Michaeli Zeitung - Friedrich-Rittelmeyer-Haus
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<strong>Michaeli</strong><br />
2011<br />
<strong>Zeitung</strong> im<br />
<strong>Friedrich</strong>-<strong>Rittelmeyer</strong>-<br />
<strong>Haus</strong>
2<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Liebe Bewohner, Angehörige, Mitarbeiter,<br />
mit dieser <strong>Zeitung</strong> zu <strong>Michaeli</strong> 2011 begrüßen wir Sie nach dem Umzug im Neubau<br />
des <strong>Friedrich</strong>-<strong>Rittelmeyer</strong>-<strong>Haus</strong>es ganz herzlich!<br />
Wir schreiben diese Zeilen mit „Zittern und Zagen“ und in der Hoffnung, dass alles<br />
gut gehen möge!<br />
Wenn Sie diese Zeilen lesen, werden wir diese große Anstrengung – den Umzug –<br />
hinter uns haben. Beginnen wird die Einarbeitung, das sich vertraut machen mit den<br />
neuen Verhältnissen. Alles muss neu eingeübt werden, nichts liegt da, wo es immer<br />
lag, immer wieder muss ich mich neu orientieren.<br />
Wir wünschen Ihnen von Herzen, dass Sie diese Herausforderung gut bewältigen<br />
und dass dieses schöne <strong>Haus</strong> möglichst schnell von Ihnen als Ihr neues „Zuhause“<br />
angenommen werden kann.<br />
Herzliche Grüße von<br />
Thomas Kuhn Rembert Rauchbach<br />
Seite<br />
<strong>Michaeli</strong>szeit (Bild1: Frau Goldenbow) 3<br />
Gedicht 4<br />
Unsere Wochentage: Mittwoch, Donnerstag 5<br />
Abschied und Willkommen 8<br />
Herzlichen Glückwunsch 13<br />
Wir begrüßen im <strong>Friedrich</strong>-<strong>Rittelmeyer</strong>-<strong>Haus</strong> 14<br />
Menschen, die von uns gegangen sind 14<br />
Gedanken bei dem Fall der Blätter im Herbst 15<br />
Der neue Heimbeirat im Jahr 2011 16<br />
Lyrikkreis: Bedeutung – Methodik – Resonanzen 17<br />
Wie wollen wir das neue <strong>Haus</strong> einweihen 18<br />
Veranstaltungen im <strong>Friedrich</strong>-<strong>Rittelmeyer</strong>-<strong>Haus</strong> 19<br />
Regelmäßige Veranstaltungen im <strong>Friedrich</strong>-<strong>Rittelmeyer</strong>-<strong>Haus</strong> 20<br />
Impressum 18
<strong>Michaeli</strong>szeit<br />
Aus: <strong>Friedrich</strong> <strong>Rittelmeyer</strong> „Das Heilige Jahr“ (1930)<br />
Oft werden wir gefragt: Wie könnt ihr<br />
so sicher vom Erzengel Michael reden?<br />
Das verstehen wir nicht. Ist es möglich,<br />
zu einem sicheren Erleben des Erzengels<br />
Michael zu kommen?<br />
Die Antwort darauf kann nur sein: Erleben<br />
wir zunächst einmal die Jahreszeit<br />
wirklich, in der wir stehen! Manches<br />
menschliche Erleben kann der Mensch<br />
am allerbesten im Herbst haben.<br />
Er bringt seine Seele um das, was ihr<br />
zugedacht ist von der göttlichen Führung<br />
ihres Lebens, wenn er stumpfsinnig<br />
in die gewärmte Stube kriecht, wenn er<br />
auf seine Seele nicht auch den Herbst<br />
voll wirken lässt.<br />
Gehen wir jetzt hinaus in die Natur, so<br />
können wir uns der ungeheuren lähmenden<br />
Traurigkeit kaum erwehren, die sich<br />
unser bemächtigen will.<br />
Von allen Seiten kriecht es heran, als ob<br />
es uns umbringen wolle.<br />
Wir sehen die Stoppeln auf dem Feld –<br />
und es ist uns, als stächen sie uns ins<br />
Herz. Wir sehen die fallenden Blätter –<br />
und irgend etwas in uns erschrickt. Wir<br />
sehen den Blumenflor von den Wiesen<br />
und Gärten verschwinden, wir sehen die<br />
Vögel in den Lüften dahinziehen – es tut<br />
uns weh in Seelengründen, die wir selbst<br />
nicht kennen. Wir sehen die Finsternis<br />
morgens und abends immer weiter am<br />
Sonnenlicht fressen – und ein unheimliches<br />
Gefühl der Angst dringt gegen<br />
uns heran. Tief melancholisch will der<br />
Mensch werden, wenn er wachend in<br />
den Herbst geht. …<br />
Mit der ganzen Menschheit der erdrückenden<br />
Tatsache der allgemeinen Vergänglichkeit<br />
ins Auge schauen, das heißt<br />
den Menschen erleben!<br />
Das führt dann auch dazu, Michael zu<br />
erleben. Was sich in uns regt, wenn wir<br />
der Vergänglichkeit in ihre tausend Au-<br />
3
4<br />
gen schauen, was sich in uns regt an<br />
Todestrotzkraft – das ist Michael! Oder<br />
sagen wir bescheiden: das ist die Kraft,<br />
durch die wir das Organ für Michael<br />
bekommen. Tu mir, was du willst und<br />
kannst, Welt der Vernichtung! Nimmermehr<br />
erreichst du mein wirkliches Wesen!<br />
Nimmermehr tötest du mein wahres<br />
Ich! Was so spricht in uns, das ist schon<br />
die Stimme Michaels. Ein Höheres hält<br />
uns. Ein Höherer spricht in uns.<br />
Aber in keinem Menschen kann sich<br />
Michael so erheben, ohne dass ihn Chris-<br />
Von Michael, dem Erzengel<br />
Wodurch ist denn die Erde so reich und so schön,<br />
womit ist denn die Erde so herrlich erfüllt,<br />
womit ist denn die Erde so leuchtend bedeckt?<br />
Mit den Tempeln Gottes ist die Erde geschmückt,<br />
mit der Gnade Gottes ist die Erde erfüllt,<br />
und bedeckt ist die Erde mit Edelstein-Glanz.<br />
Und es strömt durch die Erde ein Feuerstrom,<br />
und auf diesem Strom, dem Feuer-Wallenden,<br />
da fährt der große Fährmann Michael, der Fürst.<br />
Da führt er die Seelen aller Aufrichtigen<br />
durch den feurigen Strom zu dem Tore des Lichts,<br />
zu dem klaren, himmlischen Vorhof der Sonne,<br />
Zu Abrahams, Isaaks und Jakobs Thron<br />
Und zu Christus dem ewigen Himmels-Walter.<br />
Und da klingen und singen die Stimmen der Engel,<br />
und da hallen die Lieder der Cherubim.<br />
(aus dem Russischen)<br />
tus berührt hätte. Ostern muss irgendwie<br />
gewesen sein, wenn <strong>Michaeli</strong>s kommen<br />
soll. Auferstehung muss mit ihrem Hauch<br />
uns gestreift haben, wenn Triumph<br />
erwachen soll. Ein Teil von Christus ist<br />
Michael. Nicht der ganze Christus, aber<br />
seine Schwertgewalt. Gerade im Herbst<br />
kämpft Christus durch Michael gegen<br />
den Tod. Unser Herz ist das Schlachtfeld.<br />
…<br />
Er (Michael) holt aus den Menschherzen<br />
die freie Kraft, durch die das Irdische den<br />
Sieg des Himmels empfängt.
