Studie zum Zeitbedarf Pflege Demenzkranker - georgi ...
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<strong>Zeitbedarf</strong> in der <strong>Pflege</strong> <strong>Demenzkranker</strong><br />
Eine empirische <strong>Studie</strong> für den stationären Bereich<br />
In der <strong>Pflege</strong> <strong>Demenzkranker</strong> ist die Diskrepanz zwischen Anspruch und Umsetzung des<br />
<strong>Pflege</strong>versicherungsgesetzes besonders groß: Soziale Betreuung ist im Gesetz nicht berücksichtigt,<br />
die einfachen Verrichtungen der Grundpflege haben einen viel höheren <strong>Zeitbedarf</strong> als bei "nur"<br />
somatisch Erkrankten. Empirische Untersuchungen dienten bisher meist der Bestimmung des<br />
<strong>Pflege</strong>aufwands, der von der personellen Ausstattung einer Einrichtung abhängt. Solche Zeitwerte<br />
können nicht zur Bestimmung des Bedarfs herangezogen werden. Zeitmessungen aus 28 stationären<br />
Einrichtungen belegen nun, dass der Bedarf für die Verrichtungen weit über das hinausgeht, was<br />
durch die Kopplung von <strong>Pflege</strong>stufe und Heimkostensatz finanziert wird.<br />
In den letzten 20 Jahren hat sich die <strong>Pflege</strong>klientel in den Altenheimen entscheidend verändert. Die früher<br />
regelmäßig vorzufindende Gruppe der leicht bis mittelgradig körperlich Erkrankten ist einer völlig neuen<br />
<strong>Pflege</strong>generation gewichen, deren Hauptmerkmal gerontopsychiatrische Auffälligkeiten sind. Prozentual<br />
schwankt zwar der Anteil dieser <strong>Pflege</strong>gruppe von Heim zu Heim, die Klientel nimmt jedoch unterschiedslos<br />
in allen Alteneinrichtungen kontinuierlich zu.<br />
Das liegt einerseits an der unterschiedlichen Aufnahmepraxis und Schwerpunktbildung in den Heimen vor<br />
Einführung der <strong>Pflege</strong>versicherung bei damals "freier Bewohnerwahl", andererseits an der seitdem auf<br />
Schwer- und Schwerstpflegebedürftige begrenzten Zugangsmöglichkeit. Diese gesetzlich gewollte<br />
Konzentrierung alter und kranker Menschen in den <strong>Pflege</strong>heimen führte zwangsläufig und in den<br />
Auswirkungen zeitlich versetzt zu einem Strukturwandel und zu einer Neuorientierung im Sinne einer<br />
Angleichung der bis dahin noch unterschiedlichen <strong>Pflege</strong>kategorien. Der Anteil der gerontopsychiatrisch<br />
veränderten Bewohner beträgt in den <strong>Pflege</strong>heimen nicht selten 60 - 80 %.<br />
Bereits die ersten Begutachtungen nach <strong>Pflege</strong>VG zeigten, dass die auf eine somatische <strong>Pflege</strong> abgestellte<br />
Absicherung die Belange dieser <strong>Pflege</strong>gruppe und die notwendige Intensität nicht zeitgerecht erfassen<br />
konnte. Die Folgen waren eine relative Absenkung der <strong>Pflege</strong>stufen und damit eine drohende Reduzierung<br />
des Personals. Obwohl Übergangsregelungen insbesondere die <strong>Pflege</strong> von gerontopsychiatrisch<br />
Veränderten und den hier benötigten Personalbestand absichern sollten, wurde die Personalquote vielerorts<br />
wider besseres Wissen und <strong>zum</strong> Schaden dementer alter Menschen nach unten abgesenkt.<br />
Auf der Verliererseite steht zweifellos bei diesen Transaktionen außerdem das Fachpersonal dieser<br />
speziellen <strong>Pflege</strong>gruppe, das in den letzten Jahren einen hohen Standard an Professionalität entwickelt<br />
hatte. Entsprechend waren auch seine Reaktionen, die von einer "Das-kann-doch-nicht-wahr-sein"-Phase<br />
bis zur blanken Empörung und Verständnislosigkeit reichten.<br />
Diese Überlegungen, die in den Diskussionen mit dem <strong>Pflege</strong>personal häufig zu einem Vorwurf formuliert<br />
wurden, waren für die Leitungen einer Reihe von Einrichtungen Anlass, darüber nachzudenken, wie viel Zeit<br />
die <strong>Pflege</strong> eines gerontopsychiatrischen Patienten tatsächlich beansprucht, selbst wenn die <strong>Pflege</strong>abläufe<br />
streng nach den Vorgaben der <strong>Pflege</strong>versicherung ausgerichtet und beschränkt sind. Inzwischen liegen die<br />
Ergebnisse einer Multicenter-<strong>Studie</strong> vor, über die in den folgenden Abschnitten berichtet werden soll.<br />
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Zeiterfassung, Methodenunterschiede und Ziele<br />
Um <strong>Pflege</strong>bedarf quantitativ zu erfassen, wird die Zeit zur Durchführung der erforderlichen<br />
<strong>Pflege</strong>maßnahmen bestimmt. Zeitwerte werden jedoch auch bei anderen Fragestellungen im<br />
Zusammenhang mit <strong>Pflege</strong> verwendet. Um falsche Schlussfolgerungen zu vermeiden, sind die<br />
verschiedenen Fragestellungen zu beachten. Es können drei Bereiche unterschieden werden.<br />
Bestimmung eines fiktiven <strong>Pflege</strong>bedarfs<br />
Im Rahmen von Gutachten zur Bestimmung von <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit wird im Rahmen derzeitiger<br />
Bestimmungen gefragt: "Wie lange würde eine fiktive nichtprofessionelle Hilfsperson im häuslichen Umfeld<br />
benötigen, um einer bestimmten Person bestimmte körperbezogene Hilfen zu geben?" Zeitwerte stellen also<br />
ein Maß dar, mit dem ausgewählte, insbesondere somatische Aspekte der <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit aufgerechnet<br />
werden. Überschreitet der tägliche fiktive <strong>Pflege</strong>bedarf bestimmte Schwellenwerte ( z.B. 45 Min. ), werden<br />
Leistungen nach dem <strong>Pflege</strong>VG zugestanden. Das bedeutet jedoch nicht, dass Personen, die nicht die<br />
<strong>Pflege</strong>stufe I erreichen, nicht pflegebedürftig wären ( Bartholomeyczik u.a., 1999 ). Aufgrund des<br />
Schwellenansatzes mit vier möglichen Ergebnissen, der fiktiven Orientierung an der häuslichen Situation<br />
und der Laienpflege lassen die Zeitwerte im Rahmen der Begutachtung keine unmittelbaren Rückschlüsse<br />
auf den <strong>Zeitbedarf</strong> in stationären Einrichtungen mit professionellen <strong>Pflege</strong>kräften zu. Dies ist auch nicht<br />
beabsichtigt, da nur der fiktive <strong>Pflege</strong>bedarf in vier Stufen festgestellt werden soll.<br />
Bestimmung des <strong>Pflege</strong>aufwandes<br />
Es liegen eine Reihe von Untersuchungen vor, bei denen die Zeitanteile erhoben wurden, die das Personal<br />
in bestehenden Einrichtungen für bestimmte BewohnerInnen bzw. <strong>Pflege</strong>handlungen aufwendet. Im Rahmen<br />
einer komplexen Erfassung des Leistungsgeschehens in stationären Altenpflegeeinrichtungen, d.h. des Ist-<br />
Zustandes, ermitteln Neubauer und Schallermair ( 1998 ) für die Grundpflege 52 / 118 /170 Minuten ( Stufe I<br />
/ II / III, n = 394 ) und für den pflegerischen Gesamtaufwand 109 / 179 / 251 Minuten.<br />
Der Bestimmung des <strong>Pflege</strong>aufwandes liegt die prinzipielle Fragestellung zugrunde: "Wie verteilt sich die<br />
verfügbare, aber hier fixe <strong>Pflege</strong>zeit auf verschiedene pflegerische Maßnahmen?" Zwei wesentliche<br />
Voraussetzungen zur Bedarfsbestimmung, die professionelle <strong>Pflege</strong> und die stationäre Umgebung, sind<br />
damit erfüllt. Dennoch können keine Rückschlüsse auf den tatsächlichen <strong>Pflege</strong>aufwand gezogen werden,<br />
da nur die Aufteilung einer festen Gesamtzeit ( z.B. ein Tagdienst mit sieben Stunden und vier Kräften, der<br />
20 BewohnerInnen zu versorgen hat ) untersucht wird.<br />
Am Beispiel einer <strong>Studie</strong> von Birkenbeil und Kerkhoff ( 1999 ) sei die Problematik verdeutlicht. Sie ließen<br />
<strong>Pflege</strong>mitarbeiterInnen verschiedener Einrichtungen den <strong>Pflege</strong>bedarf für 223 HeimbewohnerInnen nach<br />
Leistungen und Zeit einschätzen. Mit dem Argument der Überschreitung der Gesamtarbeitszeit relativieren<br />
sie ihre Ergebnisse ( 204 / 254 / 422 Minuten für die <strong>Pflege</strong>stufen I / II / III ) jedoch als "Überschätzung". Die<br />
Autorinnen greifen für weitere Betrachtungen auf Zeitwerte einer <strong>Studie</strong> aus dem ambulanten Bereich (<br />
