthese<br />

Cytochtom P450 19 (CYP19, Aromatase) Steroidbiosynthese<br />

Oestrogenrezeptor-alpha (ER-alpha) Assoziation mit Endometriose?<br />

Steroid-5-alpha-Reduktase Typ II (SRD5A2) Abbau von Testosteron<br />

Vitamin D Rezeptor (VDR) Kalziumresorption<br />

Apolipoprotein E (APO E) Lipoproteinclearence<br />

Beta 3-adrenerger Rezeptor (ADRB3) Regulierung von Fettgewebe<br />

Glucocortikoidrezeptor Hyperinsulinämie / Fettanbau<br />

Plasmiogen-Aktivator-Inhibitor Typ 1 (PAI I) Hemmung des Plasminogenaktivators<br />

Mineralcortikoid-Rezeptor (MR) renale Salzresorption / Blutdruck<br />

Endotheliale Stickstoffmonoxid-Synthase (NOS3) Produktion von Vasorelaxantien<br />

Faktor V Leiden (F5) APC-Resistenz<br />

Angiotensinogen (AGT) Vasopressoren / Elektrolythaushalt<br />

Prothrombinfaktor II (FII) Gerinnungsfaktor<br />

Abkürzungen<br />

WHI Women’s Health Initiative<br />

HERS Heart and Estrogen/Progestin Replacement<br />

Study<br />

HRT Hormone Replacement Therapy<br />

SERM Selective Estrogen Receptor Modulator<br />

Trotz vieler Studien gibt es keinen klaren Beweis,<br />

dass einer dieser Gen- Polymorphismen<br />

eine starke Assoziation mit dem Brustkrebsrisiko<br />

aufweist. Bei der Vielzahl der Polymorphismen<br />

ist die Beweisführung erheblich erschwert.<br />

Es ist zu erwarten, dass ein erhöhtes<br />

Brustkrebsrisiko mit Genvarianten verb<strong>und</strong>en<br />

ist, die noch nicht identifiziert sind. Dazu zählen<br />

DNA Reparaturgene <strong>und</strong> Gene, die <strong>beim</strong><br />

Metabolismus von Nahrungsbestandteilen<br />

(der Mensch nimmt täglich 2g Röststoffe <strong>und</strong><br />

1.5g natürliche im Gemüse <strong>und</strong> Obst gebildete<br />

Pestizide auf, die im Tierversuch meist mutagen<br />

beziehungsweise karzinogen wirken) eine<br />

Rolle spielen. Wichtige Determinanten<br />

sind ausserdem Gen-Gen-Interaktionen <strong>und</strong><br />

Wechselwirkungen zwischen Genen <strong>und</strong> Umgebungsfaktoren.<br />

Es scheint, dass die Bestimmung der Gen-Polymorphismen<br />

eine zukunftsträchtige Technologie<br />

darstellt. Allerdings ist mit dem jetzigen<br />

Test Vorsicht geboten, da er noch nicht validiert<br />

ist. Auf grössere Studien mit mehr Überzeugungskraft<br />

warten wir. Nach wie vor wird<br />

man sich auf die Anamnese <strong>und</strong> auf das vorsichtige<br />

Abwägen der Vor- <strong>und</strong> Nachteile zusammen<br />

mit der Patientin verlassen müssen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!