Schriftliche Kleine Anfrage - DIE LINKE. Landesverband Hamburg
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BÜRGERSCHAFT<br />
DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache19/7915<br />
19. Wahlperiode 17.11.10<br />
<strong>Schriftliche</strong> <strong>Kleine</strong> <strong>Anfrage</strong><br />
des Abgeordneten Dr. Joachim Bischoff (<strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong>) vom 17.11.10<br />
Betr.: Situation der Not- und Flüchtlingsunterkünfte in <strong>Hamburg</strong><br />
In <strong>Hamburg</strong> sind rund 4.000 Menschen wohnungslos. Davon leben etwa<br />
1.000 auf der Straße und rund 3.000 in Notunterkünften und teilstationären<br />
Einrichtungen. Allerdings sind dies nur die offiziell erfassten Zahlen. Doch die<br />
Hinweise auf eine deutlich höhere Dunkelziffer mehren sich. Berichten zufolge<br />
ist ein erheblicher Zuwachs an Notfällen zu verzeichnen. Mieterverbände<br />
sprechen mittlerweile von einer Wohnungsnot, da die Bezirke Bewerber<br />
mit Dringlichkeitsscheinen abweisen müssen. Problematisch ist, dass<br />
<strong>Hamburg</strong> in den vergangenen Jahren zu viele Notunterkunftsplätze abbaute.<br />
Nun haben sich die Zahlen der Flüchtlinge seit 2008 von unter 800 auf rund<br />
1.600 verdoppelt und <strong>Hamburg</strong> hat in Nostorf/Horst in einer Kaserne Plätze<br />
zur Unterbringung von Flüchtlingen angemietet. Eine ausreichende Infrastruktur,<br />
medizinische, schulische oder den kulturellen Herkünften angepasste<br />
Versorgung ist dort nicht gegeben.<br />
Zurzeit ist die Sozialbehörde mit dem Bezirk Nord über die Einrichtung einer<br />
Notunterkunft im Gebäude am Alsterberg im Gespräch. Hier soll es jedoch<br />
ausschließlich um Plätze für Wohnungslose gehen.<br />
Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:<br />
Die öffentlich-rechtliche Unterbringung von Zuwanderern und Wohnungslosen hat sich strukturell<br />
im Laufe der Jahre verändert. Während es zwischen 2000 und 2007 noch eine Trennung von<br />
Zuwanderer- und Wohnungsloseneinrichtungen gab, ist diese ab 2007 aufgehoben worden, so dass<br />
alle Personengruppen in den einzelnen Wohnunterkünften untergebracht werden können.<br />
Übernachtungsstätten (Pik As und Frauenzimmer) sind nur zur kurzfristigen Abhilfe von<br />
Obdachlosigkeit vorgesehen. Notunterkünfte gibt es nicht.<br />
Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften<br />
der fördern & wohnen Anstalt öffentlichen Rechts (f & w AöR) wie folgt:<br />
1. Wie viele Wohnungslose sind
Zu 1. a):<br />
a. in Notunterkünften<br />
In Wohnunterkünften und Übernachtungsstätten der öffentlich-rechtlichen Unterbringung bei<br />
f & w waren 2.765 Wohnungslose (Wohnunterkünfte 2.564 Personen, Übernachtungsstätten<br />
201 Personen) untergebracht (Stand 30. September 2010).<br />
b. in teilstationären Einrichtungen<br />
In teilstationären Einrichtungen gemäß §§ 67 ff. SGB XII waren 32 Personen und in stationären<br />
Einrichtungen gemäß §§ 67 ff. SGB XII waren 181 Personen (jeweils Stand 31. Juli 2010)<br />
untergebracht.<br />
c. in anderen Einrichtungen untergebracht?<br />
In sonstigen Einrichtungen waren 36 Personen untergebracht (Stand 31. Juli 2010).<br />
Zu 2. und 11.:<br />
2. In welchen Bezirken befinden sich die Notunterkünfte und mit wie vielen<br />
Plätzen sind sie jeweils ausgestattet?<br />
Bitte nach Bezirken, Einrichtung und Anzahl der Plätze, Anzahl der untergebrachten<br />
Wohnungslosen, Mehrbett-, Zweibett- oder Einzelzimmer<br />
sowie der dort angestellten Betreuer und Betreuerinnen auflisten.<br />
Siehe Anlage. In Wohnunterkünften gibt es keine Zimmer, für die eine Belegung von mehr als zwei<br />
Personen vorgesehen ist. Nur in Ausnahmefällen und auf Wunsch kann auch eine Belegung mit<br />
mehr als zwei Personen erfolgen.<br />
Im Übrigen werden die für die Beantwortung benötigten Daten zur Zimmerbelegung und zur<br />
Personalausstattung nicht gesondert statistisch erfasst. Eine Einzelfallauszählung ist in der für die<br />
Beantwortung einer <strong>Schriftliche</strong>n <strong>Kleine</strong>n <strong>Anfrage</strong> zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem<br />
Verwaltungsaufwand nicht möglich.<br />
Zu 3. und 12.:<br />
3. Wie errechnet sich der gegenwärtige Betreuungsschlüssel?<br />
f & w hält für die Leistungen des Unterkunfts- und Sozialmanagements einen Stellenschlüssel von<br />
1:97 (eine Vollzeitkraft für 97 Bewohnerinnen bzw. Bewohner) vor. Im Übrigen siehe Antwort zu 4.<br />
4. Wie hat sich die Berechnung des Betreuungsschlüssels für Wohnungslose<br />
seit dem Jahr 2000 verändert?