Wohlleber et al., 1991 ) und auf ein Experten-Rating zurück oder kürzen die Werte um einen nicht weiter<br />
ausgeführten "Überschätzungsfaktor". An diesem Beispiel zeigt sich die Problematik einer Vermischung<br />
verschiedener o.g. Ansätze. Während bei einer Optimierung vorhandene Ressourcen ( z.B. Anzahl oder<br />
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Arbeitszeit der <strong>Pflege</strong>kräfte ) nach geeigneten Kriterien verteilt werden sollen, dürfen Ressourcen bei einer<br />
Erhebung des Bedarfs keine Rolle spielen.<br />
Bestimmung des realen <strong>Pflege</strong>bedarfs<br />
Gennrich ( 1995 ) referiert einige <strong>Studie</strong>n unter dem Blickpunkt des Personalbedarfs. Er zeigt auf, dass der<br />
Personalbedarfs nur über eine Bestimmung des Quotienten aus dem <strong>Pflege</strong>bedarf und der effektiven<br />
Arbeitszeit sinnvoll bestimmt werden kann. Um den zeitlichen <strong>Pflege</strong>bedarf zu ermitteln, würde es nicht<br />
genügen, etwa beliebig viele Arbeitskräfte oder andere Ressourcen zur Verfügung zu stellen, da so eine<br />
Überversorgung nicht kontrolliert werden könnte.<br />
Es existieren einige Verfahren, mit denen der individuelle Gesamtbedarf an <strong>Pflege</strong> für verschiedene<br />
Zielgruppen zuverlässig und valide ermittelt werden kann ( z.B. die Anpassung des Patient Review<br />
Instrument PRI durch Frijters & van der Kooij, 1992; oder PLAISIR, vgl. Tilquin u.a., 1988 ). Eine Anwendung<br />
hierzulande würde vermutlich erhebliche Diskrepanzen zwischen Bedarf und tatsächlichem Aufwand<br />
aufzeigen. Da das <strong>Pflege</strong>versicherungssystem jedoch als "Teilversicherungsbeitrag zu einem Teilbedarf bei<br />
<strong>Pflege</strong>bedürftigkeit" ( Schmidt & Klie, 2000, S. 308 ) konzipiert wurde, müssen solche Differenzen nicht<br />
zwangsläufig Systemänderungen nach sich ziehen. Darum wurde der eigene Ansatz so gewählt, dass -<br />
soweit möglich - systemimmanente Methoden ( z.B. definierte Verrichtungen und Zeitkorridore der<br />
Begutachtungsrichtlinien ) verwendet wurden. Damit lassen sich die Ergebnisse einfacher auf das System<br />
stationärer Versorgung beziehen und die Schlussfolgerungen werden leichter nachvollziehbar. Der<br />
methodische Weg führt daher über Einzelhandlungen, deren Beginn, Verlauf und Ende genau festgelegt ist.<br />
Diese Definitionen richten sich nach dem gesetzlich geforderten Standard fachlicher <strong>Pflege</strong>qualität.<br />
Ausgangssituation und Ansatzpunkte der <strong>Studie</strong><br />
Der eigene Untersuchungs-Ansatz hat <strong>zum</strong> Ziel, die quantitative Bedarfserfassung mit Vergleichbarkeit <strong>zum</strong><br />
qualitativen Begutachtungsverfahren zu verbinden.<br />
Die stationäre Versorgung alter Menschen geschieht heute unter folgenden Rahmenbedingungen:<br />
� Die Population ist heute älter und morbider als noch vor zehn Jahren.<br />
� Auswahleffekte führen dazu, dass dementiell Erkrankte heute die größte Gruppe der Heimbewohner<br />
ausmachen.<br />
� Praktiker berichten von gestiegenem <strong>Pflege</strong>- und Betreuungsbedarf.<br />
� Die gezahlten Mittel der <strong>Pflege</strong>versicherung reichen zur Finanzierung nicht aus.<br />
� Das beispielhafte und erfolgreiche Landesarztverfahren in NRW zur Verbesserung der Versorgung<br />
<strong>Demenzkranker</strong> wurde mit Einführung des SGB XI ausgesetzt, ohne dass an seine Stelle eine<br />
vergleichbare Lösung getreten wäre.<br />
Da für den Bereich der Altenhilfe kaum Zahlenmaterial vorliegt, werden in der gegenwärtigen Diskussion<br />
häufig Minutenwerte aus der Krankenpflege übertragen. Die Erfahrung zeigt, dass dies bei fortgeschritten<br />
dementiell erkrankten HeimbewohnerInnen besonders problematisch ist. Einzelne Untersuchungen in<br />
stationären Alteneinrichtungen liefern Daten über die tatsächlich aufgewandte Zeit für <strong>Pflege</strong>handlungen (<br />
Ist-Situation ). Diese sind jedoch nur begrenzt verwertbar, wenn nicht zugleich die Qualität der Maßnahmen<br />
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vorgegeben wird. Darum wird eine <strong>Studie</strong> vorgelegt, die den täglichen <strong>Pflege</strong>bedarf nach gesetzlichen<br />
Vorschriften ( Soll-Zustand ) speziell für die Zielgruppe <strong>Demenzkranker</strong> objektiviert. Dabei wird auf die<br />
folgenden Merkmale ein besonderes Gewicht gelegt:<br />
� Unabhängigkeit der Daten von einzelnen Einrichtungen ( multizentrische <strong>Studie</strong> ),<br />
� Vorbereitende Schulung der an der <strong>Studie</strong> beteiligten Mitarbeiterinnen in den teilnehmenden<br />
Einrichtungen,<br />
� Festlegung und Kontrolle der Zielgruppe nach internationalen Kriterien,<br />
� Beschränkung auf ausgewählte Bereiche der Grundpflege,<br />
� Definition und Standardisierung der <strong>Pflege</strong>handlungen und<br />
� Vergleichbarkeit mit den Vorgaben des SGB XI und den Begutachtungsrichtlinien der <strong>Pflege</strong>kassen.<br />
Methoden, Auswahlverfahren und -kriterien<br />
Bei Fachvorträgen auf Leitungsebene wurde die geplante <strong>Studie</strong> dargelegt. Interessierte<br />
<strong>Pflege</strong>dienstleitungen konnten speziell entwickeltes Schulungsmaterial erwerben, das aus einem Videofilm<br />
und schriftlichen Untertagen bestand. In speziellen Schulungen wurden Mitarbeiterinnen der beteiligten<br />
Einrichtungen auf ihre Aufgabe der Zeiterfassung vorbereitet ( Zielgruppenbeschreibung, Auswahl und<br />
Standard der <strong>Pflege</strong>verrichtungen, Methode der Zeiterfassung ).<br />
Kriterien für den Einbezug von HeimbewohnerInnen<br />
Das Schulungsvideo zeigt an zwei kommentierten Beispielen HeimbewohnerInnen, die an einer<br />
fortgeschrittenen Demenz erkrankt sind. Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Erscheinungsbild der<br />
Krankheit und im Verhalten werden ausführlich erläutert, um die Gruppenleitungen bei der Auswahl der<br />
BewohnerInnen zu unterstützen. Das Vorliegen einer fortgeschrittenen dementiellen Erkrankung wird im<br />
Erfassungsbogen anhand der folgenden drei Kriterien objektiviert:<br />
� Unter den ärztlichen pflegebegründenden Diagnosen nach § 14 SGB XI muss mindestens eine<br />
Störung das Zentralnervensystem betreffen.<br />
� Es bestehen schwere geistige Defizite, die sich in der Unfähigkeit äußern, neue Informationen<br />
aufzunehmen und zu verstehen oder früher Gelerntes abzurufen.<br />
� Es liegt zusätzlich mindestens eine der folgenden Störungen vor: Aphasie ( Störung der<br />
Sprachfähigkeit bis <strong>zum</strong> Zerfall der Sprache ), Apraxie ( Verkennung von Handlungsabläufen ),<br />
Agnosie ( Störungen bei der Wiedererkennung von Personen, Gegenständen, Orten etc. ), Verlust<br />
der Alltagskompetenz.<br />
Wird eines der Kriterien nicht eingehalten, wird der Erhebungsbogen von der Auswertung ausgeschlossen.<br />
Vorgabe der zu erfassenden <strong>Pflege</strong>maßnahmen<br />
Aus ökonomischen Gründen konnten keine vollständigen Tagesabläufe erfasst werden. Darum wurden<br />
einzelne <strong>Pflege</strong>handlungen ausgewählt,<br />
� die in den Richtlinien der <strong>Pflege</strong>kassen als definierte Verrichtungen der Grundpflege genannt<br />
werden und mit einem expliziten Zeitkorridor versehen sind,<br />
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� die täglich ein- oder mehrfach durchgeführt werden,<br />
� deren Durchführungshäufigkeit <strong>zum</strong> Zwecke der Hochrechnung einfach abzuschätzen ist und<br />
� für die anerkannte Durchführungs- und Ergebnisstandards vorliegen.<br />
Diese Kriterien werden von den folgenden Verrichtungen erfüllt:<br />
1. Zahn- und Mundpflege<br />
2. Toilettengang, untergliedert in die Teilverrichtungen Wasserlassen, Richten der Bekleidung,<br />
Wechseln der kleinen Vortage, ggf. Transfer Rollstuhl / Toilette<br />
3. Aufnahme der Nahrung, oral<br />
