Arbeit mit Metaphern und Geschichten in der ... - Clemens Krause
Arbeit mit Metaphern und Geschichten in der ... - Clemens Krause
Arbeit mit Metaphern und Geschichten in der ... - Clemens Krause
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Gartenstr. 31<br />
<strong>Arbeit</strong> <strong>mit</strong> <strong>Metaphern</strong> <strong>und</strong> <strong>Geschichten</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Psychotherapie<br />
72074 Tüb<strong>in</strong>gen<br />
<strong>Clemens</strong>.<strong>Krause</strong>@web.de<br />
Weiterbildungsstudiengang Verhaltenstherapie Gießen<br />
02.11.2012<br />
www.tueb<strong>in</strong>gen-‐psychotherapie.de<br />
Dr. <strong>Clemens</strong> <strong>Krause</strong><br />
Teilnehmerunterlagen<br />
Jeden Tag suchte e<strong>in</strong> Vogel Schutz <strong>in</strong> den verdorrten Ästen e<strong>in</strong>es Baumes, <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mitte<br />
e<strong>in</strong>er weiten wüsten Ebene stand.<br />
E<strong>in</strong>es Tages entwurzelte e<strong>in</strong> Wirbelsturm den Baum <strong>und</strong> zwang so den armen Vogel h<strong>und</strong>ert<br />
Meilen weit zu fliegen, um Unterschlupf zu f<strong>in</strong>den -‐ bis er endlich zu e<strong>in</strong>em Wald <strong>mit</strong><br />
fruchtüberladenen Bäumen kam.<br />
… Wenn <strong>der</strong> verdorrte Baum überlebt hätte, hätte nichts den Vogel dazu gebracht, se<strong>in</strong>e<br />
Sicherheit aufzugeben <strong>und</strong> zu fliegen.<br />
Anthony de Mello<br />
1
Glie<strong>der</strong>ung<br />
<strong>Metaphern</strong> im psychotherapeutischen Gespräch<br />
1. E<strong>in</strong>leitung<br />
2. Das Wesen <strong>der</strong> Metapher<br />
a) Def<strong>in</strong>ition<br />
b) Erzählformen<br />
c) Lebendigkeit von <strong>Metaphern</strong><br />
d) Metapher als Suggestion<br />
3. <strong>Metaphern</strong> im psychotherapeutischen Gespräch<br />
a) Beschreibung des therapeutischen Prozesses<br />
b) Patientenmetaphern – Von <strong>der</strong> Problembeschreibung zur<br />
Ressourcenorientierung<br />
c) Metapherwechsel – Von <strong>der</strong> Problem-‐ zur Ressourcenmetapher<br />
d) Therapeutische Effekte <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong> <strong>mit</strong> <strong>Metaphern</strong><br />
e) Wie <strong>Metaphern</strong> den Therapieverlauf bee<strong>in</strong>flussen<br />
<strong>Arbeit</strong> <strong>mit</strong> <strong>Geschichten</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Psychotherapie<br />
1. E<strong>in</strong>leitung<br />
2. Wie <strong>Geschichten</strong> wirken<br />
3. Beispiele für Erzählformen <strong>und</strong> Quellen für therapeutische <strong>Geschichten</strong><br />
4. <strong>Geschichten</strong> erzählen<br />
5. Merkmale guten Erzählens<br />
a) Authentizität<br />
b) Mimik <strong>und</strong> Gestik<br />
c) Wirkungsvolles Erzählen<br />
6. Äußere Struktur von <strong>Geschichten</strong><br />
a) Mehrfach e<strong>in</strong>gebettete <strong>Geschichten</strong><br />
b) E<strong>in</strong>kreistechnik<br />
7. Therapeutische <strong>Geschichten</strong> <strong>in</strong> Trance<br />
8. Anekdoten<br />
9. Maßschnei<strong>der</strong>ung von <strong>Geschichten</strong><br />
10. Literatur<br />
2
Teil 1: <strong>Metaphern</strong> im psychotherapeutischen Gespräch<br />
1. E<strong>in</strong>leitung<br />
<strong>Metaphern</strong> als anschauliches Mittel <strong>der</strong> Kommunikation:<br />
� Politik: „Asylantenflut“<br />
� Technik: „Stromfluss“<br />
� Wissenschaft: „Gedächtnis als Computer“<br />
Wirtschaft: „Euro auf Talfahrt“<br />
Video: Thomas Campbell: Die Grenzen des Wissens<br />
Lakoff <strong>und</strong> Johnson (2007):<br />
� Menschliche Denkprozesse laufen weitgehend metaphorisch ab.<br />
� Die Metapher durchdr<strong>in</strong>gt unser Denken <strong>und</strong> Handeln <strong>in</strong>dem unser alltägliches<br />
Konzeptsystem gr<strong>und</strong>sätzlich metaphorisch ist.<br />
Konzeptuelle Metapher nach Lakoff <strong>und</strong> Johnson (2007):<br />
„Argumentieren ist Krieg“<br />
� Sie nehmen da e<strong>in</strong>e unsichere Position e<strong>in</strong><br />
� Er griff me<strong>in</strong>e Position an<br />
� Ihr Standpunkt ist gefährdet/bedroht<br />
� Ihre Behauptungen s<strong>in</strong>d unhaltbar<br />
� Schießen Sie los<br />
� Er machte alle me<strong>in</strong>e Argumente nie<strong>der</strong><br />
� Me<strong>in</strong>e Argumente s<strong>in</strong>d überwältigend<br />
� Ihre Kritik traf mich<br />
� Ich habe bisher noch alle Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen <strong>mit</strong> ihm gewonnen<br />
3
Orientierungsmetaphern ergeben sich über die Erfahrung des menschlichen Körpers im<br />
Raum (Lakoff & Johnson, 2007):<br />
„Glücklich se<strong>in</strong> ist oben; traurig se<strong>in</strong> ist unten“<br />
� Ich fühle mich heute obenauf<br />
� Ich b<strong>in</strong> <strong>in</strong> Hochstimmung<br />
� De<strong>in</strong>e Ermunterung gibt mir Auftrieb<br />
� Ich fühle mich down<br />
� Ich b<strong>in</strong> nie<strong>der</strong>geschlagen<br />
� Gestern ist me<strong>in</strong>e Stimmung völlig abgestürzt<br />
Referenz ist hierbei die Körperhaltung <strong>in</strong> Abhängigkeit <strong>der</strong> Stimmung. Wir gehen aufrecht<br />
wenn wir fröhlich <strong>und</strong> heiter s<strong>in</strong>d, gebeugt, wenn wir uns depressiv o<strong>der</strong> traurig fühlen.<br />
<strong>Metaphern</strong> als handlungs-‐ <strong>und</strong> erkenntnisleitende Schemata:<br />
� <strong>Metaphern</strong> erzeugen neue Wirklichkeiten<br />
� <strong>Metaphern</strong> modifizieren <strong>und</strong> verän<strong>der</strong>n etablierte Glaubens-‐ <strong>und</strong> Begriffssysteme.<br />
<strong>Metaphern</strong> organisieren Erleben, Fühlen, Denken <strong>und</strong> Verhalten<br />
2. Das Wesen <strong>der</strong> Metapher<br />
a) Def<strong>in</strong>ition<br />
� E<strong>in</strong>e Metapher enthält e<strong>in</strong>en Prozess <strong>der</strong> gegenseitigen Bee<strong>in</strong>flussung <strong>und</strong> Anpassung<br />
zwischen zwei Konzepten o<strong>der</strong> Bereichen, die ursprünglich vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong> getrennt<br />
waren. Der Empfänger e<strong>in</strong>er Metapher muss zum e<strong>in</strong>en die Verb<strong>in</strong>dung zwischen den<br />
Konzepten erkennen <strong>und</strong> zum an<strong>der</strong>en die Modalität <strong>der</strong> Verb<strong>in</strong>dung rekonstruieren<br />
(Hülzer, 1987).<br />
� E<strong>in</strong>e Metapher ist im allgeme<strong>in</strong>en dadurch bestimmt, dass sie e<strong>in</strong>e Sache <strong>in</strong> den<br />
Begriffen e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en ausdrückt, wobei diese Verknüpfung e<strong>in</strong> neues Licht auf die<br />
beschriebene Sache wirft (Kopp, 1971).<br />
� Dadurch schafft die Metapher neuartige Sichtweisen e<strong>in</strong>es Sachverhalts, neue<br />
Denkperspektiven <strong>und</strong> Bedeutungen.<br />
4
„Julia ist die Sonne“<br />
Topik Vehikel<br />
Eigenschaften <strong>der</strong> Sonne:<br />
� ist e<strong>in</strong> Planet<br />
� nimmt e<strong>in</strong>e zentrale Position e<strong>in</strong><br />
� spendet Leben<br />
� hat e<strong>in</strong>e große Masse<br />
� ist warm<br />
� stößt Gaswolken aus (Sonneneruptionen)<br />
� ist 11,1 Mill. Jahre alt<br />
� ist für Menschen unerreichbar<br />
� ist fre<strong>und</strong>lich<br />
� macht mich fröhlich<br />
Dr. <strong>Clemens</strong> <strong>Krause</strong>: <strong>Arbeit</strong> <strong>mit</strong> <strong>Metaphern</strong> <strong>und</strong> <strong>Geschichten</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Psychotherapie<br />
Abb. 1: Gegenseitige Bee<strong>in</strong>flussung von Topik <strong>und</strong> Vehikel e<strong>in</strong>er Metapher<br />
b) Erzählformen<br />
� Bei Märchen, Fabeln, Parabeln, Sagen, Mythen, Anekdoten, <strong>Geschichten</strong>,<br />
Gleichnissen handelt es sich nicht um <strong>Metaphern</strong> per se, son<strong>der</strong>n um Erzählformen,<br />
die Träger o<strong>der</strong> Rahmen für <strong>Metaphern</strong> darstellen können.<br />
� Erzählformen unterscheiden sich untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong> h<strong>in</strong>sichtlich literarischer<br />
Gesichtspunkte, wie Aufbau, Inhalt <strong>und</strong> Struktur.<br />
� <strong>Geschichten</strong> stellen e<strong>in</strong>e Methode o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Rahmen dar, die <strong>der</strong> Aufnahme <strong>und</strong><br />
<strong>der</strong> Weiterver<strong>mit</strong>tlung therapeutischer Suggestionen <strong>und</strong> Verknüpfungen an den<br />
Patienten dienen (Lankton & Lankton, 1991).<br />
SE1: Ohne Metapher geht nichts?<br />
� Versuchen Sie den für die Psychotherapie wichtigen Begriff Entwicklung (im S<strong>in</strong>ne<br />
von Reifung) zu beschreiben <strong>und</strong> zu def<strong>in</strong>ieren ohne e<strong>in</strong>e Metapher zu verwenden.<br />
Hermann Hesse – Stufen (Gedicht s. Anhang)<br />
5
c) Lebendigkeit von <strong>Metaphern</strong><br />
� Lexikalisierte (tote) <strong>Metaphern</strong><br />
� Konventionalisierte <strong>Metaphern</strong><br />
� Lebendige <strong>Metaphern</strong><br />
Lexikalisierte (tote) <strong>Metaphern</strong>:<br />
z.B.: Tischbe<strong>in</strong>, Lebensabend<br />
� haben bereits E<strong>in</strong>zug <strong>in</strong> Lexika gehalten. Die <strong>in</strong>teragierenden Konzepte s<strong>in</strong>d zu e<strong>in</strong>em<br />
lexikalischen Ausdruck „erstarrt“.<br />
� Nur durch bewusste Rekonstruktion <strong>der</strong> Verb<strong>in</strong>dung zwischen den Konzepten<br />
offenbart sich <strong>der</strong> metaphorische Ursprung.<br />
� geben kaum Interpretationsspielraum welche <strong>mit</strong> dem Vehikel verb<strong>und</strong>enen<br />
Eigenschaften auf die Topik übertragen werden können.<br />
Konventionalisierte <strong>Metaphern</strong>:<br />
z.B.: Der frühe Vogel fängt den Wurm<br />
� tauchen <strong>in</strong> bestimmten Kontexten immer wie<strong>der</strong> auf, weil sie sich dort bewährt<br />
haben. Redewendungen o<strong>der</strong> Sprichwörter s<strong>in</strong>d oft hoch konventionell.<br />
� Oft verwenden Patienten <strong>Metaphern</strong>, die von <strong>der</strong> Gesellschaft o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>em engeren<br />
sozialen Umfeld benutzt werden, um Krankheiten o<strong>der</strong> Störungen zu beschreiben.<br />
� E<strong>in</strong>e Studie von McMullen <strong>und</strong> Conway (2002) ergab nach e<strong>in</strong>er Auswertung von<br />
<strong>Metaphern</strong> <strong>in</strong> h<strong>und</strong>erten Therapiesitzungen, dass Depression von Patienten <strong>in</strong> vier<br />
konzeptuellen <strong>Metaphern</strong> beschrieben wurde (Depression ist e<strong>in</strong> Abstieg, Depression<br />
ist Dunkelheit, Depression ist e<strong>in</strong> Gewicht <strong>und</strong> Depression ist e<strong>in</strong> Kidnapper).<br />
Lebendige <strong>Metaphern</strong>:<br />
z.B.: „Der Morgen war e<strong>in</strong> Fisch im Kescher, glitzernd <strong>und</strong> zappelnd am pechschwarzen Rand<br />
ihres Bewusstse<strong>in</strong>s…“ (T.C. Boyle Drop City, 2005 S.11)<br />
� tauchen oft <strong>in</strong> <strong>der</strong> Poesie auf <strong>und</strong> schaffen neue <strong>und</strong> kreative Bedeutungen.<br />
� Oft entsteht beim Empfänger <strong>der</strong> Metapher e<strong>in</strong>e Irritation o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> Wi<strong>der</strong>stand,<br />
lebendige <strong>Metaphern</strong> brechen <strong>mit</strong> etablierten Bezugsrahmen. Volitionale <strong>und</strong><br />
emotionale Eigenschaften <strong>der</strong> Topik treten beson<strong>der</strong>s hervor.<br />
6
� werden nicht wie lexikalisierte <strong>Metaphern</strong> e<strong>in</strong>fach verstanden, die <strong>Metaphern</strong><br />
werden <strong>in</strong>terpretationsbedürftig, was e<strong>in</strong>em bewussten <strong>und</strong> aktiven Prozess<br />
entspricht. Fischer (2005) sieht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Interpretation e<strong>in</strong>er Metapher e<strong>in</strong>en kognitiven<br />
Prozess, <strong>der</strong> abduktivem Schließen gleicht.<br />
Ü1: Konzeptuelle <strong>Metaphern</strong> für Depression<br />
E<strong>in</strong>e Studie von McMullen <strong>und</strong> Conway (2002) ergab nach e<strong>in</strong>er Auswertung des<br />
Metaphergebrauchs von Patienten <strong>in</strong> h<strong>und</strong>erten Therapiesitzungen, dass Depression <strong>in</strong> vier<br />
konzeptuellen <strong>Metaphern</strong> beschrieben wurde:<br />
1. Depression ist e<strong>in</strong> Abstieg<br />
2. Depression ist Dunkelheit<br />
3. Depression ist e<strong>in</strong> Gewicht<br />
4. Depression ist e<strong>in</strong> Kidnapper<br />
Bilden Sie vier Gruppen. F<strong>in</strong>den Sie so viele Aussagen wie möglich, welche die konzeptuellen<br />
<strong>Metaphern</strong> beschreiben.<br />
Ü2: <strong>Metaphern</strong> erkennen<br />
Versuchen Sie <strong>in</strong> den Zeitungsartikeln so viele <strong>Metaphern</strong> wie möglich zu identifizieren.<br />
Unterscheiden Sie dabei nach:<br />
� Lexikalisierten (toten) <strong>Metaphern</strong> (z.B. Tischbe<strong>in</strong>, Lebensabend)<br />
� Konventionalisierten <strong>Metaphern</strong> (Sprichwörter, Phrasen)<br />
� Lebendige <strong>Metaphern</strong> (z.B. Rosengewitter, Sternenkrallen)<br />
Ü3: <strong>Metaphern</strong> f<strong>in</strong>den<br />
1. Suchen Sie e<strong>in</strong> Gefühl aus.<br />
2. F<strong>in</strong>den Sie dazu e<strong>in</strong> visuelles Bild<br />
3. F<strong>in</strong>den Sie dazu e<strong>in</strong>en Klang<br />
Bsp. Gefühl: Entspannung<br />
Bild: e<strong>in</strong> sonnendurchflutetes Weizenfeld<br />
Klang: Brandung e<strong>in</strong>es Meeres<br />
7
d) Metapher als Suggestion<br />
Bsp.: Die Metapher „Asylantenflut“ <strong>in</strong>tendiert e<strong>in</strong>e Übertragung <strong>der</strong> <strong>mit</strong> dem Vehikel Flut<br />