Zu 4.:<br />
Bitte nach Art der Unterkunft, technisch-organisatorisches sowie psychosoziales<br />
Fachpersonal und Anzahl der zu Betreuenden auflisten.<br />
Vor Einrichtung der Fachstellen für Wohnungsnotfälle im Juli 2005 sah der Betreuungsschlüssel für<br />
Wohnungslose folgende Aufteilung vor:<br />
Sozialarbeit 1:175 bei Familien<br />
1:100 bei alleinstehenden Wohnungslosen<br />
Unterkunftsleitung 1:180 bei Familien<br />
1:189 bei alleinstehenden Wohnungslosen<br />
Mit Einrichtung der Fachstellen für Wohnungsnotfälle im Juli 2005 wurde der Betreuungsschlüssel<br />
verändert:<br />
Sozialmanagement 1:100 bei Familien<br />
1:65 bei alleinstehenden Wohnungslosen<br />
Unterkunftsmanagement 1:100 bei Familien<br />
1:65 bei alleinstehenden Wohnungslosen<br />
Mit Aufgabe der Trennung der Unterbringung von Zuwanderern und Wohnungslosen wurde ab<br />
2007 der Betreuungsschlüssel aller Einrichtungen für das Sozial- und Unterkunfts-management<br />
gleichermaßen auf 1:97 festgelegt.<br />
Zu 5.:<br />
5. Wie viele Wohnungslose leben gegenwärtig auf <strong>Hamburg</strong>s Straßen?<br />
Die 2009 durchgeführte empirische Untersuchung über obdachlose, auf der Straße lebende<br />
Menschen in <strong>Hamburg</strong> hatte ergeben, dass 1.029 Menschen (einschließlich der Unterbringung von<br />
rund 200 Menschen im Rahmen des Winternotprogramms) in <strong>Hamburg</strong> auf der Straße lebten<br />
(Untersuchungszeitraum: 25. März bis 31. März 2009).<br />
Zu 6.:<br />
6. Wie hoch schätzt der Senat die Dunkelziffer ein?<br />
Der zuständigen Behörde liegen dazu keine Erkenntnisse vor, allerdings war die empirische<br />
Untersuchung so angelegt, dass damit eine hohe Erfassung gewährleistet war.