4. Ankleiden gesamt<br />
Standardisierung und Kontrolle der Daten<br />
Die Leitlinien der Prozess- und Ergebnisqualität für die o.g. Verrichtungen sind per Gesetz festgelegt. Dazu<br />
gehören insbesondere die Grundsätze der Vorrangigkeit von Selbständigkeit und Selbstbestimmung, der<br />
aktivierenden <strong>Pflege</strong>, der Würdigung der Persönlichkeit und der Berücksichtigung vorhandener<br />
Kommunikationsbedürfnisse (§ 28 Abs. 4 SBG XI) sowie nach Möglichkeit die Beaufsichtigung und Anleitung<br />
mit dem Ziel der eigenständigen Übernahme (§ 14 Abs. 3 SBG XI).<br />
Verrichtung<br />
Durchführungs-<br />
häufigkeit<br />
Mahlzeiten 3,5<br />
Toilettengang 6<br />
Zahn- und Mundpflege 2,5<br />
An- oder Entkleiden 2<br />
Gewichtungen<br />
Nachmittagskaffee: 0,5<br />
Frühstück, Mittag-<br />
und Abendessen: 1,0<br />
mittags: 0,5<br />
morgens, abends: 1,0<br />
Tabelle 1: Tägliche Durchführungshäufigkeiten der erhobenen Verrichtungen.<br />
Mit Gewichtungsfaktoren wurde dem verringerten Aufwand beim Nachmittagskaffee, bei den Mahlzeiten und<br />
der mittäglichen Mundpflege Rechnung getragen.<br />
Die Qualitätssicherung erfolgte darum auf einem anderen Wege, der hier zusammengefasst wird:<br />
� Für die <strong>Pflege</strong>dienstleitungen wurde ein Leitfaden erstellt, der neben einer Begründung und<br />
Vorstellung des Projektes ausführliche Hinweise zur Auswahl der HeimbewohnerInnen und zur<br />
Durchführung der Verrichtungen enthielt.<br />
� Die Entscheidungskriterien zur Auswahl der Demenzkranken wurden anhand eines eigens<br />
gedrehten Videofilms verdeutlicht. Darin werden an zwei unterschiedlichen Fallbeispielen die<br />
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Merkmale fortgeschrittener dementieller Erkrankung und die Folgerungen für eine entsprechende<br />
<strong>Pflege</strong> aufgezeigt.<br />
� Es wurden Mitarbeiterschulungen zur Auswahl der Demenzkranken, <strong>zum</strong> Umgang mit den<br />
Erhebungsbögen und <strong>zum</strong> Messverfahren insgesamt durchgeführt.<br />
� Der Landesarzt überprüfte stichprobenartig die <strong>Pflege</strong> begründenden Diagnosen und die<br />
pflegerischen Befunde anhand des Klassifizierungssystems ICD 10 und der REISBERG-Skalen (<br />
Reisberg, 1991 ).<br />
Leitfaden und Videofilm wurden zur Schulung der mitarbeitenden <strong>Pflege</strong>kräfte eingesetzt. Die Durchführung<br />
der Zeiterfassung in den teilnehmenden Einrichtungen erfolgte in den folgenden Schritten:<br />
1. Auswahl der an der Erhebung beteiligten Mitarbeiterinnen,<br />
2. Sichten des Arbeitsmaterials <strong>zum</strong> Projekt ( Video und Leitfaden ),<br />
3. Auswahl der BewohnerInnen zur <strong>Zeitbedarf</strong>serhebung,<br />
4. Vorbereitung der einzelnen zu messenden Verrichtungen: Theoretische, inhaltliche Vorbereitung<br />
anhand des Leitfadens, praktische Vorbereitung, Planung und Absprache zur Durchführung und<br />
Messung der jeweiligen Verrichtungen, Absprache und Information aller beteiligten Personen (<br />
soweit notwendig und sinnvoll ),<br />
5. Vorbereitung des Erhebungsbogens,<br />
6. Durchführung der jeweiligen Verrichtung durch eine <strong>Pflege</strong>kraft und Zeiterfassung durch eine weitere<br />
Person,<br />
7. Überprüfung des Erhebungsbogens auf seine Vollständigkeit,<br />
8. Rücksendung des Erhebungsbogens.<br />
Verrichtung<br />
Durch-<br />
führungs-<br />
häufigkeit<br />
Bemerkung<br />
Zeit-<br />
korridor<br />
( Min. )<br />
Mitte des<br />
Korridors<br />
( Min. )<br />
Produkt<br />
( Min. )<br />
Ganzkörperwäsche 1 Morgens 20 - 25 22,5 22,5<br />
Unterkörperwäsche 1 Abends 12 - 15 13,5 13,5<br />
Gesicht 1 Abends 1 - 2 1,5 1,5<br />
Hände 7<br />
Kämmen 3<br />
mundgerechte<br />
Nahrungszubereitung<br />
Aufstehen / Zubettgehen 4<br />
nach Toilettengang und<br />
abends<br />
nach Mittagsruhe,<br />
morgens, abends<br />
1 - 2 1,5 10,5<br />
1 - 3 2,0 6,0<br />
3,5 zu den Mahlzeiten 1 - 2 2,5 8,75<br />
Auf: morgens, mittags,<br />
Zubett: mittags, abends<br />
1 - 2 1,5 6,0<br />
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Teilentkleiden 1 Mittagsruhe 2 - 3 2,5 2,5<br />
Teilankleiden 1 Mittagsruhe 5 - 6 5,5 5,5<br />
Summe ( Min. ) 76,75<br />
Tabelle 2: Tägliche Durchführungshäufigkeiten und Zeitkorridore für weitere Verrichtungen.<br />
Die Häufigkeiten werden in der Spalte "Bemerkungen" erläutert. Die letzten beiden Spalten geben die<br />
jeweilige Mitte des Zeitkorridors und das Produkt aus der Mitte und der Häufigkeit an. Dies ist der Schätzwert<br />
für den täglichen Zeitaufwand für die jeweilige Verrichtung.<br />
Während der ganzen Schulungs- und Erfassungsphase stand den teilnehmenden Einrichtungen eine<br />
Kontaktperson für Beratungszwecke zur Verfügung.<br />
Berechnungsverfahren<br />
Die Bestimmungen zur Einstufung in <strong>Pflege</strong>stufen sehen die Addition des <strong>Zeitbedarf</strong>s für die einzelnen<br />
Verrichtungen zu einer Tagessumme vor. Dabei werden allerdings nur bestimmte Verrichtungen<br />
berücksichtigt. Im Rahmen der vorliegenden <strong>Studie</strong> wird der Tagesbedarf daher in folgenden Schritten<br />
berechnet:<br />
1. Es werden Tabellen mit Durchführungshäufigkeiten für die Verrichtungen erstellt ( vgl. Tabelle 1 und<br />
Tabelle 2 ), die in den Richtlinien der <strong>Pflege</strong>kassen explizit genannt werden.<br />
2. Für jede erfasste Person werden die gestoppten Zeiten mit der Durchführungshäufigkeit multipliziert.<br />
3. Für die Verrichtungen, für die keine Zeiten gestoppt wurden, wird anhand der individuellen<br />
Abweichung vom Zeitkorridor der Begutachtungsrichtlinien ( "Korrekturfaktor" ) ein Schätzwert<br />
ermittelt. Dieser Schätzwert wird mit der Durchführungshäufigkeit multipliziert ( vgl. Tabelle 2 ).<br />
4. Die Summe der beiden Produkte bildet den individuellen täglichen <strong>Pflege</strong>bedarf.<br />
Korrekturfaktor: Bei den erhobenen Verrichtungen war ein Vergleich zwischen den Zeitkorridoren und<br />
den tatsächlichen Werten möglich. Es zeigte sich, dass Letztere in den meisten Fällen erheblich über<br />
der Obergrenze des Zeitkorridors lagen. Somit waren entsprechende Überschreitungen auch für die<br />
nicht erfassten Verrichtungen zu erwarten. Darum wurde das folgende Verfahren angewandt, um den<br />
Zeitaufwand für die nicht erfassten Verrichtungen zu schätzen:<br />
1. Für jede Person wurde für jede der gestoppten Verrichtungen der Quotient ( das Verhältnis )<br />
zwischen der gemessenen Zeit und der Mitte des Korridors gebildet.<br />
2. Der Mittelwert der Quotienten wurde als individueller Korrekturfaktor definiert.<br />
3. Die täglichen Durchführungshäufigkeiten wurden mit Mitte des ursprünglichen Zeitkorridors<br />
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und zusätzlich mit dem individuellen Korrekturfaktor multipliziert.<br />
Da diese Korrektur auf individueller Ebene durchgeführt wurde, ermöglicht eine statistische<br />
Auswertung weitere Schlüsse für die generelle Anpassung von Zeitkorridoren bei der untersuchten<br />
Zielgruppe. Einzelheiten zeigt Tabelle 3.<br />
Median 2,1<br />
Quartilabstand 1,3<br />
Minimum 0,8<br />
Maximum 7,4<br />
Perzentile 5 1,1<br />
10 1,3<br />
15 1,5<br />
20 1,6<br />
25 1,6<br />
50 2,1<br />
75 2,9<br />
Tabelle 3: Statistische Kennwerte der individuellen Korrekturfaktoren.<br />
Die Werte sind dimensionslos, d.h. sie besitzen keine Einheit. Erhält eine Person den Korrekturfaktor 1,00,<br />
dann läge der <strong>Zeitbedarf</strong> für die erhobenen Verrichtungen im Mittel in der Mitte zwischen der oberen und<br />
unteren Grenze der Korridore. Dann würde Entsprechendes auch für die nicht erhobenen Verrichtungen<br />
angenommen. Die 5 % der beobachteten Bewohner mit den geringsten Korrekturfaktoren weisen Werte<br />
zwischen 0,8 und 1,1 auf. Alle anderen Korrekturfaktoren liegen darüber.<br />
Ergebnisse der empirischen <strong>Studie</strong><br />