assoziierten Ängste vor dem Ertr<strong>in</strong>ken auf die Topik den Zuzug von Asylanten.<br />
� „Die Metapher übernimmt … e<strong>in</strong>e Art Filterfunktion, d.h. sie unterdrückt e<strong>in</strong>ige<br />
Details <strong>und</strong> betont an<strong>der</strong>e -‐ … sie organisiert unsere Ansichten“ (Black, 1996; zit. nach<br />
Jost, 2008).<br />
� Durch den Effekt <strong>der</strong> Übertragung, aber auch dem Unterdrücken von Emotionen <strong>und</strong><br />
E<strong>in</strong>stellungen können <strong>Metaphern</strong> e<strong>in</strong>en suggestiven Effekt haben.<br />
Def<strong>in</strong>ition Suggestion:<br />
� E<strong>in</strong>e Person (Suggestor) bee<strong>in</strong>flusst über verbale Kommunikation, non-‐verbales<br />
Verhalten <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> Kontextfaktoren willentlich o<strong>der</strong> unwillentlich e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e<br />
Person (Suggestand), <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Weise, dass diese Intentionen, Überzeugungen,<br />
Gefühle o<strong>der</strong> Wünsche des Suggestors übernimmt. Der Prozess <strong>der</strong> Bee<strong>in</strong>flussung<br />
muss auf <strong>der</strong> automatischen Aktivierung von Bedeutungsstrukturen beruhen, so dass<br />
sich <strong>der</strong> Suggestand e<strong>in</strong>er Bee<strong>in</strong>flussung nicht bewusst ist L<strong>und</strong>h (2000).<br />
� Um die Kriterien e<strong>in</strong>er Suggestion zu erfüllen, muss für den Empfänger zum<strong>in</strong>dest<br />
virtuell die Möglichkeit bestehen, an<strong>der</strong>s zu reagieren als <strong>in</strong> <strong>der</strong> suggerierten Weise.<br />
Außerdem wird gefor<strong>der</strong>t, dass die Reaktion unwillkürlich erfolgen muss.<br />
Gheorghiu (1996):<br />
� alle psychophysiologischen Abläufe können auf suggestivem Wege bee<strong>in</strong>flusst<br />
werden können.<br />
� Im Alltag s<strong>in</strong>d im zwischenmenschlichen Bereich ständig suggestive<br />
Bee<strong>in</strong>flussungsprozesse wirksam, ob <strong>in</strong> direkten o<strong>der</strong> <strong>in</strong>direkten, verbalen o<strong>der</strong> non-‐<br />
verbalen Formen.<br />
� Suggestionalen Prozessen kommt e<strong>in</strong>e große Bedeutung zu, um Ambiguität <strong>und</strong><br />
Ungewissheit aufzulösen.<br />
� Fehlen Anhaltspunkte für wichtige Entscheidungen <strong>und</strong> ist unsere Fähigkeit begrenzt,<br />
Vorhersagen zu machen <strong>und</strong> Kontrolle auszuüben, spielen Suggestionsphänomene<br />
e<strong>in</strong>e wichtige Rolle, <strong>in</strong>dem sie unser Verhalten <strong>und</strong> Erleben bee<strong>in</strong>flussen.<br />
8
3. <strong>Metaphern</strong> im psychotherapeutischen Gespräch<br />
<strong>Metaphern</strong> im psychotherapeutischen Gespräch können genutzt werden:<br />
� um den therapeutischen Prozess zu beschreiben <strong>und</strong> zu veranschaulichen<br />
� zur Diagnostik (Wie denkt <strong>und</strong> fühlt sich e<strong>in</strong> Patient angesichts se<strong>in</strong>es Problems?<br />
Welche Handlungsmöglichkeiten <strong>und</strong> Ressourcen nimmt er wahr?)<br />
� um therapeutische Verän<strong>der</strong>ung zu för<strong>der</strong>n<br />
a) Beschreibung des therapeutischen Prozesses<br />
Der eher abstrakte <strong>und</strong> vielschichtige „psychotherapeutische Prozess“ kann durch<br />
<strong>Metaphern</strong> anschaulicher gemacht <strong>und</strong> verdichtet werden:<br />
� Psychotherapie ist Bergwan<strong>der</strong>ung<br />
Ü4: Der therapeutischen Prozess als Metapher<br />
Beschreiben Sie ausformuliert den psychotherapeutischen Prozess <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Metapher. Es<br />
steht Ihnen dabei frei auch e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Metapher als unten dargestellt zu f<strong>in</strong>den.<br />
� Psychotherapie ist Gartenpflege<br />
� Psychotherapie ist Hausbau, -‐renovierung<br />
� Psychotherapie ist e<strong>in</strong>e Reise<br />
b) Patientenmetaphern:<br />
Diagnostik:<br />
Von <strong>der</strong> Problembeschreibung zur Lösung<br />
� Über <strong>Metaphern</strong>, die Patienten zur Problembeschreibung formulieren bekommen<br />
wir H<strong>in</strong>weise zu kognitiven, emotionalen physiologischen <strong>und</strong> volitionalen<br />
Komponenten ihrer Situation.<br />
� Angus (1990) ist <strong>der</strong> Ansicht, dass über den Metaphergebrauch des Patienten<br />
H<strong>in</strong>weise auf Aspekte se<strong>in</strong>es Selbstbilds, sowie se<strong>in</strong>e charakteristischen<br />
Rollenbeziehungsmuster kommen.<br />
9
) Patientenmetaphern:<br />
Von <strong>der</strong> Problembeschreibung zur Lösung<br />
Problem metaphorische Beschreibung<br />
Topik Vehikel<br />
Me<strong>in</strong> Alltag ist e<strong>in</strong> großer, steiler Berg.<br />
Ich weiß nicht wie ich den<br />
bewältigen soll.<br />
Auf das Problem werden Eigenschaften des Bergs übertragen:<br />
� ist groß<br />
� ist steil<br />
� wirkt nicht zu bewältigen<br />
� Ratlosigkeit<br />
Dr. <strong>Clemens</strong> <strong>Krause</strong>: <strong>Arbeit</strong> <strong>mit</strong> <strong>Metaphern</strong> <strong>und</strong> <strong>Geschichten</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Psychotherapie<br />
Abb. 2: Gegenseitige Bee<strong>in</strong>flussung von Topik <strong>und</strong> Vehikel im Falle e<strong>in</strong>er Patienten-‐Metapher<br />
zur Problembeschreibung.<br />
<strong>Krause</strong> <strong>und</strong> Revenstorf (1997):<br />
� Patientenmetaphern s<strong>in</strong>d dann beson<strong>der</strong>s wertvoll, wenn sie kooperativ <strong>und</strong> über<br />
mehrere Sitzungen weiterentwickelt sowie von beiden gleich verstanden <strong>und</strong><br />
gebraucht werden.<br />
� Studien legen nahe, dass Patienten sich <strong>in</strong> diesem Fall vom Therapeuten besser<br />
verstanden fühlten. Zudem bewerteten sie die Sitzungen als hilfreicher.<br />
Beispiele für Patientenmetaphern zur Problembeschreibung:<br />
� „Ich fühle mich wie e<strong>in</strong> Hamster im Laufrad.“<br />
� „Me<strong>in</strong> Schiffle<strong>in</strong> dümpelt orientierungslos auf dem weiten Ozean <strong>und</strong> ke<strong>in</strong> Land ist <strong>in</strong><br />
Sicht.“<br />
� „Me<strong>in</strong> Alltag liegt wie e<strong>in</strong> großer, steiler Berg vor mir. Ich weiß nicht wie ich den<br />
bewältigen soll.“<br />
� „Mir ist als hätte man mir den Stecker gezogen.“<br />
� „Ich fühle mich wie Sysiphos“<br />
10
Exploration <strong>der</strong> Patientenmetapher:<br />
Weiblich, 34 Jahre alt, verheiratet, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Verlag angestellte Pharmazeut<strong>in</strong>. Diagnose: F<br />
41.1 Generalisierte Angststörung. H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>: Diffuse Zukunftsängste, Angst „das Leben an<br />
die Wand zu fahren“, Entscheidungskonflikt h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> beruflichen Zukunft.<br />
Zwangsstörung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Anamnese.<br />
„Me<strong>in</strong> Schiffle<strong>in</strong> dümpelt orientierungslos auf dem weiten Ozean <strong>und</strong> ke<strong>in</strong> Land ist <strong>in</strong> Sicht.“<br />
Transskript aus e<strong>in</strong>er Sitzung, Gedächtnisprotokoll.<br />
Pat.: „Me<strong>in</strong> Schiffle<strong>in</strong> dümpelt orientierungslos auf dem weiten Ozean <strong>und</strong> ke<strong>in</strong> Land ist <strong>in</strong><br />
Sicht.“<br />
Ther.: „Was ist denn das für e<strong>in</strong> Schiffle<strong>in</strong>?“<br />
Pat.: „e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es aus Holz“…<br />
Ther.: „Ist es e<strong>in</strong> Segel-‐ o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> Motorboot?“<br />
Pat.: „E<strong>in</strong> Segelboot, aber es herrscht Flaute.“<br />
Ther.: „Sie kommen also nicht voran, es ist w<strong>in</strong>dstill?“<br />
Pat.: „Ja. Ich b<strong>in</strong> <strong>der</strong> Strömung ausgeliefert.“<br />
Ther.: „Die Strömung. Was gibt es denn für Strömungen <strong>in</strong> Ihrem Leben?“<br />
Pat.: „Die Erwartung von an<strong>der</strong>en, die Verpflichtungen <strong>und</strong> v.a. me<strong>in</strong>e eigenen Ansprüche<br />
<strong>und</strong> Ängste, die wi<strong>der</strong>sprechen e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> oft, treiben mich mal <strong>in</strong> die e<strong>in</strong>e, dann wie<strong>der</strong> <strong>in</strong> die<br />
an<strong>der</strong>e Richtung.“<br />
Ther.: …“<strong>und</strong> Sie s<strong>in</strong>d <strong>der</strong> Kapitän?“<br />
Pat.: „Ich b<strong>in</strong> die e<strong>in</strong>zige an Bord.“<br />
Ther.: „Wie geht es Ihnen körperlich?“<br />
Pat.: „Ich b<strong>in</strong> angespannt <strong>und</strong> unruhig, weil nichts voran geht. Mir ist übel.“<br />
Ther.: „Und wie fühlt sich das an?“<br />
Pat.: „Angst <strong>und</strong> Panik nicht dort anzukommen wo ich h<strong>in</strong> will.“<br />
Ther.: „Wissen Sie denn wo Sie h<strong>in</strong>wollen?“<br />
Pat.: „ Ja <strong>und</strong> ne<strong>in</strong>, eigentlich schon, aber es spricht so viel dagegen.“<br />
Ther.: „Was denken Sie <strong>in</strong> dieser Situation auf dem Schiffchen?“<br />
Pat.: überlegt längere Zeit. „Ich weiß nicht.“<br />
11
Ther.: „Man könnte denken: Verdammt ich hab ke<strong>in</strong>e Kontrolle ich b<strong>in</strong> den Strömungen total<br />
ausgeliefert.“<br />
Pat.: „Ja genau, bloß b<strong>in</strong> ich nicht ärgerlich son<strong>der</strong>n habe Panik <strong>und</strong> wie.“<br />
Ther.: „Sie s<strong>in</strong>d ja die e<strong>in</strong>zige an Bord. Das heißt dann, dass Sie sich vor niemandem<br />
rechtfertigen müssen <strong>und</strong> reisen können woh<strong>in</strong> Sie wollen? Sie s<strong>in</strong>d autonom, d.h. Sie dürfen<br />
selbst entscheiden!“<br />
Pat.: „Im Pr<strong>in</strong>zip ja… me<strong>in</strong> Partner lässt mich selbst entscheiden <strong>und</strong> gibt mir viel Freiraum,<br />
er würde mich sogar für e<strong>in</strong> Jahr gehen lassen, aber ich weiß e<strong>in</strong>fach nicht. … Soll ich me<strong>in</strong>en<br />
Job behalten o<strong>der</strong> nach Afrika gehen?“<br />
Ther.: „Das e<strong>in</strong>e hieße also im sicheren Hafen bleiben <strong>und</strong> das an<strong>der</strong>e <strong>in</strong> See stechen <strong>und</strong><br />
ferne Län<strong>der</strong> entdecken?“<br />
Pat.: „Ja, me<strong>in</strong> Job for<strong>der</strong>t mich nicht beson<strong>der</strong>s, aber er ist sicher. Mir macht aber Angst was<br />
nach Afrika kommt.“<br />
Ther.: „Ich habe mal irgendwo den Spruch gelesen: Schiffe werden nicht dazu gebaut um im<br />
Hafen zu liegen.“<br />
Pat.: gr<strong>in</strong>st „Da ist was dran… <strong>und</strong> wenn ich mal unterwegs b<strong>in</strong> dann geht’s mir richtig gut.<br />
Das war <strong>in</strong> Indien so <strong>und</strong> auch als ich schon e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> Afrika war, dann s<strong>in</strong>d die Ängste weg.“<br />
Ther.: „Sobald Sie sich also e<strong>in</strong> Ziel gesetzt haben, Proviant <strong>und</strong> Ausrüstung an Bord haben,<br />
vielleicht e<strong>in</strong>e gute Seekarte <strong>und</strong> Instrumente zum navigieren, fühlen Sie sich sicher?“<br />
Pat.: „Sobald ich mich e<strong>in</strong>geschifft habe <strong>und</strong> <strong>in</strong> See gestochen b<strong>in</strong>, gibt’s erst mal ke<strong>in</strong>en Weg<br />
zurück. Dann fühle ich mich zuversichtlich <strong>und</strong> lebendig.“<br />
Ther.: „Das kann ich gut nachempf<strong>in</strong>den. Auf Reisen fühle ich mich auch immer sehr<br />
lebendig. Aber da ist ja noch die Flaute, ke<strong>in</strong> W<strong>in</strong>d <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en voranbr<strong>in</strong>gt.“<br />
Pat.: „Erfahrungsgemäß kommt ja irgendwann wie<strong>der</strong> W<strong>in</strong>d auf, vielleicht muss ich e<strong>in</strong>fach<br />
geduldiger se<strong>in</strong> <strong>und</strong> gelassener <strong>und</strong> zuversichtlicher.“<br />
Ther.: „Wie geht’s denn nun Ihrem Schiffle<strong>in</strong>?“<br />
Pat.: „Das fühlt sich jetzt an<strong>der</strong>s an. Ich nehme Kurs auf Afrika <strong>und</strong> sehe Land am Horizont<br />
<strong>und</strong> das fühlt sich gut an.“<br />
12
Auf das Problem <strong>der</strong> Patient<strong>in</strong> werden übertragen:<br />
Kognitiv: Orientierungslosigkeit „Ich weiß nicht wo ich mich bef<strong>in</strong>de“, Ziellosigkeit „Ich weiß<br />
nicht woh<strong>in</strong> ich mich entwickeln soll“, Kontrollverlust „Ich habe ke<strong>in</strong>e Kontrolle über die<br />
Situation“, „Ich b<strong>in</strong> <strong>der</strong> Situation ausgeliefert“<br />
Emotional: Angst, Hilflosigkeit<br />
Volitional: Passivität bei Wunsch nach aktiver Kontrolle<br />
Physiologisch: Anspannung, <strong>in</strong>nere Unruhe, Übelkeit<br />
Die Metapher „Me<strong>in</strong> Schiffle<strong>in</strong> dümpelt orientierungslos auf dem weiten Ozean <strong>und</strong> ke<strong>in</strong><br />
Land ist <strong>in</strong> Sicht“ wurde im therapeutischen Gespräch aufgegriffen exploriert <strong>und</strong><br />
weiterentwickelt zu: „Me<strong>in</strong> Schiffle<strong>in</strong> sticht gut ausgerüstet <strong>in</strong> See, <strong>mit</strong> dem Ziel Afrika. In <strong>der</strong><br />
Metapher erhaltene Ressourcen wurden entwickelt <strong>und</strong> auf die problematische Situation <strong>der</strong><br />
Patient<strong>in</strong> übertragen.<br />
Auf das Problem <strong>der</strong> Patient<strong>in</strong> werden übertragen:<br />
Kognitiv: „Ich gebe den Kurs an“, „Ich b<strong>in</strong> gut ausgerüstet“<br />
Emotional: Zuversicht, Sicherheit<br />
Volitional: Aktiv, zielorientiert, „Ich möchte nach Afrika“<br />
Physiologisch: Aktivierung, Gelassenheit<br />
Fragen zur Exploration e<strong>in</strong>er Metapher<br />
<strong>Metaphern</strong> bieten e<strong>in</strong>e gewisse Freiheit zur Interpretation <strong>und</strong> s<strong>in</strong>d abhängig vom<br />
H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>wissen h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Konzepte. Das kann dazu führen, dass <strong>der</strong> Therapeut die<br />
