Weihnachtszeitung 2012 - Friedrich-Rittelmeyer-Haus
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Die Weihnachtsverkündigung …<br />
…„Friede auf Erden“ geht nicht schon<br />
dadurch in Erfüllung, dass irgendwo die<br />
Kriegshandlungen eingestellt werden. Sie<br />
ist an Voraussetzungen geknüpft. Nicht<br />
nur, dass die nächsten Worte die Einschränkung<br />
enthalten: „den Menschen,<br />
die eines guten Willens sind“. Vor allem<br />
setzt der Friede, von dem die Engel zu<br />
den Hirten sprachen, voraus, dass sich<br />
zuvor das Göttliche in den Höhen offenbart:<br />
„Gloria in Excelsis“. Echter Friede<br />
kann nur darin bestehen, dass sich in<br />
das Menschenwesen etwas hereinsenkt,<br />
was aus den Weltenhöhen stammt. Friede<br />
ist der Zustand der Seele, die das sich<br />
offenbarende Göttliche in sich aufgenommen<br />
hat.<br />
Denken wir an die Bilder, die in unserer<br />
Kindheit zu Weihnachten unsere Seele<br />
erfüllten: das Kind in der Krippe zu<br />
Bethlehem. Ein zauberhafter Schimmer<br />
geht von diesem Kind aus, als ob in ihm<br />
eine Sonne leuchtete. Und diese herrlichgeheimnisvolle<br />
Lichtquelle bewirkt, dass,<br />
von der Welt unbemerkt, eine wunderbar<br />
geordnete Figur entsteht. Die Menschheit<br />
gruppiert sich um die Krippe. Da<br />
sind die Könige, da sind aber auch die<br />
Hirten. Da sind Josef und Maria. Und<br />
es tauchen im Umkreise, wie uns die<br />
Weihnachtsspiele zeigen, noch weitere<br />
Gestalten auf: die hartherzigen Wirte,<br />
die dem Kinde keine Herberge geben<br />
wollen; der gute Wirt, der Maria und<br />
Josef mit seiner Laterne in den Stall geleitet.<br />
Es fehlen aber auch die Schatten<br />
des Lichtes nicht: die gespensterhaften<br />
schwarzen Gestalten, dazu Herodes, der<br />
den Kindermord inszeniert. Um das Licht<br />
in der Krippe entsteht eine Figur aus<br />
Reich und Arm, Mann und Weib, Alt und<br />
Jung, Böse und Gut. Es offenbart sich<br />
ein ähnliches Gesetz wie später, wenn<br />
sich um den zum Manne Herangewachsenen<br />
die zwölf Apostel versammeln und<br />
eine Figur bilden, die zeigt, dass hier die<br />
ganze Menschheit in ihrer umfassenden,<br />
weltumspannenden Fülle vertreten ist.<br />
Wie ist die ordnende Kraft, die von der<br />
Lichtquelle im Bethlehem-Stalle ausgeht,<br />
zu erklären? Über dem irdisch-menschlichen<br />
Geschehen, das hier in aller Unscheinbarkeit<br />
vor sich geht, ereignet sich<br />
in den höheren Stockwerken der Welt<br />
noch etwas anderes. In fernen Ländern<br />
sind die Könige, indem sie zu den Sternen<br />
aufblickten, darauf aufmerksam<br />
geworden, dass etwas bevorsteht. Und<br />
die Hirten sind erwürdigt, in der dunklen<br />
Nacht mit ihren traum-umfangenen Seelen<br />
in das hineinzuschauen, was sich im<br />
überirdischen Gebiet abspielt. Sie sehen<br />
die Gloria, die Offenbarungshelligkeit der<br />
aufgehenden Geistes-Sonne über ihren<br />
Häuptern. Um das Licht runden sich<br />
die Kreise aller himmlischen Heerscharen.<br />
Ihre harmonischen Ordnungen und<br />
Figuren sind es, die sich in die schlichten<br />
menschlichen Gruppierungen unten auf<br />
der Erde hereinspiegeln. Himmelsordnungen<br />
strahlen in das Menschendasein<br />
herein, als die Christuswesenheit, die<br />
geistige Sonne, offenbarend herannahte,<br />
um in die irdische Welt einzuziehen.<br />
Deshalb wohnt Friede unter den Menschen,<br />
die eines guten Willens sind: weil<br />
die ordnende Sonne der Offenbarung<br />
darüber erstrahlt.<br />
aus: Emil Bock, Der Kreis der Jahresfeste