Es wurden 160 Erfassungsbögen eingereicht. Sieben Bögen mussten von der Berücksichtigung<br />
ausgeschlossen werden, weil die Kriterien für eine Demenzerkrankung nicht vorlagen. Weiterhin wurden die<br />
<strong>Pflege</strong>stufe 0 und "4" ( Härtefall ) nicht berücksichtigt, weil jeweils nur ein Erfassungsbogen vorlag. Den<br />
Berechnungen liegen daher Daten von 153 Personen mit fortgeschrittener Demenz aus 28 stationären<br />
Einrichtungen zugrunde.<br />
Zusammenfassend lauten die Ergebnisse:<br />
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1. Die Obergrenzen der Zeitkorridore, die die <strong>Pflege</strong>kassen in ihren Begutachtungsrichtlinien für<br />
Einzelverrichtungen empfehlen, werden in 84,2 % aller Fälle überschritten. Das Ausmaß dieser<br />
Überschreitung ist erheblich: Um die Zeitkorridore anzupassen, müssten sie mit dem Faktor 2,1<br />
multipliziert werden.<br />
2. Trotz der eng umgrenzten untersuchten Zielgruppe bestehen Unterschiede im <strong>Zeitbedarf</strong> bei den<br />
einzelnen Verrichtungen. Diese gleichen sich jedoch bei der Ermittlung des Tagesbedarfes aus, so<br />
dass ein relativ einheitliches Bild entsteht.<br />
3. Nach den geltenden Bestimmungen müssten 96 % der Demenzkranken in <strong>Pflege</strong>stufe III<br />
eingeordnet werden, da der Tagesbedarf über 240 Min. liegt: Für 50 % der Untersuchten wurden<br />
Werte über 420 Min. ermittelt, d.h. sie sind als Härtefall i.S.d. <strong>Pflege</strong>VG zu betrachten.<br />
In den folgenden Abschnitten werden die unter (1) und (3) genannten Ergebnisse näher erläutert. Die<br />
Darstellung bezieht sich im wesentlichen auf den berechneten Tagesbedarf und die mittleren<br />
Korrekturfaktoren.<br />
<strong>Zeitbedarf</strong> für die definierten Verrichtungen<br />
Der ermittelte <strong>Zeitbedarf</strong> für die einzelnen Verrichtungen wird in Tabelle 5 wiedergegeben.<br />
Der Unterschied zwischen dem empirischen Bedarf und den Zeitkorridoren der Begutachtungsrichtlinien fällt<br />
sofort ins Auge. Die Obergrenzen werden in 84 aller Messungen überschritten.<br />
Im Mittel beträgt der tägliche Grundpflegebedarf eines Heimbewohners mit fortgeschrittener seniler Demenz<br />
420 Min. Hierbei wird die Häufigkeit der Hilfeleistungen in den gesetzlich definierten Verrichtungen und die<br />
<strong>Pflege</strong>qualität nach den gesetzlich geforderten Standards einer aktivierenden <strong>Pflege</strong> zugrunde gelegt.<br />
Tabelle 4 zeigt den täglichen <strong>Zeitbedarf</strong> für die drei <strong>Pflege</strong>stufen und für die Gesamtstichprobe.<br />
Wenn empirische Daten mittels Statistik beschrieben werden, muss eine Vielzahl von Einzelwerten (<br />
hier: Daten aus 153 Erfassungsbögen ) durch eine einzige Zahl möglichst treffend wiedergegeben<br />
werden. Meistens wird hierzu der Durchschnitt ( arithmetischer Mittelwert ) verwendet. In der<br />
vorliegenden <strong>Studie</strong> werden die Ergebnisse dagegen durch Mediane wiedergegeben um Verzerrungen<br />
durch Ausreißer, z.B. bei besonders hohen Werten, zu vermeiden. Der <strong>Zeitbedarf</strong> für die<br />
Gesamtstichprobe von 420 Min. ( vgl. Tabelle 4 ) bedeutet, dass 50 % der Werte unter 420 Min. liegen,<br />
während die anderen 50 % diesen Wert übersteigen. Der Median wird daher auch "Zentralwert"<br />
genannt. Dabei spielt es keine Rolle, wie weit der Median über- oder unterschritten wird. Als Maß für<br />
die Streuung der Einzelwerte um den Median verwendet man den Interquartil-Bereich. Zwischen dem<br />
in der Tabelle angegebenen 25-%-Quartil ( Spalte 3 ) und dem 75-%-Quartil ( Spalte 5 ) befindet sich<br />
die Hälfte aller Werte, die dem Zentralwert am nächsten liegen.<br />
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Stichproben-<br />
umfang<br />
25-%-Quartil<br />
Tagesbedarf in Minuten<br />
50-%-Quartil<br />
( Median )<br />
75-%-Quartil<br />
<strong>Pflege</strong>stufe I 11 340 425 510<br />
<strong>Pflege</strong>stufe II 84 256 389 522<br />
<strong>Pflege</strong>stufe III 58 325 466 607<br />
Insgesamt 153 286 420 554<br />
Tabelle 4: Täglicher <strong>Pflege</strong>zeitbedarf für die <strong>Pflege</strong>stufen.<br />
Spalte 4 zeigt den Median, der auch als 50-%-Quartil bezeichnet wird. Wenn man die Stichprobe anhand<br />
des Tagesbedarfes geordnet hat, kann man sie anhand der drei Quartile ( 25 %, 50 %, 75 %) in vier gleich<br />
große Teile ( je 25 %) zerlegen: Ein Viertel aller erhobenen Werte liegt unter 286 Min. ( 25-%-Quartil, Zeile 7<br />
), ein weiteres Viertel liegt zwischen 286 Min. und 420 Min. ( Median Zeile 7 ) usw. Daher befindet sich die<br />
Hälfte der Einzelwerte zwischen den Einträgen der Spalte 3 ( 25-%-Quartil ) und Spalte 5 ( 75-%-Quartil), die<br />
daher als Maß für die Streuung der Einzelwerte dienen.<br />
Verrichtung Ankleiden Frühstück Toilettengang Zahn- / Mundpflege<br />
Korridor 8 - 10 Min. 15 - 20 Min. 5 - 7 Min. 4,5 - 5,5 Min.<br />
<strong>Pflege</strong>stufe I ( n I = 11 ) 20,00 16,50 19,60 9,70<br />
<strong>Pflege</strong>stufe II ( n II = 84 ) 18,00 22,5 17,00 7,95<br />
<strong>Pflege</strong>stufe III ( n III = 58 ) 20,00 28,00 20,25 8,90<br />
Insgesamt ( n = 153 ) 18,50 24,90 18,05 8,00<br />
Tabelle 5: Zentrale Tendenz der ermittelten <strong>Pflege</strong>zeiten für alle Personen ( "insgesamt" ) und nach<br />
<strong>Pflege</strong>stufen.<br />
Angegeben ist jeweils der Median in Minuten. Dies bedeutet, dass jeweils die Hälfte der zugrunde liegenden<br />
Erhebungsbögen höhere bzw. geringere Werte aufwies. In jeder Zeile ist die Anzahl der zugrunde liegenden<br />
Erhebungsbögen angegeben. In jeder Spalte <strong>zum</strong> Vergleich der Zeitkorridor aus den<br />
Begutachtungsrichtlinien. Die Korridore werden für jede Verrichtung deutlich überschritten. Es besteht i.a.<br />
keine systematische Abhängigkeit von der <strong>Pflege</strong>stufe.<br />
Korrekturfaktoren für das System der <strong>Pflege</strong>stufeneinteilung<br />
Die Berechnung von Korrekturfaktoren wurde bereits beschrieben. Die Korrekturfaktoren geben die<br />
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Abweichung der gemessenen Zeitwerte von den Zeitkorridoren derselben <strong>Pflege</strong>verrichtung an. Ein<br />
Korrekturfaktor von 1,0 bedeutet, dass die realen Zeitwerte der entsprechenden Person in der Mitte<br />
zwischen den Grenzen der Zeitkorridore liegen. Ein gemessener Wert von 9 Min. für die Verrichtung "An-<br />
oder Entkleiden" ( Zeitkorridor 8-10 Min.; d.h. Mitte des Korridors: 9 Min. ) führt <strong>zum</strong> Beispiel zu einem<br />
Korrekturfaktor von 9:9 = 1,0. Werden 13,5 Min. gemessen, ergibt sich ein Korrekturfaktor von 1,5.<br />
Umgekehrt kann der Korrekturfaktor auch zur Anpassung der Zeitkorridore verwendet werden. Wenn man im<br />
o. g. Beispiel den Zeitkorridor für das "An- oder Entkleiden" mit 1,5 multipliziert, ergibt sich ein neuer Korridor<br />
von 12 bis 15 Min. Der gemessene Wert von 13,5 Min. liegt genau in der Mitte.<br />
Die untersuchte Stichprobe weist eine Korrekturfaktor von 2,1 auf. Demnach müsste die Zeitkorridore mit 2,1<br />
multipliziert werden, damit sie für die Begutachtung der fortgeschrittenen dementiell Erkrankten geeignet<br />
sind. Einzelheiten zeigt Tabelle 3.<br />
Abbildung 2 zeigt, dass unter Einbezug aller Verrichtungen keine wesentlichen Unterschiede zwischen den<br />
<strong>Pflege</strong>stufen bestehen. Der Faktor 2,1 erweist sich daher als sinnvoller Wert zur Anpassung der allgemeinen<br />
Zeitkorridore.<br />
Der Median aller Messungen liegt bei 2,1. Dies bedeutet, dass für 50 % der Personen die gemessenen<br />
Zeitwerte im Mittel 210 % der Mitte des Zeitkorridors betragen. Am Beispiel der Verrichtung "An- oder<br />
Entkleiden" bedeutet dies, dass bei der Hälfte der Personen mehr als 2,1 x 9 Min. = 18,9 Min.<br />
erforderlich sind, um diese Verrichtung durchzuführen.<br />
Abbildung 2:<br />
Mittlere Korrekturfaktoren für die <strong>Pflege</strong>stufen und für die Gesamtstichprobe<br />