Metapher an<strong>der</strong>s versteht als <strong>der</strong> Patient sie „geme<strong>in</strong>t“ hat. Es empfiehlt sich so<strong>mit</strong> zunächst<br />
e<strong>in</strong>mal die Patientenmetapher zu explorieren <strong>und</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em zweiten Schritt vor allem<br />
Ressourcen <strong>und</strong> implizite Bewältigungsmöglichkeiten zu berücksichtigen <strong>und</strong> <strong>in</strong> den Fokus zu<br />
rücken.<br />
1) Das Bild <strong>der</strong> Metapher explorieren.<br />
Wir wissen zunächst nicht genau, welches Bild <strong>der</strong> Patient anhand <strong>der</strong> metaphorischen<br />
Beschreibung im Kopf hat. Um ihn zu verstehen, sollte das Bild zunächst exploriert werden,<br />
erst so gelangen Patient <strong>und</strong> Therapeut zu e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen Sprache.<br />
z.B. „Me<strong>in</strong> Alltag liegt wie e<strong>in</strong> großer, steiler Berg vor mir. Ich weiß nicht wie ich den<br />
bewältigen soll.“<br />
13
Wie hoch ist <strong>der</strong> Berg? Können Sie den Gipfel sehen? Welches Wetter herrscht denn? Wie ist<br />
das Licht? Ist das e<strong>in</strong> Berg den sie kennen? Wenn ja, welcher? Wie sieht er genau aus? Ist er<br />
überall gleich steil o<strong>der</strong> gibt es auch flachere Passagen? Ist <strong>der</strong> Berg bewohnt? Aus welcher<br />
Perspektive sehen Sie den Berg? Wo stehen Sie?<br />
2) Was überträgt <strong>der</strong> Patient auf se<strong>in</strong> Problem?<br />
In e<strong>in</strong>em zweiten Schritt werden emotionale, physiologische, kognitive <strong>und</strong> volitionale<br />
Aspekte erfragt, welche subjektiv die metaphorische Beschreibung des Patienten bestimmen<br />
<strong>und</strong> die er auf se<strong>in</strong> Problem überträgt.<br />
� Emotional: Wie fühlt sich das an? Wie geht es Ihnen dabei/da<strong>mit</strong>?<br />
� Physiologisch: Welche körperlichen Empf<strong>in</strong>dungen gehen da<strong>mit</strong> e<strong>in</strong>her? Was<br />
empf<strong>in</strong>den Sie körperlich?<br />
� Kognitiv: Was denken sie darüber? Welche Überzeugungen stecken dah<strong>in</strong>ter?<br />
� Volitional: Welche Handlungsmöglichkeiten gibt es? Was können Sie tun? Wie<br />
können Sie das Problem angehen?<br />
3) Falls <strong>der</strong> Patient blockiert bietet <strong>der</strong> Therapeut Möglichkeiten zur Übertragung an.<br />
Häufig s<strong>in</strong>d Problemmetaphern bei den Patienten nicht auf allen vier Ebenen bewusst<br />
elaboriert. Angebote des Therapeuten um zu e<strong>in</strong>er umfassen<strong>der</strong>en Problembeschreibung zu<br />
kommen s<strong>in</strong>d da oft hilfreich.<br />
� Emotional: Ich könnte mir vorstellen, dass es sich … anfühlt. Da könnte ja e<strong>in</strong> Gefühl<br />
von … entstehen.<br />
� Physiologisch: Fühlen Sie sich körperlich dann … ? Der Körper kann dann <strong>mit</strong> …<br />
reagieren.<br />
� Kognitiv: Steckt da nicht die Überzeugung … dah<strong>in</strong>ter? Da könnte man ja denken ….<br />
� Volitional: Ich würde … tun. Da bietet es sich ja an … zu handeln. Das könnte<br />
motivieren … zu tun.<br />
4) In e<strong>in</strong>em nächsten Schritt werden die Ressourcen <strong>und</strong> impliziten<br />
Bewältigungsmöglichkeiten <strong>der</strong> Metapher <strong>in</strong> den Fokus zu gerückt. Da viele Patienten <strong>der</strong><br />
Suggestivkraft <strong>der</strong> Problemmetapher aufsitzen, kann <strong>der</strong> Therapeut hier Angebote <strong>und</strong><br />
Vorschläge zu machen.<br />
� z.B. „Me<strong>in</strong> Alltag liegt wie e<strong>in</strong> großer, steiler Berg vor mir. Ich weiß nicht wie ich den<br />
bewältigen soll.“<br />
S<strong>in</strong>d Sie denn schon e<strong>in</strong>mal auf e<strong>in</strong>en Berg gestiegen? Wenn ja, gab es positive Erfahrungen?<br />
Welche Möglichkeiten gibt es denn e<strong>in</strong>en Berg zu überqueren? Z.B. Mit dem Heißluftballon<br />
14
überfliegen, e<strong>in</strong>en Tunnel graben, den Berg umgehen, sich e<strong>in</strong>e leichtere Route aussuchen,<br />
Die Strecke <strong>in</strong> Etappen zu unterteilen, sich Zeit lassen beim besteigen, den Fokus auf die<br />
reizvollen Herausfor<strong>der</strong>ungen o<strong>der</strong> die schönen Aussichten legen.<br />
4) Ratifizierung: Nachdem die Ressourcen <strong>der</strong> Metapher exploriert wurden, wird überprüft,<br />
ob auf den vier Ebenen Verän<strong>der</strong>ungen erfolgt s<strong>in</strong>d.<br />
� Emotional: Wie fühlt sich das jetzt an? Hat sich an Ihren Gefühlen etwas verän<strong>der</strong>t?<br />
� Physiologisch: Welche körperlichen Empf<strong>in</strong>dungen haben Sie nun, wenn sie an …<br />
(Ressource) denken?<br />
� Kognitiv: Denken Sie nun an<strong>der</strong>s über Ihre Situation nach? Welche Überzeugungen<br />
haben sich verän<strong>der</strong>t?<br />
� Volitional: Sehen Sie nun neue Handlungsmöglichkeiten? Was können Sie aktiv tun?<br />
Was ist bei <strong>der</strong> Lösung des Problems hilfreich?<br />
c) Metapherwechsel -‐ Von <strong>der</strong> Problem-‐ zur Lösungsmetapher<br />
Wenn <strong>Metaphern</strong> die Lösungsmöglichkeiten e<strong>in</strong>schränken:<br />
Es besteht für Therapeuten jedoch aufgr<strong>und</strong> des suggestiven Effekts von <strong>Metaphern</strong><br />
(Filterfunktion) auch die Gefahr sich durch Patientenmetaphern e<strong>in</strong>schränken zu lassen, da<br />
e<strong>in</strong> bestimmtes Bild zur Problembeschreibung (Vehikel) gewisse Lösungsmöglichkeiten nicht<br />
bereithält o<strong>der</strong> das Problem (Topik) Ressourcen des ausgewählten Bildes (Vehikel)<br />
unterdrückt.<br />
Anstatt <strong>in</strong> <strong>der</strong> destruktiven Metapher des Patienten zu bleiben kann es auch manchmal<br />
vorteilhaft se<strong>in</strong> die Metapher bzw. das Vehikel <strong>der</strong> Metapher zu wechseln.<br />
Männlich, 43 Jahre alt, verheiratet, selbstständig <strong>mit</strong> e<strong>in</strong>em metallverarbeitenden Betrieb.<br />
Diagnose: Anpassungsstörung <strong>mit</strong> längerer depressiver Reaktion. H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>:<br />
Partnerschaftskonflikt, Partner<strong>in</strong> trennt sich, f<strong>in</strong>anzielle Probleme, hohe berufliche<br />
Belastung.<br />
Transskript aus e<strong>in</strong>er Sitzung, Gedächtnisprotokoll.<br />
Pat.: „Da kommt e<strong>in</strong> Tsunami auf mich zu. Die riesige Welle baut sich un<strong>mit</strong>telbar vor mir auf<br />
<strong>und</strong> vernichtet mich.“<br />
Ther.: verzieht das Gesicht „uhhh, was für e<strong>in</strong> Bild, das muss e<strong>in</strong> schreckliches Gefühl se<strong>in</strong>.“<br />
Pat.: „Ich bekomme ke<strong>in</strong>e Luft mehr, das Herz rast, ich krieg die Panik, b<strong>in</strong> am Ende…“<br />
Ther.: „Wie weit ist die Welle denn noch weg <strong>und</strong> wie groß ist sie?“<br />
15
Pat.: „Un<strong>mit</strong>telbar vor mir. Sie ist so hoch wie e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>familienhaus“<br />
Ther.: „Dann ist es zu spät wegzulaufen?“<br />
Pat.: „Ke<strong>in</strong>e Chance mehr.“<br />
Ther.: „Und ist da irgendwo etwas <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nähe auf dass Sie sich retten können, e<strong>in</strong> Haus, e<strong>in</strong><br />
Baum, e<strong>in</strong> Telefonmast?“<br />
Pat.: „Nichts, nur ich <strong>und</strong> die Welle.“<br />
Ther.: „Was geht Ihnen angesichts <strong>der</strong> Welle so durch den Kopf?“<br />
Pat.: „Ich werde vernichtet, es ist aus, ich hab es nicht mehr <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hand.“<br />
Ther.: „Gefällt mir gar nicht das Bild!“<br />
Pat.: „Mir auch nicht, das können Sie glauben.“<br />
Ther.: … „Lassen Sie uns doch versuchen e<strong>in</strong>e neue Metapher für Ihr Problem zu f<strong>in</strong>den.<br />
Haben Sie e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es Bild, das für Sie passen könnte?“<br />
Pat.: überlegt e<strong>in</strong>e Weile … „Da fällt mir nichts e<strong>in</strong>.“<br />
Ther.: Sie haben früher doch geboxt.“<br />
Pat.: schaut zweifelnd „Ja.“<br />
Ther.: „Lassen Sie uns doch e<strong>in</strong>mal versuchen Ihr Problem als e<strong>in</strong>en Boxkampf zu sehen.“<br />
Pat.: zögert „Dann b<strong>in</strong> ganz schön angeknockt <strong>und</strong> habe schon e<strong>in</strong> paar schwere<br />
Wirkungstreffer kassiert. Ich sehe schon den Schlag kommen, <strong>der</strong> mich umhaut.“<br />
Ther.: …“Aber noch stehen Sie?“<br />
Pat.: richtet sich im Sessel auf „Noch stehe ich. …“<br />
Ther.: „Kennen Sie diese Lage von früher?“<br />
Pat.: „Klar, es gab e<strong>in</strong> paar Kämpfe, da habe ich nur versucht über die R<strong>und</strong>en zu kommen,<br />
nicht zu Boden zu gehen, das hat auch immer geklappt. Ich b<strong>in</strong> nie k.o. gegangen.“<br />
Ther.: „Vielleicht muss es dann e<strong>in</strong>fach jetzt das Ziel se<strong>in</strong> diesen Kampf möglich unversehrt<br />
zu überstehen, auch wenn es e<strong>in</strong>e Nie<strong>der</strong>lage nach Punkten gibt.“<br />
Pat.: „Klar, auch wenn ich es hasse zu verlieren, beim Boxen habe ich gelernt Nie<strong>der</strong>lagen<br />
e<strong>in</strong>zustecken. Jetzt heißt es auf me<strong>in</strong>e Deckung zu achten, weitere Treffer zu vermeiden.“<br />
16
Ther.: „E<strong>in</strong>e schöne Überzeugung: Sie können kämpfen <strong>und</strong> auch mal verlieren, das ist zwar<br />
unangenehm aber nicht das Ende von Allem. Das bedeutet sich im Anschluss für den<br />
nächsten Kampf wie<strong>der</strong> aufrichten <strong>und</strong> gut <strong>in</strong> Form br<strong>in</strong>gen.“<br />
Pat.: „Genau, dann geht’s wie<strong>der</strong> bei null los, schließlich habe ich deutlich mehr Kämpfe<br />
gewonnen als verloren.“<br />
Ther.: „Haben Sie denn auch Erfahrungen aus Nie<strong>der</strong>lagen gewonnen, die Ihnen dann im<br />
nächsten Kampf geholfen haben?“<br />
Pat.: „Klar, am Anfang habe ich zu viel gewollt, habe immer me<strong>in</strong>e Deckung vernachlässigt<br />
<strong>und</strong> b<strong>in</strong> nach vorne gegangen. Nachdem ich dadurch den e<strong>in</strong>en o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Kampf<br />
verloren habe, habe ich vorsichtiger geboxt.“<br />
Ther.: „Was hieße das denn auf ihr jetziges Problem übertragen?“<br />
Pat.: „Auch wenn me<strong>in</strong>e Frau mich verlässt, geht es weiter, ich werde wie<strong>der</strong> auf die Be<strong>in</strong>e<br />
kommen, auch wenn sie mich jetzt überall schlecht macht. Ich versuche mich zu schützen<br />
<strong>und</strong> es nicht so nah an mich ranzulassen.“<br />
Ther.: „Sehr gut! Und wie fühlt sich das an?“<br />
Pat.: „Ich habe kaum noch Angst <strong>und</strong> fühle mich stärker, spüre me<strong>in</strong>e Kraft wie<strong>der</strong>.“<br />
Ther.: „Wo genau spüren Sie die Kraft? Spüren Sie mal <strong>in</strong> sich h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>.“<br />
Pat.: „Ich spüre sie vor allem <strong>in</strong> den Händen.“<br />
Ther.: „Gibt es etwas was Sie tun wollen um dieses Gefühl <strong>der</strong> Kraft <strong>in</strong> sich zu bewahren?“<br />
Pat.: „Ich hatte eh schon gedacht, dass ich wie<strong>der</strong> regelmäßig <strong>in</strong>s Fitnessstudio gehen<br />
möchte, zum Krafttra<strong>in</strong><strong>in</strong>g. Ich hatte zuletzt so viel zu tun <strong>und</strong> abends musste ich dann Heim<br />
zu me<strong>in</strong>er Frau, um mich runtermachen zu lassen. Da sie nun weg ist kann ich wie<strong>der</strong><br />
tra<strong>in</strong>ieren, das hat mir immer gut getan.“<br />
„Da kommt e<strong>in</strong> Tsunami auf mich zu. Die riesige Welle baut sich un<strong>mit</strong>telbar vor mir auf <strong>und</strong><br />
vernichtet mich.“<br />
Auf das Problem des Patienten werden übertragen:<br />
Kognitiv: „Ich werde vernichtet“, „Es gibt ke<strong>in</strong>en Ausweg“ „Ich hab es nicht mehr <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Hand.“<br />
Emotional: Todesangst, Panik, Resignation, Hilflosigkeit<br />
Volitional: Passivität, Kontrollverlust<br />
17
Physiologisch: Herzrasen, Atemnot, Lähmung, Schwächegefühl<br />
Die Metapher „Da kommt e<strong>in</strong> Tsunami auf mich zu. Die riesige Welle baut sich un<strong>mit</strong>telbar<br />
vor mir auf <strong>und</strong> vernichtet mich.“ wurde im therapeutischen Gespräch aufgegriffen <strong>und</strong><br />
exploriert. Nachdem sich ke<strong>in</strong>e Ressourcen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Metapher f<strong>in</strong>den ließen erfolgte die<br />
Anregung e<strong>in</strong>e neue Metapher zu f<strong>in</strong>den. Nachdem <strong>der</strong> Patient ke<strong>in</strong>e neue Metapher fand<br />
erfolgte e<strong>in</strong> Vorschlag durch den Therapeuten „Me<strong>in</strong> Problem ist e<strong>in</strong> Boxkampf“. Bewusst<br />
wurde dabei das Vehikel aus dem Bereich Boxen gewählt <strong>in</strong> dem <strong>der</strong> Therapeut Ressourcen<br />
des Patienten vermutete.<br />
Me<strong>in</strong> Problem ist e<strong>in</strong> Boxkampf<br />
Auf das Problem des Patienten werden übertragen:<br />
Emotional: Durchhaltevermögen, Furchtlosigkeit<br />
Physiologisch: Aktivierung, Kraft<br />
Kognitiv: „Ich b<strong>in</strong> angeschlagen“, „Ich versuche den Kampf möglichst unbeschadet zu<br />
überstehen.“ „Ich schütze mich“, „Ich kann auch mal verlieren“, „Den nächsten Kampf<br />
gew<strong>in</strong>ne ich“<br />
Volitional: Kampfeswille, Erfolgsmotivation<br />
Modell zum <strong>Arbeit</strong>en <strong>mit</strong> <strong>Metaphern</strong> im therapeutischen Gespräch<br />
• Metapher zur Problembeschreibung erkennen (Den Fuß <strong>in</strong> die Tür bekommen!)<br />
• Die Metapher explorieren (Welche Eigenschaften des Vehikels überträgt <strong>der</strong> Patient<br />
auf se<strong>in</strong> Problem? Welche kognitiven, emotionalen, volitionalen <strong>und</strong> physiologischen<br />
Komponenten s<strong>in</strong>d für den Patienten relevant?)<br />
• Die Metapher gezielt nach Ressourcen explorieren <strong>und</strong> diese explizit herausarbeiten<br />
• Ressourcen auf das Problem übertragen<br />