Unsere Wochentage:<br />
Mittwoch<br />
Im alltäglichen Leben<br />
fällt es uns meist gar<br />
nicht auf, was für einen<br />
nüchternen, geradezu<br />
statistischen Namen<br />
die deutsche Sprache<br />
diesem Wochentag gibt: Mitte der<br />
Woche, natürlich ab Sonntag gezählt.<br />
Ganz anders die romanischen Sprachen.<br />
Sie ordnen diesen Tag dem Planetengott<br />
Merkur zu: dies mercurii / Tag des<br />
Merkur (lat.), mercredi (frz.), miércoles<br />
(span.). Und im Englischen „wednesday“<br />
finden wir Wodan, den germanischen<br />
„Bruder“ Merkurs.<br />
Von der Mitte der Woche aus alle Tage<br />
gleichermaßen überschauen können –<br />
dieser Platz ist dem Merkur tatsächlich<br />
sehr angemessen. Kontaktfreudig ist er<br />
und von schneller Auffassungsgabe, er<br />
analysiert und kombiniert rasch und vorurteilslos,<br />
eignet sich leicht Wissen und<br />
auch andere Güter an – und gibt alles<br />
genauso gern weiter, manchmal sogar<br />
unabhängig davon, ob es ihm wirklich<br />
gehört. Ein heiter-charmanter Meister<br />
des Austauschs, dem man gelegentlich<br />
Ziel und Grenzen setzen muss.<br />
Die Mythologie erzählt uns, dass er<br />
schon als Säugling kreativen Schabernack<br />
trieb, das Eigentum anderer versteckte<br />
(oder stahl?), aber dann aus<br />
einem leeren Schildkrötenpanzer die<br />
erste Leier baute und alle mit der zarten<br />
Musik bezauberte.<br />
In unserem Sonnensystem steht der Planet<br />
Merkur der Sonne am nächsten und<br />
hat damit auch die kürzeste Umlaufzeit<br />
(116 Tage). Öfter als jeder andere kann<br />
er also seine Planetengeschwister grüßen<br />
und ihnen - mythologisch gesprochen -<br />
die Botschaften der Götter bringen. Die<br />
Beziehungen, die er so zwischen „oben“<br />
und „unten“ schafft, sind nicht einseitig:<br />
er trägt auch die Gebete und Opfer,<br />
die Klagen und Tränen der Menschen zu<br />
Gott und geleitet die Seelen der Verstorbenen<br />
ins Jenseits.<br />
Das sind übrigens Aufgaben, die im<br />
Christentum oft mit dem Erzengel<br />
Michael verbunden werden.<br />
Was heißt das alles nun für unseren<br />
„Mittwoch“?<br />
Kurz gesagt: kein Tag eignet sich besser<br />
für Kontakt und Meinungsaustausch.<br />
Viele Gruppen, die ein gemeinsames Projekt<br />
befördern wollen, wissen oder ahnen<br />
das. Selbst unser Bundeskabinett tagt<br />
am Mittwoch – zufällig?<br />
Die Idee, die wir am Sonntag hatten, am<br />
Montag dann mit seelischer Behutsamkeit<br />
zum ersten Mal in die Alltagsrealität<br />
führten, ihr am Dienstag mit willensstarker<br />
Tatkraft Widerstände aus dem Weg<br />
räumte – nun ist es Zeit, sie in einem<br />
neuen Licht zu sehen und einzuordnen,<br />
andere dafür zu interessieren und ihre<br />
Meinung zu hören. Allerdings ist es<br />
gut, wenn einer Ziel und Grenzen dieses<br />
Austauschs im Auge behält – zu leicht<br />
kommen wir sonst „vom Hundertsten ins<br />
Tausendste“.<br />
Das erinnert an das Quecksilber, das passenderweise<br />
als Metall dem Merkur zugeordnet<br />
ist: blitzschnell teilt sich so ein<br />
Tropfen in immer kleinere Kügelchen,<br />
5
6<br />
die sich ebenso schnell wieder miteinander<br />
verbinden, wenn wir sie (vorsichtig!)<br />
zusammenführen. Heute wissen wir, dass<br />
das auch gefährlich ist.<br />
Kleine Kügelchen hat auch das dem<br />
Merkur zugeordnete Getreide: die Hirse.<br />
Springlebendig sind sie, gänzlich ungefährlich<br />
und recht wohlschmeckend.<br />
Sehr gut zum Mittwoch passt dieses<br />
leichte, bekömmliche Getreide und hilft<br />
mit seiner gespeicherten Wärme, Verhärtungen<br />
und Erstarrungen in uns zu<br />
lösen. Recht lästig ist es nur, wenn Ihnen<br />
eine Tüte davon aus der Hand fällt, und<br />
Tausende dieser Körnchen in alle Ecken<br />
und Ritzen rollen.<br />
Treffen wir uns also am Mittwoch zu<br />
einem freundlichen Gespräch, tauschen<br />
unsere Meinungen aus und lernen voneinander.<br />
Vielleicht haben Sie aber auch<br />
Freude daran, eine Kleinigkeit zu verschenken<br />
- einfach nur so? Als ich kürzlich<br />
auf die Idee kam, einige Cent – einfach<br />
nur so - mitten auf den Bürgersteig<br />
zu legen, als Geschenk für „Unbekannt“,<br />
hat mich das richtig fröhlich gestimmt!<br />
Und sollte Ihnen ein ähnlicher Gedanke<br />
an einem anderen Tag als Mittwoch<br />
kommen – Merkur hat ganz bestimmt<br />
nichts dagegen, sondern bringt Ihnen<br />
nächstens ein Geschenk von der Sonne<br />
mit …<br />
Donnerstag<br />
Hören Sie in diesem Namen<br />
noch das Grollen des germanischen<br />
Gottes Donar?<br />
Sein anderer Name „Thor“<br />
findet sich z.B. im Engli-<br />
schen „thursday“, während in den romanischen<br />
Sprachen dieser Tag nach dem<br />
hohen Planetengott Jupiter benannt<br />
wird: dies jovis (lat.), jeudi (franz.), giovedi<br />
(ital.).<br />
Schauen Sie einmal auf das Zeichen<br />
Jupiters oben neben der Roggenähre.<br />
Es kann uns das Besondere dieses Tages<br />
ein wenig näher bringen. Da ist der<br />
Halbkreis: lauschend öffnet sich das<br />
Seelenohr des Menschen hin in geistige,<br />
göttliche Bereiche jenseits der Grenzen<br />
unseres kleinen Ichs. Neue Erkenntnisse<br />
können wir so gewinnen und daran<br />
- symbolisiert durch das Kreuz - unsere<br />
irdischen Vorhaben ausrichten: Ist es<br />
recht, was ich tue?<br />
Dass wir uns selbst, unser alltägliches<br />
Handeln, unsere Gewohnheiten immer<br />
wieder einmal prüfen sollten – an unseren<br />
eigenen Idealen, unserem Gewissen, oder<br />
auch im Gespräch mit einem Menschen,<br />
der uns dafür vertrauenswürdig erscheint<br />
– daran erinnert uns Donar-s-tag.<br />
„So bin ich nun mal“ denken wir oft.<br />
Aber wir müssen uns nicht mit unseren<br />
Grenzen abfinden, auch wenn es<br />
bequemer und leichter zu sein scheint.<br />
Ein klein wenig können Seele und Geist<br />
immer noch wachsen –<br />
„Schau auf zu den Sternen“ sprach Gott<br />
zu Abraham. Auch für uns ist der Blick<br />
hinauf zum Himmel immer wieder eine<br />
gute Möglichkeit, unsere Seele, unseren<br />
Geist zu weiten. Aber Sterne finden wir<br />
auch anderswo: Vielleicht erinnern Sie<br />
sich an ein Bild, ein Gedicht, das Ihnen<br />
einmal nah ging, eine bestimmte Bibelstelle,<br />
die Ihnen etwas bedeutete.