2,2 1,9 2,2 2,1<br />
Mittlere Korrekturfaktoren für die <strong>Pflege</strong>stufen und für die Gesamtstichprobe. In Klammern ist die jeweilige<br />
Anzahl der Erhebungsbögen angegeben. Da für die Berechnungen nur vollständige Datensätze verwendet<br />
werden konnten, liegt der Umfang hier bei n = 131.<br />
Beispiele für solchermaßen angepasste Zeitrahmen werden in Tabelle 6 aufgeführt.<br />
Verrichtung Zeitkorridor ( Min. )<br />
Frühstück 32 - 42<br />
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Zahn- und Mundpflege 9 - 12<br />
Ankleiden gesamt 17 - 21<br />
Aufstehen / Zubettgehen 2 - 4<br />
Wasserlassen 4 - 6<br />
Tabelle 6: Anpassung von Zeitkorridoren für die <strong>Pflege</strong> fortgeschritten dementiell Erkrankter.<br />
Abbildung 1: Ergebnisübersicht.<br />
Härtefall <strong>Pflege</strong>stufe II <strong>Pflege</strong>stufe III<br />
50 % 4 % 46 %<br />
Der tägliche <strong>Zeitbedarf</strong> zur <strong>Pflege</strong> liegt nur in 4 % der Fälle unter 240 Minuten, d.h. im Bereich der<br />
<strong>Pflege</strong>stufe II. Würde man die erhobenen Daten zur Grundlage einer Einteilung in <strong>Pflege</strong>stufen machen,<br />
würden 50 % der untersuchten Heimbewohner als Härtefall gelten.<br />
Diskussion der Ergebnisse<br />
Die in den Richtlinien der <strong>Pflege</strong>kassen zur Begutachtung empfohlenen Zeitkorridore werden fast<br />
durchgehend ( 94 % der Fälle ) und in einem erheblichen Ausmaß ( Faktor über 2,1 in 50 % der Fälle )<br />
überschritten. Nach den geltenden Bestimmungen müssten 50 % der Demenzkranken als Härtefall i.S.d.<br />
<strong>Pflege</strong>VG betrachtet werden. Bevor daraus Schlussfolgerungen gezogen werden, soll diskutiert werden,<br />
inwiefern die Ergebnisse verallgemeinert werden können.<br />
Bisherige Ansätze zielen am tatsächlichen Bedarf vorbei<br />
Aus den vorgelegten Ergebnissen ergeben sich für die Praxis Folgerungen:<br />
1. Außerdem sind einige der Annahmen des derzeitigen Anerkennungs- und Finanzierungsverfahrens<br />
nicht haltbar:<br />
� Bei dem notwendigen Umfang sozialpflegerischer Versorgung und der wachsenden Anzahl<br />
<strong>Demenzkranker</strong> im stationären Bereich kann man nicht länger vom Ansatz einer<br />
kostenneutralen Lösung ausgehen.<br />
� Mögliche organisatorische Vereinfachungen einer <strong>Pflege</strong>station fallen nicht ins Gewicht oder<br />
werden durch die im Vergleich zur häuslichen Situation weiteren Wege ausgeglichen (<br />
Fischer, 1998a, S. 6; 1998b, S. 5 )<br />
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2. Da Demenzkranke einen nicht verhandelbaren Rechtsanspruch auf menschenwürdige Versorgung<br />
nach dem derzeitigen fachlichen Standard haben ( vgl. Gennrich, 1995, S. 14-32; Fischer, 1998a, S.<br />
5 ), ist der <strong>Pflege</strong>bedarf, der hier in Form eines <strong>Zeitbedarf</strong>es ermittelt wurde, individuell<br />
anzuerkennen und zu finanzieren.<br />
Die vorgelegte <strong>Studie</strong> präzisiert den realen Bedarf<br />
Die Ergebnisse der vorgelegten <strong>Studie</strong> sind verallgemeinerbar. Mögliche Besonderheiten der teilnehmenden<br />
Einrichtungen und Wohngruppen können vernachlässigt werden. Zum einen werden lokale Faktoren durch<br />
die Anzahlen ( 68 Wohngruppen aus 28 Einrichtungen in 12 Städten ) ausgeglichen. Zum anderen<br />
repräsentieren die Einrichtungen nahezu die ganze Breite der verschiedenen Träger. Damit sind die<br />
Ergebnisse <strong>zum</strong>indest für den Bereich "Einrichtungen in nordrhein-westfälischen Städten" übertragbar. Die<br />
Stichprobe weist die typische Alters- und Geschlechtsverteilung von Altenheimen auf. Die Kriterien zur<br />
Auswahl der BewohnerInnen wurden ausführlich und exakt vorgegeben und kontrolliert. Theoretisch wäre es<br />
allerdings denkbar, dass in jeder Wohngruppe nur "besonders schwierige Fälle" ausgewählt wurden. Ein<br />
solcher Stichprobenfehler hätte die Übertragbarkeit erheblich beeinträchtigt. Dies darf jedoch anhand der<br />
erfassten Kontrollvariablen ausgeschlossen werden: Weder die pflegebegründenden Diagnosen noch die<br />
Erschwernisfaktoren nach den Kriterien der <strong>Pflege</strong>kassen weisen Besonderheiten auf. Daher kann die<br />
Stichprobe als repräsentativ für die Gesamtheit der fortgeschritten dementiell Erkrankten in stationärer<br />
Versorgung angesehen werden. Daraus folgt, dass der ermittelte <strong>Zeitbedarf</strong> für die Grundpflege real besteht,<br />
wenn die <strong>Pflege</strong>maßnahmen nach der gesetzlich definierten und in der <strong>Studie</strong> vorgegebenen Qualität<br />
durchgeführt werden.<br />
Aus der <strong>Studie</strong> lassen sich u.a. folgende Aussagen ableiten:<br />
� Der Anteil gerontopsychiatrisch veränderter Bewohner in Heimen steigt kontinuierlich an.<br />
� Für Demente reicht die Absicherung durch das <strong>Pflege</strong>versicherungsgesetz nicht aus.<br />
� Zeitwerte in der Begutachtung der <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit lassen keinen Rückschluss zu auf den<br />
<strong>Zeitbedarf</strong> in stationären Einrichtungen.<br />
� Bisherige <strong>Studie</strong>nergebnisse wurden <strong>zum</strong> Teil als Überschätzung relativiert.<br />
� Vermutlich unterscheiden sich der <strong>Pflege</strong>bedarf und der tatsächliche <strong>Pflege</strong>aufwand hierzulande<br />
erheblich.<br />
� Ressourcen des <strong>Pflege</strong>heims dürfen bei der Erhebung des individuellen Bedarfs keine Rolle spielen.<br />
� Daten über die aufgewandte Zeit für <strong>Pflege</strong>handlungen müssen auch die Qualität der Maßnahmen<br />
einbeziehen.<br />
� Von den <strong>Pflege</strong>kassen empfohlene Zeit-Obergrenzen für Einzelverrichtungen werden in 80 % der<br />
Fälle überschritten.<br />
� Einstufungen in höhere <strong>Pflege</strong>stufen und Anerkennung als Härtefall müssen die Regel sein.<br />
� Bei fortgeschrittener Demenz ist der <strong>Zeitbedarf</strong> in den Stufen I und III höher als in <strong>Pflege</strong>stufe II.<br />
� Der bei der Basis des <strong>Zeitbedarf</strong>s ermittelte <strong>Pflege</strong>bedarf ist individuell anzuerkennen und zu<br />
finanzieren.<br />
� Die Demenzproblematik wird durch das bestehende <strong>Pflege</strong>stufen-System nicht abgedeckt.<br />
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Lösungsansätze und Ausblick<br />
Kurzfristige Lösungen<br />
Als Sofortmaßnahme, die keinen gesetzgeberischen Aufwand erfordert, können alternativ zwei Wege<br />
beschritten werden:<br />
a. Alle <strong>Pflege</strong>bedürftigen mit fortgeschrittener Demenz werden grundsätzlich der <strong>Pflege</strong>stufe III<br />
zugeordnet. Dabei ist höchstens in 4 % der Fälle zu erwarten, dass der Grundpflegebedarf unter der<br />
Einstufungsgrenze liegt. Die Landesärzte sollten analog <strong>zum</strong> früheren Landesarztverfahren die<br />
Zuordnung zur Gruppe der fortgeschritten dementiell Erkrankten verantworten. Auf diese Weise<br />
kann in vielen Fällen eine Verbesserung erreicht werden. Die hier dargestellten Ergebnisse zeigen<br />
jedoch, dass die zu erbringenden Leistungen für den vorliegenden Personenkreis bei weitem höher<br />
liegen, als es die <strong>Pflege</strong>stufe III vorsieht.<br />
b. Der ermittelte Korrekturfaktor von 2,1 für Personen mit einer diagnostizierten fortgeschrittenen<br />
senilen Demenz wird in die Begutachtungsrichtlinien der <strong>Pflege</strong>kassen eingearbeitet.<br />
Dementsprechend werden grundsätzlich bei diagnostizierter fortgeschrittener seniler Demenz die<br />
vorgeschlagenen Zeitkorridore für die definierten Verrichtungen nach SGB XI mit dem Faktor 2,1<br />
multipliziert.<br />
Mit den genannten Maßnahmen wird der Rahmen des bestehenden Begutachtungs- und<br />
<strong>Pflege</strong>stufensystems nicht verlassen. Auch eine Gesetzesänderung ist nicht erforderlich. Beides spricht für<br />