• Ratifizierung (Ist e<strong>in</strong> Perspektivwechsel erfolgt? Welche kognitiven, emotionalen,<br />
volitionalen <strong>und</strong> physiologischen Komponenten wirken <strong>in</strong> Richtung Problemlösung?)<br />
• Falls <strong>in</strong> <strong>der</strong> Metapher ke<strong>in</strong>e Ressourcen/Lösungsmöglichkeiten gef<strong>und</strong>en werden:<br />
Den Patienten zu e<strong>in</strong>em Wechsel des Metaphervehikels ermuntern<br />
• Falls <strong>der</strong> Patient ke<strong>in</strong>e passenden Vehikel f<strong>in</strong>det: Eigene Vorschläge machen<br />
• Die neu gef<strong>und</strong>ene Metapher wie oben beschrieben explorieren <strong>und</strong> ratifizieren.<br />
18
Metapher zur<br />
Problembeschreibung<br />
erkennen<br />
Metapher durch<br />
Therapeuten<br />
Modell zum <strong>Arbeit</strong>en <strong>mit</strong> <strong>Metaphern</strong><br />
im therapeutischen Gespräch<br />
Metapher<br />
explorieren<br />
ja<br />
ne<strong>in</strong><br />
Ressourcen<br />
explorieren <strong>und</strong><br />
herausarbeiten<br />
Wechsel <strong>der</strong><br />
Metapher anregen<br />
F<strong>in</strong>det Patient<br />
passende<br />
Metapher?<br />
ne<strong>in</strong><br />
Ressourcen<br />
vorhanden?<br />
Ressourcen auf<br />
das Problem<br />
übertragen<br />
Dr. <strong>Clemens</strong> <strong>Krause</strong>: <strong>Arbeit</strong> <strong>mit</strong> <strong>Metaphern</strong> <strong>und</strong> <strong>Geschichten</strong> <strong>in</strong> Beratung, Therapie <strong>und</strong> Coach<strong>in</strong>g<br />
Abb. 3: Modell zum <strong>Arbeit</strong>en <strong>mit</strong> <strong>Metaphern</strong> im therapeutischen Gespräch.<br />
Video: Two and a half men: Cremetörtchen-‐Metapher<br />
ja<br />
Ratifizierung<br />
e) Therapeutische Effekte <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong> <strong>mit</strong> <strong>Metaphern</strong> (vgl. <strong>Krause</strong> & Revenstorf, 1997)<br />
� Diagnostik, <strong>in</strong>dem <strong>der</strong> Therapeut durch Patientenmetaphern e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> <strong>der</strong>en<br />
Erfahrungswelt bekommt.<br />
� Stärkung des therapeutischen Beziehung, <strong>in</strong>dem e<strong>in</strong> geeignetes, passendes Bild für<br />
die Situation des Patienten gef<strong>und</strong>en wird, wor<strong>in</strong> er sich auch emotional wie<strong>der</strong><br />
f<strong>in</strong>det. Das kann natürlich auch dadurch geschehen, dass e<strong>in</strong>e Metapher, <strong>mit</strong> <strong>der</strong> sich<br />
<strong>der</strong> Patient selbst beschreibt, aufgegriffen <strong>und</strong> geme<strong>in</strong>schaftlich weiterentwickelt<br />
wird. Ihm wird Autonomie zugestanden welche Eigenschaften des Vehikels <strong>der</strong><br />
Metapher er auf se<strong>in</strong> Problem übertragen möchte, ob er Lösungsmöglichkeiten, die<br />
e<strong>in</strong>e Metapher anbietet, zurückweisen möchte o<strong>der</strong> nicht.<br />
� Umgehung von Wi<strong>der</strong>stand, <strong>in</strong>dem dem Patienten über e<strong>in</strong>e Metapher suggestiv<br />
Lösungsvorschläge gemacht werden, die als nicht konfrontativ erlebt werden.<br />
� För<strong>der</strong>n des Er<strong>in</strong>nerns von Ressourcen bzw. Problemlösefähigkeiten, da bei <strong>der</strong><br />
Kodierung von <strong>Metaphern</strong> sowohl verbal assoziative Prozesse, bildliche Vorstellung<br />
19
sowie emotionale Prozesse wirksam werden kommt es zu e<strong>in</strong>er tieferen Verarbeitung<br />
im Gedächtnis.<br />
� För<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>es Perspektivwechsel <strong>und</strong> Refram<strong>in</strong>g des Problems, <strong>in</strong>dem sich zwei<br />
verschiedene Konzepte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er neuartigen Art <strong>und</strong> Weise <strong>mit</strong>e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> verb<strong>in</strong>den.<br />
Hierbei werden Suchvorgänge ausgelöst, die zu neuen S<strong>in</strong>nzusammenhängen führen<br />
können. Dadurch erhält das Problem neue Aspekte <strong>und</strong> kann an<strong>der</strong>s angegangen<br />
werden. Rigide Denk-‐ <strong>und</strong> Verhaltensmuster, die e<strong>in</strong>er Verän<strong>der</strong>ung im Weg stehen,<br />
können so erschüttert werden.<br />
d) Wie <strong>Metaphern</strong> den Therapieverlauf bee<strong>in</strong>flussen<br />
Oberlechner (2005) fast empirische Ergebnisse zusammen, die e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss von <strong>Metaphern</strong><br />
auf den Therapieverlauf belegen:<br />
• <strong>Metaphern</strong> können <strong>in</strong>haltliche Wendepunkte <strong>der</strong> Therapie kennzeichnen.<br />
Verän<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> den <strong>Metaphern</strong>, die Patienten für ihr Leben <strong>und</strong> ihre Probleme<br />
verwenden gehen <strong>mit</strong> Verhaltens-‐ <strong>und</strong> Erlebensverän<strong>der</strong>ungen e<strong>in</strong>her.<br />
• In e<strong>in</strong>er erfolgreichen Depressionstherapie verän<strong>der</strong>te sich die ursprüngliche<br />
Metapher des „Belastet se<strong>in</strong>s“ <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Metapher des „Gewichtabladens“. In <strong>der</strong> nicht<br />
erfolgreichen Therapie gab es ke<strong>in</strong>e Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Problemmetapher.<br />
• In erfolgreichen Therapien gab es e<strong>in</strong>en höheren Anteil an von Patient <strong>und</strong> Therapeut<br />
geme<strong>in</strong>sam genutzten <strong>Metaphern</strong>.<br />
• Patienten drückten dabei verstärkt ihre <strong>in</strong>nere Erfahrung durch <strong>Metaphern</strong> aus. In<br />
weniger erfolgreichen Therapien wurden <strong>Metaphern</strong> eher zum Ausdruck äußerer<br />
Erfahrungen genutzt, die ke<strong>in</strong>en Bezug zum Hauptthema <strong>der</strong> Therapie hatten.<br />
• Patienten beurteilten Äußerungen von Therapeuten dann als hilfreicher, wenn diese<br />
metaphorisch waren.<br />
• Diejenigen Sitzungen wurden als hilfreicher beurteilt <strong>in</strong> denen sich die Patienten an<br />
die <strong>Metaphern</strong> <strong>der</strong> Therapeuten er<strong>in</strong>nerten.<br />
• Mussten Patienten aktiv Therapeutenmetaphern zurückweisen, so war die Therapie<br />
weniger erfolgreich.<br />
20
Teil 2: <strong>Arbeit</strong> <strong>mit</strong> <strong>Geschichten</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Psychotherapie<br />
1. E<strong>in</strong>leitung<br />
� Über das Erzählen von <strong>Geschichten</strong> ver<strong>mit</strong>telt <strong>der</strong> Mensch seit jeher Erfahrungen,<br />
Träume <strong>und</strong> Fantasien.<br />
� <strong>Geschichten</strong> s<strong>in</strong>d so<strong>mit</strong> e<strong>in</strong> Speicher <strong>der</strong> Denkmuster <strong>der</strong> Menschen, <strong>in</strong> denen sich<br />
Werte, Traditionen, E<strong>in</strong>schätzungen <strong>und</strong> S<strong>in</strong>nzuschreibungen zeigen.<br />
� <strong>Geschichten</strong>, s<strong>in</strong>d Ausdruck <strong>der</strong> Identität, des Bewusstse<strong>in</strong>s <strong>und</strong> <strong>der</strong> Beziehung von<br />
Menschen.<br />
� Die Menschheit kann als e<strong>in</strong> kollektiv erzählendes Wesen, als e<strong>in</strong> sich gegenseitig<br />
erzählen<strong>der</strong> <strong>und</strong> zuhören<strong>der</strong> Organismus, betrachtet werden, <strong>in</strong>dem sich je<strong>der</strong><br />
E<strong>in</strong>zelne durch das gegenseitige Erzählen <strong>und</strong> Zuhören die Welt erschließt <strong>und</strong> zu<br />
eigen macht (vgl. Frenzel, Müller & Sottong, 2004)<br />
Ü1: Die Geschichte unseres Namens:<br />
• Trance<strong>in</strong>duktion <strong>mit</strong> Altersregression<br />
• Teilnehmer erzählen wie Sie zu ihrem Namen kamen <strong>und</strong> welche Geschichte<br />
dah<strong>in</strong>tersteckt<br />
2. Wie <strong>Geschichten</strong> wirken<br />
Die Geschichte "Der Schatz im eigenen Garten" wurde auf Audiokassetten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Studie zur<br />
Bewältigung von Prüfungsstress verwendet. Die Tabelle macht die therapeutisch<br />
<strong>in</strong>tendierten Analogien deutlich (vgl. <strong>Krause</strong> & Revenstorf, 1998).<br />
E<strong>in</strong>e arme Frau hatte e<strong>in</strong>en Traum, dass sich unter e<strong>in</strong>er Brücke <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er großen Stadt e<strong>in</strong><br />
Schatz bef<strong>in</strong>det. Sie machte sich auf <strong>und</strong> suchte die Brücke. Als er sie endlich gef<strong>und</strong>en hat,<br />
offenbart sich <strong>der</strong> Schatz jedoch nicht. Während die Frau unter <strong>der</strong> Brücke sitzt <strong>und</strong> nicht so<br />
genau weiß, was sie unternehmen soll, kommt e<strong>in</strong> Passant vorbei <strong>und</strong> lässt sich den Gr<strong>und</strong><br />
<strong>der</strong> Anwesenheit <strong>der</strong> Frau erklären. Die erzählt dem Fremden se<strong>in</strong>e Geschichte. Der Passant<br />
ist über den Traum belustigt <strong>und</strong> erzählt <strong>der</strong> Frau darauf h<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en eigenen Traum. Dieser<br />
handelt auch von e<strong>in</strong>em Schatz, <strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Garten e<strong>in</strong>er armseligen Hütte auf dem Land<br />
verborgen liegt. Anhand <strong>der</strong> Beschreibung erkennt die arme Frau, dass es ihr eigener Garten<br />
ist, <strong>in</strong> dem sich <strong>der</strong> Schatz bef<strong>in</strong>det. Sie kehrt nach Hause zurück <strong>und</strong> f<strong>in</strong>det den Schatz.<br />
21
Handlung <strong>der</strong> Geschichte Therapeutisch <strong>in</strong>tendierte<br />
Arme Frau Patient<strong>in</strong><br />
Analogien/<strong>Metaphern</strong><br />
Traum vom Schatz Intuitiver Wunsch, Fähigkeiten zu<br />
entwickeln (z.B. Bewältigungsstrategien für<br />
Prüfungsstress)<br />
Reise <strong>in</strong> die Stadt Vertrauen <strong>in</strong> die eigene Intuition (das<br />
Offenbarung, dass <strong>der</strong> Schatz im eigenen<br />
Garten liegt<br />
Unbewusste) zeigen, aktiv die<br />
Problembewältigung angehen<br />
Die Patient<strong>in</strong> verfügt selber über die<br />
notwendigen Ressourcen zur Bewältigung<br />
ihrer Probleme, sie muss sie nur entdecken<br />
<strong>und</strong> entwickeln<br />
Abb. 4: Darstellung <strong>der</strong> therapeutisch <strong>in</strong>tendierten Analogien <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geschichte „Der Schatz<br />
im eignen Garten.“<br />
Allgeme<strong>in</strong>e <strong>Geschichten</strong><br />
Struktur des Problems<br />
Therapeutische Geschichte<br />
Lösung<br />
Abb. 5: Darstellung zur Wirkungsweise allgeme<strong>in</strong>er <strong>Geschichten</strong>. Die Geschichte stellt e<strong>in</strong><br />
Rohl<strong>in</strong>g dar. Aufgr<strong>und</strong> se<strong>in</strong>er Problemkonstellation <strong>und</strong> se<strong>in</strong>er Vorerfahrung verän<strong>der</strong>t sich<br />
beim Patienten im Prozess <strong>der</strong> Rezeption <strong>der</strong> Geschichte die Problemstruktur. Gleichzeitig<br />
erhält aber auch <strong>der</strong> Rohl<strong>in</strong>g se<strong>in</strong>en Fe<strong>in</strong>schliff, so dass er sich <strong>in</strong> die Problemstruktur<br />
e<strong>in</strong>fügt.<br />
22
Therapeutische Effekte <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong> <strong>mit</strong> <strong>Geschichten</strong> (vgl. <strong>Krause</strong> & Revenstorf, 1997)<br />
� Stärkung des therapeutischen Beziehung<br />
� Umgehung des Wi<strong>der</strong>stands<br />
� För<strong>der</strong>n des Er<strong>in</strong>nerns von Ressourcen bzw. Problemlösefähigkeiten<br />
� För<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>es Perspektivwechsels <strong>und</strong> Refram<strong>in</strong>g des Problems<br />
� Modellernen<br />
� Unterstützung <strong>der</strong> Argumentation des Therapeuten<br />
Sauer <strong>und</strong> Scholz (1997) haben die 83 therapeutischen <strong>Geschichten</strong> von Lankton <strong>und</strong><br />
Lankton (1994) e<strong>in</strong>er computergestützten Inhaltsanalyse unterzogen. Dabei wollten sie<br />
herausf<strong>in</strong>den <strong>in</strong> wie weit die allgeme<strong>in</strong>en psychotherapeutischen Wirkmechanismen<br />
(Ressourcenaktivierung, Problemaktualisierung, aktive Hilfe bei <strong>der</strong> Problembewältigung,<br />
motivationale Klärung) nach Grawe (1994) <strong>in</strong> den <strong>Geschichten</strong> enthalten s<strong>in</strong>d. Am<br />
effektivsten wird <strong>in</strong> den <strong>Geschichten</strong> die aktive Hilfe bei <strong>der</strong> Problembewältigung realisiert,<br />
am wenigsten die Problemaktualisierung.<br />
1,778<br />
1,201<br />
2,151<br />
1,806<br />
Abb. 6.: Auftrittshäufigkeit <strong>der</strong> allgeme<strong>in</strong>en psychotherapeutischen Wirkmechanismen<br />
nach Grawe (1994) <strong>in</strong> den therapeutischen <strong>Geschichten</strong> von Lankton <strong>und</strong> Lankton<br />
(1994) nach Sauer <strong>und</strong> Scholz (1997).<br />
Dr. <strong>Clemens</strong> <strong>Krause</strong>: <strong>Arbeit</strong> <strong>mit</strong> <strong>Metaphern</strong> <strong>und</strong> <strong>Geschichten</strong> <strong>in</strong> Beratung, Therapie <strong>und</strong> Coach<strong>in</strong>g<br />
23
3. Beispiele für Erzählformen <strong>und</strong> Quellen für therapeutische <strong>Geschichten</strong><br />
<strong>Geschichten</strong>, die sich für Therapie, Beratung <strong>und</strong> Coach<strong>in</strong>g eignen können unterscheiden<br />
werden <strong>in</strong>:<br />
a) <strong>Geschichten</strong>, die allgeme<strong>in</strong>gültige Lebensweisheiten enthalten. Oft handelt es sich hierbei<br />
um Tautologien, um Erfahrungen, die so universell gültig s<strong>in</strong>d, dass <strong>der</strong> Patient sie kaum<br />
leugnen kann.<br />
b) <strong>Geschichten</strong>, die aus dem persönlichen Erfahrungsbereich des Therapeuten stammen. Das<br />