Der Blick auf eine höhere, bessere Ordnung<br />
lässt uns freier, mutiger, unabhängiger<br />
werden – auch von unserem eigenen<br />
Schicksal. Im Rückblick auf unser<br />
Leben entdecken wir sicher manches,<br />
was wir hätten besser machen können.<br />
Aber ahnen können wir auch, wann im<br />
Leben wir geführt wurden von höherer<br />
Weisheit, von unserem Engel, unserem<br />
guten Stern –<br />
Jeder von uns leistet heute auf seine<br />
ganz eigene Weise diese Arbeit: unsere<br />
geahnte, gefühlte geistige Heimat mit<br />
ihrer Schönheit und Harmonie immer<br />
wieder zu verbinden mit den Mühen des<br />
alltäglichen irdischen Lebens. Sogar in<br />
einem köstlichen Essen kann diese Verbindung<br />
leben – auch wenn es heute<br />
angesichts von Massentierhaltung und<br />
weltweitem Hunger gar nicht mehr so<br />
einfach ist, eine Antwort zu finden auf<br />
die Frage: Ist es eigentlich recht, was ich<br />
hier essen will? Stellen müssen wir uns<br />
diese Frage – aber dann auch: mit heiterer<br />
Sinnenfreude genießen! Die Farben,<br />
den Duft, den guten Geschmack.<br />
Das Organ fürs Schmecken ist unsere<br />
Zunge. In ihr findet sich in besonderem<br />
Maß das dem Jupiter zugeordnete Metall<br />
Zinn. Schmackhaftes, genussvolles Essen<br />
ist durchaus Jupiters Sache. Aber Vorsicht:<br />
sein Streben nach Wachstum muss<br />
sich nicht ausschließlich in unserem Taillenumfang<br />
zeigen! Hilfreich kann hier<br />
als Getreide der Roggen sein mit seinen<br />
starken Formkräften. Und sein hoher<br />
Kaliumgehalt stärkt auch die Leber, die<br />
wir mit Essen und Trinken manchmal<br />
überfordern.<br />
Wovon aber lebt der Mensch?<br />
In unserer Sprache klingt in „Leber“ das<br />
„Leben“ mit, im Französischen ist die<br />
Verbindung „Leber“ (foie) und „Glauben“<br />
(foi) unüberhörbar.<br />
Wovon lebt der Mensch?<br />
Lebens-Mittel ist uns ja nicht nur das<br />
alltägliche Brot. Schauen wir auf die<br />
Karwoche, den Gründonnerstag mit der<br />
Einsetzung des Abendmahls, der Kommunion:<br />
Brot und Wein - „Dies ist mein<br />
Leib. Dies ist mein Blut.“ spricht Christus.<br />
Und sechs Wochen später ist es wieder<br />
ein Donnerstag mit seiner so besonderen<br />
Verbindung von irdischem und göttlichgeistigem<br />
Leben: Christi Himmelfahrt.<br />
Auch „Fronleichnam“, das Fest des „Leibes<br />
des Herrn“, wird seit dem 13. Jahrhundert<br />
in der katholischen Kirche immer<br />
an einem Donnerstag, dem ersten<br />
nach Trinitatis, gefeiert.<br />
Irdisches und himmlisches Brot – beides<br />
brauchen wir Menschen also gleichermaßen.<br />
Und ich wünsche uns allen,<br />
dass wir in Beidem immer wieder Eines<br />
schmecken: die Freude!<br />
Barbara Heimann<br />
7
8<br />
Abschied und Willkommen<br />
Während ich dies schreibe, denke<br />
ich: In eineinhalb Monaten ziehen<br />
wir um! Wenn Sie es lesen, werden<br />
wir die große Herausforderung des<br />
Umziehens mit etwas Glück alle mit<br />
einander gemeistert haben und uns<br />
an das Eingewöhnen im Neuen machen<br />
können. Wie wird es sein, die<br />
altvertrauten Gesichter plötzlich in<br />
ganz neuer Umgebung zu sehen? Es<br />
gibt Tage, an denen ich der Versuchung,<br />
am Zeitrad drehen zu wollen,<br />
wohl kaum widerstehen könnte,<br />
wenn es ein solches gäbe.<br />
Ich wollte ein bisschen zurückblicken<br />
und von den Gefühlen der<br />
Bewohner im Hinblick auf das Kommende<br />
erfahren. Deshalb habe ich<br />
sechs von ihnen stellvertretend<br />
für alle befragt. Die Auswahl der<br />
Personen erfolgte ziemlich willkürlich<br />
und vielleicht vor allem im Hinblick<br />
darauf, in welchen Zimmern<br />
ich gern noch mal einige Minuten in<br />
aller Ruhe mit dem jeweiligen Bewohner<br />
sitzen wollte. Im nächsten<br />
Jahr werde ich dieselben Personen<br />
in ihrem neuen Zuhause noch ein<br />
Mal besuchen. Aber darüber hinaus<br />
habe ich ein offenes Ohr für ALLE,<br />
die mir dann erzählen wollen, wie es<br />
ihnen mit dem Umzug ergangen ist.<br />
Ich habe mich sehr gefreut über<br />
die Gelassenheit und den Optimismus,<br />
die bei den Befragten im<br />
Hinblick auf die Veränderung zum<br />
Ausdruck kamen und die ich teile,<br />
die ich bei so viel älteren Menschen<br />
aber nicht unbedingt erwartet hät-<br />
te. In diesen wechselwendischen<br />
Augusttagen denke ich: Wenn Goldener<br />
Oktober und Herbststürme<br />
uns heimsuchen, werden wir schon<br />
das neue Dach über dem Kopf haben<br />
und können uns daran machen, wirklich<br />
anzukommen.<br />
Als Frau Angelica Marks an sich bemerkte,<br />
dass sie zur Bewältigung ihres Alltags<br />
zunehmend der Unterstützung durch<br />
andere bedurfte, wäre sie am liebsten in<br />
Göttingen geblieben, wohin ihr Leben sie,<br />
die Berlinerin, geführt hatte und wo sie<br />
sich inzwischen von einem Kreis guter<br />
Freunde und Bekannter umgeben wusste.<br />
Aber nach einigen Besichtigungen kam<br />
sie zu der Überzeugung, dass die dortigen<br />