seine rasche Umsetzbarkeit. Was hier für den Personenkreis der fortgeschritten senil Dementen ermittelt<br />
und schlussgefolgert wird, ist für den Kreis anderer gerontopsychiatrischer Krankheitsbilder ebenfalls zu<br />
untersuchen ( z.B. Altersdepressionen oder Psychosen ).<br />
Mittelfristige Lösung<br />
Weder Tagesbedarf und Korrekturfaktoren noch Einzelverrichtungen zeigen eine systematische<br />
Abhängigkeit von der <strong>Pflege</strong>stufe der untersuchten Personen. Die Demenzproblematik wird daher durch das<br />
bestehende Stufensystem nicht abgedeckt. Dennoch weist die Verteilung des täglichen Grundpflegebedarfs<br />
mehrere Gipfel auf. Dies zeigt, dass eine Lösung, die zugleich bedarfsgerecht, unbürokratisch und effizient<br />
ist, eigene <strong>Pflege</strong>stufen für die gerontopsychiatrische <strong>Pflege</strong> definieren muss. Solche speziellen<br />
<strong>Pflege</strong>klassen der gerontopsychiatrischen <strong>Pflege</strong> müssten nicht nur die um den erläuterten Korrekturfaktor<br />
erweiterten Zeitkorridore für die Grundpflege aufweisen, sondern neben den heute definierten Verrichtungen<br />
der Grundpflege einen Katalog spezieller gerontopsychiatrischer <strong>Pflege</strong> und Betreuung enthalten, wie z.B.<br />
� Maßnahmen bei Ablehnung von Nahrung und Medikamenten,<br />
� Intervention bei aggressivem Verhalten oder bei Angst- und Wahnzuständen,<br />
� Aufsicht und Maßnahmen bei Weglauftendenzen, Selbst- und Fremdgefährdung,<br />
� Maßnahmen zur Stärkung der Alltagskompetenz, ROT etc.<br />
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Ein Vorgehen analog zur Entwicklung und Implementation der Personalverordnung Psychiatrie erscheint hier<br />
als sinnvoll. Auch dieser Vorschlag erfordert keine Gesetzesänderung, da der § 85 SGB XI besondere<br />
<strong>Pflege</strong>klassen erwähnt. Dieser im Gesetzestext nicht weiter ausgeführte Begriff kann zur gesonderten<br />
Behandlung <strong>Demenzkranker</strong> genutzt werden, wenn sich die beteiligten Parteien einigen können ( vgl.<br />
Dörrmann, 1999a, 1999b ). Dass nicht nur der Empfänger, sondern auch der Erbringer von <strong>Pflege</strong>leistungen<br />
beteiligt wird, formuliert ein Urteil des Bundessozialgerichts in Kassel ( B 3 P 11/99 R ).<br />
Ausblick<br />
Bei der Diskussion um die <strong>Pflege</strong>versicherung muss unterschieden werden zwischen der ursprünglichen<br />
Idee und deren Umsetzung. Die hier vorgestellten Daten belegen, dass die Forderung nach Verbesserungen<br />
für die Zielgruppe <strong>Demenzkranker</strong> unabdingbar ist. Die oben skizzierten Vorschläge zeigen, dass<br />
entsprechende Korrekturen systemimmanent durchführbar sind. Sie sollten als Bestandteil eines<br />
gesetzgeberischen Qualitätsmanagements verstanden werden: Dass nämlich die in der Zielbeschreibung<br />
des <strong>Pflege</strong>VG aufgestellten Kriterien durch die Umsetzung in Verordnungen und Praxis erfüllt werden. Diese<br />
Ziele sind nach § 2 (1) SGB XI: "Die Leistungen der <strong>Pflege</strong>versicherung sollen den <strong>Pflege</strong>bedürftigen helfen,<br />
trotz ihres Hilfebedarfs ein möglichst selbständiges und selbstbestimmtes Leben zu führen, das der Würde<br />
des Menschen entspricht. Die Hilfen sind darauf auszurichten, die körperlichen, geistigen und seelischen<br />
Kräfte der <strong>Pflege</strong>bedürftigen wiederzugewinnen oder zu erhalten."<br />
Verfasser<br />
Oskar Dierbach ist Heim- und <strong>Pflege</strong>dienstleiter im Haus Ruhrgarten, Mülheim an der Ruhr.<br />
Dr. H. W. Schaffert ist Landesarzt für Gerontopsychiatrie.<br />
Dr. rer. nat. M. Brach befasst sich am Institut für Sportwissenschaft und Sport der Universität Bonn mit der<br />
Entwicklung wissenschaftlicher Methoden. Er ist im Haus Ruhrgarten, Mülheim/R., in der Qualitätssicherung<br />
tätig.<br />
Literatur<br />
ARBEITERWOHLFAHRT ( Hrsg. ): Personalbedarf im Krankenheim Gemeinnützige Krankenhausbetriebs-<br />
GmbH, Marie-Schlei-Haus. Berlin 1986.<br />
BIRKENBEIL, B.; KERKHOFF, E.: Qualitätssicherung und leistungsbezogene Personalbedarfsplanung in<br />
der stationären Altenhilfe. Köln ( Kuratorium Deutsche Altershilfe ) 1999 ( thema. 143 ).<br />
BARTHOLOMEYCZIK, S.; ULMER, E.-M., LINHARD, M.: <strong>Pflege</strong>bedarf nach Begutachtung. Eine Analyse<br />
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von Daten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen in Hessen. In: Altenpflege Forum, 7. Jg. ( 1999 ),<br />
H. 3, S. 9-18.<br />
DIERBACH, 0.: Mit der Stoppuhr in das Chaos. In: Altenpflege, 22. Jg. ( 1997 ), H. 11, S. 33-37.<br />
DÜRRMANN, P: Differenzierung statt Pauschalisierung. Versorgungsaufwand für Demenzkranke im<br />
Leistungsvergleich. In: Altenheim, 38. Jg. ( 1999a ), H. 2, S. 26-29.<br />
DÜRRMANN, P: Die Bedeutung der <strong>Pflege</strong>klassen. Vergütung des Mehraufwandes bei Demenzkranken. In:<br />
Altenheim, 38. Jg. ( 1999b ), H. 5, S. 30-33.<br />
FISCHER, H.: <strong>Pflege</strong>zeitbedarf in Einrichtungen der stationären Altenhilfe. Plädoyer für eine rationale<br />
<strong>Pflege</strong>satzgestaltung. Teil I. In: Leitungskompass, 1. Jg. ( 1998a ), H. 22, S. 5-6.<br />
FISCHER, H.: <strong>Pflege</strong>zeitbedarf in Einrichtungen der stationären Altenhilfe. Plädoyer für eine rationale<br />
<strong>Pflege</strong>satzgestaltung. Teil II. In: Leitungskompass, 1. Jg. ( 1998b ), H. 23, S. 5.<br />
FORTSCHRITTE UND DEFIZITE ...: Fortschritte und Defizite im Problemfeld Demenz. Referate auf dem 2.<br />
Kongress der Deutschen Alzheimer-Gesellschaft. Berlin, 9.-11. September 1999. Berlin 2000 ( Tagungsreihe<br />
der Deutschen Alzheimer-Gesellschaft e.V. )<br />
FRIJTERS, D.; KOOIJ, C. van der: <strong>Pflege</strong>bedarfsgruppen für Heimbewohner in den Niederlanden.<br />
Übersetzung des Dokuments "Resource utilization groups for nursing home patients in the Netherlands".<br />
Aus: (Hrsg.): Dimensionen und Modelle angemessener Personalschlüssel in der stationären Altenhilfe. 2.<br />
Auflage. Köln ( Kuratorium Deutsche Altershilfe ) 1995 ( Forum. 22 ), S. 211-230.<br />
GENNRICH, R.: Dimensionen und Modelle angemessener Personalschlüssel in der stationären Altenhilfe. 2.<br />
Auflage. Köln (Kuratorium Deutsche Altershilfe) 1995 (Forum. 22).<br />
NEUBAUER, G.; SCHALLERMAIR, Ch.: Unterschiede im Leistungsgeschehen stationärer<br />
Altenpflegeeinrichtungen: Empirischer Befund und Erklärungsansätze. In: Sozialer Fortschritt, o. Jg. ( 1998 ),<br />
H. 7, S. 181-189.<br />
REISBERG, B.: Die Reisberg-Skalen. Mit Global Deterioration Scale ( GDS ), Brief Cognitive Rating Scale (<br />
BCRS ) und Functional Assessment Staging ( FAST ). Deutsche Bearbeitung von R. IHI und L. Frölich.<br />
Weinheim ( Beltz Test ) 1991.<br />
RÜCKERT, W.; MYBES, Pfau: Zur Organisation pflegerischer Dienste in Altenpflege- / Altenkrankenheimen<br />
Bonn 1988. ( Schriftenreihe des BMJFFG. 82 )<br />
SCHMIDT, R.; KLIE, Th.: Reformbedarf und Perspektiven der <strong>Pflege</strong>versicherung. Aus: Deutsche Alzheimer-<br />
Gesellschaft e. V (Hrsg.): Fortschritte und Defizite im Problemfeld Demenz. Referate auf dem 2. Kongress<br />
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der Deutschen Alzheimer-Gesellschaft. Berlin, 9.-11. September 1999. Berlin 2000 ( Tagungsreihe der<br />
Deutschen Alzheimer Gesellschaft e. V. ), S. 307-318.<br />
SCHREIBER, G.: Erfassung von Arbeitsinhalten und -bedingungen der Altenpflege mit Hilfe von<br />
arbeitswissenschaftlichen Methoden. Aus: Landau ( Hrsg. ): Arbeitsbedingungen im Krankenhaus. o. 0. (<br />
Bayerisches Staatsministerium für Arbeit, Familie und Sozialforschung ) 1991, S. o. S.<br />
TILQUIN, Ch. u. a.: Health and social resources planning based an activity analysis - a Quebec experience<br />
in the long-term rare and services sector for the elderly. Aus: Zweifel, P ( Hrsg. ): Bedarf und<br />
Angebotsplanung im Gesundheitswesen. Neue Ansätze in der Bedarfsforschung und neue Formen der<br />