können Anekdoten aus Sitzungen <strong>mit</strong> an<strong>der</strong>en Patienten se<strong>in</strong> o<strong>der</strong> <strong>Geschichten</strong>, die <strong>der</strong><br />
Therapeut persönlich erlebt hat <strong>und</strong> die se<strong>in</strong>e Lebenserfahrung wie<strong>der</strong>spiegeln.<br />
Märchen<br />
� s<strong>in</strong>d phantasievoll ausgeschmückte Erzählungen, bei denen die Naturgesetzte<br />
ausgeschaltet s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> das W<strong>und</strong>er vorwaltet.<br />
� s<strong>in</strong>d durch e<strong>in</strong>e bestimmte kulturspezifische Makrostruktur gekennzeichnet.<br />
� können <strong>Metaphern</strong> auf unterschiedlichen Ebenen enthalten<br />
� stellen nach Bettelheim (1980) zusammen <strong>mit</strong> Mythen <strong>und</strong> Volkserzählungen die<br />
Literatur von Gesellschaften ohne schriftliche Überlieferung dar<br />
� Unterschieden werden Volksmärchen (z.B. Brü<strong>der</strong> Grimm) <strong>und</strong> Kunstmärchen, die<br />
sich auf e<strong>in</strong>en bestimmten Autor zurückverfolgen lassen (z.B. Hans-‐Christian<br />
An<strong>der</strong>sen, Michael Ende)<br />
z.B. Eisenhans (Brü<strong>der</strong> Grimm), Unendliche Geschichte (Michael Ende)<br />
Fabel (late<strong>in</strong>isch fabula, „Geschichte, Erzählung, Sage“)<br />
� Die Fabel kennzeichnet e<strong>in</strong>e kürzere Erzählung <strong>mit</strong> belehren<strong>der</strong> Absicht, <strong>in</strong> <strong>der</strong> vor<br />
allem Tiere aber auch Pflanzen <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e D<strong>in</strong>ge o<strong>der</strong> fabelhafte Mischwesen<br />
menschliche Eigenschaften besitzen <strong>und</strong> handeln.<br />
� Die Dramatik <strong>der</strong> Fabelhandlung zielt auf e<strong>in</strong>e Schlusspo<strong>in</strong>te h<strong>in</strong>, an die sich meist<br />
e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>gültige Moral anschließt.<br />
� Bei e<strong>in</strong>er Fabel wird Kritik geübt an dem, was man gerne än<strong>der</strong>n würde, jedoch<br />
werden ke<strong>in</strong>e Vorschläge zur Än<strong>der</strong>ung des Kritisierten gegeben wie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Parabel<br />
(z.B. Äsops Fabeln)<br />
z.B.: Der Löwe <strong>und</strong> die Maus, W<strong>in</strong>d <strong>und</strong> Sonne (s. Anhang)<br />
24
Parabel<br />
� Die Parabel ist e<strong>in</strong>e <strong>mit</strong> dem Gleichnis verwandte Form von Literatur, e<strong>in</strong>e lehrhafte<br />
<strong>und</strong> kurze Erzählung. Zudem wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> Parabel meist e<strong>in</strong> Gleichnis erläutert.<br />
� Sie wirft Fragen über die Moral <strong>und</strong> ethische Gr<strong>und</strong>sätze auf, welche durch<br />
Übertragung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en Vorstellungsbereich begreifbar werden.<br />
� Das im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> stehende Geschehen hat e<strong>in</strong>e symbolische Bedeutung für den<br />
Leser.<br />
� Die Parabel br<strong>in</strong>gt den Leser zum Nachdenken <strong>und</strong> zum Erkennen e<strong>in</strong>es richtigen<br />
Lebens durch die Herleitung <strong>der</strong> Analogien.<br />
z.B. Die langen Löffel (s. Anhang)<br />
Gleichnis<br />
� Das Gleichnis ist meist e<strong>in</strong> kürzerer Text, <strong>mit</strong> didaktischem Anspruch. E<strong>in</strong> komplexer<br />
oft theoretischer Sachverhalt wird <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er bildhaften <strong>und</strong> konkreten<br />
Darstellung abgebildet.<br />
� Im Gegensatz zur Parabel muss im Gleichnis, das e<strong>in</strong>en expliziten Vergleich darstellt<br />
(„so wie“), wird die Sachebene nicht durch die Leser erschlossen, sie wird direkt im<br />
Text parallel zur Bildebene benannt.<br />
z.B. Gleichnis vom Sämann, Gleichnis vom verlorenen Sohn (Bibel, s. Anhang)<br />
Sage<br />
� Die Sage basiert ursprünglich auf mündlichen Überlieferungen („Gesagtes“). Durch<br />
das H<strong>in</strong>zufügen von Personen-‐ <strong>und</strong> Ortsnamen entsteht <strong>der</strong> E<strong>in</strong>druck e<strong>in</strong>es<br />
Wahrheitsberichts.<br />
� Die Heldensage konzentriert sich auf berühmte Herrscherfamilien, ihre Machtpolitik<br />
<strong>und</strong> ihre kriegerischen Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen. Germanische Heldensagen bilden oft<br />
Sagenkreise um e<strong>in</strong>zelne Persönlichkeiten<br />
z.B. Siegfried<br />
Mythos (Göttersagen)<br />
� Mythen erklären das Entstehen <strong>der</strong> Welt o<strong>der</strong> das System <strong>der</strong> Gottheiten sowie<br />
Prozesse <strong>der</strong> Zerstörung <strong>und</strong> Erneuerung (z. B. Wi<strong>der</strong>geburt), häufig <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung<br />
<strong>mit</strong> dem Kampf unterschiedlicher Mächte (sowohl konkreter Göttergestalten,<br />
25
Himmel <strong>und</strong> Erde, als auch abstrakter Eigenschaften, wie gut <strong>und</strong> böse, hell <strong>und</strong><br />
dunkel).<br />
� Mythen s<strong>in</strong>d vielfach nicht als historische Wirklichkeit gedacht, son<strong>der</strong>n als<br />
Darstellung e<strong>in</strong>er Struktur h<strong>in</strong>ter <strong>der</strong> Wirklichkeit <strong>in</strong> sprachlichen Bil<strong>der</strong>n.<br />
z.B. griechische o<strong>der</strong> germanische Mythologie<br />
Archetypus (Naturbild)<br />
� Zu Archetypen aus <strong>der</strong> Natur haben wir e<strong>in</strong>en beson<strong>der</strong>en Bezug. Dazu Zählen <strong>der</strong><br />
Felsen, <strong>der</strong> Baum, das Feuer o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Fluss.<br />
� Die Natur berührt uns beson<strong>der</strong>s tief <strong>und</strong> ist meist <strong>mit</strong> positiven Emotionen<br />
verb<strong>und</strong>en.<br />
� Erzählen wir über e<strong>in</strong>en Baum so können wir ihm durchaus menschliche<br />
Eigenschaften (z.B. Standhaftigkeit, Beständigkeit, Gelassenheit) zuschreiben, wie das<br />
<strong>in</strong> Naturreligionen schon seit jeher <strong>der</strong> Fall ist.<br />
� Der Baum kann so<strong>mit</strong> e<strong>in</strong>e Position als Stellvertreter (vgl. Bongartz <strong>und</strong> Bongartz,<br />
2000) für den Patienten e<strong>in</strong>nehmen.<br />
� Beschreibungen von Naturbil<strong>der</strong>n bieten e<strong>in</strong>e gute Möglichkeit direkte Suggestionen<br />
an den Patienten e<strong>in</strong>zustreuen.<br />
z.B. <strong>der</strong> Baum (s. Anhang)<br />
Witz<br />
� Der Witz besteht aus e<strong>in</strong>er kurzen Erzählung, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Sachverhalt so ver<strong>mit</strong>telt,<br />
dass nach <strong>der</strong> ersten Darstellung unerwartet e<strong>in</strong>e ganz an<strong>der</strong>e Auffassung zutage<br />
tritt. Der plötzliche Perspektivwechsel (die Po<strong>in</strong>te) wird als komisch <strong>und</strong> befreiend<br />
wahrgenommen.<br />
� Humor kann so<strong>mit</strong> Konfusion erzeugen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>gefahrene Denkweisen unterbrechen.<br />
Die Distanzierung von e<strong>in</strong>em Problem wird geför<strong>der</strong>t.<br />
� <strong>Geschichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Metaphern</strong> <strong>mit</strong> humorvollem Inhalt erwecken Neugierde beim<br />
Zuhörer <strong>und</strong> werden durch Lachen <strong>in</strong>tensiver erlebt <strong>und</strong> besser er<strong>in</strong>nert (vgl. Ha<strong>in</strong>,<br />
2009).<br />
b) <strong>Geschichten</strong>, die aus dem persönlichen Erfahrungsbereich des Therapeuten stammen.<br />
E<strong>in</strong>e Anekdote:<br />
� gilt als e<strong>in</strong>e authentische Geschichte<br />
26
� hat e<strong>in</strong>e bemerkenswerte o<strong>der</strong> charakteristische Begebenheit im Leben e<strong>in</strong>er Person<br />
zur Gr<strong>und</strong>lage<br />
� enthält e<strong>in</strong>e Po<strong>in</strong>te<br />
� ist aufs wesentliche reduziert<br />
� enthält e<strong>in</strong>e scharfe Charakterisierung e<strong>in</strong>er o<strong>der</strong> mehrerer Personen<br />
z.B. Wenn die Zeit kommt wird er sprechen (M.H. Erickson, s. Anhang)<br />
Merkmale von authentischen <strong>Geschichten</strong> (vgl. Frenzel, Müller & Sottong, 2006)<br />
Authentische <strong>Geschichten</strong>:<br />
� schaffen e<strong>in</strong>en schnellen <strong>und</strong> un<strong>mit</strong>telbaren Zugang zum realen Umfeld, <strong>in</strong>dem sie an<br />
<strong>der</strong> Erlebenswelt des Zuhörers <strong>in</strong> z.B. <strong>Arbeit</strong>, Schule, Freizeit anknüpfen.<br />
� erzählen von konkreten Personen <strong>und</strong> ihrer konkreten Tätigkeit <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es ganz<br />
bestimmten Umfeldes.<br />
� br<strong>in</strong>gen Ideen auf den Punkt, veranschaulichen neue Gedanken <strong>und</strong> erklären o<strong>der</strong><br />
transportieren <strong>in</strong>dividuelle Erfahrungen<br />
� s<strong>in</strong>d für Zuhörer nachvollziehbar <strong>und</strong> ermöglicht e<strong>in</strong>en direkten Vergleich <strong>mit</strong> dem<br />
eigenen Erfahrungsbereich<br />
� för<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>e Identifikation <strong>mit</strong> <strong>der</strong> Geschichte, was e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>tensiveren Lernprozess<br />
ermöglicht.<br />
4. <strong>Geschichten</strong> erzählen<br />
Beson<strong>der</strong>heiten des Erzählens (vgl. Pabst-‐We<strong>in</strong>schenk, 2005):<br />
� Der Erzähler bef<strong>in</strong>det sich während des <strong>Geschichten</strong>erzählens im Modus des<br />
betrachtenden Sprechens.<br />
� Das <strong>Geschichten</strong>erzählen stellt durch die Rollenverteilung e<strong>in</strong>e asymmetrische<br />
Kommunikationsform dar.<br />
� Dialogische Elemente können jedoch auftreten, <strong>in</strong>dem die Geschichte Fragen des<br />
Zuhörenden provoziert o<strong>der</strong> das Erzählen e<strong>in</strong>er eigenen Geschichte beim Patienten<br />
auslöst.<br />
27
� Gegenüber dem schriftlichen Sprachgebrauch entsteht beim Erzählen e<strong>in</strong>e<br />
kommunikative Situation <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>der</strong> Zuhörer den Erzähler durch verbale <strong>und</strong> non-‐<br />
verbale Signale (z.B. Hochziehen <strong>der</strong> Augenbrauen, Gähnen) bee<strong>in</strong>flusst.<br />
� Jede Geschichte bildet e<strong>in</strong> eigenständiges <strong>und</strong> zusammenhängendes Gebilde<br />
(Handlungsfolge), welches auffor<strong>der</strong>t, sich aus dem gegebenen Handlungskontext<br />
(therapeutisches Gespräch)zu lösen. Der E<strong>in</strong>-‐ <strong>und</strong> Ausstieg <strong>der</strong> Erzählung (<strong>der</strong><br />
Erzählbeitrag) wird über den Tempusgebrauch markiert.<br />
� Gegenüber dem schriftlichen Sprachgebrauch verwendet man beim Sprechdenken<br />
e<strong>in</strong>fachere grammatische Formen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>en abwechslungsreicheren Satzbau.<br />
� Die Planung beim Sprechen ist zeitlich begrenzt. Entsprechend verlaufen, gegenüber<br />
dem Schreiben, das Denken <strong>und</strong> Sprechen parallel.<br />
� Wie<strong>der</strong>holungen s<strong>in</strong>d gegenüber dem schriftlichen Sprachgebrauch erwünscht <strong>und</strong><br />
stellen e<strong>in</strong> Stil<strong>mit</strong>tel dar. Der Zuhörer kann so wichtige Punkte besser aufnehmen.<br />
Der Erzähler wird entlastet.<br />
<strong>Geschichten</strong>erzählen im 4-‐Ebenen-‐Modell nach Schulz von Thun (2003)<br />
Kommunika-‐<br />
tionsebene<br />
Erzähler / Therapeut Zuhörer / Patient<br />
Sach<strong>in</strong>halt Teilt Sach<strong>in</strong>formation <strong>in</strong> Form Versucht die<br />
e<strong>in</strong>er Geschichte <strong>mit</strong>,<br />
Sach<strong>in</strong>formation zu<br />
Komplexität kann geschaffen<br />
o<strong>der</strong> reduziert werden<br />
verstehen.<br />
Selbstoffen-‐ Durch Auswahl <strong>der</strong> Geschichte Passt die E<strong>in</strong>schätzung des<br />
barung <strong>und</strong> die Art <strong>und</strong> Weise wie er Therapeuten dem<br />
sie erzählt offenbart sich <strong>der</strong> T. bisherigen Bild an<br />
Beziehung Teilweise asymmetrisch, Reagiert auf das<br />
Beziehungsangebot, Vertrauen<br />
<strong>in</strong> Intelligenz <strong>und</strong><br />
Selbstheilungskräfte des P.<br />
Beziehungsangebot<br />
Appell Apelle h<strong>in</strong>sichtlich Klärung <strong>und</strong> Verarbeitung des Appells<br />
Problemlösung, abhängig von auf Basis se<strong>in</strong>er<br />
den therapeutischen<br />
Problemstruktur <strong>und</strong><br />
Intentionen <strong>der</strong> ausgewählten se<strong>in</strong>es H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>wissens,<br />
Geschichte Z.B.: Vertraue kann ihn verstehen o<strong>der</strong><br />
De<strong>in</strong>er Intuition, Wechsle die nicht verstehen, nutzen<br />
Perspektive<br />
o<strong>der</strong> zurückweisen<br />
28
Abb. 7: Darstellung <strong>der</strong> vier Kommunikationsebenen nach Schulz von Thun (2003) im<br />
H<strong>in</strong>blick auf das Erzählen therapeutischer <strong>Geschichten</strong>.<br />
29
5. Merkmale guten Erzählens<br />
a) Authentizität<br />
Je kongruenter bzw. je authentischer <strong>der</strong> Erzähler e<strong>in</strong>er Geschichte auf den Zuhörer<br />
wirkt, desto e<strong>in</strong>deutiger ist die Nachricht <strong>der</strong> Geschichte <strong>und</strong> desto bereitwilliger wird sie<br />
rezipiert, d.h.:<br />
� <strong>Geschichten</strong> möglichst natürlich erzählen (eigene Wortwahl, Dialekt)<br />
� Anekdoten aus dem eignen Leben s<strong>in</strong>d willkommen<br />
� <strong>Geschichten</strong> auswählen, die e<strong>in</strong>em selbst gefallen <strong>und</strong> liegen<br />
b) Gestik <strong>und</strong> Mimik <strong>und</strong> Stimmmodulation<br />
� Emotionen können durch Gestik <strong>und</strong> Mimik abgebildet werden. Auch die<br />
Stimmmodulation br<strong>in</strong>gt Emotionen beson<strong>der</strong>s zum Ausdruck.<br />