Seniorenheime ihr nicht zum Zuhause<br />
werden konnten, da es den Anschein<br />
hatte, dass sie dort keine Nahrung für<br />
ihre geistigen Bedürfnisse finden würde.<br />
Ein Besuch bei der mit ihr in Kontakt<br />
stehenden Frau Gerasch im <strong>Friedrich</strong>-<br />
<strong>Rittelmeyer</strong>-<strong>Haus</strong> in Hannover führte<br />
dazu, dass sie sich bereits vor Jahren dort<br />
auf die Interessentenliste setzen ließ.<br />
Dass einer ihrer Söhne ebenfalls hier lebt,<br />
spielte bei ihrer Entscheidung für Hannover<br />
als neuem Wohnort keine wesentliche<br />
Rolle, denn ihr war es wichtig, sich selbst<br />
und ihren Kindern ein nicht zu geringes
Maß an Unabhängigkeit von einander zu<br />
ermöglichen. Am 19. Mai 2009 zog sie<br />
schließlich ein und bewohnt nach einem<br />
kurzen Intermezzo auf der ersten Etage<br />
ein schönes großes Zimmer im dritten<br />
Stock, in dem sie gern in ihrem bequemen<br />
Sessel sitzt und durch die große – im<br />
Sommer häufig offen stehende – Glastür<br />
auf die Straße und die gegenüber liegenden<br />
Häuser blickt.<br />
Frau Marks mag, was sie als den Geist des<br />
<strong>Haus</strong>es wahrnimmt. Dass nicht immer alle<br />
Bewohner in diesem Geist mit einander<br />
umgehen, stört sie zwar gelegentlich;<br />
aber sie betrachtet es als eine ihr auferlegte<br />
Übung, sich durch diesen Umstand<br />
nicht zur Ungeduld verleiten zu lassen.<br />
Frau Marks würde sich wünschen, dass im<br />
<strong>Haus</strong> offener über Freuden und Sorgen<br />
von Mitbewohnern und Personal gesprochen<br />
würde; denn „wir sind doch inzwischen<br />
fast so etwas wie eine Familie“; und<br />
Frau Marks würde sich gern mitfreuen<br />
oder auch – und sei es durch gedankliche<br />
Anteilnahme - mittragen helfen.<br />
Ihre vielen Gedanken an das Prozedere<br />
des Umziehens, die organisatorischen Präliminarien<br />
und Konsequenzen bereiten ihr<br />
Unbehagen, die Aussicht auf eine neue<br />
Wohnstatt aber nicht, zumal sie sich auf<br />
die künftige Nähe zu Michaelkirche und<br />
Gemeindehaus freut.<br />
Als Herr Ulrich Meyer eine Doppelzimmerhälfte<br />
im <strong>Friedrich</strong>-<strong>Rittelmeyer</strong>-<strong>Haus</strong><br />
bezog, wohnte seine Frau Annelie noch<br />
in einem <strong>Haus</strong> der GDA im hannoverschen<br />
Stadtteil Ricklingen. Sie versuchte, ihren<br />
Mann zu überreden, ebenfalls dorthin zu<br />
ziehen, was der aber ablehnte. Daher beschloss<br />
sie, statt dessen zu ihm zu ziehen.<br />
„Und ich habe es nicht bereut, “ sagt sie.<br />
Herr Meyer zog in ein kleines Zimmer<br />
im zweiten Stock, seine Frau in das nun<br />
leer stehende Doppelzimmer im ersten.<br />
(Herrn Meyers früherer Mitbewohner<br />
Herr Dreblow war inzwischen verstorben.)<br />
Wenn es Herrn Meyer gesundheitlich gut<br />
geht und er sich fit fühlt, trifft sich das<br />
Ehepaar dort abends zum gemeinsamen<br />
Fernsehen.<br />
Am FRH gefällt Frau Meyer besonders „die<br />
Behandlung der Menschen.“ Nach Minuspunkten<br />
befragt, wehrte sie zunächst ab,<br />
sagte dann aber doch, sie finde es nicht<br />
so gut, manchmal nach dem Klingeln<br />
längere Zeit auf eine Begleitung zur Toilette<br />
warten zu müssen. Und dass abends<br />
gelegentlich ihre Weinschorle vergessen<br />
werde, kratze auch ein wenig an ihrem<br />
Wohlbefinden.<br />
Dem Umzug blickt Frau Meyer gelassen<br />
entgegen. „Das lasse ich auf mich zukommen.“<br />
Auch im neuen <strong>Haus</strong> wird das<br />
Ehepaar Meyer auf verschiedenen Etagen<br />
9
10<br />
wohnen – auf Wunsch der Tochter, damit<br />
die unternehmungsfreudige Frau Meyer<br />
ihren seiner Ruhe bedürftigen Gatten<br />
nicht zu häufig zum Verlassen der jeweiligen<br />
Ruhestätte zu drängen versucht.<br />
Frau Liesbeth Ketelhake ist im Dezember<br />
2009 ins <strong>Friedrich</strong>-<strong>Rittelmeyer</strong>-<strong>Haus</strong><br />
gezogen – direkt aus dem Krankenhaus,<br />
wie sie betont. Sie sei gar nicht erst in<br />
ihr <strong>Haus</strong> in der Lönsstraße 10 zurückgekehrt,<br />
in dem sie 23 Jahre gelebt hatte<br />
und in dem sie – wie sie eingesehen<br />
hatte – Treppe und <strong>Haus</strong>halt nicht mehr<br />
bewältigen konnte. Sie bezog zunächst<br />
ein kleines Zimmer im dritten Stock und<br />
dann ein Doppelzimmer im ersten, in das<br />
sie mit tatkräftiger Unterstützung ihres<br />
eigens aus der Türkei angereisten Neffen<br />
und dann auf unzähligen Pendelgängen<br />
aus ihrem <strong>Haus</strong>halt all das schaffte, von<br />
dem sie sich nicht spontan zu trennen<br />
vermochte. Danach war ihr eine längere<br />
Weile nicht recht wohl angesichts des ihr<br />
ins Auge stechenden Überflusses, bis die<br />
„wunderbare Frau Schroth“ auf den Plan<br />
trat und ihr bei der Trennung von längst<br />
entbehrlich Gewordenem zur Seite stand.<br />
Als besonders positiv hebt sie hervor, dass<br />
sie sich im FRH ohne Einschränkung nach<br />
eigenen Vorstellungen einrichten und so<br />
