Hilfsgerüst zum Thema: Das Geliebtwerden - William J. Hoye
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8 Die Philosophie Josef Piepers<br />
• „«[E]inen Menschen lieben» heißt nicht wünschen,<br />
daß er frei von jeder Beschwernis leben, sondern daß<br />
es in Wahrheit gut um ihn bestellt sein möge.“ 28<br />
• Solche Unerbittlichkeit gehört auch zur Liebe Gottes.<br />
– „Und obwohl uns, vordergründig betrachtet, ein<br />
«greiser Wohlmeiner», der «gerne sieht, wenn<br />
die jungen Leute sich amüsieren» 29 , durchaus<br />
nach dem Geschmack sein würde, so wissen wir<br />
dennoch sehr wohl, daß die alles umgreifende<br />
Liebe dessen, der will, daß es um die Welt<br />
und den Menschen ganz und gar gut bestellt<br />
sei, nicht von dieser Art sein kann. Und wenn<br />
auch der gelegentliche Wunsch nicht völlig unbegreiflich<br />
ist, «Gott möchte uns ein weniger<br />
großartiges und weniger mühsames Schicksal<br />
bestimmt haben», so täuschen wir uns doch im<br />
Innersten nicht darüber, daß wir uns dann «nicht<br />
mehr Liebe, sondern weniger Liebe» wünschen 30 .<br />
[. . . ] Dies bedeutet alles miteinander nichts anderes<br />
als daß es für das menschliche Denken<br />
niemals völlig «aus der Welt» gewesen zu sein<br />
scheint, daß, wie die Mystiker sagen, die göttliche<br />
Liebe «tausendmal strenger und härter»<br />
sein könne als seine Gerechtigkeit 31 . Und wenn<br />
es wirklich wahr ist, daß unsere sehr konkreten<br />
Vorstellungen von der Liebe [<strong>zum</strong> Freunde,<br />
zur Geliebten, zu Sohn und Tochter] tatsächlich<br />
mitgeformt sind durch die dem «Tagesbewußtsein»<br />
vielleicht verborgene Anwesenheit<br />
eines schlechthin universalen Richtmaßes «Liebe»<br />
– dann kann es nicht eigentlich überraschen,<br />
die gleiche gespannte Fügung, welche Bejahung<br />
und Anspruch zu einer Einheit verknüpft, in der<br />
ganz irdischen menschlichen Liebe wiederzufinden.<br />
<strong>Das</strong> heilige Buch der Christenheit spricht<br />
einfach eine tatsächlich jedermann vertraute Erfahrung<br />
aus: Die Bastarde werden verwöhnt,<br />
aber die Söhne nimmt man in Zucht 32 .“ 33<br />
28<br />
Josef Pieper, Über die Liebe (München: Kösel, 7. Auflage 1992)<br />
[= Schriften, Bd. 4, 296–414], 71.<br />
29<br />
C. S. Lewis, Über den Schmerz. S. 39<br />
30<br />
Ebd. S. 42<br />
31<br />
Georges Bernanos, Die Freude. 2. Aufl. Köln–Olten 1953. S. 46<br />
32<br />
«Seid ihr aber ohne Züchtigung, so seid ihr Bastarde und nicht Söhne».<br />
Hebr. 12, 8<br />
33<br />
Josef Pieper, Über die Liebe (München: Kösel, 7. Auflage 1992)<br />
[= Schriften, Bd. 4, 296–414], 73–74.