� Reden, dass durch Gestik begleitet ist erhöht die Merkfähigkeit<br />
� Durch Gestik <strong>und</strong> Mimik wird <strong>der</strong> auditive Wahrnehmungskanal um den visuellen<br />
ergänzt, e<strong>in</strong>e För<strong>der</strong>ung von Imag<strong>in</strong>ationen wird geför<strong>der</strong>t <strong>und</strong> dadurch die<br />
Gedächtnisleistung verbessert<br />
� Gestik gestaltet den Sprechprozess <strong>mit</strong> <strong>und</strong> för<strong>der</strong>t den Abruf von Konzepten aus<br />
dem Gedächtnis<br />
� Wird die Gestik unterdrückt stockt <strong>der</strong> Sprechfluss vermehrt<br />
c) Wirkungsvolles Erzählen<br />
� Verzichten Sie auf unwichtige Details, bauen Sie den Kern <strong>der</strong> Geschichte aus<br />
� Lassen Sie sich Zeit beim Erzählen. Genießen <strong>und</strong> schmecken Sie jedes Wort.<br />
� Nutzen Sie Pausen um Spannung aufzubauen.<br />
� Markieren Sie die Po<strong>in</strong>te durch e<strong>in</strong>e Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Stimmlautstärke. Bereiten Sie<br />
den Zuhörer zunächst leise auf die Po<strong>in</strong>te vor <strong>und</strong> werden Sie lauter, wenn die Po<strong>in</strong>te<br />
kommt.<br />
� Nutzen Sie Gestik <strong>und</strong> Mimik um die Dramaturgie zu steigern<br />
� Bauen Sie auch mal <strong>in</strong>teraktive Elemente <strong>in</strong> die Geschichte e<strong>in</strong><br />
30
6. Äußere Struktur von <strong>Geschichten</strong><br />
Nach Lüthi (1978) kann man das Schema von Märchen <strong>in</strong> fünf Phasen beschreiben:<br />
1. E<strong>in</strong>gangsereignis: E<strong>in</strong>führung des Protagonisten. Se<strong>in</strong>e Situation än<strong>der</strong>t sich.<br />
Aufgr<strong>und</strong> e<strong>in</strong>es Ereignisses wird er veranlasst e<strong>in</strong> Ziel zu erreichen, erhält e<strong>in</strong>e<br />
Aufgabe.<br />
2. <strong>in</strong>nere Reaktion des Protagonisten wird dargestellt.<br />
3. Der Protagonist unternimmt e<strong>in</strong>en o<strong>der</strong> mehrere Versuche das Ziel zu erreichen, die<br />
Aufgabe zu lösen<br />
4. Konsequenz (Endzustand): Es wird Auskunft darüber gegeben, ob <strong>der</strong> Protagonist<br />
se<strong>in</strong> Ziel erreicht o<strong>der</strong> die Aufgabe gelöst hat <strong>und</strong> so e<strong>in</strong>e Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />
Ausgangssituation herbeiführen konnte<br />
5. Emotionale o<strong>der</strong> kognitive Reaktionen des Protagonisten auf das Erreichen des<br />
Zieles werden beschrieben. Evtl. wird die Moral <strong>der</strong> Geschichte erklärt.<br />
Mills <strong>und</strong> Crowley (1986), haben e<strong>in</strong>e Makrostruktur speziell für die Konstruktion von<br />
therapeutischen <strong>Geschichten</strong> für K<strong>in</strong><strong>der</strong> entwickelt (Fallbeispiel bei <strong>Krause</strong> & Revenstorf,<br />
1997).<br />
<strong>Geschichten</strong> aus an<strong>der</strong>en Kulturkreisen folgen teilwiese an<strong>der</strong>en Makrostrukturen als<br />
<strong>Geschichten</strong> aus dem westlichen Kulturkreis <strong>und</strong> s<strong>in</strong>d deshalb für uns schwer zu verstehen<br />
<strong>und</strong> schlechter zu er<strong>in</strong>nern.<br />
Bsp.: Märchen aus <strong>der</strong> Südsee.<br />
a) Mehrfach e<strong>in</strong>gebettete <strong>Metaphern</strong><br />
� Bei den Märchen aus 1001 Nacht f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong>e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> verschachtelte <strong>Geschichten</strong><br />
� Geschichte A wird begonnen, jedoch unterbrochen, worauf Geschichte B beg<strong>in</strong>nt,<br />
<strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong>er wie<strong>der</strong>um von e<strong>in</strong>em Protagonisten Geschichte C erzählt wird. In<br />
umgekehrter Reihenfolge werden die <strong>Geschichten</strong> dann beendet. Die<br />
Verschachtelungen lassen sich folgen<strong>der</strong>maßen darstellen:<br />
A1 ( B1 ( C ) B2 ) A2<br />
31
) E<strong>in</strong>kreistechnik<br />
� Hierbei werden mehrere <strong>Geschichten</strong> dargeboten, die sich auf den gleichen<br />
Problembereich des Patienten beziehen.<br />
� So bildet sich e<strong>in</strong>e Schnittmenge von therapeutisch <strong>in</strong>tendierten Analogien, die <strong>der</strong><br />
Klient bewusst o<strong>der</strong> unbewusst (da abgelenkt durch die verschiedenen<br />
Rahmenhandlungen) erkennt.<br />
Abb. 8: E<strong>in</strong>kreistechnik: Drei <strong>Geschichten</strong> aus unterschiedlichen Bereichen werden erzählt.<br />
H<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> therapeutisch <strong>in</strong>tendierten Analogien gibt es Überschneidungen.<br />
Bsp.: Motivationsrede Steve Jobs, Großes Glück – großes Pech, <strong>der</strong> Weg (s. Anhang)<br />
7. Therapeutische <strong>Geschichten</strong> <strong>in</strong> Trance<br />
Hypnose als Zustand:<br />
� „Hypnotische Trance stellt -‐ebenso wie möglicherweise verwandte Zustände-‐ e<strong>in</strong>en<br />
vom Alltagsbewusstse<strong>in</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> Entspannungsreaktion hirnphysiologisch<br />
abgrenzbaren Zustand dar“ (Bongartz & Bongartz, 2000).<br />
� Hypnose ist e<strong>in</strong> relativ unspezifischer Trancezustand, <strong>der</strong> durch e<strong>in</strong>en engen Rapport<br />
zwischen Hypnotiseur <strong>und</strong> Hypnotisand entsteht.<br />
� In Hypnose zeigen hochhypnotisierbare Personen (HH) suggestionsspezifische<br />
hirnphysiologische Aktivitätsmuster, die sie im Wachzustand nicht zeigen <strong>und</strong> die<br />
sich auch von niedrighypnotisierbaren Personen (NH) <strong>in</strong> Hypnose deutlich<br />
unterscheiden.<br />
32
Hypnose als Therapiemethode:<br />
� Es ist möglich Hypnose als kognitiv-‐behaviorale, als psychodynamische, als<br />
systemische <strong>und</strong> als humanistische Therapie durchzuführen. Hypnotherapie ist offen<br />
gegnüber an<strong>der</strong>en Therapieformen <strong>und</strong> kann <strong>in</strong> viele Therapieformen <strong>in</strong>tegriert<br />
werden. Hypnose stellt daher so etwas wie Hefe im Teig dar. Der Teig geht auf <strong>und</strong><br />
man kann besser da<strong>mit</strong> backen (Revenstorf, 2009).<br />
� Hypnose kann gr<strong>und</strong>sätzlich von Therapeuten ganz verschiedener Orientierung im<br />
Rahmen umfassen<strong>der</strong> Behandlungspläne e<strong>in</strong>gesetzt werden <strong>und</strong> sollte daher zum<br />
methodischen Rüstzeug möglichst vieler Psychotherapeuten zählen (Grawe et al.,<br />
1994).<br />
a) Subjektive Verän<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> Hypnose:<br />
� E<strong>in</strong>engung <strong>der</strong> Aufmerksamkeit<br />
� Trancelogik<br />
� Zunahme <strong>der</strong> Vorstellungsaktivität<br />
� Steigerung <strong>der</strong> Emotionalität<br />
� Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Suggestibilität<br />
b) Physiologische Verän<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> Hypnose:<br />
� Hirnphysiologisch: -‐ Zunahme <strong>der</strong> Theta Aktivität<br />
-‐ Ereigniskorrelierte Potentiale belegen<br />
E<strong>in</strong>fluss von Hypnose auf kognitive Vorgänge<br />
-‐ HH entwickeln <strong>in</strong> Hypnose e<strong>in</strong>e größere<br />
suggestionsspezifische kognitive Flexibilität als<br />
NH, die <strong>mit</strong> bildgebenden Verfahren<br />
nachgewiesen werden kann<br />
� Endokr<strong>in</strong>ologisch: -‐ Abnahme von Kathecholam<strong>in</strong>en <strong>und</strong><br />
Vanill<strong>in</strong>mandelsäure<br />
� Hämatologisch: -‐ Zunahme <strong>der</strong> Haftfähigkeit von Leukozyten<br />
-‐ Verschiebung des Differentialblutbildes<br />
33
• Autonomes NS: -‐ E<strong>in</strong>e Dämpfung des sympathischen<br />
Erregungsniveaus führt zu Verän<strong>der</strong>ungen<br />
autonomer Reaktionen (Atemrate, Blutdruck, etc.)<br />
SE2: Gruppentrance Loslassen<br />
Welche therapeutischen <strong>Metaphern</strong> wurden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Induktion e<strong>in</strong>gesetzt?<br />
8. Anekdoten<br />
Anekdoten können:<br />
� aus dem Kontext <strong>der</strong> therapeutischen <strong>Arbeit</strong> entliehen se<strong>in</strong> (Fallbeispiele)<br />
� aus dem Lebensalltag des Therapeuten stammen (z.B. Eigene Erfahrungen <strong>mit</strong><br />
Trennungen o<strong>der</strong> Verlusten; Ereignisse, die Fre<strong>und</strong>e erlebt haben, Ereignisse, die<br />
Personen erlebt haben, über die man gelesen hat)<br />
Ü2: Erzählen e<strong>in</strong>er Anekdote aus Ihrem therapeutischen Erfahrungsschatz o<strong>der</strong> ihrem<br />
Lebensalltag<br />
Zu beachten:<br />
� Verzichten Sie auf unwichtige Details, bauen Sie den Kern <strong>der</strong> Geschichte aus<br />
� Lassen Sie sich Zeit beim Erzählen. Genießen <strong>und</strong> schmecken Sie jedes Wort.<br />
� Nutzen Sie Pausen um Spannung aufzubauen.<br />
� Nutzen Sie Gestik <strong>und</strong> Mimik um die Dramaturgie zu steigern<br />
9. Maßschnei<strong>der</strong>ung von <strong>Geschichten</strong><br />
� Maßgeschnei<strong>der</strong>te <strong>Geschichten</strong> verfügen e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> Problemsituation äquivalente<br />
Struktur.<br />
� Die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geschichte auftretenden Personen <strong>und</strong> Ereignisse, aber auch die<br />
Beziehungen zwischen ihnen, müssen den Personen, Ereignissen sowie <strong>der</strong> Abfolge<br />
<strong>der</strong> Ereignisse <strong>und</strong> Beziehungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Situation des Patienten entsprechen, bzw. <strong>mit</strong><br />
ihr homomorph se<strong>in</strong>.<br />
34
� In <strong>der</strong> Geschichte tritt e<strong>in</strong>e Transformation e<strong>in</strong>, <strong>in</strong> welcher die problematische<br />
Ausgangssituation des Patienten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en therapeutisch <strong>in</strong>tendierten Zielzustand<br />
überführt wird.<br />
Effekte <strong>der</strong> Maßschnei<strong>der</strong>ung von <strong>Geschichten</strong> (<strong>Krause</strong> & Revenstorf, 1997)<br />
� Das Ausmaß, <strong>in</strong> dem die Beziehungen <strong>und</strong> Ereignisse analog zur Situation des<br />
Patienten dargestellt werden, ist e<strong>in</strong> Kriterium dafür, <strong>in</strong>wieweit die Metapher als<br />
zutreffend beurteilt wird.<br />
� Ob e<strong>in</strong>e Metapher zutrifft o<strong>der</strong> nicht, sche<strong>in</strong>t wesentlich für die Aktivierung <strong>der</strong><br />
metaphorischen Bedeutung beim Hörer zu se<strong>in</strong><br />
� Bei <strong>Metaphern</strong>, die nicht als zutreffend bewertet werden, dauert es wesentlich<br />
länger, bis e<strong>in</strong>e metaphorische Aktivierung erfolgt, manchmal bleibt sie auch gänzlich<br />
aus.<br />
� För<strong>der</strong>liche Effekte auf das Behalten entfallen, wenn die Metapher nicht als<br />
Maßschnei<strong>der</strong>ung von <strong>Geschichten</strong><br />
Struktur des Problems<br />
Therapeutische Geschichte<br />
Lösung<br />
zutreffend <strong>und</strong> bedeutungsvoll erlebt wird.<br />
Abb. 9: Darstellung zur Wirkungsweise maßgeschnei<strong>der</strong>ter <strong>Geschichten</strong>. Die Geschichte<br />
passt weitgehend zur Problemstruktur des Patienten. Der Rohl<strong>in</strong>g, den <strong>der</strong> Therapeut<br />
vorgibt, muss so<strong>mit</strong> kaum angepasst werden um sich <strong>in</strong> die Problemstruktur e<strong>in</strong>zufügen.<br />
35
Abb. 10: Schematische Darstellung des Prozesses <strong>der</strong> Darbietung <strong>und</strong> Rezeption<br />
maßgeschnei<strong>der</strong>ter <strong>Metaphern</strong>.<br />
Ü4: Maßschnei<strong>der</strong>ung e<strong>in</strong>er Geschichte<br />
1) Diagnostik des problematischen Ausgangszustands<br />
(Wie äußert sich die Symptomatik des Patienten (Verhalten, Emotionen, Kognitionen,<br />
Physiologie)? Welche Auslöser für die Symptome gibt es? Was s<strong>in</strong>d die aufrechterhaltenden<br />
Bed<strong>in</strong>gungen? Welche Personen s<strong>in</strong>d beteiligt? Wie s<strong>in</strong>d die Beziehungen? Welche Konflikte<br />
(<strong>in</strong>tra-‐ <strong>und</strong> <strong>in</strong>terpsychisch) gibt es?<br />
2) Wie ist <strong>der</strong> angestrebte Ziel-‐ bzw. Lösungszustand?<br />
Verhalten, Emotionen, Kognitionen, Physiologie nach <strong>der</strong> Problemlösung? Wie hat sich die<br />
Reaktion auf die Auslöser verän<strong>der</strong>t? Was hält die positive Verän<strong>der</strong>ung aufrecht? Wie<br />
haben sich die Beziehungen zwischen den beteiligten Personen verän<strong>der</strong>t<br />
3) Wie ist <strong>der</strong> angestrebte Zielzustand zu erreichen? Welche Transformation ist<br />
notwendig?<br />
z.B. Reifung, Refram<strong>in</strong>g des Problems, kognitive Umstrukturierung rigi<strong>der</strong> dysfunktionaler<br />
Gr<strong>und</strong>überzeugungen, etc.<br />
36
4) Auswahl e<strong>in</strong>er Rahmenhandlung für die Geschichte<br />
z.B. Sett<strong>in</strong>g: auf e<strong>in</strong>em Schiff, e<strong>in</strong>er Insel, Tiere im Wald. Beschreibung <strong>der</strong> beteiligten<br />
Personen, E<strong>in</strong>führung des Protagonisten.<br />
5) Metaphorische Darstellung <strong>der</strong> problematischen Situation o<strong>der</strong> des Konflikts<br />
Verhalten, Emotionen, Kognitionen, Physiologie des Protagonisten beschreiben.<br />
Beziehungen, Konflikte zwischen den Personen beschreiben.<br />
6) Metaphorische Darstellung <strong>der</strong> Aufgabe, des Ziels.<br />
7) Metaphorische Beschreibung <strong>der</strong> Problembewältigung, <strong>der</strong> Zielerreichung<br />
Welche Ereignisse, Erfahrungen führen zur Reifung, Refram<strong>in</strong>g, kognitiven<br />
Umstrukturierung?<br />
10. Literatur<br />
Angus, L.E. (1990). Metaphor and the structure of mean<strong>in</strong>g: The counsell<strong>in</strong>g client's subjektive<br />
experience. First International Conference on Counsell<strong>in</strong>g Psychology (1988, Porto Portugal).<br />
Ca<strong>der</strong>nos de Consulta Psicologica, 6, 5-‐11.<br />