Angebotsplanung. Gerlingen 1988 ( = Beiträge zur Gesundheitsökonomie. 17 ), S. 255-310.<br />
WOHLLEBER, C. u. a.: Leistungen und Kosten von Sozialstationen. Stuttgart ( o. Verl. ) 1991.<br />
Dieser Artikel erschien im Altenpflege Forum, 8. Jg. ( 2000 ), H. 3, S. 11-22. http://www.vincentz.net<br />
Psychopharmaka<br />
Definition<br />
Pharmakologisch gesehen versteht man hierunter Substanzen, welche eine Wirkung auf das zentrale<br />
Nervensystem (Gehirn) ausüben und dadurch den Aktivitätszustand des Gehirns beeinflussen.<br />
Psychiatrisch gesehen versteht man hierunter Medikamente, welche menschliches Erleben und Verhalten<br />
beeinflussen.<br />
Die (im Bereich der Altenpflege) wichtigsten (psychiatrischen) Substanzgruppen sind:<br />
� Neuroleptika (Antipsychotika)<br />
� Tranquilizer / Anxiolytika (Beruhigungsmittel)<br />
� Hypnotika (Schlafmittel)<br />
� Antidepressiva (Mittel gegen Depression)<br />
� Antidementiva (Mittel gegen Demenz)<br />
Beginn der modernen Psychopharmaka-Ära<br />
- Entdeckung von Chlorpromazin (Antipsychotikum) 1952<br />
- Entdeckung von Imipramin (Antidepressivum) 1957<br />
- Entdeckung von Haloperidol (Antipsychotikum) 1958<br />
- Entdeckung von Chlordiazepoxid (Beruhigungsmittel) 1960<br />
Wirkungsweise von Psychopharmaka<br />
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Psychopharmaka beeinflussen sog. Neurotransmittersysteme im zentralen Nervensystem (ZNS). Sie greifen<br />
in komplexe neurobiologische Regulationsmechanismen ein, wobei der eigentliche Wirkmechanismus bis<br />
heute nicht (völlig) klar ist.<br />
Neurotransmitter sind chemische Überträgerstoffe (z.B. Acetylcholin, Noradrenalin, Serotonin, GABA,<br />
Histamin, Dopamin oder Opioide etc.), die an den Verbindungsstellen zwischen den einzelnen Nervenzellen<br />
(Synapsen) für die Übertragung von Signalen (Informationen) zuständig sind. Sie docken an Rezeptoren an<br />
und lösen dadurch je nach Rezeptortyp unterschiedliche Folgereaktionen aus.<br />
Wichtige Regeln für den Umgang mit Psychopharmaka<br />
� Die Behandlung mit Psychopharmaka gehört in die Hand von Fachärzten (für Psychiatrie bzw.<br />
Nervenheilkunde), denn die Frage, wer, wann, wie viel, wie lange und was für ein Psychopharmakon<br />
einnehmen soll, bedarf einer kompetenten fachärztlichen Entscheidung.<br />
� Vor einer Therapie muss eine sorgfältige Diagnostik erfolgen, welche eine gezielte<br />
Indikationsstellung erlaubt.<br />
� Vorbehandlungen / Suchtanamnese müssen vor Beginn der Therapie abgeklärt werden.<br />
� Aufklärung des Patienten über Wirkung und mögliche Nebenwirkungen sowie Wechselwirkungen mit<br />
anderen Medikamenten. Dabei muss die Einwilligungsfähigkeit des Patienten beachtet (ggf. eine<br />
Betreuung gemäß § 19896 BGB angeregt) werden.<br />
� Vor einer Therapie muss eine sorgfältige Diagnostik erfolgen, welche eine gezielte<br />
Indikationsstellung erlaubt.<br />
� Vorbehandlungen / Suchtanamnese müssen vor Beginn der Therapie abgeklärt werden.<br />
� Vor und während der Behandlung sind regelmäßige Kontrollen von Puls, Blutdruck, Blutbild,<br />
Nierenwerten (Harnstoff, Kreatinin) und Leberwerten (GOT, GPT, Gamma- GT) sowie EKG- und<br />
EEG-Ableitungen nötig.<br />
� Einschleichende und individuelle Dosierung (Dosisanpassung bei älteren Menschen).<br />
� Verbindliche Dosierungsrichtlinien für Psychopharmaka gibt es nicht. Niemand kann sicher<br />
voraussagen, welches Medikament (in welcher Dosierung) einem Patienten am besten helfen wird.<br />
Ein spezifisch wirksames Medikament gegen eine bestimmte psychische Störung gibt es nicht. Die<br />
therapeutische Breite ist <strong>zum</strong> Teil groß (z.B. bei Haloperidol sind Dosierungen zwischen 1 und 30<br />
mg pro Tag möglich).<br />
� Psychopharmaka beseitigen nicht die Krankheit, sondern wirken auf Symptome wie Angst, innere<br />
Unruhe, depressive Verstimmung, Halluzinationen, Wahnideen etc. und können helfen, quälende<br />
und lebensbehindernde Beschwerden zu lindern oder zu beseitigen.<br />
� Es ist eine Monotherapie (Behandlung mit nur einem Psychopharmakon) anzustreben und wenn<br />
dies nicht möglich ist, dann die Beschränkung auf möglichst wenige Mittel.<br />
� Vor der Behandlung soll ein Gesamtbehandlungsplan erstellt werden.<br />
Neuroleptika (Antipsychotika)<br />
wirken antipsychotisch (gegen Wahn und Halluzinationen) und dämpfend bzw. affektiv entspannend bei<br />
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Unruhe- und Erregungszuständen.<br />
Einteilung<br />
Die Einteilung der Neuroleptika ist nach verschiedenen Kriterien möglich. Ihrer sog. "neuroleptischen<br />
Potenz" nach werden sie eingeteilt in:<br />
� Hochpotente Neuroleptika (z.B. Haloperidol, Benperidol, Risperidon)<br />
� Mittelpotente Neuroleptika (z.B. Perazin, Sulpirid)<br />
� Schwachpotente Neuroleptika (z.B. Promazin, Pipamperon)<br />
Hochpotente Neuroleptika werden in erster Linie bei Wahn und Halluzination gegeben, schwachpotente bei<br />
Unruhe- und Erregungszuständen.<br />
Kontraindikationen / Vorsicht ist geboten bei<br />
� Akute Intoxikationen (Vergiftungen) mit zentral dämpfenden Pharmaka (z.B. Schlaf- oder<br />
Schmerzmittel) und Alkohol.<br />
� Leukopenie (Verminderung der Zahl der weißen Blutkörperchen im peripheren Blut unter 4000 / µl)<br />
� Erkrankungen des blutbildenden Systems<br />
� organische Hirnschädigung<br />
� Herzrhythmusstörungen<br />
� Blutdruckregulationsstörungen (Hypotonie)<br />
� Glaukom ( "grüner Star" )<br />
� Prostatavergrößerung<br />
� Harnverhalten<br />
� Pylorusstenose (Einengung des Magenausgangs)<br />
� M. Parkinson<br />
Mögliche Nebenwirkungen<br />
� Akathisie / Tasikinese ( ständiger Bewegungsdrang, Unfähigkeit ruhig stehen oder sitzen zu bleiben)<br />
� Parkinson-Syndrom (Einschränkung der motorischen Beweglichkeit, kleinschrittiger Gang,<br />
Muskeltonuserhöhung, Zittern, Speichelfluss)<br />
� Frühdyskinesien (Verkrampfungen der mimischen Muskulatur, der Zungen- und Schlundmuskulatur,<br />
Blickkrämpfe, Bewegungsstörungen der Muskulatur des Halses und der Arme)<br />
� Spätdyskinesien (unwillkürliche Zuckungen v.a. im Bereich der Mund- und Gesichtsmuskulatur,<br />
bizarre Körperbewegungs-störungen, Verkrampfungen der Atemmuskulatur)<br />
� Blutdruckregulationsstörungen (Blutdruckabfall)<br />
� Herzrhythmusstörungen<br />
� Blutbildveränderungen (Leukopenie, Agranulozytose)<br />
� Thrombose<br />
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� Hormonelle Störungen (Prolaktinanstieg, Blutzuckeranstieg, Libidostörungen)<br />
� Gewichtszunahme<br />
� Mundtrockenheit<br />
� Störungen der Temperaturregulation<br />
� Harnblasenentleerungsstörungen (bis zur Harnsperre)<br />
� Darmentleerungsstörungen (bis <strong>zum</strong> Darmverschluss)<br />
� Störungen der Leberfunktion (Leberzellschädigung, Gallenstauung, Ikterus)<br />
� Erhöhung des Augeninnendruckes (Glaukom)<br />
� Akkomodationsstörungen (Anpassungsstörungen des Auges für das scharfe Sehen von Objekten in<br />
wechselnden Entfernungen, Verschwommensehen)<br />
� Linsen- und Hornhauttrübungen<br />
� Pigmenteinlagerungen an der Haut und Netzhaut<br />
� Hautallergien<br />
� Fotosensibilisierung<br />
� Müdigkeit, Benommenheit<br />
� Störung der Konzentration<br />
� pharmakogene Depression<br />
� Delir<br />
� Krampfanfälle<br />
� malignes neuroleptisches Syndrom mit hohem Fieber, Tachykardie (beschleunigte Herzfrequenz),<br />
Erhöhung des Muskeltonus, Stupor (Erstarrung) bis hin <strong>zum</strong> Koma.<br />
Atypische Neuroleptika<br />
Neuroleptika der zweiten Generation, welche im Vergleich zu den klassischen Neuroleptika bei etwa gleicher<br />
antipsychotischer Wirksamkeit besser verträglich sind (ein geringeres Risiko für sog. extrapyramidale<br />
Störungen wie z.B. Parkinsonoid aufweisen und eine geringere Beeinträchtigung der kognitiven Funktionen<br />
haben). Beispiele: Olanzapin, Risperidon und Sertindol etc.<br />