ein richtiges Zuhause schaffen konnte.<br />
Sie könne das <strong>Haus</strong> „in jeder Beziehung<br />
empfehlen“; denn hier könne man LEBEN.<br />
Dass manchmal auf dem Flur während<br />
der Ruhephasen laute Gespräche geführt<br />
würden, habe sie am Anfang ziemlich<br />
gestört; inzwischen höre sie das fast gar<br />
nicht mehr, weil sie es als „wohl unvermeidlich“<br />
akzeptiert habe.<br />
Der Unterstützung durch ihren Neffen<br />
und Karin Schroth gewiss, schaut sie dem<br />
Umzug in durch nichts getrübter Gelassenheit<br />
entgegen. Vom Fenster ihres<br />
zukünftigen Zimmers aus wird sie auf<br />
Kirche und Bäume blicken – schöne Aussichten<br />
also. Und zum Ende unseres Gesprächs<br />
dann dieser wunderbare Satz: „Es<br />
könnte ganz interessant sein, sich mit fast<br />
neunzig Jahren noch mal neu einzurichten.“<br />
Denn schließlich sei Einrichten ja vor<br />
allem ein kreativer Akt.<br />
Nach dem Tod ihres Mannes lebte Frau<br />
Doris Reda allein in ihrem <strong>Haus</strong> in Diez<br />
an der Lahn. Irgendwann fanden dann die<br />
Kinder, es sei nicht gut, dass Mutter allein<br />
sei. Da ihr Sohn Klaus im NDR-Symphonieorchester<br />
spielt und im Hannoverschen<br />
wohnt, wurde ein Umzug in seine Nähe<br />
beschlossen. Übergangsweise war Frau
Reda kurz in einem Nonnenkloster untergebracht,<br />
wo sie an den Spaziergängen<br />
mit den Nonnen großen Gefallen fand.<br />
Im September 2009 erfolgte dann der<br />
Einzug ins <strong>Friedrich</strong>-<strong>Rittelmeyer</strong>-<strong>Haus</strong>.<br />
Innerhalb des <strong>Haus</strong>es zog Frau Reda zwei<br />
Mal um, bis sie sich schließlich in ihrem<br />
hiesigen Traumzimmer einrichten konnte,<br />
wo sie sich des Privilegs eines eigenen<br />
Balkons erfreut.<br />
Das Personal im FRH findet sie nett. Trotzdem<br />
wäre sie am liebsten ganz selbstständig<br />
in ihrer eigenen Wohnung. Das<br />
„geht aber nicht mehr, “ wie sie freimütig<br />
einräumt. „Wenn man zu viel gemacht<br />
bekommt, wird man immer unselbstständiger,<br />
“ meint sie. Auf die Frage, welchen<br />
Service wir bei ihr denn weglassen sollten,<br />
um sie in ihrer Selbstständigkeit zu unterstützen,<br />
fiel ihr spontan nichts ein. Das<br />
eigenhändige Kochen, das sie bei Besuchen<br />
bei ihrem Sohn so genießt, würde<br />
sie im FRH jedenfalls nicht praktizieren<br />
wollen.<br />
Der Umzug „muss sein, da bleibt mir<br />
nichts Anderes übrig; ich würde aber genauso<br />
gern hier bleiben.“<br />
Frau Martha Dürr ist im Oktober 2010<br />
nach einem Krankenhaus-Aufenthalt ins<br />
<strong>Friedrich</strong>-<strong>Rittelmeyer</strong>-<strong>Haus</strong> gezogen.<br />
Bereits sechzig Jahre gehört Frau Dürr<br />
zur Christengemeinschaft und fühlt sich<br />
vor allem durch Dr. Lauenstein und<br />
Dr. Frieling geprägt, mit denen sie längere<br />
Zeit in Briefkontakt stand. Sie hatte<br />
schon früh ein Interesse an menschlicher<br />
Entwicklung und an der Frage, wie man<br />
– um mit Steiner zu reden – Erkenntnisse<br />
geistiger Welten erlangt. Wegen ihrer<br />
Affinität zur Anthroposophie lag es für sie<br />
nahe, ins FRH zu ziehen.<br />
Sie hat ihre Entscheidung nicht bereut:<br />
„Der Geist des <strong>Haus</strong>es liegt mir.“ Frau Dürr<br />
muss mit verschiedenen gesundheitlichen<br />
Einschränkungen leben. Als Folge ihrer<br />
Kriegserfahrungen hat sich ein Nervenleiden<br />
eingestellt und bis heute erhalten.<br />
Schwer zu schaffen macht ihr auch ihr<br />
Gelenkrheumatismus. Wegen ihres Nervenleidens<br />
kann sie an Veranstaltungen<br />
des <strong>Haus</strong>es nicht teilnehmen.<br />
Frau Dürr klagt darüber nicht, sondern<br />
sieht das Positive: Endlich hat sie genügend<br />
Zeit, ein ganzes Buch am Stück<br />
11
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zu lesen. Ihr gefällt ihr Zimmer mit dem<br />
„wunderbaren Blick auf Gottes Schöpfung<br />
über drei Etagen“. Ihr Lieblingsplatz dort<br />
ist ihr Schreibtisch, über dem ein gemaltes<br />
Portrait ihres Vaters hängt.<br />
Das neue <strong>Haus</strong>? Ihr neues Zimmer? „Wenn<br />
man in eine neue Umgebung kommt,<br />
nicht verzweifeln, sondern sie nutzen. Es<br />
können sich plötzlich ganz neue Möglichkeiten<br />
auftun.“<br />
Frau Gertrud Köhne ist am 2. Juli 2002 ins<br />
<strong>Friedrich</strong>-<strong>Rittelmeyer</strong>-<strong>Haus</strong> gezogen. Vorher<br />
hatte sie in ihrer eigenen Wohnung<br />
im Ihme-Zentrum gewohnt.<br />
Das Personal im FRH bezeichnet sie als<br />
„gut“; und die Leute im <strong>Haus</strong> seien alle<br />
nett. Etwas Negatives ist in ihrem Gedächtnis<br />
nicht gespeichert.<br />
Bei meinem Besuch lag ein Plan des neuen<br />
<strong>Haus</strong>es vor ihr, in dem ihr Zimmer rot<br />
schraffiert war.<br />
Obwohl ihr neues Zimmer nicht so viele<br />
Fenster haben wird wie ihre jetzige helle<br />
und gemütliche Wohnung, freut sich Frau<br />
Köhne auf den Umzug und ganz besonders<br />
auf eine bestimmte neue Nachbarin,<br />