Bettelheim, B. (1980). K<strong>in</strong><strong>der</strong> brauchen Märchen. München: dtv.<br />
Bongartz, W. & Bongartz, B. (2000). Hypnosetherapie. Gött<strong>in</strong>gen: Hogrefe.<br />
Buchholz, M.B. (2003). <strong>Metaphern</strong> <strong>und</strong> ihre Analyse im therapeutischen Dialog. Familiendynamik, 28<br />
(1), 64-‐94.<br />
Fischer, H.R. (2005). Poetik des Wissens: Zur kognitiven Funktion von <strong>Metaphern</strong>. In: H.R. Fischer<br />
(Hrsg.) E<strong>in</strong>e Rose ist e<strong>in</strong>e Rose… : Zur Rolle <strong>und</strong> Funktion von <strong>Metaphern</strong> <strong>in</strong> Wissenschaft <strong>und</strong><br />
Therapie, 48-‐85.<br />
Frenzel, K, Müller, M. & Sottong, H. (2004). Storytell<strong>in</strong>g-‐Das Praxishandbuch. München: Carl Hanser.<br />
Frenzel, K, Müller, M. & Sottong, H. (2006). Storytell<strong>in</strong>g-‐Das Harun-‐al-‐Rashid-‐Pr<strong>in</strong>zip. Die Kraft des<br />
Erzählens fürs Unternehmen nutzen. München: Carl Hanser.<br />
Gheorghiu, V.A. (1996). Die adaptive Funktion suggestionaler Phänomene: Zum Stellenwert<br />
suggestionsbed<strong>in</strong>gter E<strong>in</strong>flüsse. Hypnose <strong>und</strong> Kognition, 13(1+2), 125-‐146.<br />
Golow<strong>in</strong>, S. (1986). Edelste<strong>in</strong>e, Kristallpforte zur Seele: Traumreisen <strong>und</strong> Meditationen <strong>mit</strong><br />
Edelste<strong>in</strong>en. Freiburg i. B.: Bauer.<br />
Gordon, D. (1990). Therapeutische <strong>Metaphern</strong>. Pa<strong>der</strong>born: Jungfermann.<br />
37
Grawe, K., Donati, R. & Bernauer, F. (1994). Hypnose. In: Psychotherapie im Wandel: Von <strong>der</strong><br />
Konfession zur Profession. Gött<strong>in</strong>gen, Hogrefe.<br />
Ha<strong>in</strong>, P. (2009). Humor <strong>und</strong> Hypnotherapie. In: Revenstorf, D. & Peter, B. (Hrsg.) Hypnose <strong>in</strong><br />
Psychotherapie, Psychosomatik <strong>und</strong> Mediz<strong>in</strong>: Manual für die Praxis, 162-‐166. Heidelberg: Spr<strong>in</strong>ger.<br />
Hülzer, H. (1987). Die Metapher. Münster: Modus Publikationen.<br />
Jost, J. (2008). Wann verstehen, wann <strong>in</strong>terpretieren wir <strong>Metaphern</strong>? Metaphorik.de, 15, 125-‐140.<br />
K<strong>in</strong>tsch, W. (1982). Gedächtnis <strong>und</strong> Kognition. Berl<strong>in</strong>, Heidelberg, N.Y.: Spr<strong>in</strong>ger.<br />
Kopp, S. (1971). Guru: Metaphors from a Psychotherapist. Palo Alto: Science and Behavior Books.<br />
<strong>Krause</strong>, C. (2000). Posthypnotische Amnesie für therapeutische <strong>Geschichten</strong>. Unveröff. Diss., Psychol.<br />
Institut, Universität Tüb<strong>in</strong>gen.<br />
<strong>Krause</strong>, C. & Revenstorf, D. (1997). Ausformung therapeutischer <strong>Metaphern</strong>. Hypnose <strong>und</strong> Kognition,<br />
14, 83-‐104.<br />
<strong>Krause</strong>, C. & Revenstorf, D. (1998). Wirkung von <strong>Metaphern</strong> im Rahmen <strong>in</strong>direkter Hypnosetechniken<br />
auf Symptome <strong>der</strong> Prüfungsangst: E<strong>in</strong>e Audiokassettenstudie. Hypnose <strong>und</strong> Kognition, 15(1-‐2), 129-‐<br />
144.<br />
Lakoff, G. & Johnson, M. (2007). Leben <strong>in</strong> <strong>Metaphern</strong>: Konstruktion <strong>und</strong> Gebrauch von Sprachbil<strong>der</strong>n.<br />
Heidelberg: Carl Auer.<br />
Lankton, C.H. & Lankton, S.R. (1991). <strong>Geschichten</strong> <strong>mit</strong> Zauberkraft: Die <strong>Arbeit</strong> <strong>mit</strong> <strong>Metaphern</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Psychotherapie. München: Pfeiffer.<br />
Lüthi, M. (1978). Das europäische Volksmärchen. Form <strong>und</strong> Wesen. Bern: UTB Francke.<br />
L<strong>und</strong>h, L..-‐G. (2000). Suggestion, suggestibility, and the placebo effect. Hypnosis International<br />
Monographs, 4, 71-‐90.<br />
Mills, J.C. & Crowley, R.C. (1986). Therapeutic metaphors for the child and the child with<strong>in</strong>. New<br />
York.: Brunner Mazel.<br />
McMullen, L.M. & Conway, J.B. (2002). Conventional metaphors for depression. In: S.R. Fussell (Ed.)<br />
Verbal communication of emotions: Interdiscipl<strong>in</strong>ary perspectives (pp. 167-‐181). Lawrence Erlbaum<br />
Associates.<br />
Oberlechner, T. (2005). <strong>Metaphern</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Psychotherapie. Person, 9, 107-‐112.<br />
Pabst-‐We<strong>in</strong>schenk, M. (2005). Frühes Sprechen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>schule. Gr<strong>und</strong>lagen – Praktische<br />
Übungen. München: Kunstmann.<br />
Peseschkian, N. (1979). Der Kaufmann <strong>und</strong> <strong>der</strong> Papagei: Orientalische <strong>Geschichten</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Psychotherapie. Frankfurt a. M.: Fischer.<br />
38
Peter, B. (1996). Normale Instruktion o<strong>der</strong> hypnotische Suggestion: Was macht den Unterschied?<br />
Hypnose <strong>und</strong> Kognition, 13(1+2), 147-‐164.<br />
Precht, R.D. (2007). Wer b<strong>in</strong> ich <strong>und</strong> wenn ja wie viele? München: Goldmann.<br />
Reftel, K. (2009). „Ich habe nach Dir gewonnen.“ Weisheitsgeschichten für e<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en<br />
Blick auf das Leben. München: Goldmann.<br />
Revenstorf, D (2009). Schlussdiskussion. In: Revenstorf & B. Peter (Hg). Hypnose <strong>in</strong> Psychotherapie,<br />
Psychosomatik <strong>und</strong> Mediz<strong>in</strong>: Manual für die Praxis. Heidelberg: Spr<strong>in</strong>ger.<br />
Revenstorf, D., Fre<strong>und</strong>, U. & Trenkle, B. (2009). Therapeutische <strong>Geschichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Metaphern</strong>. In:<br />
Revenstorf, D. & Peter, B. (Hrsg.) Hypnose <strong>in</strong> Psychotherapie, Psychosomatik <strong>und</strong> Mediz<strong>in</strong>: Manual<br />
für die Praxis, 229-‐252. Heidelberg: Spr<strong>in</strong>ger.<br />
Rogers, C. (1980). A way of be<strong>in</strong>g. New York: Houghton Miffl<strong>in</strong>.<br />
Rosen, S. (1985). Die Lehrgeschichten von Milton H. Erickson. Hamburg: Isko Press.<br />
Sauer, C.B. & Scholz, O.B. (1997). In wieweit enthalten hypnotherapeutische <strong>Metaphern</strong> allgeme<strong>in</strong>e<br />
psychotherapeutische Wirkmechanismen? Computergestützte Inhaltsanalyse hypnotherapeutischer<br />
<strong>Metaphern</strong>. Zeitschrift für kl<strong>in</strong>ische Psychologie, Psychiatrie <strong>und</strong> Psychotherapie, 45 (2), 196-‐213.<br />
Schulz von Thun, F. (2003). Mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> reden, Bd. 1. Hamburg: rororo<br />
Schenk, K. (2010). Sprachsalto aus <strong>der</strong> Sackgasse. <strong>Metaphern</strong> als Werkzeuge für Supervision <strong>und</strong><br />
Beratung. Organisationsberatung, Supervision, Coach<strong>in</strong>g, 17 (3), 255-‐269.<br />
VanEck, L. (2011). E<strong>in</strong>führung des amerikanischen Herausgebers. In: LaPo<strong>in</strong>te, E. Sitt<strong>in</strong>g Bull: Se<strong>in</strong><br />
leben <strong>und</strong> Vermächtnis. Hohentann: TraumFänger.<br />
39
Anhang<br />
Stufen<br />
Wie jede Blüte welkt <strong>und</strong> jede Jugend<br />
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,<br />
Blüht jede Weisheit auch <strong>und</strong> jede Tugend<br />
Zu ihrer Zeit <strong>und</strong> darf nicht ewig dauern.<br />
Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe<br />
Bereit zum Abschied se<strong>in</strong> <strong>und</strong> Neubeg<strong>in</strong>ne,<br />
Um sich <strong>in</strong> Tapferkeit <strong>und</strong> ohne Trauern<br />
In andre, neue B<strong>in</strong>dungen zu geben.<br />
Und jedem Anfang wohnt e<strong>in</strong> Zauber <strong>in</strong>ne,<br />
Der uns beschützt <strong>und</strong> <strong>der</strong> uns hilft, zu leben.<br />
Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,<br />
An ke<strong>in</strong>em wie an e<strong>in</strong>er Heimat hängen,<br />
Der Weltgeist will nicht fesseln uns <strong>und</strong> engen,<br />
Er will uns Stuf' um Stufe heben, weiten.<br />
Kaum s<strong>in</strong>d wir heimisch e<strong>in</strong>em Lebenskreise<br />
Und traulich e<strong>in</strong>gewohnt, so droht Erschlaffen,<br />
Nur wer bereit zu Aufbruch ist <strong>und</strong> Reise,<br />
Mag lähmen<strong>der</strong> Gewöhnung sich entraffen.<br />
Es wird vielleicht auch noch die Todesst<strong>und</strong>e<br />
Uns neuen Räumen jung entgegensenden,<br />
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden ...<br />
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>e!<br />
40
Hermann Hesse<br />
„Psychotherapie ist e<strong>in</strong>e Bergwan<strong>der</strong>ung“<br />
Viele Patienten beschreiben ihre Probleme als e<strong>in</strong>en schroffen Berg, <strong>der</strong> sich unüberw<strong>in</strong>dbar<br />
vor ihnen auftürmt. Sie haben ke<strong>in</strong>en Plan, wie sie ihn bewältigen können, haben Angst vor<br />
den Gefahren des Aufstiegs, s<strong>in</strong>d mutlos <strong>und</strong> hoffnungslos. In diesem Fall können sie sich<br />
e<strong>in</strong>en Bergführer suchen, <strong>der</strong> sich im schwierigen Gelände auskennt. Mit ihm können sie<br />
e<strong>in</strong>e passende Route planen, Teilziele festlegen <strong>und</strong> sich über die erfor<strong>der</strong>liche Ausrüstung<br />
beraten. Er kann ihnen Techniken ver<strong>mit</strong>teln, wie sie H<strong>in</strong><strong>der</strong>nisse auf dem Weg überw<strong>in</strong>den<br />
können, er kann sie ermuntern <strong>und</strong> er kann sie e<strong>in</strong> Stück des Weges begleiten. E<strong>in</strong>es kann er<br />
jedoch nicht: sie auf den Berg h<strong>in</strong>auftragen, gehen müssen sie selbst. Dabei wird e<strong>in</strong> guter<br />
Bergführer sich ihrem Tempo anpassen <strong>und</strong> sie auf die Sehenswürdigkeiten am Wegesrand<br />
aufmerksam machen, so dass die Bergwan<strong>der</strong>ung zu e<strong>in</strong>er Herausfor<strong>der</strong>ung wird, die neue<br />
Erfahrungen erschließt <strong>und</strong> Spaß machen kann.<br />
Der Löwe <strong>und</strong> die Maus<br />
Es war e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>e Maus, die tanzte über e<strong>in</strong>en schlafenden Löwen <strong>und</strong> weckte ihn dadurch<br />
auf. Er ergriff sie <strong>mit</strong> se<strong>in</strong>en Tatzen, aber die Maus flehte: „Verzeih mir me<strong>in</strong>e<br />
Unvorsichtigkeit, <strong>und</strong> schenk mir me<strong>in</strong> Leben, ich will dir ewig dafür dankbar se<strong>in</strong>. Ich habe<br />
dich nicht stören wollen.“ Auf dieses Bitten h<strong>in</strong> schenkte ihr <strong>der</strong> Löwe großmütig die Freiheit<br />
<strong>und</strong> fragte, wie ihm wohl die Maus se<strong>in</strong>en Dank zeigen könnte. Kurze Zeit darauf fand die<br />
Maus den Löwen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Netz gefangen. Es eilte herbei <strong>und</strong> zernagte e<strong>in</strong>ige Knoten des<br />
Netzes, so dass <strong>der</strong> Löwe sich befreien konnte.<br />
W<strong>in</strong>d <strong>und</strong> Sonne<br />
In allen Fassungen <strong>der</strong> Fabel streiten sich W<strong>in</strong>d <strong>und</strong> Sonne, wer von den beiden <strong>der</strong> Stärkere<br />
sei. Sie e<strong>in</strong>igen sich, <strong>der</strong>jenige solle als <strong>der</strong> Stärkere angesehen werden, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Wan<strong>der</strong>er,<br />
<strong>der</strong> des Weges kommt, zuerst dazu br<strong>in</strong>gen kann, se<strong>in</strong>en Mantel abzulegen. Je stärker <strong>der</strong><br />
W<strong>in</strong>d bläst, desto fester hüllt sich <strong>der</strong> Wan<strong>der</strong>er <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Mantel, während es <strong>der</strong> Sonne<br />
schnell gel<strong>in</strong>gt, den Wan<strong>der</strong>er durch die Wärme ihrer Strahlen dazu zu br<strong>in</strong>gen, se<strong>in</strong>e<br />
Kleidung abzunehmen. Der W<strong>in</strong>d muss die Sonne als Sieger<strong>in</strong> des Wettbewerbs anerkennen.<br />
Die langen Löffel<br />
E<strong>in</strong> Rabbi bat Gott e<strong>in</strong>mal darum, den Himmel <strong>und</strong> die Hölle sehen zu dürfen. Gott erlaubte<br />
es ihm <strong>und</strong> gab ihm den Propheten Elia als Führer <strong>mit</strong>. Elia führte den Rabbi zuerst <strong>in</strong> die<br />
Hölle. Sie kamen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en großen Raum, <strong>in</strong> dessen Mitte auf dem Feuer e<strong>in</strong> Topf <strong>mit</strong> e<strong>in</strong>em<br />
köstlichen Gericht stand. Um den Topf herum saßen Leute <strong>mit</strong> lagen Löffeln <strong>und</strong> schöpften<br />
alle aus dem Topf. Aber die Leute sahen mager <strong>und</strong> elend aus. Denn die Stiele <strong>der</strong> Löffel<br />
waren viel zu lang, so dass die das Essen nicht <strong>in</strong> ihren M<strong>und</strong> br<strong>in</strong>gen konnten. Als die Beiden<br />
wie<strong>der</strong> draußen waren, fragte <strong>der</strong> Rabbi, welch e<strong>in</strong> Ort das gewesen war. Es war die Hölle.<br />
Darauf führte Elia den Rabbi <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em zweiten Raum, <strong>der</strong> genauso aussah wie <strong>der</strong> erste.<br />
Auch hier brannte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mitte e<strong>in</strong> Feuer <strong>mit</strong> e<strong>in</strong>em großen Topf herrlicher Speisen. Und<br />
auch hier saßen r<strong>in</strong>gsherum Leute <strong>mit</strong> den gleichen langen Löffeln <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hand. Aber sie<br />
41
waren gut genährt <strong>und</strong> glücklich. „Weshalb s<strong>in</strong>d diese Menschen wohlgenährt <strong>und</strong> die im<br />
letzten Raum so abgemagert?“, fragte <strong>der</strong> Rabbi. „Ganz e<strong>in</strong>fach“, antwortete Elia, „diese<br />
Menschen hier <strong>in</strong> diesem Raum nutzen die langen Löffel, um sich gegenseitig zu essen zu<br />
geben“. Dieser Raum war <strong>der</strong> Himmel.<br />
Vom Sämann<br />
1 An demselben Tage g<strong>in</strong>g Jesus aus dem Hause <strong>und</strong> setzte sich an das Meer. 2 Und es<br />