Tranquilizer / Anxiolytika (Beruhigungsmittel)<br />
werden v.a. zur Behandlung von Angst- und Spannungszuständen, Panikstörungen, Agitiertheit und innerer<br />
Unruhe verwendet. Sie wirken beruhigend, affektiv entspannend und schlaffördernd. Sie wirken angstlösend<br />
(anxiolytisch), beruhigend, affektiv entspannend, muskelrelaxierend und antikonvulsiv (hemmende Wirkung<br />
gegenüber epileptischen Krämpfen).<br />
Einteilung<br />
Die Einteilung der Tranquilizer ist nach verschiedenen Kriterien möglich.<br />
Die wichtigste Gruppe nach der chemischen Struktur bilden die Benzodiazepine.<br />
Einteilung der Benzodiazepine nach Halbwertszeiten:<br />
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� kurzwirkende Benzodiazepine: z.B. Midazolam, Trazolam<br />
� mittellangwirkende Benzodiazepine: z.B. Alprazolam, Bromazepam<br />
� langwirkende Benzodiazepine: z.B. Diazepam<br />
Kontraindikationen / Vorsicht ist geboten bei<br />
� Akute Intoxikationen (Vergiftungen) mit zentral dämpfenden Pharmaka (z.B. Schlaf- oder<br />
Schmerzmittel) und Alkohol<br />
� organische Hirnschädigung (paradoxe Wirkung: Unruhe, Erregung, Schlafstörungen)<br />
� ältere Patienten (paradoxe Wirkung: Unruhe, Erregung, Schlafstörungen)<br />
� Atemstörungen (obstruktive Atemwegserkrankungen)<br />
� Blutdruckregulationsstörungen (Hypotonie)<br />
� Leberfunktionsstörungen<br />
� Nierenfunktionsstörungen<br />
� Geh- / Koordinationsstörungen<br />
� Myasthenie gravis<br />
� Sucht<br />
Mögliche Nebenwirkungen<br />
� Artikulationsstörungen<br />
� Appetitsteigerung<br />
� Atemdepression<br />
� Blutdruckregulationsstörungen (Blutdruckabfall)<br />
� Müdigkeit, Benommenheit<br />
� Störung der Konzentration<br />
� Gedächtnisstörungen<br />
� Schwindel<br />
� Schwindel<br />
� Muskelschwäche<br />
� Dysphorie (bedrückte, gereizte, leicht reizbare und freudlose Stimmung)<br />
� depressive Verstimmung<br />
� paradoxe Reaktionen (Unruhe, Erregung, Schlafstörungen)<br />
� unter hohen Dosen oder nach abruptem Absetzen können Delirien, Krampfanfälle und psychotische<br />
Symptome auftreten<br />
� Sucht<br />
Hypnotika (Schlafmittel)<br />
werden v.a. zur Behandlung von Schlafstörungen verwendet. Im Gegensatz zu Barbiturat-Präparaten führen<br />
moderne Benzodiazepin-Hypnotika nicht zur Narkose. Sie wirken dosisabhängig angstlösend (anxiolytisch),<br />
sedativ-hypnotisch (beruhigend-schlaffördernd), muskelrelaxierend und antikonvulsiv (hemmende Wirkung<br />
gegenüber - v.a. epileptischen - Krämpfen). Eine strenge Abgrenzung von den Benzodiazepin-Anxiolytika<br />
(siehe im Text oben) ist nicht möglich.<br />
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Einteilung<br />
(Die Einteilung der Hypnotika ist nach verschiedenen Kriterien möglich.<br />
Die wichtigste Gruppe nach der chemischen Struktur bilden die Benzodiazepin-Hypnotika.<br />
Beispiele: Flunitrazepam, Flurazepam, Temazepam, Triazolam etc.<br />
Kontraindikationen / Vorsicht ist geboten bei ( bezieht sich auf Benzodiazepin-Hypnotika )<br />
� Akute Intoxikationen (Vergiftungen) mit zentral dämpfenden Pharmaka (z.B. Schlaf- oder<br />
Schmerzmittel) und Alkohol<br />
� organische Hirnschädigung (paradoxe Wirkung: Unruhe, Erregung, Schlafstörungen)<br />
� ältere Patienten (paradoxe Wirkung: Unruhe, Erregung, Schlafstörungen)<br />
� Atemstörungen (obstruktive Atemwegserkrankungen)<br />
� Blutdruckregulationsstörungen (Hypotonie)<br />
� Leberfunktionsstörungen<br />
� Nierenfunktionsstörungen<br />
� Geh- / Koordinationsstörungen<br />
� Myasthenie gravis<br />
� Sucht<br />
Mögliche Nebenwirkungen ( bezieht sich auf Benzodiazepin-Hypnotika )<br />
� Artikulationsstörungen<br />
� Artikulationsstörungen<br />
� Atemdepression<br />
� Blutdruckregulationsstörungen (Blutdruckabfall)<br />
� Müdigkeit, Benommenheit<br />
� Störung der Konzentration<br />
� Gedächtnisstörungen<br />
� Schwindel<br />
� Gangstörungen<br />
� Muskelschwäche<br />
� Dysphorie (bedrückte, gereizte, leicht reizbare und freudlose Stimmung)<br />
� depressive Verstimmung<br />
� paradoxe Reaktionen (Unruhe, Erregung, Schlafstörungen)<br />
� unter hohen Dosen oder nach abruptem Absetzen können Delirien, Krampfanfälle und psychotische<br />
Symptome auftreten<br />
� Sucht<br />
Antidepressiva (Mittel gegen Depression)<br />
wirken stimmungsaufhellend und antriebsnormalisierend.<br />
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Einteilung<br />
Die Einteilung der Antidepressiva ist nach verschiedenen Kriterien möglich. Einige Beispiele:<br />
� Trizyklische Antidepressiva (die "Klassiker" unter den Antidepressiva) - z.B. Doxepin<br />
� Tetrazyklische Antidepressiva - z.B. Mianserin<br />
� Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI) - z.B. Paroxetin<br />
� Selektive Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer - z.B. Reboxetin<br />
� Monoaminooxydasehemmer (MAO-Hemmer) - z.B. Moclobemid<br />
In den letzten Jahren gewannen Antidepressiva vom SSRI-Typ zunehmend an Bedeutung, vor allem<br />
aufgrund der im Gegensatz zu trizyklischen Antidepressiva deutlich niedrigeren kardiovaskulären (Herz-<br />
Kreislauf betreffend) und anticholinergen Nebenwirkungen (wie z.B. Mundtrockenheit, Sehstörungen,<br />
Harnblasen-/Darmentleerungsstörungen, psychomotorische Unruhe, Verwirrtheit, Delir etc.).<br />
Kontraindikationen / Vorsicht ist geboten bei<br />
� Akute Intoxikationen (Vergiftungen) mit zentral dämpfenden Pharmaka (z.B. Schlaf- oder<br />
Schmerzmittel) und Alkohol<br />
� organische Hirnschädigung<br />
� ältere Patienten<br />
� Herzrhythmusstörungen<br />
� Blutdruckregulationsstörungen (Hypotonie)<br />
� Glaukom ("grüner Star")<br />
� Prostatavergrößerung<br />
� Harnverhalten<br />
� Pylorusstenose (Einengung des Magenausgangs)<br />
� epileptische Krampfneigung<br />
Mögliche Nebenwirkungen<br />
� Artikulationsstörungen<br />
� Atemstörungen<br />
� Blutbildveränderungen (v.a. Leukopenie)<br />
� Blutdruckregulationsstörungen (Blutdruckabfall)<br />
� Erregungsleitungsstörung am Herzen<br />
� Tachykardie (erhöhte Herzfrequenz)<br />
� Müdigkeit, Benommenheit<br />
� Störung der Konzentration<br />
� Gedächtnisstörungen<br />
� Schwindel<br />
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� Mundtrockenheit<br />
� Erhöhung des Augeninnendruckes (Glaukom)<br />
� Akkomodationsstörungen (Anpassungsstörungen des Auges für das scharfe Sehen von Objekten in<br />
wechselnden Entfernungen, Verschwommensehen)<br />
� Übelkeit, Erbrechen<br />
� Leberfunktionsstörungen<br />
� Darmentleerungsstörungen (bis <strong>zum</strong> Darmverschluss)<br />
� Harnblasenentleerungsstörungen (bis zur Harnsperre)<br />
� Gewichtszunahme<br />
� Ödeme<br />
� Exantheme (Hautausschläge)<br />
� Tremor (Zittern)<br />
� epileptische Krampfanfälle<br />
� psychotische (paranoid-halluzinatorische) Symptome<br />
� Unruhe<br />
� Verwirrtheitszustände / Delir<br />
Antidementiva / Nootropika (Mittel gegen Demenz)<br />
Antidementiva werden zur Behandlung kognitiver Störungen (Beeinträchtigungen des Gedächtnisses, der<br />
Konzentrations- und Denkfähigkeit) eingesetzt.<br />
An die Behandlungsmöglichkeiten darf man allerdings nicht allzu hohe Erwartungen stellen, da der<br />
Untergang der Nervenzellen bisher nicht aufzuhalten ist. Als Erfolg ist bereits zu werten, wenn das kognitive<br />
Leistungsvermögen und die Alltagskompetenzen in geringem Maße verbessert und einige Zeit auf gleicher<br />
Höhe gehalten werden können.<br />
Es ist wichtig, bereits in frühen Stadien der Erkrankung mit der Therapie zu beginnen.<br />
Die wichtigsten Substanzen mit nachgewiesener Wirksamkeit gehören allesamt der Gruppe der<br />
Acetylcholinesterasehemmer an. Diese sind:<br />
� Donepezil<br />
� Galantamin<br />
� Rivastigmin<br />
Einschätzungen zufolge werden zur Zeit nur ca. fünf Prozent der Demenzkranken in Deutschland effektiv mit<br />
Antidementiva behandelt.<br />
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