die sie dort haben wird.<br />
Es ist uns eine ganz besondere<br />
Freude, Ihnen, liebe Leser, zum<br />
Abschluss den in einigen Beiträgen<br />
erwähnten Geist des <strong>Haus</strong>es auch<br />
im Bild präsentieren zu können.<br />
Wer von den beiden könnte er denn<br />
wohl sein?<br />
Annegret Gallus
Herzlichen<br />
Geburtstage der Bewohner und Mitarbeiter<br />
Glückwunsch!<br />
Oktober<br />
Brigitte Uihlein 07.10.1924<br />
Christian Kaiser 16.10. Pflege<br />
Nikola Brauch 19.10. Pflege<br />
Liesbeth Ketelhake 20.10.1922<br />
Dr. Eva-Maria von Zastrow 24.10.1925<br />
Birgit Much 31.10. Pflege<br />
November<br />
Herta Dobinsky 08.11.1929<br />
Bianka Galler 12.11. Pflege<br />
Felicitas Sundermeyer 18.11. Pflege<br />
Madeleine Koch 19.11. Pflege<br />
Rene Bielke 20.11. Betreuung<br />
Gertrud Handrock 23.11.1920<br />
Johannes Kraus 24.11.1921<br />
Lydia Herling 30.11.1921<br />
Dezember<br />
Iris Wegner 01.12.<br />
Prof. Eberhard Sauppe 05.12.1924<br />
Ingeborg Pflüger 13.12.1930<br />
Gisela Bernert 25.12.1926<br />
Erika Hüttner 29.12.1920<br />
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Wir begrüßen im<br />
<strong>Friedrich</strong>-<strong>Rittelmeyer</strong>-<strong>Haus</strong><br />
Neue Bewohner/innen<br />
Frau Wilfriede Häckermann<br />
Frau Klara Kraus<br />
Herr Herbert Tripke<br />
Neue Mitarbeiter/innen<br />
Frau Elisabeth Dick Altenpflegehelferin<br />
Terry John Bundesfreiwilligendienst<br />
Gülnur Sahin Altenpflegerin<br />
Franziska Hartmann Bundes-Freiwilligendienst<br />
Theresa Gnatz Praktikantin<br />
in der Betreuung<br />
Menschen, die von uns gegangen sind<br />
Frau Irene Klossmann geboren 20.04.1935 gestorben 04.08.2011<br />
Frau GerdaSamsen geboren16.11.1922 gestorben 22.08.2011<br />
Frau Ruth Hütterott geboren11.08.1916 gestorben 25.08.2011<br />
Frau Marlis Delleske geboren 14.12.1928 gestorben 26.08.2011<br />
Frau Ingeborg Petermann geboren17.05.1927 gestorben 07.09.2011<br />
Frau Betty Rohden geboren10.11.1910 gestorben 15.09.2011
In einem angenehmen Herbst, bei ganz<br />
entwölktem heiterm Wetter,<br />
Indem ich im verdünnten Schatten bald<br />
blätterloser Bäume geh´<br />
Und des so schön gefärbten Laubes<br />
annoch vorhandnen Rest beseh´,<br />
Befällt mich schnell ein sanfter Regen<br />
von selbst herabgesunkner Blätter.<br />
Ein reges Schweben füllt die Luft. Es<br />
zirkelt, schwärmt´ und drehte sich<br />
Ihr bunt, sanft abwärts sinkend Heer,<br />
doch selten im geraden Strich.<br />
Es schien die Luft sich zu bemühn, den<br />
Schmuck, der sie bisher gezieret,<br />
So lang es möglich zu behalten, und<br />
hindert´ ihren schnellen Fall.<br />
Hiedurch ward ihre leichte Last, im<br />
weiten Luft-Kreis überall,<br />
In kleinen Zirkelchen bewegt, in sanften<br />
Wirbeln umgeführet,<br />
Bevor ein jedes seinen Zweck und seiner<br />
Mutter Schoß berühret,<br />
Gedanken bei dem Fall<br />
der Blätter im Herbst<br />
Um sie, bevor sie aufgelöst und sich dem<br />
Sichtlichen entrücken,<br />
Mit Decken, die weit schöner noch als<br />
persianische, zu schmücken.<br />
Ich hatte diesem sanften Sinken, der<br />
Blätter lieblichem Gewühl<br />
Und dem dadurch in heitrer Luft<br />
erregten angenehmen Spiel,<br />
Der bunten Tropfen schwebendem, im<br />
linden Fall formiertem Drehn<br />
Mit offnem Aug´ und ernstem Denken<br />
nun eine Zeitlang zugesehn,<br />
Als ihr von dem geliebten Baum<br />
freiwilligs Scheiden (da durch Wind,<br />
Durch Regen, durch den scharfen Nord<br />
sie nicht herabgestreifet sind,<br />
Nein, willig ihren Sitz verlassen, in ihrem<br />
ungezwungnen Fällen)<br />
Nach ernstem Denken mich bewog,<br />
sie mir zum Bilde vorzustellen<br />
Von einem wohl geführten Alter und<br />
sanftem Sterben; die hingegen,<br />
Die durch der Stürme strengen Hauch,<br />
durch scharfen Frost, durch schweren<br />
Regen<br />
Von ihren Zweigen abgestreift und<br />
abgerissen, kommen mir<br />
Wie Menschen, die durch Krieg und<br />
Brand und Stahl gewaltsam fallen, für.<br />
Wie glücklich, dacht´ ich, sind die<br />
Menschen, die den freiwillgen Blättern<br />
gleichen<br />
Und, wenn sie ihres Lebens Ziel in sanfter<br />
Ruh´ und Fried´ erreichen,<br />
Der Ordnung der Natur zufolge gelassen<br />
scheiden und erbleichen!<br />
Barthold Hinrich Brockes (1680 - 1747)<br />
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16<br />
Alle zwei Jahre muss in den Pflegeeinrichtungen<br />
ein neuer Heimbeirat gewählt<br />
werden. Das Bundesministerium für Familie,<br />
Senioren, Frauen und Jugend hat<br />
es so im § 10 Abs.1 des Heimgesetzes<br />
festgelegt, mit dem Ziel, den Bewohnern<br />
die Möglichkeit zur demokratischen Mitwirkung<br />
in allen Angelegenheiten, die<br />
ihr Leben im Heim betreffen (§ 32 Abs. 3<br />
HeimmwV), zu ermöglichen. Am 28. Juni<br />
wurde gewählt und seit dem 19. Juli ist<br />
ein fünfköpfiger neuer Heimbeirat im<br />
Amt.<br />
Von 49 wahlberechtigten Bewohnern<br />
nahmen 32 Bewohner an der Wahl teil,<br />
das entspricht einer Wahlbeteiligung<br />