2<br />
Drucksache19/7915 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt <strong>Hamburg</strong> – 19. Wahlperiode<br />
7. Wie hoch ist der Anteil der wohnungslosen<br />
a. unter 25-Jährigen<br />
b. F r a u e n<br />
c. über 50-Jährigen<br />
d. mit migrantischem Hintergrund?<br />
e.<br />
Zu 7. a) bis 7. d):<br />
Die Untersuchung hatte ergeben, dass der Anteil der unter 25-Jährigen an<br />
der Gesamtzahl obdachloser, auf der Straße lebender Menschen 12,4 %, der<br />
Anteil der Frauen 22 % und der Anteil der über 50-Jährigen 30,1 % betrug.<br />
Der Anteil nicht-deutscher Obdachloser an der Gesamtzahl obdachloser<br />
Menschen lag bei 26,6 %.<br />
8. Sozialsenator Wersich hat in einer Pressemitteilung vom 29.10.2010 angekündigt,<br />
bei Bedarf weitere Schlafplätze über die 219 bekannt gegebenen<br />
Schlafplätze hinaus im Rahmen des Winternotprogramms zur<br />
Verfügung zu stellen. Wo sind diese vorgesehen und bis zu welchem<br />
Umfang reichen die Kapazitäten vor Ort?<br />
Zu 8.:<br />
Im Rahmen des Winternotprogramms können weitere Übernachtungsplätze<br />
in der Übernachtungsstätte Pik As zur Verfügung gestellt werden.<br />
Die Übernachtungsplätze in der Wohnunterkunft Sportallee können bei<br />
Bedarf auf bis zu 110 Plätze erhöht werden.<br />
9. Nur 40 Prozent der Obdachlosen nehmen aufgrund der schlechten Rahmenbedingungen,<br />
wobei hier in der Kritik vor allem die Mehrbettunterbringung<br />
steht, die Unterbringungsangebote an. Welche Planungen hat<br />
der Senat hinsichtlich der schon lange geforderten Verbesserungen der<br />
Unterbringungssituation?<br />
Zu 9.:<br />
Die empirische Untersuchung über obdachlose, auf der Straße lebende<br />
Menschen in <strong>Hamburg</strong> hatte ergeben, dass 2002 nicht nur deutlich höhere<br />
Obdachlosenzahlen ermittelt wurden, sondern auch, dass 52,2 % der<br />
Befragten angaben, innerhalb der vergangenen drei Monate<br />
Übernachtungsangebote nicht genutzt zu haben. Bei der Befragung 2009<br />
waren dies 40 %. Insofern hat sich die Akzeptanz für die<br />
Übernachtungsangebote merklich verbessert.<br />
In den Wohnunterkünften gibt es keine Mehrbettzimmer über zwei Personen<br />
hinaus, es sei denn, dies ist beispielsweise von Familien ausdrücklich<br />
gewünscht. In den Übernachtungsstätten ist dies je nach Nachfrage möglich.
10. Wie viele Flüchtlinge und Zuwanderer ohne Wohnberechtigung leben<br />
derzeit in <strong>Hamburg</strong> in Not- oder Flüchtlingsunterkünften?<br />
Zu 10.:<br />
Mit Stand 30. September 2010 lebten insgesamt 4.840 Zuwanderer in der<br />
öffentlich-rechtlichen Unterbringung. Davon waren 1.579<br />
wohnungsberechtigt und 2.979 nicht wohnungsberechtigt. Bei 282 Personen<br />
war der Aufenthaltsstatus noch ungeklärt.<br />
11. In welchen Bezirken befinden sich die Unterkünfte für Flüchtlinge und mit<br />
wie vielen Plätzen sind sie jeweils ausgestattet?<br />
Bitte nach Bezirken, Einrichtung und Anzahl der Plätze, Anzahl der untergebrachten<br />
Wohnungslosen, Mehrbett-, Zweibett- oder Einzelzimmer<br />
sowie der dort angestellten psychosozialen Fachkräfte auflisten.<br />
12. Wie errechnet sich der gegenwärtige Betreuungsschlüssel?<br />
13. Wie hat sich die Berechnung des Betreuungsschlüssels für Flüchtlinge<br />
seit dem Jahr 2000 verändert?<br />
Zu 13.:<br />
Bitte nach Art der Unterkunft, technisch-organisatorisches sowie psychosoziales<br />
Fachpersonal und Anzahl der zu Betreuenden auflisten.<br />
Vor Einrichtung der Fachstellen für Wohnungsnotfälle im Juli 2005 sah der<br />
Betreuungsschlüssel für Zuwanderer folgende Aufteilung vor:<br />
Sozialarbeit 1:175<br />
Unterkunftsleitung 1:180<br />
Mit Einrichtung der Fachstellen für Wohnungsnotfälle im Juli 2005 wurde der<br />
Betreuungsschlüssel für alle Zuwanderereinrichtungen auf 1:130 für das<br />
Sozial- und Unterkunftsmanagement verändert.<br />
Im Übrigen siehe Antwort zu 4.<br />
14. Welche Planung hat der Senat vor dem Hintergrund der steigenden Zahlen<br />
von Flüchtlingen hinsichtlich einer mittel- bis langfristigen Anhebung<br />
der Unterbringungsplätze?<br />
Zu 14.:<br />
Über die Herrichtung der Gebäude am Alsterberg hinaus sind die Planungen<br />
der zuständigen Behörden hierzu noch nicht abgeschlossen.