versammelte sich viel Volks zu ihm, also dass er <strong>in</strong> das Schiff trat <strong>und</strong> saß, <strong>und</strong> alles Volk<br />
stand am Ufer. 3 Und er redete zu ihnen mancherlei durch Gleichnisse <strong>und</strong> sprach: Siehe, es<br />
g<strong>in</strong>g e<strong>in</strong> Säemann aus, zu säen. 4 Und <strong>in</strong>dem er säte, fiel etliches an den Weg; da kamen die<br />
Vögel <strong>und</strong> frassen's auf. 5 Etliches fiel <strong>in</strong> das Ste<strong>in</strong>ige, wo es nicht viel Erde hatte; <strong>und</strong> g<strong>in</strong>g<br />
bald auf, darum dass es nicht tiefe Erde hatte. 6 Als aber die Sonne aufg<strong>in</strong>g, verwelkte es, <strong>und</strong><br />
dieweil es nicht Wurzel hatte, ward es dürre. 7 Etliches fiel unter die Dornen; <strong>und</strong> die Dornen<br />
wuchsen auf <strong>und</strong> erstickten's. 8 Etliches fiel auf gutes Land <strong>und</strong> trug Frucht, etliches<br />
h<strong>und</strong>ertfältig, etliches sechzigfältig, etliches dreißigfältig. 9 Wer Ohren hat zu hören, <strong>der</strong><br />
höre! Matthäus -‐ Kapitel 13<br />
Der Baum<br />
E<strong>in</strong>gestreute direkte Suggestionen s<strong>in</strong>d kursiv gedruckt.<br />
Kaum zu glauben, wie aus w<strong>in</strong>zigen Samen, starke <strong>und</strong> mächtige Bäume werden. Keime,<br />
welche passende Bed<strong>in</strong>gungen f<strong>in</strong>den. Ihr Wachstum kann nicht mehr aufgehalten werden.<br />
Am Anfang profitieren die zarten Pflänzchen von dem Schutz, den ältere ausgewachsene<br />
Bäume bieten, vor übermäßiger Sonne o<strong>der</strong> starkem W<strong>in</strong>d. Die Stämme s<strong>in</strong>d anfangs flexibel<br />
<strong>und</strong> biegsam, so dass sie sich entspannt im W<strong>in</strong>d wiegen können <strong>und</strong> selbst starken Stürmen<br />
stand halten. Und Jahr für Jahr bekommt die R<strong>in</strong>de e<strong>in</strong>e neue Schicht. Sie werden im<br />
standhafter <strong>und</strong> selbstbewusster. Die raue Schale <strong>der</strong> Bäume verbirgt die Schicht, <strong>in</strong> <strong>der</strong> die<br />
Nährstoffe nach oben wan<strong>der</strong>n, das würde man nicht vermuten. Ihre Krone wächst weiter<br />
<strong>und</strong> weiter <strong>in</strong> den Himmel. Sie werden immer vollständiger <strong>und</strong> reifer. Und die Wurzeln<br />
dr<strong>in</strong>gen tiefer, bis <strong>in</strong> Schichten, wo sie sich nähren können, auch wenn es trocken ist. Fe<strong>in</strong>e<br />
Wurzeln durchdr<strong>in</strong>gen selbst Felsen <strong>und</strong> während r<strong>in</strong>gs herum alles verdorrt saugen sie<br />
Wasser <strong>und</strong> Nährstoffe aus <strong>der</strong> Tiefe <strong>der</strong> Erde. Bäume werden jedes Jahr älter. Sie werden<br />
unmerklich vielschichtiger, sche<strong>in</strong>bar ganz von alle<strong>in</strong>e <strong>und</strong> bieten irgendwann selbst Schutz<br />
etwa jungen Bäumen, die <strong>in</strong> ihrem W<strong>in</strong>dschatten wachsen, aber auch Tieren <strong>und</strong> Menschen.<br />
Und wenn Bäumen durch e<strong>in</strong> Unwetter e<strong>in</strong> Ast abbricht, dauert es se<strong>in</strong>e Zeit bis diese Lücke<br />
sich schließt. Jedoch: Sie haben die Kraft sich zu regenerieren. So verän<strong>der</strong>n Bäume ihr<br />
Gesicht, denn ke<strong>in</strong> Ast gleicht dem an<strong>der</strong>en. Dennoch behält e<strong>in</strong> je<strong>der</strong> Baum se<strong>in</strong>en<br />
Charakter. Vielleicht das <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong> dafür, dass Sie so voller Selbstvertrauen <strong>und</strong> Gelassenheit<br />
<strong>in</strong> die Zukunft blicken können.<br />
Anekdote<br />
Folgende Geschichte spiegelt Ericksons Überzeugung wi<strong>der</strong>, dass man dem Unbewussten<br />
vertrauen kann <strong>und</strong> es zur rechten Zeit die angemessene Reaktion hervorbr<strong>in</strong>gt:<br />
42
Viele Leute waren besorgt, weil ich schon vier Jahre alt war <strong>und</strong> immer noch<br />
nicht sprach. Ich hatte e<strong>in</strong>e Schwester, zwei Jahre jünger als ich <strong>und</strong> die sprach.<br />
Und sie spricht immer noch, aber gesagt hat sie eigentlich nichts. Viele Leute<br />
waren sehr besorgt, weil ich als Vierjähriger nicht sprach. Me<strong>in</strong>e Mutter sagte<br />
ganz ruhig: "Wenn die Zeit kommt, wird er sprechen." (Rosen, 1985, S. 61)<br />
Motivationsrede Steve Jobs (2005)<br />
Nachdem Steve Jobs se<strong>in</strong> Unistudium geschmissen hatte, hat er als Gasthörer an e<strong>in</strong>em<br />
Kalligraphiesem<strong>in</strong>ar teilgenommen: „Ich habe Serifen-‐ <strong>und</strong> serifenlose Schriften<br />
kennengelernt <strong>und</strong> gesehen, wie <strong>der</strong> Platz zwischen verschiedenen Buchstaben je nach<br />
Buchstabe variiert. Ich habe ganz e<strong>in</strong>fach erfahren, was großartige Typographie ausmacht.<br />
(...) Zu dem Zeitpunkt hatte ich nicht den Hauch e<strong>in</strong>er Hoffnung, dass ich dieses Wissen<br />
irgendwann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>mal praktisch anwenden könnte. Doch dann, als wir zehn Jahre später den<br />
ersten Mac<strong>in</strong>tosh-‐Computer designt haben, habe ich mich plötzlich an alles er<strong>in</strong>nert. Und wir<br />
haben alles <strong>in</strong> den Mac <strong>in</strong>tegriert. Es war <strong>der</strong> erste Computer, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>e schöne Typographie<br />
hatte. Und wenn ich nicht zufällig dieses e<strong>in</strong>e Sem<strong>in</strong>ar an <strong>der</strong> Uni besucht hätte, gäbe es<br />
beim Mac ke<strong>in</strong>e verschiedenen Schriftarten <strong>und</strong> proportional stimmige Leerräume zwischen<br />
den Buchstaben. Und da W<strong>in</strong>dows den Mac ja kopiert hat, ist es wahrsche<strong>in</strong>lich, dass gar<br />
ke<strong>in</strong> Computer diese hätte. Wenn ich die Uni nicht geschmissen hätte, hätte ich nie dieses<br />
Kalligraphiesem<strong>in</strong>ar besucht <strong>und</strong> Computer hätten vielleicht nicht die schöne Typographie,<br />
die sie jetzt haben. Natürlich war es völlig unmöglich, diese Ereignisse auf diese Art zu<br />
verb<strong>in</strong>den, als ich an <strong>der</strong> Uni war <strong>und</strong> <strong>in</strong> die Zukunft blickte. Aber es war sehr, sehr klar, als<br />
ich zehn Jahre später zurück blickte. Ich sage es noch e<strong>in</strong>mal: E<strong>in</strong>zelne Ereignisse ergeben<br />
ke<strong>in</strong>en Zusammenhang, wenn man <strong>in</strong> die Zukunft blickt. Das tun sie nur im Rückblick. – Also<br />
musst du e<strong>in</strong>fach darauf vertrauen, dass sich die e<strong>in</strong>zelnen Ereignisse irgendwie <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Zukunft zusammenfügen.“<br />
Großes Glück – großes Pech<br />
E<strong>in</strong> alter Ch<strong>in</strong>ese lebte <strong>mit</strong> se<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>zigen Sohn e<strong>in</strong>st <strong>in</strong> e<strong>in</strong>fachen Verhältnissen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
kle<strong>in</strong>en Dorf. Er besaß gerade mal e<strong>in</strong> Pferd <strong>mit</strong> dem er se<strong>in</strong>en Acker bestellte. E<strong>in</strong>es Tages<br />
lief das Pferd weg. Da kamen die Nachbarn herbeigelaufen <strong>und</strong> bedauerten den alten Mann:<br />
„Wie willst Du nun De<strong>in</strong>e Waren auf den Markt <strong>in</strong> die Stadt br<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> De<strong>in</strong> Feld<br />
bestellen?“ Der alte Mann schüttelte lediglich den Kopf <strong>und</strong> sagte: „Großes Pech – großes<br />
Glück, großes Glück – großes Pech. E<strong>in</strong> paar Tage später war e<strong>in</strong>e Staubwolke im Tal zu<br />
sehen, dann bebte <strong>der</strong> Boden. Angeführt vom Pferd des Ch<strong>in</strong>esen kam e<strong>in</strong>e ganze Herde<br />
Wildpferde herbeigelaufen <strong>und</strong> rannten schnurstracks <strong>in</strong> die Koppel des alten Ch<strong>in</strong>esen.<br />
Wi<strong>der</strong> kamen die Nachbarn herbeigelaufen <strong>und</strong> riefen aufgeregt <strong>und</strong> neidisch: „So e<strong>in</strong> Glück,<br />
wo<strong>mit</strong> hast Du das verdient, jetzt bist Du <strong>der</strong>jenige <strong>der</strong> die meisten Pferde besitzt!“ Der alte<br />
Mann wackelte lediglich <strong>mit</strong> dem Kopf <strong>und</strong> sagte: „Großes Glück-‐ großes Pech – großes Pech<br />
– großes Glück.“ Die Pferde mussten zugeritten werden, was <strong>der</strong> Sohn des Alten übernahm.<br />
E<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>s wildes Pferd warf ihn jedoch ab, wobei er sich beide Arme traf. Wie<strong>der</strong> kamen<br />
die Nachbarn herbeigelaufen <strong>und</strong> fragten sche<strong>in</strong>heilig: „Du armer Mann, wie willst Du alle<strong>in</strong><br />
die ganzen Pferde versorgen, jetzt wo dir de<strong>in</strong> Sohn nicht mehr helfen kann. Du bist nicht zu<br />
bedauern.“ Da gab <strong>der</strong> alte Mann zu bedenken: „Großes Pech – großes Glück, großes Glück –<br />
großes Pech.“ Kurze Zeit später brach Krieg im Land aus <strong>und</strong> die Truppen des Kaisers zogen<br />
durchs Dorf, alle junge Männer nahmen sie <strong>mit</strong> als Soldaten, etliche sollten im Krieg fallen,<br />
43
nur den Sohn des alten Ch<strong>in</strong>esen <strong>mit</strong> se<strong>in</strong>en gebrochenen Armen nicht. Und wie<strong>der</strong> kamen<br />
die Dorfbewohner herbeigelaufen: „Du bist <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zige dem sie den Sohn gelassen haben,<br />
wie ungerecht ist das Leben, was für e<strong>in</strong> Glückspilz bist Du doch.“ Was <strong>der</strong> alte <strong>und</strong> weise<br />
Ch<strong>in</strong>ese geantwortet hat… ich b<strong>in</strong> sicher sie können es vermuten…<br />
Der Weg<br />
Wenn man von e<strong>in</strong>em Ort zum an<strong>der</strong>en möchte, macht man sich oft genug Gedanken<br />
welchen Weg man nehmen soll. Wobei manche Leute me<strong>in</strong>en „Alle Wege führen nach<br />
Rom“. Wege unterscheiden sich. Manche führen durch liebliche Landschaften, an<strong>der</strong>e<br />
wie<strong>der</strong>um durch e<strong>in</strong>tönige Gebiete. Auch die Beschaffenheit <strong>der</strong> Wege ist immer an<strong>der</strong>s.<br />
Manche s<strong>in</strong>d gut ausgebaut, man kommt schnell voran, bekommt aber kaum etwas <strong>mit</strong>, von<br />
dem was am Wegrand zu entdecken ist. Natürlich kann man e<strong>in</strong>en befestigten Weg ab <strong>und</strong><br />
zu verlassen <strong>und</strong> sich abseits von ausgetretenen Pfaden durch das Unterholz schlagen. Das<br />
ist abenteuerlich <strong>und</strong> oft e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zigartiges Naturerlebnis, birgt aber die Gefahr, dass man die<br />
Orientierung verliert <strong>und</strong> sich im Kreis bewegt. Manche Wan<strong>der</strong>er s<strong>in</strong>d dafür ausgerüstet<br />
<strong>und</strong> haben e<strong>in</strong>en Kompass dabei, um sich im unbekannten Gelände zu orientieren, an<strong>der</strong>e<br />
können aus <strong>der</strong> Natur die Himmelsrichtungen lesen, orientieren sich an Sternen <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
Sonne o<strong>der</strong> an den Stämmen <strong>der</strong> Bäume, da sie wissen, dass die bemooste Seite nach<br />
Norden zeigt. Manche haben auch e<strong>in</strong>en Führer dabei <strong>der</strong> sich auskennt im Gelände <strong>und</strong> den<br />
Weg weist. E<strong>in</strong>es ist allerd<strong>in</strong>gs zu bedenken: den Weg gehen muss man selbst. Natürlich ist<br />
es von Vorteil Proviant <strong>und</strong> gute Schuhe dabei zu haben wenn man <strong>in</strong> <strong>der</strong> Natur unterwegs<br />
ist. Vielleicht ist es die bequemere <strong>und</strong> schnellere Art zu reisen, wenn man sich gut<br />
ausgebauten Straßen anvertraut, dort f<strong>in</strong>det man auch eher Gasthäuser, die zum Ausruhen<br />
e<strong>in</strong>laden o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Mitreisenden, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong> Stück des Wegs begleitet. Aber ist es immer<br />
wichtig von e<strong>in</strong>em Ort zum an<strong>der</strong>en zu hetzen? E<strong>in</strong>e alte Weisheit lautet: „Der Weg ist das<br />
Ziel“. Trotzdem wird dem Wan<strong>der</strong>er die Entscheidung für den e<strong>in</strong>en o<strong>der</strong> den an<strong>der</strong>en Weg<br />
nicht abgenommen. Und wie oft steht man an e<strong>in</strong>er Gabelung <strong>und</strong> überlegt ob <strong>der</strong> rechte<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong> l<strong>in</strong>ke Weg <strong>der</strong> Rechte ist. Aber die Entscheidung ist nicht endgültig denn wenn man<br />
den rechten Weg gewählt hat kann man bei <strong>der</strong> nächsten Gabelung den l<strong>in</strong>ken Wählen <strong>und</strong><br />
dann kommt es fast auf das Gleiche raus, wie wenn man den l<strong>in</strong>ken Weg genommen hätte<br />
um bei <strong>der</strong> nächsten Gelegenheit rechts abzubiegen. Vielleicht führen doch alle Wege nach<br />
Rom? Wie herrlich ist doch das Gefühl auf e<strong>in</strong>er Anhöhe zu stehen <strong>und</strong> auf den Weg<br />
zurückzublicken den man schon gemacht hat. Dann kann man stolz nach vorne blicken <strong>und</strong><br />
neugierig den Weg, <strong>der</strong> noch vor e<strong>in</strong>em liegt, erforschen. Überhaupt ist etwas daran, „auf<br />
<strong>der</strong> Reise zu se<strong>in</strong>“, neue E<strong>in</strong>drücke aufzunehmen um sie <strong>in</strong>nerlich <strong>mit</strong> Bekanntem zu<br />
vergleichen. Ke<strong>in</strong>e Reise ist so wie die an<strong>der</strong>e <strong>und</strong> manch e<strong>in</strong>en hat das Reisen so begeistert,<br />
dass er se<strong>in</strong> Ziel nie erreichte, o<strong>der</strong> nach Erreichen des Zieles gleich die nächste Reise antrat.<br />
Aber das ist e<strong>in</strong>e Entscheidung, die sie für sich selber fällen müssen. (nach <strong>Clemens</strong> <strong>Krause</strong>)<br />
44