von 65,3%. Alle abgegebenen Stimmen<br />
waren gültig. Gewählt wurden Herr<br />
Siegfried Standke, dessen Mutter im<br />
<strong>Rittelmeyer</strong>haus lebte, Frau Michaela<br />
Wollborn, Herr Johannes Kraus, Frau Elisabeth<br />
Odenthal, Frau Margarethe Koch<br />
und Frau Martina Hartung-Grüne, deren<br />
Eltern im <strong>Haus</strong> lebten.<br />
Wichtigstes Anliegen der konstituierenden<br />
Heimbeiratssitzung vom 19. Juli war<br />
die Wahl des Vorsitzenden des Heimbeirats.<br />
Frau Michaela Wollborn erklärte sich<br />
bereit, den Vorsitz des am Dienstag, den<br />
28. Juni neu gewählten Heimbeirats zu<br />
Der neue Heimbeirat<br />
im Jahr 2011<br />
übernehmen. Sie wurde per<br />
Akklamation gewählt. Zur stellvertretenden<br />
Vorsitzenden wurde,<br />
ebenfalls per Akklamation,<br />
Frau Martina Hartung-Grüne<br />
(externes Heimbeiratsersatzmitglied)<br />
gewählt. Insgesamt<br />
gehören dem Heimbeirat fünf<br />
gewählte Mitglieder an: Frau<br />
Wollborn, Frau Odenthal, Herr<br />
Kraus und Frau Koch als Bewohner des<br />
<strong>Rittelmeyer</strong>hauses, Herr Standke als<br />
externes gewähltes Mitglied und Frau<br />
Hartung-Grüne als externes, gewähltes<br />
Ersatzmitglied. Die Mitglieder des Heimbeirats<br />
treffen sich einmal monatlich zu<br />
einer meist 75 minütigen Sitzung, zu der<br />
sie immer die Küchenleiterin und das<br />
Heimleitungsgremium einladen.<br />
Erörtert mit dem Ziel, gemeinsam eine<br />
Lösung zu finden, werden alle Anliegen,<br />
die das Leben der Bewohner des<br />
<strong>Rittelmeyer</strong>hauses betreffen. Alle Mitglieder<br />
des Heimbeirates haben ein offenes<br />
Ohr für Anliegen der Bewohner<br />
und der Angehörigen. Der Kontakt zu<br />
Herrn Standke und Frau Hartung Grüne<br />
kann über das Büro hergestellt werden.<br />
Auf der Tagesordnung jeder Sitzung<br />
stehen die Themenbereiche Küche- für<br />
die Mehrheit der Bewohner ein hoch<br />
bedeutender „delikater“ Teil des Alltagslebens-<br />
Neuigkeiten aus dem sozialen<br />
Bereich und aus Leitung und Verwaltung.<br />
Noch nie ging der Heimbeiratsrunde<br />
der Gesprächsstoff aus, der das Leben<br />
der Bewohner des <strong>Rittelmeyer</strong>hauses<br />
betrifft und immer konnte bisher eine<br />
einvernehmliche Lösung für die Anliegen<br />
miteinander erarbeitet werden.<br />
Martina Hartung-Grüne
Lyrikkreis:<br />
Bedeutung – Methodik – Resonanzen<br />
Der Begriff LYRIK stammt aus dem Griechischen,<br />
abgeleitet von lyra - Leier und<br />
ist die subjektivste der drei Naturformen<br />
der Dichtung.<br />
In der Antike wurden mit Hilfe der Leier<br />
Gefühle musikalisch der Geliebten dargebracht.<br />
Hier waren es die Töne, die, je<br />
nach Melodie, Rhythmus, Harmonie das<br />
„Herz der Geliebten“ erreichen sollten.<br />
In der Lyrik wurden die Töne durch die<br />
Sprache ersetzt, deren Melodie, Rhythmus,<br />
Harmonie auch hier entscheidend<br />
sind, um sich dem Aufnehmenden zu<br />
einem mitfühlenden Mitschwingen erschließen<br />
zu können. Die Lyrik ist die<br />
sprachliche Gestaltung seelischer Vorgänge<br />
im Dichter, die durch erlebnishafte<br />
Begegnung (Erlebnis) entsteht. Sie ist die<br />
ursprünglichste Form in der Dichtung,<br />
die den Menschen in seiner Seele berührt.<br />
Ich erlebe dieses wunderbare Geschehen<br />
an den Damen und Herren in meinem<br />
Lyrikkreis. Dieses Mitschwingen im<br />
Aufnehmen der Gedichte wird mitunter<br />
sichtbar, in dem die Augen glänzen, die<br />
Mimik arbeitet und die Körperhaltung<br />
verändert wird. Je nach Inhalten, ob<br />
hintergründig, melancholisch, realistisch,<br />
humorvoll, zeigen sich individuelle Reaktionen.<br />
Unser Lyrikkreis besteht seit November<br />
2005 und war zu Beginn ein Experiment.<br />
Seit langer Zeit ist er etabliert und<br />
wird freudig von den Mitbewohnern genutzt<br />
und als Beglückung empfunden. –<br />
In früheren Jahren gab es auch streitbare<br />
„Geister“ unter den Teilnehmerinnen,<br />
die dazu beitrugen, die Inhalte genauer<br />
zu ergründen und der Wahrheit näher<br />
zu kommen. Gern erinnere ich mich an<br />
Frau Gerasch, Frau Salit, Frau Kern, Frau<br />
Wagner. Sie gaben häufig Impulse, die<br />
einen neuen Gedanken zur Diskussion<br />
stellten.<br />
Heute spüre ich oft, dass insbesondere<br />
die Sprachmelodie empfunden wird, von<br />
deren Klang und Melodie sich die Teilnehmer<br />
gefangen und getragen fühlen.<br />
Es ist ähnlich wie das Singen eines Liedes,<br />
das befreit und in andere Sphären<br />
tauchen lässt.<br />
Die Auswahl der Gedichte erfolgt von<br />
mir mitunter Themen bezogen, jahreszeitlich<br />
abgestimmt, historisch, epochal<br />
oder einfach, weil die Sprache so schön<br />
und ergreifend ist, dass die Gedichte auf<br />
jeden Fall gelesen werden müssen.<br />
Wenn sich alle Teilnehmer auf die Sprache<br />
der Gedichte einlassen, tauchen wir<br />
„ eine wunderbare Weile in ein Blumenmeer<br />
lyrischer Sprache.“<br />
Ute Heidborn<br />