Auslastung der Unterkünfte<br />
Stand: 30.09.2010<br />
Einrichtungen bei fördern & wohnen<br />
Objekt<br />
Bezirk Altona<br />
SOLL IST<br />
Wohnungslose<br />
Zuwanderer<br />
W601 Notkestraße 50 51 51 0<br />
W923 Bahrenfelder Straße 28 17 17<br />
W924 Eimsbütteler Straße 151 130 130<br />
W925 Grünewaldstraße 25 17 17<br />
W926 Waidmannstarße 127 100 100<br />
W927 Max-Brauer-Allee 12 12 12<br />
W928 Borselstraße 8 6 6<br />
W625 Kroonhorst 267 252 181 71<br />
W743 Sieversstücken 324 237 64 173<br />
W824 Sibeliusstr. 232 226 52 174<br />
W602 Langelohhof<br />
Bezirk Eimsbüttel<br />
32 37 35 2<br />
W612 Bornmoor 186 188 188 0<br />
W622 Wegenkamp 75 82 61 21<br />
W736 Holsteiner Chaussee 216 202 164 38<br />
W903 Hornackredder<br />
Bezirk HH-Mitte<br />
22 19 8 11<br />
W614 Hütten 96 94 94 0<br />
W778 Billbrookdeich 124 117 113 4<br />
W900 Billstieg 610 417 36 381<br />
W626 Spliedtring 130 126 122 4<br />
W771 Mattkamp 360 371 46 325<br />
W812 Hinrichsenstraße 136 117 13 104<br />
W677 Projekt U 25 19 19 19 0<br />
W776 Hafenbahn<br />
Bezirk Harburg<br />
166 154 26 128<br />
W700 Wetternstraße 170 162 64 98<br />
W914 Osterbaum 13 12 12 12<br />
W919 Stader Straße 288 15 11 11<br />
W782 Winsener Strasse 271 250 38 212<br />
W918 Stader Straße 106a 30 18 4 14<br />
W922 Sinstorfer Weg 56 Hs.1+2<br />
Bezirk HH-Nord<br />
26 20 6 14<br />
W615 Hornkamp 83 84 77 7<br />
W621 Suhrenkamp *) 0 26 10 16<br />
W701 Langenhorner Chaussee 321<br />
W705 Sportallee<br />
80 78 18 60<br />
(neues Soll ab 15.7.) 38 28 4 24<br />
W731 Sengelmannstr. 216 221 29 192
W731 Sengelmannstrasse (Frauen) 36 40 40 0<br />
W733 Tessenowweg 240 230 100 130<br />
W744 Dakarweg 216 211 84 127<br />
W774 Erdkampsweg 64 66 13 53<br />
W820 Opitzstraße 330 271 10 261<br />
W826 Güntherstraße 173 155 155<br />
W827 Fibiger Straße 213 222 222<br />
Bezirk HH-Wandsbek<br />
W613 Bargteheider Str. 144 129 102 27<br />
W623 Großlohe 142 153 108 45<br />
W735 Waldweg 168 185 32 153<br />
W737 Steilshooper Allee 216 211 26 185<br />
W740 Poppenbütteler Weg 192 178 95 83<br />
W825 Duvenstedter Damm 246 232 16 216<br />
W908 Borstelsende 90 82 1 81<br />
W909 Kirchhofstwiete 47 40 5 35<br />
Bezirk Bergedorf<br />
W611 Achterdwars 178 162 160 2<br />
W627 Ladenbeker Furtweg 160 181 101 80<br />
W732 Curslacker Neuer Deich 80 480 456 109 347<br />
W828 Rahel-Varnhagen-Weg 287 299 39 260<br />
Unterbringung gesamt 7959 7404 2564 4840<br />
Übernachtungsstätten SOLL IST Wohnungslose Zuwanderer<br />
Übernachtung W 600 PIK As 190 170 170<br />
Übernachtung W 604 Frauenzimmer 20 31 31<br />
Gesamt 210 201 201<br />
*) Die Umwandlung der Einrichtung erfolgt Schritt für Schritt. Die Angabe einer Sollkapazität für September<br />
2010 erfolgte nicht mehr, weil die Einrichtung insgesamt bis zum Ende des Monats umgewandelt sein sollte.<br />
Davon unabhängig waren bis Ende September dort noch 26 Personen untergebracht, die entweder mit der<br />
vollständigen Umwandlung als Mieter im umgewandelten Wohnraum dort verbleiben, oder auf andere<br />
Einrichtungen verteilt werden sollten. Da es sich aber um öffentlich untergebrachte Menschen handelt,<br />
erfolgte deren Nennung.