17
18<br />
Wie wollen wir<br />
das neue <strong>Haus</strong> einweihen?<br />
Am 11. und 13. Oktober möchten<br />
wir mit unseren Bewohnern und ihren<br />
Angehörigen feiern. Wir feiern,<br />
dass wir diesen großen Schritt in<br />
ein neues <strong>Haus</strong>, in ein neues „Zuhause“<br />
geschafft haben.<br />
Auch wenn noch nicht alles wieder<br />
so vertraut ist wie im <strong>Haus</strong> in der<br />
Lönsstrasse 26; wir sind angekommen.<br />
Wir haben die ersten Tage im<br />
neuen <strong>Haus</strong> gelebt, konnten uns an<br />
schönen Dingen erfreuen und haben<br />
uns darüber geärgert was nicht so<br />
gelungen war usw. usw.<br />
Die Räumlichkeiten im Neuen <strong>Haus</strong><br />
reichen leider nicht aus, um mit<br />
allen Bewohnern und Ihren Angehörigen<br />
gemeinsam zu feiern; wir<br />
müssen – wie bisher - uns aufteilen<br />
und in zwei Gruppen feiern:<br />
Wohnbereich 1 am 11.10 und<br />
Wohnbereich 2 am 13.10..<br />
Am Samstag den 29.10 wird es dann<br />
eine offizielle Einweihung für geladene<br />
Gäste geben.<br />
Unsere begrenzten Räumlichkeiten<br />
lassen es leider nicht zu, mehr als<br />
150 Gäste gleichzeitig zu begrüßen.<br />
Wir bitten deshalb um Verständnis<br />
dafür, dass der Kreis der eingeladenen<br />
Gäste beschränkt sein muss.<br />
Am Tag danach – am Sonntag, den<br />
30.10. - wird es einen Tag der offenen<br />
Tür geben. Von 12:00 Uhr<br />
an werden wir stündlich Führungen<br />
durch das <strong>Haus</strong> machen, um allen<br />
Interessierten unsere neuen Räumlichkeiten<br />
zu zeigen.<br />
Thomas Rembert<br />
Kuhn Rauchbach<br />
Impressum<br />
<strong>Friedrich</strong>-<strong>Rittelmeyer</strong>-<strong>Haus</strong> Hannover gGmbH Lönsstr. 26, 30175 Hannover<br />
Telefon: (0511) 390 80 19 -0<br />
Telefax: (0511) 810198<br />
EMail: FRH-Hannover@t-online-de<br />
www.pflegeheim-rittelmeyer.de<br />
Redaktion: Barbara Heimann, Rembert Rauchbach und<br />
Mitarbeiter des <strong>Friedrich</strong>-<strong>Rittelmeyer</strong>-<strong>Haus</strong>es<br />
Layout: Jessika Pries, www.pries-werbung.de<br />
Druck/Bindung: Buchbindekunst Gunnar Supper, Wennigsen
Veranstaltungen<br />
im <strong>Friedrich</strong>-<strong>Rittelmeyer</strong>-<strong>Haus</strong><br />
Dienstag, 11. Oktober 2011 15:00 Uhr<br />
Herbstfest mit Einweihung für Bewohner, Angehörige, Freunde, WB I<br />
Donnerstag, 13. Oktober 2011 15:00 Uhr<br />
Herbstfest mit Einweihung für Bewohner, Angehörige, Freunde, WB II<br />
Montag, 24. Oktober 2011 15:30 Uhr<br />
Abendsmahlandacht<br />
mit Pastor Arndt von Arnim, ev.-luth. Friedenskirche<br />
Sonntag, 30. Oktober 2011 12.00 - 17.00 Uhr<br />
Tag der offenen Tür im neuen <strong>Friedrich</strong>-<strong>Rittelmeyer</strong>-<strong>Haus</strong><br />
Dienstag , 01. November 2011 15:30 Uhr<br />
Konzert – von der Sehnsucht nach Licht<br />
Paul Jäger – Klavier, Hans-Werner Piehler – Gesang<br />
Freitag, 18. November 2011 15:30 Uhr<br />
Gedenkstunde für die Verstorbenen<br />
des zu Ende gehenden Kirchenjahres<br />
Dienstag, 29. November 2011 15:00 Uhr<br />
Adventskaffee für Bewohner, Angehörige und Freunde, WB I<br />
Dienstag, 06. Dezember 2011 15:00 Uhr<br />
Adventskaffee für Bewohner, Angehörige und Freunde, WB II<br />
Montag, 12. Dezember 2011 17:00 Uhr<br />
Lebendiger Adventskalender im Zooviertel<br />
Dienstag, 20. Dezember 2011 15:30 Uhr<br />
Abendmahlsandacht im Advent<br />
mit Pastor Arndt von Arnim, ev.-luth. Friedenskirche<br />
Samstag, 24. Dezember 2011 15:30 Uhr<br />
Weihnachtsfeier<br />
mit Pfarrer Friedlieb Häckermann, Christengemeinschaft<br />
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Regelmäßige Veranstaltungen<br />
im <strong>Friedrich</strong>-<strong>Rittelmeyer</strong>-<strong>Haus</strong><br />
Montag: 10:00 Uhr – 11:00 Uhr Der Jahreskreis:<br />
Veranstaltungsraum EG Lesen/Singen/Erzählen<br />
Nikola Brauch<br />
Dienstag: 10:00 Uhr – 11:00 Uhr Eurythmie<br />
Veranstaltungsraum EG Finn Schimmel<br />
Jeden 2. und 4. Dienstag im Monat: Lyrikkreis<br />
15:30 - 16:30 Uhr Ute Heidborn<br />
Veranstaltungsraum EG<br />
Dienstag: 18:30 Uhr – 19:30 Uhr Therapeutisches Malen<br />
Veranstaltungsraum EG Erika Lührmann<br />
Mittwoch: 10:00 Uhr – 11:15 Uhr Arbeitskreis<br />
Veranstaltungsraum EG mit Dr. Erhard Kröner<br />
ab 5.10.2011<br />
Wer ist Christus?<br />
Mittwoch: 15:30 Uhr – 16:30 Uhr Spielenachmittag<br />
Veranstaltungsraum EG Elvira Leder<br />
Donnerstag: 10:00 Uhr – 11:00 Uhr Therapeutisches Malen<br />
Veranstaltungsraum EG Erika Lührmann<br />
Donnerstag: 15:30 Uhr – 16:30 Uhr Lesen<br />
Veranstaltungsraum EG Hans-Werner Piehler<br />
Freitag: 15:30 Uhr Wochenausklang<br />
Veranstaltungsraum EG Betrachtungen zum Evangelium<br />
des folgenden Sonntags<br />
Friedlieb Häckermann<br />
Freitag: 10:00 Uhr – 11:00 Uhr Bewegung für Körper und Geist<br />
Marie-Luise Zeddies<br />
Täglich: 9:45 Uhr – 10:45 Uhr Täglicher Morgenkreis<br />
Betreuungskreis-Raum IV. Etage mit wechselnden Inhalten